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Full text of "Germania; Vierteljahrsschrift für deutsche alterthumskunde .."

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^3o .  i' 


GERMANIA. 


VIERTELJAHRSSCHRIFT 


fOb 


DEUTSCHE  ALTERTHUMSKUNDE. 


BEGRÜNDET  VON  FRANZ  PFEIFFER 


HEBAUSQEGEBEN 
VON 


KARL  BARTSCH. 


,        t  •      •    •       .  ' 


•        • 


VIERUNDZWANZIGSTEB  JAHROANO. 
NKUE   REIHE   ZWÖLFTER  JAHRaANO. 


THE 

HILDEBRA.ND 
UBEARY. 


WIEN. 

VEBLAG  VON  CABL  GEBOLD'S  SOHN. 

1879. 


R.  -^M^^^. 


DIE  BEIDEN  LITERARHISTORISCHEN  STELLEN 

BEI  RUDOLF  VON  EMS. 


Die  literarischen  Stellen  im  Wilhelm  und  Alexander  haben  wegen 
ihrer  Wichtigkeit  und  der  sich  daran  knüpfenden  Folgerungen  die  For- 
schung immer  wieder  aufs  neue  beschäftigt.  Zuletzt  hat  Johannes 
Schmidt  in  den  Beiträgen  von  Paul  und  Braune  3,  140 — 181  die  Frage 
wieder  aufgenommen,  ob  der.  Wilhelm  oder  der  Alexander  das  frtther 
verfaßte  Gedicht  sei. 

Man  hat  sich  gewöhnt  davon  auszugehen,  daÜ,  als  Rudolf  den  Wil- 
helm dichtete,  die  dort  erwähnten  Dichter  mit  Ausnahme  des  TürheimerS) 
Hesses  und  Fasolts  sämmtlich  gestorben  waren.  Aber  wo  steht  denn  das? 
Rudolf  sagt  nichts  weiter,  als  daß  zu  der  Zeit,  wo  die  im  voraufgehenden 
genannten  Dichter  die  von  Rudolf  aufgeftlhrten  Werke  verfaß ten^  die 
Aventiure  von  Wilhelm  noch  'in  welsch  verborgen'  war;  specicU  was  den 
Stricker  betrifft,  als  derselbe  seinen  Daniel  von  Blumental  schrieb.  Daß 
dieser  eine  Jugendarbeit  des  Dichters  ist;  darüber  sind  alle  wohl  einig; 
denn  er  bedient  sich  darin  noch  gewisser  sprachlicher  und  metrischer 
Freiheiten,  die  er  sich  später  nicht  mehr  gestattete.  Aber  daß  der  Stricker 
zur  Zeit  der  Abfassung  dos  Wilhelm  gestorben  war,  sagt  Rudolf  durch- 
aus nicht.  Und  die  Art  und  Weise,  wie  er  von  Albrecht  von  Keme- 
naten redet,  der  genannt  wird  der  wise  mauj  der  meisterliche  tihten  kan, 
deutet  entschieden  auf  einen  noch  lebenden  Dichter.  Denn  w^ennSchmidt 
dem  gegenüber  bemerkt  (S.  160),  daß  man  auch  von  den  Leistungen 
eines  verstorbenen  Dichters  das  Präsens  anwenden  kann,  so  ist  das 
wohl  im  allgemeinen  ganz  richtig,  aber  hier  ist  zu  erwidern :  bei  allen 
Dichtern,  von  denen  wir  mit  Bestimmtheit  wissen,  daß  sie  zur  Zeit 
der  Abfassung  des  Wilhelm  gestorben  waren,  braucht  Rudolf  das 
Präteritum;  und  ferner  nennt  er  unmittelbar  nach  Albrecht  von  Keme- 
naten denjenigen  Dichter,  von  dem  es  eben  so  sicher  ist,  daß  er  zur 
Abfassungszeit  des  Wilhelm  noch  gelebt  hat,  Ulrich  von  TteVÄ^sEl^ 
von    diesem    braucht   er    das  Präsens  und  2.^w  ^«etvöÄ  ^\^'«^^Jö^  ^  ^"^^ 

GERMANIA.  Neae  Reihe.  XII.  (XXIV.  Jahrg.)  ^ 


2  K.  BARTSCH 

dung :  der  wol  guotiu  nuiere  ze  meistei'schefte  tihten  kan.  Die  Ge- 
schmacklosigkeit und  Ungeschicklichkeit,  den  ganz  gleichen  Ausdruck 
in  einem  Athem  von  einem  verstorbenen  und  einem  lebenden  anzu- 
wenden, traue  ich  zwar  Herrn  Schmidt  — 'der  diese  auffallende  Über- 
einstimmung gar  nicht  bemerkt  oder,  wenn  bemerkt,  absichtlich  ver- 
schwiegen hat  —  aber  nicht  dem  gewandten  Rudolf  von  Ems  zu. 

Das  zweite  Bedenken  gegen  die  Annahme  ^  Rudolf  rede  bis  zu 
den  Worten  der  Frau  Aventiure  nur  von  verstorbenen  Dichtem,  liegt 
in  Gottfried  von  Ilohenlohe.  Mit  dem  stolzen  Gefühle  eines  Mannes, 
der  alle  Schwierigkeiten  spielend  aus  dem  Wege  räumt,  sucht  Hr.  S. 
den  Nachweis  zu  führen,  daß  der  von  Rudolf  erwähnte  Gottfried  nicht 
der  im  J.  1254  oder  1255  gestorbene  sein  könne,  sondern  dessen  Vater 
sein  müsse,  der  1219  oder  frühestens  Ende  1218  gestorben  sei.  Es 
soll  der  in  einer  Urkunde  Friedrichs  H.  vorkommende  Gottfried  von 
Hohenlohe  der  Dichter  sein.  Wir  wollen  einmal  annehmen,  diese  mit 
der  größten  Keckheit  vorgetragene  Behauptung  sei  richtig,  so  entstehen 
dadurch  erhebliche  Schwierigkeiten  für  die  chronologische  Ordnung  der 
Dichter  bei  Rudolf,  welche  Hr.  S.  doch  verficht.  Der  im  Jahre  1218 
gestorbene  Dichter,  der  fünf  erwachsene  Söhne  hinterließ,  wird  das  von 
Rudolf  erwähnte  Gedicht  doch  schwerlich  immittelbar  vor  seinem  Tode 
gedichtet  haben«  Wir  sind  vielmehr  berechtigt,  dann  die  Dichtung 
sicherlich  ins  erste  Jahrzehnt  des  13.  Jahrhs.  hinaufzurücken.  Dann 
geht  also  dem  Gottfried  voraus  der  Stricker,  der  nach  1236  noch  ge- 
dichtet hat,  also  frühestens  gegen  1240  gestorben  ist;  es  folgt  ein  um  1219 
gestorbener  Dichter,  dessen  Thätigkcit  bald  nach  1200  fallen  würde, 
dann  wieder  einer,  der  um  1230  dichtete.  Soll  das  chronologische 
Ordnung  sein? 

Aber  die  Urkunde  von  1218  ist  unecht,  und  damit  ist  S. 
einfach  der  Boden  unter  den  Ftlßen  weggezogen.  Ich  verweise  auf 
die  ausführliche  Begründung  der  Uncchtheit  durch  E.  von  Wattenwyl, 
Geschichte  der  Stadt  und  Landschaft  Bern  I  (1867),  353  ff.  Der 
Gottfried  von  Hohenlohe,  der  der  Dichter  sein  soll,  ist  urkundlich 
überhaupt  gar  nicht  belegbar,  und  der  seit  1220  auftretende  ist  der- 
selbe, der  im  J.  1254  oder  1255  gestorben  ist,  der  also  erwiescner- 
massen  zur  Zeit  wo  der  Wilhelm  verfaßt  wurde,   noch   gelebt  hat. 

Dadurch  wird  selbstverständlich  auch  für  Albrecht  von  Keme- 
naten dargethan,  was  schon  in  den  Worten  Rudolfs  liegt,  daß  auch  er 
zur  Abfassungszeit  des  Wilhelm  noch  ein  Lebender  war.  Nur  die 
durchaus  unnöthige  Annahme,  daß  alle  die  dem  Türheimer  voraus- 
£rehenden  Dichter  gestorben  waren,  macht  Rudolf  zu  einem  *" unlogischen 


DIE  BEIDEN  LITERARHISTORISCHEN  STELLEN  BEI  RUDOLF  V.  EMS.         3 

Scbwätzer\  Wie  hätte  auch  Rudolf  von  allen  den  genannten  Dichtem, 
die  zum  Theil  seine  unmittelbaren  Zeitgenossen  waren,  mit  Sicherheit 
behaupten  können,  daß  sie  alle  verstorben  waren?  Von  den  großen 
Meistern  am  Ende  des  zwölften  und  am  Anfang  des  13.  Jahrhs.  konnte 
er  es  natürlich  wissen,  wie  aber  z.  B.  vom  Stricker,  der  im  fernen 
Osterreich  wohnte  und  von  dessen  Tode  schwerlich  rasch  eine  Kunde 
zu  Rudolf  gedrungen  ist?  Freilich  wenn  er  die  Sicherheit  der  Behaup- 
tungen von  Herrn  S.  gehabt  hätte,  so  konnte  er  recht  gut  die  Leute 
auch  etliche  Jahre  früher  sterben  lassen. 

Worin  besteht  denn  nun  aber  der  Unterschied  zwischen  jener 
Dichterreihe  und  dem  allein  stehenden  Türheimcr?  Auch  bei  diesem 
wird  zunächst  auf  seine  bisherige  dichterische  Thätigkeit  hingewiesen, 
auf  seinen  Clies.  Dieser  muß,  nach  dem  Gedankengange  Rudolfs  zu 
schließen,  gedichtet  sein,  nachdem  die  welsche  Quelle  Rudolf  zugäng- 
lich geworden  und  Rudolf  bereits  das  Gedicht  begonnen  hatte,  wäh- 
rend die  Werke  der  vorausgehenden  Dichter  sämmtlich  vor  diesen 
Zeitpunkt  fallen.  Warum  aber  kommt  die  Aventiure  bei  dem  Tür- 
heimer  noch  nicht  an?  Offenbar  weil  er  jetzt  mit  einem  andern  Ge- 
dichte beschäftigt  ist,  und  unter  diesem  werden  wir  zunächst  die  Fort- 
setzung des  Tristan  zu  verstehen  haben,  da  die  des  Willehalm  ent- 
schieden zu  spät  ist. 

Der  Einwand,  den  Frau  Aventiure  erhebt,  ist  also  der:  zu  der 
Zeit,  als  die  von  Dir  (Rudolf)  genannten  Dichter  ihre  von  Dir  ge- 
nannten Werke  verfiaßten,  war  ich  noch  in  Wälsch  verborgen.  Sie 
alle  dichten  jetzt  keine  epischen  Gedichte  mehr,  sie  sind  theils  ver- 
storbene^ theils  haben  sie  ihre  dichterische  Thätigkeit  eingestellt.  Nun 
macht  Rudolf  eine  Einwendung  mit  dem  Hinweis  auf  einen  Dichter, 
der  in  unmittelbarer  Gegenwart  auf  dem  Gebiete  erzählender  Dichtung 
thätig  ist.  Aber  auch  bei  ihm  kann  die  Aventiure  nicht  ankommen, 
weil  er  eben  gerade  mit  einem  anderen  Werke  beschäftigt  ist.  Wir 
haben  uns  zu  erinnern,  daß  es  in  jener  Zeit  keineswegs  allgemein  war, 
daß  jemand  sein  ganzes  Leben  dem  dichterischen  Berufe  widmete. 
Wir  wissen  von  einer  Menge  von  Dichtern ,  die  eben  nur  ein  einziges 
Werk  geliefert  und  damit  ihre  dichterische  Thätigkeit  abschlössen. 
Die  Annahme,  daß  von  gar  manchen  uns  eben  nur  ein  Werk  erhalten^ 
das  übrige  aber  verloren  gegangen,  wäre  durchaus  unberechtigt;  denn 
gerade  die  beiden  Dichterverzeichnisse  lehren  uns,  daß  von  den  meisten 
Dichtem,  von  denen  überhaupt  etwas  auf  uns  gekommen,  wir  diejenigen 
Werke  besitzen,  welche  Rudolf  namhaft  mächt.  Und  so  k.o\u[i\j^^  ^^\>s^ 
auch  Rudolf,  was  gar  nicht  zu  erweisen  iat,  von  gat  ttt»sid!öÄ\si^^s^öNÄX 


4  K.  BARTSCH 

wußte,  daß  er  nocb  am  Leben  war,  er  ihn  recht  wohl  in  Reiche  Linie 
mit  den  Terstorbenen  älteren  Meistern  stellen,  weil  er  literarisch  todt 
war,  oder,  wie  der  Stricker,  sich  einer  ganz  anderen  Biehtong  zuge- 
wendet hatte. 

Veranschaulichen  wir  es  uns  durch  ein  modernes  Beispiel.  Ge- 
setzt, um  das  Jahr  1840  wäre  aus  einer  damals  aufgefundenen  alt- 
firanzdsischen  Dichtung  ein  wunderschöner  Bomanzenstoff  nach  Deutsch- 
land gekommen,  und  ein  junger  Dichter  hätte  ihn  zur  Bearbeitung  ge- 
wählt, dabei  aber  im  Zweifel  an  seinen  eigenen  Kräften  ähnlich  wie 
Budolf  die  Muse  an  ältere  Dichter  gewiesen.  Er  hätte  Uhland  genannt, 
und  namentlich  Terwandte  ühlandsche  Bomanzen  angefbhrt,  die  ge- 
raume Zeit  Torher  gedichtet  waren.  Wenn  darauf  die  Muse,  ähnlich 
wie  bei  Budolf  erwiedert  hätte:  ja  damals  war  ich  noch  in  Wälsch 
verborgen  —  würde  daraus  zu  schließen  sein,  daß  Uhland  im  Jahre 
1840  bereits  todt  war? 

Ich  sehe  in  diesem  Gedankengange  nichts  unlogisches.  Und  end- 
lich, wenn  Budolf  jene  Dichter  als  yerstorben  hätte  bezeichnen  wollen, 
wfirde  er  nicht  gesagt  haben  frt  ir  tagen,  bei  ihren  Lebzeiten?  Er 
sagt  bi  den  tagen,  in  jener  Zeit,  als  sie  die  genannten  Dichtungen 
verfaßten. 

Damit  fallen  aber  auch  die  Einwände,  welche  S.  168  f.  bezüglich 
des  Strickers  vorgebracht  werden.  Denn  sie  stützen  sich  auf  die,  wie 
wir  gesehen  haben,  unrichtige  Behauptung,  er  sei  zur  Abfassungszeit 
des  Wilhelm  gestorben  gewesen.  Die  auf  S.  168  als  'natürlich'  be. 
zeichnete  Folgerung,  es  sei  unnöthig  gewesen,  da  die  maere  des 
Strickers,  als  der  Alexander  gedichtet  wurde,  noch  allen  frisch  im 
Gedächtniss  waren,  dieselben  namentlich  zu  nennen,  während  sie  zur 
Zeit,  wo  der  Wilhelm  geschrieben  ward,  durch  die  späteren  anders- 
artigen Dichtungen  des  Strickers  in  den  Hintergrund  gedrängt  waren  — 
diese  Folgerung  scheint  mir  im  Gegentheil  wenig  natürlich.  Das  erstere 
setzt  voraus,  daß  der  Daniel  überhaupt  zu  irgend  einer  Zeit  einmal 
eine  bedeutende  Bolle  beim  Publicum  gespielt  habe,  worauf  doch  nichts 
hinweist. 

Weiter  kommt  dann  S.  auf  das  von  mir  Wetzel  beigelegte  Mar- 
garetengedicht. Er  weist  auf  die  Beliebtheit  der  Legende  in  jener 
Zeit,  auf  die  Menge  von  Bearbeitungen,  die  damals  sicherlich  von  ihr 
existierten,  hin.  Welche  Zeit  meint  er  denn?  Spricht  er  allgemein  vom 
deutschen  Mittelalter  oder  von  der  Zeit  Budolfs?  Für  das  Mittelalter 
darf  es  zugegeben  werden,  und  Hr.  S.  hätte  bei  einiger  Umsicht  sogar 
ni>ch  Büf  einige  andere  theils  noch  nicht  edierte,  theils  erst  seit  meiner 


DIE  BEIDEN  LITERARHISTORISCHEN  STELLEN  BEI  RUDOLF  V.  EMS.         5 

Abhandlung  überhaupt  bekannt  gewordene  Bearbeitungen  verweisen 
können,  von  denen  F.  Vogt  bei  Paul-Braune  I,  263  ff.  handelt.  Aber 
von  diesen  Legenden  gehört  keine  der  Blüthezeit  unserer  mhd.  Poesie 
an,  sie  fallen  entweder  vor  die  Blüthezeit  (ins  12.  Jahrh.)  oder  nach 
derselben,  14.  und  15.,  vielleicht  noch  Ausgang  des  13.  Jahrhs.  Daß 
aber  die  von  mir  aufgefundenen  Fragmente  der  guten  Zeit  höfischer 
Dichtung  angehören  wird  durch  den  ganzen  Stil  und  noch  sicherer 
durch  die  historischen  Beziehungen  erwiesen.  Wie  steht  es  denn  nun 
mit  der  Legendendichtung  überhaupt  in  diesem  Zeitraum,  der  hier  in 
Betracht  kommt,  von  1220 — 1250?  Wir  haben  Rudolfs  Legenden,  und 
dazu  Reinbots  Georg.  Also  im  Ganzen  vier  Legenden!*)  Deutet  das 
etwa  auf  Beliebtheit  der  Legendendichtung?  Nun  wird  eine  fbnfte 
(resp.  siebente)  aufgefunden,  die  durch  ihre  localen  Beziehungen  auf 
dieselbe  Zeit  und  Gegend  passt,  in  welcher  Wetzeis  von  Rudolf  erwähnte 
Margarete  entstanden  ist  —  sind  wir  da  nicht  berechtigt  eine  Identität 
dieser  namenlos  aufgefundenen  und  der  verlornen  Wetzeischen  anzu- 
nehmen ?  Ist  es  wohl  irgend  wahrscheinlich  nach  der  damaligen  Lite- 
raturrichtung, bei  der  spärlichen  Pflege  der  Legendendichtung  in  jenen 
Jahren,  daß  in  derselben  Zeit  und  derselben  Gegend  zwei  Dichter  dieselbe 
Legende  sollten  behandelt  haben?  Natürlich  ein  mathematischer  Beweis 
fbr  die  Identität  ist  nicht  zu  liefern;  aber  in  wie  vielen  Fällen  sind 
wir  dazu  überhaupt  auf  dem  Gebiete  der  altdeutschen  Literatur  im 
Stande?  Also  mit  einer  blossen  'Kritik  des  Kopfschütteins',  um  mit 
Altmeister  Diez  zu  reden,  ist  es  da  nicht  abgethan.  Herr  S.  zeige 
mit  Gründen  die  Unwahrscheinlichkeit  meiner  Ansicht,  sonst  ist  sein 
Negieren  eine  müssige  Zweifelsucht,  über  die  wir  ruhig  zur  Tagesord- 
nung übergeben  können. 

Wenn  auch  nicht  mit  voller  Sicherheit  behauptet  werden  kann,  daß 
Wetzeis  Margarete  nicht  bei  Lebzeiten  Bertholds  von  Zäringen  (f  1218) 
gedichtet  sein  könne,  so  steht  doch  auch  durchaus  nichts  im  Wege  sie 
nach  1235  zu  setzen.  Denn  daß  dementia  nicht  freigegeben  worden 
sei,  daß  sie  nicht  auch  nachher  noch  einen  Dichter  freigebig  unter- 
stützen konnte,  läßt  sich  nicht  behaupten.  Schöpflin  sagt  doch  nichts 
weiter  als:  es  ist  nicht  gewiß,  ob  der  Verfügung  Friedrichs  11.,  de- 
mentia freizugeben  und  in  ihr  Witthum  wieder  einzusetzen,  Folge  ge- 
leistet wurde.    Die  Behauptung  von  Hm.  S.,    es   sei    das  Folgeleisten 

*)  Rechnen  wir  noch  Konrad  von  Heimesfurt  mit  seinen  beiden  zwar  nicht  Le- 
genden,   aber  doch  biblische  Stofto  behandelnden  Dichtungen  dazu,  so  sind  es  sechs. 
Aber  nach  der  Stellung,  die  dieser  Dichter  in  Rudolfs  VvYie;\cXwv\TO  wcvwVkvovX.^  ^«t^wsv 
wir  ihn  eher  rar  1220  eu  setzen  haben. 


6  K.  BARTSCH 

ZU  bezweifeln^  ist  ebenso^  als  wenn  man  das  Gegentheil  mit  Sicherheit 
behaupten  wollte.  Und  wenn  'Friedrich  1235  besonders  Ursache  hatte, 
sich  nicht  so  mächtige  Fürsten  zu  Feinden  zu  machen',  weil  er  ihre 
Hülfe  brauchte  —  warum,  muß  man  fragen,  erließ  er  dann  überhaupt 
jene  Verftlgung  bez.  Clementias?  Wenn  er  nachher  in  freundlichem 
Verhältniss  zu  den  Grafen  von  Urach  stand,  so  kann  das  ebensogut 
80  erklärt  werden,  daß  die  Grafen  der  Verfügung  des  Königs  nach- 
kamen und  in  Folge  dessen  jeder  Anlaß  zu  einem  unfreundlichen 
Verhältniss  weggeräumt  war?  Also  von  einem  Beweise  seitens  des 
Hm.  S. ,  von  einem  Urostossen  meiner  Annahme,  die  Margarete  sei 
nach  1235  gedichtet,  kann  gar  nicht  die  Rede  sein.  Nun  wird  aber  von 
einer  zweiten  Ehe  Clementias  mit  einem  Grafen  Eberhard  von  Kirch- 
berg, dem  sie  gegen  1500  Mark  Silbers  Burgdorf  und  Rheinfelden,  von 
dem  Herzoge  von  Zähringen^morgengabsweise  herrührend,  abgetreten,  be- 
richtet. Diese  Ehe,  wenn  sie  mit  Sicherheit  festzustellen  ist  (vgl.  Watten- 
wyl  a.  a.  O.  I,  26),  würde  allerdings  den  Beweis  liefern,  daß  dementia 
freigegeben  ward  und  in  den  Besitz  ihres  Witthums  kam. 

Die  Zeit  nach  1235  paßt  übrigens  auch  viel  besser  in  die  von 
S.  angenommene  chronologische  Reihenfolge  als  die  Zeit  vor  1218. 
Es  folgen  im  Alexander  aufeinander:  Albrecht  von  Kemenaten,  um 
1230,  dann,  wenn  wir  von  dem  unbestimmbaren  Heinrich  von  Linouwe 
absehen,  der  Stricker,  um  dieselbe  Zeit  und  noch  1236,  dann  Wetzel, 
dann  Ulrich  von  Türheim,  zwischen  1230 — 1240.  Ein  Dichter,  der  vor 
1218  bereits  dichtete,  unterbricht  diese  Reihe  in  die  unmittelbare  Ge- 
genwart reichender  Dichter  sicherlich  störender,  als  einer,  der  nach 
meiner  Annahme  zwischen  1235 — 40  dichtete. 

Und  noch  ein  weiteres.  Stellen  wir  uns  einmal  auf  den  Stand- 
punkt, daß  die  im  Wilhelm  dem  Türheimer  gegenüber  gestellten  Dichter 
wirklich  verstorbene  waren,  warum  dann  nannte  er  nicht  auch  Wetzel, 
wenn  dieser  schon  vor  1218  als  Dichter  auftrat?  —  mochte  er  nun 
zur  Zeit  der  Abfassung  des  Wilhelm *ein  noch  Lebender  sein,  neben 
dem  Türheimer,  und,  war  er  gestorben,  unter  der  Reihe  der  Verstor- 
benen? Rudolf  ist  mit  Freundeslob  nicht  karg;  was  hätte  ihn  veran- 
lassen sollen,  hier  einem  früher  (im  Alexander)  genannten  Freunde  die 
Kränkung  des  Verschweigens  anzuthun?  Man  halte  nicht  entgegen,  daß 
es  mit  zwei  anderen  Freunden  ähnlich  stehen  würde,  wenn  man  die 
Reihenfolge  Wilhelm — Alexander  annimmt.  Denn  die  Hülfe  dieser  beiden, 
Hesses  und  Fasolts,  erbittet  Rudolf  nicht  insofern  sie  Dichter,  sondern 
insofern  sie  Kritiker  sind,  und  darum  nennt  er  sie  in  dem  späteren 
Alexander  nicht,  ireil  er  hier  überhaupt  nur  von  dichterischer,    nicht 


DIE  BEIDEN  LITERARHISTORISCHEN  STELLEN  BEI  RUDOLF  V.  EMS.         7 

auch  von  kritischer  Thätigkeit  redet.  War  aber  Wetzel  zur  Zeit,  wo 
der  Wilhelm  gedichtet  wurde,  noch  nicht  als  Dichter  aufgetreten^  son- 
dern erst  als  er  den  Alexander  schrieb,  dann  erklärt  sich  alles  ganz 
natürlich.  Darum  nennt  er  Wetzel  hier  neben  dem  Türheimer.  Weit 
entfernt  also  davon,  die  Abfassung  der  Margarete  vor  1218  fUr  wahr- 
scheinlich zu  halten,  erblicke  ich  vielmehr  in  der  aus  Betrachtung  der 
Rudolfschen  Stellen  sich  ergebenden  Wahrscheinlichkeit,  daß  sie  nach 
1235  fiült,  eine  Stütze  des  durch  historische  Quellen  nicht  zu  erwei- 
senden Factums,  daß  dementia  wirklich  1235  freigegeben  wurde  und 
das  geraubte  Witthuni  zurückerhielt.  Ich  mache  damit  nur  dasselbe 
Recht  geltend,  welches  S.  für  sich  bezüglich  Gottfrieds  von  Hohenlohe 
(freilich  wie  wir  sahen ^  sehr  mit  Unrecht)  in  Anspruch  nimmt:  ein 
literarisches  Zeugniss  für  die  Geschichte  zu  verwerthen. 

Wenn  S.  es  auffallend  findet,  daß  an  der  Stelle  des  Alexander, 
wo  Rudolf  seine  früheren  Werke  erwähnt,  er  nicht  auch  des  Wilhelm 
gedenkt,  wenn  derselbe  vor  dem  Alexander  entstand,  und  aus  diesem 
Nichterwähnen  schließt^  der  Wilhelm  sei  eben  nach  dem  Alexander 
gedichtet,  so  kann  man  umgekehrt  fragen:  wenn  der  Alexander  vor 
dem  Wilhelm  gedichtet  war,  wie  kommt  es,  daß  er  dann  in  letzterem 
nicht  neben  den  früheren  Werken  erwähnt  wird?  Und  weiter.  Im 
Alexander  wird  erwähnt  das  Gedicht  vom  heiligen  Eustachius,  nach 
dem  Barlaam.  War  der  Alexander  vor  dem  Wilhelm  gedichtet,  dann 
war  es  der  Eustachius  erst  recht,  und  dann  ist  wieder  auffallend,  daß 
im  Wilhelm  auch  der  Eustachius  nicht  genannt  wird.  Bei  der  schlechten 
Überlieferung  des  Alexander,  die  an  dieser  ganzen  Stelle  auf  einer 
einzigen  jungen  Handschrift  beruht^  ist  es  gar  nicht  so  undenkbar,  wie 
es  S.  hinstellen  möchte  (S.  164),  daß  wenn  auch  nicht  eine  Ent- 
stellung bezüglich  des  Eustachius,  wohl  aber  eine  Lücke  anzunehmen 
ist  (vor  oder  nach  dem  Eustachius),  in  welcher  des  Wilhelm  gedacht 
war.  Aber  wenn  man  sich  auch  zu  einer  solchen  Annahme  nicht  ent- 
schließen will,  so  heben  sich  WÜhelm  und  Alexander  durch  ihre  gegen- 
seitige Nichterwähnung  auf,  d.  h.  aus  ihr  ist  nichts  fUr  die  Chronologie 
zu  schliessen.  Dagegen  spricht  die  Erwähnung  des  Eustachius  im 
Alexander,  aber  nicht  im  Wilhelm,  dafür,  daß  der  Alexander  nach  dem 
Wilhelm  gedichtet  ist.  Wenn  man  den  Wilhelm  und  den  Alexander 
in  Bezug  auf  ihren  dichterischen  Werth  mit  einander  vergleicht,  wird 
man  ersterem  unbedingt  den  Vorzug  geben.  Der  Alexander  ist  breiter, 
geschwätziger,  nüchterner;  und  dieso  Eigenschaften  treten  in  Rudolfs 
entschieden  jüngstem  Werke,  der  Weltchrouik^  am  \iTk«ccv^<Kvv^\SÄ\fc\v 
hervor.     Auch   die   d/chterische  Entwickelvmg   «\äo   x«vä.ä\V.   ^^^  '^^^^ 


8         K.  BAHT8CH,  DIE  BEIDEN  LlTERARUiSTOBISCHEN  STELLEN  ete. 

Wilhelm  —  Alexander  —  Weltchronik  viel  wahrscheinlicher  als  die  an- 
dere Alexander  — Wilhelm  —  Weltchronik.  Und  die  beiden  literarischen 
Stellen  selbst  unterstützen^  mit  einander  vei^Iichen,  jene  Reihenfolge. 
Die  Stelle  im  Willehalm,  wenngleich  anch  sie  anf  Nachahmung  bemht, 
ist  entschieden  dichterisch  gehobener;  die  des  Alexander  fidlt  dagegen 
ab.  Hier  hat  Rudolf  sich  selbst  nachgeahmt,  und  blieb  er  schon  bei 
der  Nachahmung  seines  ersten  Vorbildes  weit  hinter  diesem  zurQck,  so 
wiederum  noch  mehr  in  der  zweiten,  in  der  er  zugleich  sich  selbst 
copierte. 

Daß  Rudolf  von  Ems  von  niemand  ausser  ihm  selbst  und  von 
seinem  Fortsetzer  erw&hnt  werde  (S.  164)  durfte  jetzt  nicht  mehr  be- 
hauptet werden  (vgl.  Germania  12, 478  f.). 

Wie  steht  es  nun  mit  der  scharfen  und  schlagenden  Widerlegung, 
deren  Herr  S.  sich  rühmt  (S.  160)?  Ich  vermag  in  seinem  ganzen 
langen  Aufsatz  nichts  von  hallbaren  positiven  AufsteUungen  zu  ent- 
decken. Das  einzige,  was  sich  hören  läßt,  die  Conjectur  Alsolon  statt 
cdto  Ion  im  Alexander  wird  durch  einen  dabei  zu  Tage  tretenden  Mangel 
an  kritischer  Methode  wieder  herabgedrückt.  Schon  Paul  (S.  181)  hat 
auf  das  bedenkliche  hingewiesen,  gegenüber  der  gut  überlieferten  Lesung 
Abialon  oder  Absolon  im  Wilhelm  die  Lesung  Alsolon^  die  auf  einem 
offenbaren  Mißverständniss  der  jungen  Alexanderhandschrift  beruht,  zu 
bevorzugen.  Mit  flrgötzen  wird  man  die  Versuche  auf  S.  154  lesen, 
in  AUolon  den  Namen  eines  Ortes  zu  entdecken.  Bequem  ist  es  frei- 
lich, das  Auffinden  dieses  Ortes  anderen  zu  überlassen.  Die  Möglich- 
keit, welche  Paul  am  Schlüsse  andeutet,  ??iin  friwit  auf  den  folgenden 
Albrecht  von  Kemenaten  zu  beziehen,  will  mir  nicht  einleuchten.  Ich 
halte  daher  min  friunt  Absoldn  ftlr  die  richtige  Lesart,  und  theile,  was 
die  Erklärung  des  nicht  zu  ändernden  oder  von  Ahsalone  im  Wilhelm 
betrifft,  die  Meinung  Pauls,  daß  das  von  an  den  Nachsatz,  nicht  an  den 
Vordersatz  angeknüpft  ist  Daß  Rudolf  den  Dichter  an  beiden  Stellen  nur 
mit  dem  Vornamen  nennt,  hat  seine  Analogie  im  Wilhelm  in  Fasolt, 
im  Alexander  in  Wetzel.  Bei  einem  häufigem  Namen  als  Absalon, 
Wetzel,  Fasolt  würde  die  kurze  Nennung  des  Vornamens  auch  ftlr 
die  nähern  Bekannten  und  den  Kreis  Rudolfs  mehrdeutig  gewesen 
sein.  Das  überlieferte  ^n  hebele  ist  freilich  nicht  zu  brauchen,  aber 
der  Vorschlag  Schmidts,  statt  sin  zu  lesen  sinty  ebensowenig ;  denn  ein 
solches  'später  oder  ^seitdem'  als  Übergang  zu  einem  andern  Dichter 
hat  durchaus  keine  Analogie  in  den  beiden  Dichterverzeichnissen  Rudolb. 
Ich  lese  mit  Verändernnjr  eines  einzigen  Buchstabens  sin  tlebetey  'seinen 


10  R.  BECHSTEIN 

Es  handelt  sich  um  die  Verse  15246,  47  (M.  383,  8,  9): 

da  von  wänd'er  ontsete 

von  sinem  neven  äne  sin. 

Sprenger  vermißt  eine  Erklärung  bei  mir*).  Ich  habe  keine  ge- 
geben, weil  ich  mir  sagte,  daÜ  ein  Leser,  der  bis  zu  diesem  Verse 
gelangt  ist,  wohl  die  Erklärung  dieser  an  sich  gar  nicht  schwierigen 
Stelle  selbst  finden  würde,  nachdem  äne  c.  gen.  schon  öfters  da  war 
und  auch  erklärt  wurde.  Nach  der  Einrichtung  dieser  Ausgaben  soll 
doch  nicht  immer  und  immer  wieder  dasselbe  gesagt  und  erklärt  wer- 
den. Ausdrücklich  habe  ich  mich  auch  darüber  in  der  Einleitung  aus- 
gesprochen**). Hätte  Sprenger  im  Wörterverzeichnisse  nachgesehen,  so 
wäre  er  unter  äne  adj.  c.  gen.  verwiesen  worden  zunächst  auf  V.  1490 : 
des  üetmzes  unde  min  mit  eren  ledec  und  äne  sin  mit  der  Erklärung: 
„äne  erscheint  in  solchen  Wendungen  als  unflect.  Adjectiv  und  Syno- 
nym von  2edtc,  frei,  los  [los  und  ledig]."  Femer  verzeichnet  das  Wör- 
terbuch in  der  2.  Auflage  V.  4368:  sus  mtioz  ich  äne  vater  s7n,  ztceier 
väter^  die  ich  geumnnen  hän\  dazu  die  Erklärung:  „<$7ie  vaJler^  scheinbar 
äne  praep.  mit  acc;  der  folgende  als  Apposition  stehende  Genetiv 
zweier  väter  beweist,  daß  äne  hier  adj.  mit  gen.  ist,  wenn  es  auch  dem 
Subst.  vorangeht;  vgl.  5158.  8662.  15278  und  zu  1490."  Hier  sind  also 
noch  drei  Citate  gegeben,  die  allesammt,  namentlich  aber  5158,  die 
fragliche  spätere  Stelle  erklären  konnten.  Es  ist  rein  zufällig,  daß  sie 
nicht  auch  als  Citat  der  Anmerkung  zu  4368  hinzugefiigt  worden  ist« 
Daß  nntcBte  der  zu  äne  gehörige  Genetiv  ist,  war  auch  unschwer  zu 
erkennen.  Und  das  andere  macht  sich  dann  von  selbst.  Natürlich  muß 
der  Leser  sorgi^tig  jedes  Wort  erwägen,  wenn  er  nicht  weiter  kann, 
und  namentlich  muß  er  richtig  construiereu. 

Sprenger  hat  also  die  in  der  Ausgabe  gebotenen  Hilfsmittel  nicht 
ausgenutzt,  wohl  aber  hat  er  versucht,  durch  eigene  Bemühung  der 
ihm  schwierig  scheinenden  Stelle  Herr  zu  werden.  Er  theilt  zunächst 
den  Text  mit,  ändert  auch  gleich,  um  von  vornherein  ein  besseres  Ver- 
ständniss  zu  erzielen,  die  von  mir  gegebene  Interpunction;    er  ändert 


*)  Ein  Erklärer  ist  sich  öfters  der  Schwierigkeit  einer  Stolle  g,ir  nicht  bewußt; 
er  denkt,  weil  er  si«  verstehe,  müßten  sie  auch  andere  verstehen.  So  wurde  mir  ein- 
mal von  einem  Freunde,  einem  hochgelehrten  Fachgenossen,  brieflich  die  Frage  vor- 
gelegt, wie  y.  4680  zu  erklären  sei:  daz  edele  herze  iht  lache  cUiv.  In  der  zweiten 
Auflage  setzte  ich  deshalb:  edeU  herze  =  ein  edelez  h. 

**)  Hier  ist  ein  recht  eclatanter  Fall,  der  beweist,  daß  diese  Ausgaben  gar  nicht 
so  bequem  eingerichtet  sind  und  das  eigene  Studium  so  entbehrlich  machen,  wie  es 
'^'^HMch  nnä  öfters  in  wenig  frenndlicher  Weise  behauptet  worden  ist. 


zu  GOTTFRIEDS  TRISTAN  15246  fg.  U 

aber  auch  stillschweigend  ein  Wort,    ohne  daß  er   dann  darüber  das 
geringste  verlauten  läßt.    Ich  muß  zunächst  seinen  Text  wiederholen. 

15241  (383,  3) 

sin  zwivel  unde  sin  arcwän^ 

die  er  e  haete  gar  verlän, 

ze  den  so  was  er  aber  geweten:  (Maßmann  u.  Bechstein  Komma) 

wan  er  den  estrich  unbetreten 

vor  dem  bette  funden  hsete,  (M.  u.  6.  Semicolon) 

dsk  von  wand'  er  unteete 

von  sinem  neven  äne  sin ; 

Die  Interpunction  Sprenger's  ist  genauer,  aber  hier  macht  die 
verschiedene  Interpunction  keinen  wesentlichen  Unterschied.  Aber  äne 
sin?  Wie  kommt  das  auf  einmal  in  den  Text?  Maßmann  und  ich 
schreiben  doch  stn  (:  künigln).  Da  über  diese  Abweichung  nichts  gesagt 
ist,  war  ich  anfangs  geneigt,  Druckfehler  anzunehmen;  aber  aus  der 
folgenden  Erklärung  Sprenger's,  die  weder  äne  sin  noch  äne  sm  mit 
heranzieht ,  darf  doch  geschlossen  werden ,  daß  äne  sin  mit  Ab- 
sicht steht.  Ist  es  wegen  des  reimenden  Femininums  formal  mög- 
lich? Ja,  es  ist  möglich.  Denn,  wenn  auch  Gottfried  neben  der  zwei- 
silbigen Femininbildung  auf  ^inne  die  einsilbige  mit  langem  Vocal  weit- 
aus bevorzugt,  so  begegnet  doch  auch  einmal  -in:  kUnigin  (:  hin)  10879. 
Aber  was  soll  äne  sin  heißen?  Ohne  Sinn,  sinnlos?  Es  würde  sich  an 
neven  anschließen,  also  eine  Bezeichnung  für  Tristan  sein.  Würde  das 
gerade  in  dieser  Situation,  in  der  Marke  geneigt  ist,  seinen  Neflfen  zu 
entschuldigen,  angemessen  sein  ? 

Sprenger  lobt  die  Übersetzung  von  Hermann  Kurz,  weil  sie  ihm 
den  Sinn  trefflich  wiederzugeben  scheine.  Allerdings,  die  Übersetzung 
ist  sinnentsprecheud ,  aber  doch  sehr  frei  und  darum  flir  die  philolo- 
gische Erklärung  des  Einzelnen  ungeeignet.  (Auch  Simrock  ist  frei, 
femer  auch  Wilhelm  Hertz).  —  Sprenger  fährt  dann  fort:  t^Diq  Schwie- 
rigkeit liegt  in  der  Erklärung  von  V.  15246.  Was  heißt:  da  von 
wand'  er  untsete  von  sinem  neven?  Wenn  wir  untät  in  der  gewöhn- 
lichen Bedeutung  von  übele  That,  Missethat  nehmen  ,  so  würden  wir 
gerade  das  Qegentheil  von  dem  erhalten,  was  der  Sinn  verlangt :  *Des- 
halb,  weil  er  den  Estrich  unbetreten  fai^  vermuthete  er  das  Verbrechen 
von  seinem  Neffen .  Mir  scheint  hier  untät  in  einer  ungewöhnlichen  Be- 
deutung zu  nehmen,  nämlich  als  Negation  der  That  überhaupt, 
nicht  als  Negation  der  guten  That.  In  dem  Adj.  iintaitxc  \\t!s.W^v  n^V 
noch  diese  Bedeutung  erhalten." 


12  R.  BECHSTEIM,  ZU  GOTTFRIED  S  TRISTAN  15246  fg. 

Um  zonäcbst  bei  der  letzten  Erklärung  von  uniät  stehen  za  blei- 
ben, 80  ist  die  gefundene  Bedeutung  allerdings  sehr  ungewöhnlich,  ja 
noch  mehr:  sie  ist  unerhört.  Mir  ist  weder  aus  alter  noch  aus  neuer 
Zeit  irgend  eine  SteUe  bekannt,  die  utität  als  das  Hauptwort  zu  un- 
serem untaetig  erscheinen  ließe.  Dieses  ttniaetig  in  der  heutigen  Bedeu- 
tung =  nicht  thätigy  unfleißig,  ist  ganz  neuen  Ursprungs;  früher  ist 
wnUdie  das  Adjectiv  zn  uniät  und  heißt  ausschließlich:  ttbelthätig,  ver- 
brecherisch; in  neuerer  Zeit  dagegen  ist  untcdig  die  Negation  von 
taiigy  welches  im  Mhd.  als  einfaches  Wort  kaum  vorkommt. 

Aber  sollte  Gottfried,  der  sou veraine  Gottfried,  nicht  vom  Ge- 
wöhnlichen abgewichen  sein,  und  hat  er  nicht  vielleicht  untdt  in  seiner 
originellen,  in  seiner  geistreich  spielenden  Weise  doch  als  das  Gegen- 
theil  von  tat  genommen?  Die  Stellen,  in  denen  er  sonst  das  Wort  ge- 
braucht, sprechen  nicht  dafür,  der  zwivel  unde  der  arcwän,  den  er 
zem  neven  solte  hän ,  der  töte  in  z^allen  stunden ,  und  in  oueh  uner- 
funden und  unervaren  haete  an  aller  slahte  untcäe  13726.  daz  er. . . 
die  küniginne  mitalle  unschuldic  hsste  vor  aller  slahte  unttete  14232. 
Eben  mit  diesen  Stellen,  namentlich  mit  der  ersten,  correspondiert 
augenscheinlich  die  später  kommende,    mit   der  wir  uns  beschäftigen. 

Somit  sind  wir  durch  Sprenger's  Erklärung  nicht  befriedigt  Auf 
seine  Frage:  „Was  heißt:  da  von  wand'  er  untsete  von  sinem  neven?'' 
antworte  ich :  Das  heißt  gar  niclits.  Lassen  wir  doch  den  Dichter  aus- 
reden, es  konmit  ja  noch  etwas :  äne  sin. 

Habe  ich  auch  Eingangs  meine  Erklärung  eigentlich  schon  ge- 
geben, so  will  ich  zur  größeren  Deutlichkeit  doch  noch  genauer  Con- 
stmction  und  Übersetzung  hinzufügen: 

Da  von  =  darum,  deshalb;  wand*  er,  wähnte  er,  glaubte  er;  äne 
shi,  ledig,  los,  überhoben  zu  sein;  untcete,  der  oder  einer  Unthat, 
Missethat;  von  einem  neven,  Genetivbegriff:  seines  Neffen  oder  von 
Seite  seines  Neffen.  Oder  freier :  deshalb  glaubte  er  sich  einer  Unthat 
Seitens  seines  Neffen  nicht  zu  versehen;  deshalb  hielt  er  seinen  Neffen 
fbr  schuldlos. 

ROSTOCK.  REINHOLD  BECHSTEIN. 


K.  KÖHUSR,  ÜBER  EIK  HEI8TKHLIBD  VON  DEM  ROTHEN  KAISER.       13 


ÜBER  EIN  MEISTERLIED  VON  DEM  ROTHEN 

KAISER. 


Oben  23;  51  f.  ist  ein  leider  nicht  vollständig  erhaltenes  Meister- 
lied*) mitgetheilt  worden  von  folgendem  Inhalt:  Zu  Rom  lebte  ein 
Kaiser,  genannt  der  rothe  Kaiser,  der  immer  bei  seinem  Bart  schwur 
und  das  wie  einen  Eid  hielt.  Auf  Veranlassung  des  Papstes  zog  der 
Kaiser  mit  einem  großen  Heere  gegen  die  Heiden.  Der  Papst  aber, 
der  den  Kaiser  haßte  y  schrieb  heimlich  den  Heiden ,  sie  sollten  sich 
recht  zur  Wehr  setzen  und  den  Kaiser,  wenn  sie  Friede  von  ihm 
haben  wollten,  tödten.  Die  Heiden  besiegten  den  Elaiser  und  sein  Heer 
und  nahmen  den  Kaiser  gefangen.  Der  Herrscher  der  Heiden  zeigte 
dem  Kaiser  den  Brief  des  Papstes  und  erbot  sich^  ihn  frei  zu  lassen, 
wenn  er  den  Papst  den  Heiden  schicken  wolle.  Der  Kaiser  schwört 
dies  bei  seinem  Bart  und  kehrt  nach  Rom  zurück.  Alsbald  flieht  der 
Papst  in  seine  Geburtsstadt  Venedig,  die  der  Kaiser  mit  einem  neuen 
grossen  Heer  belagert.  Nach  einem  Jahr  imd  zwei  Monaten  knüpft  der 
Rath  mit  dem  Kaiser  Friedensunterhandlungen  an,  aber  der  Kaiser  er- 
klärt, sie  müßten  ihm  den  Papst  herausgeben  oder  alle  sterben. 

Hiermit  bricht  das  Lied  ab,  und  wir  wissen  also  nicht,  ob  der 
Kaiser  den  Heiden  seinen  Schwur  hat  halten  können.  Wie  der  weitere 
Verlauf  des  Liedes  aber  auch  gewesen  sein  mag,  wir  haben  jedenfalls 
in  ihm  eine  eigenthümliche  Variante  einer  Sage  von  Kaiser  Friedrich 
Barbarossa  und  Papst  Alexander  HI.,  der  ich  in  mehreren  deutschen 
und  italienischen  Fassungen  begegnet  bin.  Deutsch  habe  ich  sie  am 
ausführlichsten  erzählt  gefunden  in  dem  von  F.  Pfeiffer  in  Haupts 
Zeitschrift  V,  250  ff.,  neu  herausgegebenen  alten  Volksbüchleiii  von  Kaiser 

'^)  Dasselbe  ist  doch,  wie  ich  nachträglich  gefundeD,  vollständig  erhalten,  nur 
mit  etwas  anderem  Anfange  *£in  keyser  war  zu  Rom  bekaut',  in  einem  Nürnberger 
Dmck  von  Hans  Guldeumundt  (4  Bl.  8);  vgl.  Weilers  Annalen  1,  212;  Goedekes  Gnmd- 
riß  S.  231,  Nr.  13.  Aber  wo  findet  sich  ein  Exemplar  des  Druckes?  Wenn  Goedeke 
beifügt,  es  habe  noch  andere  Meisterlieder  auf  Kaiser  Friedrich  gegeben  und  sich  dabei 
auf  das  von  ihm  unter  Nr.  94  angeführte  beruft,  das  'im  thon  wie  man  keyser  Friderioh 
oder  den  Ritter  auß  Steiermarck  singt',  so  bemerke  ich,  daß  darunter  keineswegs  ein 
Lied  von  Kaiser  Friedrich  dem  Rothbart,  sondern  das  Lied  von  Hersog  Ernst  su  ver- 
stehen ist,  welches  beginnt  'Es  war  ein  herr  was  erentrejch  geheyssen  kayser  Fride- 
reich' ;  denn  auch  der  Ritter  aus  Steiermark  ist  in  H.  Emsts  Ton. 


14  K.  KÖHLEK 

Friedrich  Barbarossa *).  Hicrnacb  (Haupts  Z.  V,  259-66)  hatte  Papst 
Alexander,  als  der  Kaiser  Im  gelobten  Lande  war,  ihn  heimlich  ab- 
malen lassen  und  das  Bild  dem  König  Soldan  von  Babiloni  geschickt 
nebst  einem  Briefe  worin  er  den  König  bat^  den  Kaiser  zu  fangen. 
I>arauf  ließ  der  König  dem  auf  der  Heimkehr  begriffenen  Ejiiser  in 
Annenion  nachstellen^  und  als  der  Kaiser  eines  Tages  sich  mit  sei- 
nem Kaplan  in  einem  Fluß  baden  wollte,  wurden  beide  heimlich  von 
den  Soldanischen  überfallen,  gefangen  genommen  und  zum  Soldan  ge- 
bracht. Der  Kaiser  gab  sich  anfangs  fttr  seinen  Thürhütcr  aus,  aber 
Aar  Holdan  ließ  sein  Bild  bringen  und  den  Brief  des  Papstes  lesen. 
Nach  ein(*m  Jnlir  wurde  dor  Kaiser  freigelassen ,  mußte  aber  ver- 
sprecheni  nach  seiner  Heimkehr  100.000  Ducaten  Lösegeld  zu  schicken, 
und  dafdr  eine  consecricrte  lIoHtio  und  den  Kaplan  als  Pfand  zurück- 
lassen. Als  der  Kaiser  nach  seiner  Heimkehr  mit  einem  Heer  nach 
Rom  zog ,  floh  der  Papst  nach  Venedig ,  welches  der  Kaiser  hierauf 
belagerte,  bis  endlich  der  Friede  zu  Stande  kam. 

Fast  das  ganze  Volksbüchicin  vom  Kaiser  Friedrieh  hat  Johannes 
Adelphus  (Adolfus)  in  sein  Buch  über  Barbarossa  aufgenommen,  und 
so  iindet  sich  darin  auch  obige  Sage '*"'*').  Kürzer  ist  sie  erzählt  in  der 
Schrift  'Bapsttrow  Hndriani  iiij.  vnd  Alexanders  III.  gegen  Keyser 
Frideriehon  Barbarossa  geübt.  Aus  der  Historia  zusamcn  gezogen  nütz- 
lich zuleson.  Mit  einer  Vorrhedo  Dr.  Mar.  Luthers',  Wittemberg  1545, 
4",  S.  (}^  -  -  llij,  und  mit  ein  paar  Zeilen  gedenkt  ihrer  Caspar  Hedio 
in  dor  von  Pfeiffer  a.  a.  O.  S.  2(57  mitgetlieilten  Stelle  seiner  ^Chronica 
aller  ohristlichen  Kirclien\ 

Italienisch  ist  mir  die  Sage  vorgekommen  in  der  49.  Novelle  des 
MHSuocio  von  Salorno,  der  in  der  zweiton  Hftifte  des  15.  Jahrhunderts 
lebte,  und  in  oinoni  italienischen  Volks^cdicht,  betitelt  'Istoria  di  Papa 
Alosaandro  111.  o  di  Federico  Barbarossa  Imperatore*,  von  welchem 
A.  F.  Ozannm,  Lob  poetos  franciscains  en  Italic  au  treizi&me  siecle, 
Paris  185:;,  S.   18  ff.,  einen  Auszug  gegeben  hat. 

In  Masucoio*s  Novelle  besohlioli»t  Federico  Barbarossa  insgeheim 
als  Pilger  das  heilige  lirah  zu  besuchen ,    aber  der  Papst  Alessandro 

*^  Vfrl«  ilnrilhor  mieh  riilHudü  Schriften  xnr  (ioschichte  der  DiclituD^  and 
SR)»«»  K  4t)9  rt\  und  Vll.  MU  t\,  O.  Voijrt  in  der  Historisehen  Zeitschrift  XXM,  163  f. 
und  K.  Weller.  Uepertorium  typopr«phiciiui.  Die  dentsehe  Literatur  im  ersten  Viertel 
de»  seoh lehnten  Jiihrhunderts.  Nr.   \\\^0 

••>  In  der  mir  rorliefrenden  Ausgehe  des '  HjurbÄTOSsa',  Strasburg,  Johannes  GrBeni- 
);er,  tS^V  (M  .  S.  l.Vr  -  1A\  -  Thomas  hat  in  Rflsehiugrs  Wöchentlichen  Nachrichten  IF. 
t4<^  tf.  Miflheihin^n  mi<  deü  Adelphn^  B.^rhAro^Sx'«  CTomacht.  ilininter  anch  nnsere  8age. 


ÜBER  EIN  MEISTERLIED  VON  DEM  ROTHEN  KAISER.  15 

'quarto^  (!)  erfährt  dies,  und  schickt  dem  Sultan  von  Babilonia  ein 
Bildnis  des  Kaisers.  Der  Kaiser  wird  mit  seinen  zwei  Begleitern  vom 
Sultan  gefangen,  erfährt  von  ihm  den  Verrath  des  Papstes  und  wird 
alsbald  wieder  freigelassen  ^  wogegen  er  dem  Sultan  500.000  Ducaten 
zu  schicken  versprechen  muß ,  und  dafür  eine  geweihte  Hostie  ver- 
pfändet. Nach  seiner  Rückkehr  verjagte  er  den  Papst  aus  Rom  und 
ließ  ihn  in  Siena  im  Hospital  arm  und  elend  sterben. 

In  dem  Gedicht  ist  die  Sage  im  päpstlichen  Sinne  umgeändert. 
Nicht  der  Papst  ist  es^  der  den  im  heiligen  Lande  als  Pilger  verkleidet 
weilenden  Kaiser  dem  Sultan  verräth^  sondern  ein  Cardinal  schreibt 
im  Namen  und  mit  dem  Siegel  des  Papstes^  aber  ohne  sein  Wissen, 
einen  Brief  an  den  Sultan,  worin  er  ihm  den  Kaiser  genau  abschil- 
dert. Dadurch  wird  der  verkleidete  Kaiser  erkannt  und  festgenommen. 
Er  gesteht  zu,  daß  er  der  Kaiser  sei,  bittet  aber  den  Sultan,  ihm  zu 
sagen,  wie  er  ihn  entdeckt  habe.  Der  Sultan  thut  dies  und  bietet  ihm 
nach  einigen  Tagen  die  Freiheit  an,  wenn  er  ihm  so  viel  Gold  als  er 
wiege  schicken  wolle  und  als  Pfand  eine  geweihte  Hostie  zurücklasse. 
Vor  dem  zurückgekehrten  Kaiser  flieht  der  unschuldige  Papst  aus  Rom, 
erst  nach  Spoleto,  dann  nach  Frankreich,  zuletzt  nach  Venedig,  wo 
er  unerkannt  und  ganz  verschollen  14  Jahre  in  einem  Kloster  lebt. 
Endlich  wird  er  erkannt  und  von  den  Venetianern  hoch  geehrt.  Kaiser 
Friedrich  verlangt  die  Auslieferung  des  Papstes,  welche  von  Venedig 
verweigert  wird.  Es  wird  nun  ein  Seekrieg  zwischen  dem  Kaiser 
und  Venedig  geführt,  worin  letzteres  siegreich  ist.  Endlich  kömmt  es 
zum  Frieden  und  zur  Versöhnung*). 

Schließlich  sei  noch  erwähnt,  daß  nach  einer  Andeutung  im 
Schimpf  und  Ernst  von  Johannes  Pauli  (Cap.  511)  auch  der  bekannte 
Felix  Hemmerlin  unsere  Sage  von  Kaiser  Barbarossa  erzählt  zu  haben 
scheint.  Vielleicht  im  Viridarium  Imperatorum  (s.  B.  Reber,  Felix  Hem- 
merlin, S.  356)? 

WEIMAR,  September  1878.  KEINHOLD  KÖHLER. 

*)  Das  Gedicht  gehört  zu  den  italienischen  Volksbüchern,  und  es  scheinen  nur 
moderne  Drucke  bekannt  zu  sein.  Ozanam  citiert  einen  Dnick  aus  Todi  von  1812, 
ich  besitze  einen  aus  Lucca  ohne  Jahr,  aber  wohl  auch  aus  unserem  Jahrhundert 
Das  Gedicht  mag  ursprünglich  im  16.,  wenn  nicht  gi^r  schon  im  15.  Jahrhundert  ver- 
faßt sein. 


!    j 

16  K.  BARTSCH 


EIN  ALTES  BÜCHERVERZEICHNISS. 


Im  Serapeum  21  (1860),  299  ff.  theilte  E.  G.  Vogel  ein  'Ver- 
zeichniss  von  Büchern,  ehemals  in  der  Schloßkapelle  zu  Wittenberg 
befindlich'  mit,  welches  die  Beachtung,  die  es  verdient,  nicht  gefunden 
zu  haben  scheint.  Es  ist  aus  einer  Handschrift  des  kdnigl.  sächsischen 
Hauptstaatsarchivs  copiert.  Ich  wiederhole  es  hier  und  ftige  am  Schlüsse 
einige  Bemerkungen  bei. 

Librorum  ordo  in  Wittenberg  (1434  feria  IV  post  Simonis  et  Judae). 

In  cista  sicud  intratur  cappellae'^)  ad  manum  dexteram  infra 
scripti  continentur  libri. 

1.  Primb  magnus  liber  qui  incipit,  Ich  sage  dir  lob  ihu  crist  etc. 
Et  finitur,  Dy  nymant  ane  dich  und  ane  got  zcu  gebin  hat,  Cum  notifl 

2.  Item  liber  magnus  qui  incipit,  Alpha  et  O.  Gpt  reyne  etc.  El 
finitur,  Vnd  weren  synes  trostes  gerende  etc.  Cum  notis 

3.  Item  alius  liber,  qui  incipit,  Ir  Cristen  alle  schreyet  etc.  El 
finitur,  wann  du  verloren  werc  etc.  Et  est  dictamen  Hermann  von  der 
Dhame,  Cum  notis 

4.  Item  alius  über  mangnus,  qui  incipit,  Do  ere  ires  houes  erst  be- 
gan  etc.  Et  finitur,  Sus  leret  Herman  von  der  Dhame,  Cum  notis 

5.  Item  alius  liber  mangnus,  qui  incipit,  Salich  man  etc.  Et  est 
psalterium  wlgarc.    Et  finitur,  wir  bitcn   dich  mildeclichen  roere  etc. 

6.  Item  alius  liber  mangnus  qui  incipit,  wir  wollen  nu  schriben 
von  den  Sachsen  etc.  Et  finitur,  von  gotz  burt,  ubir  MCC  vnd 
XXIX  yare. 

7.  Item  alius  liber  Ritter  Johann,  des  grosen  lantferers,  qui  inci- 
pit, Ich  Otto  von  Dymeringen  etc.  Et  finitur.  Do  habe  ich  von  ge- 
schriben  do  ich  von  Hispanieu  lande  sprach. 

8.  Item  alius  liber,  qui  incipit,  In  den  gecziten  karls  des  ko- 
niges etc.  Et  finitur,  Do  gebot  Gerhard  den  Doyen  etc. 

9.  Item  alius  liber,  qui  incipit,  Is  ist  ein  dingk,  das  wol  ge- 
czympt  etc.  Et  finitur,  Ein  wunder  wird  in  allen  lande  etc.  Et  vocatui 
disß  buch  heiset  Truwere. 

10.  Item  alius  liber  qui  incipit,  dyne  wesinde  gotheit,  so  stad  etc. 
Et  finitur,  wann  der  Jude  beiden  keczczer  ist  etc.  Cum  notis 

11.  Item  alius  liber  qui  incipit,  vcrnemit  alle  ich  wil  uch  sagen  etc. 
Et  finitur,  dem  waren  wigand,  Et  est  dictamen  Tristran. 


*)  omniam  sanctonim. 


£:iN  ALTES  bOcherverzeichniss.  17 

12.  Item  alius  liber  qui  incipit,  Ein  man  san  sunder  lagch  etc. 
Et  finitm*;  Min  dangken  hat  er  auch  verschalt  etc.  Et  est  dietamen 
Rudolffi  Brinkind. 

13.  Item  alius  liber  qui  incipit,  Dat  dis  hemelische  vater  etc.  Et 
finitur^  Das  ist  stete  an  alle  missewant 

Secunda  cista. 
Item  in  alia  cista  ex  opposito  hostij  infra  scripti  continentur  libri. 

14.  Primo  liber  mangnus,  qui  incipit,  0  starcker  got  Adonaij  etc. 
Et  finitur,  do  wolde  ich  wesin  in  dir  lesin,  Et  est  passionale  simctam 
(sanctorum  ?) 

15.  Item  alius  liber  mangnus,  qui  iocipit^  do  troija  dis  merc  etc. 
Et  finitur,  das  were  ein  teil  zu  früe.  Et  est  historia  troijana. 

16.  Item  alius  liber  qui  incipit  ^  Nu  vememit  alle  gemeyne  etc. 
Et  finitur,  disser  herren  orloug  und  ere  etc.  Et  est  Cronica. 

kerstanus  kune  dixit  bunc  librum  quondam  domine  ducisse  obtu- 
lisse  dummodo  f'uit  schosserus  in  Wittenberg. 

1 7.  Item  alius  liber  mangnus^  qui  incipit,  Hir  begijnnet  der  herren 
geburt  von  dem  lande  etc.  Et  finitur ,  wer  zcu  allen  dingen  gerne 
sprichet  recht  etc.  Et  est  speculum  Saxonicum. 

18.  Item  alius  liber,  qui  incipit,  Richer  got  herre,  voit  hymelischer 
herschaft  etc.  Et  finitur,  In  iherusalem,  nach  wünsche  gar,  Et  est  biblia 
in  wulgari. 

19.  Item  alius  liber,  qui  incipit,  vber  alle  dink  hastu  gewalt  etc. 
Et  finitur.  Als  mich  got  gelart,  Et  est  liber  Regis  Alexandri. 

20.  Item  alius  liber,  qui  incipit,  was  der  synne  kan  Ingegissen  etc. 
Et  finitur,  kind  tustu  das  dir  mag  misselingen  etc.  Et  est  vita  sancti 
Wenczeslai. 

21.  Item  alius  liber  qui  incipit,  dy  bete  mynnen  is  benan  etc. 
Elt /finitur,  Hetten  e's  nit  gut  seilen  iegin  wind  etc. 

22.  Item  alius  liber  qui  incipit,  Ein  gülden  vaß  gecziret,  Et  finitur, 
Hit  vnser  sele  müsse  riehen  etc. 

23.  Item  alius  liber  qui  incipit.  In  nomine  patris  et  filii  et  spiritus 
sancti  amen,  wir  sollen  disses  buches  begynne  etc.  Et  finitur,  das  er 
das  wider  thun  wolle,  so  hat  er  etc. 

24.  Item  alius  liber  qui  incipit,  Nu  vememit  mir  alle  besundem  etc. 
Et  finitur,  Synnet  was  er  wunders  begünnet  etc. 

25.  Item  alius  liber,  qui  incipit  auwe,  der  leiden  mere  etc.  Et 
finitur,  Regni  autem  nostri  nono  decimo,  Et  est  historia  Soldani  de  strage 
commissa  in  anackers  in  christianos. 

OEHMANIA    Neo<»  Reihfi  XIl.  (XXIV.)  Jahrg.  ^ 


18  K.  BARTSCH 

26.  Item  alius  über  qui  incipit.  Also  der  summer  grünet  etc.  Et 
finitur,  zcu  dem  fronen  hymmelrich.  Et  intitalatur  der  Rosengarte 

27.  Item  alius  libellus  qui  incipit  Also  Ichs  nu  vemomen  han  Et 
finitur,  Du  vil  reyne  magetn,  Et  intitulatur  Wygoleis 

28.  Item  alius  libellus  qui  incipit,  fugetus,  der  andere  was  ge- 
bom  etc.  Et  finitur  Clemens  der  fünfte  was  gebom  etc. 

29.  Item  aUus  libellus  qui  incipit  mit  Angsst  vnd  mit  jame'r  etc. 
Et  finitur  des  abindes  nach  etc. 

30.  Item  alius  libellus  qui  incipit,  diss  buch  ist  von  hübschen 
synnen  etc.  Et  finitur,  Sy  kernen  auch  wol  an  dy  wybe.  Et  habet  co- 
operturam  auream 

31.  Item  alius  libellus,  qui  incipit,  Wann  iis  sich  wol  fueget,  vnd 
nutcze  ist  etc.  Et  finitur  verretheniß  irslagen  vnd  tut  auch  tÜ  czeichen  etc. 

Das  Verzeichniss  unterscheidet  sich  dadurch  von  allen  bekannt 
gewordenen,  daß  Anfang  und  Schluß  der  einzelnen  Handschriften  an- 
gegeben ist.  Dadurch  erlaubt  es  uns,  den  Inhalt  genauer  zu  be- 
stimmen als  sonst  möglich  wftre. 

Nr.  1  ist  ein  Minnesängercodex  gewesen,  wie  schon  der  Beisatz 
am  Schlüsse  *cum  notis',  d.  h.  mit  Musiknoten  ergibt  Das  den  Anfang 
bildende  Lied  ist  mir  unbekannt ;  die  Handschrift  schloß  mit  Walthers 
Leich,  dessen  letzte  Zeile  angefahrt  wird,  und  zwar  in  einer  Lesart, 
die  mit  keiner  der  erhaltenen  Handschriften  ganz  übereinstimmt.  Da 
die  Handschrift  als  ^M agnus  Über'  bezeichnet  ist,  so  war  es  eine  Lieder- 
handschrift von  beträclitlichem  Umfange.  Auch  der  *liber  magnus* 
Nr.  2,  gleichfalls  *  cum  notis'  war  eine  Liederhandschrift;  das  Anfangs- 
und Schlußcitat  zu  ermitteln  ist  mir  nicht  gelungen. 

Nr.  3.  4  enthielten  Lieder  von  Hermann  dem  Damen,  oder  wie 
er  hier  heißt  Hermann  von  der  Dame.  Durch  diese  Bezeichnung  wird 
erwiesen,  daß  der  Dichter  in  der  That  seinen  Namen  von  dem  Fluße 
Dame  fahrt  (vgl.  MSH.  4,  742).  Das  Nr.  3  eröfihende  Gedicht  war 
der  allein  in  der  Jenaer  Hs.  stehende  Leich;  die  Hs.  muß  aber  mehr 
enthalten  haben  als  die  Jenaer,  wenn  nämlich  die  Angabe  des  Ver- 
zeichnisses genau  ist  und  sich  Hermanns  Name  auf  die  ganze  Ha., 
und  nicht  bloß  auf  das  erste  Stück  bezieht.  Nr.  4  ist  ebenfalls  eine 
Liederhandschrift  mit  Noten;  da  sie  als  'über  magnus'  bezeichnet  ist, 
so  haben  wir  kaum  anzunehmen,  daß  sie  nur  Lieder  Hermanns  ent- 
hielt, was  auch  der  Schluß  der  Angabe  nicht  besagt,  denn  es  ist  der 
Schluß  von  Hermanns  Leich  (MSH.  3,  162*  sus  leret  Herman  der 
Damen,  amen,  amen,  amen!).     Das  Anfangscitat  ist  mir  unbekannt. 

Nr.  6  ist  wohl  eine  Handschrift  der  repgow*  eben  Chronik. 


EIN  ALTES  BÜCUERVERZEICHNISH.  19 

Nr.  7  ist  die  Übersetzung  von  Johannes  von  Maundevilles  Reise- 
beschreibung durch  Otto  von  Diemringen;  die  Hs.  wav  durch  ihr  Alter 
(vor  1434)  von  Interesse. 

Nr.  8  scheint  ein  Prosaroman  aus  dem  kärlingischen  Sagenkrebe 
gewesen  zu  sein. 

Nr.  9  mit  dem  Titel  Truwere"  weiß  ich  nicht  zu  bestimmen;  es 
scheint  nach  dem  citierten  Anfang  und  Schlüsse  zu  urtheilen  eine  Dich- 
tung gewesen  zu  sein. 

Nr.  10,  wieder  mit  der  Bezeichnung  *cum  notis'  ist  also  wohl 
eine  Liederhandschrift  gewesen,  deren  Anfang  und  Schluß  ich  jedoch 
nicht  zu  verificieren  vermag. 

Nr.  11  ist  von  besonderem  Interesse;  es  war  offenbar  eine  Hand- 
schrift des  Eilhartschen  Tristrant  Das  Schlußcitat  'dem  waren  wigand' 
stimmt  mit  dem  Schlüsse  der  Heidelberger  Hs.  überein,  in  welcher  der 
letzte  Vers  lautet*  dem  kunen  wyganden\  Diese  Obereinstimmung  macht 
wahrscheinlich,  daß  H  gegen  D  wie  so  oft  Recht  hat;  Lichtensteins 
Text  folgt  D.  War  nun  diese  Handschrift  ein  anderer  Text  der  Be- 
arbeitung X,  oder  war  es  der  ursprüngliche  Text?  Gegen  erstere  An* 
nähme  spricht  der  abweichende  Anftmg;  es  fehlte  nämlich  der  Witten- 
berger Hs,  der  Eingang  V.  1—46,  und  sie  begann  erst  mit  V.  47  (Vor- 
nemet recht  als  ich  üch  sage).  Freilich  ist  auch  denkbar,  daß  eine  Hand- 
schrift der  Bearbeitung  X  den  Eingang  wegließ,  was  bei  erzählenden 
Dichtungen  bekanntlich  nicht  selten  vorkommt  War  es  eine  Hand- 
schrift des  alten  Textes,  so  folgt  noch  keineswegs,  daß  die  Verse  1 — 46 
ein  Zusatz  des  Überarbeiters  sind ;  es  konnte  ebensogut  ein  Abschreiber 
des  alten  Textes  den  Eingang  weglassen  wie  einer  des  überarbeiteten. 
In  jedem  Falle  aber  stellt  sich  dieser  Text  mehr  auf  Seite  von  H  als 
auf  die  von  D,  und  das  Vertrauen  der  Kritik  auf  H  gewinnt  Die 
sprachliche  Färbung  der  Hs.  war  mitteldeutsch. 

Nr.  12  nennt  einen  Dichter  Rudolf  Brinkind  als  Verfasser;  er  ist 
gänzlich  unbekannt 

Nr.  13  ist  zu  unbestimmt  bezeichnet,  als  daß  man  eine  Vermu- 
thung  aussprechen  könnte;  nach  dem  Schlußcitat  möchte  man  auf  eine 
Dichtung  schließen. 

Nr.  14  war  eine  Handschrift  des  dritten  Buches  des  Passionais; 
sie  schloß  mit  dem  strophischen  Epilog,  von  dessen  letzter  Strophe  das 
Verzeichniss  den  Anfang  citicrt. 

Nr.  15  war  wohl  ein  Prosatext  des  trojanischen  Krieges. 

Nr.  16  ist  die  Repgowische  Chronik  mit  der  gbi^Vn^u  N  ^Tt^^. 


20  K    BARTSCH,  EIN  ALTES  BÜCHERVERZBICHNISS. 

Nr.  18  eue  Handschrift  der  fiadolfischen  Weltchronik. 

Nr.  19  ist  keine  der  bekannten  Alexanderdichtnngen. 

Nr.  20  scheint,  nach  dem  citierten  Anfang  and  Schloß  zu  urtheilen, 
ein  poetisches  Leben  des  h.  Wenceslaos  gewesen  zu  sein;  von  einem 
solchen,  und  überhaupt  von  einer  deutschen  Legende,  die  vermuthlich 
auf  latein.  Quelle  fußte^  ist  mir  nichts  bekannt. 

Nr.  21  war  eine  niederdeutsche  Handschrift,  wahrscheinlich  eines 
Gedichtes;  in  dem  Schlußcitat  ist  zu  lesen  het  en  es.  Das  Anfangscitat 
ist  unklar. 

Nr.  22,  eine  mir  ebenfalls  unbekannte  Dichtung. 

Nr.  23,  wohl  ein  Prosawerk. 

Nr.  24  kann  recht  wohl  eine  Handschrift  des  Herzog  £m8t  ge- 
wesen sein;  die  Bearbeitung  B  beginnt  fS&st  wörtlich  ebenso  *Nu  ver- 
nemet  alle  besunder .  Freilich  sind  derartige  Anfange  üblich,  aber  ich 
habe  keinen  so  übereinstimmend  gefunden.  Und  noch  eins  ftLhrt  darauf 
und  zwar  auf  eine  Handschrift  des  Textes  A:  das  Schlußcitat  Offen- 
war war  die  Vorlage  wie  Prosa  geschrieben ,  die  letzte  Zeile  des  im 
Verzeichniss  abgeschriebenen  Textes  lautete  sinnet  waz  er  wunders 
beginnet,  was  der  Abschreiber  ftir  äine  Zeile  nahm. 

Nr.  25  enthielt  den  besonders  ausgehobenen  Abschnitt  über  Accons 
Fall  aus  der  Reimchronik  Ottackers,  der  auch  in  anderen  Einzelhand- 
schriften sich  findet  und  in  einer  solchen  Handschrift  Püterich  bekannt 
war  (Strophe  110). 

War  Nr.  26  wirklich  eine  Handschrift  des  Rosengarten,  dann 
wohl  eine  jener  Bearbeitung,  von  weicher  W.  Ghrimm  1859  zuerst 
Bruchstücke  herausgab  (vgL  Germania  8,  196  ff.),  denn  diese  trfigt 
am  meisten  den  höfischen  Charakter,  den  man  nach  dem  Anfangs-  und 
Schlußcitat  diesem  verlorenen  Texte  zutrauen  möchte. 

Nr.  27,  eine  Handschrift  des  Wigalois,  war  am  Anfang  unvoU- 
stftndig  und  begann  erst  mit  9,  36.  Den  abweichenden  Schluß  erkläre 
ich  mir  so,  daß  die  Hs.  ein  paar  Schreiberverse  am  Ende  hatte. 

Nr.  28,  ein  Verzeichniss  von  Päpsten. 

Nr.  29,  ein  nicht  näher  zu  bestimmendes  Prosawerk. 

Nr.  30  scheint  ein  lehrhaftes  Werk  in  Prosa  zu  sein ;  und  Prosa 
war  unzweifelhaft  auch  die  Nr.  31. 

Von  den  Schätzen,  die  in  diesen  31  Bänden  enthalten  waren, 
scheint  nichts  erhalten  zu  sein.  Eine  an  Herrn  Director  Rhode  in 
Wittenberg  gerichtete  Anfrage  hat  zu  keinem  Resultate  geführt.  Was 
mag   allein    in    den  Liederhandschriften    gesteckt    haben!    Und   wenn 


F.  LIEBRECHT,  DIE  KRACHENDE  BETTSTATT.  21 

diese  31  Bände  schon  so  vieles  enthalten,  was  uns  unbekannt  ist,  so 
dflrfen  wir  einen  Schluß  machen^  wie  viel  überhaupt  untergegangen  und 
verloren  ist,  das  nicht  in  einem  so  sorgfältigen  Verzeichniss  wenigstens 
eine  Spur  seines  Daseins  hinterlassen  hat. 

HEIDELBERG,  23.  October    1878.  K.  BARTSCH. 


DIE  KRACHENDE  BETTSTATT. 

Ein  Sprachschwank. 


Das  in  Erlach^s  Volksliedern  1 ,  80  ff.   mitgetheilte  Hochzeitslied 

von  Peter  Denaisius  (1561 — 1610)  schließt  mit  der  Strophe: 

„That  Mund  mit  Mond  beschließen, 

Wie  Muscheln  an  der  Bach, 

Mit  Armen  und  mit  Fußen 

Thut's  grSnem  Epheu  nach, 

Laßt  Bettstatt  wacker  krachen, 

Kein  Musik  besser  laut, 

Und  wer's  wollt  anders  machen. 

Der  bleib  nur  ohne  Braut.  ** 

Dieses  fescenninische  Krachen  der  Bettstatt  findet  sich  in  viel- 
fachen Volksliedern  und  andern  Dichtungen  wieder,  wovon  ich  im  Fol- 
genden einige  Beispiele  zusammenstelle. 

In    einem    Volkslied   von   der   Mosel ,    mitgetheilt   von   Hocker, 

Zeitschr.  f.  d.  Mythologie  1,  92,  wo  der  als  Jungfrau  verkleidete  junge 

Markgraf  bei  der  Königstochter  schläft,  heißt  es : 

„Des  Nachts  wohl  um  die  halbe  Nacht 
Das  Bett  fing  an  zu  krachen. 
Und  dies  vernahm  ein  Küchenjung, 
Der  fing  wohl  an  zu  lachen." 

Ebenso  bei  Simrock  Nr.  178  ^Ausrede",  wo  zwei  Liebende  die 

Nacht  bei  einander  zubringen: 

,,Des  Nachts  wohl  um  die  halbe  Nacht 
Das  Bettchen  fieng  an  und  kracht« 
Die  Mutter,  die  thät  rufen. 
Wer  ist  denn  bei  dir  da?"* 

In    der  Erzählung   „von    dem    Mulner**   (Erzählungen    aus   altd. 

Handschriften  ges.  durch  A.  von  Keller.  35.  Publ.  des  litter.  Vereins) 

läßt  sich  ein  Pfafie  statt  des  vom  Wagen  gefallenen  trunkenen  Müllers 

KU  dessen  schönem  Weibe  bringen,  die  ihn  ohne  den  Ittüiwxa  -t^äätät 

nehmen,  in  ihr  Bett  legen  beißt  und  (S.  262,  21  ff.^ 


22  ^"'  UEBBECHT 

,Nye  ein  wort  er  gesprach. 

Er  het  mit  ir  gut  gemach, 

Wann  das  das  bet  wart  krachen. 

Von  herczen  wart  sie  lachen." 

Auch  im  Englischen  findet  eich  bei  gleicher  Gelegenheit  der  ent- 
sprechende Ausdruck  to  crack.  Von  seiner  Liebsten,  Namens  Jinnye 
(Jenny) ^  die  zum  Verkauf  braut  und  bäckt,  singt  ein  lustiger  Bruder: 

nffoll  oft  I  haue  beene  her  man, 

her  markett  for  to  make; 
&  after  I  haue  rjdden 

a  lonmey  for  her  sake, 
Her  pannel  I  cold  take, 

&  gallopp  all  amaine; 
Ide  make  both  bedsides  craeke. 

That  Jynnye  were  here  again!* 

Bishop  Percy's  Folio  Manuscript  Lond.  1867  vol.  IV  (Loose  and 
faumorous  Songs)  p.  69:  „When  as  I  doe  reccord". 

Der  lat  Ausdruck  fUr  dieses  Krachen  ist  ingemere;  so  in  den 

Priapeia  83,  wo  Albius  Tibullus    über   die  Pflichtvergessenheit   seines 

„Ebenalten^  klagt  und  ihm  Strafe  androht: 

«Sceleste  penis,  o  meam  malom  grave! 
Gravi  plaque  lege  noxiam  Ines, 
Licet  querare:  nee  tibi  tener  poer 
Patebit  nllos,  ingemente  qni  toro 
Juvante  verset  arte  mobilem  natem  cet. 

Für  diesen  ingemens  torus  steht  bei  Juven. 9^ 78  „lecti  sonus*', 

bei  CatuU  6,  10  „tremuli  quassa  lecti  argutatio^,^während  Ovid 

Amor.  14,  26  daftlr  nur  die  „schütternde  Bettstatt^  nennt: 

«Spondaque  lasciva  mobilitate  tremat.' 
Auf  das  Knarren  hingegen  weist  wieder  ein  neugriechisches  Lied 
bei  Passow  Tgayovdm  Pmiiatxd  Nr.  473  ,,  To  Magio^^  wo  eine  Mutter 
durch  das  Knarren  des  Bettes  ihrer  Tochter  auf  den  Gedanken  kommt, 
daß  der  Liebste  bei  ihr  liege: 

^Magio  iiov  xi  i%  ^  nUvt^  öov  xal  rgl^n  öäv  xalafii;" 
und  ebenda  Nr.  472  j^O  ayovgog^  fragt   eine  Schwester   die   andere, 
welche  heimlich  den  Geliebten   bei   sich  hat,   warum   denn   das   Bett 
so  knarre: 

^MiOQ'^y  öäv  X  ^x  4  xA^'^^  <foVy  xi  oAo  xgi^oxoxiBxat;* 
während  in  einem  verwandten  Liede  bei  Chasiotis  Uvlloy^  etc.  Athen 
1866^  p.  136,  Nr.  7  „%)  ^ivog  xal  17  xoQfi^  es  wieder  die  Mutter  ist,  welche 
die  Tochter  fragt  warum  denn  ihr  Bett  so  schüttere: 

„xoQij  fioVy  rd  XQißßavi  öov  xi  öeiexat  xi  Xv{y)ixai\'^ 


DIE  KRACHENDE  BETTSTATT.  23 

Auf  dieses  Schüttern  oder  ErscliUttem  der  Bettstatt  spielt  auch 
der  Prior  Fulco  in  seinem  Trostscbrciben  an  Abälard  an^  worin  er 
nftmlich  sagt:  y,Hoc  quoque  magni  aestimare  debes  quod  nulli  suspectus 
ab  omni  hospite  hospes  tutissime  recipiaris.  Maritus  uxoris  violationem 
ex  te  vel  lectuli  concussionem  minime  formidabit."  Oeuvres  d' Abö- 
lard. Paris  1616,  p.  217.  Diese  Erschütterung  wird  in  einem  kreten- 
sischen  Volksliede  bei  Jeannaraki  "Ae^iaxa  Kgr^uxci.  Leipzig  1876, 
p.  124  jj'O  igxo^os  tov  ayaxrjTixov*^  als  so  stark  geschildert,  daß  ein 
Brautpaar  dabei  in  einer  Nacht  sechs  Betten  entzweibricht: 

yTp/ia  ötQcinata  gaiceav  mq  vi  xaga^  iq  '[ligay 
KC  aXka  xgCa  gatöavs  äözs  va  ßyrj  6  ^Kiog.** 

Um  das  in  Rede  stehende  Krachen  noch  deutlicher  und  vernehm- 
licher zu  machen ;  geschah  es  ehedem  in  England^  daß  Spaßvögel  bei 
Hochzeiten  unter  das  Brautbett  eine  Schelle  befestigtan;  s.  Brand's 
Pop.  Antiqu.  etc.  ed.  Hazlitt  Lond.  1870.  11^  114^  wo  es  heißt:  It  ap- 
pears  to  have  been  a  waggish  custom  at  weddings  to  hang  a  bell 
under  the  party's  bed.  See  Fletcher's  Night  Walker  act.  I.*  Ähnliches 
scheint  auch  anderwärts  stattgefunden  zu  haben;  denn  in  Bolza's 
Canzoni  Pop.  Comasche,  Sitzungsber.  der  phil.-hist.  Classe  der  Wiener 
Akad.Bd.LIII,  p.667  ^11  Pellegrino^  sagt  der  Pilger  zu  einem  Mädchen, 
dem  er  die  Heirath  verspricht: 

„Pol  faremo  d*un  bei  letto 

Coi  lenzuoll  tütt  de  Ud, 
E  faremo  ana  coperta 

Tütta  piena  de  baciocchin  *). 
Nel  voltarsi  e  rivoltarsi 

Bacioccbin  faran  din-din. 
Qui  che  p&ssan  per  la  strada 

Sentirän  stö  fracassin; 
Crederim  che  sieno  i  firati 

A  sonar  el  malutin  " 

Die  Bettdecke  des  Brautbettes  soll  also  ringsum  mit  Schellen 
besetzt  sein,  damit  diese  beim  Hin-  und  Herdrehen  der  darunter  Lie- 
genden erklingen  und  die  Vortlbergehenden   diesen  Schall  vernehmen. 

LÜmCH.  FELIX  LIEBRECHT. 


*)  i,  e.  souagli. 


24  O.  BEHAOUEL 

BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX 


I.  VertauBchung  von  Genetiv,   Dativ,  Accusativ  beim  per- 
sönlichen Pronomen. 

Scfaerer  hat  „ein  sicheres  Zeugniss  flir  die  Schriftsprache''  ent- 
deckt, und  zwar  bereits  ftir  das  elfte  Jahrhundert.,  Ztschft.  f.  dtsch. 
Altth.  22,  321.  Er  findet,  daß  der  Schreiber  der  Leydener  Handschrift 
des  Williram  sich  als  Berliner  gebahre,  wenn  er  mir  und  dir  ftir  mich 
und  dich  der  oberdeutschen  Vorlage  verwendet  und  umgekehrt  mich 
und  dich  setzt  da ,  wo  wir  den  Dativ  erwarten.  Nach  der  Ansicht 
Scherer's  hätte  der  Schreiber  jenes  Codex  ursprünglich  mi  und  di 
ftir  Dativ  wie  Accusativ  gesprochen,  sei  aber  durch  den  Einfluß  der 
hochdeutschen  Schriftsprache  veranlaßt  worden,  mir  und  mich  anzu- 
wenden, deren  unrichtigen  Gebrauch  er  sich  so  zu  eigen  machte,  daß 
er  sie  auch  im  oberdeutschen  Original  einftlhrte. 

Das  wäre  immerhin  ein  seltsamer  Einfluß  der  Schriftsprache :  sie 
soll  bewirken,  daß  derjenige,  der  ihr  zustrebt,  das  richtige  Hochdeutsch 
seiner  Vorlage  verfälscht.  Man  ist  daher  einigermaßen  berechtigt,  sich 
zu  fragen,  ob  jene  Erscheinungen  keiner  anderen  Erklärung  fähig  sind, 
auf  welche  Scherer  sich  stützt.  Man  darf  es  um  so  mehr,  wenn  man 
sich  vergegenwärtigt,  daß  jenes  vermeintliche  Berlinerthum  auf  Ge- 
bieten erscheint  und  in  Fällen  sich  zeigt ,  wo  Schcrer's  Erklärung 
schlechterdings  ausgeschlossen  ist. 

Accusativ  für  Dativ  liegt  vor  im  dän.  und  schwed.  mig  und 
dig,  die  sowohl  mihi  und  tibi  als  me  und  U  bedeuten;  femer  in  nhd. 
euch  =  vobis  und  vos. 

Dativ  für  Accusativ  erscheint  in  as.  mi  und  thiy  ags.  me  und 
the  neben  mik  und  thic,  mec  und  thec,  sowie  in  afries.  mi  und  thi; 
ferner  in  mhd.  uns  gegenüber  ahd.  unsih. 

Gehen  wir  über  das  Deutsche  hinaus,  so  finden  wir  im  Lateini- 
schen die  Ablativformen  me  und  te  auch  für  den  Accusativ  verwendet. 
Im  Neugriechischen  sind  nhifidvu,  öl-ieiva^  r^liccg-iidgy  cäg-iaag  sowohl 
Accusativ^  als  Dativ  (Mullach,  Gramm,  d.  griech.  Vulgärspr.  p.  332,  11). 

Dadurch  ist  die  Möglichkeit  einer  anderen  AuflPassung  ftir  die 
fraglichen  Stellen  der  Leidener  Handschrift  sichergestellt:  sie  müssen 
nicht  nothwendig  aus  der  Einwirkung  der  hochdeutschen  Schriftsprache 
hervorgegangen  sein,  sie  können  auf  ^rirklicher  syntactischer  Vertau- 
Bchung beruhen  und  der  dem  Schreiber  angeborenen  Mundart  an- 
gehören. 


BEITRÄGE  ZUB  DEUTSCHEN  SYNTAX,  26 

Indessen  Möglichkeit  ist  nicht  Wahrscheinlichkeit. 

Wenn  von  zwei  Formen  die  eine  durch  die  andere  verdrängt 
wird;  so  sind  zwei  Möglichkeiten  denkbar.  Entweder  erobert  die  eine 
Form  das  Gebiet  der  andern^  ohne  selbst  jemals  in  ihrem  Besitz  durch 
die  ändere  gestört  zu  werden ^  oder  die  Sache  liegt  so:  während  die 
Form  A  in  Fällen  erscheint,  wo  ursprünglich  die  Form  B  berechtigt 
war,  wird  gleichzeitig  B  auch  Air  A  verwendet,  und  es  tritt  eine  Zeit 
ein,  wo  A  und  B  unterschiedlos  gebraucht  werden.  Aber  auf  die  Dauer 
ist  dieser  letztere  Zustand  unhaltbar.  Rtlckkehr  in  die  alten  Verhält- 
nisse ist  unmöglich;  es  bleibt  daher  nur  ein  Weg:  eine  der  beiden 
Formen  wird  von  der  Sprache  aufgegeben.  Wir  müssen  also,  wenn 
wir  jene  Casusvertauschungen  der  Mundart  des  Schreibers  beilegen, 
in  späterer  Zeit  irgendwo  eine  Mundart  nachweisen,  wo  die  eine  der 
beiden  Formen  —  mir  und  dir  oder  mich  und  dich  —  zur  ausschließ- 
lichen Geltung  gekommen.  Seherer  selbst  hat  schon  an  Veldeke's 
Servaes  erinnert,  wo  mich  und  dich  auch  für  den  Dativ  steht.  Und 
zwar  stelle  ich  fest,  daß  dies  nahezu  ausnahmslos  geschieht;  einige 
wenige  mtund  di  begegnen  noch:  II,  v.  1958,  2398,  2715,  aber  kein 
Tnir  oder  dir.  Diese  Sachlage  ist  nicht  dazu  angetlian,  Scherer's  Auf- 
fassung zu  stützen.  Wenn  das  Hochdeutsche  eingewirkt  haben  soll, 
so  müssen  wir  fragen,  warum  mir  und  dir  gänzlich  verschmäht  worden 
sind.  Und  femer  möchte  man  fragen,  weshalb  nicht  auch  sonst  sich 
hochdeutscher  Einfluß  im  Servaes  geltend  mache.  Ich  könnte  gleich 
hier  durch  eine  Reihe  von  Beispielen  darthun,  daß  auch  andere  Lite- 
raturdenkmäler sich  gerade  so  verhalten,  wie  der  Servaes^  allein  wie 
gewöhnlich  kennen  wir  nicht  genau  Ort  und  Zeit  der  Abfassung, 
beziehungsweise  der  Niederschrift ,  und  schließlich  könnte  man  noeh 
irgend  einen  scharfsinnigen  Ausweg  finden ,  um  den  hochdeutschen 
Einfloß  zu  retten.  Ich  appelliere  daher  an  Zeugen^  welche  von  allen 
diesen  Übelständen  frei  sind:  an  die  heutigen  Dialekte.  Dort  finden 
wir  auf  niederfränkischem  Gebiete  einen  ganzen  großen 
Bezirk,  in  welchem  für  Dativ  und  Accusativ  nur  mich 
und  dich  gilt.  Wir  könnten  diesen  Bezirk  das  Mich-Land  nennen, 
nach  dem  Vorgange  der  Brabanter,  welche  den  östlichen  Theil  von 
Brabant  als  Et  Mich  Kwattier  bezeichnen.  (Firmenich,  Anhang  zu  Gcr- 
maniens  Völkerstimmen,  p.  650,  a.) 

Ich  beginne  mit  meinen  Beispielen  im  Norden  des  Gebietes. 
''    Nä ,  nä !   gei  jagt  sc  mech  (Firmenich,  Völkerstimroen  I,  598,  a ; 
Mundart  der  Stadt  Meurs).  —    Loot  mech  mar  ena  (398,  ^V  — 
J'S  ja,  dat  wohr  mech  en  Börschken  (398,  b").  —  "NVm  'S.««!  ^^  ^Äiw^^t, 


26  O.  BEHAGHEL 

as  woU  et  mech  fas  breken   (399  b).    -—    Well  ech  dech  wat  seggen 
(408  a;   Mundart  von  Krefeld).    —    well  ech  dech  gär  behölplich 
Seen  (409,  a).  —  ech  schwemm  möt  dech  an't  angere  Ufter  (409,  a). 
wat  batt  mech  all  mi  Goud  oa  Geld  (409,  b).    —    ech  lov  mech  vor 
alles  et  Baureiäven  (410,  b).  —  De  hatt'  mech  nigen  Dutzend  Kasten- 
schlöt  bestault  {besUlU ;  415,  a;  Mundart  von  Velbert).  —  Dat  donn 
du  mftr,    die  steit  dech  jut  (423,  a;    Mundart  von  Wttlfrath  im 
Kreise  Elberfeld).  —  nu  sag  ech  dech  vor  allen  Dengen  (423,  a). 
—  jo,  Frau,  ech  sal  mech  alles  merken.  —  de  Sack  sali  ech  dech  da 
wall  faulen  (423,  b).  —  Biärt,  riepen  Hetz,  wat  fällt  dech  enn.  —  dutt 
mech  de  led*ge  Sack  mär  beer.    —    O  Litschen,   leew  Litschen,  säie 
meck;    wie  doht  meck  setten  de  Galtrock  min?   (427,   a;    Mundart 
von  Elberfeld  und  Umgegend).  —  du  best  meck  verdorwen  den 
Galtrock  min  (427,  a).    —   Roop  meck  den  Käarl  geschwend  hervor! 
Dat,  scheent  meck,  es  'nen  Flocken  (427,  a).  —  de  Koschte  Broat  de 
göff  meck  nit  (427,  b).    —    eck  seng  deck,    wie  de  Kuckuck  sengt 
(427,  b).    —    lot  ne  Frau  meck  eenen  Schoppen  Kiänschabbau   vam 
Mönsterlänger  holen  (427,  b).  —   Du  bosz  mech  äwer  de  räite  Vugel 
(431,  b;  Mundart  von  Ratingen).  —  Wells  de  mech  woll  mi  Gäd 
beschlage?  (433,  a;  Mundart  von  Düsseldorf).  —  drom  well  ech 
dech  wat  vorschlage  on  met  dech  'ne  Akkort  mache  (433,  a).  —  zehn 
Johr  breng  ech  dech  dat  Geld  alle  Dags  (433,  a).  —  ewwer  esch  mosz 
de  mech  noch  'ne  Gefalle  donn  (433,  b).  —  gäf  mech  min  Hankschrefty 
dann  lot  ech  dech  herus  (434,  a).  —  lop  du  mar,  du  löps  mech  noch 
lang  jot ,    en  der  Tid   kös   mech    de  Wuesch   anbrenne  (Xu,  510,  a; 
Mundart  von  München-Gladbach).  —    wenn  mech  nur  mar  de 
Kruuk  net  üverlöpt!  (510,  b).  —  de  Wuesch  kös  doch  äwel  dech  ver- 
brenne (510,  b).  —  dann  nömms  de  dech  jet  te  eäte  möt  (511,  a).  — 
Loope  se  dech  ?  (512,  b).  —  waröm  has  de  mech  dat  och  net  geseit? 
(513,  a).  —  Et  wor  mich  su  goot,  et  woor  mich  su  licht  öm  et  Herz 
(484,  a;  Mundart  von  Jülich).  —  et  wor  mich,  ich  weesz  selfs  net 
wie  (484,  b).    —  jez  gevilt  mich  kenn  Blom  (485,  a).   —  ich  wönsch 
mich  al   mi  Lebdag  maar,   da'ch  emmer  sage  kann  etc.    (484,  b).  -— 
[on  denks  bei  dich :  ich  han  (485,  b)].  —  Äves  onger  desera  Kolle  es 
mech  och  jet  bei  gefalle  (487,    a;  Mundart   in   der  Gegend   von 
Heinsberg  und  Dremmen).    —    Nohm  ich  mich  en  der  Sen,   ze 
geh,  noch  ih  ich  kühm  no  Hus,  noh  Märubeldeke  hen  (488,  a;  Mund- 
art von  Aachen).  —  schwig  stell  doch,    du  mags  dich  märr  selver 
bang  (488,  b).    —    der  Ohm  (Athem)  geeht  mich  us  (488,  b).   —  ühr 
halt  mich  Hus  en  Jade  rcng  (489,  a).  —  loss  dich  de  Ögelcher  weische 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  27 

(489,  a).  —  helpt  mich,  dat  ich  hörn  ens  wed  quitt  (489,  b).  —  M'haat 
m'g  van  Auertitts  decker  vertaut  (496,  b;  Mundart  vonEupen).  — 
mäy  saat  h'dou,  wat  felld  d'g?  mftrr  änne?  wat  ess  d'g?  wat  Ädd  d'g? 
(497,  a).  —  dat  glöyv  m'g  (497,  a).  —  verteil  m'g  d'Leyd!  D'weys 
jo,  dat  ig  d'g  t*faäUepe  weyt  (497,  b).  —  och,  schwyg  m'g  dervanne 
(497,  b).  —  T'es  mich  lieet  (leid)^  da  ich  httm  ni  entweifel  s-chübbe 
gegeven  hob  (Anhang  p.  642,  b;  Mundart  von  St.  Truyen).  — Eh 
wel,  as  ge  mich  oere  beste  pand  geft,  dan  aal  ich  oech  äser  bringen 
vor  seve  joor  lange  te  werken  (645,  a;  Mundart  von  Hoegaar- 
den).  —  gef  mich  'ne  kur  een  van  oer  bore  (645,  b).  [die  neve  mich 
sat,  648  a;  Mundart  von  Diest].  —  'T  is  dan  noe  bepoold  dat  ich 
mich  vandoog  e  neui  pak  moot  lote  make  (701, a;  Mun  dart  von  Maa- 
8 triebt).  —  de  President  van  't  tribenool,  ene  grappege  keel,  mer  dee 
mich  nog  neet  't  geringste  proces  besorg  hat  (701,  b).  —  do  ig  noch 
so  veul  neet  oon  verdeene  kon ,  öm  mich  e  miserabel  rökske  te  lote 
make  (701,  b).  —  de  ganssen  doog  spektakel  mit  diin  vrouw,  de  dich 
verwitinge  deit  (701,  b).  —  ger  moot  mich  ins  segge  (702,  a).  —  as 
ger  mich  de  woorheit  neet  sekt  (702  b).  —  nömp  'et  mich  neet  koelik 
(702,  b).  —  wat  vor  ein  coleur  van  lake  dinkste  dat  ich  mich  sou 
oetsöke?  (703,  b).  —  [Dou  bes  mer  eine  swetser,  mit  tig  wil  ich 
neet  meer  wirke  707,  a;  Mundart  von  Roermonde].  —  Sogst  mich 
op,  boum  tou  jankst  of  kriest;  ich  hölp  dich  want  ich  kan  (708,  a; 
Mundart  von  Weert). 

Dazu  noch  einige  Beispiele,  welche  zur  Anschauung  bringen,  daß 
nicht  nur  in  Lauten  und  Formen,  sondern  auch  bei  syntactischen  Din- 
gen allmählige  Uebergänge  von  einem  Sprachgebiet  zum  andern 
stattfinden.  In  den  Sprachproben  aus  der  Umgegend  Altendorfs  bei 
Hattingen  an  der  Ruhr  (Firm.  I ,  p.  366  ff.)  erscheinen  fast  durch- 
gängig die  Formen  mi  und  di  f[lr  Dativ  wie  Accusativ;  ich  zähle  17 
Beispiele.  Daneben  findet  sich  aber  doch  ein  Beispiel,  in  dem  mich 
und  zwar  als  Dativ  begegnet:  nain  Grulden  soll  er  mich  noch  in  Koap 
ffibben  (367,  a).  In  der  Mundart  von  Neviges  (416  ff.)  heißt  der  Accu- 
sativ fhich,  der  Dativ  mir ;  vom  letzteren  erscheinen  in  den  mitgetheilten 
Proben  16  Belege;  daneben  dreimal  der  Dativ  mich:  kei  Weder  makt 
mech  hcmg  (418,  b);  du  make  mech  bang  (419,  a)  und  da  ealVt  deeh  nit 
schaden^  wann  du  an  Düwel  on  Oespengster  gläufa  (420,  a).  —  Aus  dem 
Nordwesten  des  Gebiets  finden  wir  diese  Erscheinung  in  der  Mundart 
des  Ländchens  Kessel ,  oberhalb  Venloo  am  linken  Maasufer  (Mone, 
Quellen  und  Forschungen  zur  Geschichte  der  teutschen  Literatnx  >\w^ 
Sprache  I,  p.  477  ff.):  einerseits  den  Dativ  mich*.  g«f  wicK,  ^<id«r^  V* 


28  O  BEHAOHRL 

deä  van  het  got^  dat  mich  gehurt  (a.  a.  O.  p.  478),  anderseits  den  Dativ 
mei:  en  gei  hebt  mei  nait  enen  bück  gegeven. 

Nach  dem  Aufgeführten  ergibt  sieh  etwa  folgende  Linie  als  die 
Umgrenzung  des  Mich-Landes:  Meurs- Velbert-Elberfeld  (Duis- 
burg, Mühlheim  an  der  Ruhr,  Schwelm  haben  schon  mi  und  di  ftbr 
beide  Casus).  —  Düsseldorf-  Mtlnchen  -  Gladbach  -  Jülich- 
Aachen  (Düren  scheidet  mir  und  mtcA)  —  Eupen  —  von  da  nach 
Westen  an  der  französischen  Sprachgrenze;  im  Westen  ist 
die  Linie  nicht  genau  zu  bestimmen,  doch  geht  sie  wohl  über  Tirle- 
mont-Diest,  von  da  jedenfalls  nach  Weert  und  Venloo. 

Damit  ist  nicht  nur  ein  interessantes  syntactisches  Phänomen  in 
seiner  Verbreitung  festgestellt,  sondern  auch  ein  nicht  unwichtiges  Hfllfs- 
mittel  gewonnen,  um  die  Gegend  zu  bestimmen,  wo  gewisse  Uterarische 
Denkmäler  abgefasst  oder  geschrieben  wurden.  Man  darf  freilich  nicht 
sagen:  jedes  Schriftstück,  das  in  dem  von  mir  eben  umgrenzten  Ge* 
biete  geschrieben  warde,  muü  mich  und  dich  aufweisen  flir  den  Dativ 
Sgl.  der  persönlichen  Pronomina,  denn  wir  wissen  ja  nicht,  ob  besagte 
Erscheinung  sich  gleichzeitig  auf  dem  ganzen  Gebiete  entwickelt  hat; 
es  ist  nicht  einmal  wahrscheinlich.  Aber  das  Umgekehrte  steht  nach 
dem  pg.  25  Gesagten  wohl  sicher:  ein  Denkmal,  das  jene  Vertauschung 
aufweist,  muß  innerhalb  dieses  Gebietes  geschrieben  sein. 

Danach  gehören  folgende  Literaturdenkmäler  ihrer  Abfassung  oder 
ihrer  Niederschrift  nach  in  das  bezeichnete  Territorinm. 

L  Wahrscheinlich  die  Leydener  Handschrift  des  Williram;  eine 
Berücksichtigung  der  Lautverhältnisse  würde  hier  zu  weit  führen,  auch 
vorderhand  kaum  möglich  sein. 

II.  Das  Marienleben ,  dessen  Fragmente  im  deutschen  Museum 
(Leipzig,  in  der  Weygand'schen  Buchhandlung)  1788,  I,  p.  72  ff.  und 
112  ff.  veröffentlicht  sind.  Zwar  nicht  das  Original ,  denn  im  ersten 
Fragmente  reimt  der  Dativ  dt  auf  hi  v.  22,  und  im  zweiten  v.  178  der 
Dativ  fni  auf  ai.  Dagegen  die  Handschrift  scheint  die  Verallgemeine- 
rung des  Accusativs  zu  zeigen.  Einige  Male  nämlich  erscheint  noch  die 
Form  mi  oder  dii  I,  27;  II,  133,  134,  180;  dazu  die  beiden  Reim- 
stellen. Sonst  steht  im  Drucke  durchaus  mie  bezw.  diei  I,  110,  112, 
113,  114,  121,  137,  140,  147,  149,  165,  171,  175,  178.  II,  61,  135, 
137,  174,  176,  sowohl  Dative  als  Accusative. 

Da  nun  in  den  beiden  Fragmenten  —  zusammen  396  Verse  —  nur 
zwei  anderweitige  Beispiele  von  ie  ftlr  £  begegnen,  so  liegt  der  Verdacht 
ausserordentlich  nahe,  daü,  sei  es  in  der  abgedruckten  Handschrift  selbst, 
sei  es  in  deren  Vorlage,   statt  dieses  mie  und  die  mic  und  die  gestan- 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  29 

den  habe;  besonders  wenn  man  bedenkt,  daß  die  gutturale  Tenuis  in 
dem  Stücke  fast  durchweg  mit  c  bezeichnet  wird,  und  wenn  man  I, 
138  vroghedie  fllr  vroghedic  liest. 

III.  Der  Minneleich  vom  Niederrhein ,  Zs,  f.  dtseh.  Alterth.  lU^ 
218  ff.  Mir  und  dir  stehen  an  ihrer  alten  Stelle  v.  1^  2,  3,  6,  7;  18, 
21,  27,  49,  67,  76,  97,  103,  122,  129,  130,  137,  also  17  mal.  Zweimal 
steht  daftir  die  Accusativform : 

V.  44.  Ihr  tuegeut  die  sint  menichfalt, 

6od  huet  si  mich  voer  lejde. 
V.  91.  Vyl  sorghen  swachet  mich  der  scyn, 
der  US  haer  oghen  blicket 

Zweimal  ersetzt  der  Dativ  den  Accusativ: 

V.  97.  ob  got  mir  des  ghewerte, 

dan  weer  so  groys  min  vreuden  teyl, 
das  mir  vur  alle  sorgen  wol  ernerte. 

IV.  Adolf  von  Nassau,  Zs.  f.  dtsch.  Alterth.  III,  1  ff.  Er  bietet 
ein  Beispiel  für  Accusativ  statt  Dativ : 

v.  83:  Hey  bescheit  an  gerethe  (gerihte)  hey 
sine  wort,  die  mich  sagen,  wey 
eyn  ritter  hait  gedeynit  vil 

auf  22  Behge,  wo  mir  und  dir  die  ursprüngliche  Stellung  behauptet 
haben:  vv.  18,  47,  52,  54,  62,  71,  115,  168,  172,  184,  237,  267,  369, 
387,  388,  389,  465,  466,  483,  488,  493,  564. 

V.  Das  angeblich  mittelniederländische  Osterspiel ,  das  Zacher 
Zs.  f.  dtsch.  Alterth.  II,  302 — 50  veröffentlicht  hat,  das  aber  bekannt- 
lich nicht  niederländisch  ist  (Braune,  Ztschft.  f.  dtsch.  Phil.  IV,  p.  251 ; 
Heinzel,  Gesch.  d.  Niederfränkischen  Geschäftssprache  p.  255).  Hier 
kam  die  Vertauschung  schon  dem  Originale  zu: 

407     y,din  lof  ende  din  ere 

musze  immer  irmeren  sich^. 

„siet  willeküme,  ir  heren,  mig.^ 
[627   Such  (1.  sich),  die  godis  dime  ben  ich, 

heilich  engel,  inde  an  mich 

volge  (=  vol  ge)  die  susze  boitschaf  din] 
816    dar  umbe  rade  ich  ug  alle, 

dat  ir  willet  volgen  mich. 

ig  sal  ug  machen  vrouden  rieh. 
1139   Dat  uperstentinisse  ben  ich, 

des  Salt  du  gelouven  mich. 


90  O.  BEUAGUEL 

Demgemäß  findet  sich  außerhalb  des  Reims  eine  erhebliche  Zahl 
von  Belegen: 

411  dat  sult  ir  mig,  ir  heren,  sagen.  —  431  nu  wille  wir  dig  och 
dun  achin.  —  456  dat  sult  ir  mich  sagen.  —  462  wir  brengen  dig 
gaven.  —  471  inde  mig  dise  ere  hait  bekant  —  500  inde  dich  geen 
(gd>en)  ze  lone  mine  guldine  crone.  —  512  du  hais  mich  wale  gera- 
den. —  545  want  dus  wale  Ionen  mait  minen  kende  ende  mich,  des 
biddich  live  here  dich.  —  565  des  insteit  mich  nit  (ziemt  mir)  zu  in- 
beme.  —  601  dat  he  gesalvet  werde  ze  knnincge  up  die  erde.  — 
650  dar  umbe  ganc  vort  ende  du,  des  ich  dich  han  gesprochen  zu.  — 
689  die  engel  kumen  dich  gereit  —  691  dat  dich  die  steine  riiren 
inmugen  hende  nog  vusse.  —  702.  Wat  soude  mig  dine  richeit?  — 
862  Maria,  du  sais  dat  min  zale  dich  nit  bevalle  wale.  —  866  went 
dich  nit  inis  bekant  got.  —  899  zait  mig  up  die  truwe  din,  al  dat 
mich  mag  wesen  guet  —  930  got  deit  mig  sine  genade  schin.  — 
948  du  hais  mig  decke  gedaen  leide.  —  1012  nu  sage  mig,  Simon, 
sunder  wanken.  — 1028  og  is  dich  me  (I.  ie?)  virgeszen  des  kussens 
van  dinen  munde.  —  1043  diese  hait  mig  in  allenthalven  mine  vuze 
gesalvet  wale.  —  1064  meister,  wat  soude  dig  dat  gedaen?  —  1079 
so  mich  got  bhuet  dat  leven.  —  1081  ich  säen  dich  eine  nuwe 
mere.  —  1082  dich  entbident  ende  dun  kunt  —  1085  si  sendent  dig 
disen  brijf  inde  entbident  dich  dar  inne  hören  dinst  ende  bore  minne. 

—  1195  ich  danc  dich  sunderliche  aller  genaden,    der  du  mig  deis. 

—  [1198  dat  ich  van  dich  ben  gehört  —  1207  dat  ich  van  dig  ben 
gesant.  —  ]  1364  dat  mich  soude  vrumen,  dat  is  mich  benumen.  — 
1460  dar  umbe  so  muz  du  den  doit  liden,  de  dich  zal  geschin.  — 
1467  dan  sal  dich  nit  wesen  leit 

Aber  noch  weitaus  größer  ist  die  Zahl  der  Stellen,  wo  der  Dativ 
mir  und  dir  lautet:  v.  18.  20.  48.  52.  61.  68.  71.  72.  85.  89.  111.  127. 
134.  162.  194.  201.  277.  359.  375.  404.  419.  422.  439.  522.  548.  626. 
640.  641.  (647).  699.  710.  (713).  (726).  (735).  742.  751.  (763).  764. 
772.  805.  851.  888.  8%.  897.  (900).  939.  994.  995.  997.  1014.  1015. 
(1021).  (1038).  1046.  (1070).  1071.  1073  1077.  1078.  1119.  (1133). 
1154.  1174.  1175.  1190.  1217.  1244.  (1247).  1248.  1260.  (1273).  1319. 
1342.  1345.  1352.  1355.  1371.  (1400).  1408.  (1420).  1433.  1444.  1456! 
(1468).  (1500). 

Also  35  mal  der  Dativ  =  mich,  dich,  69  mal  ==  mir.  dir. 

Wie  früher  bei  der  Aufiiihrung  der  modernen  dialektischen  Bei- 
spiele,  habe  ich  hier  bei  der  Zählung  die  Beispiele^  wo  der  Casus  von 
einer  Präposition  begleitet  ist .    nicht  berücksichtigt.     Denn  in  diesen 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  31 

Fällen  beschränkt  sich  die  Vertauschung  nicht  auf  die  Pronomina;  sie 
erscheint  allgemein^  auch  bei  Substantiven.  Hier  geht  sie  offenbar  aus 
von  den  Präpositionen^  die  sowohl  Dativ  als  Accusativ  regieren,  dehnt 
sich  dann  nach  und  nach  mit  der  Zeit  so  ziemlich  auf  alle  Präposi- 
tionen aus*). 

Neben   der  Verwendung   der  Pronomina  in  ursprünglicher  alter 
Weise,  neben  der  Setzung  des  Accusativs  für  den  Datiy  erscheinen  im 
Osterspiel  auch  einzelne  Fälle  von  Dativ  fUr  Accusativ: 
V.  134    de  name  van  diner  gotheit 

an  mir  is  gervet  ende  gegeven. 
V.  140   [herumbe  setz  ich  den  rat  an  dir, 

want  it  unmugelich  duchte  mir]. 
V.  386    so  gebiden  ich  dir, 

dat  du  si  kumen  dus  vor  mir. 
V.  866    ich  wil  dirs  machen  gewis. 

VI.  Die  Handschrift  von  Veldeke's  Servatins;  ich  habe  schon 
vorhin  bemerkt,  da(S  hier  mich  und  dich  auch  fUr  den  Dativ  zur  Regel 
geworden. 

Leider  genügen  die  vorliegenden  Thatsachen  nicht,  um  die  Ein- 
zelnheiten der  Elntwickelung  za  verfolgen,  da  wir  nicht  die  Gewißheit 
haben,  daß  die  vorliegenden  Denkmäler  aus  einer  und  derselben  Ge- 
gend stammen;  vielmehr  ist  es  ziemlich  sicher,  daß  I  und  II  einem 
nördlicheren  Gebiete  angehören  als  III,  IV  und  V  (s.  Heinzel,  Gesch. 
cL  nfr.  Geschäftsspr.  p.  202  u.  286). 

Das  niederfränkische  Gebiet ,  von  dem  bis  jetzt  die  Rede  war, 
ist  nicht  das  einzige,  dem  der  Name  des  „Mich  -  Kwattier^  gebührt; 
es  gibt  noch  einen  zweiten  solchen  Bezirk  von  nicht  geringerer  Aus- 
dehnung. Ich  verzeichne  wieder  die  Belege  aus  Firmenich:  Tu,  Alster, 
du  kannst  mick  hilpen  (I,  157,  a;  Mundart  von  Osterweddingen 
bei  Magdeburg).  —  verehre  mick  dinen  Rock!  (159,  b).  —  an 
Flaijen  un  Brotkroim  soll't  dick  nich  fahlen,  un  Water  will  ick  dick 
alle  Dage  hensetten;  ick  hale  dick'ne  jroine  Raue  und  stellese  dick 
opp't  Schränk  (161 ,  a).  —  morjen  frei  brink  mick  davoor'n  Roth- 
kähllen  in  mien  Huus  (161,  b).  —  denn  soll't  dick  jut  Jahn  (161,  b). 
—  Sau  ohk  de  Engel  tau  dick  komm'n  un  währ'n  dick  bewahren, 
datt  dick  nischt  kann  wedder&hren  (168,  a;  Mundarten  der  Magde- 


^  Bnuine  ist  im  Irrtham,  wenn  er  Zs.  f.  dtsch.  Phil.  IV,  p.  289  meint,  mit  mit 
dam  Accoflatiy  sei  Veldeke  fremd,  of.  z.  B.  476  met  ein  deil  lüte  daunen  für.  Ferner 
Serr.  I,  534    990.  2119. 


32  O.  BEHAOHEL 

burger  Börde  im  Kreise  Kalbe  an  der  Saale).  —  verehr  mick 
dienen  Rock  (162,  b).  —  sau  mahkte  hei  mick'ne  Pipe  (165,  a).  — 
ick  sähr,  hec  solle  mick  ohk  eine  geb'n  (165,  a).  —  wistu  bichten, 
sau  mnstu  mick  näher  kommen,  dat  ick  dick  hören  kann,  wat  du  mich 
hiebst  (165,  b).  —  hahle  mick  stantepeh  an  half  Punt  Quellenborger, 
Bchmieht  mick  abber  den  Buddel  nich  inzwei  (169,  b).  —  Wu  sit  mick, 
wu  steitmick  de  Paltrock  mieu?  (170,  a;  Mundart  in  der  Gegend 
von  Aschersleben).  —  hebb'  ick  dick  versnedden  den  Paltrock 
dien,  sau  hebb'  ick  'ne  snedden  hie  Mandenschien  (170^  a).  —  dann 
wiU  ick  dick  aber  dat  Fell  vullslan  (170,  b).  —  Nu  segget  meck,  wer 
sau  cn  Difiii^  erdenket  (171^  a;  Mundart  in  der  Gegend  von 
Halberstadt).  —  Du  köndest  fan  dem  groben  smu  bat  wyn  ar  {al$) 
ik  dik  köpen  (175,  a;  Mundart  Braunschweigs  und  des  Bezir- 
kes Wolfenbüttel).  —  nu  schänke  mick  en  stopen  fan  düssem 
kostein  wyne  guud  (157,  a).  —  haalt  mik  den  Joden  fan  Spindler 
(176,  a).  —  in  düssen  feertein  dagen  hat  hei  mik  nog  nig  emaal  'ne 
oorbatse  geven  (180,  b).  —  dat  kan  se  mik  tein  maal  säggen,  un  ik 
dou'  it  dog  nig  (180,  b).  —  ik  hävve  dagt,  dat  Sei  mik  dat  nagtmaal 
man  midde  geiven  (181,  a).  —  Dat  harte  host  du  mek  droopen,  du 
schöäne,  böäse  kind  (183,  b;  Mundart  in  den  FürstenthQmern 
Grubenhagen  und  Göttingen).  —  Eksk  hebb  'n  blanken  Daler, 
den  will  eck  geben  deck  (184,  a;  Mundart  von  Hildesheim).  — eck 
will  deck  wat  up  dat  Lickebrett  leggen  (185,  a).  —  Kein  Kahlenbar- 
ger  deint  deck  jo  (188,  b;  Mundart  im  Deister  Gebirge  zwischen 
Springe  und  Rodenberg).  —  wenn  eck  Rosenknobben  finne  un 
se  deck  tom  Kranze  binnc,  denk  eck  an  dihn  blank  Gesicht  (190,  a). 
—  will  eck  deck  meck  eiwig  wihn  (190,  a).  —  stth  eis,  wo  deck  doch 
de  Brailsse  (Bier)  schühmt  (190,  b).  —  Brauer,  fülle  meck  de  ganze 
Stanne  (191,  a).  —  doch  dihne  Leiwe  gift  meck  Frist  (192,  b).  — 
versprohkst  meck  duhseud  Lust  (193,  a).  —  Eck  will  deck  jek  da 
ganze  Sahk  erklären  (201,  b;  Mundart  der  Stadt  Hannover*).  — 
merke  deck  man  den  breien  dort  (201,  a).  -  hei  is  deck  doch  bekannt 
(202,  a)?  —  dat  war  meck  ohk  da  Rechte  (202,  b).  —  eck  will  ehrlich 
sien  und  meck  mien  Gewissen  nich  verpacken  (203,  b).  —  hei  stait 
deck  dichte  vor  der  Nasen  (204,  a).  —  Grüsze  nich  weer,  wenn  dik 
guten  avend  eboen  wart  (203,  b;  Mundart  in  der  Gegend  von  Celle), 
nu  du  mik  guten  avend  sagt  hast,  kann  ik  ruen  (206,  b).  —  Hast  du 


*)  Ich    bemerke    aiudrücklich ,    daß   in    dieser  Miuidart  kein  mir,   dir  l&r  den 
Accusativ  erscheint,  sie  also  nicht  wip  die  Berliner  zu  heurtheilen  ist. 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  33 

nich  en  swart  schap?  dat  gif  mik  (206,  b).  —  Do  woren  dich  Mohl 
Menschen,  kein  Appel  kunne  zur  Aerde  (II,  217,  a;  Mundart  in  der 
Gegend  um  Schloß  Falkenstein  am  Unterharze  an  den  Gren- 
zen Anhalts  und  des  Mansfelder  Gebirgskreises).  —  hestau 
dich  au  raecht  orndlich  unsen  Eenig  ahngesihn  (217,  a)?  —  das  ha 
ich  erseht  neilich  gesihn,  wu  e  mich  an  Schribens  uhs  en  Justizammete 
beantworten  seile  (218,  a).  —  met  daen  kann  mich  einer  von  Liwe 
bliben  (218,  a).  —  Abber  des  ha  ich  mich  vorgenomme  (218,  a;  Mund- 
art der  Gegend  um  Bernburg  im  Anhaltischen).  —  und  ich  sade: 
seik  mich  treu  (218,  a).  —  höörste  du,  ich  saa  es  dich  (218,  a).  —  is 
mich  gleich  an  Steen  vom  Herzen  (218,  b).  —  o^  ich  weesz  dich  noch 
den  Tak  (219,  a).  —  's  war  mich  eenerlee  (219,  a).  —  Se  ward  mich 
nich  for  ebbel  nehmen  (229,  a;  Mundart  in  der  Gegend  von  Dessau). 

—  sie  hat  mich  och  nischt  jethan  (229,  a).  —  hä  hott  mich  oh  ä  Jläschen 
Schnapps  an  (229,  a).  —  se  wards  mich  denn  oh  jeloben  (229,  b).  — 
dasz  Se  sich  noch  wohl  befinget,  is  mich  von  Harzen  lieb  (230,  a).  — 
ich  weisz,  wie's  mich  um's  Harze  wHr  (230,  a). 

Auch  hier  wenigstens  zwei  Beispiele  von  Übergangsdialekten: 
das  eine  ist  die  Mundart  von  Limmer  bei  Hannover  (I,  193  ff.).  Der 
Dativ  ist  meck,  deck:  doch  dat  gefull  meck  ook  nich  (195,  b).  —  meck 
ward  nielich  noch  verteilt  (198,  a).  —  Esels- Arbeit  un  Zieschen-Futter 
worren  jy  meck  woU  geven  (198,  b).  —  he  hadde  et  meck  gern  af- 
disputeert  (190,  b).  —  dttsse  was  meck  damals  ook  eben  upsettig  (199,  a). 

—  se  heft  meck  de  Eyer  afschneden  (199,  b).  —  awerst  deck  hanne- 
bauken  Runks  will  eck  up  den  Sonndag  de  Predig  lesen  (199,  b).  — 
Der  Dativ  ist  mi,  di:  awerst  dat  gefull  my  nich,  dat  he  katholisch  was 
(195,  b).  —  wenn  se  em  reden  hören,  un  to  my  seget  (196,  b). — wenn  dat 
nich  alles  na  öhrem  Koppe  günge,  so  paue  se  my  de  Ohren  sau  vull 
(197,  a).  —  sull  se  my  den  Kragen  ummaken  (197,  a)  etc.  —  Das  zweite 
ist  die  Mundart  in  der  Gegend  von  Minden  (255,  äff.):  segg  he 
mol,  o  segg,  wo  kann  hei  mik  wat  vorquarren  (255,  a).  —  dagegen:  ik 
loo  den  Buren  mie  (255^  a).  —  most  woll  spreken,  daz  hei  di  tweimal 
Dagestiet  bütt  (256,  b).  —  dienen  Bref  hebbe  ick  richdig  kregen  un  mi 
sehr  darebber  frieet,  dat  et  di  sau  gaud  gehd ;  dat  du  awer  sau  gehrn 
in  de  Stadt  zien  machst,  well  mi  awerst  nich  sau  recht  anstahn  (258,  a). 

Die  Grenze  des  Gebietes  ist  also  etwa  folgende:  im  Stlden  die 
Sprachgrenze  zwischen   ober-  und  niederdeutsch,  östlich 
die  Elbe  von  Dessau  bis  Magdeburg,  westlich   die  Weser 
von  der  Sprachgrenze  bis  Minden,  nördlich  eiu^LiWv^  nq\i 
Minden    nach   Hannover,    Celle,   Magde\>UTg.    0>ö   öcä  ^\ääx 

QWaumA.  Nene  Reihe  XII.  (IXIY.  Jahig.)  % 


34  O.  BEHAGHEL 

Magdeburg  selbst  noch  zu  dem  Gebiete  gehört,  kann  ich  wegen  Mangels 
an  hinlänglicIiem'Material  nicht  entscheiden.  Ausgenommen  werden  muß 
derOberharz^  der  regeh'echt  sein  mir  und  mich  besitzt  und  der  sich 
als  eine  oberdeutsche  Sprachinsel  in  niederdeutschem  Gebiete  darstelll 
Auch  in  dieses  Gebiet  fallen  einige  literarische  Denkmäler.  Zu- 
nächst die  Werke  Bertholds  von  Holle,  der,  wie  wir  wissen,  im  Hildes- 
heimischen zu  Hause  war.  Richtig  bieten  sie^  wie  nicht  anders  zu  er- 
warten, unsere  Vertauschung  dar.  Schon  Bartsch  hat  einige  Beispiele 
verzeichnet  in  der  Anmerkung  zu  Crane  176,  darunter  eines,  wo  der 
Gebrauch  von  mich  als  Dativ  durch  den  Reim  erwiesen  wird.  Im 
Demantin  finden  sich,  wenn  ich  Nichts  übersehen,  zehn  solche  Reim- 
belege: 

V.    157  daz  ir  si  woldet  gebin  mich  (:  ich). 

V.  1175  wolt  ir  des  siges  bekennen  mich  (:  rieh). 

V.  1392  ez  sal  mir  allez  wol  behagen, 

daz  ir  bSten  wollin  mich  (:  ich). 

V.  1958  daz  sal  werdin  al  getan, 

daz  ir  gebiten,  herre,  mich  (:  rieh). 

V.  1988  ja  so  gebot  di  werde  mich. 

V.  6279  heiz  min  wäphen  bringen  mich  (:  rieh). 

V.  6343  men  woldiz  roisseredin  mich  (:  rieh). 

V.  7258  her  koning,  ir  solt  geloubin  mich  (:  ich). 

V.  8178  der  gewunte  sprach:  mir  is  leit^ 

daz  ir  die  gulde  bidet  mich  (:  ich). 

V.  9973  und  werben  als  i  riten  mich  (:  ich). 
Für  mir,  dir  als  Accusative  erscheinen  keine  Reimbelege,  wenn 
man  von  präpositionalen  Verbindungen  absieht;  es  wäre  Bindung  mit 
ir  (Dat.  Sgl.,  Gen.  PL)  möglich  gewesen  (obir  mir :  ir  v.  10619).  Ausser 
dem  Reim  dagegen  finden  sich  derartige  Beispiele,  cf.  Bartsch  a.  a.  O., 
ob  sie  dem  Dichter  angehören,  läßt  sich  nicht  entscheiden;  das  Fehlen 
der  Reimbelege  spricht  entschieden  dagegen. 

Femer  fallen  in  unser  Gebiet  die  Braunschweiger  Chroniken  (Die 
Chroniken  der  deutschen  Städte  Bd.  VI).  Beispiele  des  Pronomen  personale 
der  ersten  Person  in  den  obliquen  Casus  des  Singular  sind  mir  nur 
im  Briefe  des  Braunschweigers  Bertram  von  dem  Damme  an  den  Rath 
von  Braunschweig  begegnet:  sie  bieten  unsere  Vertauschung:  also  bidde 
ek  gik,  dat  gi  den  meynen  Rad  berichten  unde  gik  sulven  mede,  unde 
gheven  mek  de  ghulde,  de  mek  myn  vader  heffi  geervet  (p.  407,  25). 
—  wante  et  mek  is  vorentholden  wedder  god,  wedder  rechte  wedder 
eyde,  wedder  ere  (407,  28).  —  ok  wetet,  dat  ek  gik  vele  hebbe  breve 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  35 

Sandy  unde  gy  mek  ny  neyn  antworde  wedder   enboden  (407,  32).  — 
Es  stammt  dieser  Brief  aus  den  achtziger  Jahren  des  14.  Jahrhunderts. 

Ebenfalls  ganz  wenige  Beispiele  finde  ich  in  der  Magdeburger 
Schöppenchronik  (Chroniken  deutscher  Städte  Bd.  VII):  wat  schal 
dik  dat  schone  golt  an  dem  hungergem  halse?  (p.  12,  11  Variante).  — 
[mi  heft  to  dek  gesand  Irinfrid  din  knecht  p.  16,  13).  —  se  sint  dusses 
godes  huses  Magdeborch  medehulpcre  und  hebben  mek  wol  geholpen 
(87,  18).  —  Sonst  heißt  der  Dativ  und  Accusativ  wii,  di,  s.  7,  8;  12^ 
11,  14,  15,26;  14,20,21  etc.  Ich  erinnere  daran,  daß  Magdeburg 
auf  der  äussersten  Grenze  des  Gebietes  liegt 

Bei  den  drei  genannten  Denkmälern,  bezw.  Gruppen  von  Denk- 
mälern ist  die  Heimath  aus  literarischen  Gründen  bekannt;  sie  legen 
Zeugniss  ab  dafür,  daß  unsere  Vertauschung  bereits  im  13.  und  14.  Jahr- 
hundert zur  Geltung  gekommen  ist.  Umgekehrt  können  wir  auf  Grund 
der  vorkommenden  Vertauschung  ein  weiteres  Denkmal  dem  Bezirke 
zuweisen,  nämlich  die  Jenaer  Liederhandschrift.  In  den  ersten  800 
Versen  begegnen  10  Belege  flir  Accusativ  statt  Dativ:  daz  mich  ein 
zage  triuget,  der  mich  so  manigen  schaden  birt  (Bruder  Werner  8,  3). 

—  von  arerout  die  bi  dir  ist  ich  wille  dich  machen  sorgen  buz  (9,  91). 

—  ich  han  mich  des  irwegen,  wie  ez  mich  darumme  muge  irgen  (p.  6, 
56),  —  nu  gebe  her  mich  so  steten  mut  (p.  7,  9).  —  des  helfe  myr  de 
rejne  und  vuge  mich  des  ich  da  ger,  daz  mich  die  hoeste  vreude  sy 
gemeyne  (p.  7,  18).  —  ich  künde  dich,  herre,  mine  klage  (p.  7,  22).  — 
wan  daz  ir  mich  in  judas  truwen  bieten  uwer  helsen  (p.  11,  99),  —  so 
irkenn  ich  manigen  '  herren ,  lichte  vundich  eynen,  der  mich  durch 
singen  lieber  gebe  wen  durch  weynen  (p.  12,  91).  —  die  myr  helfen 
baz,  denne  mich  die  ungetruwen  gunden  (p.  14,  68).  —  Daneben  3  Fälle 
von  Dativ  für  Accusativ:  troume  hant  mir  vil  gelogen  unz  her  alle 
myne  tage  unde  in  slafe  mir  betrogen  (p.  2,  86).  —  got  der  sol  myr 
an  dem  an  dir  rechen  (p.  9,  91).  —  daz  ich  ym  syn  syngerlin  beneme 
gar  unrehte,  hat  er  myr  gezigen  an  den  dingen  (p.  16,  86*).  —  Es  ist 
natürlich,  daß  eine  tiberwiegende  Anzahl  von  Dativen  und  Accusativen 
ans  der  Vorlage  an  ihrer  ursprünglichen   Stelle  stehen  geblieben  sind. 

Bei  dem  Pronomen  der  ersten  und  zweiten  Person  war  das  Er- 
gebniss  der  Entwickelung  das,  daß  an  die  Stelle  des  Dativs  der  Accu- 
sativ trat.  Beim  Pronomen  der  dritten  Person  und  dem  Pron.  demon- 
strativum  macht  sich  auf  verschiedenen  Gebieten  eine  entgegengesetzte 
Strömung  geltend:   es  dringt  die  Form  des  Dativs  in   den  Accusativ: 


*)  Ich  eitlere  nich  Mjller,  v.  d.  Hagen  hat  offenbar  meViiia^  ^«^Sov^c^ 


36  O.  BEHAGHEL 

So  im  Dänischen:  Schwed.:     Engl.: 

dai,  u.  acc.  sgL  ni.  n.  bam  oder  hannem  1  honom  \  him  (n.  it) 
dat.  u.  acc.  pl.  m.fn.  dem  oder  dennem  |  j 

dat.  u.  acc.  sgl.  fem.  hende  benne       her. 

(Möbias,  Dänisch.  Forml.  p.  83). 
Im  Nenniederländischen: 
djot.  Sgl.  masc.  u.  neutr.y  acc.  masc.  hem 
dat.  pbir.  masc.  neutr.  hun 

acc.  plur.  masc.  neutr.  hen 

dat.  sgL  acc.  sgl.  fem.  haar. 

haar  im  Dat.  Acc.  pl.  fem.  kann  Übertragung  aus  dem  Singular 
sein,  wahrscheinlicher  ist  mir  aber  eine  andere  Auffassung,  auf  die  ich 
nachher  noch  kommen  muß.  Daß  hen,  die  Form  des  Acc.  Plur.  m.  n.  n., 
ursprünglich  Dativ  ist^  ist  zweifellos,  weniger  zweifellos  das  Verhält- 
niss  von  hen  zu  hun.  hen  scheint  die  unter  dem  Einfluß  der  Betont- 
heit^  hun  die  bei  Tonlosigkeit  entwickelte  Form  zu  sein. 

Auch  das  Niederdeutsche  und  das  Niederfränkische  nimmt  in  ein» 
zelnen  Formen  Antheil  an  dieser  Verschiebung.  Der  Plural  kommt 
nicht  in  Betracht;  er  bietet  eine  andere  eigenthümliche  Erscheinung. 
Im  Singular  ist  im  in  seinen  verschiedenen  mundartlichen  Entwicke- 
lungen  nicht  nur  Dativ  sondern  auch  Accusativ  des  Masculins;  im  Fe- 
mininum ist  der  Dativ  ir  auch  Accusativ,  daneben  kommt  aber,  soweit 
ich  sehen  kann,  stets  noch  der  alte  Accusativ  sie  vor. 

Ich  gebe  zunächst  Beispiele  von  im  für  den  Accusativ: 
'T  dwingt  um,  dat  he  no  eemal  henglupen  mot  (Firm.  I,  27,  b; 
Mundart  der  Herrschaft  Jever).  —  waar  he  Um  toeerst  funnen 
harr  (27,  b).  —  Hest  du  em  man  erst  am  Haaken,  schecrst  du  em  ook 
wol  dat  Laken  (34,  a;  Mundart  Bremens').  —  [Hier  glöw  ik  doch 
an  hem  42,  b;  Mandart  Kiels].  —  Den  Gott  bruukn  will,  weet  he 
allerwehgn  to  findn  un  schickt  cm  hierhen  uu  daarhcn  (47,  a;  Mund- 
art des  Dithmarschen  Gebietes).  —  da  word  he  aber  van  fraamem 
handn  anhooln,  de  em  op  den  prehdigtstool  in  St.  Ansgariikark  settn 
(47,  a).  —  syn  fründn  wulln  em  nich  laatn  (47,  b).  —  De  Doktcr  kreeg 
em  na^n  Krankenhoff  un  da  weer  dat  slünig  mit  em  vörbi;  kccn  Minsch 
kunn  em  retten  (60,  b;  Mundart  Hamburgs  und  der  Umgegend), 
knum  hör  ik  em  de  beiden  Namens  nennen  (61,  a).  —  un  leet  em  ruhig 
in  den  Aarm  mi  haaken  (61.  a).  —  Fäer  miene  truu*n  deenste  saszt  du 
mi  eenen  bunfn  rock  mit  klokken  dran  geben,  em  aewer  so  lang  ver- 
waaren,  bett  ik  emm  förrer  (68,  a;  Mundart  Schwerins  und  der 
Umgegend).  —  so   fraeg  disser  emm,    opp  he  ook  ruig  slaapn  harr 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  37 

(68,  a).  —  wil  hei  äwerst  noch  nich  vull  föftoihn  Johr  olt  was ,  höllen 
sei  em  to't  Regieren  noch  nich  rip  (Reuter,  Sämmtliche  Werke  Wismar, 
Rostock,  Ludwigslust  Bd.  12.  Siebte  Auflage,  p.  10).  —  hadden  sei  em 
bi  den  Wickel,  . . .  me  führten  em  äwer  de  preuszsch  Grenz  (p.  13). 
wenn  hei  abslut  frigen  wiU,  ik  pleg  em  (p.  18).  —  So  mttst  Jochen  och 
erfahren,  dat  man  in  de  iesten  Jahren  em  as  Deenstbar  nich  veschon 
(Firm.  I,  p.  77,  b;  Mundart  in  der  Umgegend  von  Rostock).  — 
sach  he  Jochen,  hört  em  klagen  (78,  b).  —  Harr  em  heeten,  he  soll 
man  sing'n  as  de  Ann'en  all  (80,  a;  Mundart  des  Landvolks  zwischen 
Rostock,  Wismar  und  Parchim).  —  Dat  Vöägling  lag  in'n  Schnee 
nn  farft  em  mit  sin  blödig  Weh  (85,  a;  MundartNeu- Vorpommerns). 

—  I  wat,  foahrt  der  em  bassig  an  (80,  a;  Mundart  der  Insel  Rügen). 

—  Nu  gung  dat  ful  Haun  hen  un  söcht'n  Pott,  wo  em  Voate  Hähnk 
verstäken  hadd  un  att  em  schlicht  af  (91,  a;  Mundart  des  Binnen- 
landes Hinterpommerns).  —  fratt'n  Pott  ut  un  stülpt  em  um 
(91,  b).  —  Stoppnoadel  batt  em  (99,  a).  —  Wi  bruken  em  ok  hi  (95,  b; 
Mundart  Danzigs).  —  eck  sach  emm  man  det  Ogenbleck  (95,  b). — kam 
de  Dod,  en  löt  em  starwen  (97,  b).  —  Ei  watt,  öck  Iaht  emm  wachte 
(102,  b;  Mundart  Königsbergs).  —  Un  lehre  em:  Gott  un  den  König 
leew  du  (106,a;  Mundart  Tilsits  und  der  Umgegend). — Dann  freu 
ik  mi  nu  seh  am  gäm  (132,  a;  Mundart  der  Priegnitz).  —  dät  mackt 
am  klohk  (132,  a).  —  wi  sehn  am  nich  (132,  b).  —  Dem  was,  as  wenn 
de  Blitz  am  schlög  (134,  a;  Mundart  der  Altmark).  —  un  glick  hat 
am  ook  up  de  Stell  de  Schlag  geröhrt  derbi  (138,  a).  —  Dann  bracht'n 
wi  ftm  awsiet  man  blos  (142,  a;  Mundart  der  Gegend  zwischen  Bran- 
denburg, Nauen  und  Rathenow).  — Da  wollt'  ick  ihm  blosz 
perschwaddir'n  (146,  a;  Mundart  Berlins).  —  wenn  man  ihm  aus  die 
freie  Wildniss  nach  Europa  bringt  (149,  a).  —  ek  frahge  ehm  (156,  a; 
Mundart  Magdeburgs).  —  nu  frahge  eck  ehm  widder  (156,  b).  —  Als 
St&hr  späderhenn  störv,  käumen  väile  Minschen  uut  däi  Ümmgegend, 
dfti  ämm  kennt  harren,  touhopen,  ümm  ämm  tou  begraben  (207,  a; 
Mundart  der  Amter  Winsen,  Fallingbostel  und  Bergen  in  der 
Lüneburger  Haide).  —  Aber  se  fUnnen  em  doch  nich  (213,  a;  Ge- 
gend von  Littensen  im  Amte  Zeven).  —  Do  häfft  se  em  doot- 
schatcn  (219,  b;  Thedinghausen).  —  Ja,  ik  schlaa  em,  as  en  Junge 
(223,  a;  Butjadingerland  in  Oldenburg).  —  Em  raakt  nich  Küll, 
nich  rusig  Wehr  (229,  b;  Gegend  von  Oldenburg).  —  heet  se  em 
man  erst  Professer  (229,  b).  —  (Er)  muste  em  wier  hen  bringen,  woer 
he  em  kriegen  harre  (247,  a;  aus  dem  Osnabrückschen).  —  Soglik 
Däggen  einige  düchtige  Jungens  ut,  ümroe  em  to  halexv  (^%4^^?i.\^^Oe.- 


38  O.  BEHA6HEL 

lenburg).  —  De  Dorwake,  de  em  nich  kennede,  lait  em  forte  hin 
(290,  a;  Münster  und  Umgegend).  —  nu  lait  em  de  baise  Find 
kinn  Auge  au  enander  dohn  (291,  b).  —  See  sollen  em  niet  hebben, 
denn  allden  Vaader  RhiD,  so  lange  wee  noch  leven  on  em  noch  können 
sien  (374,  a;  Wesel).  —  'Ne  Swaan,  den  trock  em  fort  (378,  b;  Kleve)- 
—  nou  häbb  ick  öm,  Oodd  sei  danck  (378,  b).  —  Bäjden  öm  arme 
Lüg  am  Brod,  so  liet  hei  se  in  et  Lock  Schmitten  (389,  a;  Dins- 
laken). —  Lidleck  kreege  se'm  beij  Venloo  un  brachten  öm  hierher 
(391,  a;  Rhein berg).  —  se  satten  öm  hier  in  et  achterste  Look 
(391,  a).  —  Da  stört  öm  gen  Hahn  noch  Huhn  (395^  a;  Mundart  des 
Landvolks  des  ehemaligen  Fürstenthums  Meurs).  —  Ens  hot  s'em 
weer  döchtig  uutgeschougen  (408,  a;  Kempen).  —  Hä  schmät  öm  dröm 
weer  en  de  Graf  (409,  a;  Krefeld).  —  Do  kömt  sin  Frau  bi  öm  on 
däht  öm  froge  (433,  b;  Düsseldorf).  —  Vruh  leef  ich  vot  on  wold 
em  en  e  Körfche  setze  (484,  b;  Jülich). —  Maria,  die  höm  schlöffe  let 
(487,  b;  Aachen).  —  Dann  haut  s'  'm  getämpelt  (498,  b;  Eupen).  — 
De  Düvel  mögt  em  nit  hoalen  (Anhang  645,  b;  Hoegaardorf). 

Auf  dem  Gebiet  dieser  Beispiele  begegnen  ganz  vereinzelt  auch 
Belege,  wo  ftir  den  Accusativ  die  Accusativform  steht:  he  holt  den 
Jungen  wol  in  den  Arm,  he  fatet  en  seker,  he  holt  en  warm  (Firm.  I, 
33,  a;  Bremen).  —  Mien  Swesta  har  den  Fisch  goot  kaakt,  se  har 
en  mit  frisch  Botta  mäkt  (82,  b;  Mecklenburg^Strelitz).  —  Da 
ward  he  en  findn  (90,  a;  Rügen).  —  Da  ligg  eck  en  Ehrforcht  der 
Hoheit  tu  Föte  un  bedd  enn,  mien  Läwc  met  Huld  tu  vorseete  (106,  b; 
Tilsit  und  Umgegend).  —  Ne,  vatauscht  ha  ich  ön  (115,  a;  Mundart 
zwischen  Preussisch  Holland  und  der  Passarge).  —  öch  micht 
dänö  Wallach  nich  ane  Wek  öffnehmö,  wenn  äch  ön  fuok  (115,  a). 

Ich  bin  nicht  von  allen  diesen  Beispielen  überzeugt,  daß  sie  wirk- 
lich getreu  die  Mundart  wiedergeben;  besonders  das  Bremener  und 
Tilsiter  Beispiel  entstammen  Dialektproben,  deren  absolute  Volksthüm- 
lichkeit  sehr  verdächtig  ist.  Die  beiden  Beispiele  aus  der  Gegend 
zwischen  Preussisch  Holland  und  der  Passarge  gehören  einer  ost- 
preussischen  Mundart  an,  die  gar  nicht  niederdeutsch  ist.  Ich 
möchte  dies  hier  im  Vorbeigehen  besonders  nachdrücklich 
hervo  rheben,  da  man  vielfach  zu  glauben  scheint,  es  würde 
in  Ostpreussen  nur  niederdeutsch  gesprochen. 

Das  Gebiet,  auf  welchem  —  wie  wir  sehen,  so  gut  wie  ausnahms- 
los —  der  Accusativ  des  Singular  vom  Pronomen  der  dritten  Person 
im  Masculinum  em  statt  en  lautet,  fällt  nach  den  gesammelten  Belegen 
im   Wesentlichen  mit  dem  niederfränkischen  und  niederdeutschen  Ge- 


BEITB&GE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  39 

biet  zoBammen.  Auf  niederfiränkischem  Boden  erstreckt  sich  die  Er- 
Bcheinung  so  weit,  als  die  Bezeichnung  des  Dativs  durch  mich  und 
dkh.  Auch  hier  wieder  die  Übergangsdialekte :  da  Lüh  heitet  en  den 
Horkensteen  (367,  b;  Mundart  der  Umgegend  Alten dorfs  bei 
Hattingen  an  derBuhr),  aber:  sä  satten  em  in  den  swatten  Thom 
(368,  a).  —  da  Baüwers  greppen  em  (368;  b),  aus  demselben  Dialekt. 
Femer  die  Mundart  von  Elberfeld  und  Umgegend:  he  satt  en  aan 
(427,  b).  —  se  sollen  en  nit  kriegen  (428,  a).  —  do  woulen  en  de  Borger 
tedönigen  ähren  (428,  a).  —  Dagegen:  so  kohm  he  ok  an  de  Buur  on 
firogten  em  (429,  a).  —  Vom  niederdeutschen  Gebiet  ist  zunächst  das 
südliche  Westphalen  auszunehmen.  Die  Proben  folgender  Dialekte 
zeigen  den  alten  Stand  von  im  für  den  Dativ  und  in  fULr  den  Accusativ : 
die  Mundart  in  der  Oegend  von  Limburg  an  der  Lenne  (363),  die 
Mundart  von  Attendorn  (351),  Arnsberg  (352),  Unna  (351),  Ruthen 
und  Mülheim  im  Möhnethal  (340),  Brilon  (335),  Paderborn  und  Um- 
gegend (303  ff.). 

Paderborn  bildet  schon  den  Übergang  zu  einem  andern  Gebiet, 
das  zwar  auch  nicht  im  fUr  tn,  das  aber  imigekehrt  die  Form  des 
AccusativB  flir  den  Dativ,  in  dir  im  verwendet.  Dieses  Gebiet  um- 
faßt auf  niederdeutschem  Boden  hauptsächlich  den  Bezirk  des  zweiten, 
p.  33  umschriebenen  Mich-Kwattier,  reicht  aber  weiter  nach  Westen 
als  dieses  und  dringt  ausserdem  erheblich  in  hochdeutsches  Gebiet 
ein.  Schon  in  den  Proben  aus  Paderborn  findet  sich  neben  gewöhn- 
lichem im  Air  den  Accusativ  ein  ihm  en  Deif  biddede  den  Scharp- 
richterknecht,  of  iene  ni  na  de  Bidde  gewährt  wären  künne  (309,  b). 
Weitere  Belege  sind:  De  soppe  smekede  önne  recht  gaut  (311,  b; 
Mundart  von  Herstelle  im  Kreise  Höxter).  —  Se  wuosken  en  un 
tüögen  en  een  nigget  witt  Hiemd  an  un  gäben  en  Jäten  un  Drinken 
(273,  a;  Mundart  der  Umgegend  von  Bielefeld).  —  Dat  dure  nich  lange 
sau  is'n  dei  Düwel  upp'n  Hakken  (259,  a:  Mundart  im  Schau mb ur- 
gischen).  —  schast'n  mal  Honnig  ünnern  Bart  stricken  (260,  a). 
Dieser  Dialekt  ist  Grenzdialekt,  denn  neben  dem  Dat.  en 
erscheint  auch  emi  So,  scggt  de  Düwel,  un  lacht  em  dabi  gratl  in^t 
Gesichte  (259,  b). — Dar  kümmt'n  mit  eenen  Male  so'n  wunderlik  Kehrel 
entgegen  gähn  (256,  a;  Gegend  von  Minden).  —  Sau  fbordc  wier,  un 
et  modde  öön  ein,  de  harre  dat  eine  bein  up  de  schulder  elcgt  (182,  b ; 
Mundart  in  den  Fürstenthümem  Grubenhagen  und  Göttingen).  — 
Dat  hat  hei  denn  ohk'n  Jidweden  sau  honnerecket,  da  hat  ohne  denn 
ohk'n  Jeder  wat  rinder  stoaken  (172,  b;  Mundart  in  der  Gegend 
von  Halberstadt).  —  De  hellen  Thränen  laiipi'iai^  ^^^^x^\.  "i^'^väöNfö 


40  O.  BEHAGUEL 

(161,  a;  OBterweddingen  bei  Magdeburg).  —  A  jede  Schrift  setst 
er  gleich  auf,  weil's  ühn  mit  Spasz  gelong  (II.  152yb;  Themar  im 
Hennebergischen).  —  Jezz  bot  sich  dös  Engele  hie  geschlichen  an 
hot'n  a  groszmächtigs  Eiälä  gegäm  (156,  a;  Hildburghaasen).  —  Un 
Mancher  hat  halt  lauter  Glück,  as  fliest  en  nar  so  zu  (164,  a;  Gom- 
bertsbausen  im  Herzogthum  Hildburghausen).  —  Er  is  ball  zahm 
gewom,  un  das  Harz  is  ne  'nei  die  Husen  gefallen  (169,  a;  Mundart 
der  Landleute  im  Koburgischen).  —  Da  kömmt  anne  schluaz- 
schleierwisze  Fra  un  wenkten  (175, b;  Blanke nburg  im  Fürstenthum 
Schwarzburg-Rudolstadt).  —  Ech  suUt  gieh  zum  Doctor  in  de  Stnadt, 
ech  sullt  ehn  ehre  Uebel  all  verzähle  (178,  a;  Ingersleben  bei  Er- 
furt). —  Heb  stopt  es  met  Gewalt  hennien,  daß  ehn  die  Auen  laufen 
(190,  b;  Sondershausen).  —  Min  Mächen  sall'n  klich  änne  Schlippen 
foU  Habber  brenge  (201,  b;  Mundart  von  Nordhausen  und  der 
Grafschaft  Hohnstein).  —  Es  Harz  hotne  denn  doch  oder  gepuckert^ 
wiere  d'r  Fahrt  nauf  schteigt  (210,  a;  Mundart  des  Oberharzes).  — 
Wurrum  hest'n  au  nich  glihch  anne  Subbelike  in  de  Ha^d  gegähn? 
(217,  b;  Falkenstein  am  Unterharze).  —  Da  nimmt  de  Mutter 
Kris^änichen  uff  un  schnitt  en  de  Armchen  un  de  Beunchen  ab 
(226,  b;  Gegend  um  Bern  bürg).  —  Un  doch  storrt  ehn  ver  Frust 
sei  Höllenblut  (248,  a;  Dobraschütz  im  Altenburgischen). — 
Mei  Fraa,  die  gob'n  zu  rechter  Zeit  noch  enne  Horbel  nei  (251,  a; 
Obererzgebirge).  —  'I  goab  *ne  Au'ra  Pfahrpulver  ei  (253,  a;  Mund- 
art im  Erzgebirge).  —  Da  sahte  Karline:  „Pfi^,  un  gab'n  ä  Nasen- 
fipps  (259,  a;  Gegend  von  Leipzig).  — Worira  ha  nischt  frassen  dutt? 
en  merr  gaan  en  nischt  (267,  b;  Gegend  von  Görlitz).  —  Wenn  er 
niht  schweigt,  suh  kobn  ich  ihn  niht  flir  die  Foling  stöih  (390,  a;  Nürn- 
berg). —  es  könnt'n  trecki  göih  (390,  a).  —  Mancher  denkt  oft  hih  und 
her,  es  will  ihn  halt  nichts  g'Iingn  (398,  a;  Fürth).  —  He,  glaubs  'n 
nit,  der  ligt  di  o!  (411,  a;  Gegend  von  Würzburg). 

Zur  Einschränkung  des  p.  39  über  die  Ausdehnung  des  Gebietes 
Bemerkten  muß  ich  noch  constatieren,  daß  die  Grenze  im  Norden  nicht 
so  weit  geht  als  die  des  „Mich-Kwattier" :  die  Proben  der  Mundart  im 
Deister  Gebirge  zwischen  Springe  und  Rodenberg  und  von 
Li  mm  er  bei  Hannover  bieten  kein  en  für  den  Dativ,  sie  stellen  viel- 
mehr einen  Übergang  zu  dem  Gebiete  dar,  wo  em  auch  fiir  den  Accu- 
sativ  gilt:  Dei  krehg  ölin  bih  de  Wulle  (I,  191,  b).  —  hei  grep  den 
armen  Düwel,  bund  öhn  an  den  Galgen  vaste  (191,  b).  —  da  hadde 
öhn  syn  Vader  schon  wakker  angeföhrt  (194,  a).  —  so  hett  öhn  doch 
nich  atholen  kunt  (195,  b).     Aber:  dei  hör  öhm  jaulen  (191,  b).  —  eck 


BEITRÄGE  ZÜB  DEUTSCHEN  SYNTAX.  41 

bring  'ez  öhm  nich  dohr  (192,  b).  —  da  tog  he  em  ganz  stram  in  de 
Höchte  (196,  a).  —  eck  hebbe  em  schon  kennt  (197,  a). 

Nach  den  verzeichneten  Beispielen  ergibt  sich  als  Gebiet,  in 
welchem  die  Form  des  Accusativs  auch  flir  den  Dativ  steht,  etwa  fol- 
gender Coroplex:  Braunschweig,  Thüringen,  Oberfranken,  Königreich 
Sachsen,  Anhalt,  der  südwestliche  Theil  der  Provinz  Sachsen. 

Für  die  Geschichte  der  zuletzt  besprochenen  Erscheinungen  sei 
nur  das  Eine  bemerkt,  daß  in  den  altniederfränkbchen  Psalmen  kein 
Accusativ  ina  vorkommt,  sondern  der  Accusativ  stets  imo  heißt,  cf. 
Heyne,  Kl.  altndtsch.  Denkm.  s.  v.  imo  („da  der  Acc.  ina  ihn,  der 
Mundart  der  Psalmen  abgeht,  so  vertritt  diese  Form  der  Dativ  imo'^, 
eine  etwas  seltsame  Ausdrucksweise). 

Von  der  Vertretung  des  Accusativ  Sgl.  des  Pronomens  im  Feminin 
stehen  mir  nur  wenige  Beispiele  zu  Gebote:  De  minschen  weem  twu- 
maal  duun,  se  reetn  de  fru  to  ehr,  pettn  ehr  mit  de  fööt,  stööten  ehr 
uutn  krink  henuut  (I,  53,  a;  Di  th  mar  sehen).  —  Denn  haar  he  aberst 
jümmers  Eenen  faat  un  snack  ehr  wedder  weg  (60,  b;  Hamburg  und 
Umgegend}.  —  ich  wull  ehr  nich  verlaaten  (60,  b).  —  ick  aberst  leet 
ehr  gans  geruhig  schellen  (61,  b).  —  laat  ehr  man  gähn,  denn  hett  se 
mal  Vergnügen  (61,  b).  —  Frog  em  indringlich,  wat  hei  ehr  un  sine 
ganze  Nahkamenschaft  unglücklich  maken  wull  (Reuter,  Bd.  XH,  p.  10). 
—  wenn  ok  nich  'ne  ihrwürdige  Aebtissin  mit  all  de  Nonnen  ehr  küßten 
un  Btrackten  (p.  19).  —  Am  Fewer  ligt  se  still  to  Bedd,  wiel't  ehr 
nich  Dag  noch  Nacht  verlett  (90,  a;  Rügen).  — jetzt  is  se  wählig  as 
een  Piert,  so  schön  het  ehr  de  Zwetsch  kurirt  (90,  b).  —  Nu  hungert 
ehr  (91,  a;  Mundart  Hinterpommerns).  —  hei  namm  d'Gans  ehr 
Gösale  un  ik  schal  ehr  räche  (92,  a).  —  Se  wart  mich  nich  verachten, 
dafär  kenn  eck  Öhr  vül  to  got  (99,  a;  Mundart  bei  Dan  zig).  —  Slog  se 
blund  un  blae,  dat  ehr  friümde  Lüde  nach  Hus  hen  brengen  moszten 
(292,  a;  Münster  und  Umgegend).  —  Du  stond  hei  op  en  köszten 
öör  (379,  a;  Kleve).  —  Auf  demselben  Gebiet  findet  sich  aber 
auch  derAcc.  Sgl.  «t«:  weer  nich  de  heele  Welt  man  Boom  un  Gras 
un  Sand,  wenn  nich  de  Handwarksmann  se  eerst  harr  sett  in  Stand 
(58,  a;  Hamburg  und  Umgegend).  —  Een  Ministe,  de  sin  Gardero- 
jungfe  vefrien  mösz,  wörr  mit  den  Stallknecht  eenig,  dat  de  s'  nähmen 
woll  (80,  a;  Gegend  zwischen  Rostock,  Wismar  und  Parchim).  — 
Nu  kämm  d*Hoawk,  namm  se  un  drägt  se  wig  in  syn  Huus  (91,  b; 
Hinterpommern).  —  as  Voate  Hähnk  dat  hört,  leit  hei  se  upsitte 
(92,  a).  —  He  befall,  dat  se  se  begrawen  sollen  (292,  a;  Münster 
und  Umgegend). 


42  O.  BEHAGHEL 

Einen  Fall  habe  ich  verzeichnet ,  wo  der  Accusativ  sie  filr  den 
Dativ  Singular  des  Feminina  steht:  Wi^  an  siene  Matter  dachte,  jonke 
sachte  an  de  hellen  Thränen  laip'nne  ewer't  Jesichte,  vorr  Freude, 
datte  se  hite  Brot  verschaffen  könne  (161;  a;  Oster  weddingen  bei 
Magdeburg).  Nicht  häufiger  sind  mir  Fälle  begegnet,  wo  im  Plural 
auf  niederdeutschem  Gebiete  Vertauschung  zwischen  Dativ  und  Accusativ 
stattfindet.  Dativ  für  Accusativ  zeigt  sich :  he  kleed  jem  (jem,  die  Leute) 
warm  un  nett  in  Tüüg  von  Kopp  to  Foot  (I,  58,  b;  Hamburg  und 
Umgegend).  Accusativ  für  Dativ:  bald  darupp  föng  dat  gespenst 
werrer  an,  se  to  tarmj  oppschoons  he  se  nix  to  leeden  deer  (ßS^a;  Schwerin 
und  Umgegend). 

Zum  Schluß  dieses  Abschnitts  sei  noch  die  Behandlung  der  hö- 
fischen Anrede  durch  Sie  erwähnt  Der  echten  Mundart  kommt  das 
„Siezeo^  nicht  zu;  wenn  also  der  mundartlich  Sprechende  doch  zu  der 
vornehmen  Anrede  greift,  so  tritt  er  aus  der  eigentlichen  organischen 
Sprachentwickelung  heraus.  Es  ist  daher  klar,  daß,  wenn  hier  eine 
Vertauschung  eintritt,  sie  nicht  noth wendig  ebenso  zu  betrachten  ist, 
wie  die  bisher  aufgeftihrten.  Leider  fehlt  es  mir  hier  sehr  an  Belegen; 
so  weit  meine  persönliche  Erfahrung  reicht,  wird  für  Dativ  und  Accu- 
sativ stets  nur  eine  Form  angewendet,  sei  es  nun  die  des  Accusativs  oder 
die  des  Dativs.  In  meiner  Heimath  (Karlsruhe)  z.  B.  ist  das  Letztere  der 
Fall;  man  sagt:  ich  haw  Ihne  jo  gar  net  kennt.  Ebenso  in  Tilsit  und  Um- 
gegend :  Dorchlauchtigster  Kronprinz,  eck  bedd  Enn  gar  sehr  (1, 106,  a). 
—  da  ligg  eck  en  Ehrforcht  der  Hoheit  tu  Föte  un  bedd  Enn,  mien  Läwe 
met  Huld  tu  vcrseete  (106,  b).  —  önstens  als  König  häbb  jeder  so  lehf  em 
VaderlandEnne,  als  de,  ze  dit  schrehf(107,b).  —  Umgekehrt  wird  Sie  auch 
für  den  Dativ  gebraucht  in  Meklenburg:  Man  to!  Se  kann  dat  goa  nich 
fehlen  (I,  83,  b).  —  alle  Minschen  sünd  Se  goot  (83,  b).  —  ne  rechte 
schöne  Kell,  de  will  ick  Se  veian  (verehren)  (83,  6).  —  Se  gew  ick 
gian  sön'n  lütten  Stock  (83,  b).  --  ick  wünsch  Se,  as  ick  wünschen 
kann,  von  Herzen  Glück  un  Segen  an  (83,  b). 

Endlich  komme  ich  zum  Genitiv.  Denn  auch  dieser  hat,  beim 
Pronomen,  über  sein  ursprüngliches  Gebiet  hinausgegriffen,  während 
sonst  in  den  deutschen  Sprachen  die  Entwickelung  dahin  geht,  daß 
der  Genitiv  immer  mehr  verdrängt  wird.  Am  merkwürdigsten  ist  die 
Erscheinung,  daß  die  Genitive  min  und  din  auch  für  den  Accusativ 
und  den  Dativ  verwendet  werden.  Sie  beschränkt  sich  übrigens  auf 
einen  ganz  kleinen  Bezirk:  die  Strecke  Xanten-Cleve.  Hier  die 
Belege:  Ac  cusativ:  as  gei  minn  losz  lott,  dann  will  ick  ou  alles  geve, 
wer  gi  minn  mar  öm  frogt  (I,  377,  b).  —  segt  tegen  et  fiszke,    dat  et 


BEITBÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  43 

minn  ta  könnigin  meckt  (378,  a).  —  wat  geht  det  andre  minn  aan 
(378,  b).  —  du  kom  van  Wilder  op  minn  aan  ne  kerl  van  echte  dicke 
soort  (381,  a).  —  gei  sollt  minn  so  sü(it  niet  klappe,  lot  minn  marr  en 
paar  trei  gOntop  gon  (381,  a).  —  dann  mot  ek  minn  es  bedenke  (386,  a). 
loot  min  mer  los  (388,  a).  —  dat  ek  min  ganz  an  Ou  ouwergefen  hebb 
(388,  b).  —  hu  dock  dwingt  min  de  Liefde  (388,  b).  —  lott  min  die 
Bttte  Gedanke  eenen  Ogenbleck  noodenke  (388,  b).  —  min  Hart  ver- 
Bchmellt  in  Troone,  as  Gei  min  niet  so  lief  hett  (388,  b).  —  schwor  soll 
et  förr  min  sinn,  as  ek  min  van  Ca  scheie  mosz,  wenn  ek  fend  min 
op  gerne  Art  glöcklegger  (388,  b).  —  dat  gei  min  treu  en  oprichtig  lief 
hebt  (388,  b). 

Dativ:  minne  schollmester  hädd  minn  ömmer  geseit  (378,  a).  — 
noa  segt  minn  doch  endlik  es  (379,  a).  —  och,  nönneke,  willt  gei  mit 
minn  gon  (380,  a).  —  nou  segt  minn  es,  menheer  (381,  a).  —  min  Vader 
hett  et  min  dock  verteilt  (387,  a).  —  dann  sali  min  de  Mostertpott  ge- 
wasse  werde  (387,  b).  —  ou  sali  de  Düwel  hale,  as  gei  min  noch  es 
de  Mostertpott  aanrtthrt  (387,  b).  —  gei  legt  min  in  min  Hart  begrafe 
(388,  a).  —  alles  op  te  Wäreid  is  min  tegen  Ou  necks  (388,  b).  —  seg 
et  min  openbärtig,  seg  et  min  (388^  b).  —  wie  wett  et,  of  Gei  min  well 
treu  blifft  (388,  b). 

Auch  beim  Pronomen  der  dritten  Person  ist  eine  ähnliche  Er- 
scheinung zu  verzeichnen.  Ob  der  niederländische  Dat.  und  Acc.  Plur. 
des  Feminins  haar  hierher  gehört  oder  ob  er  eine  Übertragung  aus 
dem  Singular  ist^  läßt  sich  nicht  mit  Sicherheit  entscheiden.  Dagegen 
entstammt  entschieden  dem  Genitiv  der  auf  niederdeutschem  und  nieder- 
fränkischem Gebiet  auftretende  Dativ  Plural  eer  fdr  alle  Geschlechter. 
Die  Belege  sind  nicht  übermässig  zahlreich: 

de  een  van  hör  is  kugelrund  (Firm.  I,  20.  Ost  friesische  Mund- 
art). —  dat  kumt  äär  düür  to  stan  (24,  a;  Mundart  der  Herrschaft 
Jever).  —  (Es)  wöörn  veer  von  den  Dräges  un  Feiges  liekenblasz, 
keen  Minsch  wüsz  abers,  wat  ehr  fohl  (44,  b;  Eutin  und  Umgegend). 
—  Se  reetn  de  fru  to  ehr  (53,  a;  Dithmarschen).  —  Wenn  use  hellje 
Kracke  ne  me  im  Springe  goahn,  dann  giw  ehr  öwemNacke(94,  a).  —  De 
beiden  Burmeisters  un  de  vir  Rathsherrn  kernen,  un  Dorchleuchten  säd 
ehr  sine  sonderbare  Intention  (Reuter,  Bd.  XII,  p.  9).  —  min  eigen  Groß- 
vader  un  sin  Brauder  sünd  mit  knappe  Noth  ehr  ut  de  Fingern  kämm 
(p.  13).  —  hei  let  sin  Schaülers  ok  tauwilen  up  de  Vigelin  speien  un 
wat  ehr  vor  Allen  Spaß  maken  ded,  ok  Pauken  slagen  (p.  29).  —  Auk 
müglik,  dat  se  nich  sau  denket;  un  dann  eß't  licht,  ehr  to  vorgiewen^ 
um  dat  et  glieks  doch  leid   ehr  dööt  (^245,  a*,  OöTxiv\>TV\^Vi. — \^^\i\v 


44  O.  BEHAGHEL 

gaf  ick  dann  up  miner  Reesen  wual  oenen  Scbnüofken  uat  miner  Dösen 
an  wünskede  eer  daarbi  veel  Glücke  (251,  a).  —  De  frttndliken  Wich- 
terkes  nehmet  ank  geren^  wat  ehr  bringet  de  onglükske  arigen  Heren 
(254^  b;  Börninghausen  und  Umgegend).  —  Wat  kiekt  us  de 
Stämkes  so  fröndlik  an;  wat  möcht  ik  gäm  spielen  met  är;  moder, 
könn  ik  men  kuemen  to  är  (289b;  Münster  und  Umgegend).  — 
Grenen  sine  Kinder  viör  Hunger;  he  gaff  er  dat  letzte^  wat  he  badde 
(292,  a).  —  Du  heb  wy  ör  geschlagen  de  Arms  un  Beene  kort  (376,  bi 
Ding  den  bei  Bocholt).  —  Sacht  bei  to  öhr,  sej  sollen  all  in  de  Schüer 
gobn  (389,  a;  Dinslaken).  —  Jann  Alm  koom  öhr  Ommer  derdör, 
wenn  se  öm  ook  hadden  (391,  a;  Rheinberg).  —  (Dann)  sinn'  se  an 
de  Offesiers  gegohn;  ers  nehmen  se  öhr  et  Geld  on  de  Kleer  (393,  b; 
Orsoy). 

Ganz  vereinzelt  dringt  dieses  er  auch  noch  in  den  Accusativ 
ein:  so  fürchterlich  heel  ehr  de  mordgeist  besehtn  (53,  b).  —  Na, 
Mäkens  schmuck  in  öähren  Stoat  sind  wie  de  Pupppen  up'n  Droaht 
bi  uns,  un  weähÜg  ook  mankhear  (141,  b;  Gegend  zwischen  Bran- 
denburg, Nauen  und  Rathenow).  —  Wy  ftlrt  er  all  in  Stricken, 
wann  se  uns  kommt  te  Last  (376,  b;  Dingden  bei  Bocholt).  — 
Fruch^s  märgens  trauden  öör  de  pastoor  (378,  b;  Kleve). 

Suchen  wir  nunmehr  nach  einer  Erklärung  fdr  alle  die  bespro- 
chenen Erscheinungen,  so  werden  wir  von  vornherein  darauf  bedacht 
sein  müssen,  daß  dieselbe  so  allgemein  als  möglich  sei,  so  viel  als  mög- 
lich die  Gesammtheit  der  Thatsachen  verständlich  mache.  Zunächst 
muß  eine  Art  der  Erklärung  abgewiesen  werden.  Es  handelt  sich 
nicht  um  den  Zusammenfall  von  Dativ  und  Accusativ  überhaupt.  Man 
darf  nicht  darauf  hinweisen,  daß  die  Sprache  inmier  mehr  nach  Ver- 
einfachung der  grammatischen  Formen  strebe^  daß  sie  von  zwei  in  der 
Function  sich  nahestehenden  Gebilden  die  eine  gern  entfernt ;  man  darf 
auch  nicht  davon  ausgehen,  daß  es  eine  Reihe  von  Constructionen  gibt, 
in  denen  Dativ  imd  Accusativ  indifferent  gebraucht  werden.  Denn 
beim  Nomen  tritt  im  Germanischen  nirgends  völliger  Zusammenfall 
der  beiden  Casus  ein.  Es  fUUt  damit  aucb  die  Nöthigung  hinweg,  durch 
die  für  das  Deutsche  zu  gebende  Erklärung  auch  das  Neugriechische 
zu  umfassen:  hier  erscheint  überhaupt  fUr  Dativ  und  Accusativ  nur  eine 
Form.  An  sich  wäre  es  auch  möglich  anzunehmen,  daß  bloß  beim 
Pronomen  ein  solcher  Zusamraenfall  von  Dativ  und  Accusativ,  eine 
Indifferenzierung  der  beiden  Casus  stattgefunden  hätte.  Allein  auch 
dagegen  sprechen  die  Thatsachen,  denn  es  finden  sich  ja  Gebiete,  wo 
zwar  beim-Pronomen  der  dritten  Person,  aber  nicht  bei  dem  der  ersten 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  45 

und  zweiten  und  umgekehrt,  wo  bei  der  ersten  und  zweiten,  aber  nicht 
bei  der  dritten  Person  der  Zusammenfall  stattfindet.  Trotzdem  scheint 
ja  doch  ein  Zusammenhang  zwischen  den  Thatsachen  bei  der  ersten 
und  zweiten  Person  einerseits  und  der  dritten  anderseits  zu  bestehen, 
da  räumlich  ganz  getrennte  Gebiete,  die  nordischen  Sprachen  und  ein 
erheblicher  Theil  des  Deutschen  im  engem  Sinn,  im  Zusammengehen 
der  beiden  Pronominalreihen  übereinstimmen.  Man  ist  daher  berech- 
tigt eine  besondere  Erklärung  zu  suchen  ftlr  das  eine  größere  Ge- 
bietf  wo  dieses  Zusammengehen  nicht  stattfindet,  wo  beim  Pronomen 
der  dritten  Person  Dativ  und  Accusativ  durch  die  Form  des  Accusativs 
bezeichnet  werden,  während  bei  der  ersten  und  zweiten  Person  beide 
Formen  getrennt  sind.  Die  Sache  hat  hier  offenbar  folgenden  Verlauf 
genommen.  Auf  dem  ganzen  Gebiet  herrscht  im  Dativ  Singular  des 
Masculins  und  des  Neutrums  die  schwache  Flexion  beim  Adjectiv  min- 
destens äusserlich  betrachtet.  Ob  diese  Erscheinung  das  Product  eines 
rein  syntactischen  Vorgangs  oder  ob  ein  lautlicher  Zusammenfall  der 
starken  und  schwachen  Flexion  mit  hereinspielt,  kann  hier  unerörtert 
bleiben.  Diese  schwache  Form  des  Adjectivs  hat  nun,  wie  im  Nieder- 
ländischen, auf  den  Artikel  eingewirkt,  so  daß  dieser  flir  Dativ  wie 
Accusativ  den  lautet.  Und  von  hier  aus,  denke  ich  mir,  ist  die  Gleich- 
machuDg  von  em  und  en  ausgegangen. 

Etwas  anders  war  die  Entwickelung  auf  den  andern  Gebieten, 
wo  die  Pronomina  aller  drei  Personen  zusammengehen.  Eine  gemein- 
same Ursache  fdr  alle  drei  Personen  kann  nicht  angenommen  werden, 
denn  die  Entwickelung  ist  nicht  bei  allen  gleichzeitig  Vielmehr  geht 
entschieden  die  erste  und  zweite  Person  voran:  Beweis  das  Altsäch- 
sische und  Angelsächsische.  Wenn  also  doch  ein  Zusammenhang  be- 
stehen soll,  so  muß  der  Zusammenfall  bei  den  einen  Formen  die 
Ursache  für  den  Zusammenfall  bei  den  andern  sein.  Durch  diese 
Betrachtung  werden  wir  auf  den  richtigen  Ausgangspunkt  fUr  die  ganze 
Entwickelung  geführt. 

Im  Germanischen  fallen  Dativ  und  Accusativ  Plural  beim  Pro- 
nomen der  ersten  und  zweiten  Person  zusammen.  Wie  dieser  Zusam- 
menfall zu  erklären,  ob  er  ein  lautlicher  oder  ein  syntaktischer  ist,  ob 
er  etwa  gar  aus  einer  Zeit  stammt,  wo  Dativ  und  Accusativ  nicht  ge- 
schieden waren,  das  weiß  ich  nicht.  Auf  dem  Gebiet  des  niederfrän- 
kischen  „Mich-Kwattier^  war  es  sogar  nur  ein  Ausgangspunkt,  nur  der 
Plural  des  Pronomens  der  ersten  Person  bei  dem  Dativ  und  Accusativ 
übereinstimmte,  denn  iu  und  iuch  waren  ursprünglich  geschieden.  Frei- 
lich   ftHh   genug  fielen   sie  durch  den  Einfluß  der  et^V^xi  ^^t^qti  üm- 


46  A.  EDZARDI 

sammen;  wir  kennen  kein  niederfränkisches  Denkmal^  das  noch  die  beiden 
Casus  hier  unterschiede. 

Der  Zusammenfall  des  Pronomens  erster  und  zweiter  Person  im 
Plural  nun  bewirkte  den  gleichen  Vorgang  im  Singular,  und  Singular 
und  Plural  vereint  wirkten  dann  weiter  auf  das  Pronomen  der  dritten 
Person. 

Dadurch  wird  freilich  nicJit  erklärt,  warum  der  ahd.  Accusativ 
unsih  im  mhd.  zu  uns  wird.  Aber  auch  hier  läßt  sich  doch  nicht  die 
p.  44  zurückgewiesene  Erklärung  anwenden,  ein  syntactischer  Zusam* 
menfall  mit  dem  Dativ  uns  annehmen.  Denn  es  wäre  sonst  zu  merk- 
würdig, weshalb  nicht  auch  iu  und  iuch  in  einer  Person  zusammen 
getroffen.  Man  wird  also  wohl  vermuthen  mtlssen,  daß  tms  lautlich 
aus  unsih  hervorgegangen  unter  dem  Einfluß  der  Tonlosigkeit 

Dagegen  läßt  sich  sehr  gut  mit  unserer  Erklärung  vereinigen, 
weshalb  Dativ  und  Accusativ  Plural  der  höfischen  Anrede  (=  Sie  bezw. 
Ihnen)  zusammenfallen:  einfach  weil  euch  Dativ  und  Accusativ  ist. 

Eine  Frage  indes  bleibt  mir  ungelöst  —  und  mit  diesem  Bekennt- 
niss  schliesse  ich :  weshalb  ist  in  dem  einen  Fall  die  Form  des  Dativs, 
in  einem  andern  die  des  Accusativs  die  maßgebende  gewesen? 

HEIDELBERG»  Angnst  1878.  O.  BRHAGHEL. 


KLEINE    BEITRAGE    ZUR    GESCHICHTE    UND 
ERKLÄRUNG  DER  EDDALIEDER 


IV. 

12.  Zar  Voluspä  und  Vegfamskvidii. 

Es  lag  in  meiner  Absicht  eine  längere  Abhandlung  über  die 
VoIuspa  zu  veröffentlichen;  über  Entstehung  und  Alter,  Anordnung 
und  Verhältniss  dieses  Liedes  zur  Gylfaginning.  Da  aber  von  ver- 
schiedenen Seiten  Abhandlungen  zu  erwarten  sind,  die  sich  gegen 
Bugges  Auffassung  wenden  werden,  und  auch  über  das  Verb^tniss 
zur  Gylf.  von  noch  anderer  Seite  eine  Untersuchung  vorbereitet  wird, 
so  beschränke  ich  mich  für  jetzt  auf  die  Besprechung  einzelner  Stellen 
und  auf  einige  kurze  allgemeinere  Bemerkungen. 

Unter  allen  bisher  aufgestellten  Erklärungen  halte  ich  die  Bugges 
immer  noch  im  wesentlichen    ftlr   die   beste,  wenn  ich   auch  manches 


BETTRiOE  ZUR  GESCHICHTE  UND  ERKLÄRUNG  DER  EDDALIEDER.       47 

Bedenken*)  dagegen  nicht  unterdrücken  kann.  Über  einzelne  Punkte 
bin  ich  indessen  anderer  Ansicht;  namentlich  halte  ich  die  Umstellung 
von  Str.  23  R  =  Hild.  1  an  den  Anfang  des  Liedes  nicht  für  gerecht- 
fertigt. Mir  scheint  diese  Schilderung  flir  die  Volva,  die  dem  höchsten 
der  Götter  das  Schicksal  aller  Zeiten  in  feierlichem  Liede  verkündigen 
soll,  wenig  zu  passen,  und  ich  meine  daher,  daß  wir  nicht  berechtigt 
sind,  die  Strophe  aus  ihrem  überlieferten  Zusammenhange  herauszu- 
reissen  gegen  das  Zeugniss  beider  Hss.  R  und  II.  Daß  die  Strophe 
dort  schwer  verständlich  ist,  berechtigt  uns  nicht  dazu,  denn  die  ganze 
Stelle y  in  deren  Zusammenhange  sie  steht,  ist  noch  immer  ziemlich 
dunkel  und  vielleicht  unvollständig  überliefert. 

Wenn  ich  mich  hier  auf  die  Übereinstimmung  von  R  und  H  be- 
rufe, so  will  ich  damit  nicht  sagen,  daß  ich  —  wie  Möbius  Z.  Z.  I, 
408  f.  will  —  diese  .Übereinstimmung  ftlr  ein  sicheres  Zeichen  rich- 
tiger Ajiordnung  halte.  Vielmehr  glaube  ich  mit  Bugge,  daß  auch 
R  =  H  mehrfach  in  ihrer  Anordnung  nicht  das  ursprüngliche  bieten. 
Das  Verhältniss  beider  Überlieferungen  zu  einander  und 
zu  dem  an  Buggcs  sich  anschliessenden  Texte  Hildebrands  wird  sich 
am  besten  veranschaulichen  lassen,  wenn  ich,  von  Hildebrands  Strophen- 
Zählung  ausgehend  >  die  Reihenfolge  in  R  und  H  nebeneinanderstelle. 
In  [  ]  setze  ich  Strophen  da,  wo  sie  nach  meiner  Ansicht  nicht  an 
richtiger  Stelle  stehen. 

R  =  H 

4—23 


—  (nach  28) 

-  (    n     40) 


29.  30.  25] 
41.   42]?**) 


26.  1.  27.  28 


29.  30.  25 
2  4-  24,  3—8.  31—34 

36,  1—4 


—  (nach  23) 

fehlen  (durch  Abirren?)***) 

35,  1—4  (Varianten?) 


36,  5—8 


[37.  38 

39.  40] 

fehlt 

41.   42 

43-44 
—   (nach  38)  |  [39  -  40] 


fehlt  (8.  u.  p.  53) 

—  (nach  44) 
40'  (fehlt  Hild.)  =  31  H,  Refrainstr. 

—  (nach   25) 


♦)  8.  u.  p.  65  ff. 
**)  Str.  42  schließt  vü,  4r  erm  e.  kc.    Derselbe  Refrain  geht   in  R  nnd   in  H 
der  Str.  41  vorher. 

***)  Str.  25  nnd  34  schließen  mit  dem  gleichen  Verse:  «ieud  6*  «na  eda  Vsooll 


48  A.  EDZARDI 

45-48 
—  (nach  52)     49 

50—52 

49  i  —  (nach  48) 

53—54 
fehlt?*)     55  (Befrainstr.) 
56     57   (Varianten?) 

58—66 
fehlt  I  67,  1—4 
68 

Wenn  wir  hier  von  dem  leicbtbegreiflichen  Ausfall  von  Strophen*^ 
in  H  und  R  abaehen  und  von  Str.  37 — 40,  die  nach  meiner  unten  zu 
begründenden  Anaicht  weder  in  R  nocb  in  H  an  ricbtiger  Stelle  stehen 
und  in  einer  gemeinsamen  Vorlage  flberhaupt  gefehlt  haben  können, 
so  sind  in  gleicher  Reibenfolge  überliefert:  Str.  4 — 23;  —  36.  1.  27. 
28;  —  2.  24,  3—8.  3.  31—36;  —  43-48;  —  50-52;  —  53—68.  Za 
erkl&ren  blieben  dann  nur  die  Umstellungen  von  29— 30-|~2Ö9  von 
41—42  und  von  49. 

Dabei  verdient  die  auffallende  Erscheinung  Beachtung,  daß  in 
den  ersten  20  Strophen  gar  keine  und  in  den  letzten  16  oder  —  wenn 
wir  von  der  Umstellung  von  Str.  49  absehen  —  sogar  den  letaten 
26  Strophen  nur  wenige,  nicht  schwer  wiegende  Bedenken  gegen  eine 
gemeinsame  schriftliche  Quelle  sprechen;  und  man  darf  andererseits  wohl 
sagen,  daß  die  nahe  Verwandtschaft '^*)  der  Texte  in  R  und  II  gegen- 
über Sn.  £.  (vgl.  Bugge  p.  XXUI  f.,  Möbius  Z.  Z.  I,  408)  geradezu 
für  eine  solche  spricht  Diese  Erwägung  dtlrfte  die  Vermuthung 
nahe  legen,  daß  den  Uss.  R  und  H  eine  und  dieselbe  in  der  Mitte 
zufällig  lückenhafte  Niederschrift  zu  Grunde  gelegen  haben  könnte,  so 
daß  in  der  Mitte  beide  Schreiber  aus  dem  Gedächtnisse  ergänzt  hätten. 

So  könnten  sich  die  Abweichungen  der  Strophen  folge  gerade 
in  der  Mitte  erklären.  Aber  selbst  wenn  man  diese  Möglichkeit  fbr 
zu  unwahrscheinlich  halten  sollte,  braucht  man  eine  gemeinsame  schrift- 
liche Vorlage  doch  noch  nicht  fQr  unmöglicli  zu  erklären.     Die  Ab- 


*)  Vgl.  HUdebrand  za  Str.  55. 
**)  Der  Ausfall  von  2.  24,  3-8.  3.  31—34  in  II  läßt  sich  darch  Abirren  er- 
klären (s.  ob.  47***);  2  mal  (40'  nnd  55)  fehlt  in  R  die  Befrainstrophe ;  die  in  R 
fehlende  Str.  67,  1—4  ist  nicht  zweifellos  echt  (ich  meinerseits  halte  sie  allerdings  fSr 
echt).  Wenn  wir  in  35,  1—4  11  neben  36,  1—4  R  nnd  in  56  R  neben  57  11  nicht 
Varianten  der  Oberlieferang  zu  sehen  haben,  wQrden  auch  diese  Fälle  hinzokommen. 
***)  Besonders  beachtenswcrth  sind  die  gemeinsamen  Fehler,  die  Bagge  p.  XXIV 
zusammenstellt. 


BETTBlGE  ZUB  GESCHICHTE  UND  ERKLABUNQ  DER  EDDALIEDEB.       49 

weichoDgen  werden  z.  Th.  mit  dem  Refrain  zasammenhängen,  z.  B. 
kehrt  in  den  Strophen  26 — 30  zweimal  die  Refrainstrophe  pd  gengu 
regin  oU  etc.  wieder^  sie  könnte  auch  vor  26  in  der  gemeinsamen  Vor- 
lage gestanden  haben;  daraus  würden  sich  die  Abweichungen  in  H's 
Anordnung  dieser  Strophen  erklären  *).  Übrigens  aber  muß  man  be- 
denken, daß  bei  der  bekannten  Selbständigkeit  der  isländischen  Ab- 
schreiber**) der  Umstand  von  Einfluß  sein  konnte,  daß  ihnen  die 
Strophen  der  Vsp.  z.  Th.  in  anderer  Anordnung  oder  mit  abweichendem 
Texte  noch  in  der  Erinnerung  sein  mochten,  so  daß  solche  ihnen  in  Ge- 
danken vorschwebenden  Varianten  der  Überlieferung  absichtlich  oder 
unabsichtlich  bei  der  Abschrift  sich  eindrängen  konnten.  Unter  Berück- 
sichtigung dieser  Umstände  läßt  sich  bei  der  leichten  Möglichkeit  des 
Abirrens  wegen  der  oft  wiederkehrenden  Refrains  eine  weniger  sorg- 
fidtige  und  genaue  Abschrift  gerade  bei  einem  Liede  wie  die  Vsp.  leicht 
erklären.  Und  daß  dergl.  in  der  That  vorkam  ^  beweist  z.  B.  für  die 
Prosa  die  verschiedene  Anordnung  der  Hss.  rW  und  U  der  Sn.  E., 
während  doch  beide  auf  ^inen  Archetypus  zurückgehen  müssen;  für 
die  Dichtung  darf  ich  auf  die  ganz  ähnlichen  Abweichungen  in  An- 
ordnung und  Vollständigkeit  der  Fafhismäl  hinweisen,  die  nach  meinen 
Ausführungen***)  23,  315—18  zwischen  R  und  der  in  VS.  benutzten 
Hb.  der  Liedersammlung  bestanden  f). 

Selbst  wenn  man  eine  gemeinsame  schriftliche  Quelle  trotz  dieser 
meiner  Ausführungen  für  unmöglich  halten  sollte,  ist  nach  Bugges  Be- 
merkungen in  Aarb.  1869,  p.  245  f.  die  Unursprünglichkeit  mancher 
in  R  und  H  übereinstimmenden  Strophenfolge  nicht  unmöglich. 

Von  diesem  Gesichtspunkte  aus  kann  ich  nicht  umhin,  in  den 
Strophen  7— 9ff)  und  11 — 21  trotz  der  Übereinstimmung  von  R  und 
H  Störungen  der  ursprünglichen  Anordnung  zu  vermuthen. 


*)  Über  die  Stellung  von  41-42  vgl.  ob.  p.  39,  Anm.  *  und  61,  Anm.**«. 
**)  Diese  erklärt  sich  wohl  dadurch,  daß  die  alten  isländischen  Schreiber  mit 
vollem  Yerständniss  und  lebhaftem  Interesse  abschrieben,  und  —  soweit  es  sich  um 
auf  Island  gelbst  gefertigte  Abschriften  handelt  —  meist  nicht,  um  für  andere  eine 
möglichst  getreue  Copie  eines  Literaturwerkes  zu  liefern,  sondern  sich  selbst  zu 
Nuts  und  Freude  —  weshalb  sie  vor  Änderungen  verschiedener  Art  sich  nicht  scheuten. 
'***)  Wenigstens  in  einigen  Punkten  dürften  dieselben  der  Zustimmung  der 
Faehgenossen  sicher  sein. 

f )  K  und  A,  die  sicher  auf  die  gleiche  Vorlage  zurückgehen,  zeigen  doch  in 
der  Beihenfolge  und  Zahl  der  Lieder  bekanntlich  bedeutende  Abweichungen  (vgL  be- 
aondera  Bngge  p.  XXI,  Z.  7  ff.  v.  u.). 

ff)  Ich  eitlere  nunmehr  wieder  nur  nach  Hildebfand. 
GBBMAHU,  Vne  Smhe.  HL  (1117,  Jahrg.)  4 


50  A.  EDZARDI 

Str.  7—9:  'Ehe  Bors  Söhne,  die  Schöpfer  Midgards,  die  Erd- 
flächen*) erhoben  (jfpduy  doch  wohl  aas  dem  Meere), 

861  skein  snonan  ))&  var  gruDd  gr6ion 

k  aalar  steina,  groennm  lanki. 

Das  sollte  man  nicht  vor  dem,  sondern  nach  dem  erwarten: 
Tmis  Blat,  das  Meer,  hatte  alles  Land  überschwemmt,  so  daß  alle 
Riesen  —  ausser  Bergelmi,  der  sich  auf  seinem  lüdr  rettete  —  ertranken. 
Aus  dieser  Flut  erhoben  Burs  Söhne  die  Erde;  da  erst,  aber  nicht 
vorher,  konnte  die  Sonne  auf  flutumspülte  (vgl.  17,  6)  oder  der  Flut 
entstiegene  Steine  **)  scheinen  und  diese  —  in  Folge  der  Sonnenwärme 
—  sich  mit  Grün  bekleiden.  Diese  Einwirkung  der  Sonne  sollten  wir 
aber  wiederum  nicht  erwarten,  während  die  Sonne  noclT  unstäten  Ganges 
von  Süden  her  zur  rechten  Seite  an  der  Hiromelskante  dahin  wandelte  ***), 
sondern  erst,  nachdem  die  Sonne  wie  die  übrigen  Gestirne  feste  Bahnen 
erhalten  hatten.  Ich  vermuthe  also,  daß  schon  früher  in  der  —  münd- 
lichen oder  schriftlichen  —  Überlieferung  ein  Abirren  stattfand  von 
Söl  varp  [hvarffj  gunnan  8,  1  zu  Söl  skein  sunnan  7,  5,  mit  andern 
Worten,  daß  8,  1—4  die  zweite  Halbstrophe  zu  7,  1 — 4  bildete,  ehe 
die  Halbstrophe  7,  5—8,  die  ursprünglich  nach  der  Ordnung  der 
Bahnen  der  Gestirne  stand,  aus  Veranlassung  des  gleichklingenden 
Anfangsverses  dazwischen  gerieth.  8,  5—10  ist  eine  am  (Anfang  oder^ 
Ende  unvollständige  Strophe.  Nach  9,  1 — 4  fehlt  der  sonst  überall 
(12,  5.  27,  5.  29,  5)  nach  dieser  Refrainstrophe  wiederkehrende  Frage- 
satz mit  hverr  hvdrt  etc.,  y,wie  man  den  Gestirnen  feste  Bahnen  schaffen 
soUe^.  Die  Ausführung  des  Götterbeschlusses  wird  in  einer  Strophe 
geschildert  gewesen  sein,  deren  zweite  Hälfte  uns  in  7,  5 — 8  erhalten 


*)  Fr.  Hammerich,  Nordens  sldste  digt  (1876),  p.  49  f.,  der  bjodttm  Uest, 
fibeneUt  noch  Werdens-klodeme',  d.  L  'die  Weltkugeln,  Sonne,  Mond  u.  s.  w.  Mag 
man  non  biodum  oder  biodum,  lesen,  so  kann  man  doch  nicht  anders  als  *£rdflScben', 
die  Fl&chen  der  Erde,  übersetsen,  wie  C-V.,  Gödecke  n.  A.  (vgl.  Eg.  Hofndl.  2,  4 
d  Smgla  bjod), 

**)  VgL  OnmdtYig,  Stern.  Edda  ^  186  f.,  der  ancb  auf  Sn.  E.  p.  17.  9  {hHm- 
tieina,  er  taUir  väru)  hinweist. 

^^*)  Die  seltsam  gezwungene  Erklämng  des  überlieferten  Textes  kann  nicht 
befriedigen.  Ich  denke,  man  maß  hvarf  sititt  varp  lesen  (vgl.  Vaf}>r.  23,  4  f.:  Am<fi 
hverfa  pau  [Sonne  und  Mond]  »kulu  hverjan  dag)  und  vor  hendi  ein  d  ergänzen,  wel- 
ches nach  mdna  (marma  a)  leicht  ausfallen  konnte  (über  h<md  =  *Seite'  Tgl.  C.-V. 
310*  unter  II).  —  «imtum,  nämlich  aus  Muspellshelm  (vgl.  Gylf.  18,  12)  tiur  ok  gneitta 
pd  6r  lauair  fdru  ok  hattad  hafdi  er  Muspells  ?ieimi,  finni  mana  fasse  ich  *al8  Ge- 
fährtin des  Mondes*,  d.  h.  beide,  die  in  der  geordneten  Welt  getrennt  wandeln,  wan- 
delten noch  zusammen  (vgl.  8,  6-8),  rechts  herum  —  später  links  herum. 


BETRAGE  ZUB  GESCHICHTE  UND  ERKLÄRUNG  DER  EDDALIEDER.       51 

sein  mag.  Vor  9,  5 — 10  fehlen  sichtlich  2  Verse.  Ich  vermuthe  also, 
daß  die  ursprüngliche  Anordnung  der  Strophen  7 — 9  etwa  folgende 
war:  7,  1—4  +  8,  1—4;  —  8,  5—10  +  2  fehl.  Verse;  —  9,  1—4  + 
4  fehl.  Verse  {hverr,  hvdrt  skyldi  . . .  etc.);  —  4  fehl.  Verse  +  7,  5 — 8; 
—  2  fehlende  Verse  -f*  9»  5 — 10.  Wenn  also  in  einer  großen  Lücke 
von  14  Versen  nur  die  vier  Verse  7,  5 — 8  zwischen  9,  4  und  5  er- 
halten waren,  so  begreift  man,  wie  sie  zu  den  ebenfalls  mit  Söl  anlau- 
tenden Halbstrophen  8, 1  ff.  und  8^  5  ff.  gezogen  werden  konnten. 


Str.  13 — 19:  Daß  dies  im  Geschmack  der  nafna})ulur  des  Biarne 
Kolbeinsson*)  gehaltene  sogen.  Mvergatal'  nicht  ursprünglich  der  Vsp. 
angehört  haben  kann  —  obwohl  Gylf.  p.  22,  30—24,  15,  besonders  22, 
34  und  23,  13  es  schon  als  Theil  der  Vsp.  kannte  —  das  wird  wohl 
niemand  mehr  läugnen  wollen.  Die  Frage  ist  nur,  ob  Str.  13  dazu  zu 
rechnen  ist  oder  nicht.  Dagegen  spricht,  daß  sonst  die  Ausführung 
des  nach  Str.  12  gefaßten  Götterbeschlusses  fehlen  würde ;  dafür 
aber  könnte  die  künstliche  Anlage  des  dvergatal  sprechen:  es  sind 
nämlich  mit  Str.  13  zwei  sich  genau  entsprechende  Reihen  von  je 
3  Strophen,  13 — 15  und  17—19,  in  denen  je  die  erste  durchweg  Worte 
des  Dichters  (Sammlers)  enthält,  je  die  zweite  (14.  18)  durchweg 
Zwergnamen,  je  die  dritte  (15.  19)  von  der  ersten  Hälfte  Zwergnamen, 
in  der  zweiten  Worte  des  Sammlers.  Zwischen  beiden  Reihen  steht 
eine  Str.  (16),  die  durchweg  Zwergnamen  enthält. 


Str.  11  f.  and  20  f.:  11,  1—4  wird  die  Fröhlichkeit  der  Götter 
geschildert, 

11,  5 — 8  nnz  ])ri4r  kv&mn  4m4tkar  miok 

}>or8a  me3rjar  6r  iotunheimom. 

In  diesen  Riesenmädchen  sieht  man  mit  Recht  die  Nomen.  Wes- 
halb aber  die  Fröhlichkeit  der  Götter  mit  deren  Ankunft  aufhören  muß, 
dafär  hat  man  nur  ziemlich  gezwungene  Erklärungen**)  finden  können. 
Vielleicht  bietet  sich  auch  hier  die  richtige  Erklärung,  wenn  man  ein 
Abirren  der  Überlieferung  von  der  gleich  anlautenden  Halbstrophe 

20^  1 — 4  nnz  prir  ky4mn  oflgir  ok  ^stkir 

6r  ])W  lidi  sesir  at  hdsi  (6si?) 


*)  Daß  Bjarne    der  Verf.  derselben    ist,    hat  Bngge    is  Aarb.  1876,  219-244 
sehr  wahrscheinlich  gemacht. 

**)  S.  darüber  jetzt  auch  Fr.  Hammerich  a.  a.  O.  p.  b*^  i. 


52  A.  EDZARDI 

ZU  den  jetzt  auf  11,  4  folgenden  Versen  11,  5 — 8  annimmt,  die  ur- 
sprünglich anderswohin  gehörten*).  Das  wird  auch  dadurch  wahr- 
scheinlich, daß  die  Strophe  20,  wo  sie  jetzt  steht,  nach  dem  dvergatal, 
ausser  allem  Zusammenhange  mit  dem  Vorhergehenden  steht  und  pvi 
lidi  im  Vorhergehenden  durchaus  keine  Beziehung  findet**)  —  man 
müßte  denn  annehmen,  daß  vor  Einschub  des  dvergatal  die  in 
Str.  12  erwähnte  Götterversanmilung  gemeint  gewesen  sei.  Hinter  11^  4 
würde  er  sich  auf  die  in  IdavoUr  versanmielten  Götter  (10,  1 — 11,  4) 
beziehen.  Die  ursprtlnglich  auf  11,  4  folgenden  Strophen  20 — 21  wären 
dann  übersprungen***),  und  als  man  sich  derselben  später  doch  noch 
erinnerte,  hinter  Str.  19  (bezw.  12  und  13)  eingeschoben  worden f). 
Man  könnte  sich  also  hier  die  ursprüngliche  Reihenfolge  so  denken : 
11,  1-4  +  20,  1—4;  —  20,  5-8  +  21,  1—4;  -  21,  5-8  +  11,  5—8; 
—  12  (—13?)  [14—19];  —  22;  -  23.  Dabei  blieben  aber  noch  zwei 
Schwierigkeiten:  1.  das  Auftreten  der  Nomen  sollte  man  nach  26,  8 
erwarten  ff) ;  2.  sollte  man  vor  der  Menschenschöpfung  den  Refrain  pd 
gengu  regin  oll  etc.  erwarten  (vgl.  über  Hammerich  oben  Anm.  **). 

Auch  diese  Schwierigkeiten  Hessen  sich  beseitigen,  wenn  wir 
zwischen  20,  8  und  21,  1  die  Verse  11,  5-8  und  dann  eine  Refrain- 
strophe ausgefallen  denken  und  ein  zweimaliges  Abirren  der  Überlie- 
ferung (gleichzeitig  oder  nacheinander)  annehmen,  das  erste  Mal  ver- 
anlaßt durch  Abirren  von  20,  1  f.  zu  11,  5  f.  —  eine  Umstellung,  welche 


*)  Derselbe  Gedanke  liegt  auch  Bergmanns  Anordnung  (Pommes  isl.  188)  za 
Grande.  Wie  leicht  übrigens  solches  Abirren  möglich  war,  zeigt  die  Thatsache.  daß  II 
in  Str.  20,  1  f.  irrthflmlich  die  Verse  11,  5  f.  fast  wörtlich  wiederholt:  um  pri&r  IcAmu 
pui9a  hrüdir  (st  meyjar),  [prjdr  hat  anch  R  statt  JMr.  Weist  dieser  gemeinsame 
Fehler  nicht  auf  ^ine  und  dieselbe  schriftliche  Quelle  hin?] 

**)  Hammerich  a.  a.  O.  p.  53  vermathet  daher,    daß  vor  Str.  20  die  Refrain- 
strophe pd  gengu  r.  o.  verloren  sei. 

***)  Gylf.  £uid  vielleicht  in  ihrer  Niederschrift  der  Vsp.  die  Strophen  20  and 
21  gar  nicht,  da  sie  die  Menschenschöpfung  an  anderer  Stelle  und  abweichend  be- 
richtet, also  wohl  nach  anderer  Quelle.  [Lagen  vielleicht  zwei  verlorene  Strophen  der 
Vaf})r.  zu  Grunde,  die  auf — die  vorher  benutzte  —  Str.  21  der  VafJ)r.  folgten;  22,  4 
Abirren  von  hvadan  menn  um  komu  (Sn.  E.  19,  15)  zu  hwiäan  mdni  um  komf  —  Die 
Quelle  von  Gylf.  19,  20  f.  könnte  gelautet  haben:  Atk  ok  Emblu,  |  ok  6lu»k  padan  \\  um 
Midgard  marmkindir.]    Vgl.  p.  53,  Anm.  *;  61,  Anm.  *♦. 

t)  Vgl.  u.  p.  61  au  VafJ)r.  35,  1—3  (29,  1-3). 
ff)  Nach  örloglausa;  die  Nornen  hatten  ihnen  das  Schicksal  zu  verleihen,  Str. 
23,  9'— 12.  Da  23,  5 — 8  sehr  wohl  echt  sein  können ,  so  könnte  man  sich  die  Verse 
9 — 12  dieser  Strophe  23  als  ursprünglich  hinter  Str.  11,  5—8  gestanden  denken:  11, 
1—4  -f  20,  1—4;  —  20,  5-  8  +  21,  1—4;  -  [4  fehl  Verse  -f-]  21,  6-8;  11,  6-8 
1+  23,  9— 12J. 


BETTBiGE  ZUR  GESCHICHTE  UND  ERKLÄRUNG  DER  EDDALIEDER       53 

der  Gylf.  vorgelegen  haben  müßte;  zum  zweiten  Mal  durch  Abirren  von 
einer  Refrainstrophe  zur  andern  —  was  auch  in  der  Quelle  der  Gylf.  sich 
schon  gefunden  haben  dürfte,  jedoch  ohne  den  später  an  unrechter  Stelle 
(hinter  19,  bezw.  12/13)  erfolgten  Einschub  der  Strophen  20  und  21*). 
Man  könnte  sich  also  die  ursprüngliche  Anordnung  so  denken:  11, 
1-4  4-  *20,  1—4;  —  20,  5—8  -f  *11,  5—8;  —  **pd  gengu  r.  o.  etc. 
(fehlende  Refrainstrophe);  —  21,  1  —  8;  —  **  12  (J)d  gengu  r.  o.);  — 
13  ( — 19?).  22  f.  Durch  Abirren  von  *  zu  *  und  von  **  zu  **  könnte  die 
jetzige  Strophenfolge  11 — 13  ( — 19?)  entstanden  sein**)  und  später  die 
ausgelassenen  Strophen theile  ohne  die  Refrainstrophe  als  Str.  20  und 
21  nachgetragen  sein.  —  Diese  Erklärungsversuche,  die  ich  mit  allem 
Vorbehalt  und  in  aller  Bescheidenheit  hiermit  angedeutet  haben  möchte, 
wollen  nicht  mehr  als  die  Möglichkeit  oder  eine  gewisse  Wahrschein- 
lichkeit für  sich  in  Anspruch  nehmen. 

Str.  31 — 40:  Überliefert  sind  in  II  Str.  39  und  40,  und  zwar 
nach  Str.  44;  in  Gylf.  39,  1—8;  40,  1—4  . .  40,  7—8,  ferner  Prosaauf- 
lösung von  38  =  p.  67,  33—68,  2***),  39—40  =  68,  3—7;  die  Halb- 
strophe 37  ist  nur  in  R  und,  wie  es  scheint,  an  unrichtiger  Stelle  über- 
liefert: sie  muß,  denke  ich,  vor  40  stehen: 

A  fellr  austan  Sh'dr  heitir  sü. 

um  eitrdaia  ))ar  skuluf)  vada 

soxum  ok  sverdum,  })UDga  strauma  etc. 

vgl.  Gylf.  68,  5  f.  ok    ormahofud   oll   vitu   inn    i  hüsit,   ok  bldsa   citri 

(=  Str.  39,  5 — 8),    svd  at  eptir  salnum  renna  eitrdr,    ok  vada  pcer  dr 

eidrofar  etc.  ff).     Ich  ordne  also  mit  Petersen,  Ann.  1840 — 41,  p.  84. 

89  f.  [Bugge,  Tillseg  p.  389],  Maurer   (Bekehr.  II,  35  f.)  u.  A.   so: 

38fff).  39.  37  -j- 40.     Diese  ganze  Gruppe  aber  kann,  wie  ebenfalls 

*)  Weni^tens  erzählt  Gylf.  die  Menschenschöpfiing  yor  der  Zwergschöpfang, 
aber  auch  vor  der  Wiedergabe  von  Str.  10  ff.  (vgl.  p.  62,  Anm.  *♦*) ;  andererseits  aber 
ist  p.  22,  14 — 24,  15  eine  genaue  Wiedergabe  von  Vsp.  10—19  in  gleicher  Reihen- 
folge; auch  unmittelbar  darauf  wird  Yggdrasil  (vgl.  Str.  22  ff.)  besprochen. 

**)  So  z.  B.  scheint  ein  Strophencomplex  durch  Abirren  von  einer  Refrain« 
Strophe,  die  Oylf.  45,  24  vielleicht  noch  kannte,  zu  Str.  29  =  Gylf.  46,  8  ausgefallen 
zo  sein. 

***)  Die  Umschreibung  von  Str.  66  (Giml^)  geht  unmittelbar  vorher, 
t)  So  mit  Sn.  E.  wohl  besser  als  tä  {t^r  II)  hon  par  RH;  vgl.  66,  5. 

ff)  Vgl.  noch  Regm.  4:  hverr  er  d  amtan  lygr  muß  Vadgelmi  vada.  Ähnlich 
Sigrdr.  23. 

fff )  So  nach  Maurers  Auffassung.  Gehört  aber  die  Strophe  mit  9tSd  (nicht 
sd  hon  ttanda)  wirklich  hierher  oder  ist  sie  irrthümlich  (übrigens  schon  in  der  Quelle 
der  Gylf.)  von  anderswoher  hierher  gerathen?  Vgl.  Fr.  Hammerich  p.  84  f.  und  Aars, 
Tidskr.  I,  333,  Anm.  11. 


54  A.  EDZARDI 

Maurer,  Petersen,  Mannhardt  (Germ.  Mythen  321 — 5)  angenommen  und 
begründet  haben ,  nicht  dahin  gehören,  wo  R  sie  hat;  ebenso  wenig 
aber  dahin,  wo  H  sie  hat,  sondern  zusammen  mit  der  verwandten 
Strophe  66  an  den  Schluß  des  Liedes.  Gegen  diese  Annahme  hat  sieh 
Aars  (Tidskr.  f.  Fil.  I,  326  ff.)  in  einem  langem  Artikel  gewandt,  ohne 
doch  meiner  Ansicht  nach  die  Gründe  der  genannten  Gelehrten  ent- 
kräftet zu  haben.  Neuerdings  hat  sich  femer  Fr.  Hammerich  (Nordens 
aeldste  digt  p.  64  f.)  dagegen  ausgesprochen,  während  sein  Bruder 
Martin  Hanmierich  (Om  Ragnaröksmythen  [1836],  p.  25,  Anm.  94)  sich 
dafür  ausgesprochen  hatte. 

Die  Gründe,  welche  mir  gegen  die  Stellung  in  R  und  fbr  die 
Verbindung  mit  Str.  66  am  Schlüsse  des  Gedichtes  zu  sprechen  schei- 
nen, sind  diese: 

1.  Str.  38  handelt  jedenfalls  nicht  von  Strafen,  sondern  nach 
Maurers  Auflassung  von  den  ewigen  Freuden  der  Zwerge  und  Riesen*). 
(Vgl.  übrigens  p.  53,  Anm.  fft). 

2.  Der  Anfang  von  Str.  39  ist  ganz  analog  dem  von  Str.  66  und 
bildet  so  einen  wirksamen  Gegensatz  (vgl.  Fr.  Hammerich  p.  81),  in- 
dem hier  die  Schilderuug  der  ewigen  Strafen^  dort  die  der  ewigen 
Freuden  beginnt  (Mannhardt  p.  323). 

3.  Die  Strophengruppe  paßt  sehr  gut  an  den  Schluß  des  G^ 
dichtS;  nicht  aber  dahin,  wo  sie  R  hat  [Fr.  Hammerich  freilich  findet 
in  Lokes  Strafe  das  Vorbild  der  Bestrafung  menschlicher  Verbrecher, 
p.  67]. 

4.  Snorre  (Crylf.)  scheint  die  Strophen  noch  an  dieser  Stelle, 
jedenfalls  Str.  66  und  38 — 40  zusammen  gekannt  zu  haben. 

5.  R  und  H  haben  die  Strophengruppe  (H  nur  2  Strophen)  an 
verschiedenen  Stellen,  und  an  beiden  Stellen  läßt  es  sich  erklären,  wie 
sie  dahin  gekommen  sind.  Über  R  s.  ob.  unter  3.,  in  H  Anlehnung 
an  at  solum  Heljarf  (so  Mannhardt). 

6.  Strafen  nach  dem  Tode  sind  sonst  in  nordisch-mythologischen 
Quellen  schwerlich  nachweisbar^;  wohl  aber  konnten  ewige  Strafen 
in  der  wahrscheinlich  unter  indirecten***)  christlichen  Einflüssen  ent- 
standenen  jtlngeren  Anschauung  von  einer  neuen  bessern  Weltordnung 
sich  finden.  Vgl.  Fr.  Hammerich  p.  66  f. 


*)  Über  eine  andere  Auffassung  s.  Fr.  Hammerich  p.  85. 
*^)  Eegm.  4  und  Sigrdr.  23  können  von  Vsp.  abhängig  sein. 
***)  Einfluß  christlichen  Glaubens  auf  die  Umbildung  des  Mjthos  in  heidnischer 
Zeit  gibt  auch  Fr.  Hammerich  zu,  p.  96  f.  10]. 


BEITRÄGE  Z  UK  GESCHICHTE  UND  ERKLÄRUNG  DER  EDDALIEDER.       55 

7.  Str.  68  scheint  nur  verständlich  zu  werden,  wenn  Str.  40  vor- 
hergebt, wie  ich  gleich  zeigen  werde. 

Ich  glaube  also  mit  Maurer  Str.  66  und  [38?].  39.  37.  40  in  dieser 
Reihenfolge  verbinden  und  darin  die  ewigen  Freuden  und  Qualen  der 
neuen  Weltordnung  spät  -  heidnischer  Vorstellung  sehen  zu  müssen, 
welche  in  der  unter  Einfluß  der  christlichen  Lehre  aus  den  altheid- 
nischen Anschauungen  herausgewachsenen  Weltemeuerungslehre  nichts 
befremdliches  haben.  Wenn  die  Halbstrophe  67,  die  in  R  fehlt,  echt  ist 
—  was  ich  fELr  wahrscheinlich  halte  —  so  wird  sie  mit  diesen  Strophen 
37—40  -f  66  im  Zusammenhang  stehen,  und  zwar  wird  die  Herab- 
kunft des  mächtigen  Allwalters  zum  Gericht  der  Schilderung  der  ewigen 
Freuden  und  Qualen  vorangegangen  sein.  Die  Annahme,  daß  H  die 
ohnehin  unvollständige  Strophe  an  unrichtiger  Stelle  eingeschoben  habe, 
hat  durchaus  nichts  bedenkliches.  Wenn  man  nun  ordnete  67.  66. 
[38?].  39.  37  +40,  so  schlösse  sich  Str.  68  mit  der  Erwähnung  Nid- 
hoggs,  den  die  Seherin  im  Geiste  vor  Augen  sieht,  recht  gut  an  Str.  40, 
in  der  von  der  Qual  der  Todten  durch  Nidhogg  die  Rede  ist  (par 
kvelr  (Sn.  E.,  süg  R,  saug  H)  Niähoggr  ndi  framgengna  40,  7  f. ;  —  berr 
9€r  i  ßoSArum  . . .  Nißkoggr  ndi  68,  5  S.).  —  Eine  andere  Ansicht,  daß 
nämlich  Str.  67  und  68  zusammengehören  {dreki  etc.,  Gegensatz  inn 
riki  u.  s.  w.)  stellte  Petersen  p.  90  flF.  auf. 

Ich  komme  nun  noch  kurz  auf  meine  Bedenken  gegen  Bugges 
Auffassung,  die  ich  nicht  unterdrflcken  kann.  Es  muß  denke  ich 
jedem  unwillkürlich  sich  die  Frage  aufdrängen,  wie  es  denn  kommt, 
daß  Odin  sich  —  nach  Bugges  Auffassung  —  nicht  nur  verkünden 
läßt,  was  kommen  wird,  sondern  auch  die  Vergangenheit  und  Gegen- 
wart, Dinge,  die  er  sicher  wissen  mußte  (z.  B.  Str.  22  f.)  und  wobei 
er  selbst  betheiligt  war  (z.  B.  Str.  7;  10  f;  20  f.;  24;  28).  Das  kann 
aber  nicht  ursprünglich  die  Meinung  gewesen  sein.  Denn  es  handelt 
sich  hier  nicht  um  einen  Wettkampf  im  Wissen*):  der  höchste  Gott 
kommt  rathbedttrftig  zur  Volva.  Auch  kann  man  nicht  sagen,  die 
Volva  erkenne  Odin  nicht  und  berichte  ihm  daher  auch  was  er  selbst 
gethan:  denn  nach  Bugges  Auffassung  erkennt  sie  ihn  und  spricht  das 
in  Str.  2,  7  f.  aus. 

Nun  ist  es  aber  unverkennbar,  daß  der  zweite  Haupttheil  von  41 
(bezw.  43)  ab   in  Ton    und  Stil**)  wesentlich    so  wie    auch    sonst   in 

♦)  Wie  in  Vaf^r.,  Vegtkv. 
**)  Vgl.  u.  p.  56,  Anm.  ***  das  über  die  Zahl  and  den  Grand  der  kenningar  in 
den  einzelnen  Tb  eilen  des  Liedes  Gesagte. 


56  A.  EDZARDI 

mancher  Hinsicht  vom  ersten  Haupttheil  abweicht.  Sollte  nicht  dieser 
zweite  Theil  einmal  ein  Lied  fUr  sich  gewesen  sein,  ein  erzählendes*) 
Lied  von  ragnarok?  Und  könnte  nicht  dieses  Lied  durch  die  Strophen 
von  der  Weltemeuerung  (und  von  Baldrs  Tode)  erweitert  und  in  dieser 
Gestalt  als  Prophezeiimg  an  Odin  gerichtet  gewesen  sein?  Hier  könnte 
Odin  in  ähnlicher  Weise  wie  in  Vcgtamskvida  eine  todte  Volva  ans 
feuchter  Grabestiefe  durch  seinen  allmächtigen  Runenzauber  heraufbe- 
schworen haben;  daher  am  Schlüsse:  nii  man  hon  sokkvask.  Bei  Bagges 
Auffassung  stehen  diese  Schlußworte  in  kaum  lösbarem  Widerspruche 
mit  2,  1  ff.  ein  saJt  hön  tUi,  pd  er  inn  aldni  kam  Yggjungr  dsa  and 
namentlich  mit  der  Schilderung  in  Str.  1.  Bugge  nimmt  p.  392  an, 
daß  die  Strophen,  welche  die  epische  Einkleidung  bilden,  spftterer 
Entstehung  sind  als  viele  von  denen,  die  der  Welt  Schicksal  schildem 
—  aber  auch  als  der  Abschnitt  von  der  Welterneuerung?**)  Zu  diesem 
aber  gehört  nach  meiner  Auffassung  (s.  ob.  p.  55)  die  letzte  Strophe. 

Ich  meinerseits  vermuthe,  daß  unsere  jetzige  Gestalt  der  Vsp«, 
wie  sie  im  wesentlichen  schon  Snorre  kannte,  durch  die  Einfilgnng 
jenes  jüngeren***)  Ragnarok-Liedes  und  der  Fragmente  eines  viel 
älteren  f)  kosmogonischen  Liedes   (6 — 12.  20 — 21),   welches   rein   er- 


*)  In  dcD  Stroplien  43 — 48  und  50—60  findet  sich,  ausser  in  den  Refrain- 
Strophen,  nichts,  was  darauf  hindeutet,  daß  die  Strophen  ursprünglich  von  der  Volra 
gesprochen  gedacht  werden.  Die  Strophen  4*2  und  49  schließen  mit  vitud  4r  eiim  edok 
hvatf  Aber  gerade  diese  Strophen  41—42  und  49  stehen  in  R  und  U  an  ▼erschiedemr 
Stelle.  Es  herrscht  in  diesem  Abschnitte,  ausser  in  43 — 44  durchaus  das  Priaens  mit 
Futorbedeutung  [dagegen  in  Str.  6—21;  23,  9—12;  2ö~30;  31-34  herrscht  das 
Perfeet]. 

**)  In  diesen  Strophen  tritt  durchaus  die  prophezeiende  Volya  herror:  «^  kirn. 
61,  1;  66,  1.  vUud  4r  t,  e.  hv.  64,  8;  65,  8.  Nu  man  hon  tökkvatk  68,  8  [mt  (ad  R) 
A<fn  39,  \\  wt  ir  e.  e.  hv.  40,  10].  Daneben  Präsens:  61,  4.  6;  62;  65;  »7  [37;  39 
4.  6  ifaüa  U  Sn.  E.);  40,  7  ff.  (Sn.  £.)];  Futurum:  63;  64;  66,  5  [40,  1  (Sn.  £.)]. 

***)  FOr  jüngeres  Alter  -  ich  denke  an  den  Anfang  des  10.  Jhs.  —  sprechen 
ausser  manchen  anderen  Gründen  die  häufigen  und  argen  (mit  **  und  *  bexeichneten) 
kenningar:  es  sind  in  Str.  43—60  ungefähr  19-  22  (nämlich  **6  :  *7  :  6—9);  während 
sich  iii  Str.  1—13  +  20—30  etwa  7—9  «♦»—  :  »2  -3:5  6)  und  in  Str.  31—42  +  61 
bis  68  etwa  9  —  12  (**3  :  *ö— 7  :  1—2)  finden,  in  allen  übrigen  44  Strophen  also  ca. 
16 — 21  (**3  :  *7 — 10  :  6 — 8).  Auch  scheinen  ^ich  Beziehungen  auf  den  vulkanischen 
Loke-Mjthos  (der  in  Str.  36  deutlich  vorliegt)  in  Str.  48  und  52  zu  finden.  Das 
vnlkaniifche  dieses  Mythos  aber  bin  ich  geneigt  mit  Jessen  p.  37  für  speciell  isländisch 
SU  halten. 

t)  In  den  Strophen  6 — 12  und  20—21  findet  sich  ausser  Bur9  tynir  keine 
kenning.  —  über  die  Übereinstimmungen  mit  dem  Wessobrunner  Gebet  vgL  jetzt  auch 
Fr.  Hammerich  p.  4  f. 


BETTRiGE  ZUB  GESCHICHTE  UND  ERKLÄRUNG  DER  EDDALTODER.       57 

zählend*)  gehalten  war,  in  ein  längeres,  einer  Yolva  in  den  Mund 
gelegtes  mythologisches  Lehrgedicht  (im  besseren  Sinne  des  Wortes) 
—  eben  unsere  Voluspa  oder  eine  ältere  Gestalt  derselben  ohne  manche 
Zusätze  und  Interpolationen  —  entstanden  ist '*''''). 

Der  alte  epische  Eingang  des  zweiten  Haupttheils,  des  meiner 
VermuthuDg  nach  einmal  selbständigen  Ragnarok- Liedes,  könnte  bei 
dieser  Gelegenheit  ausgefallen  sein.  Wenn  man  nun  bedenkt,  wie  sehr 
die  Einleitungsstrophen  der  Vegtamskvida  in  ihrem  alterthümlichen, 
kräftigen  Ton  abstechen  von  dem  eigentlichen,  recht  dürftigen  Inhalt 
dieses  Liedes***),  einem  mythologischen  Gespräch,  ähnlich  wie  Vaf- 
thrudnismal ;  —  wenn  man  femer  bedenkt,  wie  zu  den  9  Strophen  des 
Gespräches  die  fünf  Strophen  lange  epische  Einleitung  in  gar  keinem 
Verhältniss  steht,  d.  h.  viel  zu  lang  und  feierlich  ist  —  so  wird  man 
die  Vermuthung  nicht  allzukühn  finden,  daß  die  bei  Auinahme  des 
Bagnarok-Liedes  ausgeschiedene  epische  Einleitung  in  unserer  Vegtkv. 
[1  oder  richtiger  wohl]  2 — 5  benutzt,  vielleicht  sogar  größtentheils  er- 
halten sein  und  so  der  Grundstock  der  Vegtkv.  geworden  sein  könnte, 
indem  ein  späterer  Skald  das  Gespräch  im  Tone  der  Vaf})r.  hinzu- 
dichtete oder  die  alten  Strophen  wenigstens  benutzte« 

In  dieser  Hinsicht  ist  es  auch  nicht  gleichgültig,  daß  das  ganze 
Gespräch  nur  eine,  späterem  Geschmacke  entsprechende  Umschreibung 
von  Vsp.  32 — 34  istf ),  also  gerade  von  dem  Stück  der  Vsp.,  dem  die 
Einleitung,  wenn  meine  Vermuthung  das  rechte  treffen  sollte,  in  dem 
Ragnarok  -  Liede  vorangegangen  sein  würde.  Es  ist  nämlich  Vgt 
Str.  6—7  =  Vsp.  32,  1—4;  Str.  8—9  =  Vsp.  32,  5—33,  4;  Str.  10  bis 
11  =  33,  5—34,  4;  Str.  12  =34,  5— 7 ff);  dann  folgt  die  Erkennung 
(Str.  13)  und  die  Schlußstrophe  mit  der  höhnischen  Hinweisung  der 
Volva  auf  den  Untergang  der  Götter. 

Daß  die  Verse  11,  3-8,  die  wörtlich  gleich  Vsp.  33,  7—34,  4  sind, 
aus  Vsp.  entlehnt  sind,  daran  kann  im  Ernst  wohl  kein  Zweifel  bestehen. 


*)  In  Str.  6—12.  20-21  (übrigens  auch  in  22—23.  26—30)  findet  sich  keine 
Andeutung,  daß  sie  ursprünglich  von  der  Volva  gesprochen  wurden. 

**)  Ich  stelle  diese  Ansicht  (welche  der  von  Weinhold  vertretenen  am  näch- 
sten steht)  hier  zunächst  ohne  weitere  Begründung  auf.  Sollte  die  Frage  durch  die 
SU  erwartenden  Abhandlungen  nicht  erledigt  werden  —  in  demselben  Sinne  oder  in 
entgegengesetztem,  so  doch,  daß  ich  von  der  Unhaltbarkeit  meiner  Ansicht  überzeugt 
würde  —  so  werde  ich  später  darauf  eingehender  zurückkommen. 

**•)  Vgl.  auch  Jessen  p.  76  f. 
t)  Das  hat  Jessen  a.  a.  O.  p.  76  gezeigt 

ff)  Ich  halte  an  dieser  schwierigen  Stelle  die  von  Jessen  gegebene  Deutung 
für  die  am  ehesten  wahrscheinliche. 


58  A.  EDZARDI 

Doch  darf  man  die  zehn  zeilige  Strophe  11  dafür  nicht  (wie  Jessen 
p.  76)  geltend  machen.  Der  Schlußrefrain  der  Volva  luivdug  sagdak, 
nü  mun  ek  pegja  steht  nämlich  ausserhalb  der  Strophe,  wie  schon 
Grundtvig^  mit  Recht  angenommen  hat  Es  folgt  das  nämlich  aus 
der  Beobachtung,  daß  die  kviduhdttr  Strophen  durchweg,  soweit  die 
Überlieferung  nicht  gestört  ist,  in  zwei  durch  die  stärkste  Interpunction 
innerhalb  der  Strophe  zu  trennende  Halbstrophen  zerfällt  **)  —  ein  Ge- 
setz, welches  bekanntlich  in  den  aus  dem  kviduhdttr  entwickelten  Vers- 
massen,  lj6dah^ttr  einerseits  und  dröttkvsett  so  wie  runhenda  anderer- 
seits ,  in  einer  scharf  durchgeführten  Theilung  in  zwei ,  oft  ganz 
selbständige  Halbstrophen  sich  erhalten  (bezw.  weitergebildet)  hat 
Demnach  können  wir  in  Str.  11  nicht  nach  Vers  6,  sondern  nur  nach 
Vers  4  theilen.  Ebenso  aber  steht  in  Str.  9  die  stärkste  Interpunction 
nach  Vers  2,  nach  Vers  4  aber  kann  man  nicht  theilen.  Es  fehlen 
also  2  Verse  der  ersten  Halbstrophe,  wahrscheinlich  zwischen  Vers  2 
und  3.  Auch  in  Str.  7  zeigt  schon  die  Schwierigkeit  mit  dem  erhal- 
tenen Text  einen  genügenden  Sinn  zu  verbinden,  daß  der  Zusammen- 
hang durch  Ausfall  eines  Verspaares  vor  Vers  5  gestört  ist. 

Str.  1  der  Vegtkv.,  Vers  1 — 6  ist  =:  trymskv.  13,  1—6.  Die  an 
den  bekannten  Refrain  der  Vsp.  sich  anschließende  Strophe  scheint 
aus  I^rkv.  entlehnt  zu  sein,  denn  es  kommt  der  gleiche  Anfang  dort 
noch  in  Str.  21  {Senn  vdru  hafrar)  bei  gleichem  Rhythmus,  nicht  aber 
in  Vegtkv.,  und  ok  an  Stelle  der  ersten  Hebung  {ok  dsynjur)  in  trkv. 
noch  9,  7;  10,  2;  12,  2;  15,  7;  19,  7;  24,  3,  also  6  Mal,  in  Vegtkv. 
aber  sonst  nicht  vor.  Ausserdem  aber  zeigt  die  Prkv.  auch  sonst 
(ebensowohl  wie  Vegtkv.)  Kenntniss  der  Vsp.:  trkv.  6,  1  f.  ist  aus  Vsp. 
49,  1  f  entlehnt  —  Daß  Sn.  E.  58,  17  die  Erzählung  von  Baldrs  Tode 
einleitet  mit  den  Worten:  pat  er  upphaf  Pessar  sogu,  at  Baldr  hinn 
göda  ireymdi  drauma  störa  ok  hcettiliga  um  lif  süt.  En  er  hann  sagdi 
Äsunum  draumana,  pd  hdru  peir  saman  rddein  etc.  beweist  zwar 
nicht;  könnte  aber  dafür  geltend  gemacht  werden,  daßSnorre  unser  Lied, 
und  zwar  schon  mit  Str.  1  am  Anfange  kannte.  In  der  Erzählung 
selbst  folgt  er  freilich  einer  anderen  Quelle;  daß  der  Inhalt  unseres 
Liedes  von  Snorre  nicht  benutzt  ist^  auch  wenn  er  es  kannte,  ist  leicht 
erklärlich;  vgl.  auch  Jessen  p.  75  f. 


*)  Siem.  Edda  '  191  f.  Diese  Ansicht  scheint  bisher  nicht  die  verdiente  Be- 
achtang  und  Zostimmong  gefunden  zu  haben,  weshalb  ich  sie  hier  ausführlicher  su 
beg^ründen  suche. 

♦*)  Vgl.  auch  ob.  p.  169,  Anm.  *  [P.-B.  Beitr.  ö,  676.  583]. 


BEITRÄGE  ZUR  GESCHICHTE  UND  ERKLÄRUNG  DER  EDDALIEDER.       59 

13.  Zu  den  Vafl>nidnisiiiäl. 

Es  ist  unverkennbar,  daß  der  Text  dieses  Liedes  in  unserer 
Überlieferung  arg  entstellt  ist.  Die  Fragen  Odins  sind  auffallender- 
weise viel  zahlreicher  als  die  Vafthrudnis;  erstere  zerfallen  aber  zu- 
nächst in  zwei  grössere  Gruppen:  1.  solche  kosmogonischen  Inhalts 
(von  der  Weltschöpfung  und  den  Reifthursen)  Str.  20—21.  28—35; 
2.  solche  eschatologischen  Inhalts  (vom  Weltuntergang  und  der  Welt- 
erneuerung) Str.  44—47.  50—53  [54—55].  Zu  1.  kommen  aber  nach 
der  Recapitulation'*')  in  Str.  42  (frd  iotna  rünum  ok  allra  goda  segir 
pü  it  sannaata)  noch  (1.^)  die  Strophen,  in  denen  von  den  einzelnen 
Göttern  die  Rede  war  (Refrain:  aus  pü  tiva  rok  oll  Vafpruinir  vitir)\ 
erhalten  sind  davon  nur  38 — 41  [und  48 — 49?].  Ausserdem  finden 
sich  nun  noch  3.  eine  Reihe  von  Einzelfragen  über  den  Bestand  der 
Dinge,  nämlich:  woher  kommt  Sonne  und  Mond  (22  f.),  Tag  und  Nacht 
(24  f.),  Winter  und  Sommer  (26  f.),  der  Wind  (36  f.).  Diese  Fragen 
sind  inhaltlich  sehr  ähnlich  denen^  die  Vafthrudni  thut;  und  man  könnte 
vermutheu;  daß  ursprünglich  auch  sie  Vafthrudni  that.  Denn  was 
Odin  fragt  ist  in  Str.  42  (s.  ob.)  genau  angegeben;  die  in  Rede  ste- 
henden Fragen  aber  scheinen   darin  nicht   mit  inbegriffen  zu  sein'*''*'). 

Die  Strophen  24/25  (von  Tag  und  Nacht)  sollten  denen  von  Skin- 
fazi  und  Hrimfaxi  (11/12  und  13/14)  vorangeben.  So  steht  ihr  Inhalt 
verbunden  in  Gylf.  20,  3 — 14,  an  einer  Stelle,  wo  offenbar  die  Vaf}>r. 
benutzt  sind.  An  dieser  Stelle  folgt  aber  (20,  15  ff.)  die  Geschichte 
von  Mundilfosri,  dem  Vater  von  Sonne  und  Mond.  Da  diese  Dar- 
stellung in  nur  schlecht  verhülltem  Widerspruche  mit  Gylf.  18^  12  ff. 
steht,  wo  wohl  Voluspa  die  Quelle  war,  so  muß  hier  der  abweichende 
Bericht  auf  unsere  Vaf))r.  zurückgehen,  und  es  ist  das  wahrschein- 
lichste, daß  Snorre  hier  darauf  kam^  weil  in  der  Gestalt  der  Vaf]>r., 
die  er  kannte,  Str.  22/23  auf  Str.  24/25  +  11—14  folgten.  Daran  aber 
schließt  sich  in  Gylf.  unmittelbar  die  Erwähnung  des  Arvakr  und 
Alsvidr;  die  hier  benutzte***)  Strophe  steht  aber  nicht  in  Vaf})r.,  son- 
dern in  den  Grimnismdl  37.  Diese  Strophe  nimmt  sich  aber  mit  ihrer 
nächsten  Umgebung  (37 — 40)  in  Grimn.,  deren  Überlieferung  ebenso 
entstellt  ist  wie  die  der  Vaf})r. ,   sehr  fremdartig  ausf).     Str.  38  han- 


*)  Darnach  wird  zu  2.  (Refrain  Fiold  ek  f6r  u.  8.  w.)  übergegangen. 
♦♦)  Vgl.  aber  unten  p.  61,  Anm.  **. 
***)  Vgl.  tn   i  sumum  kvcßdum  er  pat  kdUat  Uamkol,  waa  Grimn.   37,  6   der 
FaU  ist 

t)  [^?1>  J®^2^  Auch  Symons,  Grimnismal,  Taalk.  Bi}dT,  li«\ 


60  A.  EDZARDI 

delt  von  dem  Sonnenschilde  Svalinny  Str.  39  von  den  Wölfen,  welche 
die  Sonne  und  den  Mond  verfolgen.  Gerade  denselben  Gegenstand 
aber  behandelt  auch  Gylf  (20,  33  ff.)  unmittelbar  nach  Sonne  und  Mond 
und  ihren  Rossen.  Gylf.  hatte  also  hier  Str.  39  auf  Str.  37  (und  38?) 
folgend  vor  sich.  —  Vielleicht  sind  auch  sonst  noch  Strophen  der  Vaf)>r. 
in  die  Grimn.  gerathen,  z.  B.  Str.  43  aus  1.**,  vgl.  Vaf  J>r.  38  (?). 

Aber  auch  die  inFäfn.  interpolierten  Strophen  12—15  gehörten 
wohl  ursprünglich  den  Vaf  })r.  an,  wie  ich  schon  oben  23,  314,  Anm.  ** 
andeutete.  Der  Refrain  ist  fast  ganz  derselbe  wie  in  1*,  Str.  26 — 28. 
[24  30.  32.  34].  Die  Frage  nach  den  Nomen  (11/12)  würde  sich  m 
Vaf]>r.  48/49  stellen;  die  Frage  nach  dem  Kampfplätze  Surts  und  der 
Äsen  (14/15)  erscheint  als  Variante  zu  Fafn.  17/18.  Letztere  ist  in 
Gylf.  64, 19.  22  f  benutzt  und  67,  21  ff.  citiert.  Fafa.  15,  4—6  aber 
ist  fast  wörtlich  benutzt  in  Gjlf.  222^  4  ff.,  besonders  22,  4  f.  Diese 
Schilderung  von  Bifrost  schließt  sich  wiederum  an  die  (mit  der  Schil- 
derung der  Vsp.  40  f.  combinierte)  Wiedergabe  der  Strophe  von  den 
Sonnen-  [und  Mond-]Wölfen  (21,  p.  2 — 6)  an,  folgte  also  vielleicht  in 
Snorres  Quelle  darauf. 

Es  ist  mir  nach  dem  Gesagten  wahrscheinlich,  daß  Snorre  eine 
ältere  und  bessere'.Gestalt  der  Vaf  ])r.  kannte,  in  welcher  die  später  in 
Fifh.  und  Grimn.  hineingerathenen  Strophen  noch  vorhanden  waren 
und  in  mancher  Hinsicht  noch  eine  richtigere  Anordnimg  der  Strophen 
bestand.  Insbesondere  vermuthe  ich,  daß  als  Fragen  Vaf]>r's.  und  Ant- 
worten Odins  folgende  Strophen  sich  aneinander  reihten :  24/25. 
11/12.  13/14.  22/23.  Frage  +  Grimn.  37  (Frage  +  Grimn.  38?).  Frage + 
Grimn.  39*).  Ob  auch  in  Str.  16/17  und  18/19  (Fifa.  14/15?)  ursprüng- 
lich Vafthrudni  fragte  kann  zweifelhaft  sein ;  dagegen  in  den  Strophen 
von  den  Nomen  (48/49  und  Fäfa.  12/13)  wird  wohl  Odin  der  Fragende 
gewesen  sein**). 

Zu  den  Strophen  von  den  Urriesen  und  der  Weltschöpfnng  stellen 
sich  noch  die  Strophen  40  und  41  der  Grinm.  Str.  40  ist  nur  eine 
Variante  zu  Vafjjr.  21***),  Str.  41  ist  eine  Erweiterung  derselben. 
Diese  Strophen  werden  einer  älteren  Gestalt  der  Vaf]>r.  oder   einem 


*)  Vor  26/27  scheint  nach  rW  (V  weicht  hier  gänzlich  ab)  bei  Jonss.  28, 22 
bis  29,  11  das  Strophenpaar  36/37  zu  gehören.  Standen  sie  in  dieser  Reihenfolge 
arsprünglich  nach  Grimn.  39? 

**)  Aber  kaum   in  2.  (wie    in  R),    sondern    in  1.^  [so  auch  Ornndtrig,  Saem. 
Edda  »,  206]. 

*•*)  Van)r.  Vers  1—2  =  Grimn.  1-2,  V.  3  =  Gr.  4,  V.  4  =  Gr.  6,  V.  6  fehlt 
in  Gr.,  dafür  iocfinr  dr  hdri. 


BEITRÄGE  ZUR  GESCHICHTE  UND  ERKLÄRUNG  DER  EDDALIEDER.       61 

anderen  nahe  verwandten  Liede  angehört  haben*).  —  Die  in  VafJ)r. 
selbst  überlieferten  Strophen  dieses  Inhaltes  werden  auch  wohl  ur- 
sprünglich anders  geordnet  gewesen  sein:  6ylf.  scheint  folgende  An- 
ordnung gekannt  zu  haben:  30/31  =  p.  16,  6 — 10.  20 — 30;  32/33  = 
p.  17,  1—3;  34/35  =  p.  17,  23—32;  20/21  =  p.  18,  1-4.  9.  28/29  ist 
in  Gylf.  nicht  benutzt ;  jedenfalls  aber  gehören  28 — 31  in  dieser  Reihen- 
folge zusammen.  Der  in  Gylf.  benutzte  Text  war  also  vielleicht  so 
geordnet:  [28—29].  30^35.  20—21**).  —  Indessen  kann  auch  das  nicht 
die  ursprtlnglichste  Anordnung  gewesen  sein,  denn  die  Frage  hvat  pü 
fyrst  um  mant  [eda  fremst  um  veizt\f  (34,  4  f.)  und  die  Antwort  pat  ek 
fyrst  um  man  (er  Bergelmir  var  d  lüSr  um  lagiär)  haben  keinen  Sinn, 
nachdem  vorher  (Str.  28 — 33)  von  älterem,  von  Ymis  Entstehung 
und  der  Fortpflanzung  seines  Geschlechtes,  die  Rede  war.  Wir  sollten 
also  Str.  34/35  vor  Str.  28/33  erwarten.  Die  Veranlassung  zur  Um- 
stellung ist  vielleicht  in  der  Gleichheit  der  Anfangsverse  29,  1—3  und 
und  35,  1 — 3  zu  suchen.  Statt  des  Verspaares  34/35  mag  irrthümlich 
das  folgende  Verspaar  28/29,  in  dem  die  Antwort  mit  der  gleichen 
Halbstrophe  begann,  und  nach  ihm  die  ihm  folgenden  Verspaare  30/31. 
32/33  geschrieben  worden  und  dann  das  ausgelassene  Verspaar  34/35 
an  unrechter  Stelle  nachgetragen  worden  sein***).  Wenn  dies  richtig 
ist,  würde  diese  Umstellung  schon  in  der  Quelle  der  Gylf.  sich  ge- 
funden haben. 

Str.  42—43.   Die  zwölfte  Frage,    die  durch  42,  1—3  eingeleitet 
wird,  fehlt f).    Statt  dessen  steht  die  Strophe,  in  der  Odin  den   ersten 

*)  In  Gylf.  18,  1-4.  9  liegt  eine  Gestalt  der  Strophe  zu  Grunde,  die  weder 
yaf)>r.  21  noch  Grfmn.  40  yoUkommen  entsprochen  su  haben  scheint:  lautete  die 
fünfte  Versseile  wd  6r  iaxUm'^  (vgl.  p.  18,  3  f.). 

**)  Zwar  steht  20/21  anscheinend  (vgl.  20,  4  mit  22,  4;  24,  4;  26,  4;  36,  4) 
in  Znsammenhang  mit  den  oben  p.  69  besprochenen  Strophen  [s.  auch  Grondtrig, 
Ssem.  Edda  \  205  f.];  aber  11,  4  und  13,  4  leiten  die  Frage  anders  ein,  und  anderer- 
seits findet  sich  die  Frageform  htxidan  . . ,  kömr  auch  30,  4;  38,  4;  46,  4;  es  könnte 
gerade  die  gleiche  Frageform  für  die  Anordnung  unserer  Überliefenmg  maßgebend 
gewesen  sein.  Eine  Verbindung  der  Strophengruppe  von  den  Urriesen  mit  22  bis 
26  u.  s.  w.  würde  mit  meiner  oben  p.  59  aasgesprochenen  Ansicht  sich  nicht  ver- 
tragen; man  müßte  denn  die  20/21.  von  den  Strophen  28  —  35  trennen  wollen.  [Vgl.  noch 
ob.  p.  52,  Anm.  **^  über  ein  folgendes  Stropheopaar,  das  Gylf.  19,  15 — 21  benutzte.] 
***)  Vgl.  oben  p.  52,  Anm.  f- 
f )  Daß  die  z  w  ö  l  f  t  e  Frage  eben  die  gewesen  sei ,  wie  der  jotun  zu  seiner 
Weisheit  komme,  scheint  mir  nicht  recht  glaublich,  schon  weil  dadurch  der  Paralle- 
lismus im  Bau  der  Strophen  zerstört  würde.  Wenn  man  hvi  (st.  alU)  fQr  richtig 
hält,  läßt  sich  doch  noch  eine  andere  Erklärung  als  diese  Grundtrigs  finden^  «,  d, 
folgd.  Anm. 


62  A.  EDZARDI 

Theil  Beiner  Fragen  abschließt,  aber  auch  diese  ist  lückenhaft :  erhalten 
ist  nämlich  Vers  1 — 3  und  6*).  Ich  vermuthe,  daß  zwischen  Vers  6 
und  7  unserer  Überlieferung  der  Übergang  zu  den  Fragen  Nr.  2  fehlt: 
'sage  mir  auch,  was  du  von  der  Zukunft  weist'  oder  dgl.  Der  Ant- 
wort auf  diese  Übergangsstrophe  gehört  43,  1 — 3  an,  die  Verse  4—5 
fehlen  (entsprechend  der  Lücke  zwischen  42,  6  und  7} ;  43,  4 — 5  ver- 
binde ich  zu  Einern  Verse^  dem  sechsten  der  Strophe.  43,  6 — 8  kann 
nicht  wohl  hierhergehören''^):  es  ist,  denke  ich,  der  Schluß  der  Antwort 
Vafthrudnis  auf  die  verlorene  zwölfte  Frage,  der  dem  Schreiber  hier 
wegen  des  ähnlichen  Sinnes  und  Wortlautes  einfiel.  Der  Inhalt 
dieser  Frage  dtlrfte  also  gewesen  sein:  hvemig  deyja  6r  hdju  haUrf  — 
Ich  denke  also  Str.  42 — 43  sind  so  zu  ordnen:  42,  1^3  (mit  alls  statt 
hvi  in  Vers  2)  +  3  fehl.  Verse;  —  3  fehl  Verse  +  43,  6—8;  —  42, 
4—6  +  2  fehl.  Verse  +  42,  7;  —  43,  1—3  +  2  fehl.  Verse  +  43,  4/5 
(im  Vers).  Oder  wenn  man  in  theilweisem  Anschlüsse  an  Gtrundt- 
yig  die  unten  angedeutete  Aufifassung  vorzieht:  42,  1  +  5  fehl.  Verse; 
—  3  fehl.  Verse  +  43,  6-8;  —  1  fehl.  Vers  +  42,  2—6;  —  43,  1—3 
+  2  fehl.  Verse  +  43,  4/5  {&u  Vers).  —  Vgl.  Gylf.  14,  27  f. 


Nachträge. 

1.  Nachdem  meine  Bemerkungen  zur  Volundarkvida  (Bd.  23, 
p.  169 — 174)  gedruckt  aber  noch  nicht  veröffentlicht  waren,  hat  Zupitza 
im  Anz.  f.  d.  A.  IV,  146 — 149  ebenfalls  einige  Stellen  dieses  Liedes 
besprochen.  Soweit  meine  Ansichten  mit  den  seinigen  in  Widerspruch 
stehen,  habe  ich  auch  jetzt  keinen  Grund  gefunden  dieselben  zu  ändern^ 
im  Gegen  theil  möchte  ich  darauf  hinweisen,  daß  seine  Einwendungen 
gegen  Bugges  Auffassung  von  Str.  16  dadurch  hinfällig  werden,  daß 
hyrr  zunächst  nicht  'froh*,  sondern  'geheuer*  ist  (C.-V.  304**;  661**), 
daher  gtilti  roddu^  daher  der  Rath,  den  Volund  unschädlich  zu  machen 
(kold  eru  mer  räd  pin  31,  6).  Übrigens  würde,  selbst  wenn  man  Ayrr 
mit  'froh'  zu  ilbersetzen  hätte,  in  den  Worten  eher  Schadenfireude  als 
Mitleid  liegen. 


*)  Oder  Vers  7  ist  Zusatz.  Dann  konnte  man  mit  Gnmdtvig  u.  A.  annehmen, 
daß  hvi  richtig  sei,  und  könnte  denken,  daß  der  Schreiber  von  Segäu  pal  . . . ,  dU»  p& 
KU  Segäu  pat  . . . ,  koi  pü  abirrte,  so  daß  also  von  der  der  zwölften  Frage  Vers  1,  yon 
der  Obergangsstrophe  Vers  2 — 6  erhalten,  7  aber  Zusatz  wäre. 

**)  Hildebrand  will  Vers  4—6  aasscheiden,  aber  welcher  Zusammenhang  besteht 
zwischen  13,  1 — 3  und  13,  6—8,  namentlich  Vers  8? 


HEITRÄGE  ZUR  GESCHICHTE  UND  ERKLÄRUNG  DER  EDDALIEDER.       63 

2.  Bei  meiner  gelegentlichen  Besprechung  eines  Theiles  der  Hüs- 
dräpa  (d.  Zschr.  23,  426  flF.)  war  es  mir  entgangen,  daß  Gisle  Bryn- 
julfsson'*')  in  seinem  Aufsatze  'Brage  den  gamles  kvad  om  Ragnar 
Lodbrogs  Skjold'  (Ann.  1860,  p.  1 — 13,  auf  den  auch  23,  431,  Anm.  ** 
hätte  verwiesen  werden  sollen)  auch  die  dem  Brage  zugeschriebenen, 
von  mir  zur  Hüsdräpa  gezogenen  Strophen  als  einen  Abschnitt  der 
Ragoarsdrdpa  zusammengestellt  hat,  wobei  er  auch  noch  3  andere,  von 
mir  an  genannter  Stelle  nicht  aufgenommene  Strophen  Brages  hinzu- 
zieht. Die  eine  (AM.  I.  318,  6  =  Jönss.  106,  13)  bezieht  sich  freilich 
auf  Thor,  enthält  aber  nichts^  was  auf  den  Fang  der  Midgardsschlange 
deutete;  wohl  aber  enthalten  die  beiden  anderen  Beziehungen  darauf. 
Diese  würden  sich  in  folgender  Weise  meiner  Zusammenstellung  ein- 
fügen lassen: 

vorl.**)  J)at  erumk  synt,  at  snemma  Gylf.  U  (II,  286,  27):  J)6rr.  .  .  SBtIar 

sonr-aldafo^rs  vildi  nü  at  hitta  midgarttsorminn  {fehlt  t\N) 

afis  vid  üri-{)(Bf(tan-  ok  kom    til  jotuns   nokkurs,    er    imir 

jardar-reist  of  freista.  er  nefhdr.  en  um  morgininn  biöst  iotunn 

1.  Sin  bj6  Sii^ar  nini  etc.  at  fara  til  fiskjar.    ))6rr  vill   fara  med 
honum.  .  . 

vor  2.  ***)  Vildi-t  vrODgum"  ofra  287,  2:   ok  bad  J)&  eigi  r6a  lengra 

v&gs-hyrsendir  oegi'  {fehlt  pW)  })örr  l^zt  vildu  enn  miklu 

bion's  ]iij6tygil-in4va-  lengra  r6a.     Tmir   kvad   }>at  hatt  vid 

mo3rar  skar  fyr  ))6ri.  midgardsorminn. 

2.  })iokkvoxnum   kvazk   ))ykkja  etc,  287,  15:    hj6   vid   bordinu  vad  rörs. 

[Sollte  auch  die  Halbstrophe  ohne  Verfassemamen  I.  500,  1  flF.  =: 
II.  174,  1  flf.,  welche  ein  auf  empörter  See  befindliches  SchiflT  schildert, 
hierher  (etwa  zwischen  11.  und  12.)  gehören?  Vgl.  er  sosrinn  feU  üt 
ok  inn  of  nokkvann  und  dazu  Hym.  24,  1 — 4.] 

Obige  zwei  Halbstrophen  bieten  in  1.  -j-  3.:  2  reimlose  Verse  und 
2  skoth.,  in  2.  -j-  4. :  3  skoth.  und  1  adalh.;  sie  entsprechen  also  wenig 
der  Kuimtechnik  der  Hdsdr.  Sollen  wir  nun  doch  zwei  Parallellieder 
des  Brage  und  des  Ulf  annehmen,  deren  —  merkwürdigerweise!  — 
sich  zu  Einern  Gedichte  ergänzende  Strophen  Gylf.  neben  einander 
benutzt  hätte?  Die  Reirotechnik  kann  indessen  hier  nicht  den  Ausschlag 
geben,  da  —  wie  23,  432  bemerkt  —  gerade  die  vom  Fange  der  Welt- 
schlange handelnden  anderen  Strophen,  die  Brägen  zugeschrieben  wer- 
den, nicht  seiner,  sondern   Ulfs  Reimtechnik  entsprechen.  Sollten  etwa 


*)  Desselben    Verfs.    Zosammenstellung   und    Übersetzung    der  Strophen    der 
Hüsdr.  in  'Nord  og  Syd'  1858^  164  ff.  (?)  war  mir  leider  nicht  zugänglich. 
<*)  AM.  I.  242  =  II.  306,  19:  Bragi. 
*♦*)  AM.  I.  604:  Bragi. 


64  K.  MAURER 

die  ungenauer  reimenden  Strophen  der  Hibdr.  gerade  deshalb  dem 
Brage  zugeschrieben  sein?  Ahnliches  ward  23,  432  vermuthet  Übrigens 
findet  sich  II.  326  unten  noch  eine  genau  reimende  Halbstrophe  anter 
Brages  Namen,  die  I.  418,  10  dem  Berti  zugeschrieben  wird.  Für 
Ulfs  Reimtechnik  kommt  noch  in  Betracht  eine  Strophe  in  Fms.  U,  203, 
Bisk.  I,  13.  Vgl. P.B.,  Beitr.  V,  577  f.  [Lies  426:  1,  4  hroera;  6,  1  arfa.] 

LEIPZIG,  im  JuU  1878.  A.  EDZARDL 


ZUM  ALTEN  SCHWEDISCHEN  HOFRECHTE. 


Schon  vor  reichlich  drei  Jahrzehnten  hat  P.  A.  Munch  von  dar 
Entdeckung  einer  Reihe  von  Überresten  der  altnordischen  Literatur 
Mittheilimg  gemacht,  die  im  norwegischen  Reichsarchive  gemacht 
wurde  (im  ersten  Bande  von  Chr.  Lange's  „Norsk  Tidsskrift  for  Vi- 
denskab  og  Literatur**,  S.  25—52,  1847;  jetzt  auch  in  den,  von  G. 
Storm  herausgegebenen  „Samlede  Afhandlinger**  Munch's  I,  S.  273 — 95). 
Seitdem  sind  in  jenem  Archive  noch  manche  weitere,  ähnliche  Frag- 
mente aufgekommen,  und  ein  solches,  das  hier  folgende  Stück  des 
älteren  schwedischen  Hofrechtes  enthaltendes,  theilt  mir  soeben  mein 
verehrter  Freund,  Professor  Dr.  Gustav  Storm  in  Christiania,  mit 

Die  Handschrift  stanmit  nach  diesem  meinem  Gewährsmann  on- 
ge&hr  aus  dem  Jahre  1400.  Das  Fragment  gehört  der  oberen  Hälfte 
einer  Blattseite  an ;  es  ist  sowohl  an  der  (vom  Beschauer)  linken  Seite 
als  unten  beschnitten,  auf  der  Rückseite  aber  unbeschrieben.  Die  cursiv 
gedruckten  Buchstaben  sind  von  Prof.  Storm  ergänzt 

Der  Text  lautet: 

1)  eigh  taken«  oc  wites  honö  thsen  gmigh.  thogh.  oc  dyll  fore  tha  djle  mc 
toM  msen  af  gaardenö  radhe  halfua  nasmpd  hwaar  thera. 

2)  fTwa  sum  thaen  annan  wntsighr.  tha  ryma  mins  hrra  gaard  oc  koma 

aldrigh 

/öre  hns  6ghon  meer  oc  haftie  Bns  vwinscap. 

3)  fTwa  sum  nsempär  wserdr  tili  at  waka  oc  wakar  hn  eigh  rsetligha. 

tha  sculo  Bns 
Ans  hafuor   bjtadz.    findz  hn   sofuande  tha  skseradz  eet  stjkk  af 

hns  klsedha  til 
vitne  vm  morghonen  oc  bytadz  lins  hafuor.    om   thaet   ser   hyrdh 

drseng  tha 


ZUM  ALTEN  SCHWEDISCHEN  HOFRECHTE.  65 

arte  j  stokken  VII.  nsetr  widh  watn  oc  br6dh.    vm  aen  ihser  sker 

eingen  mer 
sk&dhe  af 
4)   B.  se  8cal  oc  wäre,  (diese  Zeile  ist  quer  durchschnitten,  so  daß  nur 

die  obere  Hälfte  der  Buchstaben  erhalten  ist). 

So  kurz  das  Fragment  ist,  so  interessante  Schlüsse  erlaubt  das- 
selbe doch.  Vergleiche  ich  dessen  einzelne  Stücke,  deren  Nummern 
von  mir  beigefügt  wurden,  mit  den  3  von  Klemming  herausgegebenen 
Texten,  welche  ich  der  Kürze  halber  mit  Sw.  I,  A,  Sw.  I,  B  und 
Sw.  n  bezeichnen  will,  so  ergibt  sich,  daß  Fragm.  1  mit  dem  Schlüsse 
von  Sw.  I,  A,  §.  12,  und  mehr  noch  I,  B,  §.  12,  stimmt,  während 
Sw.  n,  §.  12  wieder  etwas  weiter  abliegt:  ebenso  entspricht  Fragm.  2 
zunächst  Sw.  I,  B,  §.  14,  weniger  I,  A,  §.  14,  und  noch  weniger  11, 
§.  19.  Dagegen  findet  Fragm.  3  nur  in  Sw.  II,  §.  18  ein  Analogen 
aber  freilich  bei  völlig  anderer  Wortfassung,  während  Sw.  I,  A  und  B 
gar  keine  analoge  Bestimmung  kennen;  aus  Fragm.  4  aber  weiß  ich 
vollends  Nichts  zu  machen,  was  einigermassen  äusseren  Anhaltspunkt 
böte.  Wir  haben  demnach  in  unserem  Fragment  einen  Überrest  eines 
schwedischen  Textes,  dessen  Gestaltung  zwischen  Sw.  I  und  II  in  der 
Mitte  stand;  da  überdies  die  in  Fragm.  3,  und  wenn  auch  in  anderer 
Fassung,  auch  in  Sw.  II,  §.  18  vorkommende  Bestimmung  auch  in 
den  dänischen  Texten  des  Hofrechtes,  und  selbst  im  norwegischen  Burg- 
mannenrechte  sich  widerfindet,  und  im  letzteren  sogar  in  einer  Gestalt, 
die  sich  näher  mit  Fragm.  3  als  mit  Sw.  II,  §.  18,  oder  den  dänischen 
Texten  berührt,  wäre  sogar  recht  wohl  möglich,  daß  wir  in  diesem 
Bruchstücke  ein  Überbleibsel  einer  älteren  Textesgestaltung  hätten, 
welche  hinter  Sw.  I  und  II,  dann  den  verschiedenen  dänischen  Texten 
zurückläge,  dagegen  den  norwegischen  coordiniert  stünde,  —  des  Textes  X 
etwa,  wenn  ich  an  die  Handschriftentafel  anknüpfen  darf,  welche  ich 
in  meiner  Festschrift  „Das  älteste  Hofrecht  des  Nordens*',  S.  142, 
Anm.  2,  entworfen  habe.  Ein  völlig  sicheres  Ergebniss  läßt  sich  frei- 
lich bei  dem  geringen  Umfange  des  Fragmentes  nicht  gewinnen. 

HÜNCHEN,  den  6.  November  1878.  K.  MAURER. 


OEKMANIA.  Nene  Ueihe  lU.  ßUV.)  Jahrg. 


66 


C.  M.  BLAAS 


NIEDERÖSTERREICHISCHE  KINDERSPRÜCHE 

UND  REIME. 


VON 

C.  M.  BLAAS. 


I.  Amznenscherze. 


1.  Während  das  Kind  auf  den  Armen 
gehalten,  gehutscht  and  schließlich 
in  einem  Winkel,  zunächst  der 
Thur,  auf  den  Boden  gelegt  wird, 
singt  man: 

Müller,  Muller  Sackl!  — 
ist  der  Müller  nicht  zu  Hans; 
Schloß  vor,  Rigl  vor, 
werf  ma's    Sackl    hinters    [unters 

Thor.     (Wien.; 

2.  Man  fährt  mit  dem  Zeigefinger 
auf  der  innern  Handfläche  des 
Rindes  herum,  läßt  es  dann  rasch 
eine  Faust  machen  und  wieder 
öffnen,  und  sagt: 

Ich  rühr^  ich  rühr  ein  Brein 

und  leg  ein  Stücker]  Zucker  drein. 

Machs  fest  zu!  —  0  jetzt  ist  es 

verschwunden ;  das  hat  gewiß  das 

Mauserl  gefressen.  (Wien.) 

3.  Des  Kindes  Hals  wird  als  Mause- 
loch  gedacht : 

Es  lauft  a  Mauserl 

ibers    Hauserl ! 

Wo  Solls  rkstn? 

in   N.  .  .    sain  Rästn.  (Wien.) 

4.  Man  stößt  mit  der  eigenen  an  des 
Kindes  Stirne  und  sagt: 

Bockerl  steß !       (Wien.  Stockerau.) 

5.  Die  Hände  des  Rindes  zusammen- 
f^chtagend  singt  man: 

Patsch  Handerl  zsamm,  patsch  Han- 

derl  zsamm, 
was  wird  der  Vater  bringen? 
Paar  schöne  Schuh ,   Paar   schöne 

Schuh 
und  rothe  Mascherln  drinnen. 

(Wien.) 


6.  Man  berührt  dem  Rinde  die  ein- 
zelnen Theile  des  Angesichts  and 
sagt  dabei: 

Das  ist  der  Altar  (Stime), 
Das  sind  die  zwei  Lichterin  ( Angen), 
Das  sind  die  zwei  Polsterln  (Wan- 
gen), 
Da  geht  der  geistliche  Herr  hin- 
ein (Mond), 
und    macht    ging -ging -ging!  (an 

der  Nase).     (Wien.) 

7.  Fingerb ezeichnnng.  —  Beim  kleinen 
Finger  angefangen. 

Rianer    Finger,  goldens  Ringerl, 

länga  Hans,  Tellerlecka,  Lansteta. 

(Stockerau.) 

8.  Beira  Daumen  angefnngen. 

Hoar,  Frau,  Rnccht,  Diam,  Wu- 
zerl,   Wnzerl  in  der  Wiagn. 
(Stockerau.  Hof    am   Leithageb. 
Rorneuburg.) 

9.  Das  ist  der  Hear,  das  ist  d'Frau, 
Das  ist  der  Rnecht,d&8  ist  di  Diam, 
Das  ist  das  klani  Wuzerl  in  der 

Wiagn.     (Litschan.) 

10.  D^s  ist  der  Bauer,  dha  ist  di 
Bairiu  ,  dhs  ist  der  Rnecht,  dks 
ist  di  Diam,  das  ist  dks  Wuzerl- 
Wuzerl  in  der  Wiagn.     (Wien.) 

11.  VKta ,  Muata ,  Rnecht,  Diam, 
Wuzarl-Wuzarl  in  da  Wiagn. 

(Wien.) 

12.  Dear  ist  in  Brunn   [Bä.ch]  gfkllu, 
dear  hkt  *n  außerzogn,  dear  hkt  'n 
ainiträgn,    dear  hkt    *n    ins  Bett 
glegt,  dear  hat  'n  zuadeckt. 
(Stockerau.    Hof   am  Leithageb. 

Rorneuburg.) 


NIEDERÖSTERRElCHlßOHE  KINDERSPRÜCHE  UND  REIME. 


67 


13, 


14. 


Da  Väta  18  in  Brunn  gfälln,  d'Miiata 
hat  *n  aoßazogn,  da  Kneht  liät 
'n  hoam  tr&gn,  de  Diarn  IWit  'u 
ins  Bett  glegt  und  's  kloani  Wu- 
zarl  in  da  Wiegn  h&t  'n  zuadcckt. 
(Langen lois.  Schiltern.) 
Dear  hlit  an  Häsn  gfängt,  dear  hkt 
'n  harn  trägn,  dear  hat  *n  bächn, 


dear  hkt  'n  gcssn  und  das  klani 
Wuzerl  [in  da  Wiagn]  will  a  wk« 
davo  [hkbn]. 

(Stockerau.  Hof  am  Leithageb.) 
15.    Dear  gßt  in  Wkld  und  fkngt  Ve- 
gerln,  dear  rupfts,    dear  spickte, 
dear  brkts,  denr  ißts. 

(Wien.  Litschau.) 


II.    Verkehr  mit  der  Natur  und   Nachahmungen. 


16.  Wenn  die  Sonne  untergeht,  sagen 
die  Kinder  dreimal: 

Sunn,  Snnn,  schain  auf, 
mkch  dai  goldas  Tiarl  auf. 

(Pettendorf.) 

Beim  Regen. 

17.  Regna,  regna,  tropfn, 
Buabma  muaß  ma  klopfn, 
d'Madln  lign  in   Federbett, 
d'Buabma  lign  in  Saudreck. 

(Wien.) 
1  8.    Wenn  es  im  Mai  zum  erstenmalc 
regnet,  stellen  sich  dieKindcr  hin- 
aus und   rufen: 
Mairegn,  Mairegn, 
mäch  mai  Hoar  läng  und  ebu. 

(Litschau.) 

1 9.  Beim    Pfeifenklopfen    sagen     die 
Knaben : 

PfifarlPfaifarl,  Felba, 
da  Hälda  is  da  Stella, 
d'Häldrin  is  di  Budahex, 
ziagt  da  Kätzn  d'Haud  aus, 
iban  Kränz,  iban  Schwänz; 
wiad  mai  Pfifarl-Pfaifarl  wTda  ganz. 
(Roseidorf  bei  Reschitz.) 

20.  Pfaifarl,  Pfaifarl,  gß, 
sunst  wiaf  i  di  in  Schnee, 
sunst  wiaf  i  di  in  Schintagräbn, 
so  fressn  di  älli  Hund  und  Schäbn. 
Wann  i  will  in  Himml  staign, 

so  brauch  i  längi  Loata; 
längi  Loata  bricht  mar  ä, 
maini  BoanI  fklln    is  Schintahaus, 
Schinta   mäch    ma  Pfaifarl  draus. 
(Hnrmannsdorf  bei  Korneuburg.) 

21.  Felbapfaifarl,  gö, 

sunst  wiaf  i  di  in  Schnee, 


sunst  wiaf  i  di   in  Schintasgrabn, 
daß  di  älli   Mais   vaz&n. 

(Klosterneuburg.) 

22.  Zum  Frauenkäferchen  (coccinella) 
sagen  die  Kinder: 

Jungfraukeferl ,  fliag  auf  d'Woad, 

bring    unser    liabn  Frau    a  goldas 

Kload.      (Groß-Mugl.) 

23.  Liab  Fraunkeferl,  fliag    in  Brunn, 
bring  ma  moaring  a  recht  a  scheni 

Sunn. 
(Waldreichs  bei  Groß-Siegharts.) 

24.  Jungfraukeferl ,    fliag    auf   Maria- 
brunn, bring  uns  haid  oder  moargn 

a  scheni  Sunn.      (Groß-Mugl.) 

25.  Fraunkeferl,  fliag  nach  Hollabrunn, 
bring  uns  a  schene  Sann,  a  gelbe 

Sunn, 
a  rote  Sunn,  a  goldene  Sunn,  a  sil- 
berne  Sunn.     (Ober-Hautzenthal.) 

26.  Snnnkeferl,    Sunnkeferl,    floig    in 

goldern  Brunn, 

bring  haid   und   moargn  a  recht  a 

scheni   Sunn.      (Hatzenbach.) 

27.  Liab- Fraunkeferl,   Liab  -  Fraunke- 

ferl,  fliag  in  golden  Brunn, 
bring    haid    und    moring  a  scheni 

Sunn.  (Göpfritz.) 
Diesen  Spruch  sagen  die  Kinder, 
indem  sie  das  Käferchen  auf  der 
Hand  halten,  dreimal,  und  glauben, 
wenn  dasselbe  beim  dritten  Male 
fortfliege,  so  komme  schönes  Wet- 
ter ;  wenn  es  aber  sitzen  bleibe,  so 
trete  das  Gegentheil  ein. 

28.  Die  Kinder  fangen  den  Johannis- 
käfer, welcher  in  Niederösterreicb 
(Lilienfeld  xxxid  lR.%.\i\f^ö^T^  \\si  ^^- 


7x% 


68 


C.  M.  BLAAS 


richtsbez.    Hainfeld)  Sunnawend- 
käfer  genannt  wird  und  lassen  ihn 
wieder  ans  mit  den  Worten: 
Snnnawendkcfer,  fliag,  fliag,  fliag 

nach  Hailigenbrunn 
und  bring  uns  a  scheni   Sunn. 

(Lilienfeld.) 

29.  Zum  Maikäfer  sagen  die  Knaben^ 
wenn  er  hoch  fliegt,  damit  er  her- 
unter kommen  soll: 

Maikefa,  Maikefa^  sum,  sum^  sum! 

fliag  in  d*Niada; 

daini  Briada 

san  älli  in  da  Niada. 

(Langenlois.) 

30.  Zur  Schnecke  sagen  die  Kinder: 
Schneck,  Schneck,  komm  heraus, 
Vater    und  Mutter   sind    nicht  zu 

Haus.     (Stockerau.) 

31.  Schneck,  Schueck,  komm  heraus, 
sonst  wiarf  i  di  ins  Schintcrhaus. 

(Emstbrunn.) 

32.  Schneck;  Schneck,  drä  di  aus^ 
bis  zum  Hjtldahaus. 

(Harmannsdorf  bei  Komeuburg.) 

33.  Beim  Fortfliegen  singt  die 
Schwalbe : 

AlleKistn  undKästn  solln  yoI)  sain, 
wknn  i  widakumm  is  alles  lär. 

(Stockerau.) 

34.  Die  Wachtel  sagt  wenn  sie  schreit : 
Wau- wauwau!  findst  mi  net, 
hintern  Bett  bin  i  net, 

hkb  i  a  weng  fiaragschaut, 
h&st  mi  brav  aufighaut. 

(Langenlois.) 
35«  Wau-wau-wau !  findst  mi  net, 
hintan  Bett  bin  i  net, 


fiara  g%  tua-r  i  net, 

und  a  80  findst  mi  net.     l^Wien.) 

36.  Guckerlu-wau-wau !   findst  mi  net, 
hintern  Trad  bin  i  net. 

(Deinzendorff) 

37.  Der  Fink  sagt: 

Fink,  Fink !  da  Baua  hkt  si  *8  Knia 

kghaut, 
sia,  sia,  wiana  bliat. 

(Oberzögersdorf*) 

38.  Die  Spatzen  sagen: 

Diab,  Diab !  (Langenlois.  Schiltern.) 

39.  Hahn,  Tauber  und  Ziege. 

Der  Hahn   sagt:  Christus    ist  ge- 
boren! 
Der  Tauber:  Wo,  wo? 
Die  Ziege:  Zu  Bethlehem. 

(Jetzeladorf.) 

40.  Der  Hahn  und  die  Kinder. 
Hahn:     Kickeriki! 

Kinder:  Wear  hat  da  wiis  t&? 
Hahn:     In  Schuasta  sai  Bua 
dear  gibt  ma  kan  Rua, 
*n  Schuasta  sai  Madl 
die  gibt  ma  ka  Bradl. 
(Grafendorf  bei  Stockerau.  Spil- 
lern.  Jetzelsdorf.) 

41.  Kinder:  Kikerihä, 

wear  hat  da  w4s  tA? 

Hahn.     In  Schuasta  sai  Boa 

dea  lk0t  [gibt]  ma  ka  Rua. 

(Wien.) 

4  2 .   Nachahmung  des  Klopfens  beim  Faß- 
bin  der. 

Da  Binda,  da  Binda 

dea  schlägt  saini  Kinda*). 

(Langenlois.) 


III.  Allerlei  Sprüche  und  Reime. 


43,    Schooßtied. 

Hopp;  hopp,  hopp, 

moargn  foam  ma  in  d^Stidt, 


um  a  Saitarl  Wai 
und  a  Kipfarl  drai; 
dks  wiard  guat  sai. 

(Grafendorf  bei  Stockerau.) 


♦)  Andere  hiehergehQrige  und  von  mir  f;esammelte  Sprüche,  «.  Germania  N.  R. 
Vir,  S.  67-72;  VIII,  349-356;  IX,  411—416. 


NIEDEKÖSTERREICHISCUE  KINDERSPRÜCHE  UND  REIICE. 


69 


44.  Schlaflied. 

0  du  schwoarz  Mauserl; 
Du  sollst  mai  Mauscrl  sain; 
o  du  schwoarz  Mauser!,  du  ghcarst 

sehe  mai. 
66  i  in  Goartn, 
links  und  rechts,  unt  und  obn 
hear   i  mai  Mauserl    iberkll   lohn. 

(Wien.) 

45.  Wenn  sich  die  Kinder  weh  ge- 
than  haben,  so  sagen  sie: 

Haila,  haila  Scgn, 

drai  T&g  Regn, 

drai  Tag  Schnee, 

wänns  hält  tuats  nimma  wd. 

(Stockerau.) 

46.  Wenn  ein  Kind  einem  wehen 
Finger  hat,  oder  sich  an  diesem 
verletzte,  so  sagt  die  Mutter,  der 
Dienstbote  oder  das  Kind  selbst: 

Biba,  bäba, 
schwoaza  K&da, 
gstutzta  Hund 

mkch  den  Finga  wida  gsund^). 
(Spillem.  Grafendorf  bei  Stockerau. 
Pettendorf.  Laa  an  der  Thaya.) 

47.  Wenn  die  Kinder  die  Strauchn 
(Schnupfen)  haben,  so  sagen  die- 
selben y  deren  Mütter ,  oder  die 
Dienstboten : 

Wks  gdt  durchn  Rauchn 
i  schenk  da  mai  Strauchn. 

(Stockerau.) 

48.  Wenn  ein  Kind  etwas  yerloren 
hat,  so  sagt  es: 

Daifl,  Daifl,  tua  dui  Bratzarl  weg, 

sunst   kimmt    da    Engl   und    haut 

das  weg.     (Langcnlois.  Schiltcm.) 

49.  Wenn  von  den  Kindern  eines 
etwas  verschenkt  hat  und  fordert 
es  wieder  zurück^  so   sagen   sie: 

Schenka,  Schenka  nimmagebn, 
Daifi  Hand   und  Fuaß    vabrcnna. 

(Langenlois.) 


50.  Wenn   die  Kinder   etwas   gefun- 
den haben,  sagen  sie: 
Gfundn,  gfundn  widergebn ;  gfundn 
nimmagebn   —  stein    aufghengt. 

(Hof  am  Leithageb.) 

51.  Ermahnung  zum  Schneuzen. 
Schnopfauf 

ziach  d'Uar  auf.  (Wien.) 

52.  Auf  die  Frage  „WasV" 
Was? 

klts  Faß; 

sitzn  drai  Waiber  drinn, 
wissn   net  was; 
ani  tuat  strickn, 
ani  tuat  nän, 
d*&ndri  tuat  'n  Hund 
's  Scbwaferl  ausdrän. 
(Komeuburg.  Grafeudorf  bei  Sto- 
ckerau. Spillem.) 

53.  Was? 

an  älts  F&ß, 

sitzn  drai  Waiba  drinn, 

wissn  net  wks; 

wänns  regnt  weams  n^, 

wänns  schnaibt  weams  waiß, 

wknn  d'Sunn  schaint  weams  trucka. 

[w&nns  gfriail;  wearns  Ais.] 

(Langenlois  u.  Schiltem.  Stockerau.) 

54.  Wenn  ein  Kind  fragt,  was  man 
ihm  schenken,  oder  bringen  werde, 
sagt  man: 

A  goldas  Nixarl 

in  an  silbam  Bixarl.  (Wien.) 

55.  Beim  Essen. 
Amäl  i, 
amM  du, 

amäl  der  Schuastabua; 
hkm  ma  alle  drai  gnua. 

(Stockerau.) 

56.  latzt  wear  i  enk  wks  dazelln: 
vo  der  l&ngn  Elln, 

vo  der  kurzn  Wocha, 

wo  mai  V&da  hkt  a  Fadl  igstocha, 


*)  Diesen  Spruch  sagt  man  übrigens  auch,  wenn    sich  ein  Kind    anderswo  ver- 
letzt hat,  oder  auch,  wenn  es  krank  ist,  dabei  wird  in  der  letzten  Zelle  der  b^tt«^«^^^ 
leidende  Theil,  oder  der  Name  des  Kinde.s  genannt. 


70 


C.  M.  BLAA8 


diar  a  Warst, 
den  a  Warst, 
mir  an  brätna  llksn 
und  den  a  Batzl  af  «rN&sn. 
(Grafendorf  bei  Stockerau.  Spillem. 
Laa  an  der  Thaya.) 

57.  Wenn  Geschichten  erzählt  werden 
und  eine  zu  Ende  ist: 

Di  Geschieht  is  aus; 

ibas  Haus 

rennt  a  Maus. 

hkt  a  röts  Kidarl  a. 

Wem  gßts  ä? 

enk  g^ts  a.  Schmida. 

58.  Beim  Guglbapfspiel. 

Guglhupf  km  Dkch,  wear  schmuzt 
und  wear  lacht,  muaß  Pfanderl 
hear   gebn. 

(Grafendorf  bei  Stockerau.) 

59.  Beim    PfeDnigeiDgeben  -    oder   Ein- 
streichenspiel. 

I  gib  dir  an  Pfenning,    sag  nct 

ja,    net  na,    ntt   schwoarz.    nct 

waiß,  net  Nkdl,  net  Zwiaru  und 

baiß  in  klun  Kind  *n  Kopf  net  a. 

(Grafendorf  bei  Stockerau.) 

60.  Beim  Plumpsackcinstreicben. 
Schauts  enk  net  um, 

Da  Plumps&ck  get  um!      (Wien.) 

61.  Schuistabuiy 

flick  ma  in  Schui! 

Gib  in  Drkt  ar  dazui; 

gibst  in  Dr&t  nit  dazui, 

so  bist  koa  brav^  Schuistabui. 

[pfiart  di  Gott  Schuistabui.] 

(Jetzelfidorf.) 

62.  Charakteristik  der  Schulkinder. 
Erste  Clabse:  Katzen, 
zweite  Classc:   Fratzen, 
dritte  Classe:  junge  Herren, 
vierte  Classe:  alte  Bären.    (Horu.) 

63.  a  b  c  d, 

der  Stock,  der  tuat  am  we. 

(Korneuburg.) 

64.  i   u  e  o  a, 

mai   ßruada  lernt  mas  a. 

(Korneuburg.) 


65.  Klani  Kinda  kinnan  ka  Ktndskoch 
kochn.  (Grafendorf  bei  Stockerau.) 

66.  Hintas  Hklda  Hans!  Hundshittn 
hengan    hundat  Hksnhaidl  hintn. 

(Wien.) 

67.  Wir  Wiener  Weiber  wollen  weiße 
Wäsche  waschen^  wenn  wir  wnß* 
ten,  wo  warmes  Wasser  wäre. 

(Hippersdorf.) 

68.  Moargn  um  di  Zeit 
nimmt  da  Baua  's  Schalt, 
wirfts  unta  d'Lait, 
dXait  unta  d*Hund 
d^Hand  unta  d'Kätzn, 
d'K&tzn  unta  d'Rätzn, 
d*Rktzn  unta  d'Mais. 
d'Mais  unta  d'Lais, 
dXais  unta  dTlS, 

d'Flo  hupfn  alle  in  d*He. 

(Korneuburg.) 

69.  Abendgebet. 

Gottes  Namen  leg  ich  mich  schlafen^ 
in  Gottes  Uand, 
in  Gottes   Hand, 
in  Gottes  Blut, 

daß  mir  der  böse  Feind  nichts  thut. 
Leg  ich  mich  zwischen  das  Bene- 

dicta»krenz; 
neunmal    g*segn*t,    g* wandelt   und 

g' weicht. 
Jesulein,  schließe  mich  ein, 
laß  micb  dir  befohlen  sein. 

(Stockerau.) 

70.  Abendgebet  zu  St,  Veit. 

Heiliger  St.  Veit, 
weck  mich  auf  zu  rechter  Zeit, 
nicht  zu  früh  und  nicht  zu    spat, 
bis  der  Hammer  6   Uhr  schlägt. 

(Stockerau.) 

71.  Zu  St.  Nicolaus. 

Heiliger  Niklo,  frommer  Mann, 
du  kommst  vom  goldnen  Himmels- 
thron 
und  bringst  uns  gar  schöne  Sachen, 
die   schlimmen    Kinder   fromm    zu 

machen. 
Heiliger  Niklo,  kehr  bei  mir  ein, 
will  recht  fromm  und  g'horsam  sein. 

(Wien.) 


NIEDERÖSTERREICHISCUE  KINDERSPRÜCHE  UND  REIME. 


71 


IV.  Abzälil 

72.  An  dau  dua, 
Bchiffi  racka  bua; 
schifH  racka  weni  tacka, 

woia  vvumms.  (Jetzelsdorf.) 

73.  An  dan  dantimns, 
frisch  goi  pampinns, 
auiH  ricka  dacka, 

woia  wumms.  (Jetzelsdorf.) 

7'i.  An  dan  dinus 

sacka  racka  minus, 

sacka  racka, 

dicka  dacka, 

eile  relle  wom. 

12  3, 

du  bist  frei.      (Laa  an  der  Thaya.) 

75.  An  dan  dcti  man, 
wisi  gubian; 
silberracka, 
dicka  dacka, 

buff  nußkern 

außi,  draußt  bist  du.     (Stockcrau.) 

76.  An  dan  dati  man, 
wisi  gubian, 
dicka  dacka 

bu£f  nußkern, 

Hußi,  draußt  bist  du.    (Langenlois.) 

77.  Anige  danige  dickn  dackn, 
petriscbnackn, 

zengn  zengn  Bethlehem; 

schnurri  burri, 

nuß  buff  knoll; 

du   bist  draußt.  iStockerau.) 

78.  Anige  banige,  sirige,  sairige, 
ripete  pipete  knoll.  (Wien.) 

79.  Angl  pangl  I^  das  sign, 
nkchn  Roß  g^t  da   Wlign, 
n&ch  Wagn  g^t  da  Stiar, 
wcar  a  Geld  hkt  braut  a  Biar; 
und  wear   ans   hjtt  bächt  a  Brot, 
und  wear  kans  hkt  is  maustot. 

(Korneuburg.) 
80  Anige  banige  schlkg  mi  net, 
Kraut  und   Ruabn  des  mag  i  net, 
klani  Fischarl  aß  i   gearn, 
kks  nct  hkm  vo  mainen  Heani. 

8T0CKERAU  in  Niederösterreich,  am 


Sprüche. 

[Draußt  ^m  Kuchlbrett 
stet  a  Kkdl  Yolla  M^t; 
trinks  aus,  schnapps  aus, 
groba  Rizl,  du  bist  draußt.] 

(Langenlois.  Tulln.) 

81.  Ini  ani  k, 
kapidani  dk, 
zittrcwelle  zittrewelle, 

trink  trank  tra.  (Spillern.) 

82.  Ini  ani  u, 
kapidani  du, 
zittrawellc  biti'  baff  buff, 
draußt  bist  du.    (Großweikersdorf.) 

83.  Ini  daini   dinud, 
sauaracka  dinus, 
sauarackatas, 

alla  molla  wump.  (Großweikersdorf.) 

84.  Engate  pcngate  zukadme, 
awer  pawer  domine, 

eis  pels  inter  nos, 

wia  waia  won.  (Stockerau.) 

85.  Egede,   begede  zuckerdeme, 
afi,  dafi  domine. 


wix,   wux. 


außi  bist  du  gstutzt.    (Altenworth.) 

86.  Asl   wasl 
domasglasl, 

witz  wutz   [wips  wups] 
außigstutzt. 

(Pettendorf.   Langenlois.) 

87.  Asl   masl 
domasglasl, 
witz   wutz 

außi  dkni  gstutzt. 

(Hof  am  Leithageb.) 

88.  1—9, 

Wirt  schenk  ein, 

Gast  trink  aus, 

du  bist  draußt.  (Langenlois.) 

89.  1  —  9, 

Bua  schenk  ein, 

Bua  schenk  aus, 

dai  Joar  is  aus.  (Neuaigen.) 

weißen  Sonntag  IBTB. 


72      A.  BAIEB,  ÜBEB  HABTHANNS  TOM  AUE  HEIHATH  UND  KBEÜZZOGE. 


ÜBER  HARTMANNS  VON  AUE  HEIMATH  UND 

KREUZZÜGE. 


Die  richtige  Betonung  eines  einzigen  Wortes  erlöst  uns  vielleicht 
von  dem  Streite  über  Hartmanns  Heimath  und  Kreuzzug.  In  dem 
Ereuzlied  nämlich,  welches  anhebt  mit  den  Worten:  „Ich  var  mit  iuwem 
hulden^^  lese  ich  an  der  vielbesprochenen  Saladinsstelle  niemer  (kein 
zweites  Mal  mehr)  statt  der  bisher  üblichen  Lesart  niemer  (nie  in  aller 
Zukunft).  —  Ich  bin  der  Ansicht:  Hartmann  hat  nicht  bloß  an  einem 
sondern  an  zwei  Ereuzzügen  Theil  genommen.  Auf  den  ersten  Ejreua- 
zug  des  Dichters,  den  von  1189 — 1192,  bezieht  sich  das  Ereuslied 
,,Dem  kriuze  zimt  wol  reiner  muot^ ;  auf  diesen  gegen  Saladin  gerich- 
teten Ereuzzug  zurück  beziehen  sich  in  dem  andern,  unmittelbar  vor 
dem  zweiten  Ereuzzug  gedichteten  Liede  die  Worte: 

und  lebte  min  her  Salatin  und  al  sin  her, 

die  'n  brachten  mich  von  Vranken  niemer  einen  vuoz. 

Seinen  ersten  Ereuzzug  hatte  demnach  Hartmann  von  Franken 
aus  unternommen.    Aus  den  unmittelbar  vorhergehenden  Worten: 

nü  seht  wie  s'  mich  üz  roiner  zungen  ziuhet  über  mer 

geht  hervor;  daß  Hartmann  beim  Beginn  seines  zweiten  Ereuzzuges 
(1197)  sich  in  seiner  Heimath  befand.  Aber  folgt  aus  dem  Ganzen 
auch;  daß  Franken  die  Heimath  des  Dichters  ist?  Bei  der  Lesart  niemer 
allerdings;  aber  nicht  nothwendig  auch  bei  der  Lesart  niemer.  Da 
vielmehr  die  Schwabenheimath  Hartmanns  gut  bezeugt  ist  und  auch 
sonst  beachtonswerthe  Gründe  fUr  dieselbe  vorgebracht  worden  sind, 
so  erkläre  ich  mir  unsere  Stelle  so:  Wenn  die  Verhältnisse  noch  die- 
selben wären  wie  beim  ersten  Ereuzzug  des  Dichters,  wenn  jener 
Saladin^  den  Hartmaun  damals  als  einen  beinahe  unbesiegbaren  und 
doch  zugleich  so  hochherzigen  Feind  kennen  gelernt  hatte  noch  mit 
seinem  gewaltigen  Heere  Palästina  verthcidigte,  so  würde  es  unserem 
Dichter  nicht  zum  zweiten  Male  in  den  Sinn  kommen,  ins  hl.  Land 
zu  ziehen,  selbst  wenn  er  noch  in  dem  fremden  Franken  weilte  (vgl. 
auch  die  Äusserung  des  jungen  Gregorius:  ich  'n  wart  nie  mit  gedanke 
ein  Beicr  noch  ein  Vranke);  jetzt  aber  zieht  er  sogar  von  seinem 
Heimathlande  (Schwaben)  weg  nach  Palästina. 

Und  warum?  Gewiß  nicht;  wie  man  allgemein  glaubt,  aus  reli- 
giöser Begeisterung.     Das    zeigt    schon    die  Art,    wie   Hartmann    von 


A.  BIRLINGER,  BAIBISCHE  BESEGNUNQEN.  73 

Saladin  spricht;  so  kann  nur  ein  Dichter  reden ^  der  vom  Olaubens- 
fanatismus  nüchtern  geworden  ist;  und  der  den  Gegner  fürchtet;  ja 
wohl  gar  hochachtet;  oder  genauer  gesagt,  der  den  Gegner  noch  fUrchten 
würde ;  wenn  derselbe  noch  lebte.  Und  in  der  That  hat  denn  auch 
das  ganze  zweite  Ereuzlied;  meines  ErachtenS;  einen  vom  ersten 
grundverschiedenen  Charakter.  Nur  das  frühere  Lied  ist  ein  Lied  voll 
hoher  Gottesminne;  in  dem  späteren  redet  Hartmann  nicht  mehr  von 
himmlischer;  sondern  von  irdischer  Liebe.  Er  hat  vor  dem  Kreuzzug 
einer  von  ihm  verehrten  Dame  sein  Wort  gegeben;  daß  er  sich  dem 
Zuge  anschliessen  werde: 

mich  vienc  diu  minne  und  lie  mich  vam  fif  mine  Sicherheit; 

beim  Beginn  des  Ereuzzuges  erinnert  sie  den  Dichter  an  sein  Ver- 
sprechen : 

nü  hat  si  (diu  minne)  mir  enboten  bt  ir  liebe  daz  ich  var; 

was  der  Haß  gegen  Saladin,  den  Wiedereroberer  von  Jerusalem;  früher 
bewirkte;  aber  nun  nicht  mehr  zu  Stande  brachte  (die  'n  brachten 
mich  etc.)^  das  Iiat  jetzt  die  Liebe  bereits  erwirkt:  Hartmann  ist  durch 
seinen  Eid  verpflichtet,  am  Zuge  Theil  zu  nehmen: 

ez  ist  unwendeC;  ich  muoz  endelichen  dar: 

wie  küme  ich  briche  mtne  triuwe  und  mtnen  eit! 

ADALBERT  BAIER 


BA IRISCHE  BESEGNUNGEN. 

Aus  einer  Papierhandschrift  15.  Jhd.  Pflanzenbuch;    ehemals    Hasslers 

Bibl.  in  Ulm. 


1.  Wer  verstellen  welle  daz  plut  aus  der  nasen:  laß 
das  plut  rinnen  in  ein  ayrschall  vnd  wirffs  in  ein  prinnuntz  fewr  vnd 
prenn  das  so  verstet  es  auch  oder  nymb  das  pluett  vnd  schreyb  da- 
mit an  das  hiem  das  wort  consumatum  est.     S.  126  ff. 

2.  Gegen  Zahnweh:  wil  du  aber  des  zand  wee  schier 
puessen  so  schreib  an  das  wang,  do  dir  we  ist:  des  vaters  und  suns 
vnd  des  heyligen  geisieS;  so  wirt  dir  pass.     S.  73. 

Für  den  zand  wee:  last  ein  mess  sprechen  in  der  heyligen 
kinthaitt  eren  vnd  unsers  Herrn  Jesu  Kristi  des  nagsten  mitichen  dar- 
nach, 80  man  euchs  gelernt  hat  vnd  vast  auch  deu&elb^u  TiiVC\äci^\i  \s£^. 


74  A.  BIRLINOER 

wasser  und  prott  und  stet  selbs  bey  der  messe  vnd  opffert  ain  opffer 
in  den  eren  der  heyligeu  drivaltikaitt  vnd  stcckcht  zu  der  mess  auf 
drew  Hecht  in  den  ern  der  heyligen  dreyen  kttnig  vnd  last  in  der  mess 
ain  collecten  sprechen  in  der  eren  der  heben  Junkfrawen  sand  Appol- 
lonia.     S.  95. 

3.  Wenn  das  weyb  zw  notten  mit  ainem  chindt  get:  so 
leg  diesen  brieflF  auflF  ihren  leyb:  de  viro  vir  virgo  de  virgine  vivat 
leo  de  tribu  Juda,  Maria  (hs.  Martha)  virgo  pepcrit  Xristum.  Elizabeth 
sterilis  peperit  Johannem  Waptistara.  Adjuro  te  infans  per  patrem  et 
filium  et  spiritum  sauctum,  sive  sis  masculus  sive  femina  ut  exeas  de 
ventre  isto  exmamte  exmamte  (?)  also  dann  das  chind  geboren  worden, 
so  sol  man  den  brieff  schier  abnemen.     S.  264. 

4.  Gegen  die  vallundt  sucht:  so  sol  man  nemen  die  schbalben 
auf  dem  nest,  ee  das  sy  auf  das  erdrich  komen  vnd  prech  in  dye 
haupp  herab  vnd  vach  das  pluett  in  ein  messein  pekch  vnd  nem  weiss 
weyroch  vnd  stoss  das  vnd  geuss  das  pluett  darauffvnd  mach  chugel 
davon  vnd  gib  sy  dem  menschen  in  nomine  Patris,  et  Filii  et  Spirituü 
Sancti  vnd  schreyb  zu  derselbm  sucht  die  vcrs  vnd  auch  die  namen 
der  heyligen  dreyen  künig  Caspar ^  Balthasar,  Melichior  an:  hec  si 
quis  secum  portaverit  nomina  regnum ,  solvitur  a  morbo  domini 
pietate  caduca.  Die  vers  sol  man  schreybni  an  ein  briefel  und  sol 
ains  an  den  hals  haben,  ee  das  dy  Suun  auffgee  der  den  siechtumb 
hat.     S.  118. 

5.  Item  ein  bebärte  erzney  für  potigra.  Lass  dir  das  al- 
muesen  einen  bitten  durch  unsers  herren  marter  vnd  seines  heyligen 
plut  willen  vnd  sol  nicht  nemen  noch  sagen  wem  das  sey  vnd  auch 
nur  gelt  vnd  nichtz  anders  nemen  noch  bitten  vnzt  du  hast  auf 
XXXII  d.  beraitt  gelt  vnd  nicht  mer.  lass  dir  aus  den  XVI  d.  machen 
ein  ringerl,  das  trag  albeg  statt  bey  dir  vnd  gib  die  XVI  d.  dem 
goldschmid  zu  Ion  und  sprich  täglich  die  weil  du  lebst :  V  pater  noster 
vnd  V  ave  Maria  unsers  herren  marter  vnd  dem  heiligen  pluet  vnd 
ist  bewärt.     S.  123  ff. 

6.  Von  der  purd.  Das  sol  man  schreybm  auf  pergamen  vnd 
leg  es  der  frauen  auf  die  prust  so  genist  sy  schir  vnd  bekumbt  der 
gepurdt  senftiklich:  de  viro  vir  virgo  de  virgine  Maria,  virgo  peperit 
Kristum;  Elizabeth  sterilis  peperit  Johannem  Waptistam,  vicit  Leo  de 
Tribu  Juda;  adjuro  te  infans  per  patrem  et  filium  et  spiritum  sanctum 
sive  sis  masculus,  sive  femella,  ut  excns  de  vuIva  ista  exmamte  (?)  exi> 
nanice  fiat^  fiat!     S.  129  iF. 


BAIRISCHE  BESEGNUNGEN.  75 

7.  Zue  dem  schlaff  von  Verbena.  Welcher  mensch  verbenam 
pey  im  hat  vnd  beruert  ein  andern  menschen  damit  der  mus  im  hold 
sein  —  der  bedorff  zaubrey(en)  nit  fürchten  vnd  der  verr  woll  reytten 
oder  geen,  der  pindt  verbenam  dem  ross  an  den  hals,  so  wirt  es  nicht 
müen,  wenn  auch  der  alp  treugt  vaucht  man  es  mit  verbenam,  im 
gewirrt  nicht  —  man  will  auch  das  verbena  als  vil  tugent  hab,  als 
vil  sambs  vnd  pleter  sy  hab.     S.  137. 

8.  Für  den  herze  wurm  den  ain  yeder  mensch  hat  und  ma- 
nigs  kachling  daran  stirbt,  so  news  drey  zehen  von  alnem  knob- 
Icich  an  dem  heiligen  Ostertag  des  morgens  nüchter ,  doch  nach  dem 
Gotzdienst  ee  dw  anders  ichz  ist,  so  stirbt  der  wurm  zu  hantt.  S.  140. 

9.  Wen  ain  windiger  hundt  peisst  oder  ain  wolff,  der  sol 
an  dyselbig  stat  nydersitzen  do  er  gepissen  ist  oder  wirtt  vnd  sol 
peichtig  wem  vnd  sol  Gotsleichnam  emphachen,  so  gewirrt  im  vor 
dem  tod  nicht.     S.  128. 

10.  Das  erst  gesiebt.  Ir  solt  nemen  das  hiernn  von  ainem 
Bwarzen  hundt  vnd  auch  seins  hars  vnd  mischt  es  woll  zusamen,  damit 
salbt  ain  tisch  vnd  wer  dorumb  sitzt  bey  dem  liecht,  so  meint  jedes, 
80  es  den  andern  ansiecht  es  hab  ain  eselhaupt,  vnd  wellet  ir  das 
wenden  so  chert  dem  tisch  das  vnder  über  sich  oder  wascht  in. 

Das  ander  gesiebt  (unwichtig). 

Das  dritt  gesiebt.  Kcmbt  ains  huntz  haupt  vnd  aines  hasen 
haupt  (prennen,  pulver  newes  wags,  cherzeu  anzünden  bei  der  nacht) 
so  maint  yederuiann  es  lauffen  hunt  und  hasen  in  der   stuben  u.  s.  w. 

11.  Item  in  allen  frischen  wunden  also:  ir  solt  ncmen  die 
pain  von  dem  osterlamp  vnd  solt  sy  zu  pulver  prennen  in  einem 
newen  haffen  und  darnach  klein  stossen  in  einem  morser  vnd  seyber- 
lich  durch  ein  sib  gefad  vnd  also  sawber  behalten  piss  man  sein  be- 
dnrffe;  es  ist  auch  gut  das  pain  von  einem  jeden  lamp  doch  das  ge- 
segent  ist  das  peste.     S.  159. 

12.  Zu  den  prüchen:  ncmbt  gesegents  speckch,  der  zu  den 
Ostern  geweicht  worden  ist  vnd  altes  schmer,  das  von  einem 
farch  sey  u.  s.  w.     S.  163. 

13.  Von  der  Verbena.  Von  demselbm  kraut  schreybt  uns 
Marco  der  hoch  arzt:  sie  hab  grosse  krafft  an  ir;  wer  sy  nymbt  mit 
wurezen  mittall  vnd  behalt  sey  in  der  handt  vnd  gce  zu  siechen^  das 
der  siech  der  wurezen  nit  inne  werde  vnd  sprech  zu  im:  wie  verstest 
du  dich  zu  dem  leben  oder  wie  gehabst  du  dich?  Spricht  er:  ich  ge- 
hab mich  wol  —  er  genist.  Spricht  er:  ich  gehab  mich  übel,  —  so 
stirbt  er  des  geligers.     Spricht  er  aber:    ich  mag  m\d[v '?^cJÄ.  ^^iiv^^\^ 


76  W.  L008E,  SCHWABENSTREICH. 

oder  paß:  ich  gehabet  mich  gern  wol  mocht  ich  nuer,  so  genist  er. 
Er  mnes  aber  vU  leyden  in  demselbigen  geliger.  D.  Mythol.  2,  1011. 
3,  355. 

14.  Wermut  Item  wer  mit  dem  safft  pücher  schreibt  vnd  das 
sewty  die  essen  dye  meiss  nicht;  man  tut  sy  auch  gern  in  dye  laug 
für  die  milben.     S.  110.  A.  BmLINGER. 


SCHWABENSTREICH. 

Zu  Oermania  13,  76. 


Ein  swabe  hett  ein  frosch  gefangen,  den  fraget  ein  ander  swabe : 
Losa*),  wanna**)  gastha?***)  Ich  gang  aus  dem  haga.  Was  hasch 
gefangen?  Ein  fegele.  Wie  sind  im  die  ougcn  als  root?  Da  hatz  vil  ge- 
wonet  Wie  sind  \m  die  fieß  als  broaytt?  Da  hatz  nye  kein  schuch 
angeloaytt  Wie  ist  es  am  beuch  als  gell?  Do  istz  ein  eytel  schmor, 
Wirffs  ouff,  laß  fliegen!    Got  noain,  ich  wils  unter  eim  krut  versieda. 

Aus  dem  Hausbuch  des  Kaufmanns  Hans  Braun  v.  J.  1472.  Nürn- 
berger Stadtbibliothek.  Schwarz  611  (22).  — Vgl.  Alemannia  H,  254  ff.  und 
Birlinger-Crecelius  Ausgabe  von   des  Knaben  Wunderhom  2,  410  ff. 

DÖBELN.  W.  LOOSE. 


ZUM  COTTONIANUS  DES  HELIAND. 


Herr  E.  M.  Thompson  hat  mit  bekannter  Liebenswürdigkeit  die 
Abweichungen  der  Lesangen  Bartsch's  (Germ.  XXIII,  403  ff.)  von 
meinem  Texte  des  Cottonianus  auf  meine  Bitte  noch  einmal  nachge- 
prüft Hiernach  bestätigen  sich  die  Angaben  von  Bartsch  zu  V.  301. 
313.  505.  513.  795.  804.  823.  2240.  2511.  3211.  3830.  4065;  die  Rich- 
tigkeit der  Angaben  zu  72.  603.  679.  2695.  4388  ergibt  sich  bereits 
durch  meine  erste  Collation.  Zu  V.  1396  höh'"*  holmclibu  bemerkt 
Thompson  ^It  looks  more  like  cen  (d.  h.  in  der  Art  wie  man  heutzutage 
etwa  in  Dänemark  die  cn  zu  schreiben  pflegt,   indem   man  den  letzten 


*)  losä,  imperat.  v.  losen,  horchen. 
*^)  woher,  ahd.  hwanftn,  hwanana,  mhd.  wannen. 
***)  So  bei  Hans  Sachs:  „Der  fragt  mich,  wann  ich  ^icng.  Ich  sagt:  von  Nürn- 
berg her".  Schmeller  II  ^  916. 


E.  SIEVERS,  ZUM  COTTONIANUS  DES  HELIAND.  77 

absteigenden  Zug  des  a  mitten  durch  a-Schleife  zieht),  but  is  yery 
badlj  written.  It  was  first  written  over  the  holm,  then  smudged  with 
the  finger  and  written  over  the  höh,  Not  the  same  band  as  text;  so 
badij  written,  that  I  should  not  like  to  name  a  date,  but  it  is  a  good 
deal  later  than  text'.  Ich  glaube  mich  zu  erinnern,  daß  mir  das  über- 
gesetzte Wort  den  Eindruck  eines  ganz  modernen  Zusatzes,  etwa  aus 
dem  XVIL  oder  XVIII.  Jahrhundert  machte  und  ich  habe  deshalb 
wohl  keine  Bemerkung  in  meine  Collation  eingetragen.  Die  von  Thomp- 
son angegebene  Form  des  ersten  Buchstabens  bestätigt  diese  Auffassung. 
Übersehen  kann  ich  das  Wort  nicht  haben,  da  in  meiner  Collation  das 
von  Heyne  per  conjecturam  ergänzte  [an]  ausdrücklich  getilgt  ist.  — 
Zu  V.  1808  wo  Bartsch /flw^^BTO  las,  während  ich  anmerkte,  daß  fastaro 
mit  Correctur  des  letzten  a  aus  o  stehe,  bemerkt  Thompson:  'I  think 
he  first  wrote  an  o  and  then  altered  it  to  the  ugly  thing  you  see  below 
(folgt  Abbildung,  die  ganz  zu  derjenigen  stimmt  die  in  meiner  Collation 
eingetragen  ist).  I  suspect  he  means  it  for  a/  —  Zu  V.  1566  läßt  ß. 
mit  Bl.  45*  eine  neue  Hand  beginnen,  während  Th.  sie  für  dieselbe  hält 
wie  die  frühere :  *A  new  quire  begins  and  the  writing  is  rather  larger, 
but  the  same  band  no  doubt*.  Übereinstimmend  mit  mir  liest  femer 
Thompson  V.  162  ala  \  luvgan  ('a  long  i*),  und  2534  8ted\  nach  seiner 
Facsimilezeichnung  erklärt  sich  Bartsch's  Lesung  stced  leicht,  indem 
t  und  e  80  zusammengeschrieben  sind  daß  eine  «-ähnliche  Form  ent- 
steht. V.  879  hat  die  Hs.  wirklich  ginahid,  2242  Sdd  mit  Accent,  1699 
steht  gihulicon  (gehuHcon  Bartsch,  gihuilicon  Sievers).  Endlich  sind  5044 
die  Worte  handcrafti  thie  viann  fan  is  nicht  in  der  Hs.  wiederholt; 
Schmeller  selbst  hat  seine  Angabe  bereits  II,  VI  col.  3  zu  154,  1  zum 
Theil  widerrufen.  Der  Fehler  erklärt  sich,  wie  mir  Thompson  bemerkt, 
aus  der  Stellung  der  Wörter  in  der  Hs. 

endi  fan  is  handcrafti  Thie  mann 
fan  is  megine  That  etc. 

An  einigen  Stellen  berichtigt  Bartsch  Versehen  meines  Textes, 
die  von  mir  selbst  bereits  corrigiert  waren;  so  hdbda  1028  S.  541, 
Z.  5;  36*  V.  1236,  S.  542  unter  'Druckfehler*,  wohin  die  Berichtigung 
gehörte;  die  Blattbezeichnung  76*  in  V.  2713  steht  in  der  Collation 
S.  541,  Z.  10  V.  u.,  und  die  Varianten  zu  5644  sagen  ganz  dasselbe 
aus  wie  Bartsch*s  Anmerkung. 

Auch  in  den  kritischen  Bemerkungen  wendet  sich  Bartsch  einige 
Male  ohne  Grund  gegen  mich,  da  wir  beide  übereinstimmen.  Bei  V.1600 
deutet  ja  das  Kreuz  in  M  nach  meiner  Angabe  S.  542  ausdrücklich 
an,  daß  ich  die  Ursprünglichkeit  von  Pater  noster  bezweifle.     1750  ist 


78  LITTERATUR:  H.  OSTHOFF,  DAS  VERBUH  ete. 

That  in  C  nach  Bartsch  unzweifelhaft  das  richtige;  ebenso  sagt  meine 
Anmerkung  zu  dem  Verse  S.  517  'ihat  C  ist  vorzuziehen,  s.  Behagbel, 
Germ.  XXI,  145  f.'.  Ebenso  deckt  sich  die  Bemerkung  Bartsch's  zu 
V.  2612  inhaltlich  mit  meiner  Anmerkung  auf  S.  521,  wo  auch  der 
Punkt  in  der  Hs.  erwähnt  ist 

Zum  Schlüsse  erwähne  ich  noch,  daß  alle  Bemerkungen  Bartsch'» 
tlber  Zeilenschlüsse  und  Schreibungen  der  Hs.,  die  sich  nicht  auf  wirk- 
liche Differenzen  von  mindestens  einem  Buchstaben  beziehen,  mit  meinen 
eigenen  Notaten  sich  decken,  so  daß  wir  also  nun  hoffen  dtLrfen  eine 
ziemlich  definitiv  gesicherte  Lesung  der  Handschrift  zu  besitzen. 

JENA,  7.  December  1878.  E.  SIEVERS. 


LITTERATUR. 


H«  Oithoff.  Das  Verbam  in  der  Nominal-Composition  im  deatschcD,  griechischen, 
slavischen  und  romanischen.  Jena,  1878.  XVI.  372. 

Im  vorliegenden  Werke  stellt  der  Verfasser  sich  die  Aufgabe,  die  Zusam- 
mensetzungen der  im  Titel  genannten  indogerm.  Sprachen,  in  deren  ersten  Theilen 
man  bisher  meist  Verba  zu  sehen  gewohnt  war,  aufs  neue  zu  untersuchen.  £• 
sind  das  solche  Coropositionen,  wie  Bethaus,  tpsgi-xagnogy  vruto-glaTii,  porte- 
feuillc,  in  deren  vorderen  Gliedern  fiir  unser  Sprachgefühl  etwas  Verbales 
steckt,  sei  es  nun  als  unbestimmter  Begriff  des  Zeitwortes ,  sei  es  als  partiei- 
piales  nomen  agens,  sei  es  endlich  ab  Imperativ  gedacht,  wie  verschiedene 
Forscher  annahmen.  Durch  seine  Untersuchung,  der  ein  reichhaltiges  Material 
der  einschlagenden  Bildungen  zu  Grunde  liegt,  und  die  dieses  in  historischer 
und  vergleichender  Methode  durchforscht,  kommt  der  Vf.  zu  dem  Ergebnits, 
daß  in  allen  genannten  Sprachen  von  ursprünglicher  Zusammensetzung  mit  ver- 
balen Vordergliedem  keine  Rede  sein  kann,  und  daß,  wenn  im  historischen 
Verlauf  die  Sprache  wirklich  Verbalstämme  zur  Bildung  von  Zusammensetzungen 
verwendet,  dies  als  eine  Verirrung  vom  eigentlichen  Wege  zu  betrachten,  zu- 
gleich aber  als  ein  bequemes  Mittel  zur  Scha£[ung  neuer  einheitlicher  Aus- 
drucke für  zwei  Begriffe  den  Sprachen  von  großem  Gewinn  ist 

Wie  weit  es  dem  Vf.  gelungen  ist,  den  Leser  von  der  Wahrscheinlich- 
keit seiner  Ansicht  auch  in  Betreff  der  anderen  Sprachen  zu  überzeugen,  hat 
infofern  fiir  die  Besprechung  seines  Werkes  in  dieser  Zeitschrift  keine  Beden* 
tung,  als — mit  einer  spater  zu  erwähnenden  Ausnahme  —  die  behandelten  Com- 
Positionen  nicht  in  proethnische  Zeit  hinaufragen,  der  Beweis  also  für  die  Rich- 
tigkeit seiner  Ansicht  in  Hinsicht  der  Composition  einer  Sprache  durchaus 
nichts  beweisendes  für  die  Annahme  einer  gleichartigen  Entstehung  der  ent- 
sprechenden Zusammensetzungen  in  einer  anderen  Sprache  hat.  So  können  wir 
hier    den   ersten  Abschnitt   des  Werkes   einer   gesonderten  Betrachtung  unter- 


LITTERATÜR:  H,  09TH0FP,  DAS  VERBÜM  etc.  79 

ziehen,  der  die    deutschen  Nominalcomposita   mit   verbalem  ersten  Qliede    von 
Seite  10—136  bebandelt. 

Nach  einigen  Vorbemerkungen  fii^irt  uns  der  Vf.  historisch  durch  die 
einzelnen  deutschen  Dialekte  durch  und  behandelt  dann  in  zwei  gesonderten 
Abschnitten  das  Vorkommen  von  Verben  in  Compositionen  mit  den  ursprüng- 
lichen Nominibus  bar,  haft  u.  s.  w.  und  die  sogenannten  Imperativnamen.  In 
den  ersteren  Abschnitten  bandelt  es  sich  um  Bildungen  wie  Bet- haus,  Schreib- 
feder, also  —  um  mich  der  Terminologie  L.  Schröders  zu  bedienen  —  um 
Komposita  immutata,  während,  wie  wir  sehen  werden,  die  zuletzt  besprochenen 
Imperativnamen  zu  den  mutatis  zu  rechnen  sind.  In  Betreff  der  ersteren  nun 
hat  0.  zur  Evidenz  nachgewiesen,  daß  diese  Art  der  Bildung  relativ  sehr  jung 
ist,  gotisch  noch  gar  nicht  vorkommt  und  erst  nach  und  nach  den  Umfang  er- 
reicht hat;  den  sie  heute  einnimmt.  Im  Gotischen  sind  es  zwei  Wörter,  die 
in  den  Verdacht  kommen  konnten,  ein  verbales  Element  in  ihren  ersten  Glie- 
dern zu  enthalten ,  nämlich  thiuthi-qissa-  und  vinthi-skaurön-,  in  denen  man 
die  Verba  thiuthjan  und  *vinthjan  vermuthen  könnte,  aber  ebensoviel  Anspruch 
darauf,  erster  Bestandtheil  dieser  Wörter  zu  sein,  haben  vorauszusetzende  Sub- 
stantive *thiuthi-  oder  *thiuthja-  und  *vinthi-  oder  *vinthja-  nach  der  Analo- 
gie von  mati-balgi-  und  naudi-bandjä-,  die  wir  mit  0.  lieber  mit  mati-  und 
uaudi-  uns  zusammengesetzt  denken,  als  mit  dem  Stamme  von  matjan  und  nauth- 
jan.  Wären  wir  aber  gezwungen,  in  vinthi-  und  thiuthi-  die  Stämme  der  Verba 
vinthjan  und  thiuthjan  anzunehmen,  so  hätten  wir  in  ihnen  schon  den  jbesten 
Beweis,  der  freilich  aus  dem  ahd.  Material  mit  mehr  Sicherheit  zu  führen  ist, 
wie  die  Sprache  dazu  kam,  verbale  Stämme  als  Vorderglieder  von  Zusammen- 
setzungen zu  gebrauchen.  Die  formale  Gleichheit  solcher  Stämme,  wie  einer- 
seits der  Substantive  mats,  nautlis,  andererseits  der  Verba  matjan,  nauthjan, 
verführte  das  Sprachgefühl,  „Neubildungen  zu  wagen,  bei  denen  unmittelbar' 
ein  verbaler  Stamm  als  erstes  Glied  einer  Nominalcomposition  verwendet  ward". 
Das  wird  aus  den  anderen  Dialekten  klar,  die  ein  größeres  Material  zur  Be- 
urtheilung  bieten.  Nach  des  Vf.s  Ausführung  verbieten  uns  die  noch  voll  er- 
haltenen Ableitungsvocale  ö  und  e  der  schw.  Verba  auf  ön  und  Sn,  in  ahd. 
Wörtern  wie  beta-hüs,  spila-hüs  oder  wie  fasta-tac,  klebe-tuoch  die  ersten  Glie- 
der von  den  Verben  beton,  spildn^  fasten  und  kleben  zu  sehen,  statt  deßen 
bieten  sich  ganz  ungezwungen  Substantive,  wie  beta,  spil,  festa,  kleb  zur  Er- 
klärung, die  lautlich  und  begrifflich  nichts  zu  wünschen  übrig  läßt.  Nur  die 
Frage  kann  ich  hier  nicht  unterdrücken,  warum  die  Verba  auf  ön  oder  en  in 
der  Composition  durchaus  die  langen  Vocale  ö  und  e  hätten  zeigen  muß  en? 
Die  Ableitungen  got.  vratodu  ,  ahd.  dionost,  got.  libaini-  beweisen  nichts  da- 
gegen, daß  in  der  Zusammensetzung,  die  doch  ihre  eigenen  Gesetze  hat,  jene 
langen  Vocale  verkürzt  werden  konnten ;  z.  B.  got.  qinön-  wird  in  der  Com- 
position zu  qina-.  Trotz  der  zu  schw.  Verben  auf  jan  gehörigen  altgermani- 
schen Abstractbildungen  auf  ini-  (Osth.  S.  31),  die  durch  die  Vergleiche  mit 
lat.  und  gr.  verwandten  Ableitungen  an  Bedeutsamkeit  gewinnen,  zeigt  das  Ver- 
balthema dieser  Verba,  sobald  es  im  ersten  Theile  von  Zusammensetzungen 
steht,  kurzen  Vocal,  warum  sollte  also  auch  den  Verben  auf  du  und  §n  eine 
Verkürzung  nicht  erlaubt  gewesen  sein?  Wir  müßen  uns  begnügen  mit  dem 
Eingeständniss,  nicht  zu  wißen,  wie    etwa  von    der  Sprache  die  Verbalstämme 


80  LITTERATUR:  H.  OSTHOFF,  DAS  VERBUM  etc. 

von  Verben  auf  6n  und  Sn  behandelt  w&ren,   wenn  sie   schon   das  Bedfirfiu« 
gefühlt  hätte,  sie  xor  Bildung  Ton  Compositen  xü  verwenden. 

Der  Umstand  y  daß  jene  Compositionen  sich  ohne  Zwang  als  in  ihrem 
ersten  Gliede  aus  Substantiven  bestehend  auffaßen  laßen ;  verbanden  mit  der 
Thatsache,  daß  das  Gotische,  die  oben  erwähnten  xweifelhaften  Fälle  abge- 
rechnet, die  Zusammensetsug  mit  verbalen  Stämmen  nicht  kennt,  genügt  schon, 
Wörter  wie  beta-hüs  außer  allem  Zusammenhang  mit  dem  Verbalstamm  von 
beton  zu  laßen. 

O.  führt  dann  die  ahd.  Zusammensetsungen  auf,  die  wie  die  got.  mati- 
balgi- ,  nauthi  -  bandjft-  eine  zweifache  Möglichkeit  der  Erklärung  gewähren, 
indem  ihr  erster  Theil  der  Bedeutung  nach  entweder  das  Thema  eines 
Substantives  der  i-,  ja-,  ja-  (od.  i-)  decl.  oder  eines  Verbums  auf  jan  seiii 
kann.  Daran  schließen  sich,  im  Verhältniss  zu  dem  vorhergehenden  in  geringerer 
Zahl  vorhanden,  die  Wörter,  die  nur  die  Zusammensetzung  mit  dem  Verb  er- 
lauben, da  zugehörige  Substantiva  fehlen,  und  im  Gegensatz  dazu  diqfenigen, 
die  nur  eine  Erklärung  durch  Annahme  eines  Substantivs  als  ersten  Gliedes 
finden.  Offenbar  sind  diese  die  ursprunglichen  Bildungen,  jene  mit  verbalem 
Vordertheil  die  nachgebildeten.  Von  S.  66  an  folgt  dann  die  Betrachtung  der 
Wörter,  in  deren  erstem  Theile  unser  Sprachgefühl  st.  Verbabtämme  sehen 
möchte  [wie  scelt-wort];  die  genauere  Prüfung  ergibt  dann  aber,  daß  in  den 
allermeisten  Fällen  das  erste  Glied  seine  Erklärung  auch  durch  einen  Sab- 
stantivstamm  finden  kann,  und  diese  Erklärung  ist  vom  historischen  Standpunkte 
aus  die  einzige  richtige.  —  Sind  der  ahd.  Zusammensetzungen  nur  erst  wenige, 
deren  Erklärung  mit  Nothwendigkeit  einen  Verbalstamm  als  ihren  ersten  Be« 
standtheil  erheischte,  so  nimmt  im  mhd.  (S.  86)  und  nhd.  (S.  9i)  die  Zahl 
solcher  Composita  überhand,  da  der  Wegfall  des  zwischen  den  Vocalen  des 
Stammauslauts  der  Anfangsglieder  früher  herrschenden  Unterschiedes  die  Mög- 
lichkeit gewährte,  jetzt  lautlich  mit  Nominalstämmen  übereinstimmende  Verbal- 
stämme zur  Nachbildung  der  schon  vorliegenden  Compositionen  heransoziehen. 
So  sehr  überhand  nehmen  die  mit  verbalem  ersten  Tb  eil  zusammengesetzten 
Wörter  im  nhd.,  daß  trotz  der  Möglichkeit,  das  erste  Glied  substantivisch  anf- 
zu&ßen ,  unser  Sprachgefühl  vorwiegend  den  Thätigkeitsbegriff  in  ihnen  sa 
sehen  meint;  unterstützt  wird  dies  Gefühl  durch  das  Absterben  und  Veralten 
mancher  Substantive,  oder  durch  ihr  Ausweichen  in  andere  Declinationsweisen, 
wodurch  ihre  Form  von  der  in  der  Composition    erscheinenden    sich  entfernte* 

In  gleicher  Weise  geht  0.  der  Reihe  nach  das  as.  ags.  und  an.  durch, 
um  zu  zeigen,  wie  auch  in  diesen  Dialekten  erst  durch  das  völlige  lautliche 
Zusammenfallen  von  Nominal-  und  Verbalstämmen  den  letzteren  der  Weg  ge- 
bahnt wurde,  zunächst  sich  als  erste  Glieder  von  Compositionen  im  Sprachge- 
fühle festzusetzen,  dann  weiterschreitend  selbständig  solche  Zusammensetzungen 
zu  bilden. 

Der  sich  daran  schließende  Abschnitt  (S-  112)  zeigt  uns,  wie  in  ähn- 
licher Weise  an  die  Stelle  von  Substantiven  Verbalstämme  treten  konnten, 
nachdem  die  ursprünglich  selbständig  als  zweite  Glieder  in  Nominalzusammen- 
setzungen  auftretenden  Nomina  -bar,  -haft,  -lieh,  -los,  -sam  zu  suffixartigen 
Silben  sich  abgeschwächt  hatten.  Der  lautliche  Zusanmienfall  vom  Nomen  dank 
mit  dem  Verbalstamm  dank  ermöglichte  neben  und  nach  der  Analogie  einer 
Bildung   wie   dank-baere  eine  Composition  hel-baere,    in  der  nun  wegen  des 


UTTERATÜR:  H.  OSTHOFF,  DAS  VEBBUH  etc.  81 

rerbalen  ersten  Theils  das  urspr.  nominale  baere  zn  der  Bolle  eines  primären 
Wortbildongselementes  herabsank.  Gleicher  Weise  verläuft  die  Entwickelung 
der  anderen  genannten,  für  unser  Sprachgefühl  nar  noch  als  primäre  Bildungs- 
silben existierenden,  ursprünglich  als  zweite  Compositionsglieder  verwendeten  No- 
mina. An  dem  lat.  Suffix  do-  wie  in  lücido-,  das  aus  der  Wurzel  dd  seinen 
Ursprung  haben  soll,  versucht  0.  im  Anschluß  an  das  Vorhergehende  eine 
ähnliche  Entwickelung  au  zeigen;  da  sei  erst  an  Nominalstämme,  wie  in  morbi- 
do-  an  morbo-,  in  frigi-do-  an  frigor-,  in  candi-do-  an  candör-  getreten^  und  da 
neben  diesen  meistentheils  Yerba  auf  dre  lagen,  aus  denen  das  Sprachgefühl, 
für  welches  die  Herkunft  des  da  schon  dunkel  geworden  wäre^  jene  Bildungen 
auf  do-  auch  vermittels  eines  primären  Suffixes  hätte  herleiten  können,  so  sei 
endlich  wirklich  das  vollwichtige  da  zur  einfachen  Bedeutung  eines  primären 
Bildungsmittels  herabgesunken^  mit  dem  z.  B.  vali-do-  aus  dem  Verbum  valdre 
direct  abgeleitet  sei. 

Der  letzte  den  deutschen  Zusammensetzungen  gewidmete  Abschnitt  be- 
schäftigt sich  mit  den  sog.  Imperativnamen,  beßer  Satznamen  genannt,  da  diese 
Namen  mit  dem  Imperativ  ursprünglich  gar  nichts  zu  thun  haben.  Es  sind 
zum  Theil  Appellativa  wie  Wendehals,  Wagehals,  theils  Eigennamen  wie  Schlichte- 
groU,  Suchenwirt.  Osthoff  bringt  diese  Kategorie  von  Zusammensetzungen  in 
engste  Verbindung  mit  den  zuvor  behandelten  wie  Bethaus.  Er  sieht  in  Bil- 
dungen wie  Wendehals  nicht  ursprüngliche  Bahu-vrihis^  sondern  Karmadhärayas, 
aus  denen  erst  durch  metaphorische  Anwendung  possessive  Compositionen  ent- 
standen. Wendehals  ist  ihm  ursprünglich  ein  'Hals  zum  Wenden'  wie  an.  hengi- 
kjöptr  ein  Hängekiefer.  Aus  ihnen  entstanden  dann  die  Bezeichnungen  für 
Personen:  Wendehals  =  jemand,  der  einen  Hals  zum  Wenden  hat,  also  Bahu- 
vrlhizusammensetzung.  Die  Sprache  ging  dann  noch  weiter,  indem  sie  den  ersten 
Theil  solcher  Zusammensetzungen  Imperativisch  auffaßte  und  nun  ganz  den 
griechischen  Bildungen  wie  ^BQixuQjcog ;  'OQ6tko%oq  entsprechende  Namen 
schuf:  Suchenwirt,  Fürchtegott ,  die  sich  als  umgekehrte  Tatpurushas  zeigen, 
indem  das  zweite  Glied  sich  immer  als  Object  zum  ersten  verhält.  Zuletzt 
traten  an  die  Stelle  dieser  Objecto  auch  adverbiale  Bestimmungen  wie  in  Kehr- 
wieder,  Springinsfeld,  und  Zusammensetzungen  ganz  jungen  Ursprungs  wie  Ver- 
gißmeinnicht haben  dann  dieser  ganzen  Klaße  den  Namen  Imperativnamen  zu- 
gezogen. 

Hierbei  mochte  ich  aber  doch  verschiedenes  bemerken,  das  Osthoffs  Er- 
klärung als  weniger  gesichert  erscheinen  laßen  dürfte.  Entschieden  geht  0.  zu 
wdt^  wenn  er  alle  Bahuvrihis  (auch  die  anderer  Sprachen)  auf  Metaphern  be- 
ruhen läßt.  Er  entkleidet  sie  dadurch  ganz  und  gar  ihres  adjectivischen  Charak- 
ters, den  sie  doch  im  altiodischen,  griech.  u.  s.  w.  überall  aufs  deutlichste  zur 
Schau  tragen.  Während  man  sonst  die  Bahuvrihis  als  die  ältesten  und  eigen- 
thümlichsten  indogerm.  Compositionen  betrachtet,  läßt  0.  sie  aus  substantivi- 
schen Karmadhärayas  entstehen,  indem  sie  nach  seiner  Meinung  appositiooell, 
nicht  attributiv,  zu  anderen  Substantiven  traten.  Er  übersetzt  demnach  das  gr. 
%QV66^QOVog"HQfi  mit:  der  Goldthron,  Hera;  TgandÖBg  ßadiixoknoi  die 
tiefen  Busen,  die  Troerinnen.  Dann  müßte  auch  ^Ad^vr^  TtoXvßovkog  heißen: 
Athene,  die  vielen  Räthe;  während  hier  doch  gar  nicht  zu  verkennen  ist,  daß 
aus  ßovJii^  in  Verbindung  mit  noXv-,  trotz  des  daucbenstehenden  AdTiVri  und 
troti  des  weiblichen  Geschlechtes  von  /SovAi],  die  Fcmmvu^xidaii^^  N^\«OKai^^\A-k 

emCANU.  Nm#  Ssihe.  IIJ.  (JJIV.  J^hrg.)  ^ 


82  LTTTERATÜB:  H.  OSTHOFF,  DAS  VERBUH  ete. 

ein  Adjectiv  auf  og  geworden  ist.  Für  die  Formen  nokvßovXoSf  JiBVXcilBVOg 
mit  männlichen  Endungen  reicht  znr  Erklärung  die  Berufung  auf  die  Analogie 
Ton  ßa^xoXxog  schwerlich  aus.  Auch  die  ältesten  deutschen  Bahurrihis 
sind  deutliche  Adjectiye:  hauh-hairts,  arma-hairts,  denen  man  sonst  ja  lieber 
die  schwache  Grundform  des  Substantivs  hätte  laßen  können:  hauh-hairto; 
und  wie  will  0.  das  Adjectiv  tvalib-vintrus,  zwölQährig,  übersetzen?  Tarth  tra- 
libylntrus  (Luc.  2,  42)^  er  wurde  ein  Zwölfwinter?  Nein,  die  Bahuyrfhis  bleiben 
adjectivische  Zusammensetzungen,  wie  sie  es  von  Anfang  an  waren ;  und  laßen 
einige  wie  hengi-kjöptr  oder  Wendehals  eine  Umdeutung  aus  einer  Kanna- 
dh&raya-  in  eine  Bahuvrihizusammensetzung  durch  Metapher  möglich  erscheinen , 
so  doch  nicht  die  von  0.  selbst  erwähnten  Fürchtegott  u.  s.  w.  (S.  134  oben), 
^auf  welche  die  bahuvrihische  Auffaßung  nun  nicht  mehr  verwendbar  ist^.  Da- 
mit erklärt  sie  0.  durchweg  für  Nachbildungen.  Wenn  auch  diese  Art  der  Zusam- 
mensetzung, in  der  das  erste  Glied  als  nomen  agens,  das  zweite  als  daTon  ab- 
hängiges Object  erscheint ,  in  der  Literatur  nicht  sehr  früh  anzatreffeo 
ist  —  diese  Namen  gehörten  wohl  immer  dem  niederen  Volksleben  an  —  so 
scheinen  sie  doch  altgermanisches  Sprachgut  zu  sein ;  oder  sollte  Shakespeare 
und  andere  englische  Namen  der  Art  auf  französische  wie  Taillefer  zuruekza- 
fuhren  sein?  An  Bedeutung  gewinnen  sie  noch  durch  die  griechischen  paral- 
lelen Bildungen  wie  tpsgi-xagnog  oder  OQ6i'ko%og.  Spuren  dieser  „umge- 
kehrten Tatpurushas**  finden  sich  ja  auch  im  altindischen;  es  scheint  mir  dar- 
um räthlicher,  sie  von  den  übrigen  von  0.  behandelten  „immutatis^  (nach 
Schroeders  Terminologie)  zu  trennen  und  in  ihrem  ersten  Theile  nomina  agen- 
tis  zu  suchen.  Wie  lange  die  Sprache  sich,  trotz  solcher  abgeirrter  Bildungen 
wie  Vergissmeinnicht,  noch  sträubte,  im  ersten  Theile  Imperative  zu  sehen,  zeigt 
das  von  0.  (S.  136)  erwähnte  friätte-g6m. 

Über  einzelne  Punkte  ließe  sich  noch  streiten,  so  z.  B.  über  die  Her- 
leitung von  liche-steini  Polierstein,  und  lichdn  aus  *lichi  =  an.  l^ki,  species, 
forma,  figura  (S.  21);  vielleicht  gehört  dies  Yerbum  zu  lat.  Idvi-,  vgL  ahd. 
zeihhur,  ags.  täcor  zu  lat.  Idviro* ;  bei  got.  hulistra-  (S.  30)  ist  doch  das  ohne 
Umlaut  gebildete  ags.  heolstor,  nhd.  holster,  zu  berücksichtigen,  wodurch  das 
got.  i  an  Bedeutung  verliert.  Das  S.  35  erwähnte  adj.  spuri-halz  kann,  da  es 
von  Pferden  gebraucht  wird,  nicht  gut  |,zum  spüren  lahm''  heißen;  spur  muß 
etwa  Tritt  bedeutet  haben,  vgl.  got.  spaurdi-,  von  einer  deutschen  Wurzel  *spar, 
treten.  Auf  S.  54  ff.  wird  in  einer  Anmerkung  das  lateinische  pecu  mit  seinen 
Nebenstämmen  besprochen.  Aus  einem  masc.  *pecus  hat  sich  nach  O.'s  Mei- 
nung mit  Rücksicht  auf  das  Geschlecht  von  ovis  ein  fem.  pecüs  entwickelt, 
und  um  sich  einer  femininen  Declination  auf  -us  anzuschließen,  entschied  es 
sich  für  die  Analogie  von  laus,  frans  mit  dem  genitiven  laudis,  frandis,  statt 
wie  man  erwarten  könnte  für  die  von  palus  oder  virtus,  wegen  —  der  Quan- 
titätsverschiedenheit. Ist  denn  die  Verschiedenheit  der  Quantität  zwischen  pecua 
und  fraus  geringer,  als  zwischen  pecus  und  palus?  oder  erkannte  das  schlaue 
pecus  in  dem  Diphthong  au  ab  zweiten  Theii  ein  li  ?  Aber  warum  blieb  pecus 
nicht  in  der  u-  Declination,  wo  es  doch  auch  Feminina  wie  manus  gab?  Hier 
scheint  mir  denn  doch  das  Streben,  vorderhand  unerklärbare  Formen  durch 
Anlehnung  oder  Association  zu  erklären,  zu  weit  getrieben.  Begnügen  wir  uns 
doch  mit  dem  Nebeneiuanderliegen  zweier  Stämme  pecu-  und  pecud-,  von  denen 


LTTTERATUB:  O.  BEHAOHEL,  DIE  ZEITFOLGE  D.  ABHÄNGIGEN  BEDE.      83 

letiterer  eine  größere  Beachtung  verdient;  als  ihn  so  ohne  Zwang  als  Nenbil- 
dnng  aafznfaßen. 

Zn  S.  65.  Ein  altgermanisches  salja-  anzusetsen,  erlauben  trotz  des  lat. 
solio-  und  des  von  Fick  III^  320  angef&hrten  an.  gpl.  selja  die  as.  an.  u. 
ahd.  Formen,  die  auf  ein  sali-  hinweisen,  nicht.  —  Die  schon  vorhin  erwähnte 
Ansicht  über  das  Su£Pix  do-  in  lücido-  u.  s.  w.  halte  ich  für  nicht  sehr  ein- 
leuchtend; die  angeführten  Sanskritcomposita  wie  artha-da-,  jala-da-  u.  s.  w. 
enthalten  in  ihrer  Bedeutung  freigebig ,  wassergebend  u.  s.  w.  wirklieh  einen 
Reflex  des  zweiten  Gliedes;  außerdem  liebt  das  Sanskrit  solche  Zusammen- 
setzungen mit  der  reinen  Wurzel  wie  jala-p!  u.  s.  w.,  die  das  Latein  gar  nicht 
kennt  Wo  ist  aber  in  lucidus,  morbidus,  solidns,  eine  Spur,  daß  in  dem  do- 
einst  eine  lebendige  Wurzel  gesteckt  haben  könnte?  Da  scheint  mir  die  Be- 
rufung auf  die  durch  häufigen  Gebrauch  abgegriffene  Münze  und  auf  das  aus 
biri  entstandene  deutsche  bar  nicht  auszureichen,  um  die  lateinischen  Wörter 
von  ihren  Verben  loszureißen^  so  ansprechend  sonst  die  Parallele  zwischen  jenen 
deutschen  zu  Suffixen  verblaßten  bar,  haß  u.  s.  w.  und  einem  lat.  aus  Wurzel 
da  entstandenem  Suffix  do-  wäre. 

Doch  genug!  Wie  das  eben  gesagte  zeigt,  enthält  die  Arbeit  Osthofis 
mancherlei  neue  und  interessante^  aber  nicht  unmittelbar  zu  dem  Gegenstande 
in  Beziehung  stehende  Gedanken ;  es  wird  dadurch  die  Ausführung  des  eigeni- 
liehen  Themas  noch  mehr,  als  es  schon  durch  die  allzu  behagliche  Breite  des 
Stils  geschieht,  zu  ermüdender  Länge  ausgedehnt;  gewiß  nicht  zum  Vortheil 
des  sonst  sehr  klar  geschriebenen  Werkes,  das  sich  durch  Correctheit  des 
Druckes,  sowie  genaue  Indices  zu  allen  Theilen  in  angenehmer  Weise  aus- 
zeichnet 

DORPAT,  9.  Min  1878.  W.  SCHLÜTER. 


Die  Zeitfolge  der  abhängigen  Rede  im  Deutschen  von  Dr.  0.  Behaghel. 
Paderborn^  Druck  und  Verlag  von  F.  Schöningh  1878. 

Der  VerfEtfser  spricht  im  Eingang  von  dem  Erwachen  der  syntaktischen 
Studien,  zu  welchen  er  schon  in  seiner  Schrift  „Die  Modi  im  Heiland*  Pader- 
born 1876,  einen  tüchtigen  Beitrag  geliefert  hat,  und  zeichnet  in  kurzen  Zügen 
richtig  die  Methode,  nach  welcher  die  Vorarbeiten  zu  einer  historischen  deut- 
sehen Syntax  anzulegen  sind.  Er  selbst  will  in  der  vorliegenden  Schrift  ge- 
schichtlich die  Art  und  Weise  darstellen,  wie  der  Conjunctiv  des  Präsens  und 
Präteritum  in  der  abhängigen  Rede  verwendet  werden,  wobei  er  den  letzteren 
Begriff  etwas  weiter  als  im  gewöhnlichen  Sinne  nimmt,  so  daß  auch  Object- 
sätscy  die  von  Verba  sentiendi  abhangen,  und  Adverbialsätze  in  den  Bereich 
der  Darstellung  hineingezogen  werden.  Diese  Erweiterung  des  Begriffes  ab- 
hängiger Rede  ist  vielleicht  formell  nicht  ganz  zu  rechtfertigen,  wohl  aber 
materiell,  da  ein  Gesetz  der  Zeitfolge,  wenn  es  überhaupt  existiert,  an  Unter- 
schieden von  jener  Art  keine  Gränze  finden  kann.  Zunächst  hält  sich  aber 
der  Verf.  an  den  gewöhnlichen  engem  Begriff,  wenn  er  (p.  6 — 18)  sprach- 
vergleichend die  allmähliche  Entstehung  der  oratio  obliqua  aus  der  directa 
durch  das  Mittelglied  einer  Redeweise  zu  erklären  sucht,  in  welcher  nur  Vec- 
der  Person,  noch  nicht  des  Modus  stattfand,  mdeni  d«t  ^^t^^vs^^^ 


84      LITTEBATUB:  O.  BBHAOHEL,  DIE  a^ITFOLGE  D.  ABHiNQIQEN  REDE. 

die  Aussage  eines  Andern  nicht  als  solche,  sondern  nach  seiner  eigenen  Auf- 
fassung berichtete.  Diese  ganze  Untersnchong  war  far  die  Hauptfrage  nicht 
gerade  nothwendig,  aber  sie  hat  ihr  eigenes  Interesse  and  ist  jedeofalb  ge- 
eignet, in  das  Gebiet  der  indirecten  Hede  einzuführen.  Daß  die  dgentliche 
oratio  obliqua  nicht  in  die  Periode  der  europäischen  Sprachgemeinschaft  (wenn 
eine  solche  überhaupt  anzunehmen  wäre)  und  daß  auch  die  Übergangsform 
nicht  in  die  indogermanische  Periode  hinauf  reiche,  läßt  sich  naturlich  nicht 
nachweisen,  aber  es  ist  auf  Grundlage  anderer  Betrachtungen  mit  ziemlicher 
Sicherheit  zu  Termuthen.  Übrigens  bemerkt  der  Verf.  (p.  18  unten)  sehr  rich- 
tig, daß  sich  nicht  jede  Gattung  indirecter  Rede  unmittelbar  auf  die  snbjcctiT 
berichtende  Mittelform  zurückfuhren  lasse;  das  ist  ebenso  unmöglich  als  die 
Zuruckfuhrung  aller  Modusfunctionen  in  Nebensätzen  auf  die  in  Hauptsätzen 
noch  vorkommenden:  es  muß  hier  dem  fruchtbaren  Princip  erweiternder  Analogie 
offener  Spielraum  gelassen  werden  (vgl.  p.  21). 

Näher   rücken  wir   der  Hauptsache   mit   der  Frage  nach  der  Entstehung 
der  Modusverschiebung,  welche  ja  von   der  Tempusverschiebung   nicht  nur  be- 
grifflich getrennt  werden  kann,   sondern  ihr  auch  geschichtlich  vorausgegangen 
sein  wird  und  vielleicht  mit  modaler  Verwendung  des  Präteritum,  auch  im  In- 
dicativ,  wie  sie  im  Griechischen  und  Franzosischen  vorkommt,  angefangen  hat. 
Von  dem  Unterschied  zwischen  Conjunctiv  und  Optativ   kann   für    die    germa- 
nischen Sprachen  aus  bekannten  Gründen  abgesehen  und  es  kann  daher  unbe- 
denklich für  die  ursprünglich  Optativen  Formen  der  Name  Conjunctiv  gebrancht 
werden,    der  ja  eigentlich  für  Nebensätze    berechnet    ist,    während    eher    beim 
eigentlichen  Optativ  die  Frage  erhoben  werden  kann,  wie  er  in  den  Nebensatz, 
also  auch  in  die  orat.  obl.  gekommen  sei.     Er   konnte   dies    offenbar   nur  ver- 
möge seiner  ursprünglich  allgemein  potentialen  Bedeutung,  von  wdcher  auch 
die  Optative  nur  eine  Function  ist,  und  der  Unterschied  von  Frage  und  zweifel- 
hafter Behauptung  kommt  dabei  allerdings  nicht  In  Betracht.    Wenn  aber  der 
Verf.  (p.  21   oben)  mit  Erdmann  (Sjnt.  Otfrids  I,   74)  annimmt,  frageiy    hwal 
n  heisse  ursprünglich:    er  fragt;    etwas  ist   doch  wohl!    so   muß   ich    dies   be- 
zweifeln, da  die  indefinite  Bedeutung  des  Pronomens  doch  erst  aus  der  wirklich 
fragenden  geflossen  sein  wird:    er  fragt:    was  mag  wohl   sein?    Hin  wider   muß 
ich  Erdmann   gegenüber   dem  Verf.  Recht  geben,   wenn    dieser  (p.  21  Mitte) 
meint,  beim  Wahrnehmen  und  Erkennen  verhalte  sich  das  Subject  nicht  aetiv, 
sondern  passiv;  die  neuere  Psychologie  lehrt  wirklich  eher  das  Gkgentheil;  doch 
ist  diese  allgemein    philosophische  Frage   hier   ohne  Belang.     Auch  der  p.  81 
unten  ausgesprochene  Satz:    , heutzutage   gibt  es  in  unserer  Sprache  kanm  ein 
Verbum,    nach   dem  wir   nicht   den  Conjunctiv   setzen  könnten",  wäre  eher  in 
das  Gegentheil  zu  verwandeln,    da  der  Conjunctiv  in   der   neuem  Sprache  zu- 
sehends   abnimmt    und    zwar   nicht  bloß   im  Nordischen   und  Niederländischen, 
wie  der  Verf.  p.  53  bemerkt  (vgl.  Bock,   über    einige  Fälle  des  Conjunctiviis 
im  Mittelhochdeutschen,  Straßburg  1878)  und    es    in    der  That   nur    auf   die 
jeweilige  Auffassung  ankommt;  aber  auch  diese  Frage  schlägt  hier  nicht  unmit- 
telbar   ein,    sondern    die   eigentliche  Arbeit   des  Verf.  beginnt    erst  p.  22  mit 
der  Verschiebung  der  Zeiten. 

Hier  stößt  der  Verf.  auf  die  nicht  zu  umgehende  Frage,  ob  es  im  Deut- 
schen jemals  einen  wirklichen  Potcntialis  des  Präteritum  gegeben  habe.  Dabei 
hätte  er  aber  von  der  Vergleich ung  mit  dem  griechischen  Aorist  ganz  absehen 


UTTEBATÜB:  O.  BEHAGHEL,  DIE  ZEITFOLGE  D.  ABHÄNGIGEN  REDE.       85 

oder  jedenfalls  von  dort  aus  nicht  „a  priori*'  auf  das  Deutsche  schliessen 
sollen;  denn  das  germanische  Präteritum  ist  seiner  Bildung  nach  bekanntlich 
nieht  ein  Aorist^  sondern  ein  Perfectom  (was  der  Verf.  spätet  p.  37  £P.  für 
eine  andere  Frage  ganz  richtig  in  Anschlag  bringt),  so  daß  nach  Analogie  des 
Griechischen,  wo  ein  Optativ  des  Perfectum  wirklich  vorkommt,  derselbe  auch 
for  das  Deutsche  wenigstens  als  möglich  einzuräumen  wäre;  aber  entscheiden 
kann  ja  freilich  nur  der  Befund  von  Thatsachen«  Hier  nun  muß  dem  Verf., 
gegenüber  Erdmann,  zugegeben  werden,  daß  sichere  Beispiele  eines  potentialen 
Optativ  des  Präteritum  in  Hauptsätzen  bei  Otfrid  nicht  nachzuweisen  sind,  be- 
sonders weil  die  Reimnoth  diesen  Dichter  allzu  oft  beherrscht  und  darum  über- 
haupt unfähig  macht,  in  zweifelhaften  Fällen  als  echte  Quelle  und  Autorität 
altdeutschen  Sprachgebrauches  zu  gelten.  Was  der  Verf.  hierüber  schon  in 
seiner  früheren  Schrift  (Die  Modi  im  Heiland  p.  7)  gesagt  hat  und  in  der 
vorliegenden  p.  26  noch  begründet,  habe  ich  ebenfalls  schön  früher  ab  meine 
Ansicht  ausgesprochen.  Zum  Beweis  aber,  daß  ich  dieses  kritische  Princip 
nicht  übertreiben  und  gegen  Otfrid  möglichst  gerecht  sein  möchte,  will  ich  hier 
beifügen,  daß  von  den  p.  25  (unten)  angeführten  Stellen  wenigstens  zwei  von 
der  Art  sind,  daß  der  Conjunctiv  des  Präteritum  nicht  aus  Reimnotii  erklärt 
SU  werden  braucht.  Otfr.  1,  11,  39  steht  jene  Form  in  einem  Relativsatz  von 
allgemeiner  Bedeutung,  wie  das  beigefügte  (freilich  oft  bedeutungslose,  und  nur 
zu  Füllung  des  Metrums  dienende)  io  andeuten  hilft,  und  von  der  Stelle  1,  6, 
13  gibt  der  Verf.  selbst  eine  nothdürftige  Erklärung.  In  der  That  findet  sich 
der  Conjunctiv  in  Relativsätzen,  welche  eine  ganz  aUgemeine  oder  eine  ganz 
bestimmte  Beschaffenheit  als  eine  Art  von  Postulat  aussprechen,  auch  im  Mittel- 
hochdeutschen nicht  selten  (ähnlich  im  Neufranzösischen  nach  Superlativ,  Ne* 
gation  und  seul).  Vielleicht  kann  auch  Otfr.  2,  6,  39  durch  Vergleichung 
der  vom  Verf.  p.  30  angeführten  Stelle  aus  Isidor  (47,  8)  gestützt  werden, 
wenn  man  erklären  darf:  was  konnte  er  damit  gewinnen? 

p.  27—28  werden  die  merkwürdigen  Stellen  aus  dem  Parzival  angeführt, 
welche  der  Form  nach  Conjunctive  des  Prät.  zu  sein  scheinen,  während  sie 
doch  dem  Sinne  nach  nur  Indicative  sein  können  (ausgenommen  166,  7,  wenn 
man  neuhochdeutschen  Gebrauch  annehmen  dürfte:  Solltet  ihr  etwa  früh  gewesen 
sein?).  Der  Verf.  erklärt  die  fraglichen  Formen  aus  Einfluß  des  Niederdeut- 
schen, wo  Indicativ  und  Conjunctiv  des  Plural  Prät.  starker  Verba  fast  durch« 
weg  zusammenfielen.  Aber  da  gerade  die  Conjugation,  der  die  betreffenden 
Verba  angehören,  davon  ausgenommen  ist,  so  wird  die  Wahrscheinlichkeit  jenes 
Hergangs  verringert;  und  wie  soll  der  niederdeutsche  Einfluß  auf  Wolfram 
vermittelt  werden?  etwa  durch  dessen  Aufenthalt  in  Thüringen?  Vermischung 
zwischen  Indicativ  und  Conjunctiv  des  Prät.  war  durch  die  Gestalt  der  zweiten 
Penon  Sing,  des  Indicativ  immer  nahe  gelegt ;  daß  sie  aber  bei  den 
fraglichen  Verben  wirklich  Platz  grifft  welche  besonders  häufig  gebraucht  wer- 
den, möchte  ich  daraus  erklären,  daß  unter  denselben  tcete  sich  befindet,  bei 
dem  auch  der  Singular  {iSte)  sich  nahe  mit  der  des  Conjunctiv  berührte  und 
zum  Theil  wirklich  vermischte,  sodann  daraus,  daß  bei  haben^  ebenfalls  einem 
Verbum  häufigsten  Gebrauches,  die  beiden  Modusforroen  des  Prät  ebenfalls, 
und  zwar  hier  mit  Becht,  zusammenfielen.  Das  ce  von  taste  und  hate  konnte 
sich  dann  den  übrigen  Verben  mittheilen;  daß  es  bei  jenen  beiden  sehr  fest 
BAß),  zogen    die    in    der  volksmässigen   Poesie   bis   auf  n^u^c«  *L«v\.  V^^v^^ 


86      LTTTERATUB:  O.  BEHA6HEL,  DIE  ZEITFOLGE  D.  ABHXNGIGEN  REDE. 

fortdauernden  Formen  tkät  and  käU  als  indicative  Prat.  Wenn  der  Verf.  tchließ- 
lieh  (p.  30)  erwähnt,  daß  hentzotage  anch  in  andern  Gegenden  als  Nieder* 
dentschland  der  Conjunctiv  des  PriLt  Flur.  fSr  den  IndieatiT  gebraucht  werde, 
80  mag  hier  beigefügt  werden,  daß  nach  Kehrein  (Gramm,  der  nhd.  Sprache 
n,  2y  §.  108)  umgekehrt  einige  süddeatsche  Mundarten  das  Imperfectum  des 
Indicativ  nur  als  Conditionalis  brauchen;  indessen  lassen  die  dortigen  Citate 
aus  Schmeller  (Die  Mundarten  Baiems)  Termuthen,  daß  es  sich  dabei  nur  um 
▼erkürxte  Imperfecta  des  Conjunctiv  handle,  welche  den  Umlaut  nicht  angenommen 
hatten.  Schließlich  findet  der  Verf.  allerdings  im  Gh>tischen  und  Althochdeut- 
schen einige  Beispiele  eines  unzweifelhaften  Potentialis  des  Präteritam  und  swar 
in  Fragesätzen,  wo  er  ihn  auch  am  ehesten  erwartete;  aber  er  versagt  sich 
diesen  Gkwinn,  weil  solche  Fragesätze  nicht  eigentliche,  sondern  nur  rhetorische 
seien,  weil  in  denselben  nicht  eine  reale  Möglichkeit,  sondern  vielmehr  Irre- 
alis ausgesprochen  werde.  Aber  hören  sie  darum  auf,  Fragesätze  zu  sein? 
Und  was  geht  jener  logische  oder  praktische  Werthunterschied  die  innere  Sprach- 
form an?  Auch  dss  Prät  Conj.  in  conditionalen  Haupt-  und  Nebensätzen  von 
vergangenen  Fällen  bleibt  ein  unbestreitbarer  Potentialis  des  Präteritum.  Davon 
muß  freilich  dieselbe  Form  als  Aasdiuck  der  Irrealität  für  Gegenwart  und 
Zukunft  unterschieden  werden.  Diesen  Gebrauch  zu  erklären  lag  nicht  in  der 
Aufgabe  des  Verf.;  die  Erklärung  liegt  aber  in  der  von  ihm  ausgesprochenen 
Ansicht,  daß  der  Conj.  Prät  überhaupt  Irrealität,  für  alle  drei  Zeitsphären,  aus- 
drücken konnte.  Den  Gebrauch  desselben  in  abhängigen  Sätzen  nach  einem 
Prät.  Indic.  im  Hauptsatze  erklärt  der  Verf.  ans  einer  Zusammenwirkung  und 
Ausgleichung  zwischen  dem  Conj.  Präs.  und  dem  Indic.  Prät.,  indem  der  erstere 
den  Modus,  der  letztere  das  Tempus  für  die  neue  Construction  ergab;  dabei 
muß  aber  festgehalten  werden,  daß  trotz  jener  temporalen  Indifferenz,  welche 
das  Prät.  Conj.  ausdrücken  konnte,  das  temporale  Element  in  demselben  nie 
ganz  erloschen  war;  denn  wie  wäre  sonst:  tageta^  thai  ufori  müglich  gewesen 
für  den  Fall,  daß  die  Aussage  nnbezweifelt  und  richtig  war? 

Was  nun  den  factischen  Gebrauch  betrifft,  so  ist  die  p.  37  aufgestellte 
Begel,  daß  auf  ein  Präteritum  des  Hauptsatzes  dasselbe  Tempus  im  Nebensatz 
folgte,  für  die  alt-  und  mittelhochdeutsche  Zeit  nicht  leicht  zu  bestreiten,  ab- 
gesehen von  den  Ausnahmen,  die  der  Verf.  besonders  für  das  Althoehdeatsehe 
beibringt;  daß  im  Mittelhochdeutschen  die  frühere  Freiheit  gänzlich  eiiosehen 
sei,  wie  p.  41  und  50  unten  behauptet  wird,  möchte  ich  doch  nicht  so  ganz 
bestimmt  versichern,  obwohl  mir  kein  Beispiel  von  Präsens  naeh  Präteritum  lu 
Gebote  steht,  wogegen  Prät.  nach  Präs.  Ruther  1673  und  wohl  noch  öfter 
vorkonmit.  Ich  halte  überhaupt  dafür,  daß  eine  Regel  der  conseeutio  tem- 
porum,  wie  sie  in  der  lateinischen  Grammatik  (freilich  auch  nicht  ohne  Aus- 
nahmen) gelehrt  wird,  für  die  deutsche  Sprache  nie  bestanden,  sondern  daß 
diese  von  je  her  einer  ähnlichen  Freiheit  der  jedesmaligen  Auffusnng  und  Dar- 
stellung sich  erfreut  habe  wie  die  griechische,  und  zwar  nicht  bloß  für  den 
Hauptsatz,  dessen  Präteritum  ab  Perf.  Präs.  oder  als  Aorist  aufgefaßt  werden 
konnte  (p.  41  unten),  sondern  anch  für  den  abhängigen  Satz,  z.  B.  in  HUlen 
wie  Otfr.  5,  20,  23  (p.  38)  und  der  p.  44  unten  angefahrte  (p.  43  sind  die 
Zahlen  4  und  9  für  das  Verhältniss  der  Präsentia  und  Präterita  verweehselt). 
In  der  Stelle  Otfr.  1,  1,  115  läßt  sich  vielleicht  Otfrid  wieder  gegen  die  An- 
nahme blossen  Reimzwanges  (p.  48)  in  Schutz  nehmen,  da  tungi  als  Perf.  Prie. 


LITTERATÜR:  0.BEHA6HEL,  DDS  ZEITFOLGE  D.  ABHÄNGIGEN  BEDE.       87 

anige&Ot  werden  kann:  daß  Niemand  in  ihrer  Sprache  Gottea  Lob  gesangen 
habe.  Anch  3,  6,  18  kann  von  Zwang  nicht  die  Rede  sein,  da  der  Reim  ja 
einsilbig  sein  durfte  wie  ▼•  22^  wo  umgekehrt  nach  Prät  das  Präsens  steht. 
In  der  SteHe  Parz.  180,  9  kann  das  Präteritum  damit  gerechtfertigt  werden, 
daß  Sprichwörter  eigentlich  nicht  erst  nachträglich  durch  Thatsachen  sich  be- 
währen, sondern  auf  wirklich  vorgekommenen  Fällen  beruhen,  daher  auch  das 
Griechische  dergleichen  allgemeine  Sätze  im  Aorist  anführt.  Otfr.  4,  20,  17 
ist  wohl  die  Meinung,  Jesus  habe  sich  (tchon  früher)  Konig  genannt  und  gebe 
sich  nun  (neuesteni)  auch  als  Christ  (Messias)  aus.  2,  19,  2  ist  das  Präsens 
nicht  aus  Übergang  in  die  directe  Rede  zu  erklären  (p.  51),  sondern  einfach 
daraus,  daß  einem  solchen  Gebote  oder  Verbote  nach  der  Natur  der  Sache 
Gültigkeit  für  alle  Zeit,  resp.  beständige  Gegenwart  zukommt.  Wenn  der  Verf. 
schließlich  Bedenken  trägt,  zwei  Stellen  aus  Predigten  des  13.  Jahrhunderts, 
welche  Präsens  nach  Präteritum  zeigen,  als  Vorläufer  des  neueren  Gebrauches 
za  betrachten  und  lieber  Verderbniss  des  Textes  annehmen  will,  so  muß  ich 
mich  zu  der  entgegengesetzten  Ansicht  bekennen  und  ich  zweifle  nicht,  daß 
gerade  die  genauere  Erforschung  mittelhochdeutscher  Prosa,  wo  die  Sprache 
weniger  stereotyp  war  als  in  der  Poesie,  noch  mehr  Beispiele  liefern  würde,  welche 
die  Contfnnität  des  SpTachgebrauches  auch  in  diesem  Punkte  einigermassen  her- 
zustellen TermSchten.  Das  HauptFerdienst  der  vorliegenden  Arbeit,  einen 
Wendepunkt  nachgewiesen  zu  haben,  der  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts 
eintrat  (p.  52  ß,),  würde  dadurch  nicht  wesentlich  verkümmert  werden.  Der 
Nachweis  jenes  allmählichen  Umschwunges  ist  mit  aller  Sorgfolt  und  Gewissen- 
haftigkeit geführt,  obschon  man  sich  ja  immer  gestehen  muß,  daß  bei  statisti- 
schen Beobachtungen  dieser  Art,  wenn  sie  nicht  auf  noch  breiterer  Lectnre 
beruhen,  dem  Zufall  noch  ein  weites  Feld  offen  bleibt.  Man  muß  dem  Verf. 
für  seine  fleissige  Sammlung  von  Stellen  jedenfalls  dankbar  sein ,  wenn  anch 
einzelne  nicht  ganz  das  beweisen,  wofür  er  sie  zunächst  beigebracht  hat.  So 
ist  zum  Beispiel  das  Piäsens  in  der  p.  55  angeführten  Stelle  aus  S.  Franks 
Chronika  220**  neben  dem  Präteritum  nicht  gleichgültige  Abwechslung,  sondern 
begründet  in  der  zeitlosen  Allgemeinheit  des  betreffenden  Satzes.  Eben  das- 
selbe gilt  von  der  Stelle  p.  60  oben,  wegen  pflegen. 

Der  Verf.  schließt  seine  genaueren  Angaben  mit  Wieland  (Don  Sylvio) 
und  sagt  über  die  neuere  Zeit  p.  67,  daß  die  Entwicklung  noch  nicht  zu  einem 
festen  Abschluß  gediehen  sei.  Wie  wahr  dies  ist,  würden  Sammlungen  aus 
Lessing,  Lichtenberg,  Gröthe  und  Schiller  beweisen,  der  Epigonen  zu  gescbweigen. 
Solehe  Sammlungen  stehen  mir  nun  wieder  nicht  zu  Gebot  und  sind  nicht  in 
der  Eile  herzustellen;  ich  habe  aber  schon  bei  einer  nur  flüchtigen  Umschau 
die  Bemeiirang  gemacht,  daß  das  Präteritum  weniger  selten  ist  als  der  Verf. 
anzunehmen  scheint,  und  jedenfalls  ebenso  „correct  und  der  gebildeten  Sprache 
angemessen^  wie  das  Präsens.  Nach  Kehrein  a.  a.  0.  p.  60  ist  in  Süddeutsch- 
land das  Präsens  häufiger,  im  Norden  das  Präteritum,  und  diese  Angabe  stimmt 
sowohl  mit  meinen  eigenen  Beobachtungen  als  mit  dem  was  der  Verf.  p.  70 
über  den  Unterschied  der  nord-  und  mitteldeutschen  Mundarten  von  den  süd- 
deutschen (mit  Ausnahme  der  österreichischen)  mittheilt.  Daß  er  überhaupt 
die  Dialekte  beigezogen  hat,  verdient  Anerkennung,  nur  hätte  er,  statt  ans  i^ 
meniehs  Völkerstimmen,  eher  aus  Frommanns  Deutschen  Mundarten  schöpfen 
sollen.   Als  Ursachen  des  seit  dem  15.  Jahrhundert  aacViw^\%\i%x«ci  Qcf^^tvo^^«» 


88  UTTERATUB:  ZUR  TOPOGRAPHIE  ISLANDS. 

des  Präsens  nach  Prateritom  betrachtet  der  Verf.  (p.  75  £P.)  zunächst  das  in 
dieselbe  Zeit  fallende  Aufkommen  des  historischen  Präsens ^  und  der  ge- 
nauere Nachweis  darüber  (p.  79  ff.)  gehört  ohne  Zweifel  zu  den  interessantesten 
Partien  der  yorliegenden  Schrift  Ein  zweiter  Anstoß  war  der  wiederum  im 
15.  Jahrhundert  begonnene  (in  den  süddeutschen  Mundarten  herrschend  ge- 
wordene) Gebrauch  des  umschriebenen  Perfectum  statt  des  einfachen  Präteritum 
in  der  Erzählung  (p.  76,  83 — 84).  Ich  glaube  aber  noch  einen  dritten  Factor 
annehmen  zu  müssen,  nämlich  die  Zweideutigkeit,  welche  dem  Prät.  Conj.  wegen 
seiner  conditionalen  Bedeutung  anhängt;  diese  Zweideutigkeit  zu  Termeiden 
griff  man  in  manchen  Fällen  lieber  zum  Präsens,  während  freilich  umgekehrt 
die  Pluralformen  desselben  wegen  ihres  Gleichlautes  mit  dem  Indicatiy  durch 
das  Präteritum  ersetzt  werden  mußten.  Beides  ist  ein  Beweis,  daß  die  Syntax 
gelegentlich  durch  Motive  der  Formbildang  bestimmt  wird,  aber  auch  daß  über- 
haupt consequente  Durchführung  eines  Princips  auf  diesem  Gebiete  nicht  zu 
finden  ist,  da  Rücksichten  auf  äussere  Zweckmässigkeit  mitspielen.  Endlich 
muß  ich  bemerken,  daß  die  Frage  nach  einer  Regel  der  Zeitfolge,  resp«  nach 
dem  Gebrauche  des  Prät.  Conj.,  nicht  erschöpfend  beantwortet  werden  kann, 
wenn  man  nicht  die  modalen  Functionen  jener  Form,  also  besonders  die  con- 
ditionale  und  die  finale,  vorher  untersucht  hat  oder  gleichzeitig  in  die  Unter- 
suchung hineinzieht.  Der  Verf.  scheint  dies  an  mehreren  Orten  gefühlt  zu 
haben,  aber  diese  Seite  der  Frage  lag  nun  einmal  ausserhalb  seines  Vorhabens 
und  es  wäre  ungerecht,  ihm  daraus  einen  Vorwurf  zu  machen,  da  wir  ihm  für 
das  wirklich  geleistete  zu  lebhaftem  Danke  verpflichtet  sind;  vielleicht  wird 
er  die  Arbeit  an  jenem  Punkte  wieder  aufnehmen. 

Ich  habe  in  dem  bisher  Gesagten  fast  nur  Punkte  berührt,  an  welchen 
ich  etwas  berichtigen  oder  ergänzen  zu  müssen  glaubte,  und  es  bleibt  mir  weder 
Baum  noch  Zeit,  eine  Reihe  anderer  anzuführen,  besonders  auch  Auslassungen 
über  allgemein  sprachwissenschaftliche  Fragen,  in  welchen  ich  dem  Verf.  mei- 
stens beistimme.  Ich  scheide  daher  dies  Mal  von  ihm  mit  der  Erwartung,  daß 
er  uns  bald  weitere  Früchte  seiner  Studien  darbieten  werde. 

ZOBICH,  Mai  1878.  LUDWIG  TOBLER 


Zur  Topographie  Islands. 

Einen  nicht  unbedeutenden  Theil  der  altnordischen  Literatur  bilden  be- 
kanntlich schon  ihrem  Umfange  nach  die  Islendinga  sögur  und  ihrem  in- 
neren Gehalte  nach  sicherlich  nicht  den  mindest  lehrreichen.  Sie  gestatten 
uns,  zumal  im  Zusammenhalte  mit  den  Rechtsdenkmälem ,  welche  uns  aus  der 
Zeit  des  isländischen  Freistaates  erhalten  sind,  einen  so  genauen  und  so  sehr 
ins  Einzelne  gehenden  Einblick  in  die  Zustände  einer  weit  zurückliegenden 
Vergangenheit,  wie  uns  ein  solcher  für  gleich  alterthümliche  Zeiten  anderwärts 
nur  selten,  und  auf  nordgermanischem  Gebiete  schlechthin  nirgends  geboten 
wird.  Aber  gerade  darum,  weil  sie  so  sehr  in  das  Einzelne  des  ortiichen  und 
des  Familienlebens  eingehen,  verlangen  diese  Quellen,  um  gehörig  ausgenützt 
werden  zu  können,  ein  Maß  von  Local-  und  Personalkenntniss ,  welches  für 
den  Nichteingeborenen  nur  schwer  zu  erreichen  ist.     Wer  jemab  in   der  Lage 


UTTERATÜR:  ZUR  TOPOGRAPHIE  ISLANDS.  89 

war  zn  bestimmten  wisseDSchaftlichen  Zwecken  seine  Notizen  über  isländiscbe 
Crenealogie  aus  den  Registern  und  Stammbäumen  in  hundert  Terscbiedenen 
Werken,  und  seine  Notizen  über  isländische  Topographie  aus  Björn  6unn- 
laugsson's  Karte,  den  verschiedenen  Werken  über  Grandkataster  (Jardamat) 
und  Pfarrkataster  (Braudaroat),  endlich  Dutzenden  von  älteren  und  neueren 
Reisebeschreibungen  sich  zusammensuchen  zu  müssen,  der  wird  darüber  nicht 
in  Zweifel  sein  können,  daß  jetzt,  nachdem  durch  Sveinbjörn  Egilsson,  Job. 
Fritzner  und  Gudbrandr  Vigfiisson  in  lexicographischer  Beziehung  gesorgt  ist, 
kein  erwünschteres  Hülfsmittel  für  das  Studium  des  genannten  Quellenkreises 
geboten  werden  könnte,  als  einerseits  ein  möglichst  erschöpfendes  und  zugleich 
möglichst  kritisch  bearbeitetes  Handbuch  der  isländischen  Topographie,  und 
andererseits  eine  mit  den  gleichen  Eigenschaften  ausgestattete  Sammlung  is- 
ländischer Stammtafeln. 

Nicht  zwar  dem  letzteren,  aber  doch  dem  ersteren  Bedürfnisse  hat  nun 
die  Commission  für  das  arnamagnaeanische  Legat  abzuhelfen  gesucht.  Vor 
mir  liegt  ein  stattlicher  Band  mit  dem  Titel  „Bidrag  til  en  historisk- 
topografisk  Beskrivelse  af  Island  ved  P.  E.  Kristian  Kälund« 
L  Syd-  og  Vest-Fjflerdingeme.  Med  9  litograferede  Kort  Udgivet  af  Korn- 
misnonen  for  det  Amamagnseanske  Legat.  Kjöbenhavn,  Gyldendabke  Bog- 
handel 1877^,  XU  und  638  SS.  in  8^  welcher  die  Topographie  der  einen, 
und  wie  man  unbedenklich  beifügen  darf^  der  wichtigeren  Hälfte  der  Insel  in 
eingehender  Darstellung  behandelt;  ein  zweiter  Band  soll  sodann  die  andere 
Hälfte  des  Landes  besprechen  und  zugleich  die  einleitenden  Erörterungen , 
sowie  das  Register  über  das  ganze  Werk  bringen.  Die  hervorragende  Bedeu- 
tung dieser  Arbeit  für  ein  gedeihliches  Studium  der  älteren  isländischen  Ge- 
schichtsqnellen  scheint  deren  eingehendere  Besprechung  an  dieser  Stelle  zu 
rechtfertigen  und  ich  halte  meinen  persönlichen  Beruf  zu  solcher  Besprechung 
in  der  doppelten  Thatsache  begründet,  daß  ich  nicht  nur  seit  reichlich  drei 
Jahrzehnten  mit  dem  Studium  des  Rechts  und  der  Geschichte  Islands  mich 
befaßt  habe,  sondern  auch  Land  und  Leute  der  Insel  aus  eigener  Anschauung 
kenne,  also  gerade  in  topographischer  Hinsicht  mehr  als  Andere  zu  einem  Ur- 
theile  mich  befähigt  halten  mag. 

Die  Aufgabe,  welche  der  Verfasser  sich  gesetzt  hat,  bestimmt  er  im 
Allgemeinen  dahin,  daß  er  theils  eine  anschauliche  topographische  Schilderung 
der  einzelnen  Gegenden  Islands  geben,  theils  aber  insbesondere  durch  die  Er- 
klärung der  in  den  Sagen  erwähnten  Ortsnamen  und  topographischen  Verhält- 
nisse das  Verständniss  der  Sagenliteratnr  fördern  will;  Erläuterungen  über  die 
historischen  und  antiquarischen  Verhältnisse  der  Insel  und  th  eil  weise  auch  über 
deren  gegenwärtige  Zustände  sollen  gelegentlich  in  die  topographische  Be- 
schreibung eingeflochten  werden.  Ist  hiemach  die  zu  erfüllende  Aufgabe 
zweifellos  richtig  gestellt,  so  war  auch  Kllund  sicherlich  der  richtige  Mann 
za  deren  Losung.  Schon  eine  Abhandlung  desselben,  welche  die  Aarböger  for 
nordisk  Oldkjmdighed  og  Histotie  1870,  S.  269—381,  unter  dem  Titel:  „Fa- 
milielivet  pll  Island  i  den  forste  sagaperiode*'  brachten,  gibt  von  der  Gründ- 
lichkeit seiner  Bekanntschaft  mit  der  Sagenliteratur  und  von  seiner  Umsicht  bei 
deren  Benützung  sehr  befriedigendes  Zeugniss;  ein  zweijährige  Aufenthalt  auf 
Island    in    den  Jahren  1872 — 74  verscha£fte    ihm  die  Möglichkeit,   das  ganze 


90  LITTERATÜR:  ZUR  TOPOGRAPHIE  ISLANDS. 

Land  zn  bereiscD,  und  damit  die  nothige  eigene  Anschaoung  sich  zu  erwerben; 
daß    er  endlich  auch  die  vielfachen  bandflchriftlichen  Behelfe  zu  benütien  Ter- 
stand,  welche  die  verschiedenen  Archive  und  Bibliotheken  Kopenhagens  bieten, 
zeigen   bereits  die  dieserhalb  im  Vorworte  zum  vorliegenden  Bande  mitgeth^lten 
Nachweise.     So  ist  denn  das  gegenwärtige  Werk  in   der  That   eine   ganz  vor- 
treffliche Arbeit,    an    welcher    zwar    der  Natur  der  Sache   nach  im  Einzelnen 
Manches  zu   vervollständigen,  Einiges    zu    berichtigen,    nicht  Weniges   zu   be- 
zweifeln bleiben  mag,  welche  aber  im  Grossen  und  Ganzen  einen  erstaunlichen 
Reichthum  an  kritisch  gesichtetem  ^    übersichtlich    geordnetem  und    anschauKch 
dargestelltem  Material  enthält,  in  aUen  Beziehungen  weit  über  die  Erwartungen 
hinausgebend  ,  welche   man   bei   billiger  Erwägung  der  ungeheueren  Schwierig- 
keiten  des  Unternehmens   von   derselben   zu  hegen  berechtigt  war.     Man  mag 
ja  allenfalls  bedauern,  daß  die  mitgetheilten  Karten  sehr  schlecht  gedruckt  und 
dadurch  vielfach  schwer  lesbar  geworden  sind;  daß  neben  den,  sehr  erwünschten, 
Plänen  von  Reykjavik  und    von   Pingvellir    nicht    noch    einige   weitere    solche 
beigegeben  wurden,  was   zu   grosser  Erleichterung  des  Verständnisses  so  man- 
cher Localschilderungen  beitragen  würde;   daß  bei  im  Übrigen  sehr  gefälligem 
Drucke   eine  übergrosse  Menge  von  Druckfehlern  vorliegt,    die   nur  su   einon 
verschwindend  kleinen  Theile  am  Schlüsse  des  Bandes  berichtigt  werden.    Man 
mag  femer  auch  wohl  mit  dem  Verf.  darüber  rechten,  daß  er  isländische  Orta- 
und  Personennamen  in  einer  dänisch  zugestutzten,    statt   iu  ihrer  reinen  islän- 
dischen Gestalt  gibt,  ein  Verfahren,  das   zwar  den  dänischen  Landslenten  des- 
selben   mundgerecht,    aber   den  Isländern   sowohl   als  allen  Fremden  anstoasig 
sein  wird  u.  dgl.  m.     Aber  diese    und    ähnliche  Einwendungen   betreffen  eben 
doch  nur  Äusserlichkeiten ;    geht    man   auf  die  Sache  selbst  ein,  so  wird  man 
nur  äusserst  selten  entschiedenen  Verstössen    begegnen,    deren    der  Verf.   sieh 
schuldig  gemacht  hätte.     Ich  bemerke,    um  einiges  dieser  Art  zu  veraeiehnen, 
daß   derselbe,  S.  166,    den   deutschen  Missionär  Dankbrand   unversehens   som 
Bischöfe  befordert,  daß  er,  S.  346 — 47,  Anm. ,  unter  Anführung  der  Baoda- 
manna  saga  von  höhnenden  Worten  Uspaks  spricht,  während    doch    in  Wahr- 
heit Egill  Skülason  von  Borg  der  Spotter  gewesen  war;  daß  er,  S.  366,  Anm.  1, 
eine  Bemerkung  J6n  Snorrason's  mißverstehend,   die  von  diesem  im  Bezug  ge- 
nommene Belegstelle    nicht    finden    zu    können    eiUärt,  während  doch  angen- 
Bcheinlich  Sturlünga,  Vm,  cap.  20,  S.  168  (ältere  Ausg.)  von    ihm    gemeint 
ist;  daß  er  die  Worte  der  Gull)>6ris  saga,  cap.  15,  S«  68:  „miUi  )>eirra  ))6riB* 
für  einer  Ergänzung  bedürftig  hält,  S.  508,  Anm.  2,  während  doch  der   ell^ 
tische  (Gebrauch  des  Pronomens,  auf  welchem  allein  deren  richtiges  Versttndniss 
beruht,  im  Isländischen  gar  nicht  selten  ist  u.  dgL  m.    Was  wollen   aber  ein- 
zelne derartige  Flüchtigkeiten  bei  einem  Werke  bedeuten,  welches  auf  tauaendea 
von  einzeln  zusammenzutragenden  und  einzeln  zu  prüfenden  QueUensteUen  und 
Beobachtungen  beruht?    Sie  mögen   erwähnt  werden,    um    bei    einer   etwaigen 
zweiten  Ausgabe  des  Bandes  berichtigt  zu  werden,  fallen  aber  in  keiner  Weise  in 
die  Wagschale,  wenn  es  gilt,  den  Werth  oder  Unwerth  dieses  letzteren  sa  be- 
stimmen. —  So  mag  femer   auch   gleich    hier   gesagt  werden,    daß    der  Verf^ 
uns  in  einigen  wenigen  Fällen  im  Stiche  läßt,  in  welchen  wir  Aufklärung  von 
ihm  wünschen  möchten.  Widerholt  finden  wir  z.  B.  bei  ihm  des  Namens  Dimon 
Erwähnung  gethan  (3.  157,  Anm.  1;  256;  490;  628,  Anm.),  und  aiieh  wohl 
bewerkt^    daß   derselbe  regelmässig  kleine,  freistehende  Berge  oder  Felsen  be- 


LITTERATUB:  ZUR  TOPOGRAPHIE  ISLANDS.  91 

zeichne;  aber  onenräfant  bleibt,  daß  derselbe  Name,  welcher  sich  übrigens  auf 
Island  noch  öfter  findet,  als  ihn  der  Verf.  nachweist,  auch  auf  den  Fseröem 
seine  BoUe  spielt.  Gustaf  Storm  hat  gelegentlich  (Minder  fra  en  Islandsfserd 
S.  19)  ausgesprochen,  daß  der  Name  als  keltisch  betrachtet  werde,  und  als 
eine  gemeinsame  Bezeichnung  zweier  runder  Berge  gebraucht  stehe;  ich  weiß 
nicht,  worauf  diese  Angabe  sich  stützt,  und  vermag  auch  keinen  entsprechenden 
Ortsnamen  auf  den  britischen  Inseln  nachzuweisen,  aber  möglich  wäre  die  Sache 
immeriiin,  da  das  Wort  aus  der  nordischen  Sprache  sich  nicht  erklärt,  und 
wäre  solchenfalls,  da  der  Name  schon  der  ETrbjggia  und  Landn4ma,  dann  der 
Farejinga  saga  und  der  Olafs  saga  ens  helga  bekannt  ist,  an  die  Beziehungen 
der  ersten  Einwanderer  zu  Irland  und  den  Hebuden  zu  denken.  Wiederholt 
kommt  femer  der  Name  Kumbaravogr  vor  (S.  178,  Anm.  1;  431;  491 
bis  93,  Anm.;  537),  und  der  Verf.  theilt  die  ihm  y,von  kundiger  Seite^  aus- 
gesprochene Vermuthong  mit,  daß  dabei  an  die  »Kumrar'',  d.  h.  Bewohner 
Ton  Cumberland  zu  denken  sein  möge.  Indessen  ist  doch  zu  beachten,  daß 
TOD  Beziehungen  Islands  zu  Cumberland  nirgends  die  Rede  ist;  es  dürfte 
demnach  immerhin  der  Mühe  werth  sein ,  den  Yon  J6n  Ämason  (Islenzkar 
)>j6dsogur  og  8Bfint]hi  I,  S.  136)  hingeworfenen  Gedanken  näher  zu  prüfen,  ob 
nicht  der  Name  ebenso,  wie  dies  bei  dem  Namen  Kumbrtjöm  der  Fall  ist,  auf 
den  knmbr  oder  nykr,  d.  h.  das  Wasserpferd,  zurückzuführen  sei.  In  den 
älteren  Quellen  kommt  der  Name  meines  Wissens  nicht  vor,  und  die  Inseln 
groß  und  klein  Kumbray  an  der  Westküste  von  Schottland,  Grafschaft  Bnte, 
welche  in  der  H4konar  saga  gamla  als  Kumreyjar  genannt  werden^  wird  man 
kanm  hierher  ziehen  dürfen.  Was  der  Verf.  S.  495 — 96,  Anm.,  über  die  völ- 
nndarhüs,  d.  h.  LabTrinthe  beibringt,  will  auch  nicht  recht  genügen.  Man 
findet  hin  und  wider  Zeichnungen  von  solchen  in  jener  eigenthümlichen  Art 
▼on  Handschriften,  welche,  auf  Island  weit  verbreitet,  die  verschiedensten 
Notiaen  über  Hausmedicin,  Aderlaß,  Chiromantie  und  anderweitige  Zauberkünste, 
mancherlei  Kunststücke,  Stein-  und  Pflanzenkunde  u.  dgl.  zu  vereinigen  pflegt; 
wenn  aber  dergleichen  als  blosse  Spielerei  gelten  mag,  bleibt  immerhin  auf- 
fiUlig,  daß  derartige  Entwürfe  zuweilen  so  zu  sagen  baulich  ausgeführt  vor- 
kommen. Unser  Verf.  läßt  uns  auch  in  diesem  Punkte  ohne  Aufschluß;  in- 
dessen würde  es  uns  sohlecht  anstehen  in  solchen  Fällen  mit  ihm  hierüber  zu 
rechten^  während  es  uns  doch  selbst  ebensowenig  gelingen  will,  die  erwünschte 
Anfklämng  zu  verschaffen,  und  wir  werden  uns,  wohl  oder  übel^  dabei  beruhigen 
müssen,  daß  manche  Zweifel  eben  vorläufig  ihre  Lösung  noch  nicht  finden 
können. 

Ungleich  häufiger  als  die  bisher  besprochenen  sind,  der  Natur  der  Sache 
BM/chy  jene  anderen  Fälle,  in  welchen  man  den  Angaben  des  Verfassers,  ohne 
sie  gerade  widerlegen  zu  können,  mit  einem  Mißtrauen  begegnen  wird,  welches 
sieh  übrigens,  um  dies  gleich  von  Vornherein  zu  bemerken,  nicht  gegen  ihn 
selbst  y  sondern  immer  nur  gegen  die  ihm  zugegangenen  Nachrichten  richtet* 
Der  Verf.  hat  selbst  sehr  richtig  erkannt  und  hervorgehoben  (vgl.  zumal  S.  9 
bia  10,  Anm.  2,  aber  auch  S.  590  und  öfter),  wie  unendlich  schwer  es  gerade 
aaf  Island  hält,  ächte  und  unächte  Volksüberlieferungen  von  einander  zu  unter- 
scheiden, weil  die  beständige  Beschäftigung  mit  den  älteren  Literaturwerken 
und  die  fortwährenden  Versuche,  die  in  diesen  erwähnten  Örtlichkeiten,  Grab- 
faogel,  Tempel,  Dingstättan  n.  dgL  in  der  eigenen  Umge^bun^  iiM^%aii€tt«ci% 


92  LITTERATUB:  ZUB  TOPOGRAPHIE  ISLANDS. 

dem  VolkBmuDde  so  zu  sagen  auf  gelehrtem  Wege  stets  neuen  Stoff  snfuhren. 
Er  verhalt  sich  anch  keineswegs  unbedingt  gläubig  gegen  die  einielnen  ihm  zu- 
gegangenen ächten  Überlieferungen,  ist  sich  vielmehr  des  Unterschiedes  wohl 
bewußt,  welcher  zwischen  der,  wenn  auch  vollkommen  volksmässigen,  Sage  und 
der  beglaubigten  Geschichte  besteht;  er  beanstandet  z.  B.  die  Ächtheit  der 
angeblich  von  Hra&a-Flöki  und  seinen  Genossen  herrührenden  Runeninsehriften, 
S.  28 — 29^  Anm.y  und  erkennt  die  Unächtheit  des  angeblichen  Grabsteinee 
Kjartan  Olafsson's  unumwunden  an,  S.  375 — 76,  wie  er  denn  überhaupt  sehr 
wohl  beachtet,  daß  die  isländischen  Runeninschriften  sammt  und  sonders  ver* 
gleichsweise  neuer  Entstehung  sind,  S.  32 — 33,  Anm.  2,  —  er  erzählt  gele- 
gentlich ergötzliche  Beispiele  von  nachweisbar  falschen  Volksüberlieferungeni  wie 
etwa  der  auf  das  Flekkuleidi  bezüglichen  S.  31,  Anm.  1,  oder  umgekehrt  von 
ächten  Überresten  der  Vorzeit,  welche  die  Volkssage  grundfiüsch  gedeutet  hat,  wie 
etwa  die  Grabhügel  bei  Hafrbjamarstadir,  S.  34 — 36^  Anm.  2  u.  dgL  m.  Den 
Vorwurf  einer  kritiklosen  Benützung  der  Volkssage  wird  hiernach  zieherlieh 
Niemand  gegen  den  Verf.  erheben  dürfen;  aber  doch  kann  man  binsiehtlieh 
des  Masses  von  Skepsis  verschiedener  Ansicht  sein,  mit  welcher  dieser  in  jedem 
einzelnen  Falle  zu  begegnen  ist,  und  ich  kann  nicht  leugnen,  daß  ich  geneigt 
bin  in  dieser  Beziehung  erheblich  weiter  zu  gehen  ^  als  unser  Verf.  dies  tiint 
oder  doch  zu  thun  scheint.  Einigermassen  eingehende  Beaehäfügung  mit  den 
isländischen  Volkssagen  einerseits  und  mit  der  isländischen  Literatur  des  16. 
und  17«  Jahrhunderts  andererseits  hat  mich  nämlich  zu  der  Überzeugung  ge- 
bracht,  daß  auf  Island  im  15.  und  16.  Jahrhundert  die  Überlieferungen  aoa 
der  älteren  Zeit  so  gut  wie  völlig  erloschen  waren,  und  daß  andererseits,  als 
vom  Auslande  her  am  Ende  des  16.  und  am  Anfang  des  17.  Jahrhunderts 
das  Interesse  für  die  nordische  Urzeit  wider  geweckt  wurde,  sehr  rasch  Hy- 
pothesen über  die  Zustände  des  Alterthums  in  Hülle  und  Fülle  aufoehossen, 
welche  zufolge  des  Ansehens  der  Männer,  welche  sie  aufstellten,  bald  im  Lande 
selbst  die  Geltung  geschichtlicher  Überlieferungen  gewannen.  Die  vieifiichen 
Anfragen,  welche  in  älterer  Zeit  einzelne  Männer,  wie  Ole  Worm,  Ami  Magn- 
dsson  u«  A.  m«,  in  neuerer  Zeit  aber  zumal  die  Nordisk  Oldskriffc-Selskab 
und  das  B6kmentaf&lag  an  Leute  jedes  Standes  über  geschiehtliehey  archaeo- 
logisehe,  topographische  Punkte  richteten^  erhielten  nicht  nur  im  Allganeinen 
das  Interesse  für  die  einschlägigen  Studien  wach;  sondern  gaben  anch  sahi- 
reichen Einzelnen  Veranlassung,  sich  bestimmte  Meinungen  über  bestimmte 
Punkte  zu  bilden ;  auch  derartige  Meinungen  kamen  und  kommen  bald  unter 
das  Volk,  und  wurden  von  diesem  weitergetragen,  anfangs  vielleicht  als  die 
Ainsicht  dieses  oder  jenes  Mannes,  bald  aber  ab  überkommene  Überlieferung, 
deren  Entstehung  bereits  vergessen  ist.  Unser  Verf.  theilt  nun^  mit  vollem 
Rechte,  eine  Menge  derartiger  Überlieferungen  mit,  und  wenn  er  sieh  zwar  ihnen 
gegenüber  keineswegs  unkritisch  verhält,  so  dürfte  in  gar  manchen  Fällen  aneh 
daim  noch  ein  kritischer  Zweifel  an  deren  Verlässigkeit  sich  zeigen,  wenn  der 
Verf.  selbst  einem  solchen  nicht  Raum  gegeben  hat.  Es  mag  ja  sein,  daß 
derselbe  nur  darum  manchmal  die  ihm  selbst  aufsteigenden  Bedenken  unaus- 
gesprochen ließ,  weil  es  ihm  zuwider  wurde,  immer  und  immer  wider  dieselben 
Verwahrungen  zu  widerholen ;  mag  sein  auch,  daß  die  allgemeinen  Bemerkungen, 
welche  derselbe  sich  für  seinen  zweiten  Band  zurückgelegt  hat,  in  dieser  Bezie- 
hung noch  weitere  Aufklärungen  bringen  werden.  Immerhin  aber  scheint  es  nicht 


UTTERATUR:  ZUR  TOPOGRAPHIE  ISLANDS.  93 

nniweckmassig ,    bereits  jetzt  darauf  aufmerksam  zu  machen ,  wie  sehr  strenge 
Kritik   in    dieser  Richtung   am  Platze   ist.     Ein  paar  Beispiele  mögen  das  Ge- 
sagte zugleich  belegen  und  des  Näheren   erläutern.     Die  grössere  Menge  z.  B. 
▼on  angeblichen  Tempelüberresten  (hoftoptir)^  welche   man  auf  Island  zeigt, 
and  Ton  denen  auch  der  Verf.  eine  lange  Reihe  verzeichnety  mochte  ich,  nach 
den   von   mir  selbst  gesehenen  Exemplaren    zu    urtheilen,    ohne  Weiteres    ab 
apokryph  betrachten.     Regelmässig   handelt   es   sich   dabei   nur  um  mehr  oder 
nünder  deutliche  Reste  von  sei  es  nun  viereckigen  oder  kreisförmigen  Bauwerken, 
welche,  nach  isländischem  Brauche  aus  abwechselnden  Lagen  von  Rasenstreifen 
und  Rollsteinen    aufgeführt,    und   ohne  jede    Spur  einer    früheren  Bedachung, 
ganz    ebensogut    wirthschaftlichen    als    Cultuszwecken    gedient    haben    können. 
Unaer  Verf.  weist  S.  503,  Anm.  2  gelegentlich  selbst  darauf  hin,  daß  in  Grön- 
land bei  alten  Höfen  Überreste  kreisförmiger  Schafpferche   sich  vorfinden,  und 
daß  bei  einzelnen  isländischen  Tempelruinen  der  Gedanke  an  Pferdehage  nahe 
liege;  ich  möchte  bezweifeln,  ob  auch  nur  in  einem  einzigen  Falle  mit  Sicher- 
heit dargethan  werden  könne,  daß  das,  was  man  als  Tempelruine  zeigt,   auch 
wiriüieh   eine   solche   sei.     Ahnlich   bedenklich    scheint  es  mir  ferner  auch  be- 
BÜglieh  der  Opfersteine  (b lötstein ar)  zu  stehen,  welche   man   hin  und  wider 
z«  sehen    bekommt.     Zum  Theil   zeigt  man   ab   solche   viereckige  Steinblöcke 
mit   einer  schfisselförmigen   Vertiefung,    wie  unser  Verf.    solche  von  Olfusvatn, 
Ülfljötavatn^    )>ingvellir,    pyiill    nachweist   (S.    89;    147;    289);    er   vermuthet 
mit  Recht,  daß  es  sich  insoweit  um  Weihbrunnkessel  aus  der  katholischen  Zeit 
handle,  wie  man  solche  zumal  am  Eingange  von  Kirchen  zu  haben  pflegte^  und 
wie  man  einen  solchen  auf  Flatey  noch  zu  sehen  bekommt  (S.  540 — 41),  also 
um  das,  was  in  einem  alten  Kirkjum41dagi  (Diplom.  Island.  I,  nr.  107,  S.  408) 
als  vatnssteinn    bezeichnet   wird.     Anderer  Art  muß   dagegen  jener  Opferstein 
am  ))6r8ne88))inge  gewesen  sein,  von  welchem  die  Ejrbyggja  cap.  10,  S.  12  und 
die  Landn4ma  II,  cap.  12,  S.  98  sprechen^  da  an  ihm  den  Leuten,  welche  ge- 
opfert werden   sollten,    der  Rücken    gebrochen   wurde;    aber    wenn    der  Verf. 
S.  443.  44,    die  Anthenticität   des  Steines  anerkennen  will,  welchen  man  auf 
einer  Wiese  südlich  des  ))fngvallavogr  jetzt  als  solchen  zeigt,  so  muß  ich  dem 
gegenüber  widerholen,  was    ich    bereits    vor  Jahren   im  Bande  X  dieser  Zeit- 
schrift, 8.  492 y    ausgesprochen    habe:    als  ich  vor  20  Jahren  mit  Gudbrandr 
Vigfüsson  zusammen  den  Stein  untersuchte,  stellte  sich  uns  beiden  ganz  gleich- 
massig  die  Überzeugung  fest^    daß  dieser  Stein   niemals  als  Opferstein  gedient 
haben   konnte.     Ähnlicher  Bescha£Penheit  wie  der   blötsteinn   am  ])6rsnes8))inge 
wird  wohl  auch  der  andere  gewesen  sein,  welcher  bis*'in  die  neueste  Zeit  herab 
am  Amess|)inge  zu    sehen  war  (S.  197),    wogegen    von    den  Opfersteinen    zu 
handTj  LsBkjarbugr,  dann  auf  Heidnarey  (S.  311;  389,  Anm.   1;  539),    jede 
Beschreibung    fehlt,    und  somit  sich  auch    nicht  bestimmen   läßt,    ob    sie   der 
eisten  oder  der  zweiten  Classe  von  solchen  angehören.   Ich  bemerke  noch,  daß 
auch  einmal  von  einer,  und  zwar  sehr  grossen,  schüsseiförmigen  Vertiefung  die 
Bede   ist^  welche   sich  bei  Amarstapi   in   der  Myrasysla  in   den  Fels  gehauen 
findet  (S.  387,  Anm.   1),    und  von    einer  in  derselben  Weise  gearbeiteten  auf 
Hrisej  in  demselben  Bezirke  (S.  390,  Anm.);   beidemale  wird  nicht  von  Opfer- 
■teinen  gesprochen,  vielmehr  eher  an  wirthschaftliche  Verwendung  der  betre£Penden 
Arbeiten  gedacht,  ganz  wie  dies  bei  dem  Steine  der  Fall  ist,  dessen  die  Hrafns 
aaga  Ssreinlijamarsonar  cap.  2,  S.  640  gedenkt.    Di»«er  wax  %o  \5tf)>^^  ^&S^  Voxv 


94  UTTERATUB:  ZUR  TOPOGRAPHIE  ISLAHDS. 

4  Männer  kaum  zu  heben  vermochten;  dennoch  aber  trag  ihn  HrafiM  Bmder, 
Markus,  allein  nach  Ejiri  im  Amar^ordr.  Vier  Schüssehi  (koppar)  waren  in 
ihm  eingehauen,  nnd  er  warde  als  Waschstein  ())v4tt8teinn)  gebranchi.  Ich  er- 
wähne aber  dieser  letzteren  Steine,  weil  sie  mit  jener  ersteren  Claase  angeb- 
licher Opfersteine  eine  gewisse  Ähnlichkeit  haben,  und  darum  wohl  aaeh  ge- 
legentlich mit  ihnen  zusammengeworfen  werden  mögen.  Endlich  habe  ich  anch 
meine  Bedenken  bezuglich  der  Gkrichtsringe  (d6mhrfngar),  welche  an  nicht 
wenigen  Orten  auf  der  losel  nachgewiesen  werden  wollen.  Es  ist  ja  richtig, 
daß  in  den  geschriebenen  Quellen  der  freistaatlichen  Zeit  gelegentlich  von  dem 
Gerichtsringe  Erwähnung  gethan  wird.  Nach  der  Kgsbök  §.  47,  S.  82  sollen 
im  fünften  Gerichte  die  12  Männer,  welche  für  den  einzelnen  Fall  von  den 
Partheien  recusiert  werden,  „risa  6r  dominom,  ok  sitja  i  dömhring  innan.  m^an 
um  sök  pk  er  dömt".  Nach  dem  jüngeren  Texte  der  Bandamanna  saga,  S.  17, 
hatten  anch  die  Viertebgericbte  am  Alldinge  je  ihren  Gerichtsring,  and  be- 
durfte derjenige  einer  besonderen  Erlaubniss,  der  ihn  während  der  Gerichts- 
sitzungen betreten  wollte,  ohne  bei  den  betre£Penden  Rechtssachen  betheiligt  ma 
sein;  der  ältere  Text,  S.  8,  enthält  freilich  die  Bezeichnung  nicht,  aber  hier- 
aus ist  Nichts  zu  schliessen,  da  eben  nur  der  Ausdruck  ein  anderer  ist.  Beide 
Stellen  Hessen  freilich  allenfalls  auch  die  Deutung  zu,  daß  anter  dem  Gkrichlv» 
ringe  eben  nur  die  kreisförmig  sich  abschliessende  Versammlong  der  Richter 
selbst  zu  verstehen  wäre,  und  wenn  zwar  die  ältere  Ausgabe  der  Storldnga  I, 
cap.  18,  S.  31,  von  einem  Niedersetzen  der  Richter  ,f  dömsteinam"  spricht,  so 
fordert  uns  doch  auch  diese  Angabe  nicht,  da  der  ältere  und  bessere  Text 
dafSr  ,f  dömstadnum^  liest;  aber  doch  spricht  die  Eyrbyggja,  cap.  10,  S.  18, 
von  einem  alten  Gerichtsringe  am  |)6rsnes|)inge,  welcher  noch  zu  sehen  sei, 
and  auch  die  LandnAma  II,  cap.  12,  S.  98  erwähnt  des  daselbst  befindliehen 
Gerichtsringes,  so  daß  man  immerhin  wird  annehmen  müssen,  daß  unter  diesem 
irgend  eine  bleibend  erkennbare  Einrichtung  verstandok  werden  wolle,  welche 
den  Ort  der  Gerichtssitzungen  als  solche  bezeichne,  möge  man  dieee  non,  wie 
Gudbrandr  Vigfiisson,  s.  v.  dömhringr  will,  in  einer  kunstlich  angebmehten 
Gerichtsschranke  suchen,  oder  wie  unser  Verf.  S.  206,  Anm»,  in  bkibeiid  an* 
gebrachten  Sitzen  für  die  Mitglieder  des  Gerichtes.  Aber  wenn  man  mm 
darauf  hin  an  aUeu  und  jeden  Orten,  an  welchen  Ding  gehalten  wurde,  oder 
von  welchen  man  doch  annahm,  daß  an  denselben  Ding  gehalten  worde,  €k- 
richtsringe  gezeigt  bekommt,  so  wird  man  gut  thun  solchen  Angaben  mit  dem 
äussersten  Mistraueu  zu  begegen.  Unser  Verf.  selbst  hält  dafür,  daß  der  am 
Ämess|)fnge  gezeigte  dömhringr  ebensowohl  auch  eine  fjärborg,  d.  h.  Zufloehts- 
stätte  für  Schafvieh  sein  könne  S.  195 — 96,  und  erzählt,  daß  man  besfiglieh 
eines  an  der  älteren  Dingstätte  des  )>6rBnes))inges  noch  theilweise  sichtbaren 
Kreises  darüber  streite,  ob  solcher  ein  alter  Gerichtsring,  oder  die  Unununnang 
eines  ehemaligen  Tempels  (hofgardr)  sei,  S.  437,  Anm.  2;  was  will  man  mit 
derartigen  Bauresten  und  UberUeferungen  anfangen? 

Die  letzten  Bemerkungen  führen  nun  allerdings  zu  einem  Bedenken  hin- 
über, welches  ungleich  tiefer  in  die  ganze  Anlage  des  vorliegenden  Werkes 
einzagreifen  scheint.  Schon  in  der  Vorrede  wird  nämlich  bemerkt^  daß  dieses 
wesentlich  darauf  berechnet  sei  zum  besseren  Verständnisse  der  Sagenliteratnr 
beizutragen,  und  weiterhin  überdies  ausgesprochen,  daß  Vollständigkeit  nor 
bezüglich  der  in  den  älteren  Sagen  erwähnten  Ortsnamen  erstrebt  worden  sd, 


UTTEBATUB :  ZUR  TOPOQBAPHIE  ISLANDS.  95 

wogegen  bereits  die  SturlÜDga  uod  die  Mehrzahl  der  Biskupa  sogur  nicht  mehr 
mit  derselben  Aufmerksamkeit  behandelt  worden  sei,  weil  diese  Sagen  spätere 
Verhältnisse  betreffen.  Die  Selbstbeschränknng,  welche  der  Verf.  sich  damit 
auferlegt  hat^  äussert  nun  zunächst  die  Wirkung,  daß  dessen  Werk  keineswegs 
eine  erschöpfende  Topographie  Islands  bildet.  Schon  für  die  Erklärung  der 
Sturldnga  will  dasselbe  keineswegs  genügen,  wie  denn  z.  B.  über  die  in  Sturl.  11^ 
cap.  23,  S.  78,  und  wider  in  Str.  29  der  Skfdarima  genannte  Asölfsgata  in 
ihm  Nichts  zu  finden  ist;  über  die  vielfachen  Gefechte  aber,  welche  mit  han- 
sischen und  englischen,  hin  und  wider  auch  mit  spanischen  Kaufleuten  oder 
Seeräubern  da  und  dort  ausgefochten  wurden,  und  über  so  mancherlei  andere 
Vorkommnisse,  von  denen  J6n  Egilsson^s  BiskupsaunAlar  oder  andere  ältere 
Jahrbücher  berichten,  geht  der  Verf.  vollends  zumeist  stillschweigend  hinweg, 
nnd  von  den  berühmtesten  Persönlichkeiten  der  späteren  Zeit,  wie  z.  B.  Björn 
Einarsson  und  VatnsQardar-Kristin,  Björn  rorleifsson  und  Olöf  hin  rika,  Dadi 
Gndmnndsson,  Hannes  Eggertsson  und  seinen  Nachkommen  u.  dgl.  m.  wird 
theüs  gar  nicht,  theils  wenigstens  nur  in  sehr  ungenügender  Weise  Notiz  ge- 
nonmien,  obwohl  auch  ihr  Name  an  manche  Ortlichkeiten  auf  der  Insel  sich 
geknfipft  hat.  Da  nun  aber  der  Verf.,  wie  er  selbst  anerkennt,  an  die  von 
ihm  beliebte  Grenze  sich  doch  nicht  consequent  bindet,  kommt  zweitens  in 
seine  Arbeit  eine  gewisse  Unbestimmtheit  hinein,  welche  störend  wirkt,  so 
dankbar  man  ihm  auch  für  jede  über  seine  eigentliche  Aufgabe  hinausreichende  Mit- 
theilung sein  wird;  man  kann  ebensowohl  Aufklärungen  in  seinem  Buche  suchen 
ohne  sie  zu  finden,  ab  man  umgekehrt  in  demselben  Nachweise  findet,  welche 
man  nimmermehr  in  ihm  gesucht  haben  würde.  Ganz  besonders  bedenklich 
wird  aber  das  eingehaltene  Verfahren  durch  die  eigenthümliche  Beschaffenheit 
sowohl  der  älteren  Islendinga  sögur  als  der  neueren  Volksüberlieferungen  auf 
der  Insel.  Jene  Sagen  behandeln  bekanntlich  vorzugsweise  nur  die  ersten 
anderthalb  Jahrhunderte  nach  dem  Beginne  der  nordischen  Einwanderung  auf 
Island,  welche  Zeit  man  ja  eben  darum  als  die  söguöld  zu  bezeichnen  pflegt, 
und  doch  kann  als  feststehende  Thatsache  bezeichnet  werden,  daß  man  mit  der 
Aufiieichnung  dieser  Sagen  erst  um  die  Mitte  des  12.  Jahrhunderts  begann, 
und  daß  die  uns  vorliegenden  Texte  zumeist  erst  im  13.,  ja  gutentheils  erst  im 
14.  Jahrhundert  verfaßt  wurden.  Zwischen  der  Zeit,  auf  welche  die  betreffenden 
Sagen  sich  beziehen,  und  der  Zeit  ihrer  Aufzeichnung  liegt  demnach  eine  lange 
Frist  in  Mitte,  während  deren  ihr  Stoff  lediglich  der  mündlichen  Überlieferung 
fiberlassen  geblieben  war,  und  wiederholte  Überarbeitungen,  durch  welche  die 
uns  überlieferten  Texte  vielfach  hindurch  gegangen  sind,  mögen  ebenfalls  viel- 
fach die  historische  Treue  derselben  beeinträchtigt  haben.  Andererseits  reicht 
die  derzeitige  mündliche  Überlieferung  auf  Island,  soweit  sie  acht  und  nicht 
erst  aus  unserer  Schriftgelehrsamkeit  entsprungen  ist,  wie  oben  schon  bemerkt, 
nur  sehr  ausnahmsweise  über  das  15.  Jahrhundert  hinauf,  wogegen  sie  über 
die  späteren  Zeiten  ziemlich  viel  zu  berichten  weiß,  und  sie  pflegt  dabei  zwi- 
schen den  verschiedenen  Zeiten  so  gut  wie  gar  nicht  zu  unterscheiden,  vielmehr 
unbedenklich  auf  die  Landnamezeit  zurückzubeziehen ,  was  doch  erst  der  Zeit 
der  norwegischen,  oder  gar  der  dänischen  Herrschaft  angehört.  Schon  in  älteren 
Sagen,  zumal  sofeme  deren  Bearbeitung  erst  der  Zeit  der  Königsherrschaft  an- 
gehört^  kommen  von  hier  aus  vielfach  sehr  wunderliche  Irrthümer  vor.  Unser 
Verf.  selbst  hat  für  eine  lange  Reihe  von  Fällen    dargethan,   wie    ^coVi^  V^t- 


96  LITTERATUR:  ZUR  TOPOGRAPHIE  ISLANDS. 

Btosse  gegen  die  Topographie  einzelne  Sagen,  wie  z.  B.  die  Njtia  oder  die 
fsfirdinga  saga  sich  zu  Schulden  kommen  lieasen,  weil  deren  Überarbeiter  mit 
den  Localyerhältnissen  der  Gegend ,  in  welcher  sie  spielen,  nicht  gehörig  ver- 
traut waren,  und  ich  zähle  seine  desfallsigen  Ausfuhrungen  zu  den  verdienst- 
lichsten  Leistungen ,  welche  wir  ihm  zu  verdanken  haben;  unter  einen  ganz 
verwandten  Gesichtspunkt  fallt  aber  auch,  wenn  wir  in  derartigen  Sagen  hin 
und  wider  Angaben  über  Zustände  und  Gebräuche  gemacht  finden,  welche  zwar 
der  Zeit  ihres  Bearbeiters,  aber  nicht  jener  anderen  Zeit  entsprechen ,  in  wel- 
cher die  Erzählung  selbst  spielt«  Gudbrandr  Vigfiisson  hat  bereits  darauf  auf- 
merksam gemacht,  daß  in  einigen  Quellen  verkehrter  Weise  der  norwegische 
Amtstitel  des  „lögmadr"  statt  des  altisländischen  „lögsögumadr^  gebraneht 
wird,  und  was  noch  schlimmer  ist,  in  der  Isfirdinga  saga,  cap.  1,  S.  2,  dann 
cap.  3,  S.  7 — 8  sowohl  als  in  der  Svarfdala  cap.  10,  S.  137 — 38  und  cap. 
18,  S.  144  werden  logmenn  für  einzelne  Theile  der  Insel  erwähnt,  an  deren 
Wohnort  Ding  gehalten  und  von  denen  in  streitigen  Fällen  ein  „örskurdr* 
geordert  wird,  ganz  wie  dies  in  der  norwegischen  Zeit  der  Brauch  war.  In 
der  Grettis  saga  cap.  82,  S.  163  wird  von  einer  „logr^tta*  am  Hegranes  pinge 
gesprochen,  während  doch  eine  solche  nach  der  Verfassung  des  Freistaates  nur 
am  Alldinge  vorkommen  konnte.  Die  Nj4Ia  läßt  cap.  2,  S.  5  in  einem  Ehever» 
trage  einen  ])ridjiingsauki  ausbedingen,  welcher  doch  erst  mit  den  norwegischen 
Gesetzbüchern  ins  Land  kam,  und  sie  läßt,  was  näher  hieher  gehört,  schon  im 
Jahre  1011  am  Alldinge  eine  Zahlung  „i  biianda  kirkjugardi^  machen,  cap.  128, 
S.  637,  was  zwar  dem  späteren  Rechte  des  Freistaates  vollkommen  entspricht, 
aber  für  eine  Zeit  wenig  paßt,  in  welcher  die  um  etwa  ein  Jahrzehnt  später 
auf  des  heil.  Olafs  Betrieb  gebaute  Alldingskirche  noch  nicht  vorhanden 
war  u.  dgl.  m.  Die  mündlichen  Überlieferungen  der  Gegenwart  voUends  wim- 
meln von  derartigen  Verstössen,  und  mag  es  genügen,  auf  ein  köstliches  Bei- 
spiel eines  solchen  hinzuweisen,  welches  unser  Verf.  selbst  S.  568,  Ajum.  1 
mitiheilt  Im  Jahre  1213  wurde  Hrafn  Sveinbjamarsson  auf  seinem  Hofe  zu 
Hrafnsejri  von  )>orvaldr  Snorrason  fiberfallen  und  getödtet.  Der  Mann  war 
Inhaber  eines  godords,  und  ein  sehr  angesehener  Häuptling  gewesen ;  auf  dem 
Hofe  aber  zeigt  man  jetzt  noch  die  „skrifstofa  Hrafns%  wie  wenn  es  sieh  um 
das  Qontor  eines  modernen  Sysselmannes  handeln  würde.  —  Es  begreift  sich, 
daß  es  unter  solchen  Umständen  sehr  schwierig,  aber  auch  von  der  höchsten 
Wichtigkeit  ist,  sorgsam  zu  unterscheiden,  welcher  Zeit  jede  einzelne,  sei  es 
nun  sohriftliche  oder  mündliche,  Überlieferung  wirklich  angehöre.  Um  dies  zu 
können,  wird  es  schlechterdings  nothwendig  sein,  daß  man  seinen  Ausgangs- 
punkt von  historisch  bestimmt  fixierbaren  Quellen  nehme,  welche,  wie  dies 
etwa  von  den  Biskupasögur  und  der  Sturldnga,  von  der  Arons  saga  HjörleifB- 
sonar  oder  der  Hrafns  saga  Sveinbjamarsonar  gilt,  mit  den  von  ihnen  behan- 
delten Vorgängen  ziemlich  gleichzeitig,  oder  doch  nur  wenig  später  aufgezeich- 
net wurden;  nothwendig  sein  femer,  daß  man  sich  über  die  geschichtlich  fest- 
stellbaren Veränderungen  in  den  Zuständen  des  Landes  auch  hinsichtlich  der 
späteren  Zeiten  genügend  orientiere,  um  von  hier  aus  übersehen  zu  können, 
was  etwa  aus  den  Zuständen  dieser  späteren  Zeiten  in  die  Überlieferungen 
über  die  weiter  zurückliegende  Vorzeit  unbefugter  Weise  zurückgetragen  worden 
sei.  Auch  nach  dieser  Seite  hin  erlaube  ich  mir  wider,  durch  ein  paar  ein- 
zelne Beispiele  klar  zu  machen,  was  ich  auf  dem  Herzen  habe,  und  man  wird 


LTTTERATUB:  ZUR  TOPOGRAPHIE  ISLANDS.  97 

mir  verzeihen,  wenn   ich  dieac  Beispiele  dem  rechtsgeschichtlichen  Gebiete  ab 
dem  mir  sunächst  liegenden  entlehne. 

Allerwärts  im  Lande  zeigt  man  heutzutage  lögröttur  (8.  20,  Anm.  1; 
182;  254,  Anm.   1;    298;    319;    383,  Anm.  1;    485;  526;  568;  574;  vgl. 
femer  anch  iögröttugardar  S.  253  und  die  iöggardar,  dann  lögröttubiidir  8.  580). 
Selbstrerständlich  können  hierunter,  soweit  die  Bezeichnung  überhaupt  eine  ge- 
schichtlich  begründete  ist,  nur  die  Überreste  von  Dinghäusem  aus  neuerer  Zeit 
Terstanden  werden,  wie  solche  nicht  nur   am  Alldinge,    sondern    auch    ander* 
wärts    vielfach    errichtet    wurden;    spricht    doch    bereits    die  Verordnung  vom 
15.  Juli  1294,  in  ihrem  §.  46  von  der  ))inghdssgerd,  während  andererseits  ein 
Erkenntniss  der  logmenn  aus  dem  Jahre  1682  zeigt,  daß  man  die  iögröttumenn 
auch  an  den  Bezirksgerichten  zu  verwenden    pflegte*),    und    ein  Rescript  vom 
24.  März    1705    sogar    die  Ernennung    von  lögröttumenn    nach    Maßgabe    des 
norwegischen  Gesetzbuches  für  Island  vorschreibt,  woraus    sich    beiderseits  die 
Übertragung  der  Bezeichnung  lögr^ttnmenn  auf  die  Urtheilsfinder  an  den  Unter- 
gerichten (vgl.  Sveinu  Sölvason,  Tyro  juris  S.  206,  ed.  1,  oder  S.  245,  ed.  2), 
und  der  Bezeichnung  lögrötta  auf  deren  Gebäude  erklärt.     An  einzelnen  Orten 
zeigt  man  auch  wohl  Höhlen,  welche  als  Dinghäuser  gebraucht  wurden,    oder 
noch  gebraucht  werden  (S.  268;  274);  die  Vorzeigung  aber  einer  auch  durch 
ihr  Aussehen  schon  bedenklichen  lögrötta  an  der  Dingstätte  des  ))or8kaQardar- 
pingB  (S.  525 — 26)  läßt   bereits  dem  Verdachte  Raum,  daß  dabei  in  ähnlicher 
Weise  wie  bei  der  oben  besprochenen  Erwähnung  einer  lögr^tta  am  Hegraness- 
)>fnge    in    der  Grettla    ein   rechtsgeschichtliches  Mißverständniss  in  Mitte  liege, 
und  wenn   man  vollends   bei  Tzta  Grund    im  SkagaQördr  eine  Ozurar  lögrötta 
befitzen  will  (Vfkverji,  11.  Jahrgang,  nr.  10,  S.  150),  welche  nach  jenem  aus 
der  bördar  saga  hredu,  S.  28  —  46  (ed.  Haidörr  Fridrikssonj  bekannten  Goden 
Ozurr  Amgrfmsson  benannt  ist,  so  reiht  sich  diese  Überlieferung  würdig  an  das 
oben  von   der  Schreibstube  Hrafn  Sveinbjamarson's  Erzählte  an.    Andere  Male 
scheinen  vollends   die    unter    dem  Namen  von   lögröttur  vorgezeigten  Überreste 
mit  Dingstätten  gar  Nichts  zu  thun  haben,  sondern  ähnlich  wie  dies  bezüglich 
der  hoftoptir  bereits  erwähnt  wurde,  nur  Überbleibsel  früherer  Pferche  zu  sein, 
und  in  diesen  letzteren  Fällen  mag  dann  immerhin,  wie  ich  dies  früher  einmal 
vermnthungsweise    angedeutet    habe    (Island  ^  S.  193),    eine  Verwechslung    der 
lögrötta    mit    der    Idgr^tt,    d.  h.  dem  gesetsmässig  eigerichteten  Pferche,    dem 
Mißverständniss  zu  Grunde  liegen.     Ich    kann    nur    bedauern,    daß   die    über- 
triebene Kürze,    mit  welcher    ich    an    jenem  Orte   die   verschiedenen  Möglich- 
keiten der  Entstehung  derartiger  Irrthümer  zusammengedrängt  habe,  den  Verf., 
S.  22,  Anm.,  zu  einer  irrigen  Auffassung  meiner  Meinung,  und  damit  zn  einer, 
seine  Deutung  meiner  Worte  als  richtig  angenommen,  vollkommen  begründeten 
Polemik  gegen  mich  veranlaßt  hat.  Sorgsame  Scheidung  des  den  verschiedenen 
Zeiten  Angehörigen    dürfte   femer   auch  bezüglich  der  Leidvellir  am  Platze 
■ein,  welche  man  da  und  dort  auf  Island  zeigt.     Der  Leidvöllr  und  die  Leid- 
hamrar  auf  Kjalames  (S.  59  —  60)  mögen  zwar  um  ihrer  Belegenheit  willen  mit 


*)  Angefahrt  bei  John  Erichson,  Historisk  Indledning  til  den  gamle  og  nye 
Islaiidske  Bsettergang.  S.  471 ;  mir  liegt  der  Test  des  Erkenntnisses  handschriftlich  in 
einer  Dömabök  vcr,  die  früher  im  Besitze  des  Lögmannes  Sveinn  Sölvason  (f  1782} 
gewesen  war  und  welche  ich  der  Güte  des  quiescierten  Justitiarius  Hrn.  {'ördr  Jonas- 
■OB  verdanke. 

eSRHAMU.  Nene  Bsihe  lU,  (XIIY,  Jähtg.)  ^ 


98  UTTERA.TUR:  ZUR  TOPOGRAPHIE  ISLANDS. 

dem  alten  Kjalamesa  plage  in  VerbindoDg  gebracht  werden,  und  der  Leidar- 
h6ll  in  der  LeirirsTeit  im  BorgarQordr  (S.  2869  Anm,  1),  dann  der  Leidar- 
b6Imr  in  der  Dalasj^sla  (S.  463 — 64)  mögen,  da  sie  in  der  Hölmveija  aaga, 
Kormakfl  saga  und  Stnrlünga  bereits  erwähnt  werden,  ebenfalb  noch  der  frei- 
staatlichen  Zeit  angehören,  welche  ja,  wenn  anch  die  gemeinsame  Haltong  der 
leid  darch  die  3.  sam)>ingisgodar  an  der  herkömmlichen  Dingttätte  ihres  Frfih* 
lingsdinges  die  gesetzliche  Regel  bildete,  doch  ausnahmsweise  Abweichungen 
▼on  dieser  Regel  kannte  und  zuließ  (Kgsbök,  §.  61,  S.  111;  TgL  LjdsYetninga 
saga,  cap.  2,  S.  7);  aber  wenn  sich  anch  noch  ein  LeidTÖUr  im  Medallande 
der  Skaptafellssysla  findet,  so  möchte  dieser  wenigstens  doch  wohl  eher  aof  das 
leidar)>{ng  der  späteren  Zeit  zu  beziehen  sein,  welches  ja  nach  dem  Zeugnisse 
Pill  Vidalin's  (Skjnngar,  S.  326)  bis  gegen  den  Schluß  des  17.  Jahrhunderts 
hin  und  wider  abgehalten  wurde.  Bezüglich  der  in  der  Bandamanna  saga  ge- 
nannten Hvammsleid  Yollends  ergibt  sich  in  ganz  anderer  Richtung  ein  ZweifeL 
In  der  Ausgabe  Haldör  Fridriksson's,  S.  41,  heißt  es  zwar:  «)>etta  haust  hit 
sama  safhar  Hermundr  lidi,  ok  ferr  üt  til  Hyammsleidar'' ;  aber  CedersehiÖlds 
Ausgabe,  welche  doch  einem  älteren  und  besseren  Texte  folgt,  liest  dafür  S.  17: 
«Lidr  af  Tetrinn,  ok  er  vora  tekr  ferr  Hermundr  til  Hvamms  leidar**,  und  bei 
dieser  Fassung  ihrer  Worte  kann  somit  die  Angabe  nicht,  wie  unser  Verf. 
S.  361  will,  auf  das  Herbstding  bezogen  werden.  Überdies  sind  auch  die 
folgenden  Worte  derselben  Ausgabe:  „ok  er  bann  »tladi  ütan,  pk  segir  hann, 
at  peil  munu  snua  ofan  til  Borgar^,  welche  in  dem  jüngeren  Texte  ToUig 
fehlen,  durchaus  uuTerständlich,  da  von  einem  „»tla  ütan*,  d.  h.  ins  Ausland 
reisen  wollen,  denn  doch  bei  einem  Manne  nicht  die  Rede  sein  kann,  welcher 
▼ielmehr  beabsichtigt,  von  einer  nur  zum  Scheine  verfolgten  Strasse  abbiegend 
einen  in  der  nächsten  Nachbarschaft  wohnenden  Feind  zu  überfsUen.  Aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  liegt  hier  eine  Textesverderbniss  vor,  und  hatte  die 
Sage  ursprünglich  erzählt,  wie  Hermundr,  vorgebend  ausser  Lande  gehen  an 
wollen  (at  hann  etladi  ütan),  den  Weg  (leid)  nach  Hvammur  einschlug,  wobei 
dahingestellt  bleiben  mag,  ob  darunter  der  Hof  dieses  Namens  im  Nordrirdalr 
oder  der  gleichnamige  Hof  in  der  Hvitärsida  zu  verstehen  sei,  welchen  die 
neueren  Hofregister  zwischen  Gilsbakki  und  S&mstadir  aufführen,  und  daß  er 
erst,  dort  angekommen,  seinen  Begleitern  erklärte,  von  der  Strasse  ablenken 
und  in  weitem  Bogen  nach  Borg  reiten  zu  wollen,  um  dort  den  Egill  zu  ftbw- 
fallen.  Ich  verzichte  darauf,  durch  irgendeine  Conjectur  diesen  Sinn  in  die 
handschriftlich  überlieferten  Worte  hineinzucorrigieren ;  eine  unbefsngene  Fer- 
gleicbung  der  beiden  veröffentlichten  Texte  dürfte  indessen  jedenfrüls  seigea, 
daß  der  jüngere  den  älteren  durchaus  willkürlich  corrigiert  hat,  und  die  Schwie- 
rigkeit, an  einem  Orte  ein  Herbstding  ansetzen  zu  müssen,  an  welchem  eine 
Dingstätte  sonst  in  der  freistaatlichen  Zeit  nicht  nachgewiesen  ist  und  anch  im 
Hinblicke  auf  dessen  Entlegenheit  nicht  wohl  angenommen  werden  kann,  dürfte 
damit  beseitigt  sein.  Schwierigkeiten  hinsichtlich  ihrer  geschichtlichen  Bedeu- 
tung ergeben  sich  auch  sonst  in  Bezug  auf  die  zahlreichen  Dingstätten  im 
Lande,  von  welchen  man  Überreste  zeigt,  oder  auf  welche  doch  bestimmte  Loeal- 
namen  hinweisen.  Zum  Theil  handelt  es  sich  dabei  allerdings  um  Dingstätten, 
welche  bereits  in  der  freistaatlichen  Zeit  genannt  werden.  So  besprieht  der 
Verf.  ausführlich  die  Örtlichkeit,  an  welcher  das  AUding  gehalten  wurde  (8.  95 
bis  160);  femer  das  )>{ngskäla-  oder  Räng4r)>{ng,  S.  218^20,  daa  ijnes|>ing, 


LITTERATUB:  ZUR  TOPOGRAPHIE  ISLANDS.  99 

S.  194 — 97,  Tgl.  S.  205 — 6,  and  das  Kja1anie8s))fiigy  S*  59 — 60;  ferner  das 
pükgatM'  und  pver^rpiog,  S.  803 — 5^  das  )>6r8iies8))mg ,  S.  436 — 38,  dann 
8.  440 — 44,  und  das  )>orskaf)ardar)>ingy  S.  524 — 27 ,  also  die  8  Dingstätten 
einerseits  des  Südlandes  nnd  andererseits  des  Westlandes,  welche  in  der  J4m- 
sfda  und  J6nsb6k  als  solche  genannt,  nnd  anch  bereits  in  der  freistaatlichen 
Zeit  in  gleicher  Eigenschaft  nachweisbar  sind ;  endlich  anch  die  Dingstatte  on- 
dur  Valfelli,  S.  867 — 70,  welche  nach  der  Eigia  nnd  der  Gnnnlaags  saga  orms- 
tdngn  in  der  zweiten  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  von  den  Leuten  im  Borgar- 
Qdrdr  benutzt  wurde,  —  das  StraumsQardar  ping,  S.  408,  von  welchem  die 
Ejrbyggja  berichtet,  —  endlich  das  Hvalseyrar-  oder  yal8e7rar))ing,  ping* 
eynrping  oder  D]hniQardar}>ing,  S.  573 — 74  und  576 — 77,  you  welchen  einer- 
seits die  Gfsla  saga  Siirssonar,  und  andererseits  die  Hrafns  saga  Sveinbjam- 
arsonar  und  die  Sturlünga  Zeugniss  geben.  Zahlreiche  Localbezeichnungen 
wie  )>ingTellir,  }>ingTallaborg,  pingvallavogr  Q)6rsness])ing),  )>ingh611  (|>£ng8k41a- 
)>(ng,  nndir  Valfelli)  oder  pfnghölar  (Amespfng),  ))ingbrekka  (undir  Valfelli), 
piaghoh  (Ames)>fng),  oder  weiter  abstehend  und  mehr  auf  das  Reisen  zum 
Ding  deutend  plngmanna  ij6dr,  )>fngmannah611,  ))iogmannagötur  ())or8kaQardar- 
piüg)j  halten  die  Erinnerung  an  solche  Dingstätten  fest,  und  es  fehlt  auch 
nieht  an  Gerichtsringen,  die  an  ihnen  gezeigt  werden  (Ame88))ing,  ))6r8neB8)>ing, 
D^aQardar  ping),  oder  selbst  an  einem  angeblichen  Opfersteine ,  wie  jenem 
pdiBteinn  am^)>6rsness)>fnge,  von  welchem  oben  bereits  die  Rede  war.  Aber 
doch  ergeben  sich  bereits  bei  diesen  Dingstätten  mancherlei  Schwierigkeiten. 
Dieselben  sind  rielfach  bis  in  die  neuere  Zeit  herab  in  Gebrauch  geblieben, 
wie  denn  der  Verf.  z.  B.  bezüglich  des  )>fngskAla)>fnges  bemerkt,  daß  dessen 
Dingstätte  noch  im  rorigen  Jahrhunderte  benutzt  worden  sei;  von  hier  aus 
erklärt  sich,  daß  vielfältig  Richtstätten  an  oder  in  der  Nähe  solcher  Dingstätten 
gezeigt  werden  (Kyalakrökr,  porska^ardar  ping ;  gilgi,  gilgaklettar,  gilgasteinar, 
Kjalames8)>ing,  Amesspfng,  ))6rsne88)>ing ;  aftökusteinn ,  aftökugil,  pjöfapollr, 
)>ingskäla)>ing),  wie  denn  zumal  auch  zu  pfngvellir  die  Stätten  zu  sehen  sind, 
an  welchen  Weiber  ertränkt,  Hexen  yerbrannt,  Diebe  gehängt  und  andere  Ver- 
brecher geköpft  wurden  (S.  148 — 49;  ygl.  S.  124).  Das  Recht  des  Freistaates 
wußte  Nichts  ron  irgendwelchen  Todesstrafen;  erst  in  weit  späterer  Zeit  sind 
solche  aollgekonunen,  und  alle  auf  sie  bezüglichen  Überlieferungen  können  dem- 
nach erst  dieser  letzteren  angehören.  Aber  welche  Gewähr  haben  wir  dem 
gegenüber  dafür,  daß  die  übrigen  Angaben  über  die  Localitäten  der  einzelnen 
Dingstätten  auf  die  Zeit  des  Freistaates  sich  beziehen?  Bezüglich  der  Dingstätte 
des  Alldinges  zu  pingvellir  hat  der  Verf.  in  der  That  zu  beweisen  yersucht, 
daß  ziemlich  alle  Überlieferungen  über  die  einzelnen  maßgebenden  Ortlichkeiten, 
so  bestimmt  sie  auch  auftreten,  geschichtlich  unhaltbar  seien,  und  dieses  nega- 
tire  Ergebniss  wenigstens  seiner  Beweisführung  wird  unbedingt  anerkannt  wer- 
den müssen,  wenn  man  auch  hinsichtlich  der  positiven  Aufstellungen,  welche 
derselbe  an  die  Stelle  der  einheimischen  Tradition  setzen  will,  seine  Zweifel 
haben  mag;  ich  wenigstens  gestehe,  daß  mir  eigene  Anschauung  yon  der  Ding- 
stfttte  und  eingehendes  Studium  der  Quellen  längst  die  Überzeugung  beigebracht 
hat,  daß  Alles  was  num  heutzutage  auf  jener  als  lögberg,  lögrötta,  Ding- 
baden n.  dgl.  zeigt,  für  die  freistaatliche  Zeit  unmöglich  als  beglaubigt  ange- 
sehen werden  kann.  Ähnlich  aber  mag  es  auch  mit  den  Dingstätten  der  ein« 
aelaen  Frühlingsdinge  stehen ,    nur  daß  wir  bezüglich  ihrer  lÄftViX.  Vn  ^«t  \jai^ 

1* 


100  LITTERATUR:  ZUR  TOPOGRAPHIE  IBLAHOa 

lind  gleich  bündigen  Beweis  fahren  so  können,  sofeme  es  iu  der  alten  Litteratur 
gar  sehr  an  genaueren  Nachrichten  über  die  betreffenden  Ortlichkeiten  fehlt 
—  Schlimmer  noch  steht  die  Sache  begreiflich  in  den  Fällen,  da  uns  Ding- 
stätten genannt  werden,  welche  in  den  älteren  Quellen  überhaupt  nicht  erwähnt 
sind.  Wir  hören  von  einem  pingholt  bei  Reykjavik  (S.  20,  Anm.  1),  von 
einer  Dingstätte  bei  Ellidavatn,  bei  welcher  ein  pingnes  und  ein  G^erichtsring 
gezeigt  werden  (S.  19 — 20),  von  einer  Dingstätte  zu  Kopavogr,  bei  welcher 
ein  )>inggerdi  und  eine  lögr^tta  zu  sehen  ist  (S.  27,  Anm.);  «in  pingaeu 
sammt  einem  g&lgaklettur  findet  sich  bei  Hagi  in  der  Amessysla  (S.  198, 
Anm.  2),  ein  l)fngh6Il  zu  l)j6d61fBhagi  im  Holtamanna  hreppur  der  R4ng4r- 
Tallasj^sla  (S.  212,  Anm.  2),  ein  solcher  mit  einem  g&lgaklettar  bei  Störölfs- 
hvoll  (S.  230,  Anm.  1),  bei  LeirA  im  BorgarQördr  (S.  296,  Anm.  3),  bei 
Galtarholt  im  Borgarhreppr  (S.  372,  Anm.  2),  und  bei  Smidjah611  ebenda 
(S.  383,  Anm.  1),  ein  ebensolches  sammt  einem  )>inghamarr  an  Lang^* 
brekka  (S.  417^  Anm.),  ein  pinghöll  femer  auf  den  Svefneyjar  (S.  544,  S.  l) 
und  bei  Vadall  (S.  552,  Anm.  1).  Wiederum  ist  von  einem  ^fngskAlanes 
die  Rede  bei  Saurar  in  der  Helgafellssveit  (S.  445),  und  von  einem  }>ing- 
eyri  bei  Fagridalr  im  Saurbsjarhreppr  (S.  495),  dann  von  einer  Ding- 
stätte und  einem  D6maradalr  bei  Hagi ,  in  den  Odungen  an  der  Hekla 
(S.  216,  Anm.  1);  ein  D6marahvammur  wird  bei  Vattames  im  SkAlmarigÖrdr 
gezeigt  (S.  537),  und  dömhringar  wollen  nachgewiesen  werden  bei  Lsskjarbugr 
im  Hraunhreppr  (S.  389),  bei  Höfdi  im  Dyrafjördr  (S.  577),  im  Unadadalr 
auf  den  SnsB^allaströnd  (S.  606,  Anm.  1),  bei  Sseb^l  im  Onundari^^'^'^»  ^^^ 
zwar  hier  zugleich  mit  löggardar  und  einem  gAlgafors  (S.  580).  Wiederholt 
wird  ferner  von  einem  )>riggja  hreppa  ))ingstadr  gesprochen  (S.  198,  Anm.; 
287;  389,  Anm.  1);  in  allen  diesen  Fällen  aber  bieten  die  älteren  Quellen 
keinen  Anhaltspunkt  für  die  Annahme,  daß  bereits  in  der  freistaatliehen  Zeit 
an  den  betreffenden  Orten  Ding  gehalten  worden  sei.  In  derartigen  Fällen 
eröffnet  sich  nun,  wie  dies  auch  unser  Verf.^  S.  20,  bemerkt,  eine  lange  Reihe 
von  Möglichkeiten.  Es  ist  denkbar,  daß  die  betreffende  Dingstätte  wirklich 
bereits  zur  Zeit  des  Freistaates  bestand,  sei  es  nun,  daß  ein  älteres  Ding  zeiten- 
weise seine  Dingstätte  wechselte,  wie  etwa  im  BorgarQördr  zuerst  zu  ^ingnes, 
dann,  wie  es  scheint,  undir  Valfelli,  und  noch  später  zu  Stafholtsey  an  der 
l>verA  Ding  gehalten  wurde ,  oder  wie  das  })6rsne8s))ing  nach  kurzem  Bestände 
von  Hofstadir  weg  nach  seiner  späteren  Dingstätte  verlegt  wurde,  —  oder  daß  aus 
Zweckmässigkeitsrücksichten  ein  Dingverband  sich  getheilt  hatte,  wie  etwa  das 
D^rafjardarping  aus  derartigen  Gründen  vom  porsk^arda^inge  sieh  abgezweigt 
zu  haben  scheint  —  oder  daß  in  Folge  persönlicher  Zerwürfnisse  ein  einzelnes 
Godord  aus  seinem  bisherigen  Dingverband  ausschied  und  sich  seine  eigene 
Dingstätte  wählte,  wie  die  Raudmelingar  wegen  ihrer  Streitigkeiten  mit  Snorri 
godi  sich  vom  }>örsness))inge  trennten  und  ihr  eigenes  StraumsQardaif>ing  er- 
richteten —  oder  endlich,  daß  auf  Grund  der  flmtardomslög  ein  neues  Godord 
entstand,  welches,  weil  keinem  der  bestehenden  Dingverbände  zngetheilt,  noth- 
wendig  ein  Ding  für  sich  begründen  mußte.  Es  ist  aber  eben  so  gut  denkbar, 
daß  die  einzelne  Dingstätte  erst  einer  späteren,  vielleicht  sogar  erst  einer  sehr 
neuen  Zeit  angehört,  und  denkbar  auch,  daß  die  Annahme  einer  solchen  und 
der  auf  deren  Existenz  hinweisende  Localname  überhaupt  nicht  gesehichtlich 
bcjgrfindet,  vielmehr    lediglich    der  Conjectur   irgend   eines  älteren  Geeebichts* 


LTTTERATUR:  ZUB  TOPOGRAPHIE  ISLANDS.  101 

freundes  lo  verdanken  ist.  Nach  dieser  letzteren  Seite  hin  würde  man  lu 
völliger  Klarheit  nur  gelangen  können,  wenn  die  Qeschichto  der  isländischen 
Bezirksverfassung  auch  für  die  spätere  Zeit  und  bis  in  die  Gegenwart  herunter 
quellenmässig  verfolgt  und  festgestellt  wäre«  Dies  ist  nun  aber  lur  Zeit  noch 
ganz  und  gar  nicht  der  Fall,  und  auch,  so  lange  das  Diplomatarium  islaudicuin 
nicht  über  die  freistaatliche  Zeit  herabreicht,  nur  auf  Qrund  umfassender 
archivalischer  Forschungen  erreichbar;  man  wird  demnach  zwar  ernsthaft  be- 
dauern müssen,  daß  nach  dieser  Seite  hin  die  vorliegende  Schrift  eine  empfind- 
liehe  Lücke  zeigt,  aber  deren  Verf.  keinen  Vorwurf  daraus  machen  dUrfen, 
daß  er  sie  zu  füllen  nicht  im  Stande  war« 

Überhaupt  möchte  ich  dafür  halten,  daß  die  rechtsgeschichtliche  Seite  dos 
vorliegenden  Werkes  die  schwächste  desselben  sei.  Die  schwierige  Frage  nach 
der  Grenze,  welche  das  Südland  vom  Westland  trennte,  wird  durch  die  sehr 
eingehende  Erörterung,  welche  der  Verf.,  S.  331 — 37,  ihr  widmet,  keineswegs 
erledigt,  und  zwar  wesentlich  darum,  weil  die  für  die  spätere  Zeit  verfügbaren 
Quellen  wesentlich  unbenutzt  bleiben.  Die  Besprechung  der  territorialen  oder 
aber  nur  persönlichen  Bedeutung  der  Godorde  und  der  Dingverbände  auf  S.  69 
bis  72  ist  eine  durchaus  unpräcise,  zumal  weil  der  Verf.  die  AnhalUpuokto, 
welche  die  Sturlünga  und  die  mit  ihr  verwandten  Sagen  für  die  Annahme  eine« 
späteren  Überganges  von  deren  rein  persönlicher  zu  einer  localen  Geltung  bieten, 
unbeachtet  gelassen  hat.  Hinsichtlich  der  Besetzung  der  fj6rdüngsd6mar  äussert 
er  sich,  S.  110,  nicht  bestimmt,  will  indessen,  S.  114,  Anm.  1,  an  der  Hand 
einer  für  die  Entscheidung  der  Frage  besonders  wichtigen  Stelle,  Nj41a,  cap.  27, 
S.  501  —  2,  der  neuen  Ausgabe,  auf  Grund  des  von  Konr4d  Gislason  consti- 
tnierten  Textes  sich  eher  für  die  Zahl  von  9  Richtern  entscheiden.  Aber  dabei 
ist  abersehen,  daß  dieser  Text,  wie  aus  den  beigegebenen  Varianten  zu  ent- 
nehmen ist,  nur  auf  dem  Zeugnisse  einer  einzigen  Membrane  beruht,  welche 
»femar  tylftir"  liest,  wogegen  alle  anderen  vorhandenen  Membranen,  7  an  der 
ZaUy  übereinstimmend  „preüüsn**  lesen.  Über  die  Entstehungszeit  und  den 
WerUi  der  8  Hss.  gibt  die  dürftige  Vorrede  der  neuen  Ausgabe  allerdings 
keinen  Aufschluß,  aber  Dr.  Gudbrandr  Vigfiisson,  welcher  die  Güte  hatte  auf 
Gntnd  einer  im  vorigen  Sommer  von  ihm  selber  genommenen  Copie  mir  eine 
Abeduift  der  SteUe  nach  allen  8  Membranen  zukommen  zu  lassen,  bemerkt 
mir,  daß  das  in  AM.  162  aufbewahrte  Hs.-Fragment,  welchem  Konr4d  Gisla* 
mm  Mgt,  ungefähr  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  angehöre,  als  eine  schlechte 
Hs.  xa  bezeichnen  sei,  und  daß  dasselbe  an  der  hier  fraglichen  Stelle  selbst 
jtdenhJÜM  zwei  entschiedene  Fehler  zeige,  indem  es  „femar^  zweimal  setze  und 
die  von  Skapti  gesprochenen  Worte  dem  Nj4ll  in  den  Mond  lege,  wogegen  die 
7  fibrigen  Hss.  mit  Ausnahme  einer  einzigen,  dem  15.  Jahrhundert  angebdrigen^ 
eämmtKch  ans  dem  Anfange  oder  aus  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  stammen, 
md  znmal  AM.  132  foL  und  AM.  468  in  4*^  sicherlich  bis  in  die  Lebenszeit 
▼OB  Lfenten  hinanireichen,  welche  die  letzten  Zeiten  des  Freistaates  noch  seibet 
criebi  hatten.  Es  ist  demnach  klar,  daß  die  Reconstructioo  des  Textes  in  der 
•cacB  Ansgabe  ganz  ond  gar  nicht  im  Hinblicke  auf  den  bandsehriftliehen  Be* 
immd  erfolgt»  sondern  dorch  die  vorgefaßte  Meinung  beeinflußt  ist,  daß  der  Bicbler 
36  fnr  jedes  Landesviertel  gewesen  sein  konnten.  Bexiglieb  der 
seheiBt  mir  vollkommen  onrichtig,  weim  der  Verf.,  8.  117 — 18, 
daß  dieselbe  ebenso  in  4  Abtheilnagen  zcr&Oca  sei,  wie  das  AUd\^^^ 


102    LITTERATUB:  H.  PETERSEN,  OH  N0RDB0ERNE8  0UDEDTBKEL8E  etc. 

geriebt  in  4  Q6rdiingrd6inar  rieb  theilte.  Wenn  in  der  Kgib6k,  §.116,  8.  909, 
gesagt  wird :  „6r  peirre  lögr^tto,  er  lögsögomadr  er  tekinn,  skolo  menn  g4nga 
til  lögbergB*!  so  bezeicbnet  der  Ansdmek  lögrtoa  dabei  keioeswegs  eine  Ab- 
theilong  der  gesetsgebenden  Versammlang^  sondern  eine  einzehie  Sitrang  der- 
selben, nnd  genan  dasselbe  gilt  anch  yon  §.  117,  S.  214,  wo^  nachdem  der 
Strafe  gedacht  wurde,  welche  den  Gknlen  treffen  soll,  der  seinen  Plati  in  der 
lögrötta  nicht  einnehmen  will,  wenn  es  zn  einer  rddning  derselben  kommt,  fort- 
gefahren wird:  „)>at  yardar  ok  allt  sh'kt  hit  sama  ))eim  mönnom  öllnm,  er 
lögr^tto  seto  eigo,  at  gegna  at  lögr^tto  )>eirre  sem  pk  skjlda  log  til*.  In  der 
That  wäre  apch  kanm  begreiflich,  wie  eine  gesetzgebende  Versammlung  ohne 
gemeinsame  Versanmilangen  dorchkommen  sollte,  nnd  schlechthin  nnerklärlich, 
warum  man  die  gesetzgebende  Function  von  der  richtenden  abzutrennen  sich 
veranlaßt  gesehen  haben  sollte,  wenn  nicht  gerade  die  Nothwendigkeit  für  die 
erstere  die  Einheit  der  maßgebenden  Versammlung  festzuhalten,  als  das  Gkricht 
sich  in  4  Abtheilungen  spaltete ,  hiezu  gezwungen  hätte  u.  dgl.  m.  -~-  Manche 
der  hier  henrorgehobenen  Mängel  werden  übrigens  möglicherweise  durch  die  für 
den  zweiten  Band  in  Aussicht  gestellten  allgemeinen  Bemerkungen  ergänzt  werden, 
und  andererseits  wäre  es  unbillig  zu  yerlangen,  daß  in  einem  Werke,  welches 
die  mannigfaltigsten  Gebiete,  wie  Topographie,  Culturgeschichte ,  Sagenkunde, 
Volkswirthschaft  u.  dgl.  m.  ganz  gleicbmässig  berührt,  jedes  einzelne  Gebiet 
mit  derselben  Sicherheit  und  Sauberkeit  behandelt  werde,  wie  man  sie  von 
einem  Specialisten  allenfalls  zu  beanspruchen  berechtigt  wäre.  Ich  wenigstens 
fühle  mich  trotz  aller  Bedenken,  die  ich  bezüglich  einzelner  Punkte  zu  erheben, 
und  trotz  aller  Wünsche,  die  ich  in  manchen  Beziehungen  auszusprechen  hatte, 
doch  in  erster  Linie  gedrungen,  meiner  freudigen  Anerkennung  für  das  gewal- 
tige Maß  des  Geleisteten  Ausdruck  zu  geben ^  und  zugleich  meinem  wärmsten 
Danke  gegen  den  Verfiisser  nicht  nur,  sondern  auch  gegen  die  amamagnsniaehe 
Commission  Luft  zu  machen,  welche  in  liberaler  Auffassung  ihrer  Aufgabe  uns 
in  dem  vorliegenden  Werke  eines  der  wichtigsten  Hülfsmittel  für  das  Ventimd- 
niss  des  isländischen  Alterthumes  geliefert  hat.  Möchte  der  zweite  Band  recht 
bald  dem  ersten  folgen. 

BfÜNCHEN,  den  2.  Jum^l878.  KONRAD  MAUSER 

Henry  Petenen,'C)m  Nordboemes  Gudedjrkelse  og  Gudetro  i  Hedenold.  Kjbhm. 
C.  A.  Reitzels  Forlag  1876. 

Während  unsere  deutsche  Mythologie  nur  zum  allergeringsten  Theil  ans 
Dichtungen  oder  sonstigen  Berichten  aus  heidnischer  Zeit  schöpfen  kann,  steht 
es  im  Norden  bekanntlich  ganz  anders ,  wo  die  verhältnissmäßig  reichen 
Schätze  altheidnischer  Göttergeschichten  in  den  beiden  Edden  den  GHanben  der 
Nordleute  fast  wie  in  einem  Compendinm  skandinavischer  Beligionslehre  uns  vor 
Augen  zu  stellen  scheinen.  Mit  großem  und  mit  geringem  Geschick  hat  man 
im  Süden  und  Norden  immer  wieder  die  in  genialer  Unvollständigkeit  zusam- 
mengestellten Nachrichten  zu  vervollständigen ,  in  Systeme  zu  bringen  gesucht, 
in  geschichtliche  (Odin !)  oder  Naturvorgänge  umgesetzt.  Daß  hiebei  schöne  und 
sichere  Resultate  gewonnen  wurden,  wird  man,  und  will  auch  Ref.  nicht  laug- 
neu,  aber  gar  zu  oft  hat  man  aus  dem  Auge  gelassen,  daß  Poesie  und  Mytho- 
logie nicht  Religion  ist.     Der   alte  Rühs   hat  bekanntlich   seiner  Zeit  heftigen 


LITTERATÜB :  H.  PETEBSEN,  OH  NORDBOEBNES  GUDEDTBKEL8E  eto.     103 

ü^denpnich  (P.  £.  Müller)  und  wenig  Beifall  gefunden.  Seit  man  über  die 
Entstehnngszeit  der  Edden  etwas  klarer  nnd  nüchterner  zu  seben  angefangen 
hat,  findet  man  auch  bcMere  Gründe  dagegen,  daß  die  Eddalieder  reiner  Auf- 
druck des  religiösen  Glaubens  spätestens  des  6. — 9.  Jhd.  seien.  Sichtige  Auf- 
^ABSung  der  nordischen  Mythologie  und  Religion  ist  nur  möglich  ,  wenn  man 
sich  gewöhnt,  die  Edda  Torzugsweise  als  litterarisches  Denkmal  zu  betrachten 
und  ihren  Inhalt  zur  Ergänzung ,  Erklärung  anderweitiger  Ueberlieferung  zu 
rerwenden,  anstatt  umgekehrt,  sie  durchweg  zu  Grunde  zu  legen.  Einen  guten 
Schritt  zum  Besseren  scheint  obige  Schrift  gethan  zu  haben.  ^Der  Nordleute 
Götterverehrung  und  Götterglanben  in  der  Heidenzeit.  ^  Der  YerfiEMser  Henry 
Petersen  ist  natürlich  nicht  mit  dem  bekannten  N.  M.  Petersen,  dem  Verfasser 
der  nordischen  Mythologie  zu  Terwechseln.  Ende  1876  erschienen  ,  hat  sein 
Buch,  wie  mir  scheint,  in  Deutschland  bb  jetzt  zu  wenig  Beachtung  gefunden ; 
wie  ich  höre,  bt  in  Dänemark^  Petersen's  Heimat,  dasselbe  der  Fall.  Es  bietet 
nicht,  was  der  Titel  eigentlich  sagt;  es  werden  nicht  alle  Götter  behandelt  und 
nicht  alle  Seiten  des  Cultus  und  Glaubens  erschöpfend  dargestellt,  wohl  aber 
sind  die  wichtigsten  und  entscheidenden  Fragen  ausführlich  erörtert.  In  drei 
vngleiehen  Theilen  wird  pag.  1 — 20  über  den  Cultus,  pag.  21 — 32  über  die 
Tempel,  pag.  38  — 137  über  den  Götterglauben,  die  eigentliche  Mythologie, 
gesprochen.  •—  Aus  der  ersten  Abtheilung,  die  sich  zunächst  mit  der  Stellung 
der  weltlichen  Herrscher  zum  Cultus  befaßt,  möchte  ich  die  Bemerkungen  über 
das  Vorkommen  des  Godennamens  auf  dänischen  Bunensteinen  (Saulva-Kupi, 
Nura-Ku)>i,  Tgl.  übrigens  auch  K.  Maurer,  Island  pag.  45)  pag.  8  und  Anm., 
sowie  daa  Folgende  über  die  Centralcultusstätten  des  Nordens  hervorheben ;  be- 
sonders die  ausführliche  Auseinandersetzung  über  Lethra  (Lejre),  die  wohl  an- 
geihan  ist,  die  bisherige  Meinung  über  dessen  Bedeutung  für  Dänemark,  wie 
sie  nach  Thietmar  ron  Merseburg  sich  bildete,  umzustoßen ;  ob  freilich  der  Be- 
weü,  daß  Ringsted  die  dominierende  Rolle  gespielt  habe,  wirklich  erbracht  sei, 
möchte  ich  nicht  für  sicher  halten.  Mehr  Interesse  für  dänische  Geschichte  ab 
für  nordische  Mythologie  und  Religionskunde  hat  die  Untersuchung  über  die 
Belegenheit  der  Hauptdingstätte  Isöre  pag.  18  £F.  Anstoß  erregten  mir  im  ersten 
Theile  einige  scheinbar  unwichtige  Ungenauigkeiten.  Seite  5  heißt  es  einmal, 
der  Besitz  des  Gk>dordes  (auf  Island)  war  an  das  Geschlecht  geknüpft  und  in  ihm 
erblich ;  es  könnte  diese  Bemerkung  zu  Mißverständnissen  über  die  priesterliche 
SteUung  des  Goden  führen;  ein  inneres  Band  zwbchen  Geschlecht  und  Grodord 
besteht  nicht;  bloß  der  Besitz  knüpft  Godenwürde  und  Godenrechte  an  das 
Geschlecht  und  an  das  ganze  eigentlich  nur,  wenn  das  Godord  getheilt  wurde; 
an  etwas  wie  8tammguts(6dal-)eigenschaft  des  Godord  ist  nicht  zu  denken. 
Vgl.  K.  Maurer,  Island  pag.  42,  99  f.  Eine  weitere  Unklarheit  in  Bezug  auf 
die  Bedeutung  und  Geschichte  jener  isländischen  Institution  enthält  pag.  6,  wo 
es  heißt:  der  Tempel  wurde  auf  Island  in  der  Nähe  der  Dingstätte  errichtet; 
der  Hergang  ist,  wenn  überhaupt  eine  Regel  ausgesprochen  werden  darf,  um- 
gekehrt gewesen. 

Der  zweite  Theil  handelt  von  der  Anlage  der  Tempelhäuser  (Lang- 
hlnser  mit  Apsis  oder  Rundbauten!),  von  ihrer  Ausschmückung,  von  dem  Gkng 
und  der  Zeit  der  Opferfeste.  —  Für  das  midsumarsbl6t  bei  Snorri  kann  ich 
übrigens  jetzt  auf  pag.  55  f.  der  eingehenden  Abhandlung  von  Björn  Magn- 
isfoo  oben  in  den  Aarbög.  t  0.  1878,  1  ff.  verweisen« 


104    LITTERiLTUB:  H.  PETERSEN,  OM  N0RDB0EBNE8  6ÜDEDTSKEL8E  etc. 


Am  wiehtigtten  seheint  mir  der  dritte  Tbeil;  er  hat  sich  kein  gerin* 
geres  Ziel  gesteckt,  als  Odin  sn  entthronen  und  Thor  an  die  Spitze  des  nor- 
dischen 01/mp  SU  stellen.  Theoretisch  ist  man  ja  aoch  bei  uns  schon  aof  ähn- 
liche Resultate  gekommen,  ygl.  Simrock^  Myth.  \  pag.  232  f.  —  H.  Petersen 
hat  eine  eigenthümliche  f  meines  Eracbtens  völlig  berechtigte  Methode  einge- 
schlagen. Ich  will  hier  die  Hanptmomente  seiner  Darstellung  herrorheben.  Vor- 
erst sondert  er  ans  der  Gesammtheit  der  Göttertjpen  drei  ans:  Thor,  Frey 
nnd  Odin.  Ihre  Bilder  sind  es,  die  in  der  Regel  in  den  Tempeln  allein  oder 
▼ereinigt  zu  finden  waren  (z.  B.  in  Upsala),  sie  sind  es^  mit  denen  die  Nord- 
lente  durch  ihre  Namen  in  Verbindung  zu  stehen  suchten  (pag.  33 — 41);  doch 
Thor  tritt  auch  hier  schon  in  den  Vordergrund,  sein  Bild  findet  sich  am  häu- 
figsten, mit  seinem  Namen  sind  bei  weitem  die  meisten  Männer-  und  Frauen- 
namen zusammengesetst  ()>6Hüfi>,  ^6ralldr  etc.  etc.)  pag.  41  ff.  Bei  den  Orts- 
namen ist  der  Abstand  nicht  mehr  so  groß;  H.  Petersen  hat  zu  wenig  beachtet, 
daß  gerade  mit  „Odin"  zusammengesetzte  Ortsnamen  verhältnissmäßig  zahl- 
reich sind  (pag.  47^  Anm.  1) ;  zur  Verbindung  mit  Personennamen  konnte  Odin 
recht  wohl  zu  heilig  und,  so  zu  sagen,  zu  aristokratisch  sein;  die  Ortsnamen 
beweisen,  daß  es  an  Verehrung  desselben  nicht  fehlte.  Richtig  ist  allerding«, 
und  hiefur  spricht  die  ganze  Person  Thors,  daß  dieser  dem  einzelnen  Bauern 
viel  näher  stand  und  sympathischer  war,  also  auch  wohl  häufiger  oder  lieber 
zum  Gegenstand  des  Cnltus  gemacht  worden  ist.  —  Ein  weiteres  Argument 
bildet  das  Vorkommen  des  Hammerzeichens  auf  Runensteinen  (pag.  50  ff., 
dazu  die  Abbildungen  Fig.  1 — 4),  als  Schmuck  (pag.  73  ff.,  dazu  Fig.  6 — 10), 
endlich,  dem  späteren  Kreuzeszeichen  entsprechend  und  oft  von  ihm  abgelöst, 
als  symbolische  Bewegung  der  Hand.  Nicht  recht  gesichert,  aber  interessant 
zu  lesen  ist  was  pag.  115  ff.  (Fig.  14 — 16)  von  dem  dreiarmigen  ELreuz 
(,,Hagekors")  gesagt  wird.  —  Femer  wird  Thors  Bevorzugung  bei  Festen  und 
festlichen  Gelegenheiten  dargelegt,  wie  sie  sich  in  der  Anwendung  des  Ham- 
mers bei  der  Namengebnng,  bei  Hochzeiten^  Begräbnissen  ausspricht  (pag.  56  ff.). 
Die  Bedeutung  Thors  beim  Julfest  hat  Petersen  überschätzt|;  die  Deutung 
des  Bragarfull  als  „Großthatsbecher*  läßt  sich  hören^  daß  aber  der  s6nargoltr 
dem  Donnergott  geweiht  gewesen,  hat  der  Ver&sser  mir  nicht  überseugeod 
genug  dargethan.  Mit  Rechtj  wird  dagegen  Gewicht  darauf  gelegt,  daß  der 
Donnerstag  bei  weitaus  den  meisten  Dingversammlungen  des  Nordens  als  An- 
fiangstermin  galt  (pag.  66 — 70),  wozu  allen^lls  noch  bemerkt  werden  kann, 
daß  in  Island  auch  der  Sommer  immer  mit  einem  Donnerstag  begann,  wohl 
deshalbi  weil  derselbe  überhaupt  als  erster  Wochentag  galt.  Soviel  von  Thors 
Stellung  im  Cultus  und  im  Volksleben.  Auch  die  Edda  widerstreitet  den  bis- 
herigen  Ergebnissen  nicht  (pag.  98  ff.).  Odins  Übergewicht  beruht  hier  bekanntlich 
zum  guten  Theil  auf  der  Fuhrung  der  Helden  in  Walhall.  Petersen  weist 
nun  nach,  daß  die  Idee  der  Versammlung  der  Helden  um  Odin  neueren  Ur- 
sprungs, daß  anfilnglich  Hei  gemeinsamer  Aufenthalt  aller  Gestorbenen  gewesen 
sei,  daß  also  nicht  die  Verstärkung  von  Odins  Heer  Ziel  und  Aufgabe  der  tüch- 
tigsten Männer  im  Volk  war.  Von  Thor  handeln  zudem  die  meisten  Mythen; 
er  spielt  die  Hauptrolle,  er  wird  von  den  Äsen  in  kritischen  Fällen  zu  Hälfe 
gerufen,  nicht  Odin  (p.  lOO).  —  Weiter  sind  Beweise  von  ganz  anderer  Seite 
beigezogen.  Thor  erweist  sich  schon  als  Donnergott  als  uralter  Gegenstand 
des  Cultus    und    der  Mythe  und  bietet  in  weit  ausgedehnterem  Maße  Anhalts- 


LITTERATUR:  B.  DÖRING,  BEMERKUNGEN  ÜBER  STIL  etc.  105 

punkte  zur  Vergleichung  mit  deu  Gottheiten  anderer  Indogermanen  (pag.  125  f.)., 
Iq  keiner  uns  zugänglichen  Zeit  hat  das  Ansehen  Thors,  auch  nur  vorüber-, 
gehend,  einen  Stoß  erlitten.  Abgesehen  von  der  Geltung  desselben  bei  dea 
Südgermanen,  die  uns  auf  den  Zustand  vor  dem  „Sonderleben^  der  Nord-  und 
Südgermanen  schließen  läßt,  ist  zu  beachten  (pag.  101),  daß  es  Thor  ist,  den 
in  früher  Zeit  die  Finnen  von  den  Skandinaviern  entlehnen,  den  die  Vikinger 
in  England,  in  der  Normandie,  in  Rußland  vor  allem  ehren.  —  Die  Resultate 
über  Thor  sind  an  verschiedenen  Orten  ausgesprochen  pag.  94,  107;  ich  brauche 
sie  hier  nicht  zu  wiederholen.  —  Auf  Odin  ist  der  Tendenz  der  Schrift  gemäß 
nicht  näher  eingegangen;  wir  müssen  es  bedauern;  was  geboten  wird,  leidet 
zwar  etwas  unter  der  Bestimmung,  des  Gottes  Unterordnung  zu  documentieren^ 
enthält  aber  des  Beachtenswcrthen  nicht  wenig;  ich  verweise  auf  die  Bemerkungen 
über  den  Einfluß  klassischer  Göttervorstellungcn  (pag.  94),  über  das  Ansehen 
der  Kriegstüchtigkeit  bei  den  Skandinaviern  (108);  über  das  Alter  der  Odin- 
dichtong  (130  f.);  die  Frage,  ob  diese  einer  Art  Hofreligion  entsprach  (131  f.); 
es  liesse  sich  mancherlei  gegen  die  hier  ausgesprochenen  Ansichten  vorbringen, 
zumal  auch  gegen  den  Schluß,  daß  die  Mythen  über  Odin  zwar  rein  nordisch 
ausgeprägt  seien,   ihren  Ursprung  aber  bei  den  Südgermanen  hätten. 

Doch  meine  Anzeige  ist  schon  zu  lang  geworden.  Es  bleibt  mir  nur 
Qbrig,  Petersens  Buch  zu  fleiasigem  Studium  ernstlich  zu  empfehlen.  Niemand 
wird  es  ohne  reiche  Belehrung  und  Anregung  aus  der  Hand  legen. 

MÜNCHEN,  Ende  JuU  1878.  OSCAR  BRENNER 


Dr.   Bernhard   Döring ,    Bemerkungen   über   Stil   und  Typus   der   isländischen 
Saga.  Osterprogramm  des  Nikolaigymnasiums  zu  Leipzig  1877.  44  S.  4. 

Zwar  ist  der  Umfang  des  Programmes  nur  ein  geringer,  doch  halte  ich 
die  Arbeit  für  eine  in  hervorragender  Weise  verdienstliche.  Seit  Koppens  litte- 
rarischer  Einleitung  in  die  nordische  Mythologie  hat  keine  deutsche  Schrift 
ausführlicher  das  Wesen  der  isländischen  Saga  behandelt,  und  Bemerkungen, 
wie  sie  Vigfusson  in  der  Einleitung  der  Eyrbyggjasaga  und  der  Fomsögur^ 
Maurer  in  der  Gnll-xorissaga  und  sonstigen  Schriften  und  Möbius  an  ver- 
schiedenen Stellen  machten,  sind  immer  nur  Eigenthum  der  Fachgelehrten  ge* 
blieben.  Wie  kümmerlich  es  mit  der  Kenntniss  der  Sagalitteratnr  in  Deutsch - 
huid  noch  immer  bestellt  ist,  zeigen  diu  betreffenden  Abschnitte  der  verbreite- 
ten allgemeinen  Litteraturgeschichtcn  (von  Scherr  n.  a.),  welche  die  ungeheuer- 
Hehsten  Dinge  über  die  Sagas  berichten.  Dörings  Arbeit  erreicht  den  Zweck, 
den  sie  sich  vorgesetzt  hat :  in  wissenschaftlich  populärer  Weise  dem  deutschen 
Volke  ein  Bild  von  dem  Wesen  der  isländischen  Saga  zu  entrollen.  Man  könnte 
mit  dem  Verfaßer  vielleicht  rechten  wegen  der  Auswahl  der  Sagas,  die  er  für 
seinen  Zweck  benutzt  hat  (es  sind  Nj41a,  Gunnlaugssaga  ormstungu  ok  Skald- 
Hraina.  Gull-JPörissaga,  Egilssaga,  Hallfredarsaga ,  Eyrbyggjasaga ,  Vatnsdsela- 
saga,  Flöamannasaga  und  die  rorsteiossaga  Sidu-Hallssonar  mit  Vergleichung 
Ton  Islendingabök).  Es  werden  darunter  einige  charakteristische  Formen  der  Saga 
▼ermißt,  während  andere,  spätere,  weniger  eigenartige  Formen,  wie  die  F16a- 
mannasaga,  berücksichtigt  sind;  doch  treten  diese  Bedenken  zurück  gegenüber 
der  Erwägmig,   daß   doch    endlich  einmal   von  berufener  Seite  eVn  ^Oca:\\x  ^- 


106  UTTBRATUB:  W.  HERTZ,  TRISTAN  UUD  WOLDK 

thtti  ist,  um  den  isULnduchen  Sagas  aucb  in  Deutschland  größeren  Antheil  sn 
erwecken.  Besonders  angemessen  sind  die  Abschnitte  über  Begriff  nnd  Wesen 
der  Saga,  Entstehung  und  Fortpflanzung  Ton  Erzählungen,  Behandlung  des 
Stoffes,  Selbständigkeit  des  Schriftstellers  und  über  die  Form  der  Darstellung. 
Die  Abschnitte  über  die  Abfassungszeit  der  Saga,  die  vermuthlichen  Aufzeichaer 
der  Sagas,  über  die  Strophen  sind  etwas  knapp  dem  Umfang  nach,  diejenigen 
über  die  Abweichungen  tou  der  ursprünglichen  Ueberlieferung  und  über  Ton, 
Sprache  und  Satzban  nicht  adäquat  abgegrenzt.  Die  in  den  Sagas  häufige  meta- 
phorische Ausdrucksweise  hätte  Erwähnung  finden  können,  ebenso  die  nicht 
seltene  Uebertreibung,  die  besonders  in  der  Charakteristik  von  Personen  in 
eigenartiger  Form  auftritt  (vgL  z«  B.  in  Njala  95 ,  20 ,  wo  es  von  Hildigunnr 
hdßt:  h6n  rar  skörungr  mikill  ok  kvenna  fridust  synum.  h6n  rar  sy&  hög,  at 
f4r  konur  T&ru  jafiihagar.  h6n  var  allra  krenna  grimmust  ok  skaphordast  enn 
drengr  g6dr  )>ar  sem  Tel  skjldi  yera,  oder  die  Berichte  über  Porir  in  der  Porsk- 
firdingasaga  u.  t.  a.),  auch  manche  andere  den  Sagas  eigenthümliche  rheto* 
rische  Form  hätte  besprochen  werden  können;  indeßen  ist  doch  zu  erwägen, 
daß  der  YerfEJWr  auf  geringen  Raum  beschrilnkt  war  und  zudem  rersprochen 
hat,  in  einem  zweiten  Theile,  in  welchem  auch  LaxdsBla  und  Gretla  Berück- 
sichtigung finden  sollen,  eine  Fortsetzung  über  Qenealogieni  Charakteriatikenf 
Träume  u.  s.  w.  zu  geben.  Hoffentlich  ist  dieses  Versprechen  schon  erfüllt, 
wenn  die  Recension  gedruckt  sein  wird  *).  Was  der  yorliegende  erste  Theil  biete^ 
ist  vortrefflich  geeignet,  der  isländischen  Saga  Freunde  zu  gewinnen.  In  seiner 
litterarbistorischen  Skizze  hat,  bei  aller  Selbständigkeit  und  Sorgfalt  der  For- 
schung, der  Verfaßer  nicht  die  allgemeinen  Gesichtspunkte  aus  dem  Auge  rerioren. 

ALTONA,  im  Man  1878.  P.  PIPER. 

Triatan  und  Isolde  von  (3k>ttfried  von  Straßburg.  Neu  bearbeitet  und  naeh 
den  altfranzösischen  Tristanfragmenten  des  Trouvere  Thomas  ergänzt  von 
1/imhehn  Hertz.  Stuttgart  Gebrüder  Kröner.  1877.  kL  8.  VHL  nnd 
644  S. 

mcht  lange  naeh  Erscheinen  einer  dritten  Auflage  von  Hermann  Kurzena 
„Tristan  und  Isolde''  (Stuttgart,  Cotta,  1877)  kam  die  vorliegende  Bearbeitung 
von  Wilhelm  Hertz,  über  deren  literarische  und  künstlerische  Seite  ich  an  einem 
anderen  Orte  zu  handeln  gedenke  ^^  die  ich  aber  doch  auch  in  der  Gkrmania 
aas  verschiedenen  Ghünden  erwähnen  und  besprechen  möchte,  weil  das  Buch 
auch  ein  gelehrtes  Interesse  in  Anspruch  nimmt.  —  Ist  hier  auch  keine  Über- 
setzung dargeboten  y  wie  sie  vorher  Kurz  und  Simroek  lieferten ,  indem  diese 
neue  Bearbeitung  manches  aus  Gottfried's  Werke  einfrich  ausscheidet,  anderes 
kürzt,  anderes  auch  stilistisch  ändert,  so  haben  wir  dennoch  im  Großen  und 
Ganzen  eine  Übersetzung  vor  uns,  die  dem  Original  sich  möglichst  ansusoUießen 
sucht.  Es  ist  hier  der  Versuch  gemachty  zwischen  einer  wörtlichen  Übersetzung 
und  einer  dichterisch  völlig   freien  Neubearbeitung   einen  Mittelweg  zu  finden. 


*)  Diese  Fortsetsong  ist  im  diesjährigen  Osterprogramm  des  Nikolaigymnasinms 
noch  nicht  ersefaieoen,  Bondem  statt  deren  von  demselben  Verfssser :  Eine  altisländische 
Brandlegung.  Episode  aas  der  Ersahlang  vom  Leben  des  NjsL  Ans  dem 
Urtexte  übertragen.  Leipzig  1878.  20  8.  4. 

^)  Ist  geschehen  in  den  Blättern  für  Ut  Unterhaltung  1878,  Nr.  88. 


UnnULTUR:  W.  HEBI%  TRI8TAH  ÜHD  SMILIffi.  107 

und  insofern  erscheint  mir  das  Bach  von  Hertz  in  der  Geschichte  der  Über- 
tragungen ans  dem  Mittelhochdentschen  eine  bedentongsToUe  Stelle  einsnnehmen. 
Aber  nicht  bloß  hinsichtlich  seines  Gesammt-Charakters  hat  dieser  eigenartige 
ÜbersetznngsTersnch  seine  besondere  historische  Wichtigkeit^  sondern  auch  wegen 
seiner  poetischen  Form.  Herts  nämlich  legt  sich  eine  Strenge  in  der  Technik 
des  Reims-  und  Versgebranchs  auf,  wie  sie  Tor  ihm  in  Übertragungen  der 
Knnstepen  großem  Umfange  niemals  su  finden  ist.  Auf  diese  Weise  wird  der 
grasiose  Charakter  des  Originals  gewahrt,  andererseits  der  modernen  Gewöh- 
nung ein  Zugeständniss  gemacht.  Aber  der  Dichter  treibt  das  Princip  der 
Regelmäßigkeit  im  Verse  nicht  auf  die  Spitze;  er  wechselt  zwischen  jambischem 
und  trochäischem  Rhythmus  und  vermeidet  dadurch  die  klappernde  Monotonie, 
an  denen  unsere  Epen  seit  Opitz  zu  leiden  pflegen.  Während  Kurs  und  Simrock 
sich  für  ihre  Fortsetzungen  den  Sto£f  selbst  zurechtlegten,  rerschiedene  Quellen 
zugleich  benutzten,  folgt  Hertz  den  kurzen  Fragmenten  des  französischen  Thomas. 
Diese  Wahl  hat  insofern  auch  eine  philologische  Tendenz,  als  hier  für  den 
SdUlnß  eme  Quelle  zur  Geltung  kommt,  die  der  von  Gottfried  genommenen 
mdäquat  ist,  wenigstens  im  Großen  und  Ganzen. 

Vor  allem  aber  ist  diese  belletristische  G«be  deshalb  der  besonderen  Be- 
aclitong  der  deutsch-philologischen  Kreise  werth,  weil  ihr  ,, Anmerkungen*  bei- 
gefSgt  sind,  die  nicht  allein  dem  den  mittelalterlichen  Studien  ferne  stehenden 
Leser  Erläuterungen,  sondern  in  der  That  auch  dem  Kundigen  nicht  unwill- 
kommene Beiträge  zum  Tristan-Commentare  bieten. 

In  diesen  ,,Anmerkungen^,  die  nicht  in  der  sonst  üblichen  lakonischen 
Form  auftreten,  sondern  für  die  der  VerfEÜSer  mit  Rücksicht  auf  einen  weiteren 
Leserkreis  mehr  den  Stil  der  Abhandlung  gewählt  hat,  ist  ein  großer  Schatz 
▼on  Gelehrsamkeit  niedergelegt,  und  im  Einzelnen  erfreuen  feine  geistroUe  Deu- 
tungen. Die  im  Gedichte  auftretenden  Namen  sind  hier  genau  erörtert,  ein- 
sebie  Wörter,  namentlich  Fremdwörter  werden  erklärt  und  nach  ihrem  Gebrauche 
daigelegty  über  die  Sagengestaltungen  belehrt  derVerfaßer  fleißig  und  eingehend ; 
gmns  besondere  Beachtung  ist  auch  der  Erklärung  der  kulturhistorischen  Mo- 
mente geschenkt,  wobei  auch,  wenn  sich  die  Gelegenheit  bietet,  der  Gebräuche, 
die  sich  ans  alter  Zeit  bis  in  unsere  Tage  gerettet  oder  die  in  der  G^en- 
wart  eine  andere  Geistalt  angenommen  haben,  gedacht  wird.  Solche  Hinweisungen 
auf  Alterthümlichkeiten  der  Sitte  halte  ich  für  sehr  gewinnbringend,  und  daß 
sie  auch  anziehend  sind  und  oft  mehr  als  Litteratur  und  Grammatik  inter- 
eesiren,  habe  ich  im  lebendigen  Verkehr  mit  den  Mitgliedern  meines  Seminars 
aar  Gknüge  erfahren.  Darum  habe  ich  auch  in  meiner  Ausgabe  des  Heinrich 
TOB  Freiberg  noch  etwas  mehr  als  in  meiner  Gottfried  -  Ausgabe  auf  kultur- 
historische Züge  Bedacht  genommen  und,  soweit  ich  es  Termochte,  die  erhal- 
tenen Reste  oder  die  Veränderungen  des  alten  Brauches  berührt  in  der  Hoff- 
ning^  auch  die  Leser  für  solche  Dinge  an  interessiren.  Ich  habe  freilich  in 
Er&hmng  bringen  müßen,  daß  es  auch  trockene  Seelen  gibt,  die  für  die  Äuße- 
rungen des  Volkslebens  keinen  Sinn  besitzen  und  denen  gelegentliche  Hindeu- 
tongen  auf  die  heutige  Zeit  ^wunderlich  erscheinen  (ride  Kiuzel,  Zeitschr.  f. 
d.  Ph*  9.  B.,  S.  240  unten).  Für  solche  Leute  sind  auch  numche  der  von  Hertz  ge- 
gebenen Belehrungen  natürlich  ohne  Interesse,  dagegen  werden  ihm  alle  die- 
jenigen dankbar  sein,  die  in  einer  Dichtung  nicht  bloß  ein  individuelles  Kunst- 
werkf  sondern  anch  ein  lebensrolles  Zeognisi  des  Volke-  und  "L^XdiB^AJiNAa  ^< 


106  LTTTEBATÜR:  W.  HERTZ,  TRISTAN  UND  ISOLDE. 

blicken ,  und  die  zugleich   ein  Geföhl   haben   für  die  traditionellen  Ziuammen- 
hänge  der  Gegenwart  mit  unserem  Alterthum. 

Außer  dem  eigentlichen  Commentar  hat  Hertz  auch  hie  und  da  ästhetische 
Fingerzeige  gegeben,  einmal  wird  auch  eine  kritische  Frage  berührt. 

Wie  sehr  mir  gerade  diese  Beiträge  zum  Tristan- Commentar  willkommen 
waren,  möchte  ich  nun  dadurch  erweisen,  daß  ich  im  Einzelnen  diejenigen 
speciell  philologischen  Erklärungen  von  Hettz  hervorhebe  i  welche  die  von  mir 
in  meinen  Anmerkungen  zu  Gottfried  gegebenen  corrigieren,  verbessern  und 
ergänzen.  Daß  ich  sie  auch  für  eine  etwaige  neue  Auflage  verwerthen  und  ent- 
lehnen würde,  brauche  ich  kaum  zu  sagen.  Für  die  ausgeführten  Belehrungen 
würde  natürlich  bei  der  Anlage  meines  Commentars  nur  der  Autor  kurz  eitiert 
werden  können. 

S.  550  tumieren  (V.  2107)  erklärte  ich  mit:  wenden;  bei  HerU  steht 
bezeichnender:  schwenken,  die  Volte  reiten.  —  S.  551  smirlia  (V.  2203)  in 
der  Ausgabe  allgemein  mit  , Lerchenfalke*  erklärt,  Hertz  berichtigend  und  ge- 
nauer: „der  Zwergfalke,  der  kleine  Lerchenstößer,  nicht  mit  dem  Lerchenfalken 
zu  verwechseln",  worauf  Notizen  aus  der  Naturgeschichte  und  Jägerei  folgen.  — 
S.  551  hcLbeche(mikasre  und  ouch  in  rdien  vederen)  (2204  fg.).  Hertz  widerspricht  auf 
Grund  naturgeschichtlicher  Thatsachen  mit  Recht  meiner  Auffassung,  daß  diese 
Worte,  die  ich  in  Klammem  schloß^  sich  auf  alle  vorher  genannten  Vogelnamea 
beziehen;  sie  gehören  nur  zu  habeche.  — ^  S.  553.  555  biäs  Triitant;  biät  ami» 
(2395.  2679).  Hier  würde  von  mir  nachzutragen  sein,  daß  bida  auch  =  lieb 
ist  wie  Mchmne  in  V.  3534  (doch  hat  Hertz  dies  schiene  in  der  Übersetzung 
mit:  „edel"  gegeben).  —  S.  558  lumbelen-^  unteren  {timberen)  (2941).  Hertzens 
Erklärungen  sind  bestimmt  >  während  ich  mit  Vorbehalt  und  fragend  erklärte« 
/.  =  Nierenbraten,  z,  =  die  Hoden,  das  Kleinwildbret  Letztere  Erklärung 
mit  Verweis  auf  Paul's  Aufsatz  Germ.  17,  398,  Aiimerkung  (Zamcke).  — 
S.  561  von  minem  kern  Gurüne  (3524)  und  S.  562  GrdUtnde*  des  sehcBnen 
(3585).  Die  erste  Stelle  wußte  ich  nicht  zu  erklären,  dagegen  wies  ich  im 
Namenverzeichniss  unter  dem  Namen  GrdUmt  auf  die  Novelle  hin,  |,vermuth- 
lich  des  Inhaltes,  daß  Or.  gemordet  und  seiner  Geliebten  zum  Essen  vorgesetst 
wird^.  Hertz  belehrt  uns,  daß  das  Gurunslied  eine  der  zahlreichen  Varianten 
der  sogenannten  Herzmähre  behandelte,  und  daß  dann  wohl  in  dem  Gralands- 
lied  ein  anderer  Inhalt  gesucht  werden  müsse,  und  zwar  erscheine  ein  G^raland 
als  Held  eines  Feenmärchens.  —  S.  563 — 566  Symphonien ^  rotten  j  liren^  soi»- 
biüt  (3674  ff.).  Ich  konnte  nur  kurze  und  unbestimmte  Erklärungen  geben. 
Was  Hertz  aus  der  Geschichte  der  musikalischen  Instrumente  beibringt,  ist 
überaus  lehrreich.  Es  ist  nur  schade,  daß  man  die  Werke,  auf  die  H«  hin- 
weist, wie  Lacroix^  Lee  arte  au  moyen-dge  (Paris  1871)  nicht  leicht  zur  Hand 
haben  kann.  —  S.  580  diu  kuppe  (H.  übers,  die  Haube)  (7056).  leh  würde 
nach  H.'s  Vorgang  eine  materiell  genauere  Erklärung  des  Wortes  zu  geben 
haben.  Ich  habe  überhaupt  die  Bemerkung  machen  müssen,  daß  unter  denen, 
die  Altdeutsch  treiben  y  eine  große  Unkenntniss  der  mittelalterlichen  Tracht  und 
Bewafiuung  herrscht,  daß  aber  andererseits  ein  großes  Interesse  für  solche 
Gegenstände  sich  zeigt,  sobald  nur  die  Anregung  dazu  gegeben  wird.  -^  S.  586 
»chevelier  damoieele  (9169).  Ich  würde  nachzutragen  haben,  daß  damoisUe 
der  Genetiv  ist.  Meine  Erklärung  von  V.  5580  habe  ich  längst  aufg^egeben. 
—  S.  595  In  einem  tage  er  s*  dder  Heu  (15121).     Trotz  Herrn  BLinsel  würde 


LITTERATÜR:  W.  HERTZ,  TRISTAN  UND  ISOLDE.  109 

ieh  die  kaltorbistorlscbe  ÄDmerkuDg  ron  H.  entlehnen:  ^ Im  Mittelalter  pflegten 
Hoch  nnd  Nieder  wenigstens  einmal  im  Jahr^  im  Frübling,  zur  Ader  zn  lassen, 
ein  Brauch,  der  sich  beim  Landvolk  in  rielen  Gegenden  bis  heute  erhalten 
bat*.  — S.  595  gotes  reht  (15310)  H.:  „das  kanonische  Recbt^.  Wurde  nachzu- 
tragen sein«  —  S.  604  ix)r  CorinHa  jdren  (16695).  Im  Namenyerzeichniss 
sagte  ich:  „rielleicbt  Qnirinus  nach  Bech^  kaum  mit  Groote  Chronos".  Diese 
Erklärung  ist  aufzugeben.  Hertz  weist  in  einer  ausführlichen  Darstellung  naoh^ 
daß  hier  der  aus  der  trojanischen  Sage  stammende  Riese  Korin'du9  gemeint 
sei.  —  S.  610  der  galander  (16895).  Nach  dem  Vorgang  der  gebräuchlichen 
lexicalischen  Hnlfsmittel  erklärte  ich  galander  mit  ^ Haubenlerche '^.  Nach  H. 
ist  das  ein  Irrthum,  der  galander  ist  rielmehr  die  große  Lerche,  Ringlerche, 
alauda  calandra  lAnniy  auch  alauda  Sibiricaj  während  unsere  heimische  Hau- 
benlerche alauda  erUtaia  ist.  —  S.  626  li  firaina  (18714).  Ich  setzte  zur 
Erklärung:  ans  franau  ein  Fragezeichen.  H.  bestätigt  diese  Erklärung,  indem 
er  sagt:  „K  firairUf  offenbar  entstellt  aus  li  fran»y  der  Freie,  der  Edle,  francus, 
eines  der  gebräuchlichsten  Epitheta  in  der  altfranzösischen  Dichtung^«  — 
S.  6S7  Oco^  (18736).  Ebenso  bestätigt  H.  meine  Erklärung,  oee^  = 
Oeean,  doch  sieht  er  nicht,  wie  ich  that,  im  Worte  eine  bestimmte  Ortlich- 
keit  im  Sinne  des  Dichters,  sondern  direct  den  atlantischen  Ocean,  der  im  mit- 
telalterlichen Latein  auch  occeanu»  heiße. 

In  einem  Falle  schwanke  ich  noch,  ob  ich  die  von  H.  gegebene  Erklä- 
rung annehmen  solle  oder  nicht.  S.  583  erklärt  er  zur  Stelle  ^die  Sonne 
komme  Ton  Mjcene*^  =  daz  sunne  van  Myeene  gi  8278,  der  Dichter  verwech- 
sele hier  Sparta,  wo  Helena  geboren  wurde,  die  Stadt  des  Menelaus,  mit  der 
Stadt  seines  Binders  Agamemnon,  Myeene.  Das  ist  möglich,  denn  solche  Ver- 
wechselungen sind  in  der  mittelalterlichen  Poesie  nicht  selten«  Aber  ich  glaube^ 
daß  meine  auf  eine  rhetorische  Formel  (par»  pro  toto)  zurückgeführte  Erklärung 
aueh  Bestand  haben  könne. 

Auch  eine  andere  Erklärung  scheint  mir  nicht  sicher.  S.  612  ist  zu  den 
Worten:  ^Sie  war,  wie  ich  euch  eben  las*^  =  ei  wa»y  aU  ich  ieeuo  da  las 
16982  bemerkt:  „der  Dichter  denkt  sich  seinem  Publicum  gegenüber  als  Vor- 
leser*^. Allerdings,  wenn  das  Wort  loa  im  Nhd.  beibehalten  wird,  kann  es  nur 
in  der  gedachten  Weise  erklärt  werden ;  allein  im  Mhd.  ist  la»  nicht  immer  = 
1ms  Tor,  sondern  auch  allgemein:  erzählte,  trug  vor;  vgl.  zu  6.  Tr.  134.  2650. 
—  S.  503  ist  in  der  Anmerkung  Kurvenäl  gesetzt,  um  das  a  im  Namen,  der 
•ODSl  im  Text  natürlich  nur  als  Kumeval  erscheint,  als  lang  zu  bezeichnen. 
Ich  habe  auch  in  Heinrich's  Tristan  das  a  im  Nominativ  mit  allem  Bedacht 
•la  kurz  genommen  und  werde  mich  später  darüber  aussprechen. 

SchUeßlich  komme  ich  nun  auf  jene  von  Hertz  (S.  543)  berührte  kri* 
tische  Frage.  Gegenüber  der  in  allen  neueren  Ausgaben  stehenden  Lesart  in 
etne»  herxen  Itisten  aweben  ist  H.  auf  die  der  handschriftlichen  Überlieferung 
eotsprecheude Lesart  der  älteren  Ausgaben  vonMyller  und  Groote  zurückgegangen: 
in  s.  A.  lüften^  und  übersetzte  demgemäß  „Im  Sturme  seines  Herzens  schweben'. 
Daß  jüngere  Schreiber  mit  aller  Absicht  lüften  gesetzt  haben  werden,  bezweifle 
ieh  keinen  Augenblick.  Ob  aber  in  den  älteren  Hss.  wirlich  lüften  statt  lußen 
stehen  soll,  wird  sich  bei  der  großen  Ähnlichkeit,  ja  Gleichheit  von  fl  und  ft 
nicht  leicht  entscheiden  lassen.  Es  müssen  daher  andere  Entscheidungsgründe 
gesucht  werden.     Ich  habe  lange  zwischen  haften  mid  lüften   ^eac\x^«SLVx  \k\A 


110  LITTER4TUR:  H.  KÜRZ,  TRISTAN  UND  ISOLDE. 


doeh  du  letitere  gewählt  und  zwmr  ans  GMnden  der  Poesie  und  des  Stib. 
Die  Ton  H.  adoptierte  Wendong  ist  ein  Bild,  ein  rolbtändiges  Bild  und  noeh 
daia  ein  reeht  drastisches.  Stünde  es  far  sieh  allein^  so  würden  wir  es,  wenn 
aaeh  sonst  die  Lüfte  des  Herxens  nicht  Yorkommen,  dem  bilderreichen  Gh>tt- 
fried  wohl  sntraaen  dürfen.  Aber  wie  stark  würde  dieser  erhabenen  Ansdraeks- 
weise  gegenüber  die  folgende,  eng  angeschlossene  Zeile  262  ab£dlen:  und  m- 
loaii  fidcA  dnetn  willen  Ubenl  Erst  Lüfte,  Sturm  des  Hertens  und  dann  das 
Abstractom  Wille!  das  würde  gar  nicht  Gk>ttfiiediseh  sein.  Eben  wegen  wüle 
ist  der  Torhergehende  Aosdrock  auch  abstraet,  er  ist  nnr  dnrch  das  bildliche 
moeben  gehoben,  in  sCnet  Asrsen  hüten  ist  gleich  in  vrOuden^  tu  umnnen.  Die 
Wendung  ist  der  Ton  neueren  Dichtem  auch  gebrauchten  ähnlich :  in  Freuden, 
in  Wonne  schwimmen.  Gk>ttfned  gebraucht  auch  kurz  nachher  in  V.  30S  als 
Variation  seines  ersten  Ausdrucks  tii  der  lebenden  stfese  eweben.  Dies  die  Ghrfinde, 
weshalb  ich  die  Metonjmie  der  Metapher  vorsog  und  heute  noch  voniehe. 

Jeder,  der  sich  eingehender  mit  Qottfried  beschäftigt,  wird  diese  Anmer- 
kungen Ton  Herts  nicht  entbehren  können. 

Zum  Schlüsse  noch  ein  Wunsch.  Herti  hat  su  den  Anmerkungen  ein 
Register  beigefugt,  welches  sehr  willkommen  ist.  Aber  die  Anmerkungen  yer- 
weisen  nicht  auf  die  Zahl  der  Seite  im  Gedichte.  Das  erschwert  die  Benutzung 
gar  sehr;  man  muß  su  lange  suchen,  ehe  man  die  betreffsnde  Zeile  ausfindig 
gemacht  hat.  Möchte  in  einer  neuen  Auflage,  die  diesem  schönen  und  herror- 
ragenden  Werke  hoffentlich  und  Yoraussichilich  nicht  fehlen  wird,  die  praktische 
Einrichtung  getroffen  werden,  wie  wir  sie  in  Kurzens  Tristan  und  Isolde  finden. 

ROSTOCK,  im  Mai  1878.  REINHOLD  BECH8TEIN. 


Triittn  und  Isolde ,  Gedicht  tou  €k>ttfried  von  Straßburg.    Übertragen   und 
beschlossen  tou  Hermann  Kurz.  Dritte  rermehrte  Auflage.  Stuttgart  1877. 

Kon'.  Übenetenog  hat  nmeh  seinem  Tode  eine  neue  AniUge  erfohr«. 
Es  ist  Pflicht  der  Pietät,  bei  seinem  erneuten  Erseheinen  dankbar  das  Werk 
des  Mannes  zu  begrüssen,  welcher  dem  grossen  Dichter  so  waimes  Veratibid- 
niss  entgegengebracht  y  der  so  eifrige  und  eindringliche  Arbeit  ihm  gewidmet 
hat.  Wir  haben  nicht  nöthig,  die  Vorzüge  seiner  Übertragung  zu  rühmen; 
sie  sind  allbekannt  und  werden  auch  durch  die  Arbeit  von  Herts  nieht  in  den 
Schatten  gestellt;  seine  Schlußdichtung  ist  der  Hertz'schen  entsehieden  über- 
l^en.  Dagegen  muß  erwähnt  werden,  inwiefern  die  neue  Auflage  eine  ver- 
mehrte zu  nennen  ist.  Hinzugefügt  ist  das  Bruchstück  einer  neuen,  freien  Be- 
arbeitung von  Tristan  und  Isolde,  welche  Kurz  1864  in  L.  Seeger*s  deutschem 
Dichterbuch  veröffentlicht  hat  und  die  einem  grösseren  Kreise  kaum  bduumt 
geworden  ist.  Selbst  Bechstein  (Tristan  und  Isolt  in  deutschen  Dichtungen 
der  Neuzeit)  scheint  sie  entgangen  zu  sein.  Und  doch  ist  sie  von  hoher 
Schönheit;  sie  athmet  Gottfrieds  Geist  und  steht  doch  ganz  modern  da;  mit 
glücklichem  Griffe  versteht  sie  bedenkliche  Klippen  zu  umschiffiBn.  Nur  eine  Probe: 

Ihr  Mund,  der  machte  ihn  freudehaft, 

Ihr  Mund,  der  brachte  ihm  eine  Kraft, 

daß  er  das  königliche  Weib 

an  seinen  todeswunden  Leib 


LFTTEBATUB:  A.  JEITTELE8,  ALTDEUTSCHE  PREDIGTEN.         Hl 

in  heiMem  G^enktuse  schloß, 

seine  Seele  in  ihre  Seele  goß. 

Fürwahr  ein  Wunder  da  geschah: 

Leben  nnd  Tod,  die  kämpften  da 

auf  Tod  und  Leben  um  den  Sieg; 

das  Leben  dem  Tode  bot  den  Krieg, 

es  stieg  hinab  in  seine  Nacht, 

hat  der  Minne  Funken  drin  angefacht, 

durch  dessen  Kraft  es  den  Feind  beswang, 

daß  neues  Leben  aus  Tod  entsprang. 
Weiter  ist  hinzugetreten  das  Märchen:  der  Kampf  mit  dem  Dra- 
chen, Kun's  Polemik  oder  rielleicht  besser  seine  Satire  auf  Oswald  Marbach's 
Beeension  ron  Kun*s  Tristanübersetsung:  irisch  und  mannhaft^  klar  und  deut- 
lieb  tritt  er  dem  Widersacher  gegenüber,  aber  trotsdem  bleibt  er  fein  und 
liebenswürdig;  seine  Pfeile  tre£Fen  sicher^  aber  sie  sind  nicht  vergiftet. 

Gern  hätten  wir  in  dem  Bande  auch  noch  Kurses  Aufuits:  Zum  Leben 
Gottfirieds  yon  Straßburg  (Germ.  XV)  aufgenommen  gesehen:  obwohl  sich  seit 
seiner  Abfassung  der  Baddaritu  in  einen  Ziddariue  verwandelt  hat*),  gehört 
er  doch  unstreitig  zum  Besten,  was  Kurz  geschrieben.  Die  Aufnahme  wäre  um 
so  Wünschenswerther  gewesen,  als  die  Einleitung  zum  Tristan  nicht  den  gün- 
stigsten Eindruck  macht  und  die  unter  dem  Einfluß  von  Böth  stehende  Sagen- 
deutnng  besonders  beim  Laien  ganz  dazu  geeignet  ist,  Mißtrauen  gegen  Kun's 
Forsehungsweise  und  nebenbei  gegen  alle  Mythenforschung  überhaupt  zu  er- 
wecken ;  wenn  dem  Leser  z.  B.  folgender  salto  mortale  zugemnthet  wird  (p.  XYI) : 
9  Zwischen  dieser  ältesten  Thatsache  (der  Mischung  semitischer  und  indog^er- 
manischer  Völker)  ist  eine  dunkle  Lücke  in  der  Geschichte  der  westlichen 
und  nördlichen  Hälfte  von  Europa.  Wir  können  sie  unbedenklich  mit  der  Vor- 
steUimg  von  einem  beständigen  Hin-  und  Herfluthen  der  Völker  ausfüllen, 
worin  Sagen  und  religiöse  Überlieferungen  durcheinander  gerüttelt  wurden,  iriUi- 
rend  die  einzelnen  Völker  doch  abgeschlossen  und  ursprünglich  genug  waren, 
um  das  Empfangene  selbständig  auszubilden". 

HEmELBEBG,  den  19.  Mai  1878.  OTTO  BEHA6HEL. 


Altdratielie  Predigten  aus  dem  Benedictinerstifte  St.  Paul  in  Kärnten.  Her- 
ausgegeben von  Adalbert  Jeitteles.  8.  (XLm,  188  S.)  Innsbruck  1878. 
Wagner'sche  Universitäts-Buchhandlung. 

Sckmidt,  JolLann,  Priester  Konrad's  deutsches  Predigtbnch.  8.  (1  Bl.  11, 
20  S.)  Wien  1878.  Verlag  des  Verfassers. 

Die  zuerst  in  den  altdeutschen  Blättern  11,  159  erwähnten  Predigten  von 
St»  Paol  verdienten  aus  sprachlichen  wie  sachlichen  Gründen  herausgegeben  zu 
werden«  Jeitteles  hat  es  an  Fleiß  und  Mühe  nicht  fehlen  lassen,  um  sie  wis- 
seDsehaltlich    zu    verwerthen.     Ausser  Bemerkungen    über    den   Charakter    der 

^)  Es  ist  eigentlich  merkwürdig,  daß  man  in  dem  Qodofredus  Bodelarius  de 
Argentina  jemals  einen  Gottfried  von  Straßbarg,  Notar,  hat  finden  können,  denn  die 
Woftstdiung  wäre  dann  so,  als  wenn  sich  etwa  A.  v.  Keller  Adelbert  Professor  von 
Keller  nennen  würde. 


112         UTTERATUR:  A.  JEITTELES,  ALTDEUTSCHE  PREDIGTEN. 

Predigten  und  ihre  Stellang  innerhalb  der  deutschen  Predigt  enthält  die  Ein- 
leitnng  eine  ausfahrliche  Darstellang  der  sprachlichen  Eigenthümlichkeiten  der 
Hs.,  wozu  die  Anmerknngen  noch  manche  Ergänzung  geben.  Diese  sind  dazu 
bestimmt  schwierige  Stellen  zu  besprechen  und  auf  Verwandtes  in  Hinsicht 
der  Sprache  und  der  Gedanken  zu  verweisen.  Das  beigegebene  Glossar  stellt 
das  für  den  mhd.  Wortschatz  bemerkenswerthe  zusammen. 

Die  nachfolgenden  Bemerkungen  haben  nur  den  Zweck^  dem  Herausgeber 
zu  beweisen,  daß  ich  seinem  Buche  die  Aufmerksamkeit  geschenkt,  die  sein 
Fleiß  verdient.  S.  XII  wird  unter  den  Beispielen  von  %  für  e  auch  hivilde 
54^  2  aufgeführt,  mit  Unrecht,  denn  wir  haben  es  hier  mit  betontem  %  {pifilde 
Nib.  1064,4)  zu  thun.  —  2,  25  wird  besser  trdtsun  als  comp,  geschrieben; 
denn  ir  lieben  trüi  sun^  wobei  (rüt  als  unflect  adject  aufgefaßt  werden  müßte, 
hat  wenig  fiir  sich;  ebenso  noch  4^  5,  und  vielleicht  auch  trülmuoter  5,  7, 
wiewohl  hier  nach  dem  Gebrauche  der  Hs.  trüt  auch  fiir  trüte  stehen  könnte. 
Sicherlich  aber  ist  trütmuoter  comp.  33,  11.  —  3,  19  versuenetj  ebenso  4,  28 
und  durch^mgig  schreibt  J.  ue  statt  des  in  unsem  Ausgaben  üblichen  Ue\  die 
Bezeichnung  der  Hs.  (versvnet)  kann  hier  nicht  maßgebend  sein.  —  3,  24 
1.  adimpUre.  —  6,  5  das  doppelte  da  ist  nicht  verwerflich,  das  zweite  dient 
wir  Verstärkung  des  ersten.  —  6,  6  Stephdnus;  warum  d?  Der  geistliche  Ver- 
fasser hat  doch  sicher  St^cmua  gesprochen,  wie  auch  der  Dichter  des  Pas- 
sionals  (Köpke  S.  37  ff.)  durchaus  betont  Danach  flült  auch  die  Berichti- 
gnng  SU  26,  10.  15.  —  6,  10  In  der  Anm.  zu  dieser  Stelle  sind  die  beiden 
Wörter  ^H  ^Stachef  und  ^ort^Grarten  mit  einander  vermischt;  letzteres  kommt 
79,  21  vor,  aber  man  kann  nicht  behaupten,  daß  es  dort  stark  gebraucht  sei, 
denn  der  gart  kann  nach  dem  Brauche  der  Hs.  für  der  garte  stehen.  —  6,  20 
da,  besser  wohl  dd]  auch  31  steht  falschlich  da  für  do  in  der  Hs.  —  6,  29 
kann  man  nicht  eigentlich  ein  plural.  subject  annehmen ;  denn  subj.  ist  mami^ 
#tts^<,  wozu  menech  erklärend  hinzutritt.  —  7,  7  ist  gesunden  irrig  aufgefaßt 
als  (moralisch)  gesund  bleiben  ;  es  ist  vielmehr  =  gesunden^  von  der  Zeit  an 
wo  wir  Recht  und  Unrecht  zu  unterscheiden  vermochten.  —  10,  27  ist  mioeken 
gewiß  als  conj.  zu  nehmen,  denn  dieser  ist  nach  aüe  im  Altdeutschen  das  Ge- 
wöhnliche. Derselbe  Fall  123^  6,  vgl.  Anm.  —  13,  11  tiumme  als  scbw.  masc 
aufzu^Eissen  geht  nicht  an,  da  es  beim  plur.  stummen  lauten  mußte.  —  16,  27 
genennet  als  prät.  Form  wäre  allerdings  auffallend;  es  ist  aber  Präsens,  das 
bei  einer  Berufung  auf  einen  gottlichen  Ausspruch  sehr  wohl  am  Platie  ist.  -— 
22,  10  bedeckt  wird  durch  vergessen  wiedergegeben,  es  liegt  viehnebr  die  Vor- 
stellung von  dem  bedeckenden,  schützenden  Mantel  Mariae  an  Grunde.  —  25,  2 
irdüeker  konnte  allerdings  beibehalten  werden;  vgl.  41,  8  wir  toUen  «in  am  gaUemj 
mdes  und  hazsee,  und  Jeitteles'  Anm.  —  29,  21  das  =  dos's  an  nehmen  ist 
nicht  nöthig,  da  nach  e6  statt  eines  Satzes  mit  d€Ui  ut  mhd.  gana  gewöhn- 
lich das  Relativum  steht.  So  häufig  bei  Wolfram  der^  wo  Lachmann  mit  nn- 
nöthiger  Pedanterie  dir  schreibt.  Der  gleiche  Fall  begegnet  108,  15^  vgl. 
Jeitteles'  Anm.  —  33,  13  ist  un»  sicherlich  nicht  als  Acc. ,  sondern  alt  Dat. 
zu  fassen;  am  einfachsten  ist  aus  gebetes  den  acc.  gebet  als  Object  zu  Mii^ai 
herauszunehmen.  —  38,  28  ff.  gehuldet  als  'geehrt  aufnifassen  scheint  mir 
nicht  passend:  es  ist  vielmehr  =  holt  machen,  und  ein  paralleler  Ansdruek  zu 
dem  folgenden  vergeten  des  tomes.  —  40,  6  xtant  in  daz  zu  verändern  ver- 
bietet die  Wortstellung.  —  44,  IG  ist    Uucden    keine  Nebenform    für    Hüefen, 


LITTERATUR:  J.  SCHMIDT,  PRIESTER  KONRADS  PREDIGTBÜCH.     113 

sondern  eine  Ableitnog  von  hluot,  ^Blüte';  es  steht  für  Uuoten,  wie  44,  14 
biuode.  —  47,  5  fehlt  kein  Object  üs,  sondern  niht  'Nichts'  ist  das  Object.  — 
48,  19  steht  untriw  nicht  für  untriUf  sondern  für  untritoej  die  Abwerf ung  des 
e  ist  hier  nm  so  weniger  anfTällig,  als  und  folgt.  —  49,  24  die  Länge  gtnch 
im  imper.  ist  sehr  unwahrscheinlich  and  schwerlich  zn  billigen.  —  54,  24  böse 
ist  nicht  abgeschwächte  Form  für  bosiu^  sondern  unflectierte.  —  55,  25  doch 
wohl  für  unschuldich'^  —  58,  14  ist  frum  shi  keineswegs  sicher  mit  acc.  con- 
stmiert;  denn  in  gehört  nur  zu  gehdfen  und  zu  frum  sin  ist  aus  in  ein  im 
herauBsunehmen,  —  59,  20  du  heizest'^  wir  hätten  die  invertierte  Wortfolge 
erwartet';  warum?  Wir  sagen  auch:  du  gebietest  und  es  geschieht.  —  68,  9 
die  für  verdienen  hier  angenommene  Bedeutung  sich  verdient  machen'  ist  mir 
sehr  unwahrscheinlich;  vielmehr  ist  nach  vasten  ein  Komma  zu  setzen,  und 
alles  folgende  bis  68,  14  ein  einziger  Satz,  der  in  eiuen  mit  d6  übergeht  (statt 
mit  d€u)  wegen  des  Vordersatzes,  der  68^  9  beginnt.  Ein  Satz  mit  daz  in 
Konrads  Predigtbuch  9,  31.  —  103,  9  ich  glaube  nicht,  daß  hinter  daz  etwas 
ansgefaUen  ist,  sondern  beziehe  daz  auf  ^ur.  —  122,  22  f.  ist  smach  ab  Sub- 
ject  herauszunehmen.  —  136,  3  f.  ist  kein  Object  zu  ergänzen ,  sondern  man 
tfant  besser  vor  Idzen  kein  Komma  zu  setzen. 

Sprachlich  noch  interessanter  als  die  St.  Pauler  Predigten  sind  die  Predigten 
des  Priesters  Konrad,  aus  welchen  J.  Schmidt  einige  Bruchstücke  mittheilt.  Konrad 
hat  naeh  Schmidt  in  den  letzten  Jahrzehnten  des  12.  Jahrhunderts  in  der  Gegend 
des  Bodensees  gewirkt  und  geschrieben.  Seine  Predigten  finden  sich  mit  seinem 
Namen  nur  in  der  noch  dem  13.  Jahrh.  angehörenden  Hs.  2684*  der  Wiener 
Hofbi(>liothek;  ohne  Namen  finden  sich  einige  derselben  in  der  Münchener  Hs. 
cgm.  74  und  in  den  von  K.  Roth  in  seinen  deutschen  Predigten  herausge- 
gebenen Regensburger  Bruchstücken  aus  dem  12.  Jahrhundert.  Konrad  nennt 
seinen  Namen  in  der  lateinischen  von  Schmidt  am  Eingange  seiner  Auszüge 
nutgetheilten  Vorrede,  in  welcher  er  sich  als  *Cuonradus  presbyter  licet  indi- 
gnna  bezeichnet  Schmidt  hat  für  ein  paar  der  ausgehobenen  Stücke  den  Text 
▼on  Roth  herangezogen,  und  auch  in  den  nur  in  W  erhaltenen  Predigten  die 
Sehreibung  nach  Maßgabe  der  Regensburger  Bruchstücke  geregelt,  was  ganz 
so  billigen  ist.  Die  Fehler  des  Wiener  Textes  sind  meist  geschickt  und  glück- 
Kdi  gebessert,  die  abweichenden  Lesarten  genau  angegeben.  Nicht  verständ- 
fieh  sind  jedoch  einige  Lesarten:  besitzen  5,  30,  denn  ebenso  steht  im  Texte; 
Sf  B  sine  muß  wohl  6,  5  heissen;  8,  26  werlf^  10,  21  frowen  (soll  wohl /rcmiüefi 
heisaen?);  12,  19  himiUsken,  soll  wohl  himUischen  bei  den  Lesarten  heissen? 
Unrichtig  ist  die  durchgängige  Schreibung  iwangSlia  statt  iwangelia;  und  warum 
apöealipsis  18,  7.  Patmös  18,  4.  15?  hantheiz  5,  25  durfte  der  fehlerhafte  An- 
Imnt  h  (für  antheiz)  unbedenklich  als  Schreibfehler  beseitigt  werden;  auch  ^t- 
mäe  7,  32  war  in  himü  zu  verändern.  —  10,  12  ist  hctben  als  conj.  ganz 
riditig  nach  dem  negativen  Satze.  —  10,  15  statt  vor  ist  wohl  van  zu  schreiben. 
—  11,  2  lies  Unser  frowen  statt  TJnde  frowen\  vgl.  11,  9.  —  12,  21  ist  frum- 

als  ^n  Wort  zu  schreiben.  —  18,  19  ist  statt  unde  vielleicht  wände  zu 


Schließlich  notiere  ich  einige  unbelegte  Worte:  von*eise  7,  8.  11,  2.  etn- 
gmßaeUdien  8,  37  (bisher  war  nur  eingenSte  belegt).  Jieimladunge  10,  9.  12. 
ttmgetiirage  IS,  84.  Auch  überkiren  ist  in  dem  Sinne  wie  es  15,  26  gebraucht 
ist^  noeh  nicht  belegt 

efiUfAmA.  H«ii0  B$Die  1/7.  (XX17.)  Jahrg.  % 


114  mSCELLEN. 

Die  Predigten  verdienen  eine  vollsU&ndige  Ausgabe  unter  Benntituig 
aSmmtlicher  vorhandener  Quellen.  Herr  Schmidt ,  der  sich  mit  der  deatscheo 
Predigt  des  Mittelalters  eingehend  beschäftigt  hat,  scheint  mir  dam  wohl  vor- 
bereitet und  könnte  sich  durch  eine  solche  Edition  ein  Verdienst  erwerben. 

HEIDELBERG,  18.  September  1878.  K.  BARTSCH. 


MISCELLEN. 


Bericht 


über  die  Verhandlungen  der  deutsch -romanischen  Abtheilung  der  XXXIII.  Ver- 
sammlung deutscher  Philologen  und  Schulmänner  zu  Gkra  1878. 

Die  Section  constituierte  sich  am  20.  September  Mittags  12  Uhr  nach 
Schluss  der  ersten  allgemeinen  Sitzung  unter  dem  Präsidium  von  Professor  Dr. 
Ed.  Sievers  aus  Jena.  Derselbe  eröffnete  die  Versammlung  mit  einer  kuraea 
Begrüßung  der  Anwesenden;  zum  zweiten  Vorsitzenden  wurde  Prof.  Dr.  Sachs 
aus  Brandenburg,  zu  Schriftführern  Privatdocent  Dr.  Neu  mann  aus  Heidelberg 
und  Gymnasiallehrer  Dr.  Ph.  Wegen  er  aus  Magdeburg  ernannt.  Die  hierauf 
folgende  Einzeichnung  in  das  Album  der  Section  und  damit  verbundene  Zah- 
luDg  eines  kleinen  Beitrages  zur  Deckung  der  etwa  entstehenden  Kosten^  sowie 
die  Ankündigung  der  folgenden  Sitzungen  füllte  die  übrige  Zeit  aus. 

Als  Mitglieder  zeichneten  sich  ein  folgende  36  Herren:  Bech  Fedor, 
Dr.,  Professor  in  Zeitz;  Benecke  Alb.,  Director  in  Berlin;  Deuticke,  Dr., 
Gynmasiallehrer  in  Berlin;  Döring  Bemh.,  Dr.,  Gymnasiallehrer  in  Leipzig; 
Dunger  H.,  Dr.  in  Dresden;  Dtintzer,  Dr.,  Professor  in  Coln  a.  Rh.;  Eck- 
leben  Selmar^  stud.  phil.  in  Halle  a.  S.;  Fischer  H.,  Dr.  in  GreiCnrald; 
Grube,  Dr.,  Oberlehrer  in  Berlin;  Hobbing  J.,  Lehrer  an  der  höheren 
Bürgerschule  in  Nienburg  a.  W. ;  Hoefer,  Dr.,  Gymnasiallehrer  in  Seehausen; 
Hofmeister  Ad.,  Dr.,  Gustos  der  Universitätsbibliothek  in  Rostock;  Hol- 
feld, Dr.,  Oberlehrer  in  Guben;  Hummel  F.,  Dr.,  Reallehrer  in  Weimar; 
Kluge  H.,  Dr.y  Professor  in  Altenburg;  Koch,  Dr.,  Professor  in  Grimma; 
Koehler  Reioh. ,  Dr.,  Bibliothekar  in  Weimar;  Mahn,  Dr.,  Profettor  in 
Steglitz  bei  Berlin;  Neu  mann  F.,  Dr.,  Privatdocent  in  Heidelberg;  Opitz,  Dr., 
Gymnasial- Oberlehrer  in  Naumburg  a.  S.;  Ost  hoff,  Dr.,  Professor  in  Heidel- 
berg; Paul  H.,  Dr.,  Professor  in  Freiburg  i.  Br. ;  Pfundheller,  Dr.,  Ober- 
lehrer in  Tamowitz;  Regel  E.,  Dr.,  Reallehrer  in  Gera;  Sachs,  Dr.,  Pro- 
fessor in  Brandenburg;  Schmager,  Reallehrer  in  Gera;  Schneider  Rob«, 
Reallehrer  in  Halberstadt;  Sievers  Ed.,  Dr.,  Professor  in  Jena;  Sprenger 
R«,  Dr.,  Reallehrer  in  Northeim;  Stier  G.  ^  Dr.,  Gymnasialdirector  in 
Zerbst;  Stratmann  F.  H.,  Dr.  in  Krefeld;  Weber  H.,  Dr.,  Professor  in 
Weimar ;  W  e  g  e  n  e  r  Ph. ,  Dr. ,  Gymnasiallehrer  in  Magdeburg ;  Weist  en- 
born  H.,  Dr.,  Professor  in  Erfurt;  Wentrup  H.,  Dr.,  Rector  in  Eottleben; 
W Sicher  E.,  Dr.,  Archivar  in  Weimar. 


MI8CELLGN.  115 

Die  zweite  Sitxang  haid  statt  am  1.  October  früh  8  Uhr. 

Prof.  Paul  sprach  über  das  Vocalsystem  des  Germaoischen  auf  Grund- 
lage der  neuesten  Forschungen,  indem  er  ausführte,  daß  das  nach  Bfaßgabe  des 
Sanskritvocalismns  entworfene  indogermanische  Vocalschema  a  i  u  mit  den 
Steigerungen  ä,  at,  au  einer  Reform  dringend  bedürftig  sei.  Die  i-  und  ti-Beihen 
sind  fiberflüßig;  man  hat  vielmehr  zwei  Reihen  von  a  -  Vocalen  anzunehmen, 
für  die  nach  dem  Vorgänge  Osthoff's  die  Bezeichnung  a  und  Ä  gewählt  wird. 
Jede  dieser  Reihen  geht  auf  einen  Grundvocal  zurück ,  der  sich  bereits  in  der 
indogermanischen  Grundsprache  in  Folge  der  verschiedenen  Accentuation  drei- 
&ch  gespalten  hat,  in  eine  starke  Stufe  (o^  und  Aq\  eine  mittlere  (a,  und  Ä^) 
und  eine  schwache  (gänzliche  Ausstoßung  des  Vocals).  Den  Vocalen  Oj  und  Oj 
entsprechen  in  europäischen  Sprachen  e  und  o,  während  das  Ä  auch  in  diesen 
den  reinen  a  -  Laut  beibehält.  Die  Kürzen ,  i  sowohl  als  u,  sind  nicht  etwa 
Qmndvocale,  die  zu  einem  at,  oi  etc.,  gesteigert  werden,  sondern  sie  sind  aus 
Abschwächung  dieser  Diphthonge  durch  Wegfall  des  a  hervorgegangen,  so  daß 
nun  die  ursprünglich  nicht  silbenbildenden  Componenden  i  und  u  die  Stelle 
des  Vocals  ausfüllen  mußten.  Sie  verhalten  sich  also  zu  den  einfachen  a-  und 
ii- Vocalen  gerade  so  wie  die  Lautgruppen  cd,  am^  an^  ar  etc.,  indem  auch 
hier  die  Sonorlaute  2 ,  m ,  n ,  r  beim  Ausfall  des  Vocales  seine  Rolle  über- 
nehmen. Sind  solche  Laute  in  der  betreffenden  Silbe  nicht  vorhanden,  so  kann 
natürlich  nach  dem  Wegfalle  des  Vocals  nichts  weiter  daraus  werden  und  das 
Wort  wird  um  eine  Silbe  verkürzt. 

Der  Grund  der  Schwächung  jener  Diphthonge  zu  kurzen  Vocalen  liegt 
in  den  Accentyerhältnissen ;  eben  darauf  geht  aber  auch  die  Scheidung  der 
a-Beihe  in  e  und  o  und  der  gänzliche  Wegfall  des  Vocals  zurück,  wie  schon 
vorher  erwähnt  wurde.  So  haben  wir  demnach  entsprechend  den  haüpttonigen, 
nebentonigen  und  unbetonten  Silben  eine  starke,  mittlere  und  schwache  Vocal- 
stnfe«  Diese  ist  bei  der^einfachen  a-Reihe: 

o  e  — , 

bei  der  Hinzunahme  von  t  und  u 

oi     ei     i  y        ou     eu     u , 
mit  rj  ly  fOy   n  aber 

or     er     r  y  ol     el     l , 

om     em     m,  on     en     fiy 

wobei  in  der  sehwachen  Stufe  dann  die  übriggebliebenen  r,  ^,  m,  n  als  Silben- 
büdner  auftreten.  — -  Die  il-Reihe  ergiebt  ä,  ä,  — .  Scheinbar  steht  dem  enl- 
gegmoL ,  daß  der  Hauptaccent  häufig  auf  der  mittleren ,  nicht  auf  der  ersten 
Stafe  steht,  wodurch  die  dreifache  Abstufung  zu  einer  nur  zweifachen  wird. 
Deshalb  bleibt  es  immer  noch  eine  sehr  wichtige  Aufgabe ,  diesen  uralten 
Voeal-  und  Accentverschiebungen  nachzuspüren.  Beide  Vocalreihen,  die  mit  a 
oad  die  mit  Ä  als  Grundvocal,  laufen  einander  völlig  parallel.  Auf  Grundlage 
dieeee  neuen  Vocalsystems  entwickelt  nun  Redner  den  Vocalismus  der  germa- 
nifdien  Sprachen.  Besonders  weist  er  nach,  daß  sich  die  verschiedenen  Stufen, 
namentlich  in  den  ablautenden  Formen  des  Verbums  deutlich  erhalten  haben. 
Die  Hanpteigenthfimlichkeit  des  Germanischen  sind  der  Rückgang  des  alten  o 
sa  a,  ein  Umstand ,  den  auch  das  gotische  Lehnwort  cdev  =  oleum  zeigt 
oad  die  Erweiterung  von  silbenbildendem  r,  2,  m,  n  zu  tir,  ti/,  um^  tm,  die 
•ogar  in  die  mittlere  Stufe  hinübergreift  und  er,    e2,   eia,  m  «VicsD&i&a  v^  mit^ 


116  MISCELLEN. 

tUj  um,  un  umwandelt,  woza  die  nachfolgende  Liquida  die  Veranlassung  giebt, 
weshalb  wir  z.  B.  im  gotischen  gihans  die  mittlere  Stufe  rein  erhalten  finden, 
während  sie  in  stuUmSy  numans  die  Modification  erlitten  hat.  Die  Beduplication 
und  die  mit  ihr  Terbundene  Yocalabstufung  ist  nur  im  Gk>tischen  rein  er- 
halten ;  die  übrigen  germanischen  Sprachen  haben  nur  zusammengesogene  For- 
men dafür,  aber  wahrscheinlich  ist  die  einfache  Form  ebenso  ursprünglich. 

Nachdem  diese  Abstufung  in  derselben  Weise  ^  wie  sie  für  die  Wurzel- 
silben durchgeführt  war ,  auch  für  die  Ableitungssilben  an  einer  Reihe  von 
Einzelbeispielen  ihre  Darlegung  gefunden  hatte,  legte  Prof.  Osthoff  in  der 
daran  anknüpfenden  Debatte  kurz  seine  etwas  abweichende  Ansicht  dar.  £Ir 
hält  tine  Dreitheilung  des  Vocalsystems  in  eine  a-,  t-  und  o-Beihe  für  empfeh- 
lenswerther  und  meint,  daß  ausserdem  auch  die  Längen  untergebracht  werden 
müßten,  behält  sich  jedoch  die  nähere  Begründung  auf  eine  andere  Zeit  vor, 
da  er  gerade  mit  einer  Abhandlung  über  dieses  Thema  beschäftigt  sei*  Prof. 
Sievers  erklärte  sich  dagegen  mit  der  Anschauung  des  Vortragenden  eiuTer- 
standen  ,  doch  ließ  die  vorgerückte  Zeit  eine  weitere  Ausdehnung  der  Dis- 
cuBsion  nicht  zu.  Die  Sitzung  schloß  um  lOy^  Uhr. 

Die  dritte  Sitzung  wurde  am  2.  October  Morgens  8  Uhr  Tom  Vorsitzen- 
den mit  der  Vorlage  der  Tagesordnung  und  der  Büttheilung  eroffiaet,  daß  zum 
nächsten  Versammlungsort  Trier  ausersehen  sei.  Als  Präsidium  f&r  nächstes 
Jahr  wurden  vorgeschlagen  und  erwählt  die  Professoren  Wilh.  Wilmanns 
und  Wendelin  Förster  in  Bonn. 

Darauf  widmete  Prof.  lyr»  Sachs  dem  im  Laufe  des  Jahres  verstorbenen 
Charles  Grandgagnage  einen  Nachruf,  dem  er  einen  Nekrolog  der  seit  der 
letzten  Versammlung  dahingeschiedenen  Philologen  und  Forscher  auf  dem  G^ 
biete  der  neueren  Sprachen,  wie  Creizenach,  Leo,  Weigand,  Brjant,  Aleardo, 
Lanfrej  und  anderer  vorausschickte.  Büt  warmen  Worten  gedachte  er  der  Ver- 
dienste des  Verstorbenen  um  die  wissenschaftliche  Bearbeitung  der  walloniBchen 
Sprache  und  erwähnte  zuletzt,  daß  die  Herausgabe  der  binterlassenen  Papiere 
August  Scheler  in  Brüssel  übernommen  habe. 

Sodann  kam  zur  Berathung,  ob  es  nicht  besser  sei,  die  Vormittagssitiong 
etwas  abzukürzen,  um  den  Mitgliedern  den  Besuch  der  allgemeinen  Sitzung  zu 
ermöglichen,  da  einer  der  für  diesen  Tag  angesetzten  Vorträge  (Prof.  Osthoff 
sprach  über  das  physiologische  und  psychologische  Moment  in  der  Formen- 
bildung und  ihr  gegenseitiges  Verhältniss)  lebhaftes  Interesse  erregte.  Zur  Be* 
wältigung  der  Tagesordnung  sollte  dann  noch  eine  Nachmittagssitznng  abge- 
halten werden.  Vorläufig  wurde  jedoch  beschlossen,  erst  den  folgenden  Vortrag 
abzuwarten,  und  dann  nöthigenfalls  von  neuem  über  den  Antrag  zu  berathea. 
Archivar  Dr.  E.  Wülcker  theilte  mit,  daß  er  jetzt  die  Redaction  des 
bisher  von  L.  Diefenbach  und  ihm  gemeinschaftlich  berausgegebenen  hodi- 
und  niederdeutschen  Wörterbuches  der  mittleren  und  neueren  Zeit  (Frankfurt 
a.  M.  1874,  Winter)  allein  übernommen  habe,  und  daß  er  nun  eine  raschere 
Vollendung  in  Aussicht  stellen  könne,  und  geht  dann  über  zu  einem  Vortrage 
über  die  Entstehung  der  kursächsischen  Kanzleisprache. 

Luther   hat    in    dem  69.  Capitel   der    Tischreden   den    bekannten  Aus- 
spruch gethan:     „Ich  habe  keine  gewisse,    sonderliche  Sprache  im  Deutaehen, 
sondern  brauche  der  gemeinen  deutschen  Sprache,  daß  mich  beide   Ober*  und 
Niederländer  verstehen  mögen.  Ich  rede  nach  der  sächsischen  Canieley,  welcher 


MISCELLEN.  117 

nachfolgen  alle  Fürsten  nnd  Könige  in  Dentschland.  Alle  Reichsstädte,  Für- 
stenhofe schreiben  nach  der  sächsischen  nnd  unseres  Fürsten  Canzelej,  darum 
ists  auch  die  gemeinste  deutsche  Sprache.  Kaiser  Maximilian  und  Kurfürst 
Friedrich  I  Herzog  zu  Sachsen  etc.  haben  im  römischen  Reiche  die  deutschen 
Sprachen  also  in  eine  gewisse  Sprache  gezogen.^  Der  erste  Theil  dieses  Aus- 
sprachea  ist  leicht  verständlich;  am  zweiten  Theile  hat  man  sich  bis  heute 
ziemlich  vergeblich  versucht.  Die  Erklärung  dafür  kann  aber  auch  nur  an  der 
Hand  eines  reichen  Urkundenmateriales  gefunden  werden.  So  wird  es  denn, 
fthrt  Redner  fort,  einem  Archivar  der  Weimarer  Archive  am  ersten  zustehen, 
an  diese  Frage  heranzutreten  und  mit  Hilfe  der  Hinterlassenschaft  der  großen 
Emestiner  des  16.  Jahrhunderts  die  Erklärung  jener  dunklen  Worte  zu  ver- 
suchen. Wer  da  aber  glaubt,  eine  Sprache  zu  finden,  die  gleich  der  heutigen 
in  Orthographie  und  Dialekt  strengen  Regeln  folgt,  wird  sich  sehr  enttäuscht 
sehen.  Zum  Wesen  einer  Kanzleisprache  aber  ist  es  auch  gar  nicht  nötbig, 
daß  derartige  strenge  Gesetze  festgehalten  werden.  Jede  Sprache,  welche  sich 
vom  gesprochenen  Dialekte  unterscheidet,  von  den  Kanzleischreibern  cultiviert 
wird  und  traditionell  geworden  ist,  kann  eine  Kanzleisprache  genannt  werden.  Und 
wenn  alsdann  die  Fürsten,  denen  jene  Kanzlei  zusteht,  es  sich  angelegen  sein  lassen, 
alle  in  ihrem  Namen  verfaßten  Urkunden  in  dieser  so  entstandenen  Schreibweise 
ausgehen  zu  lassen,  so  können  wir  auch  hier  schon  von  einer  fürstlichen  Kanzlei- 
sprache reden.  Wenn  wir  also  die  Sprache  der  kursächsisclien  Herrscher  untersuchen, 
so  haben  wir  nach  jenen  Richtungen  die  betreffenden  literarischen  Ueberbleibsel 
zu  erforschen.  Unter  den  letzteren  sind  es  aber  nur  die  Urkunden,  welche  die 
Aufinerksamkeit  auf  sich  ziehen,  denn  es  ergiebt  sich,  daß  wenigstens  in  der 
älteren  Zeit  nur  diese  in  einer  feierlicheren  Sprache  ausgestellt  wurden  ,  daß 
dagegen  die  Actenstücke  und  Briefe  dem  Dialekt  stets  näher  blieben.  In  den 
Urkunden  selbst  sind  es  aber  auch  nur  der  Vocalismus  und  Consonantismus, 
der  für  uns  wichtig  wird  —  Syntax  und  Lexicon  unterliegen  der  altherge- 
brachten Formel.  Bevor  wir  auf  die  Besprechung  der  kursäcbsischen  Kanzlei- 
sprache selbst  eingehen  ,  gilt  es  einen  Blick  zu  werfen  auf  die  Sprache  der 
benachbarten  kaiserlichen  Kanzlei ,  denn  von  dort  aus  sind  wesentliche  Ein- 
flüsse nicht  zu  leugnen.  Die  Sprache  der  Urkunden  der  deutschen  Kaiser  ist 
in  bei  weitem  überwiegendem  Maße  bis  auf  die  Tage  Ludwig  des  Baiern  die 
lateinische  gewesen;  erst  seit  diesem  Fürsten  beginnen  deutsche  Urkunden  in 
größerer  Menge  aufzutreten.  Fragen  wir  nach  dem  Grunde  dieser  Aenderung, 
so  ergiebt  sich  uns ,  daß  die  herzoglich  bairische  Kanzlei  schon  seit  langer 
Zeit  das  Deutsche  cnltivierte,  daß  also  Ludwig  bei  seiner  Thronbesteigung  ein* 
fach  den  Gebräuchen,  denen  er  als  Herzog  gefolgt,  auch  als  König  und  Kaiser 
treu  blieb.  Der  Vorgang  in  der  Hauptkanzlei  Deutschlands  fand  allerwärts 
Nachahmung  und  besonders  in  Mitteldeutschland  werden  die  Urkunden  etwa 
seit  dem  dritten  Jahrzehent  des  14.  Jahrhunderts  in  überwiegendem  Maße 
deutsch  verfasst.  Die  in  Ludwigs  Namen  ausgestellten  Urkunden  sind  aber  in 
gar  verschiedenem  Dialekte  geschrieben.  Wir  finden  streng  bairische ,  dann 
Urkunden  in  fremdem  und  endlich  solche  in  gemischtem  Dialekte.  Der  Wechsel 
läßt  sich  unschwer  erklären.  In  der  Kanzlei  selbst  mögen  einerseits  neben 
Baiem  auch  Nichtbaiem  angestellt  gewesen  sein.  Weiterhin  werden  gelegent- 
lieh der  Reisen  des  Herrschers  Notare  in  den  Städten,  wo  er  sich  gerade  be- 
fand,  zur  Ausstellung  der  Urkunden  requiriert.  Endlich  ist  auch  nachzuweisen^ 
daß  die  Petenten  selber  die  Coneepte  für  die  zu  veT£8A«eTi^«\^T\L}sxi^^  ^\)X.^<^A<&^ 


118  MI6CELLEN. 

uod  eingesandt  haben.  Die  gemischten  Dialekte  rühren  von  Leuten  her,  die 
die  kaiserliche  Schreibart  nachzuahmen  versachten,  ohne  genügend  mit  ihr  ver- 
traut zu  sein.  Unter  den  luxemburgischen  Herrschern  hat  sich  auch  keine 
wi^liche  Schriftsprache  ausgebildet ,  vielmehr  wird  in  ihren  Urkunden  jener 
Dialekt  wiedergegeben ,  der  auf  hochdeutscher  Grundlage  beruhend  dem  Bin- 
nendeutschen ungemein  nahe  steht,  aber  wir  finden  doch  eine  gewisse  Auswahl 
der  Formen  innerhalb  des  Dialekts  selbst,  die  Schreibung  indeß  ist  nicht  aus 
dem  Dialekt  herausgetreten.  Wenzel  übeminmit  die  Kanzlei  des  Vaters ,  Sieg- 
mund und  Albrecht  schließen  sich ,  wenn  auch  nicht  ganz ,  so  doch  in  der 
Hauptsache  der  Schreibung  der  Prager  Kanzlei  an,  und  die  hier  entwickelte 
Schreibweise  gewinnt  allerseits  in  Deutschland  den  Ruf,  die  specielle  Sprache 
des  Kaisers  zu  sein.  Wir  sehen  dies  einerseits  daraus,  daß  immer  mehr  auch 
die  in  ferneren  Gegenden  im  Namen  des  Kaisers  ausgestellten  Urkunden  die 
pragische  Schreibweise  wiedergeben,  wir  erkennen  es  aber  wohl  am  schlagend- 
sten daraus y  daß  Friedrich  III. ,  da  er  auf  den  Kaiserthron  gelangt,  die  süd- 
deutschen Eigenthümlichkeiten  allmählich  aufgibt  und  im  Gegensatze  zur 
Schreibart,  die  ihm  als  Herzog  geläufiger  war,  die  bisher  gebräuchliche  Kaiser- 
sprache annimmt.  In  seinen  späteren  Jahren  sind  auch  alle  Urkunden,  mögen 
sie  in  Nord-  oder  Süddeutschland  ausgestellt  sein,  in  gleicher  Schreibung  ver- 
faßt. Maximilian  endlich  übernimmt  des  Vaters  Kanzlei  und  führt  deren  Sprache 
auch  in  seinen  niederländischen  Provinzen  durchaus  als  officielle  Sprache  ein. 
Während  des  15.  Jahrhunderts  ist  in  Sachsen,  Meissen  und  Thüringen  anfangs 
der  Volksdialekt  der  in  den  Urkunden  durchaus  herrschende  gewesen.  Wir 
erkennen  nicht ,  daß  sich  die  Schreibart  eines  Friedrichs  des  Sanfbnüthigen, 
eines  Wilhelm  des  Tapferen  von  der  gemeinen  Mundart  abhübe;  aber  während 
diese  Verhältnisse  in  Thüringen  bis  zum  Tode  Wilhelms  (1482)  die  gleichen 
bleiben,  tritt  nach  Friedrichs  des  Sanftmüthigen  Tode  (1464)  in  der  anderen 
Linie  der  Wettiner  eine  wichtige  Aenderung  ein.  Friedrichs  Sohne,  Ernst  und 
Albrecht,  residierten  vorzugsweise  in  Dresden  bis  1485;  und  in  dieser  Zdt  hat 
die  Urkundensprache  eine  große  Veränderung  er&hren.  Sie  ist  nämlich  der 
kaiserlichen  ELanzleisprache  aogeähnelt  worden,  indem  bei  Schwankungen  des 
Dialekts  die  Formen  bevorzugt  wurden ,  welche  mit  der  kaiserlichen  Sprache 
übereinstimmten ,  weiterhin  aber  auch  geradezu  einige  Elemente  der  kaiser- 
lichen Kanzleisprache  neu  eingeführt  wurden.  Nach  dem  Tode  Wilhelms  verlor 
die  binnendeutsch  schreibende  Kanzlei  zu  Weimar ,  die  bisher  den  Ton  für 
Thüringen  angegeben,  ihre  Bedeutung;  an  ihre  Stelle  trat  alsbald  die  Tor^ 
gauische,  denn  nach  der  Theilung  1485  wurde  Torgau  die  Residenz  des  Kur- 
fürsten Ernst.  Gleich  nach  Wilhelms  Tode  hatte  sich  schon  in  den  kurfürst- 
lichen und  herzoglichen  Urkunden,  welche  in  Thüringen  entstanden,  im  Gegen- 
satze zu  den  Zeiten  Wilhelms  die  neue  Kanzleisprache  eingebürgert  und  sie 
gewann  auch  in  Kursachsen,  wo  bisher  in  den  Schriften  auch  Binnendeutsch 
geherrscht,  die  Oberhand.  Ein  Jahr  nach  der  Theilung  starb  Kurfürst  Ernst. 
Seine  Söhne  Friedrich  und  Johann  traten  an  seine  Stelle  und  hielten  die  Grund- 
sätze des  Vaters  in  Bezug  auf  die  Kanzlei  fest.  Friedrich  hat  sich  viel  um 
letztere  bekümmert;  wir  besitzen  auch  eine  Kanzleiordnung,  die  er  1499  auf- 
stellte, und  er  galt  dem  späteren  Geschlechte,  da  Ernst  in  Thüringen  nie  po- 
pulär geworden,  als  der  £i  finder  der  Kanzleisprache.  Diese  Kanzleisprache  aber 
ist,    ausser  in  den  Urkunden  der  Fürsten,    anfangs    nirgends  wieder  zu  ent- 


MISCELLEN.  119 

deekeD  —  alle  nicht  urkundlichen  Schriften,  alle  Concepte,  alle  privaten  Cor- 
respondenzen  der  Fürsten  sind  im  Dialekte  geschrieben.  Auch  die  Urkunden 
der  PriTaÜeute  tragen  noch  einige  Zeit  den  Dialekt  zur  Schau,  und  so  hat  der 
heranwachsende  Luther  zwei  geschriebene  Sprachen  vorgefunden.  Dadurch,  daß 
er  sich  in  seinen  Werken  für  die  Sprache  der  Kanzlei  entschied,  hat  er  ein 
Beträchtliches  mitgeholfen,  den  Dialekt  aus  der  Schrift  zu  verdrängen. 

Nach  Schluß  der  Debatte,  in  welcher  noch  mehrere  Beispiele  angeführt 
wurden  von  dem  Einflasse,  den  die  höherstehende  Kanzlei  auf  die  subordinierten 
auch  in  Bezug  auf  die  Sprache  ausübte,  stellt  Dr.  Weg  euer  den  Antrag, 
eine  Commission  zu  bilden,  welche  bis  zur  nächsten  Versammlung  einen  Plan 
almaarbeiten  habe ,  nach  welchem  eine  Reihe  von  Dialektgrammatiken  der 
deutschen  Mundarten  anzulegen  sei.  Dieser  Plan  solle  dann  der  Reichsregie- 
mng  vorgelegt  und  dieselbe  um  Unterstützung  dieses  Unternehmens  ersucht 
werden«  Begründet  war  der  Antrag  damit,  daß  die  Reichsregierung  keines- 
wegs die  Unterstützung  der  Dialektforschung  überhaupt  abgelehnt  habe,  son- 
dern nur  die  im  vorigen  Jahre  erbetene  der  Frommann'schen  Zeitschrift,  da  sie 
dieselbe  in  ihrer  bisherigen  Form  nicht  für  zweckentsprechend  angesehen  habe« 
Der  Antrag  geht  durch  und  es  werden  für  die  Commission  vorgeschlagen  und 
genehmigt:  Prof.  W.  Braune  in  Leipzig  (abwesend),  Prof.  Paul  in  Frei- 
burg i.  B,  Prof.  Sievers  in  Jena,  Dr.  Wegener  in  Magdeburg,  Dr.  W In- 
tel er  in  Burgdorf,  Canton  Bern  (abwesend).  Die  anwesenden  drei  Uerren  er- 
klärten die  Wahl  anzunehmen. 

Da  noch  hinreichend  Zeit  vorhanden  zu  sein  schien,  wird  von  einer  Nach- 
mittagsitzung abgesehen,  worauf  Prof.  Mahn  über  deutsche  Wörter  dunklen  Ur- 
sprungs sprach,  die  aus  dem  Keltischen  stammen  und  dort  ihre  Erklärung  finden. 
An  und  für  sich  sei  es  deutlich^  wenn  man  das  Verhältniss  der  Einwanderung  der 
verschiedenen  Völker  in  Europa  aus  Asien  erwäge,  daß  die  Kelten  den  Ger- 
manen überall  voranfgegangen  waren.  Es  werde  aber  auch  durch  die  geogra- 
phischen Namen  der  Städte  und  Flüsse  erwiesen,  wo  Kelten  vor  den  Germanen 
saßen  und  welchen  Weg  ihre  Einwanderung  nahm.  Es  werden  keltische  Völ- 
kersehaften  in  Kleinasien  und  Pannonien  genannt,  die  Galater  und  Skordisker; 
in  Galizien  und  Sehlesien  wohnten  die  Gothinen  ,  die  nach  Tacitus  gallisch 
redeten;  ihre  Städte  Carnovia,  Eburum,  Carchodurum,  die  rein  keltische  Namen 
haben,  beweisen  dies;  die  Bojer  in  Böhmen  waren  ein  keltisches  Volk;  immer 
weiter  nach  Norden  und  Nordwesten  hin  finden  sich  keltische  Namen,  die  Saale, 
Halle,  die  Elbe,  Berlin,  die  Pichelsbergo  bei  Spandau,  die  Havel,  Brandenburg 
(fäbcfalich  für  slavisch  gehalten) ,  der  Brocken ,  die  silva  Hercynia ,  sogar  Ar- 
cona  auf  Rügen,  Weser  etc.  sind,  wie  es  der  Vortragende  in  seinen  etymolo- 
g^chen  Untersuchungen  über  geographische  Namen  ausführlich  nachgewiesen 
hat,  keltische  Benennungen.  Man  sieht  hieraus,  daß  auch  im  mittleren  und 
nördlichen  Deutschland  Kelten  vor  den  Germanen  ansässig  waren,  obgleich  die 
Geschichte  nichts  davon  weiß  oder  nur  schwache  Andeutungen  gibt.  Es  wäre 
daher  nicht  lu  verwundern,  wenn  sich  Spuren  des  Keltenthumes  auch  in  der 
deutschen  Sprache  zeigten.  Bis  jetzt  hat  man  aber  wenig  darauf  geachtet,  ob- 
gleich so  manches  Dunkle  im  Deutschen  daraus  zu  erklären  wäre.  Der  Vor- 
tragende hatte  schon  in  Rostock  einen  Vortrag  über  dieses  Thema  gehalten 
und  damals  sieben  deutsche  Wörter  als  Beispiele  keltischen  Ursprunges  ange- 
fSbrt  und  bewiesen,  nämlich :  Apfel,  Birne^  Möhre  oder  Mohrrübe,  Kronsbeere 


120  MISCELLEN. 

oder  Preiselbeere,  Gabel^  Amt  und  Affe;  das  letstere  orientaliBchen  Ursprungs, 
aber  in  der  Form  Affe  ohne  k  im  Anlaut  den  Deutschen  von  den  Kelten  über- 
liefert Von  den  seitdem  nea  hinzugefondenen  Wörtern  fahrte  derselbe  in  seinem 
jetzigen  Vortrage  an:  Habicht,  Bock,  Grille,  Hahn,  Tanne,  Binse,  Boggen, 
Besen,  Rock,  Krag,  Bruch,  Brühl,  Alp,  mhd.  bohart,  deren  keltischen  Ur- 
sprang er  aosfohrlich  entwickelte. 

An  der  Debatte  hierüber  betheiligten  sich  besonders  Director  Stier  and 
Professor  Stein thal  and  wies  namentlich  letzterer,  ohne  die  Richtigkeit  der 
gegebenen  Ableitangen  in  Frage  zu  stellen ,  darauf  hin ,  daß  recht  wohl  die 
deutsche  und  die  keltische  Sprache  unabhängig  von  einander  eine  bereits  in 
der  Ursprache  Torhandene  Wurzel  festgehalten  und  selbständig  ausgebildet 
haben  können^  daß  es  also  nicht  absolut  nothwendig  sei,  eine  directe  Entleh- 
nung anzunehmen. 

Die  von  Prof.  Sievers  für  eventuell  noch  freibleibende  Zeit  in  Aus- 
sicht gestellten  Bemerkungen  zur  altnordischen  Metrik  mußten,  da  die  Sitzung 
schon  angewohnlich  lange  gedauert  hatte,  leider  wegfallen  und  schloß  der 
Vorsitzende  die  Verhandlungen  der  Section  für  die  diesjährige  Versammlung 
gegen  11  Uhr. 

ROSTOCK.  AD.  HOFMEISTER. 


Deutsche   mittelalterliche  Handschriften  der  Fürst-Georgs-Bibliothek  su 

Dessau. 

(Fortsetzung.) 

3. 

Demantin  von  Berthold  von  Holle. 

Diese  Handschrift,  fest  gebunden  und  mit  zwei  (mit  rothem  Leder  aberzogenen) 
Einbanddeckeln  aus  Holz  versehen,  bisher  die  einzige  vollständige  des  Demantin, 
wurde  erst  vor  einigen  Jahren,  als  die  Fürst-Gkorgs-Bibliothek  aus  den  untern 
Räumen  des  herzoglichen  Schlosses  zu  Dessau  nach  dem  herzogL  Bibliothek- 
Gkbäude  daselbst  geschafft  und  der  Aufsicht  des  Unterzeichneten  unterstellt 
wurde,  entdeckt.  Letzterer  machte  sogleich  dem  Herausgeber  der  früher  be- 
kannten Werke  des  Berthold  von  Holle,  Prof.  Bartsch,  Mittheilung  von 
seinem  Funde  und  überließ  demselben  das  Msc.  zum  Zweck  der  Herausgabe 
(113.  Publication  des  litt.  Vereins  in  Stuttgart  vom  J.  1875).  Die  Hand- 
schrift gebort  dem  15.  Jahrb.  an,  ist  in  Quart  (21 7$  c.  hoch,  J^Yg  breit) 
und  besteht  aus  259  Blättern,  von  denen  immer  12  eine  Lage  bilden.  Die 
letzte  Lage  hat  nur  7  Blätter,  ist  aber  unvollständig;  doch  fehlt  nur  1  Blatt,  da 
die  Mitte  der  Lage  sich  hier  schon  nach  dem  vierten  Blatte  befindet.  Die 
Arbeit  ist  nach  einer  Vorlage  geschrieben,  welche  Blätter  zu  80  Zeilen  hatte, 
wobei  natürlich  wohl  nicht  an  lange  spaltenlose  Seiten  mit  40  kurzen  Zeilen,  son- 
dern an  kürzere  Seiten  mit  2  Spalten  zu  20  Zeilen  zu  denken  ist.  So  erklärt 
sich  denn  auch  in  unserer  Handschrift  die  Umstellung  einiger  Blätter,  die  viel- 
leicht schon  in  der  Vorlsge  falsch  gebunden  waren.  Die  Sprache  unserer  Hand- 
schrift trägt  durchweg  thüringischen  Charakter,  was  um  so  mehr  zu  beklagen 
istf  als  keine  der  bisher  aufgefundenen  Handschriften  (sechs  an  der  Zahl)  Toa 


MISCELLEN.  121 

CMicbten  Bertholds  ein  rein  niederdeutsches  Gepräge  hat,  wiewohl  doch  Ber- 
thold als  niederdeutscher  Dichter  anzusehen  ist.    Anfang  des  Gedichtes: 

Bertolt  von  helle  hin  Ich  genat 

Den  gute  tede  ich  wol  behaut 

Gutes  manes  werdikeit 

Daz  ist  den  vngeczogenen  leit 

Dj  haben  mich  dar  lange  hj  get'bin 

Ores  hasßes  wil  ich  mich  begebin 

Dorch  ejue  rede  dj  ich  habe  gedacht 

Dj  hette  ich  gerne  vollen  bracht 

Den  vrournedenrichen  czu  eren 

D7  sullen  ez  gar  vor  keren 

Vnde  ores  selbes  laster  meren. 
Schließlich  ist  noch  zu  bemerken ,  daß  auf  der  Innenseite  des  vorderen 
Einbanddeckels  ein  Stück  eines  lateinischen  Legendariums  aufgeklebt  ist:  y,[c]i- 
riacus  a  marcello  papa  djaconus  ordinatus  comprehensus  et  ad  maximinianum 
dedactns  jussus  est  cum  socits  suis  ut  terrain  federet^  u.  s.  w. ;  wie  daß  sich 
auf  der  Innenseite  des  hinteren  Einbanddeckels  ein  Blatt  aus  einer  Papierhand- 
schrift des  15.  Jahrhunderts  von  dem  Richtsteig  landrechts  befindet, 
beginnend: 

hat  he  sj  verworcht 

so  vynt  man  öme  czu 

buze  czwene  besme  etc.  (gedruckt  bei  Bartsch  S.  359  ff.) 

4. 
Der  Renner  von  Hugo  von  Trimberg. 

Papierhandschrift  des  15.  Jahrhunderts  (a.  d.  J.  1408)  in  Kleinfolio 
(30  c.  hoch,  21  c.  breit),  festgebunden,  mit  zwei  lederbezogenen  Holzdeckeln 
(jeder  mit  5  Messiogknöpfen  ausgestattet)  versehen.  Zwei  früher  daran  be- 
findlich  gewesene  Lederschließen  sind  abgerissen.  Sonst  ist  der  Codex  inner- 
lich und  äusserlich  ziemlich  gut  erhalten.  Er  besteht  aus  192  Blättern  in  Lagen 
zu  12  Blättern.  Das  Papier  ist  fest  und  stark  und  trägt  einen  Bogen  (?)  als 
Wasserzeichen.  Die  einzelnen  Bogen  sind  willkürlich  vom  Schreiber  verwandt, 
so  daß  das  Blatt  mit  dem  Wasserzeichen  bald  als  erstes,  bald  als  zweites,  die 
offene  Seite  des  Bogens  (?)  bald  nach  oben,  bald  nach  unten  gekehrt  er- 
scheint. Die  einzelnen  Lagen  tragen  je  auf  der  ersten  Seite  Signaturen; 
Custoden  auf  den  letzten  Lagenseiten  sind  nicht  vorhanden.  Vier  Doppellinien 
auf  jeder  Seite  fassen  die  Schrift  wie  ein  Rahmen  ein.  Die  einzelnen  Seiten 
(nicht  gespalten)  enthalten  30 — 32  Verse.  Die  Überschriften  der  einzelnen 
Abschnitte  sind  roth  geschrieben;  hervorragende  Anfänge  sind  durch  größere 
bald  in  Roth,  bald  in  Grün  ausgeführte  Anfangsbuchstaben  hervorgehoben. 
Sämmtliche  Anfangsbuchstaben  der  einzelnen  Verse  einer  Seite  sind  durch  rothe 
oder  grüne  Linien  verbunden.  Am  Schluß  eines  jeden  Verses  befindet  sich  eine 
längere  oder  kürzere  gebrochene  Linie  in  Roth.  Die  Handschrift  ist  ohne  Vor- 
rede imd  Index.  Sie  beginnt  mit  den  lateinischen  Versen  de  florida  juventute 
mid  de  gxavida  senectute,  jedoch  ohne  die  betr.  Überschriften.  Die  im  Bam- 
berger   Abdruck  (1833)   der    Erlanger  Handschrift    darSber    stehenden   Verse 


122  MISCELLEN. 

folgen  hier,  jeder  an  seiner  besüglichen  Stelle.  Nach  einer  ungefähren  Z&h- 
lang  enthalt  der  Dessaaer  Codex  12,300  Verse  (gegen  24,600  des  Bamberger 
Abdruckes).  Er  schliefit  mit  den  Worten  des  Abschreibers:  |,Ezpiicit  rynnems 
ffinitus  sab  anno  dni  |  millesimo  qaadringentesimo  Octaao  in  |  Vigilia  beati  Ja- 
cobi  apl'i  p  manas  caiasdä  |  Johanm  Marqvard  et  nö  p  pedes  sinatqae  (?)  |  Dem 
lallarde  brot  der  got  der  nniien  worst^.  Daran! er  in  Roth:  ,,Gebit  darch  got 
gerne  |  so  stet  ir  de  ewigS  riebe  |  nicht  Teme  alze  dr  steme  |  dr  genant  ist  der 
morge  |  steme  vnde  das  ewige  {  liecht  bta  Tirgo  maria^.  Ab  Sprachprobe  diene 
der  Anfang: 

Dichtens  hat  ich  mich  Torlobit 

Von  der  zeit  sint  das  my  honbit 

So  mancherleje  done  gewan 

Seyten  dj  sin  snszin  singen 

Stonnen  raschen  sundirn  dingen 

Dy  done  ich  gelemet  han 

Dy  mir  vor  iare  Tnkont  waren 

Bis  das  ich  qai  sca  fücsig  iare 

Do  hap  sich  my  imecht  an 

Allayne  m^  nw  dy  ore  dysen 

Vnde  oage  ober  fliszen 

Doch  wil  ich  eyn  bachelin 

Mine  franden  tichten 

Unde  mit  ryme  so  vor  fliehten 

Daz  sy  do  by  gedencken  myn 

Welchis  lesen  edder  bore  lesen 

Daz  sy  myner  sele  wesen 

Gnedig  wen  geschrebii  stet 

Wer  vor  eynes  andn  schalde  bete 

Sines  selbes  sele  Idste  he  damete 

Vnde  telgete  syne  misetat 

Vor  hat  ich  sehen  bachelin 

In  daczsche  gemacht  vn  yn  [latin] 

Ffanftehalbes  daz  ist  war 

Daz  halbe  wil  ich  lassen  bliben 

Vnde  wil  diz  zn  dem  ersten  schrben. . . 
Trotz   seiner  Lücken  and  Schreibfehler  dürfte  der  vorliegende  Codex  doch 
bei  einer  späteren  Textrevision  des  Renners  Beachtnng  verdienen^  da  er  ander- 
seits nicht    anwichtige  Varianten   bietet     Über   die  Provenienz   desselben   Iftßt 
sich  nichts  feststellen. 

6. 

Von  den  viernndzwanzig  Alten   oder  von   dem  goldenen  Throne 
der    liebhabenden  Seele  von  Otto  von  Passan,   St.  Francisci  Or- 
dens Lesemeister  zu  Basel,  anno  1386. 

Papierhandschrift  des  15.  Jahrhanderts  (a.  1446),  festgebonden,  mit  zwei 
(mit  rothem  Leder  überzogenen  und  fünf  kräftigen  Messingknöpfen  aasgestatteten) 
Holzdeekeln  versehen.  Großfolio,  407«  c  hoch  and  28  V,  c.  breil.  I>m  Papier, 
H^alcbes    eine  eigenthümliche  ringförmige  Figur  als  Wasseneicheo  trigt^  liegt  in 


MISCELLEN.  123 

Lagen  zu  12  Blättern  (mit  Aasnahme  der  14.  Lage,  welche  nnr  10  Blätter 
zählt,  ohne  daß  jedoch  im  Texte  eine  Lücke  ist).  Wo  der  Faden  die  Lage 
zosammeohält ,  ist  jedesmal  zur  Schonung  des  Papiers  ein  schmaler  Streifen 
starken  Papiers  eingeheftet,  so  daß  der  Faden  nie  unmittelbar  die  beschrie- 
benen Blätter  selbst  berührt  Die  ersten  Lagen  tragen  die  Signaturen  je  auf 
der  letzten  Seite  unten,  von  der  10.  Lage  an  befindet  sich  die  Signatur  je 
auf  der  ersten  unten.  Von  der  ersten  Lage  sind  nnr  drei  beschriebene  Blätter 
vorhanden,  die  zweite  Lage  ist  vollständig,  von  der  dritten  Lage  fehlt  das 
letzte  Blatt  (Bl.  36).  Die  Handschrift  ist  in  neuerer  Zeit  einmal  ausgebessert 
worden.  Bei  dieser  Ausbesserung  sind  vom  zwei  weisse  Blätter  (wahrschein- 
lich TO  nachträglicher  Ergänzung  der  ersten  Lage)  eingeklebt  und  ein  vorn 
gewiß  vorhanden  gewesenes  Pergamentblatt  bis  auf  einen  fingerbreiten  Streifen 
(den  man  an  der  inneren  Seite  des  vorderen  Deckeb  befestigt  hat)  beseitigt 
worden.  Soweit  die  vorhandenen  Blätter  zerrissen  oder  zerschnitten  gewesen 
sind,  hat  man  sie  mit  Hülfe  eines  leeren  Blattes,  das  man  am' Schluß  des 
Codex  fand,  befestigt  und  ergänzt  Vielfach  ist  dabei  leider  (wahrscheinlich 
um  das  Papier  dauerhafter  zu  machen!)  der  untere  Band  der  Blätter  geleimt 
worden,  wovon  nimmehr  die  Folge  ist,  daß  gerade  diese  Stellen  jetzt  am  meisten 
dem  Brechen  ausgesetzt  sind  und  sehr  vorsichtig  behandelt  werden  müssen. 
Custeden  befanden  sich  ursprünglich  wohl  auf  allen  letzten  Seiten  der  einzelnen 
Lagen,  sind  aber  meist  beim  Einbinden  abgeschnitten  worden.  Bei  den  Lagen 
4,  7,  10,  11,  16  und  17  sind  sie  noch  vorhanden,  bei  Lage  5  sieht  man  noch 
den  oberen  Rand  davon.  Oft  wiederholt  sich  übrigens  das  letzte  Wort  einer 
Seite  oder  Spalte  auf  der  nächsten  Seite,  resp.  Spalte.  —  Die  Handschrift 
ist  mit  schönen  Miniaturen  und  Initialen,  an  die  sich  oft  reiche  Gewinde  mit 
Blumen  und  Vögeln,  ja  bisweilen  mit  ausgeführten  grösseren  Compositionen  wie 
Jagdbildem  u.  A.  m.  anschliessen ,  geziert.  Trotz  des  fragmenterischen  Zu- 
standes  der  1.  Lage  ist  das  Bild  des  ersten  Alten  vorhanden;  die  Blätter,  auf 
denen  sich  die  Bilder  des  2.  und  3.  Alten  befanden,  fehlen ;  das  Blatt  für  den 
4.  Alten  ist  vorhanden,  jedoch  das  Bild  herausgeschnitten,  während  die  dazu 
gehörige  Initiale  belassen  ist  (vgl.  Bl.  16);  vom  Bilde  des  5.  Alten  an  ist  die 
ganze  Reihe  bis  zum  34.  ununterbrochen  vorhanden  und  zwar  jedes  einzelne 
in  dem  weissen,  vom  Alten  ausgehenden  Bande  signiert,  vgl.  Bl.  24,  29,  34, 
40,  45,  49,  63,  92,  97,  105,  110,  118,  125,  132,  139,  164,  174,  186  und 
198.  Die  Miniatur  auf  Bl.  209  zeigt  einen  Klostergeistlichen  in  Franciscaner- 
tracht,  der  die  Seele  belehrt  und  soll  gewiß  auf  den  Verfasser  selbst  hinweisen. 
Jene  Miniaturen  und  Initialen  haben  ausser  dem  Schönen,  das  sie  in  ihren 
Formen  bieten,  einen  besonderen  Reiz  in  der  Farbe.  In  letzterer  Beziehung 
hat  den  Künstler  ein  äusserst  feines  Gefühl  durchgängig  geleitet  Ausser  diesem 
künstlichen  Schmucke  finden  sich  im  Codex  noch  viele  reich  verzierte  Majus- 
keln in  rother  und  blauer  Farbe,  wie  denn  auch  oft  im  Texte  grosse  An- 
fangsbuchstaben roth  durchstrichen  sind.  —  Die  Seiten  sind  zweigespalten, 
jede  Spalte  ist  von  vier  geraden  Linien  eingerahmt  und  trägt  33 — 35  Zeilen. 
Die  Schrift  sehr  correct  und  deutlich.  Über  den  ersten  Besitzer  und  den  Ab- 
schreiber berichtet  ein  Schlußwort:  „Anno  Doini  |  M°  CCCC°  XLVI°  |  Abir  dy 
serift  disses  |  keginwertigen  buches  |  hat  lassen  screibin  |  em  Selbir  der  hoch 
geborne  furste  vnde  |  vnde  herre  herre  |  Jurge  furste  zcu  [  Anehalt  vnde  v5 
graue  von  Asscha  |  nien  Ejmen  screiber  |  von  pimen  genant  |  Nicolans  Kürße- 


124  MISC£LL£N. 

ner  |  Nach    cristi  vnsera  |  hfn    geburt    ab    man  |  screibit  firczeohnn  |  dirt   Jar 
dornach  |  Im  VI  vnd  virczigisto  |  Jare  am  dem  dinsta  |  ge  noch  Egidi   des  |  hei- 
ligen Aptes  vod  I  libin   vaters   Got   ge  |  be   das   alle   dye  dis  |  buches   gebm- 
eben"  n.  s.  w.  ^Ach  wy  fro  was  ich  do  |  So  ich  scrip  finito  libro  |  Vnde  ich 
Nicolaus  von  |  pimen   offenbarer   screi  |  ber  Missnisches  Bissch  |  offthoms    von 
keyßer  |  lieber    macht  wegen  |  bin    ich    et    cetera  et   cetera."     Der  Verfasser 
des  Werkes,  Otto  von  Passan,   wird    im  Codex    zweimal    genannt.     Aof    dem 
ersten  Bl.  wird    desselben    gedacht ,    als    „ejus    demütigen  |  bruders  Otten  von 
Passen  |  we  sente  franciscen  ordens  |  der   diß    buch  mit  grossem  |  fleysse  vnde 
erbeit   cza   sam  |  ne   gefuget  hat^  n.  s.  w.  und   auf  Bl.  211  bittet  der  Verf. 
den  Leser,  für  ihn  beten  zn  wollen,  als  „vor  eynen  demn  |  tigen  brnder  Otten  | 
von  passawe  sente  |  francisd  ordens  et  |  wan  lesemeist'  ge  |  west  zu  Basil^  u.  s.  w. 
Über  die  Entstehungszeit  der  Arbeit  Otto*s  heißt  es  auf  Bl.  212:   „derselbe  | 
bruder  Otto  hod  dis  |  buch  . . .  gemacht  vn  |  das  gescbach  da  man  |  zcalte  von 
Jhn  cristi  |  geburt  Anno  domini  |  lüllesimo  Tricentesi  |  mo  Octuagesimo  sezto  | 
Das  ist  nach    cristi  ge  |  bnrt  Tusend  dreyhü  |  dirt  vnde  achczigist^  |  Jare  An 
der   hjmel  |  furstynne    obende  |  Marien    der    heiligeste  |  Juncfirauwen  wenne  | 
man  nennet  dy  ge  |  burt  Maia  adir  vnsir  |  libin  frauwen  tag  |  leczcze  Am   ire 
obinde.** 

6. 
Ein  Sammelband. 

Papierhandschrift  des  15.  Jahrhunderts,  festgebunden  und  mit  zwei  (mit 
Leder  überzogenen  und  mit  je  fünf  Messingknöpfen  ausgestatteten)  Holzdeckeln 
versehen.  Die  inneren  Seiten  der  Deckel  mit  Papier  überzogen  und  mit  Feder- 
proben u.  a«  Bemerkungen  beschrieben  („Ilße  Frencke,  Hanns  Frencke  III  guld 
zcins  upp  michl  Der  . . .  H  cretzschmar"  u.  a.).  Quart,  die  Blätter  21 72  c- 
hoch  und  15  c.  breit.  Das  Papier  liegt  im  Allgemeinen  in  Lagen  zu  12  Blät- 
tern (Lage  11  und  15  bestehen  nur  aus  10  Blättern),  trägt  jedoch  verschie- 
dene Wasserzeichen  (einen  Stierkopf  mit  aufrecht  stehenden  Hörnern  und  einem 
senkrechten  Stabe  zwischen  denselben;  zwei  Schlüssel;  einen  kleineren  Stier- 
kopf; einzelne  Bogen  scheinen  gar  kein  Wasserzeichen  zn  haben).  Die  erste 
Lage  besteht  aus  acht  Blättern,  von  denen  die  beiden  letzten  ausgeschnitten 
sind.  Sie  ist  unbeschrieben,  nur  auf  der  ersten  Seite  bemerkt  man  einige 
Federproben,  u.  a.  „Anno  doiüM^CCCC®  Sexagesimo  |  Heinriccius  Kunstedt  (?)". 
An  beschriebenen  Blättern  enthält  der  Codex  278,  von  denen  jedoch  die  letzte 
Partie  von  Blatt  229  an  stark  von  Mäusen  angefressen  ist.  Sonst  ist  die  Hand- 
schrift gut  erhalten  und  sehr  leserlich  geschrieben.  Signaturen  der  Lagen  be- 
finden sich  je  auf  den  letzten  Seiten  derselben  unten  links.  Die  Seiten  sind 
gespalten  und  haben  20 — 22  Zeilen.  Majuskeln,  Interpunctionszeichen,  Capitel- 
zahlen  u.  a.  Einzelnes  in  rother  Tinte.  Die  erste  beschriebene  Lage  des  Co- 
dex enthält  von  Bl.  2 — 11  (Bl.  1  ist  ausgeschnitten)  ein  Register  über  94 
nachher  folgende  Erzählungen  mit  der  Überschrift  „Dis  ist  das  Register  disses 
buches*.  Die  94  Erzählungen  reichen  von  Bl.  12  bis  Bl.  227  und  tragen 
die  Schlußbemerkung  in  rother  Tinte:  „finitns  est  über  iste  anno  dm  M° 
CCCC®  XX V^  feria  quarta  post  kiliauL^  Es  sind  deutsche  G«8ta  Romanorum. 
•D^:  ^Dorotheas  der  keyser  |  der  saeste  ein  geseczcze^  das  |  dj  sone  solden 


MISGELLEN.  125 

die  eldem  |  eren  vnde  erneren.  des  was  in  syme  |  riche  ein  ritter  des  hos- 
fronwe  hatte  |  einen  son^  der  ritter  czoch  os  yn  |  fremde  lant,  Tnde  wart  ge- 
fuigen  I  Tnde  wart  gar  swerlichen  behalden  |  in  banden,  do  schreip  her  der 
fronwe  I  vnde  deme  sone  vmb  losnnge,  do  |  das  dj  fronwe  horte  do  weynte 
de  I  also  sere  daz  sie  blint  wart.^  Es  folgt  auf  BI.  228  ein  Gespräch  des 
„wysen  konigs  salomon^  mit  der  yyfrow  sibilla^  (Sibyilen-Weissa- 
gong)^  das  bis  Bl.  234  reicht  uod  folgende  Worte  in  rother  Tinte  als  Unterschrift 
tragt:  ^Non  bene  scribo  sz  melius  disc.  volo.  Per  me  johannnem  oertwen  scptm 
est  lllnd  li-b-v-r-y-m"  (sie).  Die  Sibyllen-Weissagung  beginnt  mit  der 
bekannten  Strophe  des  Mamer  y,Czu  Rome  stunt  gemalt^  u.  s.  w.  und  eot- 
bilt  nach  derselben  noch  16  Strophen.  Die  Handschrift  gehört  dem  ersten 
Viertel  des  15.  Jahrh.  an,  und  ist  F.  Vogt  bei  seiner  Abhandlung  (Paul-Braune 
4y  48  ff.)  unbekannt  geblieben.  Bl.  234 — 235  enthält  eine  Beschreibung  der 
iptogende  des  Eychen  |  myspels*^.  (Vgl.  altd.  Wälder  1,  144.)  Bl.  236  ist 
«nbesehrieben.  Auf  Bl.  237  findet  sich  folgende  Bemerkung:  „Nu  sal  man  malen 
eyoen  konig  [vnd  eyne  ko-]nigynne,  dy  uff  eyme  schaczabel  mit  . . .  |  zeihen,  Tnde 
der  konig  sal  eynen  allden  [mit  der]  rechten  hant  nemen  vnde  sal  den  der 
kon[ig3mne]  byten.^  Der  Raum  für  ein  solches  Gemälde  ist  leer  gelassen. 
Bis  zum  Schluß  des  Codex  folgt  ein  deutsches  prosaisches  Schachbuch.  Es 
beginnt :  „ .  .  konig  zerses  genant  Ton  Orient  |  eyn  phylosophus  das  inlatini- 
•ehem  |  vnde  euch  inkrigischem  ist  gesprochen  |  libhaber  der  masze  Tnde  der 
warheit.  |  xerses  Tand  zcum  ersten  daz  spiel  des  |  schachczabels ,  Tnde  der 
selbe  zerses  hatte  |  an  ym  sogetene  gerechtikeit  daz  her  liebir  |  gestorben 
were  denn  das  her  des  koniges  |  laster  die  lenge  hören  solde*'  u.  s.  w.  Später 
(BL  238)  heißt  es:  „vnde  bie  |  disses  selben  Euilmerlodachs  [„nabuchodonosors 
•oo'']  gec7yten  vant  |  der  meister  zerses  dez  Scbachczages  spil  . . .  sagete  sitten 
der  konige  der  konigynnen,  der  herren,  der  bürgere  der  gebuere  Tnde  «  . .  der 
wdgmaistere  Tnde  Ton  allen  ampt  • . .  Tnde  Ton  allen  iren  knnsten  alz  ...  in 
diiaeme  buche  himach  geschreb.  .  .^ 

7. 

Eine  Übersetzung  der  Psalmen. 

Pergamenthandschrift  des  15.  Jahrhunderts,  fest  gebunden,  mit  zwei  (mit 
boBtem  Leder  überzogenen  und  mit  Messingecken,  -knöpfen  und  -schließen  Ter- 
aerteo)  Holzdeckeln  Tersehen.  Die  innere  Seite  des  Holzdeckels  ist  mit  Pa- 
pier überzogen,  auf  dem  einige  PsalmTerse  angemerkt  sind.  Folio,  die  Blätter 
34  €.  hoch  und  22  e.  breit.  An  einzelnen  Blättern  befinden  sich  festgeklebte 
Zeichen  Ton  rothem  Leder  zu  schnellem  Auffinden  liturgisch  wichtiger  Stellen« 
Das  Pergament  liegt  in  Lsgen  zu  10  Blättern,  wobei  jedoch  zu  bemerken,  daß 
die  erste  Lage  nur  aus  8  Blättern  besteht,  daß  die  Blätter  20—30  (Psalm  87 
bis  55)  fehlen  und  daß  die  letzte  Lage  ursprünglich  aus  12  Blättern  bestanden 
bat,  Ton  denen  jedoch  durch  den  Schreiber  Blatt  1  und  12  wieder  heraus* 
geaehnitten  worden  sind*  Der  Codez  in  seinem  jetzigen  Bestände  zählt 
107  Blätter;  wäre  die  oben  bemerkte  Lücke  nicht  Torhanden,  so  würde  er 
118  Blätter  zählen.  Das  erste  Blatt  enthält  auf  der  Vorderseite  (ungespalten) 
dflo  Aitl^Mg  des  Et.  Johannis:  „In  dem  anbegynnen  was  das  worth.  |  ynd  das 
wert  WM  b^  gote|  Tnd  gott  |  was  das  wort^  das  was  yn  dem  anbA^ ^ TUdas^ 


12(>  M18CELLEK 

bey  gote.  alJe  dyng  seyn  geteh-  |  afien  dareh  en.  Vnd  an  en  ist  geschaf-  | 
fen  insnicht.  das  gemaeht  was  yn  em  |  das  was  das  leben''  n.  s.  w.  bis  ^Vnde 
das  wort  ist  wor-  |  den  Tlejrscb.  mde  bot  gewomt  yn  vns  Vnd  |  wir  haben  ge- 
sebn  seyne  ere,  ere  also  ey-  |  nis  eynigen  gebomi  sonis.  von  dem  Täter  toI 
gnoden.  Tnde  worfaeytfa  amen.*^  Anf  der  Rfiekseite  des  erstem  Blattes  befindet 
sieh  ein  farbiges  Bild,  darstellend  Christus  am  Krens,  zur  Rechten  Christi  die 
Jnngfran  Maria,  snr  Linken  Johannes.  Die  Malerei  ist  roh,  wihrend  Compo- 
sition  nnd  Zeichnung  im  Allgemeinen  Anerkennung  verdienen.  Bl.  2—7  ent- 
hält einen  kirchlichen  Kalender  nnd  BL  8  eine  Anminng  der  Jongfraa  Maria : 
1,0  dn  almechtige  keseryne  aUir  wirdiket  |  o  dn  hoehgebome  forstyne  aller 
gntiket  |  o  rejme  jnngfraw  aller  kewscheyt,  o  da  |  werde  mntter  aller  barm- 
herdkeit,  o  da  milder  |  trost  aller  cristenheit,  da  seyst  gegrast  heylige  |  vnde 
labeliehe  iügfraw  maria^  a.  s.  w.  Mit  dem  nennten  BL  beginnt  die  Psalmen- 
fibersetsong.  Von  hier  an  sind  die  Seiten  sweispaltig  (38—33  Zeilen  anf  der 
Spalte)  nnd  die  Blatter  Tom  alten  Schreiber  mit  rotber  Tinte  onten  rechts  ge- 
seichnet  (I — C).  Die  leisten  zehn  Blatter  des  Codex  sind  dann  wieder  ohne 
Beseichnong  (C — CX).  Die  Überschriften  der  einzelnen  Psalmen  sind  in  rother 
Tinte  ansgefohrt,  die  Majuskeln  roth  oder  blau,  biswalen  roth  und  blau,  hie 
und  da  bemerict  man  kunstreich  ausgeführte  Initialen  mit  Arabesken  in  reicher 
Farbenfalle  (vgl.  Bl.  I,  XII,  XXXVIH,  LX,  LXXI,  Cn  u.  a.  m.),  am  Bande 
an  einigen  Stellen  kurze  Bemerkungen.  Der  erste  Psalm  lautet:  |,8elig  ist  der 
man  der  nicht  |  ist  gegangen  noch  wn-  |  rechter  lewthe  rath  no  |  ch  ist  ge- 
standen an  der  |  sonder  weg  vnd  uff  de  |  stule  des  todis  nicht  ist  |  gesessen, 
Sunder  noch  g-  |  othis  geboth  sthet  seyn  |  wille  vnd  hoth  gedocht  |  noch  gothis 
ee  tag  vn  |  nacht  vnd  her  wirt  al-  |  se  eyn  holcs  das  gepfia  |  nesith  ist  scn 
flyssende  |  wasser  das  zeeytige  fr-  |  ucht  gebith  zcu  seyner  |  zceyt  Vnd  leu 
uelleth  I  nicht  seyn  blath  vnd  zcu  |  alle  seyne  wercken  solde  |  had  Nicht  so 
geschieh  |  den  wnguthen  nicht  zo  |  sunder  alz  dem  stowbe  |  den  der  wint  uff 
der  er  |  de  zcu  treybith  Dorüme  j  nicht  erscheen  an  de  ge  |  richte  dy  obiln 
noth  dy  |  sunder  yn  der  gerechte  |  rath  Wen  goth  weysz  |  der  rechten  weg  abe 
ist  I  geworfien  der  sunderste.^  Die  biblischen  Psalmen  gehen  nach  der  ZSh- 
hmg  unserer  Handschrift  mit  Ps.  CXLYII  anf  BL  IXXXXj  zu  Ende.  Darauf 
folgt  eine  Reihe  biblischer  u.  a.  Lobgenuige,  z.  B.  auf  BL  CXXXLYIJ  unter 
der  Nummer  CLY  der  Lobgesang  Zachaiift  (£v.  Lue.  1,  68  ff.) :  ^Grelobet  adir  | 
gebenedeyet  |  sey  got  der  her  |  re  von  isiael  der  do  |  bot  besucht  vnd  bot  | 
geton  iriosunge  sey  |  nem  volke*  u.  s.  w.  Als  N*.  CLYI  folgt  der  Lobgesang 
Maria  (£v.  Luc.  1,  46  ff.):  ^^Meyne  sele  |  ho*t  den  herren  |  vnd  meyn  geyst 
hot  I  sich  gefrewt  yn  gote  |  meynem  helande  W  |  en  her  bot  angseen  |  dy  de- 
mutikeit  seyner  |  dymen  nym  war  do  |  rüme  sagen  mich  al  |  le  gesiechte 
heylig''  u.  s.  w.  N®.  ClVlj  enthält  den  Lobgesang  des  Simeon,  }^.  OYUj 
den  ambrosianischen  Lobgesang:  »Wir  loben  dich  |  got  dich  herre  |  bekenne 
wir  Dich  |  ewigen  vater  ereth  |  alles  ertreich^  u.  s.  w.  Unter  N^.  CLIX  ist 
das  athanasianische  Glaubensbekenntniss  verzeichnet:  ,|Wer  do  wil  selig  | 
werden  der  sal  |  vor  allen  dyn  |  gen  behalden  den  cris  |  tenlichen  glow- 
ben'^  u.  8.  w.  und  diesem  folgt  die  „letania*'.  y,Hynoch  volgen  die  |  geieesrte  der 
Jägfraw  I  marien  dy  psalmen  |  uort  gezceichent  sey  |  dy  dn  yn  dem  Salter  | 
fynde  wirst  noch  dem  |  nomero  Czu  d*  MettS.'^  Endlich  kommen  noeh  Qebete 
;,W8D  dn  ^Gts  j  leichni  entfsnge  host*  nnd  Baßgebete,  bei  deren  einem  bemerkt 


MI8CELLEN.  127 

ist:  f,y^eT  das  gebete  alle  |  tage  spricht  das  alhj  |  noch  volget  der  hot  | 
XX  tawsent  jor  aplas  |  vnd  ist  von  yil  Bobis  |  teo  bestetiget. . .  **  Die  Schrift 
des  Torliegenden  Codex  trSgt  die  bekannten  eckigen  Formen  der  späteren  Go- 
thik  und  ist  durchgängig  mit  grosser  Sauberkeit  ausgeführt,  wie  denn  auch 
das  ganze  Werk  (abgesehen  von  dem  Defeet)  Yorzüglich  erhalten  ist.  Als 
Unterschrift  trägt  der  Codex  die  Worte:  «Finitas  est  liber  iste  per  andreä 
howeman  de  crossenn.^ 

8. 
Der  Seelen  Trost. 

Papierhandschrift  aus  dem  15.  Jahrhundert,  festgebunden  und  mit  zwei 
(mit  Leder  überzogenen)  Holzdeckeln  versehen.  Die  innere  Seite  der  Deckel 
mit  Blättern  einer  älteren  lateinischen  Pergamenthandschrift  überzogen*  Klein- 
Folio,  die  Blätter  28  c.  hoch  und  19%  c.  breit  Der  Codex  zählt  133  Blätter, 
welche  in  Lagen  zu  12  Blättern  liegen.  Am  Schluß  ist  die  Handschrift  defeet; 
übrigens  kann  nur  sehr  Weniges  fehlen,  da  der  Inhalt  erschöpft  ist  und  auch 
der  Einband  nicht  besonders  gelockert  erscheint.  Die  Signaturen  der  einzelnen 
Lagen  befinden  sich  je  auf  der  ersten  Seite  oben;  in  der  Numerierung  der 
Lagen  ist  jedoch  ein  Fehler  zu  bemerken,  indem  die  fünfte  Lage  richtig  mit 
Blatt  49  beginnt,  die  sechste  aber  statt  mit  Bl.  61  erst  mit  Blatt  73.  Das 
Papier  ist  vom  Schreiber  willkürlich  gelegt,  so  daß  das  Wasserzeichen  (wie  es 
scheint,  ein  gezäumtes  Pferd)  bald  auf  dem  Blatte  zur  Rechten,  bald  auf  dem 
zur  Linken,  bald  nach  oben,  bald  nach  unten  gekehrt  erscheint.  Custoden 
besitzt  die  Handschrift  nicht.  Die  Seiten  sind  zweigespalten,  jede  Spalte  hat 
36 — 38  Zeilen.  Kapitelanfange  sind  durch  Majuskeln  in  rother  Farbe  hervor- 
gehoben; auch  sonst  sind  oft  grosse  Anfangsbuchstaben  mit  rother  Farbe  durch- 
strichen und  verschiedene  Interpunctionszeichen  mit  rothen  Linien  angegeben. 
Die  Majuskeln  zu  Anfang  jeder  Spalte  sind,  wenn  sie  nicht  zugleich  einen 
neuen  Abschnitt  bezeichnen,  schwarz. 

Woher  die  einzelnen  Erzählungen  geschöpft  sind,  sagt  die  lateinische  Ein- 
leitung. „LIbellus  I  iste  est  1  de  diüsis  [  collectus  de  biblia,  de  passio  |  nali  de 

historia  scholastica,  de  |  histoia  ecciastica  d'  speelo  his  |  toiali,  d*  decretis  et 
decretalibz  |  de    cronicis    vniuß,    de  sufila  |  raymüdi,    de   sunla  godufredi  |  de 

sufila  herici,  De  suma  vitoris  ...  et  omibz  libris  qscüqz  |  lege*  et  audi^e  potes"  etc. 
Als  Sprachprobe  diene  der  Anfang  des  Werkes  und  der  Anfang  einer  Er- 
zählung. Das  Werk  beginnt  (vgl,  Bl.  1*):  |,D£r  seien  trost  |  Lyt  an  heiiger 
lere,  vnd  an  betrach  |  tunge  der  heiige  schrifft,  we  |  te  gliker  wyß  alz 
dy  lichenaz  |  leuet  vä  d'  erdische  spyße,  alzo  |  leuet  dy  sele  vä  d*  heylige 
lere  |  wethe  dy  mesthe  leuet  nicht  |  alleye  vä  deme  utwedighen  |  brode,  sund** 
vä  deme  werde  |  dat  dar  geyt  ut  deme  müde  |  godes  |  vnd  dat  yß  dy  hey- 
lige I  schrifft,  dy  do  got  het  gesproke  |  dorch  dy  heylige  pphete  vnd  |  dorch 
dy  heylige  lerer  vnd  |  noch  alle  daghe  dorch  d'  apit  |  müt.  ||  kynt  lyue  dor 
vifie  I  saltu  gheme  hören  godes  wort  |  vfi  leße,  dy  lere  d*  heylige  schfft^  u.  s.  w. 
Auf  Bl.  12  lesen  wir**):  ^I^Ar  was    eyn    rike  |  man,    dy  hadde  vp   gode  | 

*)  Vgl.  Pfeiffer  in  Frommanns  Mundarten  1,  176. 
»♦)  Vgl.  Pfeiffer  a.  a.  O.  190. 


128  MISCELLEN. 

keyne  achtügCf  dy  sette  |  alle  syne  syne  dar  na  dat  he  [  Tele  gadeß  to  sa- 
mede  ynd  syneß  lyaeß  wol  plegede,  Dar  geschach  |  eyneß  aüedeß  do  hedde 
he  eyne  |  grot  wertschap,  dar  qaeme  |  dar  Tor  syne  hoff  diy  grotiie  |  mä  met 
swarte  pherden  yiid  |  furde  ey  ledich  phert  mde  |  cloppeden  vor  deme  halbe, 
do  I  qua  ey  knape  yfid  fragede  en  |  wat  sy  wolde,  Sy  spreken  sy  |  wolde  de 
hra  spreken,  Do  dy  |  h're  dat  horde  da  stüt  he  vp  |  rä  der  tafele  ynd  sprak 
to   syne  geyste**  u.  s.  w,  W.  H08ÄUS. 


Penonalnotiien. 

Der  ansserordentliche  Professor  an  der  Universität  Greifswald  Alex. 
Beiff  er  scheid  ist  zum  Ordinarius  daselbst  ernannt  worden. 

Der  ansserordentliche  Professor  an  der  UniTcrsitat  Czemowitz  J.  Strobl 
ist  Eom  Ordinarius  daselbst  ernannt  worden. 


Am  18.  October  1878  f  der  ord.  Professor  der  deutschen  Sprache  und 
Literatur  an  der  Universität  Lemberg,  Dr.  Eugen  Arnold  Janota  im  56.  Le- 
bensjahre« 


Zum  Köniff  vom  Odenwalde. 


Germania  23,  313  bemerkt  Dr.  von  Bahder  zu  der  Stelle  IX,  24  einz 
dd  mite  «  Hbs  ist  Umschreibung  für  den  Bussel,  und  nimmt  rüzen  in  der  Be- 
deutung brüllen .  Naher  liegt  jedoch  das  mundartliche,  in  der  Wetterau  noch 
sehr  lebendige  rusien  aufwühlen',  was  zur  Bezeichnung  des  Schweinerüssels 
jeden£alki  passender  ist.  Vgl.  Weigand  s.  v.  Rüssel. 

FBIEDBEBG.  MÖLLER. 


Stammbnohyen  von  1590. 

Wenn  der  Himmel  eitel  Papier  war 
Und  lauter  Dinte  das  Meer 
Und  alle  Sterne  Schreiber, 

So  beschrieben  sie  doch  nicht  die  List  der  Weiber. 
Zu  Orient  und  Occident  U,  544  ff.  Germania  17,  128.  K.  B. 


ZUR  SCHWEDISCHEN  VOLKSLITERATUR. 


Bäckströms  SvenskaFolkböcker  (Stockholm  1845)  enthalten 
in  den  ersten  zwei  Bänden  eine  Anzahl  umfangreicherer  Volksbücher, 
in  dem  dritten  hingegen  (Ofversigt  af  Svenska  Folklitteratnren)  eine 
Übersicht  der  gesammten  betreffenden  Literatur ,  wobei  die  in  den 
ersten  Bänden  erschienenen  Volksbücher  nur  kurz  erwähnt  und  darauf 
verwiesen,  dahingegen  von  allen  anderen  ktlrzeren  und  dort  nicht  ab- 
gedruckten jedesmal  ein  gedrängter  Auszug  nebst  Nachweis  aller  Auf- 
lagen derselben  gegeben  wird.  Auch  Hinweisungen  auf  verwandte 
Stoffe,  wie  sie  in  den  ersten  Bänden  sich  finden,  sind  hier  hinzugefügt, 
wobei  natürlich  da,  wo  Bäckström  dergleichen  nicht  zu  bieten  hatte, 
dieselben  fehlen.  Da  ich  nun  diesem  Mangel  bei  einigen  Erzählungen 
abzuhelfen  vermag,  so  stelle  ich  diese  Ergänzungen  in  dem  folgenden 
zusammen. 

S.  36^  Nr.  34.  Troll -Sag an.  „Eduard  und  Amalia,  die  vor  ihrer 
Verheirathung  flir  einander  die  glühendste  Liebe  gehegt  hatten,  fdhlen 
diese  späterhin  immer  mehr  erkalten.  Eduard  hat  sich  dem  Spiel  er- 
geben und  dabei  den  größten  Theil  seines  Vermögens  eingebüßt.  Es 
kommt  dann  zwischen  ihnen  zu  heftigen  SceneU;  und  dies  geht  schließ' 
lieh  so  weit,  daß  Amalia  während  einer  Nacht,  die  ihr  Mann  wie  ge- 
wöhnlich im  Spielhause  zubringt,  sich  von  ihm  zu  scheiden  beschließt 
und  schon  im  Begriff  ist  den  Antrag  hierauf  aufzusetzen,  als  eine  alte 
Wäscherin,  die  in  demselben  Hause  wohnt,  ins  Zimmer  tritt  und  um 
die  Erlaubniss  bittet,  ihr  ausgelöschtes  Licht  wieder  anzünden  zu  dürfen. 
Im  Laufe  der  sich  in  Folge  dessen  entspinnenden  Unterhaltung  er- 
zählt die  Alte  eine  Geschichte  von  einer  schönen  Ritterstochter ,  die, 
um  ihren  zahlreichen  Freiem  zu  entgehen,  sich  auf  ein  mitten  in  einem 
dichten  Walde  gelegenes  Schloß  zurückzieht  und  dort  eines  Tages 
einen  so  schönen  Jüngling  erblickt,  daß  er  rasch  ihre  Liebe  erweckt, 
die  sie  auch  erwiedert  sieht.  Er  theilt  ihr  alsdann  mit,  daß  er  der 
Elfenkönigin  unterworfen  sei  und  diese  dem  Fürsten  der  Hölle  alle 
hundert  Jahr  einen  Tribut  von   zwölf  ihrer   schönsten  Jünglinge   ab- 

GEBMANIA.  Nene  Reihe.  HL  (lUY.  Jfthrg.)  ^ 


130  F.  LIEBRECHT 

tragen  müsse.  Er  nun  sei  einer  von  ihnen;  der  Tribut  solle  in  der 
nächsten  Nacht  entrichtet  werden  und  nur  seine  Geliebte  könne  ihn 
retten,  wenn  sie  ihn  von  dem  weissen  Rosse,  auf  dem  er  reiten  würde, 
herabzöge  und  ihn  in  ihren  Armen  festhielte,  welche  Gestalt  er  auch 
annehmen  möge.  Dies  geschieht,  und  obwohl  die  Elfenkönigin  ihn  in 
den  Armen  der  Geliebten  erst  in  einen  Löwen,  dann  in  eine  gräuliche 
Schlange  und  endlich  in  einen  Tiger  verwandelt,  so  hält  sie  ihn  doch 
fest  ans  Herz  gedrückt  und  rettet  ihn  so  aus  der  Gewalt  der  Elfin. 
Diese  Sage  macht  auf  Amalia  einen  tiefen  Eindruck;  sie  beschlieüt 
ihren  Gemahl  ebenso  treu  festzuhalten,  und  durch  Liebe  und  nachsichtige 
Sanftmuth  glückt  es  ihr  schließlich  den  häuslichen  Frieden  wieder- 
herzustellen.^ 

Der  Titel  dieses  Volksbuches  lautet:  ^Troll-Sagan  eller  Edvard 
och  Amalia  af  Elise  von  Hobenhausen.  Öfwersättning  af  A.  P.  Göthe- 
borg,  trykt  hos  L.  Torbjömsson,  1823.  15  Seiten;  auch  anderer  Orten 
erschienen.  —  Über  die  bekannte  Schriftstellerin  Elise  von  Hohenhausen 
(geb.  1790,  gest.  1857)  s.  Pierer  s.  v.  In  welcher  von  ihren  mehr- 
fachen Schriften  die  obige  Erzählung  enthalten  ist,  weiß  ich  nicht  zu 
sagen;  die  darin  mitgetheilte  Sage  jedoch  hat  sie  der  schottischen  Bal- 
lade „Young  Tamlane''  in  Walter  Scott's  Minstrelsy  of  the  Scottish 
Border  entnommen. 

S.  54,  Nr.  54.  Pelle  Bätsman.  Hierzu  wird  verwiesen  auf 
Bd.  II,  S.  144  ff.,  wo  das  Volksbuch  vollständig  abgedruckt  steht. 
Darin  wird  erzählt,  wie  ein  König  von  Armenien  eines  Tages  seine 
Tochter  von  einem  Spaziergang  nicht  zurückkommen  sieht  und  sie 
daher  überall  aufsuchen  läßt,  überdies  auch  dem,  der  sie  ihm  wieder- 
brächte, ihre  Hand  nebst  der  Hälfte  seines  Reiches  als  Belohnung  ver- 
spricht Da  geschieht  es  nun,  daß  Pelle  Bätsman,  der  von  Jugend 
auf  eine  unwiderstehliche  Lust  zu  Seereisen  empfunden,  einst  auf  einer 
Fahrt  an  einem  wüsten  Ufer  landet  und  einschläft.  Durch  ein  starkes 
Geräusch  erweckt,  sieht  er,  wie  zwei  Todte  sich  heftig  balgen,  und  er- 
fährt von  dem  unterliegenden,  daß  er  allnächtlich  von  dem  andern  aus 
dem  Grabe  gejagt  und  durchgepeitscht  werde,  weil  er  ihm,  als  sie 
beide  noch  lebten,  eine  Schuld  von  sechs  Stübem  nicht  abzuzahlen 
vermochte.  Pelle  berichtigt  die  Schuld  und  verschafit  so  dem  ge- 
quälten Geist  ftlr  immer  Ruhe,  woftlr  ihm  dieser  augenblickliche  Hilfe 
verheißt,  falls  Pelle  ihn  jemals  in  der  Noth  anrufe.  Letzterer  geräth 
dann  unter  die  Räuber,  findet  bei  ihnen  die  Prinzessin  und  flieht  mit 
ihr  an  Bord  eines  Schiffes,  das  nach  Armenien  segelt  Der  Kapitän, 
der  Pelle  um  sein  bevorstehendes  Glück  beneidet,  will    ihn  mit  Hilfe 


ZUR  SCHWEDISCHEN  V0LK8LITEÄATÜR.  131 

der  Schiffsmannschaft  ermorden;  doch  gelingt  es  Pelle  sie  dazu  zu  be- 
wegen^ daß  sie  ihn  auf  einer  Lukenkappe  ins  Meer  lassen,  auf  welcher 
er  gerade  an  d^r  Stelle  ans  Land  treibt,  wo  er  die  Schuld  des  Todten 
bezahlt  hatte,  der  ihn  denn  auch  auf  sein  Begehren  noch  vor  der  An- 
kunft der  Prinzessin  nach  der  Hauptstadt  von  Armenien  versetzt 
Diese  war  indes  von  dem  Kapitän  während  der  Reise  gezwungen  wor- 
den, sich  eidlich  zu  verpflichten,  daß  sie  ihn  bei  ihrer  Heimkunft  als 
ihren  Retter  nennen  wolle.  Dies  geschieht  auch  allerdings,  allein  Pelle 
gelangt  schließlich  doch  zu  seinem  Recht  und  erhält  die  Hand  der 
Prinzessin,  die  sie  ihm  gern  reicht,  während  der  Kapitän  und  seine 
Mannschaft,  die  eigentlich  den  Tod  verdient,  auf  Pelle's  Fflrbitte  nur 
mit  Verbannung  bestraft  werden. 

Bäckström  gibt  zu  dieser  Geschichte  keine  weitern  Nachweise 
und  so  will  ich  zuvörderst  bemerken,  daß  mit  derselben  das  islän- 
dische Märchen  vom  Prinzen  Thorstein  (^l^orsteinn  köngsson  bei  Ama- 
son,  Islenzkar  t^jödsögur  og  Mßntyr  U,  473  ff.)  im  wesentlichen 
übereinstimmt;  denn  auch  Thorstein,  der  nach  dem  Tode  der  Eltern 
sein  Königreich  flir  ein  Weniges  verkauft  und  in  die  weite  Welt  zieht, 
kommt  einst  in  einer  Einöde  zu  einem  Hauso,  wo  er  übernachtet  und 
am  andern  Morgen  den  Hausherrn  und  die  ganze  Familie  eifrig  auf 
einen  Hügel  losschlagen  sieht,  was,  wie  er  erftlhrt,  alltäglich  geschieht, 
da  der  darunter  Begrabene  gestorben  sei,  ohne  seine  Schuld  von 
200  Thalem  zu  bezahlen.  Thorstein  berichtigt  nun  die  Schuld,  und 
der  Hausherr  verspricht  das  Grab  nicht  mehr  zu  schlagen.  Demnächst 
geräth  Thorstein  gleichfalls  unter  die  Räuber,  aus  deren  Händen  er 
eine  Königstochter  befreit.  Alles  Übrige  wesentlich  wie  in  dem  schwe- 
dischen Märchen,  und  auch  Thorstein,  von  dem  ^dankbaren  Todten' 
aus  dem  Meere  gerettet  und  ans  Land  gebracht,  erhält  schließlich  die 
Prinzessin  und  das  halbe  Reich. 

Wie  man  sieht  und  eben  auch  angedeutet  worden,  gehört  das  schwe- 
dische wie  das  isländische  Märchen  in  den  Kreis  der  Erzählungen 
,von  dem  dankbaren  Todten^,  worüber  s.  Reinhard  Köhler,  Orient  und 
Occident  3,  93  ff.,  so  wie  meine  Anzeigen  der  Novella  di  Messer 
Dianes e  etc.  in  den  Heidelb.  Jahrb.  1868,  S.  449  ff.  (die  dort  aus 
Asbjömsen's  „  Juletrseet*^  mitgetheilten  Märchen  sind  seitdem  in  dessen 
„Norske  Polke-Eventyr.  Ny  Sämling.  Anden  Udgave.*  Kjöbenhaven 
1876,  S.  200  ff.  Nr.  39  und  40  angenommen  worden)  und  des  cata- 
Ionischen  Rondallayre  ebend.  1872,  S.  894,  Nr.  31  X' Estandart'. 
Folgenden  Aaszug  aus  einem  finnischen  Märchen,  das  im  IV.  Bde.  der 
Sammlung  ^Suomen  Kansan  Satuja  etc.'  Helsingfors  1866  enthalten  ist^ 


132  P-  LIEBRECHT 

theilte  mir  Schieiner  in  Petersburg  schon  vor  Jahren  mit  ^Ein  Eauf- 
mannssohn,  dem  vorhergesagt  war,  er  werde  ein  dreihömiges  Mädchen 
heirathen,  zieht  ans  Verdruß  in  die  Fremde.  Dort  sieht  er,  wie  der 
an  die'  Eirchenmauer  genagelte  Leichnam  eines  Mannes,  der  seine 
Schulden  nicht  bezahlt  hat,  von  dem  Volke  beschimpft  und  bespieen 
wird.  Er  löst  den  Leichnam  aus  und  behält  nur  noch  9  Silberkopeken. 
Verdrießlich  will  er  wieder  in  die  Heimath  ziehen;  es  gesellt  sich  ihm 
ein  Reisegefährte  zu,  der  ihm  an  drei  Tagen  hintereinander  Air  3  Ko- 
peken Nahrung  schafft  und  so  wie  dieselben  in  den  Schubkasten  des 
Wirthes  geworfen  werden ,  ftdlt  sich  derselbe  ganz  mit  Silber.  Am 
vierten  Tage  befiehlt  der  Geführte  dem  Kaufmannssohn  von  des  Königs 
drei  dreihömigen  Töchtern  die  jüngste  zu  heirathen  und  bringt  ihm 
in  der  Hochzeitsnacht  frischgeschnittene;  dünne  Zweige,  mit  denen  der 
Neuvermählten  das  Blut  ausgepeitscht  wird.  Da  fallen  die  Homer  ab 
und  sie  ist  bildschön. '^ 

S.  70,  Nr.  15.  Den  trogne  Radsherren  Selim.  Ein  Hirten- 
knabe, Namens  Selim,  erweckt  durch  sein  offenes,  fi-eimüthiges  Be- 
nehmen die  Aufinerksamkeit  des  Schah  Seba  und  steigt  durch  seine 
Redlichkeit  und  Geschicklichkeit  in  seiner  Gunst  so  hoch,  daß  er  end- 
lich Großvezir  wird.  Nach  dem  Tode  des  Schah  verläumden  die 
Neider  Selims  diesen  bei  dessen  Nachfolger,  indem  sie  Selim  beschul- 
digen in  seinem  Hause  grosse  Schätze  verborgen  zu  halten.  Auf  den 
Befehl  des  Schah  öffnet  Selim  ihm  daher  alle  Zimmer  und  in  dem 
innersten  mit  eisernen  Thtlren  und  Riegeln  wohlverwahrten  Gemach 
entdeckt  man  nichts  anderes  als  die  Hirtenkleidung,  die  Selim  einst 
getragen,  so  wie  den  Hirtenstab  und  die  Schalmei,  welche  er  sämmtlich 
aufbewahrt  hatte,  um  sich  durch  dieselben  stets  an  seinen  fitlhem  Stand 
zu  erinnern.  Die  Neider  Selims  werden  auf  diese  Weise  tief  beschämt 
und  er  selbst  steigt  noch  höher  in  der  Gunst  des  Schah. 

Zu  dieser  Erzählung  bemerkt  Bäckström  bloß,  daß  sie  wahr- 
scheinlich aus  dem  Französischen  übersetzt  seL  Dies  ist  ganz  richtig; 
denn  das  Original  dazu  findet  sich  in  F^n^on's  Fabeln  Nr.  33,  mit 
der  Überschrift  'Histoire  d'Alib^,  Persan',  wo  der  Schah  Abbas  heißt; 
Alib^e  ist  =  Ali  Beg.  Die  Geschichte  stammt  ohne  Zweifel  aus  dem 
Orient,  obwohl  eine  ähnliche  auch  von  dem  angeblichen  Majordomus 
Kaiser  Konrads  I.,  Hans  Kogelwiet  (so  genannt  von  seiner  weissen 
Kappe  [de  wiete  Kogel]),  erzählt  wird,  welcher  angeklagt  wurde,  viele 
Schätze  veruntreut  und  in  einem  verschlossenen  Gemach  seiner  Burg 
versteckt  zu  haben.    Auf  Verlangen   führte   er   den  König  dahin  und 


ZUB  SCHWEDISCHEN  V0LK8L1TERATUB.  133 

man  fand  nur  seine  alte  weisse  Kappe,  die  er  getragen ,    als  er  noch 
nicht  bei  Hofe  war. 

S.  85,  Nr.  51.  Kejsaren  och  Smeden.  Kaiser  Friedrich  fragte 
einen  Schmid,  wozu  er  den  Reichsthaler,  den  er  tagt&glich  verdiente; 
anwende,  worauf  der  Schmid  antwortete,  daß  er  ein  Viertel  desselben 
opfere,  ein  Viertel  fortschenke^  ein  Viertel  fortwerfe  und  das  letzte 
Viertel  fUr  sich  verbrauche.  Er  erklärte  dies  dann  dem  Kaiser  aus- 
Aihrlicher,  und  dieser  verbot  ihm  bei  strenger  Strafe,  sich  darüber 
gegen  irgend  jemand  verlauten  zu  lassen,  ehe  er  des  ELaisers  Ange- 
sicht hundertmal  gesehen.  Gleichwohl  ließ  er  sich  fOr  hundert  Reichs- 
thaler dazu  bewegen,  die  dem  Kaiser  gegebene  Erklärung  auch  einem 
Andern  mitzutheilen,  und  da  jener  ihn  deshalb  zur  Rede  stellte,  so 
entschuldigte  er  sich  damit,  daß  er  auf  jedem  der  hundert  Thaler  das 
Gesicht  des  Kaisers  sehr  genau  betrachtet  habe. 

Bäckström  bemerkt  zu  dieser  Erzählung  nur,  daß  sie  aus  dem 
Deutschen  übersetzt  sei;  er  vermuthet  dies  wahrscheinlich  aus  der 
Erwähnung  des  Kaisers  Friedrich.  Die  älteste  Quelle  des  ersten  Theils 
sind  die  Gesta  Roman,  c.  57 ;  ob  die  von  Osterley  dazu  (b.  Acht  Denare) 
angeführten  vier  Schriftsteller  den  genannten  Kaiser  namhaft  machen, 
weiß  ich  nicht  zu  sagen.  Der  zweite  Theil  der  schwedischen  Fassung 
ist  mir  in  anderer  Verbindung  schon  oft  vorgekommen,  ohne  daß  ich 
mich  erinnern  könnte  wie  und  wo. 

S.  86,  Nr:  56.  Fem  Berättelser.  Die  erste  dieser  fünf  Erzäh- 
lungen  handelt  von  dem  Scharfsinn  eines  Derwisches,  der  durch  bloße 
Betrachtung  der  Fußspuren  eines  in  der  Wüste  verlorenen  Elameels 
eine  Beschreibung  desselben  zu  geben  vermochte. 

Bäckström  gibt  hierzu  nichts;  dagegen  verweise  ich  auf  Schief- 
ner's  Mah&kätjäjana  und  König  Tshanda-Pradjota.  Ein  Cyklus  budd- 
histischer Erzählungen  (in  den  Mömoires  de  l'Acad.  Imper.  des  Sci- 
ences de  St.  Petersb.  VE,  S^rie,  Tome  XXII,  Nr.  7)  S.  IV  flF.  die 
Bemerkungen  zu  dem  zweiten  Stück  (Pradjota's  Schlaflosigkeit  und  der 
gescheidte  Gändhärer).  Er  sagt  daselbst:  „Andererseits  fehlt  in  dieser 
Erzählung,  die  sich  freilich  nur  auf  einen  gescheidten  Gändhärer  be- 
zieht, ein  Zug,  der  in  den  arabischen  Erzählungen  und  nicht  minder 
in  der  kirgisischen  vorkommt.  Es  ist  der  das  einäugige  Kameel  be- 
treflFende  (s.  Journal  asiat.  1838,  T.  V,  S.  247,  Orient  und  Occident 
B.  m,  S.  264  folg.  Radioff  a.  a.  O.  [Proben  der  Volkslitter.  der  türk. 
Stämme  Südsibiriens.  St.  Petersb.  1866  ff.]  Bd.  III,  S.  390),  welchen 
ich  jedoch  auch  in  einer  andern  Erzählung  des  Kandjur  nachweisen 
kann  und  deshalb  das  betreffende  Stück  hier  nachfolgen  lasse.^  So  weit 


134  F.  LIEBRECHT 

Schiefher;  denn  da  das  letztgenannte  Stflck  sehr  lang  ist;  so  will  ich 
bloß  die  bezügliche  Stelle  daraus  wiederholen:  .Als  wir  gingen  und 
mitten  auf  dem  Wege  eine  Elephantenspur  erblickten,  sagte  er  (Dshi' 
vaka):  ''Dies  ist  die  Spur  einer  Elephantin,  auch  ist  sie  auf  dem  rechten 
Auge  blind,  trächtig  und  wird  noch  heute  ein  Junges  werfen;  auf  ihr 
ritt  eine  Frau,  die  ebenfalls  auf  dem  rechten  Auge  blind  und  schwanger 
ist  und  heute  noch  einen  Knaben  gebftren  wird '  Atreja  sprach :  *0 
Dshivaka^  ist  es  wahr?*  —  'Ja,  Lehrer/  — 'Woher  wußtest  du,  ob  es 
Spuren  eines  Elephanten  oder  einer  EHephantin  waren?*  Dshtvaka  ent- 
gegnete: *0  Lehrer ;  wie  sollte  ich  es  nicht  wissen ,  da  ich  in  einer 
konischen  Familie  aufgewachsen  bin?  Die  Spur  des  Eäephanten  ist 
rund^  die  Spur  der  Eäephantin  Iftnglich.'  —  'Woher  wußtest  du,  daß 
sie  auf  dem  rechten  Auge  blind  ist?'  —  'Daher,  weil  sie  von  der  linken 
Seite  Gras  gefressen  hat/ — 'Woher  wußtest  du,  daß  sie  trächtig  ist?' 
—  ^Daher,  weil  sie  beide  Ftlße  drückend  gegangen  war.'  — '  Woher 
wußtest  du,  daß  sie  noch  heute  werfen  wird?*  —  'Daher,  weil  mit  dem 
Ebum  Fruchtwasser  abgegangen  war.*  —  'Woher  wußtest  du,  daß  das 
Junge  ein  männliches  sein  würde?*  —  'Daher,  weil  sie  mit  dem  rechten 
Fusse  mehr  gedrückt  hatte.*  —  'Woher  wußtest  du,  daß  eine  Frau 
sich  auf  der  EHephantin  befand?*  —  'Weil  sie  herabgestiegen  war  und 
zwischen  den  Beinen  geharnt  hatte.*  —  ^oher  wußtest  du,  daß  sie 
schwanger  war?' — 'Daher,  weil  der  Absatz  des  Ibisses  recht  tief  ein- 
gedrückt hatte.*  —  'Woher  wußtest  du,  daß  sie  noch  heute  gebären 
würde  ?^  —  'Daher,  weil  der  Urin  mit  Schmutz  zusammen  abgegangen 
war.  So  verhält  es  sich;  will  der  Lehrer  es  aber  nicht  glauben,  so 
gramhe  er  an  die  Stelle,  wo  die  Reisenden  sich  aufhalten,  einige  Brah- 
manenjünglinge  zu  schicken.*  —  Atreja  schickte  einen  Brahmanen- 
jüngling  hin  und  es  erwies  sich  alles  wie  Dshtvaka  gesagt  hatte.^ 

S.  86,  Nr.  57.  Det  goda  rädet.  Der  Derwisch  rief  eines  Tages 
öffentlich  aus,  daß  er  fbr  hundert  Goldstücke  einen  guten  Rath  zu 
verkaufen  habe.  Eäi  Tatarchan,  welcher  die  verlangte  Summe  be- 
zahlte^ erhielt  daflir  den  Rath,  niemals  etwas  zu  unternehmen,  ohne 
dabei  das  Ende  zu  bedenken  und  ließ  denselben  über  alle  seine  Thüren 
und  auf  alle  seine  Hausgeräthe  eingraben.  Nach  einiger  Zeit  war 
er  nahe  daran  von  seinem  Arzt,  den  ein  aufitlhrischer  Statthalter 
bestochen,  ums  Leben  gebracht  zu  werden,  doch  erschreckte  den 
Arzt  der  Anblick  jener  Inschrift  und  er  gestand  das  beabsichtigte 
Verbrechen. 

Bei  Bäckström  nichts;  s.  daher  Gesta  Roman,  c.  103  und  dazu 
österley  sowie  meine  Zusätze  in  der  German.  18,  364. 


ZUR  SCHWEDISCHEN  V0LK8UTERATÜR.  135 

S.  87,  Nr.  58.  Den  botade  sjuke.  Ein  reicher  Holländer,  der 
in  Folge  massigen  und  schlemmerischen  Lebens  in  Eo'ankheit  verfiel, 
wnrde  von  einem  Arzt  in  Österreich  dadurch  geheilt,  daß  dieser  ihm 
den  Olauben  beibrachte,  er  hätte  einen  Lindwurm  im  Magen  und  könne 
ihn  bloß  dann  los  werden,  wenn  er  fortan  eine  strenge  Diät  beobachte 
und  sich  zu  Fuß  von  Holland  aus  zu  ihm  nach  Österreich  begebe; 
was  auch  geschah. 

Ein  vielverbreiteter  Schwank',  von  dem  ich  mich  aber  nur  er- 
innere, daß  er  sich  auch  in  Hebel's  Schatzkästlein  erzählt  findet. 

S«  111,  Nr.  18.  Ester  Jönsdotter.  „En  san&rdig  och  ganska 
eftertflnkelig  Historia,  Som  innefattar  et  stört  Guds  underwärk :  Om  en 
Figa  i  Skane  Elster  Jons  Dotter  benämd,  uti  Norra  Aby,  i  Södra  Abys 
Socken^  Ire  mil  fran  Malmö,  som  sedan  är  1703,  in  til  1711,  lefwat 
utan  den  ringaste  mat  och  dryck.  Ganska  härlig  och  upbyggelig  at 
lisa.  Tryckt  i  Oefle,  1778^,  15  Seiten  Octav.  Ausserdem  erschienen 
ebend«  noch  vier  Ausgaben,  die  letzte  von  Bäckström  angeftihrte  kam 
heraus  „Stockholm.  Tryckt  iEcksteinska  Boktryckeriet,  1833",  24  Seiten 
Octav  (vermehrt  mit  einer  Dedication  an  „Hogwälboma  FrOken  Ulrika 
Stenbock'',  datiert  Malmö  den  18.  Nov.  1710,  nebst  einer  Vorrede  „Til 
den  gunstige  Läsaren^). 

„Diese  sowie  die  folgenden  Geschichten,  bemerkt  Bäckström, 
sind  eine  Art  modemer  Volkslegenden,  welche  bei  ihren  Lesern  ganz 
besonderes  Vertrauen  gewonnen  zu  haben  scheinen.  Die  in  Rede  ste- 
hende ist  verfaßt  von  dem  Secretär  Erik  Roland  im  November  1710 
und  vermuthlich  bald  nachher  im  Druck  erschienen.  Das  Mädchen 
Eiter  Jönsdotter  war  am  18.  Januar  1703  beim  Anhören  einer  Predigt 
Ober  die  Hochzeit  in  Cana  von  einer  so  grossen  Seelenangst  ergriffen 
worden^  daß  sie  auf  die  Knie  niederfiel  und  bitterlich  zu  weinen  an- 
fing. Am  folgenden  Tage,  da  sie  ihren  Diensiherm,  den  Mtdler  in 
Aby,  der  mit  Getreide  nach  Malmö  fuhr,  begleitete,  wurde  sie  von 
heftigem  Kopfschmerz  geplagt  und  hatte  das  GefUhl  als  steckte  eine 
firemde  Hand  ihr  am  Nacken  zwischen  dem  Hemde  und  dem  Leib  ein 
eigroßes  Stück  Eis  hinein,  das  ihr  mitten  auf  dem  Rücken  sitzen  zu 
bleiben  schien.  Seit  der  Zeit  war  sie  immer  bettlägerig  und  empfand 
solch  einen  Widerwillen  gegen  Speise  und  Trank,  daß  sie  sieben 
Jahre  lang  nicht  das  geringste  verzehrte.  Das  Gesicht  behielt  gleich- 
wohl seine  frühere  Fülle  und  Röthe,  der  Magen  jedoch  war  so  einge- 
fallen, daß  der  Nabel  fast  auf  dem  Rückgrat  lag.  Anderhalb  Jahre 
lang  hatte  sie  schwere  Qualen  empfunden,  dann  aber  fand  sich  um  die 
Zeit  des  Sonnenunterganges  ein  kleines  Kind  von  etwa  drei  oder  vier 


136  F.  LIEBBECHT 

Jahren  ein,  das  wie  ein  Engel  Gottes  anssah  und  ihre  Leiden  linderte, 
wobei  es  verspraeh  ihr  zum  Trost  einen  hellglänzenden  Stern  zu  senden, 
den  sie  auch  von  d6r  Zeit  an  jeden  Abend  nach  Sonnenuntergang  sah. 
Auch  als  der  Secretfir  Roland  am  4.  Nov.  1710  sie  besuchte,  hatte  sie 
zu  ihm  gesagt,  daß  sie  den  Stern  sehe,  obwohl  er  selbst  nichts  er- 
blickte;  da  er  aber  um  sie  zu  prüfen  ihr  im  Dunkeln  verschiedene 
kleinere  Gegenstände  zeigte,  nahm  sie  dieselben  stets  auf  das  deut- 
lichste wahr.^ 

„Diese  Gteschichte,  fllhrt  Bäckström  fort,  erweckte  grosses  Auf- 
sehen und  veranlaßte  sogar  eine  Untersuchung  des  Gotha  Hofgerichts, 
welches  von  dem  damaligen  Assessor  im  Collegium  Medicum  Magnus 
Gabriel  Block  (geb.  1669,  gest.  1722)  ein  Gutachten  einforderte,  da 
er  zu  jener  Zeit  für  den  geschicktesten  Arzt  in  Schweden  angesehen 
wurde  (vgL  Biographisk  Liexicon  öfver  namnkunnige  svenske  Man. 
Upsala  1836.  U,  340—343).  In  diesem  Gutachten,  datiert  Medevi  den 
1.  Juni  1714  und  gedruckt  unter  dem  Titel:  Magnus  Gabriel  Blocks 
Betänckiande  Ofwer  Ester  Jöns-Dotters  Langvariga  Fa- 
stande etc.  etc.  I  Skane,  Tttrat  Uti  ett  Swar  upp&  Eongl. 
Gotha  Hofrättz  Bref  Af  den  29.  April  1714.  Stockholm,  Joh. 
L.  Hom  1719^  24  Seiten  Octav,  bestreitet  Block  die  angefahrten  Facta 
nicht,  sucht  ihnen  aber  eine  natOrliche  Erklärung  zu  geben  und  ftlhrt 
zugleich  unter  Berufung  auf  das  Untersuchungsprotokoll  vom  9.  No- 
vember 1713  eine  besondere  Thatsache  an,  von  welcher  in  der  Volks- 
legende nichts  vorkommt  und  wonach  Ester  mitten  in  ihrem  Heilig- 
keitszustand ein  Kind  geboren  hatte  und  daß  es  ein  gewisser  Korporal 
Bredberg  gewesen  war,  welcher  der  Legende  diese  weniger  erbauliche 
Auflösung  gegeben  hatte.^ 

So  weit  Bäckstrom;  ich  selbst  habe  nur  hinzuzuftlgen,  daß  mir 
diese  schwedische  Heiligengescbichte  lediglich  wegen  ihrer  frappanten 
Ähnlichkeit  mit  dir  der  belgischen  Heiligen,  Louise  Lataud  von 
Bois  d'Haine ,  welche  in  der  letzten  Zeit  so  viel  von  sich  zu  reden 
gegeben,  mittheilenswerth  erschienen  ist  Auch  eine  andere  EUstorie, 
wdche  lebhaft  an  die  Wunderquelle  von  Lourdes  erinnert,  lasse  ich 
aus  gleichem  Grunde  hier  folgen. 

S.  122,  Nr.  6.  Brita  Gustafsdotters  Uppenbarelse.  „Bonde- 
Hustrun  Brita  Gusta&dotters,  i  Höglyckan,  Uppebarelse  i  Martii  mänad 
Ar  1815.  Stockohn.  Tryckt  i  Marquardska  Tryckeriet  1818'  32  Seiten 
Octav.  —  „Utfbrliga  och  säkra  Underrättelser  rörande  den  ryktbara 
Helsokällan  i  Bottnaryd,  nära  Jönköping,  Profetissans  fSregiina  uppen- 
barelBe  om  detta  wattens  undergörande  kraft  samt  de  hittils  fbrspörda 


ZUR  SCHWEDISCHEN  VOLKSUTERATUB.  137 

werkningame  af  dess  begagnande.  Jönköping;  1818.  Tryckte  hos  Di- 
rektoren Job.  Pebr  Lundström.''  19  Seiten  Oetav  (eine  Kritik  der  ge- 
nannten Offenbarong,  verfaßt  von  dem  Propst  und  Pastor  in  Bolstad 
auf  Dählsland,  S.  Wigelius,  und  begleitet  von  einem  Briefe  des  Pro- 
fessors Berzelius  an  den  damaligen  Oberpräsidenten  (landshOfding) 
Adlersparre,  Excellenz^  in  BetrefiF  der  Beschaffenheit  des  Wassers  der 
Bottnaryds- Quelle,  so  wie  von  einem  Briefe  einer  Standesperson  in  dem 
Orte  hinsichtlich  der  durchaus  gar  nicht  merkwUrdigen  Wirkungen 
dieses  Wassers);  —  „Guds  drSpliga  Underwerk,  en  tili  Allmagtens  ära 
kort  men  sannfärdig  berättelse  om  den  nyligen  uppenbärade  Hälso- 
k&Uan  uti  Elfsborgs  Län  och  Bottnaryd  Socken,  uti  nägra  Versar  en- 
faldigt  sammaofattadt  af  förre  Qwartermästaren  Lars  Segermann,  hwilken 
rest  uti  de  mäst  bekannta  Werdsdelar  och  nu  är  oboteligen  blind. 
Norrköping  1818.  Ad.  Fr.  Ramms  Enka.*'  8  Seiten  Oetav  (Klage  über 
die  Unordnungen  bei  der  Quelle;  gereimte  Beschreibung  über  der 
letztern  Entdeckung  und  Eigenschafken  und  schließlich  in  Prosa  eine 
,Kort  Anwisning  huru  oärfarne  böra  ß5rhalla  sig  med  detta  Hälso- 
wattnets  bruk''). 

Die  Bäurin  Brita  Gustavstochter  in  Höglycka  in  dem  Pastorat 
Bottnaryd,  Provinz  (län)  Elfsborg,  geboren  in  demselben  Eärchspiel 
am  1.  Februar  1778,  hatte  um  die  Mittagszeit  eines  Tages  in  der 
Mitte  des  Märzmonats  1815,  da  sie  sich  eben  auf  freiem  Felde  befand, 
eine  liebliche  Stimme  vernommen,  welche  sich  als  die  ihres  14  Jahre 
früher  im  Alter  von  17  Wochen  verstorbenen  Sohnes  zu  erkennen  gab. 
Diese  Stimme  hatte  sie  über  den  Katechismus  (i  kristendomen)  befragt 
und  schließlich  ihr  verkündigt,  daß  der  Erlöser  selbst  mit  ihr  sprechen 
werde  und  sie  dazu  auserwählt  hätte,  seine  Botschaft  zu  verkündigen. 
Kurz  darauf  vernahm  sie  auch  wirklich  die  Stimme  des  Erlösers,  der 
ihr  offenbarte,  daß  in  einiger  Entfernung  von  Lönäs,  wo  sie  damals 
wohnte,  eine  wunderbare  Quelle  entdeckt  werden  und  den  Blinden  das 
Gesicht  so  wie  zahlreichen  Siechen  die  Gesundheit  wiedergeben  werde. 
Demnächst  befahl  ihr  diese  Stimme  den  Bewohnern  Schwedens  zu 
verkünden,  wie  sehr  erzürnt  der  Erlöser  wäre  über  die  Sonntagsfeier 
der  Bauern,  über  die  Veränderungen  des  Katechismus  und  Psalmbuchs, 
über  die  Ehen  zwischen  Geschwisterkindern  so  wie  über  das  Kartoffel- 
brennen und  die  Pockenimpfung  und  schließlich  verordnete  die  Stimme 
wie  es  mit  der  Einzäunung  der  wunderbaren  Quelle  gehalten  werden 
und  daß  kein  Aberglauben  oder  Opfern  dabei  stattfinden  solle.  Die 
Erzählung  ist  datiert  vom  24.  Febr.  1818  und  bezeugt  von  dem  Gast- 
geber J.  J.  Andersson  and  dem  Ackerwirth  Thure  A.  RhoduL 


138  F-  LIEBRECHT,  ZUB  SCHWEDISCHEN  VOLKSLITERATUR. 

S.  152,  Nr.  30.  Djefwulen  och  Eäringen.  „£n  merkwftrdig 
Historia  som  lenmar  den  applysningen  om  att  'Hwarest  Djefwulen 
icke  sjelf  kann  komma,  dit  skickar  han  en  gammal  Kärring',  af  J.  Rose. 
ÖfVeraättniDg  frän  Tyskan  af  A.  A.  W.  Wexjö  1847,  hos  A,  G.  Deu- 
rell.«  10  Seiten  Octav. 

Der  Jäger  Kaspar  lebte  mit  seiner  Frau  Mariandel  in  so  glück- 
licher Ehe,  daß  dies  des  Teufels  Ärger  erweckte;  da  er  jedoch  daran  ver- 
zweifelte die  Eintracht  der  jungen  Eheleute  stören  zu  kOnnen,  so  über- 
nahm dies  ein  altes  Weib;  und  es  glückte  ihr  auch  in  der  That  fiir 
einige  Zeit;  schließlich  jedoch  siegte  die  treue  Liebe  der  Gatten  über 
ihre  Künste  und  sie  versöhnten  sich  wieder. 

Wie  aus  dem  Titel  erhellt,  ist  diese  Erzählung  aus  dem  Deutschen 
übersetzt;  doch  weiß  ich  nicht  zu  sagen,  welcher  Autor  unter  A.  A.  W. 
zu  verstehen  ist  Wie  dem  auch  sei,  die  nähern  Nachweise  über  die- 
selbe s.  bei  Dunlop-Liebrecht  S.  503  zu  Don  Manuel's  Conde  Lucanor 
Nr.  48  und  bei  Osterley  zu  Kirchhofs  Wendunmuth  Buch  1,  Cap.  366. 

S.  155,  Nr.  8.  Hundarnes  Priwilegium.  ,,Orsaken  Hwarföre 
Hundame  nosa  p&  hwarandra.,  Elller  Deras  Priwilegier  Samt  Fri-och 
Rättigheter.  Innefattande  äfwen  anledningen  tili  s&  wäl  Hundars  och 
Kattors,  som  Kattors  och  Rittors  ewiga  fiendskap  mot  hwarandra. 
Stockholm  1823.  Tryckt  i  Ecksteinska  Bocktryckeriet^  8  Seiten  Octav. 

Unter  den  von  Bäckström  angefbhiten  Ausgaben  gibt  die  obige 
den  Titel  am  vollständigsten  an,  und  scheint  daraus  hervorzugehen, 
daß  die  schwedische  Version  dieses  Schwanks  der  Nr.  25  'Warum  die 
Hunde  sich  beriechen  in  Simrocks  Deutschen  Märchen.  Stuttgart  1864 
entspricht;  ebenso  auch  bei  Wenzig,  Westslavischer  Märchenschatz, 
S.  44  'Warum  die  Hunde  die  Katzen  anknurren  und  warum  die  Katzen 
den  Mäusen  feind  sind'.  Kürzere  Fassungen  in  A.  Kuhn's  Westfiü. 
Sagen  2,  237  'Das  verlorene  Urtheil*  und  in  Wolfs  Zeitschrifk  fbr 
deutsche  Mythologie  1,  225.  460  'Warum  die  Hunde  einander  beriechen, 
wenn  sie  sich  begegnen  • 

S.  165,  Nr.  69.  Ett  Äktenskaps-Förbund.  „Et  roligt  Eckten- 
skaps-Förbund  Emellan  Cigutwaktaren  Jan  von  Torsten  och  Rosina 
Muskat.  Stockholm  1801.  Tryckt  hos  Andreas  J.  Sylvenius.^  4  Seiten 
Octav.    Später  noch  mehrmal  wiederabgedruckt 

Bäckström  bemerkt  hierzu:  „Aftryck  ur  Mina  Tidsfördrif 
pä  Gäldstufvan^,  fügt  aber  keine  sonstige  Nachweise  hinzu.  Auch 
ich  kann  deren  nicht  geben,  obwohl  ich  das  Geschichtchen  oft  gelesen, 
so  daß  ich  von  dem  Inhalt  bloß  aus  dem  Gedächtniss  eine  kurze 
Übersicht  zu  ^eben  vermag.  Ein  Schiffskapitän  nimmt  in  seinem  Wein- 


F.  BECH,  BESSERUNGEN  UND  NACHWEISE.  139 

vonrftth  eine  übergrosse  Verminderang  wahr  und  beschließt  genau 
aufBupassen.  Indem  er  nun  so  eines  Tages  sich  wieder  in  der  Nähe 
des  Weinverschlages  versteckt  hält,  sieht  er  den  Kajtttenjungen  hin- 
einschleichen; eine  Flasche  Muskateller  entpfropfen  und  hört  ihn  dann 
ausrufen:  „Ich  (hier  nennt  er  seinen  Namen)  gebürtig  aus  (...?)  bin 
gesonnen  mich  mit  Jungfer  Rosina  Muskat  aus  . . .  (hier  nennt  er  einen 
Ort  in  Südfirankreich)  ehelich  zu  verbinden.  Wer  dagegen  Einspruch  er- 
heben will,  thue  dies  bei  Zeiten.  Ich  biete  auf  zum  ersten,  zum  zweiten 
und  zum  dritten  Mal!"  Schon  will  der  Junge  dann  die  Flasche  an 
den  Mund  setzen,  als  der  Kapitän  aus  seinem  Versteck  hervorspringt 
und  ausruft:  „Halt,  ich  thue  Einspruch!"  Den  Schluß  kann  man  sich 
denken.  —  Die  Namen  der  schwedischen  Version  weisen  auf  ein  deut- 
sches Original. 

S.  166,  Nr.  74.  Hunden  päHötappen.  „Hunden  p&  Hötappen. 
£n  liten  Muntrations-Lectur,  utgifwen  af  Koriander  Katzenkrall,  Forste 
Hoiharr,  Kort-,  Korf-  och  Swafwelsticks-Fabriqueur.  Stockholm  1832. 
Tryckt  hos  Jon.  Ad.  Wallddn.«  7  Seiten  Octav. 

Bäckström  gibt  nur  den  Titel  dieser  einzigen  Ausgabe.  Allem 
Anschein  nach  findet  sich  hier  derselbe  Gegenstand  behandelt  wie  bei 
Burkhard  Waldis  1,  64  ^Vom  neidigen  Hundt';  s.  hierzu  Kurz  und 
Osterley  in  ELirchhof  s  Wendunmuth  7,  130. 

LÜTTICH.  FELIX  LIEBRECHT. 


BESSERUNGEN  UND  NACHWEISE. 


Anslahtj  anslahtej  f. 

Psalm  88,  37 :  visitabo  in  virga  iniquüates  eorum  et  in  verberäms 
peecata  eorum  —  dies  wird  in  der  Windberger  Interlinearversion  ed. 
Graff  übersetzt:  idi  vnse  in  der  gerte  unreht  ire  unde  in  den  uülaten  — 
anslahten  —  sunte  ire.  Danach  ist  unter  anslaht  die  Geiselung  zu 
verstehen.  Denselben  Sinn  hatte  das  ebendaselbst  stehende  aneeUihenf 
so  Ps.  72,  b  flageUaJmntur y  v)erdent  si  geuiUitj  anegealagen]  72,  14ytit 
flageUaJtus^  ih  vhm  geviüet,  angeelagen;  Wiener  Predd.  in  den  Fundgr.  I, 
95,  36  folg.  tradetur  gentibus  et  illudetur  et  flageUabitwr  et  conspuetwry 
der  meide  sun  der  wirt  geantvmrte  den  heiden  unt  wirt  verepottit  unt 
wirt  angeslagen  und  wirt  angeepim.  Auf  das  G^seln,  nicht  auf  das  An* 


l  t )  F.  BECH 

schlagen  ans  Kreuz  könnte  der  Ausdruck  auch  gehen  bei  Diemer  315^ 
11  daz  du  dich  hieze  anslahen,  späten  unde  sptwen^  und  im  Anegenge 
36,  30  do  man  den  anesluoc.  Die  Redensart  ist  entlehnt  von  der  väläte 
an  der  siule,  an  der  echreiät  oder  an  der  stüpen  (Haupt  Zs.  8^  295, 
725;  St  Trudbertor  H.  Lied  39,  13);  vgl.  auch  an  die  siulei?)  slahen 
bei  Berthold  28,  7,  an  die  schreiat  slahen  im  Stadtbuch  von  Augsburg 
ed.  Meyer  S.  172.  Qraff  IV,  776  verzeichnet  anaslaht  nur  in  der  Be- 
deutung von  nimbuSf  itnber. 

Drabgeraete^  n. 

Reinfrid  7986  die  ritter  alle  sloufien  \  sich  üz  der  tumeitcaetey  | 
und  wart  in  trabgeraete  \  manic  werder  heU  bekleit:  zum  Schutze  der 
Überlieferung  verweise  ich  noch  auf  drabegeschirre  im  Anzeiger  f.  Kunde 
a.  1871,  S.  134;  in  Weist,  in,  376,  3.  Z.  von  unten;  in  Scriptores 
rer.  Pruss.  IV,  635;  drabeschirre  bei  WtÜcker,  ürk.  u.  Sehr.  betr.  den 
Zug  der  Armagnaken  S.  55;  drafgezeug  im  Urkundenbuch  von  Neustift 
in  Tirol  ed.  Maihofer  S.  361  (a.  1382)  so  schaff  ich  zu  dem  tuem  ainen 
ledigen  mayden  oder  meinen  pesten  lauffer  und  ain  drafgezeug;  Scriptores 
rer.  Pruss.  IV,  15  im  jär  1466  dingeten  sich  der  bundtherren  hoffleute 
vom  Bretchen  mit  irem  drabgezeug. 

Verdrozzen 

in  der  Erlösung  898:  daz  ich  icht  mechte  verdrozzen  mit  langer  rede 
keinen  man:  ist  nicht  Infinitiv  sondern  Participium,  mechte  die  frän- 
kische, mitteld.  Conjunctivform  von  machen  =  facerem.  Den  Nachweis 
meine  ich  erbracht  zu  haben  in  der  Germania  3,  330  sowie  15,  153 
bis  54.  Das  Citat  bei  Lexer  11,  99  sowie  bei  Weinhold  Gramm.  §.  399 
ist  also  wohl  zu  streichen.  Weitere  Beispiele  dieses  Conjunctives  mechte 
finden  sich  wahrscheinlich  auch  in  dem  Gedichte  Moriz  v.  Craün,  vgl. 
Germ.  17,  175;  femer  in  Mones  Schausp.  des  Mittel.  I,  105  (785)  wie 

er  ire  nchen  mechte  gesunt  (14.  Jahrb.);  im  Renner  9671  daz  wir 

ein   kriuze  ßir   uns   mechleni  gedeckten  \    19554  daz «5   mangerlei 

gebrechte  mit  sd  kleinen  zungUn  mechte;  in  Weist.  11, 427,  Z.  16  von  unten, 
aus  dem  16.  Jahrh. ;  lU,  598,  Z.  23—24  (Rechte  von  Meiningen  a.  1450); 
IV,  552,  Z.  30,  aus  dem  15.  Jahrb.;  567,  Z.  29;  633,  Z.  2  von  unten 
(15.  Jahrb.);  V,  571,  Z.  16  von  unten;  636,  Z.  14  setzten  oder  mechten 
(Osthoven  a.  1338);  VI,  25,  Z.  28  (a.  1424);  61,  Z.  7  mechte  es  sich 
aber,  daz  u.  s.  w.  (Franken,  a.  1448);  Zeitzer  Copialbuch  408^  her 
mechte  uns  gerne  erbeloz,  wanne  her  künde]  Eoelhoffsche  Chronik  492, 
11  dat  he  heimlichen  sich  eweeh  mechte;  Roscnblüt  in  Espes  Bericht  vom 
J.  1840,  S.  40  mechi:  siecht-,  Fichard  Frankf.  Archiv  1, 190  (Urk.  von 


BESSERUNGEN  UND  NACHWEISE.  141 

Wetslar  a.  1382);  III,  347  (aus  Eberhard  von  Windeck  ans  Mainz, 
15.  Jahrh.)  und  348;  Wülcker  Neujahrsbl.  von  Frankf.  a.  1873,  S.  45, 
Z.  3  von  unten;  a.  1877,  S.  28;  Scbranz  Gescb.  der  deutseben  Ge- 
sellenverbände  S.  178  (Speier,  15.  Jahrh.) ;  Hans  Folz  in  Haupts  Zeit- 
schrift 8,  523  Tnechti  rechte  325,  33;  Conrad  von  Weinsberg  (Bibl.  des 
litt  Ver.  XVni)  46,  Z.  13;  M.  Beheim  Buch  v.  d.  Wienern  32,  9;  194, 
18  mekUzAlbrehte  und  235,  16;  236,  10;  292,  26;  303,  6;  Weist.  V, 
479,  Z.  14  von  unten,  aus  dem  Unterelsaß  a.  1380,  und  485,  Z.  6 
von  unten.  Die  in  Franken  ursprünglich  heimische  Form  hat  sich  also 
seit  dem  14.  Jahrh.  auch  in  Oberdeutschland  eingebürgert. 

Vertremmeriy  swv, 

im  Hhd.  Handwörterb.  IH,  274  aufgeführt,  steht  nach  der  Handschr. 
in  der  Martina  23,  93  folg.  Vor  got  urdugent  smeckint,  Die  stnen  zam 
weckint  Und  unsir  sei  (?)  vertremment  Lip  und  sSl  erlemment  Man  hat 
wohl  und  unser  heil  vertemmeni  zu  lesen,  wie  es  26,  64  heißt,  worauf 
schon  V.  Keller  und  Holland  in  ihren  Anmerkungen  S.  740  hinwiesen. 
Vergl.  Lexer  s.  v.  vertemmen  und  s.  v.  verdempfen. 

Vesenboumf 

So  angesetzt  bei  Lexer  IH,  325,  aus  Mynsinger  40,  wo  Mittel 
gegen  die  Krankheiten  des  Habichts  angegeben  werden.  Dort  steht 
unter  andern:  darnach  sol  man  nemen  vesenpaum  und  ain  kraut  haißt 
rosmarin  und  vrilden  ysop.  Wahrscheinlich  ist  aber  sevenbaum  zu  lesen, 
worüber  man  vergleiche  Lexer  II,  897. 

Vinster. 

In  der  Blume  der  Tugend  bei  Hans  Vintler  1808  heißt  es:  Er  lies 
auf  ainen  tag  slahen  Ze  tdt  vier  vinster  ritterschaft)  im  Wörterbuch  dazu 
wird  dieses  vinster  ftir  ein  Adjectiv  gehalten  mit  der  Erklärung:  ent- 
gegengesetzt, feindlich,  was  auch  Lexer  IH,  358  aufgenommen  hat. 
Richtiger  faßt  man  wohl  vinster  als  Substantiv  =  legioj  vergl.  Diefenb. 
NQl.  321  •  legioj  finstri,  ßnstemißj  fenstemes^  vinstimisse  und  dessen 
Glossar  322*".  Und  hiermit  stimmt  auch  Vintlers  Quelle  Valerius  Ma- 
ximus IX,  c.  2,  §.  1:  quatuor  legiones  cordrariae  partis.  Aber  woher 
stammt  das  Wort  und  seine  Bedeutung?  meint  es  das  lat.  nvbila  in 
der  Bedeutung  nuhes  =r  dichte  Menge,  Masse? 

Fiwersdtj  m, 

Warnung  67  folg.  lautet  der  Text  nach  Haupt:  Hz  der  JieUe  si 
(=  die,  welche  ihren   irdischen  Besitz   auf  der  Erde  zurückgelassen 


142  F.  BECH 

haben)  her  dingent (ioe  man  in  ir  guot  teile  |  urd  A  von  eere  heile  I 

unt  in  hdfe  üz  ängstlicher  nMi  \  si  twingt  der  heüeßwers  tdt;  aoffUlig  ist 
hier  der  heüefiwers  tdt,  viel  wahrscheinlicher  der  heUefiuoere&ty  der  Feuer- 
piiihl  der  Hölle;  vergi.  Lexer  s.  v.  «8^,  Fraoenlob  Spr.  13,  16. 

Oetoatej  gewatj  n. 

Das  Wort  ist  ohne  Erklärung  von  Lexer  I;  979  angesetzt;  in  den 
Berichtigungen  zu  diesem  Bande  wird  auf  Genn.  11,  70,  11  verwiesen. 
Man  vergl.  darüber  Hoffinann  Gloss.  Belg.  33  ghewat^  vadum  und  Comel. 
Kiliani  Etym.  ed.  Hasselt  181^  ghewaty  fland.  j\  foateringe'y  Diefenb. 
604''  vadum  ghewat  vel  een  waterscap;  dasselbe  bedeutet  toat  im  Mhd. 
WOrterb.  HI,  535%  34  und  bei  Kehrein  Samml.  31^.  In  diesem  Sinne 
findet  man  das  Wort  bei  Gotfrid  Hagen  6089  (12.  Band  der  Chroniken 
der  d.  St)  ich  sal  üeh  wisen  dat  gewat  (:  dat) ;  6092  der  greve  dat  gewat 
gewan,  von  Groote  missverstanden,  von  Birlinger  im  Glossar  408  richtig 
mit  Furt,  vcidum  erklärt  Im  Sinne  von  hruch^  lä,  lache,  mos  fasse  ich 
das  Wort  auch  bei  Berthold  von  Holle  im  Demantin  10411  dar  was 
gemachet  uf  den  plan  ein  brücke  breä  obir  gewat  (:  dat)  und  9449  sd  zwSne 
valken  ober  ein  gewat  uf  und  nedir  zu  vogiln  gdt  (so  nach  der  Handschr.). 
Dahin  gehört  daz  horch  gewat  in  dem  Bruchstück  aus  Heinrichs  von 
Hesler  Offenbarung  German.  11,  70;  17  so  wie  im  Athis  S.  117  (136) 
den  herzogin  von  der  stat  Stach  er  in  ein  horegewat  (nach  Lacomblet; 
horc  gewath),  femer  gewaydt  in  Wülckers  Neujahrsblatt  von  Frankfurt 
a.  1877,  S.  57:  si  sin  bicz  an  eyn  gewaydt  zugelauffen  (a.  1475).  Doch 
ist  das  Wort  auf  Nord-  und  Mitteldeutschland  nicht  allein  beschränkt 
Auch  Heinrieh  von  dem  Türlin  bediente  sich  seiner  in  der  Krone  3315: 
diu  zU  was  kalt  und  tief  der  sni,  Als  ez  ist  des  winters  S,  Und  diu  ge- 
wat (P.  die  gewate,  V.  die  gewaed)  starke  tief,  Dd  von  daz  wUt  niht 
verre  lief,  Wan  ez  äne  twdle  Vil  nähe  ze  aUem  mdle  Durch  diu  gewat 
in  (P.  die  gewaten,  V.  di  gewaete)  brctst  Dasselbe  bedeutet  waydt  bei 
Wierstraat  179,  191  und  223. 

Isen  kiuwen 

findet  sich  gerade  so  wie  in  den  von  Haupt  zu  Neidhard  S.  215  be- 
merkten Stellen  isen  ezzen,  i,  frezzen,  i.  verslinden  gebraucht  um  das 
Bramarbasieren  des  miles  gloriosus  auszudrücken.  So  in  dem  Klage- 
gedichte auf  Herzog  Johan  von  Brabant  in  v.  d.  Hagens  Germania  III, 
125  (321)  sie  liezen  niht  ir  lägen  \  die  ritter-just  pflägen :  \  sam  tuen  die 
tsen  kiuwen,  \  die  mit  geverde  unt  mit  untriuwen  \  halten  uf  der  ban  ver- 
»wigen;  und  in   der  verderbten  Stelle  S.  120  (126  folg.):  le  nerrischer 


BESSERUNGEN  UND  NACHWEISE.  143 

am  sin^)  geberde,  \  ie^)  tiurer  er  waenet  wesen]  \  in  dilnket  nieman  siUle 
genesen  \  vor  dem  tsenkiuwen^) ;  \  hdch  ob  smen  kniuwen*)  \  sin  ime  die 
hosen^)  abegealagen.  Eine  dritte  Stelle  ist  die  von  Lexer  I,  1457  auf- 
geführte aas  dem  Pseadoneidhard  172,  134:  ja  waen  ich  in  wol  ein  tsen 
kiuwen  —  so  sind  die  letzten  beiden  Worte  getrennt  zu  schreiben, 
nicht  wie  Lexer  nach  Haupts  Vorgange  thut  tsenkiuwen ;  waenen  regiert 
hier  wie  in  den  vom  Mhd.  Wörterb.  lU,  495%  46  folg.  angemerkten 
Beispielen  den  Aco.  c.  inf ,  vergl.  darüber  noch  Pass.  E.  378^  72  und 
namentlich  Apelt  im  Jahresbericht  des  Gymnasiums  zu  Weimar  v. 
J.  1875,  S.  14. 

Reisen 

erscheint  als  musikalischer  Ausdruck  gebraucht  bei  Heinrich  Seuse  in 
Grieshabers  Vaterländisches  S.  300:  also  sas  der  jüngeling  mit  der 
harphen  zu  dem  bruoder  und  begond  sin  harphen  reisen  und  schöne  üf- 
Jdenken;  8/301:  und  begonde  sin  harphen  reisen  und  schone  blasen]  De- 
nifle,  Deutsche  Sehr,  des  sei.  Heinrich  Seuse  392  der  bereit  uf  ein 
spalterij  und  da  er  si  gereiset  (,,da  er  es  angeschlagen  hatte").  Mit 
demselben  Wortstamme  zusammengesetzt  scheinen  dieAdjectiva  lautraisy 
lütreisig,  lautrcdsigj  ruemraisig  zu  sein  bei  Schmeller-Frommann  11,  141. 
Vielleicht  ist  das  mhd.  Wort  ims  mit  dem  gotischen  raisjan  in  ur- 
raisjan  und  hat  hier  eigentlich  den  Sinn  von  indtare.  Töne  hervor- 
bringen, dann  überhaupt  spielen,  worauf  auch  das  daneben  stehende 
üfklenken  deutet.  Möglicher  Weise  ist  auch  erreisen  hierherzuziehen, 
das  in  einer  Stelle  des  Teichner  erscheint  im  Mhd.  Wörterb.  IP, 
665^;  44,  sowie  verreisen  in  Bruder  Hansens  Marienliedem  1108  myn 
seyten  sint  verdorret,  Myn  slussel  sint  vorreyset  unt  ontvallen.  Ob  in  den 
neuhochd.  Redensarten  briUen-,  possen-,  zoten  reißen  ein  Nachklang  da- 
von erhalten,  vermag  ich  ebenso  wenig  zu  entscheiden  als  die  Ety- 
mologie des  Wortes  sicher  zu  bestimmen.  Dürfte  man  reisen  aber  als 
Factitativum  zu  risen  cadere  stellen,  dann  wäre  es  seiner  Bedeutimg 
nach  verwandt  dem  Worte  veUen,  jenem  musikalischen  Ausdrucke,  der 
im  Tristan  7998  begegnet:  si  steigete  unde  vaUe  noten]  in  den  Kolm. 
Meisterliedem  III,  5  so  velt  diu  lerche  in  gradibus  im  süezen  val-,  bei 
Frauenlob  im  Frauenl.  18,  4  die  steige,  velle  schrien,  in  dessen  Sprüchen 
367,  10  steige,   veUe   leren',   Laßberg  LS.  II,  209,  30  ze  valle  singen. 


*)  An  M\  bs.  m.  —  ')  te]  ha.  fm  te.   —  *)  ynn  üwer.  —   *)  amem  lAwer.  — 
^)  keheatn. 


144  P*  BECH 


Sattn 

wird  im  Mhd.  Wörterb.  IP,  59^  17  und  danach  von  Lexer  11 ,  616 
angesetzt  und  für  ein  Seidengewebe  =:  franz.  sattHj  ital.  setino  erklärt 
mit  Verweisung  auf  die  Krone  2918.  Aber  diese  Stelle  enthält  bei 
genauerem  Nachsehen  ein  ganz  anderes  Wort;  der  Dichter  stellt  dort 
eine  vergleichende  Betrachtung  an  über  den  Ausgang  den  ein  Wett- 
kampf zwischen  einem  Bewaffneten  und  einem  Unbewaffneten  nehmen 
müsse  und  sagt  da  unter  andern: 

2909  man  sikt  ir  beider  teil  wegen 

ungttche  üf  der  wäge: 

sie  hebet  sich  vü  träge 

nach  wäne  an  des  gastes  teil, 

ez  enunderste  ime  heü, 

wan  sin  geloete  ringer  ist, 
2915  Ich  weiz  wol^  daz  dehein  list 

in  der  werlt  ist  so  starc. 

Swer  einJudp  ein  mare 

wiget  gein  einem  saetin, 

da  muoz  vil  ungdtche  sin 

ir  beider  gewige. 

Die  Stelle  ist  vom  Herausgeber  nicht  richtig  verstanden.  Ich 
habe  nach  wäne  Air  nähe  wan  in  V.  2912  gesetzt^  ebenso  ime  heil  für 
Unheil.  Für  sattn,  welches  Scholl  in  V.  2918  in  den  Text  gesetzt  hat, 
bietet  die  Wiener  Handschrift  saetiny  dasselbe  Wort  welches  Lexer  U, 
894  unter  der  Form  setin  verzeichnet  hat,  =  der  halbe  oder  vierte  Theil 
eines  Lotes;  nur  dieses  kann  als  Gegengewicht  gegen  die  marc,  das 
halbe  Pfund ,  hier  gemeint  sein.  Zu  gewige  vergl.  man  Pfeiffer,  Zwei 
Arzneibücher,  im  Wörterbuche  dazu  S.  63  (162)  s.  v.  gewic,  gewich,  stn. 

Sehiun,  f. 

in  Eonrads  von  Würzburg  Liedern  ed.  Bartsch  32,83  dar  inn  er  vermüret  \ 
Ht  als  ein  made  in  einer  schiun  (:  kiun :  riuri)  —  fasse  ich  als  volks- 
thümliche  Bezeichnung  für  das  gewöhnlichere  kemhfiSj  arulla,  ptdpa, 
das  ursprünglich  wohl  auch  granarium,  horreum  bedeutete.  Ahn- 
lich verwenden  made  im  Vergleich  Frauenlob  Spr.  254,  17  unJtriuwe 
die  ist  recht  als  ein  boeser  maden,  der  in  ein  obz  Icumt  ungeladen ,  und 
Berthold  848,  7  diu  hochvart  wehset  in  dem  richJtucme  als  der  made  in 
dem  apfel. 


BESSERUNGEN  UND  NACHWEISE.  145 

Schdzel  (schoezel)  n. 

war  auch  ein  Theil  der  Rüstung ,  dasselbe  was  bei  Wolfram  Parz. 
707,  20  und  Willefa.  79,  3  des  halsberges  g^en,  im  Orendel  2320  und 
2617  der  brunne  gSren  sind.  So  verstehe  ich  das  Wort  im  Reinfirid 
15499:  ich  waene  er  fliehe  sicherlieh  schoezel  (hs.  schossel)  unde  platten; 
vergl.  die  im  Mhd.  Wörterb.  IP,  175*,  28  citierte  Stelle  aus  Suchenwirt: 
durch  schdz  und  euch  durch  plcUen  vü  nuwger  wart  geletzet]  Konrad  von 
Ammenhausen  fol.  86*"  nach  der  Zofinger  Handschr.  ein   rüter   sol   an 

tragen  ein  gantzes  hamesch;  was  dar  zuo  sol  gehoben das  sag  ich 

:  hcdsperg,   schoss  und  isnein  hosen,   bukel^  beinberge  oder  knieling 

(hs.  krieling)  genant;  Nordhäuser  Statuten  in  Förstemanns  N.  Mitth. 
in,  3,  48 — 49  (14.  Jahrh.)  wer  drizzeik  mark  verschozzety  der  sal  haben 
redeUche  wäpen:  eyne  schopen,  crayn,  grüsentr^  schdz  ^  eyne  swebische 
platey  eyne  tarschen  etc 

SeJ^e,  f. 

In  den  Nürnberger  Polizeiordnungen  herausg.  von  Baader  (=  Bibl. 
des  Liter.  Vereins  in  Stuttgart  no.  LXIII)  S.  170,  S.  6  ist  den  Schmieden 
der  Hammerwerke  verboten  in  den  Stadtwaldungen  an  der  Pegnitz 
Kohlen  zu  brennen,  wer  dawider  handele,  der  solle  ze  bezzerunge  geben 
X  pfund  haller  ie  von  der  seien.  Was  bedeutet  hier  setef  Baader  ver- 
muthete  in  der  Anm.  dazu:  „wahrscheinlich  von  dem  Worte  ^6«eto,  das 
eine  Stätte,  wo  etwas  gebaut  wird,  und  hier  einen  Weiler  bedeutet'. 
Statt  eine  rein  niederdeutsche  Sprachform  zu  EGlfe  zu  nehmen  hat  man 
eher  an  das  althochd.  satta^  seta  =  canistrum,  sporta  zu  denken,  worüber 
Weigand  s.  v.  satte  zu  vergleichen  ist;  darnach  ist  hier  wohl  ein  Koh- 
lenmaß zu  verstehen,  worüber  nachzulesen  ist  was  von  Kirchhoflf  zu 
den  Weisthümem  der  Stadt  Erfurt  S.  74^  Anm.  150  vermerkt  ist  Das 
Wort  erscheint  übrigens  auch  beim  König  vom  Odenwald  VU,  175: 
stroeunn  seten  unde  nest  die  sint  lange  vor  gewest,  vergl.  die  Anm.  dazu 
von  K  von  Bahder.  Das  Mhd.  Handwörterb.  13 ,  893  hat  das  Wort 
bereits  aufgenommen,  nur  unrichtig  erklärt. 

Swdsheit. 

Die  von  Förstemann  herausgegebene  Nordhäuser  Bürgereinung 
vom  J.  1308  in  den  N.  Mittheilungen  HI,  Heft  2  enthält  S.  23  fol- 
gendes :  sun  ein  unvledic  venster  von  einer  swäzheit  het  gende  an  die  strdze, 
die  ffU  zwo  marc]  späterhin,  wo  dieser  Paragraph  wiederholt  wird,  in 
den  Gesetzen  aus  dem  15.  bis  16.  Jahrhundert,  vergl.  die  Gesetzsamm- 
lungen   der  St  Nordfaausen    ed.   Förstemann  S.  63*^  (Sonderabdmck), 

0EBMAN1A.  Nene  Reihe  XII.  (XXIT.  Jahrg.)  \Q 


146  F*  BECH 

heißt  es :  xcy  ein  unfletigk  fenster  adir  loch  von  keynerley  swarizheit  (?) 
ndir  unßetikeü  hat  gehende  an  dy  strasze,  der  gebü  zewu  margk.  Gemeint 
kann  nur  sein  das  was  sonst  auch  gemodsheit^  heimliehkeit  heißt,  das 
swäshüs,  die  swäskamere.  Wenn  in  Lexers  Handwörterb.  11,  1332  s.  v. 
9wacheü  aus  dem  Prager  Recht  150,  168  angegeben  wird:  genge  die 
swacheit  heizen^  so  ist  wohl  richtiger  stcäsJieit  ftlr  mvacJieit  zu  lesen ;  auch 
in  den  Varianten  zu  der  Eaiserchronik  13492  ed.  Maßmann  ist  stca- 
chaü  verzeichnet,  wo  nur  swashait  verstanden  werden  kann,  neben  ge- 
suHuheä.  Man  vergleiche  übrigens  noch  Interlinearvers,  der  Trierer 
Psalmen  ed.  Graff  S.  490:  in  penetraübus,  in  den  geswäaheiden. 

Tinne 

ist  wohl  ftLr  das  unverständliche  iuome  (aufgeführt  bei  Lexer  II,  1575) 
zu  lesen  in  Pfeiffers  Deutschen  Arzneibüchern  II,  4':  sd  im  diu  tune- 
foengel  unde  die  tuomen  enphcdlent  unde  die  lefse  nider  vaUent  u.  s.  w. ; 
im  Glossar  dazu  hat  der  Herausgeber  vermerkt,  daß  der  Diphthong 
in  dieser  Handschr.  keineswegs  sicher  sei,  es  vielmehr  ebensogut  Umme 
als  turne  heißen  könne*).  Aber  auch  statt  tunewengd  hieß  es  hier  wohl 
ursprünglich  bloß  wengel,  denn  das  letztere  wäre  dem  Sinne  der  Stelle 
ebenso  entsprechend  wie  dem  Gebrauche,  der  das  Wort  nicht  selten 
neben  tinne  stellt,  so  bei  Hesse  von  Rinach  in  MSH.  I,  210^  (I,  2), 
in  Der  Minne  Frigedank  (Docens  Miscell.  TL)  185 — 86,  im  Reinfrid 
2249—50,  bei  Walther  v.  Rheinau  238,  52—58,  in  Gotfrids  Tristan 
923,  im  Flore  1835—43,  6820—36  {wange  neben  tinne). 

Tuehtjf. 

Pass.  K.  572,  69  si  bare  sich  in  des  Schiffes  tucht  (:  vlueht)  und  lac 
darmne  über  nackt.  Lexer  II,  1563  vermuthet,  tucht  bedeute  „Schiffs- 
bauch''; richtiger  fassen  es  wohl  die  alten  EIrklärer  als  transtrumf  Ru* 
derbank,  denn  es  ist  wohl  nichts  anders  als  das  niederdeutsche  duckt, 
worüber  zu  vergleichen  Frisch  I,  210^,  D.  Wörterbuch  U,  1489,  Schiller- 
Lübben  I,  590**,  5,  Diefenbach  u.  Wülcker  I,  373;  daneben  die  Form 
dofty  plur.  dofiun,  bei  NGl.  370*  und  German.  IX,  26^  Z.  8.  Vergl.  die 
Glossen  zu  Prudentius  (in  Haupts  Zs.)  521  (215)  in  transtris  an  den 
thuerstolon. 

Ungebant 

im  Sinne  von  indomibus,  also  von  henden^  banden,  fesseln,  finde  ich  in 
einem  Gedicht  des  14.  Jahrhunderts,  das  Hoffinann  in  den  Altd.  Blät- 

*)  So  halte  ich  auch  touehüeh  fol.  3*  (Tergl.  Lexer  II,  1483)  för  verderbt  ans 
tueJUieh,  duhiig;  man  vergleiche  houbelducht  ebenda  fol.  17*  und  Lexer  I,  1348. 


BESSERUNGEN  UND  NACHWEISE.  147 

tem  n,  308—310  mitgetheilt  hat;  dort  steht  S.  309,  Z.  11  von  anten: 
Der  Tsunge  ir  ungepantez  Uet  Ich  wold  eu  gerne  reden  mü  a.  s.  w.  Wie 
einige  Verse  vorher  ZU  und  Notdurft  personificiert  und  angeredet  wer- 
den,  so  ist  auch  hier  die  Zunge  angeredet,  also  etwa  so  zu  lesen :  Ver 
Zunge,  ir  ungepantez  Ut  u.  s.  w.  Der  Verfasser  hat  offenbar  im  Auge 
gehabt  Brief  Jacobi  IH,  8:  linguam  autem  nullus  hominum  domare  po- 
test,  inquietum  malum^  plena  veneno  mortifero.  Zu  benden  swv.  vergL 
Martina  3,  6  durch  dich  ist  er  gebendü  (:  erwendit)\  123,  53  mit  dem  tdde 
gebendet  (:  wendet);  ebenso  126,38  (iverendit)]  zu  banden  vergl.  noch 
Schwabcnsp.  ed.  Schilter  206,  6;  300,  3  (=  ed.  Wackemagel  249,  5); 
den  8un  zuchtigen  und  banden  im  Stadtbuch  von  Augsburg  ed.  Meyer 
S.  181.  Dem  ungebanten  Ut  läßt  sich  vergleichen  das  nhd.  Uvband  in 
Sanders  Wörterb.  I,  74^ 

Uz  unde  üz. 

Pass.  K.  228,  12  {der  abrinnic  munch)  wart  ütz  unde  üz  geschoben 
und  gelac  ewpor  uf  ir  (sc.  der  erde)]  Mones  Anzeiger  VIII,  430  dS 
muose  er  üf  einen  berch  stigen  unde  rmioae  vasten  vierzic  tage  üz  unde  üz 
(cfr.  Diemer  Genes,  und  Exodus  S.  200*");  Stadtbuch  von  Augsburg 
S.  74  man  rihte  ouz  und  ouz  ais  davor  geechriben  stät;  S.  194  ez  ensal 
niemen  cheinen  unn  misschen,  em  sul  in  cUsS  guten  für  sich  üz  unde  üz 
geben  als  er  in  üf  tet;  Alexander  in  MSH.  II,  365*,  12  der  schilt  ist  üz 
und  üz  gespenget]  Heinrich  von  Krölwitz  17  mich  hat  dSn  zeswe  hont 
al  üz  unde  üz  gerüret  an;  Adelheid  Langmann  Offenbar.  94,  15  den 
paum  den  gibt  ie  einz  dem  andern  di  kindepet  üz  und  ouz;  der  Herzog 
von  Anhalt  in  MSH.  I,  15*  (=  Bartsch,  D.  Liederd.  XXVH,  28)  wie 
mochte  ein  luft  s6  süze  drefen  em  wSre  al  üt  und  üt  (hs.  uht)  vil  gar  ein 
minne;  vergl.  Schambach  250*  und  Schiller-Lübben  V,  141*;  dazu  die 
Beispiele  aus  nhd.  Schriftwerken  bei  Grimm  D.  Wörterb.  I,  819  und  Dietz 
Wörterb.  zu  Luther  I,  157*.  Die  Bedeutung  schwankt  zwischen :  fort 
und  fort;  die  ganze  Zeit  über,  und:  durchaus,  ganz  und  gar 

Wurmeläge,  wirmeläge. 

Wenn  wurmeläge,  wurmldge  stf.  von  W.  Grimm  in  Athis  u.  Proph. 
S.  65  erklärt  wird  ftlr  „ein  Gebüsch^  einen  gehegten  Garten  in  der 
Nähe  der  Burg,  wo  Schlangen  oder  Drachen  verborgen  liegen,  vor 
welchem  man  sich  aber  mit  Spielen  belustigt^ ;  wenn  hier  überdies  auf 
wurmegarte  im  Lanzelet  5048  als  synonymen  Ausdruck  verwiesen  wird; 
so  will  dazu  der  Zusammenhang,  in  welchem  die  damit  bezeichnete 
Räumlichkeit  im  Laufe  der  Erzählung  berührt  wird,  nicht  recht  stim- 


148  P-  BECH 

men.  Ein  stattlicher  Zag  von  Rittern  und  Frauen  bew^  sich  gegen 
der  umrmläge  S.  103  (28) ;  vor  der  portin  steigen  die  Frauen  vom  Pferde 
S.  107  (133);  hier  was  der  tisch  frone  —  bereüü  S.  107  (140);  gegen 
Abend  werden  hier  kerzin  uf  gebrant  S.  107  (153)  und  man  beginnt  zu 
tanzen  (156);  S.  109  (56)  wird  die  wurmläge  noch  einmal  genannt  als 
der  Ort  wo  alles  dieses  vorgegangen  ist;  man  belustigte  sich  darin, 
bis  ei  sich  gevrouwiiin  gnuoe  und  man  trinkin  dar  geiruoc.  Ein  Gebüsch 
oder  ein  Garten  war  hierzu  kaum  geeignet*).  Noch  mehr  sträubt 
sich  gegen  eine  derartige  Auffassung  der  Zusammenhang,  in  dem  es 
die  Sächsische  Weltchronik  (ed.  L.  Weiland  in  den  Monum.  German. 
tom.  U,  fasc  1)  S.  251,  2  aufweist:  Kaiser  Friedrich  11.  hatte  (a.  1235) 

enen  grüen  hof  to  Megenze ,    dar  he  ordnen  drdehy  unde  wären  de 

vorsten  vil  nä  edle  dar  unde  andere  herren  vüe.  He  ät  do  in  der  warm- 
läge**)  in  dem  vdde,  dar  waren  upgeslagen  sdcene  pavlüne.  Auch  hier 
ist  die  Deutung  des  Herausgebers  der  Sache  nicht  entsprechend,  wenn 
er  in  der  Anmerkung  dazu  sagt:  „vH)rmlage  bedeutet  Aufenthalt  der 
Schlangen.  Zu  Mainz  existierte  also  ein  Garten,  in  welchem  Schlangen 
gehalten  wurden.  Die  wcrmlage  in  Nürnberg  erwähnt  die  Sächsische 
Fortsetzung  der  Chronik  zum  J.  1274.''  Letztere  Stelle  auf  S.  287,  4 
lautet:  des  andern  tages  darnach  as  her  (sc.  der  König  Rudolf)  m  der 
wormlage***)  mit  den  fursten.  Deutlicher  sind  die  Stellen  in  der  ältesten 
Bearbeitung  des  Herz.  Ernst  ed.  Bartsch.  Mitten  in  die  Burg  des 
Königs  von  Grippia  (V.  2367  folg.)  tritt  der  Herzog  mit  seinen  Be- 
gleitern; si  funden  numic  gestüde  in  einer  würmdäge  hSrtteh^  daz  nie 
heiser  wart  so  rieh,  er  möhie  ze  tische  dar  ingän^  D6  sähen  sie  innert- 
halben  stän,  die  edden  jungelinge,  al  uwbe  ze  ringe  mangen  tisch  vil 
wünnectich,  dar  üf  pfeUe  und  goU  rieh;  V.  2559  folg.  wider  zer  würme- 
läge  se  kämen  da  sie  die  spise  e  da  nämen ;  V.  2951  folg.  ich  weiz  wol 
daz  sie  algemeine  in  dise  würmeläge  gint  zuo  den  tischen  die  da  stSnt; 
V.  3340  folg.  sio  sie  van  den  tischen  sten^  sd  beginnet  der  kSnic  gen 
zuo  den  gesAen  in  d/en  sal^  und  rüment  die  würmeläge  iiberal  die  hdde 
gemeinUche;  V.  2835  folg.  die  zwene  ritter  —  —  stin  an  ein  gewarheit 
undr  ein  gewelbe  vinster;  dar  üz  gienc  ein  venster  ob  der  würmeläge 
hd'j  dar   in   lenten   si  dd.    An   allen  Stellen  schreibt  die  Nürnberger 


*)  Das  Ton  W.  Grimm  an  der  oben  g^eiuumteii  Stelle  mitgetheilte  Citat  ans 
DietrichB  Drachenkimpfen  ist  =  Virgioal  926,  6  ecL  Znpitsa,  wo  aber  mit  Recht  der 
wunnen  tpil  fUr  das  überlieferte  der  wurmen  apü  gesetst  ist 

**)  Die  Wolfenbüttler  Handschr.  (=  W  bei  Maßmann)  liest  hier  tfromlage,  die 
fibrigen  theilweis  wormelage. 

♦*•)  Varr.  wormeloffef  wormlage. 


BESSERUNGEN  UND  NACHWEISE.  149 

Handscfar.  hier  wyrmdag  oder  wirmdag^  die  Wiener  aber  umgeht  mei- 
stens das  Wort  und  setzt  dafdr  diimicz,  vergl.  Bartsch  Einleit.  XXVHl 
und  XII.  Die  von  Haupt  in  der  Zeitschr.  7,  193  folg.  veröffentlichte 
lateinische  Prosa^  die  nach  Bartsch  Einleit.  XL  VI  nach  dem  alten 
niederrheinischen  Gedichte  bearbeitet  und  vermuthlich  schon  im  13. 
Jahrh.  entstanden  ist,  hat  an  den  betreffenden  Stellen  daflir :  permaxima 
domus  ad  convescendum  praeparata^  coenaculu/m  cum  mensü  omnium 
generum  cibariia  solempnisnme  onttstts  (21ö,  14);  —  in  coenaculo  ante 
dicto  (217,  35);  —  vidü  hoipües  coenaculi  latibulo  inm  pronimte$ 
(2;18,  33).  In  Odos  latein.  Gedichte,  das  zwischen  1206—1283  verfaßt 
ist  und  ebenfalls  dem  niederrhein.  Gedichte  folgt,  ist  die  wormeläge  mit 
ganeu/m  wiedergegeben,  vergl.  Bartsch  1.  c.  S.  LXX  und  Diefenbach 
8.  V.  ganea  und  gyneceum.  Hiemach  kann  es  kaum  mehr  zweifelhaft 
sein,  daß  wurmläge  keinen  eingehegten  Garten  bedeutete,  wo  Schlangen 
hausten  oder  gehalten  wurden,  sondern  vielmehr  ein  saalartiges  Gebäude 
oder  Gemach  von  besonderer  Pracht,  zur  Bewirthung  und  Unterhaltung 
fürstlicher  Gäste  bestimmt.  Dazu  stimmen  femer  die  Stellen  bei  Ber- 
thold von  Holle,  so  im  Demantin  1065  folg.  dar  was  gemachet  üf  den 
plan  ein  wormläge  also  getan  daz  ich  spreche  wol  vor  war,  wSm  zwe 
tüsint  frouwen  dar,  si  mochten  lichte  hdn  ersSn  den  strit  di  soüe  dar 
geschin-,  V.  1110  Demanten  —  an  di  wormläge  hen  reit;  V.  1119  di 
hochgeldbte  reit  in  di  wormläge  al  zu  hant-^  V.  1129  Firganant  —  eim 
vorsten  quam  geRche  an  die  wormläge  uf  de  andir  sü.  Die  aus  dem 
15.  Jahrh.  stammende  Handschrift  hat  hier  überall  vormläge,  woftlr 
Bartsch  wormläge  in  den  Text  gesetzt  hat  Mit  Recht  hat  derselbe  das 
Wort  auch  im  Crane  wiederhergestellt,  wo  bisher  nach  der  Handschrift 
vorläge  (bei  Lexer  HI,  473  wieder  aufgefilhrt)  zu  lesen  war,  so  in 
V.  4194  und  4224.  Wie  ist  nun  aber  das  Wort  zu  erklären? 

Indem  ich  hier  eine  Erklärung  des  Wortes  versuche,  schicke  ich 
zunächst  folgende  Stellen  voraus,  in  denen  Verwandtes  angegeben 
scheint.  So  in  Diefenbachs  Glossar  613*  s.  v.  vermicuUire  :  om  eyn  dinck 
tzo  mahl  geschakeert  als  eyn  wormcJien  kruypt ;  s.  v.  vermiculaium :  worm- 
gemeide;  s.  v.  vermiculattis :  gemalt  vel  geferbt  als  wormlin,  gewurmlet; 
319**  8.  V.  laquearieen  keper  vd  worminghe;  Williram  11,6  in  wurme 
Ibis  geblahmäldt  =  vermieulatus  argento,  vergl.  J.  Haupt  HLied  23,  23; 
Komel.  Eil  ed.  Hasselt  819^  worminghcj  wormene,  laquear  et  culmen 
domuSy  foMigium,  TtU  alle  dem  halte  man  das  französische  vermeil  sowie 
vermicule.  Hiemach  wage  ich  zu  vermuthen,  daß  die  wurmeläge  ein 
Saal  oder  ein  Gemach  gewesen  sei,  in  dem  das  Auge  das  sogenannte 
opu^  vermiculatum  oder   musivum,    die  Musivmalerei   bewunderte,   die 


150  F-  BECH,  BESSERUNGEN  UND  NACHWEISE. 

nach  dem  Urtheile  eines  Kenners  „in  der  Feme  betrachtet ,  wie  eine 
Menge  sich  windender  Würmer  aussieht^*).  Das  Wort  ist  wohl  nicht 
ein  Compositum  von  wurm  and  läge  (von  ligen),  worauf  Orimms  obige 
Erklärung  hinausläuft,  sondern  scheint  eher  Verdeutschung  eines  ro- 
manischen Ausdrucks  zu  sein,  so  daß  man  es  als  eine  Ableitung  von 
f>ermeilf  vermicuius^  mit  der  romanischen  Ableitungssilbe  -age  zu  nehmen 
hätte.  Man  sehe  hierftber  Diez  Ghramm.  der  Rom.  Spr.  11^,  310  folg., 
wo  die  Ableitung  -o^e  auf  lateinisch  -atieum  =  -agium  zurückgeführt 
wird,  wie  vassdage  auf  vasmillaJticwn  oder  -^igium,  ombrage  auf  umbra- 
Heumf  passage  auf  pasacigium^  rivage  (cfir.  Tristan  15925)  auf  rivaiicum. 

In  wiefern  der  Name  Chunrat  de  Wtrmlaga  oder  der  Wtrmäaha 
hierher  gehört^  muß  ich  Andern  zu  bestimmen  überlassen;  er  findet 
sich  in  einer  Passauer  Urkunde  vom  J.  1128  (Monumenta  Boica  29.  2, 
21.  62),  vergL  W.  Orimm,  Athis  u.  Froph.  weitere  Bruchstücke  S.  15. 
Ist  die  Form  wtrmlaga  oder  wirmilaha  identisch  mit  wurmläge,  so  wäre 
dies  nur  ein  Beweis  mehr  ftü*  dessen  Entstehung  aus  dem  Romanischen. 

Schließlich  kann  ich  nicht  umhin  die  Leser  auch  noch  auf  eine  Stelle 
in  J.  Rothes  Chronik  Cap.  635  aufinerksam  zu  machen ;  dort  heißt  es, 
nach  dem  Texte  v.  Liliencrons,  zu  dem  Jahre  1317 :  ein  bUgk  der  slugk 
zu  Warpergk  yn  da»  stoß  unde  vorbranie  den  mitteltorm  cibin  uß  unde 
varbrante  das  mußhuß,  obin  das  dach  unde  das  vorner  mit  den  tischen 

unde  kostUehen  gef essen bis  uf  den  estrich  unde  varterbete  vil  schönes 

gemeUs  (hs.  Dr.  gemelczis)  wundere  u.  s.  w.  Für  vamer  liest  man  in 
der  besseren  Dresdener  Handschr.  womyr.  Dies  hat  Frisch  in  sein 
Wörterbuch  11,  457^  sowie  I,  56*"  angenommen  und  ftlr  wannyr  =  6a- 
nier,  vexiUum  ausgegeben;  ihm  ist  Oberlin  gefolgt  11,  2058;  jedenfalls 
aber  ist  diese  mit  dem  Zusammenhange  obiger  Stelle  nicht  stimmende 
Auffassung  eine  verfehlte.  Eher  liegt  ein  Wort  wie  das  mnl.  war* 
wdnghej  wormene  zu  Ghrunde,  das  dem  Begriffe  einer  wormeläge  entsprach, 
aber  zu  Rothes  Zeit  nicht  mehr  verstanden  und  darum  in  der  Aus- 
sprache verderbt  wurde.  In  Cap.  620  der  genannten  Chronik  heißt 
dieselbe  Localität  das  gemalte  hueß ;  an  ihrer  Stelle  wird  laut  Cap.  636 
später  eine  schSne  hofedomzen  errichtet. 

Zerdenen  (zerdennen). 

bildete  im  Alemannischen  ehemals  auch  ein  Präteritum  zertande ;  vergl. 
über  die  in  jenem  Dialekte  beliebte  Erweichung  des  f  in  d,  wenn   es 


*)  Sonst  wird  vermietdu»,  vemUUum  durch  mnguü  draeonii,  irachenbluat  wieder- 
gegeben, Tergl.  D.  Wörterb.  11,  1882;  Lexer  II,  1487;  Komel.  Kil  ed.  Hasaelt  s.  y. 
MnmäUoen;  bei  Frauenl.  Spr.  131,  7  bezeichnet  traehenhluot  geradem  die  rothe  Farbe. 


A.  NAGELE,  ZUB  CHBONOLOGIE  DEB  SPBÜCHE  WALTHEB8.       161 

sich  mit  einer  Liquida  verbindet ,  Weinhold,  Alem.  Qramm.  S.  143« 
So  verstehe  ich  die  Überlieferung  im  Reinfrid  24953:  des  gewaU  und 
fnniu  rieh  sich  vntenes  zertande  (:  lande).  Öfter  findet  man  derartige 
Formen  bei  Walther  von  Rheinau,  so  175,  2^5  des  ersten  tanden  A  im 
hin  an  kriuzes  ort  die  linken  hant;  darnach  tandens  im  ze  hant  die 
rehten  an  daz  ander  ort;  dahin  gehört  auch  95,  35 :  Jesus  —  sinen  kruog 
dike  hieng  an  des  Hechten  sunnen  schin  unde  tande  in  mit  im  hin  ge- 
liehe  recht  alsam  ein  snuoTf  wo  ich  die  Änderung  in  rande  mit  im  hin 
für  unnöthig  halte;  ferner  in  111,  11  Jesus  —  dante  als  schone  sin  hävy 
sam  ez  gemäl  wSri  dar^  wo  gleichfalls  ohne  Noth  dante  in  danne  ver- 
ändert ist.    Neben  dem  Particip  getenet  175,  11  findet  sich  die  Form 

getont  181,  51 :    do  si  ir  kint  ze  male  sdch mit  dien  viiezen  sin 

getant  an  des  frdnen  hriuzes  rant.  Ebenso  findet  sich  das  Präteritum 
im  Liederb.  der  Clara  Hätzlerin  8.  303^,  98,  in  einem  Gedichte  des 
Mönchs  von  Salzburg:  die  Juden  taiüen  sein  gewant,  sein  glider  dant 
(=  dante)  im  manig  sail. 

ZEITZ,  im  Sommer  1S78.  FEDOB  BECH. 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS 

VON  DER  VOGELWEIDE. 


Die  Ansicht,  dass  die  beiden  Sprüche  des  Reichstones  L.  8,^  ff.  ftT. 
Pf.  81':  Ich  saz  üf  eime  steine  und  L.  8,  28  ff.  Pf.  81°:  Ich  hdrte  ein 
waazer  diezen  zum  Wahlstreit  vom  Jahre  1198  gedichtet  seien,  ist  eine 
bei  allen  Waltherforschem  feststehende.  Allein  ich  glaube  zeigen  zu 
können,  daß  gerade  dieser  Ansatz >  von  dem  aus  man  alle  andern 
chronologischen  Bestimmungen  machte,  ein  irriger  sei.  Ich  gehe,  um 
die  erste  Periode  von  Walthers  Spruchdichtung  chronologisch  festzu- 
stellen^ von  jenem  Spruche  aus,  dessen  Abfassungszeit  urkundlich  nach- 
gewiesen ist  und  daher  mit  unumstößlicher  Gewißheit  feststeht,  näm- 
lich von  L.  19,  5 — 16  Pf.  100:  Ez  gienc^  eins  tages  als  unser  hSrre  wart 
gebom.  Dieser  Spruch  ist  zur  Weihnachtszeit  1199  am  Hofe  Philipps 
zu  Magdeburg  verfaßt  und  schildert  den  Kirchgang  des  Königs  und 
seiner  Gemahlin  Irene -Maria  am  Christtage  dieses  Jahres.  Wenn  sich 
tlberhaupt  die  Ansicht  vertreten  läßt,  daß  Walther  seine  Töne  mit 
einem  Weihespruch  einleitete^  so  hätten  wir  L.  19,  ö  ff.  Pf.  100  als  den 
Weihegpruch  jle8_er8ten    Philippstones  zu  bezeichnen.    Wie  aick  dsbs»  V^ 


152  A.  NAGELE 

nun  anch  verhalien  mag,  das  Eine  steht  fest,  daß  wir  den  erwähnten 
Spruch  als  den  unveränderlichen  Punkt  zu  betrachten  haben,  von  dem 
alle  Chronologie  walther'scher  Sprache  auszugehen  hat,  da  kein  ein- 
ziger der  Sprüche  Walthers,  was  die  Zeit  der  Entstehung  anlangt, 
genauer  bestimmt  ist 

Unter  den  übrigen  Sprüchen  des  ^sten  Philippstones  kommt  nun 
zunächst  L.  18,  29  ff.  Pf.  97:  Diu  hrSne  ist  eUer  danne  der  kOne^  Pki- 
Uppes  n  in  Betracht  Die  meisten  Forscher  beziehen  diesen  Sprach 
auf  das  Krönungsfest  zu  Mainz  am  8.  September  des  Jahres  1198. 
Simrock  ist  gegen  diesen  Ansatz  und  glaubt,  daß  er  in  dieselbe  Zeit 
wie  Im  19^  5  ff.  Pf.  100,  also  auch  in  die  Weihnachtszeit  des  Jahres 
1199  gehöre.  Er  sagt  in  seiner  Übersetzung  S.  327  zu  19.  20:  „Was 
dazu  verleiten  konnte ,  den  zweiten  Spruch  (L.  19^  5  ff.  Pf.  100)  auf 
Philipps  Krönung  zu  Mainz  am  8.  September  1198  zu  beziehen,  ist 
schwer  zu  begreifen.^ 

Uhland  *)  hat  uns  den  Inhalt  des  Spruches  L.  19,  5  ff.  Pf.  100  in 
einer  Weise  angegeben,  die  den  congenialen  Meister  verräih.  Es  sind 
dies  die  so  oft  citierten  Worte  S.  30:  „In  einem  fEurbenhellen  Gemälde, 
den  altdeutschen  auf  Gk>ldgrund  ähnlich ,  zeigt  er  (Walther)  uns  den 
Kirchgang  des  Königs  mit  seiner  Gemahlin,  der  griechischen  Irene,  und 
dem  Gefolge  der  Thüringer  und  Sachsen/ 

Einen  ganz  andern  Inhalt  hat  L.  18,  29  ff.  Pf.  97.  Der  Dichter 
weist  in  diesem  Spruche  auf  die  majestätische  Gestalt  des  jungen 
Königs  hin,  dem  die  alte  Reichskrone  so  wol  stehe,  als  hätte  der 
Schmied  sie  für  ihn  gearbeitet,  von  dessen  Stime  eine  Hoheit  strahle, 
die  mit  dem  Glanz  des  edlen  Gesteines  in  der  Ejrone  wetteifere. 

Berechtigt  nun  dieser  Inhalt  zu  der  Annahme,  es  sei  der  Spruch 
am  8.  September  bei  Gelegenheit  der  Krönung  Philipps  entstanden? 

Gewiß  nicht,    denn  von  einer  Krönungsfeierlichkeit  ist  fjf^ 
auch  nicht  eine  Spur  in  dem  Spruche  zu  entdecken. 

Zum  mindesten  mit  derselben,  wenn  nicht  mit  größerer  Berech- 
tigung, kann  der  Spruch  auf  Weihnachten  1199  bezogen  werden,  denn 
in  L.  19,  5  ff.  Pf.  100  wendet  der  Dichter  seinen  Gesang  nicht  aus- 
schließlich Philipp  zu,  sondern  neben  Philipp  feiert  er  in  begeisterter 
Weise  de«sen  Gemahlin  als  die  rds'  äne  dorfiy  ein  tübe  sunder  galten^ 
mit  Attributen  also,  die  die  mittelalterlichen  Sänger  sonst  nur  der  nj^^g* 
fraulichen  EUmmelskönigin^  beizulegen  pflegen. 


*)  Walther  v.  d.  Y.    Stattgart  tmd  Tübingen  1822. 


ZUR  CHBONOLOOIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  Y.  D.  VOOELWEmE.     153 

Bei  Erwägung  dieses  Umstandes  wibre  es  nur  zu  leicht  erklftrlioh, 
daß  der  heimatlose  Sänger,  der  am  Hofe  Philipps  Aufiiahmeheischtei^ 
noch  in  einem  eigenen  Spruch  sich  ausschließlich  der  Person  des  iHönigs 
zugewendet  hat 

Dann  ist  L.  18,  29  ff.  Pf.  97  nicht  als  ^eine  matte  und  tlberfltissige 
Wiederholung^,  wie  Menzel  S.  140  meint,  sondern  als  ein  sehr  schöner 
Pendant  zu  L.  19^  5  ff.  Pf.  100  anzusehen. 

Allein  ich  bin  durchaus  nicht  gewillt  der  Hypothese  ,,der  meisten 
Forscher^,  die  den  Spruch  auf  1198  beziehen,  mit  der  Simrock'schen 
den  gleichen  Rang  einzuräumen,  sondern  ich  finde  da  einen  bedeuten- 
den Unterschied,  indem  der  Ansatz  Simrock's  eine  feste,  histori- 
sche Basis  hat,  während  der  gegnerische  Ansatz  auf  der  ganz 
unerwiesenen  Behauptung  fiißt,  dass  Walther  thatsächlich  beim 
Krönungsfeste  am  8.  September  1198  anwesend  war. 

In  Etlrze  will  ich  nun  auf  die  Gründe  hinweisen,  die  entschieden 
dieser  Annahme  widersprechen.    Es  sind  folgende: 

1.  Der  Charakter  Walthers,  dessen  Bild  uns  des  Dichters  Lieder 
und  Sprüche  in  scharfen  Umrissen  zeichnen,  widerstreitet  völlig  der 
Annahme,  daß  er  nicht  abgewartet  haben  sollte^  bis  die  sterblichen 
Überreste  des  von  ihm  so  innig  betrauerten  Fürsten,  Friedrich  des 
Katholischen,  auf  heimischem  Boden  angelangt  und  in  der  Vätergruft 
zu  Heiligenkreuz  beigesetzt  waren,  was  erst  im  October  1198  erfolgte. 

2.  Bezeugen  viele  Stellen  in  Walthers  Dichtungen,  wie  wert  ihm 
der  toünnectiche  hof  ze  Wiene  war,  wo  er  „singen  und  sagen^  gelernt, 
wo  er  in  glücklichen  Tagen  sangesfreudig  Lenz  und  Liebe  verherrlicht, 
an  dem  neuerdings  eine  gastliche  Stätte  zu  finden  er  in  späterer  Zeit 
so  gewaltige  Anstrengungen  gemacht.  Sollte  nun  Walther  1198  so 
leichten  Kaufs  diesen  Hof  verlassen  haben?  Ist  es  nicht  viel  wahr- 
scheinlicher,   daß  er  erst  nach  mancherlei   erfolglosen  Schritten,    die 

er,  um  Leopolds  Ghinst  zu  gewinnen,  gethan,  schweren  Herzens  nach  M^ 
dem  Wanderstab  griff? 

3.  Berichtet  ans  die  Zeitgeschichte,  dass  im  Sommer  des  Jahres 
1198  in  Folge  der  erst  vor  Kurzem  erfolgten  Erhebung  Otto's  von  Poi- 
tou^zum  Gegenkönige  die  Zustände  in  Deutschland  noch  sehr  diaoti- 
scher  Natur  waren,  so  daß  es  nicht  recht  einleuchten  will,  daß  Waltfaer 
in  dieser  sturmbewegten  Zeit  an  Philipps  Hofe  Au&ahme  zu  finden  er- 
warten konnte. 

Ganz  anders  geartet  zeigen  sich  die  Dinge  in  Deutschland  in  dem 
darauf  folgenden  Jahre,   in  welchem  Otto  seine  bedeutendste  Stütze, 


^ 


154  A.  NA6£LE 

nämlich  König  Richard  von  EInglandt  dcBsen  Tod  am  6.  April  1199 
erfolgte,  eingebüßt  hatte  und  Philipps  Macht  in  entschiedenem  Steigen 
begriffen  war. 

4«  Hoffe  ich  den  Nachweis  erbringen  zu  können,  dass  sämmtliche 
Sprüche  des  Wiener-Haftens  noch  vor  Walthers  Abschied  vom  Wiener 
Hof  anzusetzen  sind/^uncTda  nun  schon  der  älteste  derselben  erst  gegen 
Ende  August  abgefasst  sein  kann,  so  ist  die  Anwesenheit  Walthers  beim 
Krönungsfeste  am  8«  September  1198  absolut  ausgeschlossen. 

Demnach  hat  Walther  erst  1199  den  Wiener  Hof  verlassen,  um  1  ;n 
sein  Glück  beim  jungen  Stauferkönig  Philipp  zu  versuchen.  ^ 

Ich  wende  mich  nun  zu  L.  20;  4^15  Pf.  99  nämlich  zum  Spruche 
über  den  Thüringer  Hof:  Der  in  den  8ren  Hech  van  ungesükte  «t. 

Die  Zeit,  in  die  dieser  Spruch  fallen  soll,  wird  von  den  Forschem 
sehr  verschieden  angegeben.  Während  ihn  Lachmann  und  Simrock  in 
die  Zeit  versetzen^  in  der  Hermann  von  Thtlringen  sich  zum  zweiten 
Mal  Philipp  unterwarf,  mithin  nach  dem  17.  September  1204,  und  ihn 
als  einen  vorübergehenden  Besuch  auffassen,  beziehen  ihn  Uhland,  von 
der  Hagen,  Wackemagel,  Kurz  in  seiner  Literaturgeschichte  und  Kara- 
Jan  *)  auf  eine  spätere  Zeit  und  betrachten  ihn  als  Ergebnis  längerer 
Erfahrungen  Walthers  am  Thüringer  Hof*^).  Allein  die  Gründe,  die 
ftar  den  ersten  der  beiden  Ansätze  beigebracht  werden  können,  sprechen 
in  gleicher  Weise  auch  ftbr  die  Einreihung  des  Spruches  zu  1199—1203, 
nur  dass  für  die  letztere  Annahme  noch  einige  gewichtige  Gründe  dazu 
kommen;  der  zweite  Ansatz  wird  aber  durch  den  Inhalt  der  Strophe 
vollständig  ausgeschlossen.  Abweichend  von  diesen  beiden  Ansichten 
glaubt  Rieger***)  p.  9  ff.,  dass  Waliher  in  der  Zeit  zwischen  seinem 
Abschied  vom  Wiener  Hofe  und  seiner  Annahme  bei  Philipp  einen 
Versuch  gemacht  habe,  auf  der  Wartbui^  anzukommen.  Erst  als  er 
des  Dringens  müde  war,  habe  er  Philipp  aufgesucht,  „dem  er  viel- 
leicht von  Anfang  zu  wenig  Liebe  zur  Dichtung  zugetraut 
hatte,  und  erreichte  zu  Mainz  das  Ziel  seiner  Wünsche.^ 

An  Philipps  Hofe,  meint  Rieger^  wo  nach  seiner  Ansicht  der  Spruch 
vorgetragen  wurde,  war  es  natürlich  ein  dankbares  Geschäft, 
den  aufOtto's  Seite  stehenden  Landgrafen  zur  Zielscheibe 
des  Humors  zu  machen.    Und  da  dürfe  es  auch  nicht  irren,    daß 


*)  Ober  zwei  Gedichte  Walthen  y.  d.  V.  Wien  1861. 
*^)  GeoAae  Angabe  der  Ldterator  sa  diesem  Sprache  bei  Meniel  a.  a.  O.  136  ff. 
**•)  Das  Leben  Walthers  y.  d.  V.  Giessen  1863. 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  V.  D.  VOGELWEIDE.     155 

der  Dichter  sagt  um  ich  niht  me  dringen  mac  und  nicht  mohte: 
denn  er  erklärt  damit^  daß  ihm  nicht  nur  damals,  sondern 
auf  die  Dauer  die  Lust  dort  zu  dringen  vergangen  sei. 

Mit  weitem  Worten  die  gänzliche  Unhaltbarkeit  dieser  drei  selt- 
samen Behauptungen^  von  denen  die  zweite  sogar  geeignet  wäre,  Wal- 
fliers  Charakterbild  zu  verunstalten^  nachzuweisen,  erachte  ich  fdr  voU-j 
ständig  tlberfltlssig. 

Die  Unrichtigkeit  des  ganzen  chronologischen  Ansatzes  wird  sich 
übrigens  aus  den  später  folgenden  AusftLhrungen  über  die  Chronologie 
der  Sprüche  des  Wiener  Hoftones  ergeben. 

Eine  Variante  zu  Rieger  gibt  Menzel  S.  137,  der  in  dem  Spruche 
unter^anderm  „einen  stark  gewürzten  Bericht  an  den  König  über  das 
Verhalten  eines  seiner  wichtigsten  Anhänger^  sieht. 

Allein  gegen  die  ganze  Auffassung  Menzels  spricht ,  abgesehen 
von  der  innem  unhaltbarkeit  seiner  Begründung,  erstens  der  Umstand, 
daß  Walther  zuerst  unter  den  Minnesängern  mit  besonderm  Nach- 
druck  die  miüe  als  herrlichste  Fürstentugend  stets  gerühmt  hat  und 
zu  deren  i'flege  die  Fürsten  fort  und  fort  au£fordert,  so  daß  es  fast 
undenkbar  erscheint ,  daß  er  diesmal  seinen  Grundsätzen  untreu  ge- 
worden sein  und  dem  Landgrafen  einen  Vorwurf  eben  seiner  Freigebig- 
keit wegen  gemacht  haben  soll. 

Zweitens  spricht  der  klare  und  einfache  Wortlaut  des  Spruches 
selbst  deutlich  genug  gegen  die  gezwungene  Erklärung  Menzels;  da- 
nach gibt  uns  derselbe  „eine  sehr  anschauliche  Schilderung  vom  Hof- 
halte^ in  Eisenach,  dessen  Gedränge  dem  Dichter  zwar  nicht  behagtCi 
was  ihn  jedoch  nicht  beirrte,  dem  Landgrafen  Hermann  seiner  Milde 
wegen  das  vollste  Lob  zu  spenden  *), 

Als  feststehend  in  Bezug  auf  diesen  Spruch  erachte  ich  Folgen- 
des:   1.  Er  ist  verfaßt  naeh  dem  Weihnachtsfeste  1199  und  vor  dem 


Frtihling  1203,  wo  der  Abfall  Hermann8_von  Philipp  erfolgte.   Darauf 
weist  mit  Bestimmtheit  „der  Ton^  hin. 

2.   Er  bezeugt  uns  einen  vorübergehenden  Besuch  des  Dichters 
am  Eisenacher  Hof  und  zwar,   nachdem  er  bereits  zu  Philipp  in  ein^ 
dienatlicbep  Verhältnis  ♦♦)  getreten  und  die  Noth  von  der  er  L.  1&.  &9  ff. 
Pf.  98:  Dd  Friderieh  Hz  Osterrich   aisd  gewarp   spricht,    gehoben  war. 


*)  Vgl  Uhland :  Walther  y.  d.  V.  Stattgart  und  Tabingen  1822  p.  40. 
**)  ^fi>l*  Bieger  1.  c.  p.  24:  ^Solche  DieostverhUtnisse  schlössen  den  gelegent- 
lichen Besuch  befireundeter  Höfe  nicht  ans.'' 


156  A.  NAGELE 

Denn  nur  so  läßt  es  sich  leicht  erklfiren,    daß   der  firüher  heimatlose 
Sftnger  nicht  mehr   „drm^^  mochte ,   weil  er  eben  keine  Nöthigang 
:,  dazu  hatte ,  indem  ftr  ihn  bereits  gesorgt  war. 

Und  an  diesen  Hof  verlege  ich  auch  den  letzten  Sprach  dieses 
7A^  Tones  L.  19,  17  ff.  Pf.  101 :  PkOippes  kOnec  die  nähe  sp^enden  zOient 
dich,  denn  iM^n^^Hsgmsam  war^  der^  Bestechong  in  sehr  hohem 
GrAdt^  zng^jigljclij  war  geradezu  unersättlich  und  pflegte  stets  jenem 
Könige  sich  zuzuwenden,  von  dem  er  augenblicklich  größere  Vor- 
iheile  erwartete.  Aus  diesem  Grunde  glaube  ich  den  Spruch  als  eine  x 
Mahnung  an  PhUipp  auffassen  zu  soUen,  durch  Freigebigkeit  den  Land-  1 
grafen  und  dessen  stolze  Helden  inniger  an  sich  und  sein  Interesse  zu 
fesseln.  ' 

Zu  Eisenach  sah  Walther  in  deutlichster  Weise,  welche  Früchte 
die  Milde  dem,  der  sie  übt,  bringe,  denn  Hermann  hielt  durch  seine 
Freigebigkeit  ganze  Scharen  stolzer  hdden^  der  iegesUeher  wcl  ein 
hempfe  toaere,  in  seiner  Nähe  fest. 

Als  wahrscheinlich  dürfte  sich  noch  weiter  unten  herausstellen, 
dass  die  Sprüche  „des  ersten  Philipps-Tones^  nicht  über 
den  Sommer  des  Jahres  1200  hinausreichen. 

Aus  den  vorausg^angenen  Untersuchungen  ergibt  sich  für  die 
chronologische  Anreihung  dieser  Sprüche  folgendes  Schema:  L.  19,  5  ff.; 
18,  29  ff.;  19,  29  ff;  20,  4  ff.;  19,  17  ff.  Pf.:  100,  97,  98,  99,  101.  Doch 
kann  L.  10,  17  ff.  Pf.  101  natürlich  auch  vor  L.  20,  4  ff.  Pf.  99  gesetzt 
werden. 

Das^JjJir  120Q  war  ftU*  PhUipp^kein  ^ücWdb^  Der  Tod  seines 
Bruders  Otto,  des  Pfalzgrafen  von  Bnrgund,  der  verlustvolle  Angriff 
auf  Braunschweig,  die  Vereitlung  der  EViedensnnterhandlungen  durch 
den  Tod  des  einflussreichen  Mainzer  Erzbischofs  Eonrad,  der  Abfall 
der  Bisthümer  Lflttich  und  Münster,  die  immer  feindseliger  sich  gestal- 
tende Haltung  des  Papstes  mochten  bei  Philipp  und  seinen  Getreuen 
gar  schwere  Sorgen  um  die  künftige  Lage  der  Dinge  in  Deutschland 
erregen.  Die  Zustände  des  Jahres  1200  waren  für  Philipp  viel  be« 
denklicher  als  die  des  Jahres  1198,  wo  er  mit  frischer  Kraft  und 
frohen  Muthes  den  Kampf  um  Deutschlands  Krone  begonnen  hatte. 
Sie  waren  auch  viel  trauriger  f)ir  das  Land  selbst,  denn  bereits 
durch  drei  Jahre  hatte  der  verheerende  Bürgerkrieg  ringsum  in  seinen 
Gauen  gewüthet  und  die  Gestaltung  der  Verhältnisse  in  der  zweiten 
Qälfte  des  Jahres  1200  ließ  nicht  absehen,  wann  diese  unseligen  Zu- 
stände ihr  Ende  nehmen  sollten. 


/ 


ZOB  CHBONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  V.  D.  VOGELWEIDE.     157 

In  diese  trttbe  Zeit  setze  ich  Walthers  berühmten  Sprach  Ich 
9az  üf  eime  steine,  aus  dem  uns  so  wehmüthig  und  eindringlich,  ^eich 
den  Worten  des  alttestamentUchen  Sehers,  seine  Ellage  entgegentönt 
um  des  Vaterlands  Verfall. 

Ich  komme  somit  zur  chronologischen  Anreihung  der  Sprüche  des 
^Reichstones"^  welche  Bezeichnung  wir  dem  glücklichen  Griffe  eines 
genialen  Forschers  verdanken.  Dahin  gehören:  L.  8,  4 — 27;  8,28 — 9, 
15;  9, 16— 39;  Pf.  8r,  81°   81™. 

Alle  drei  Sprüche  sind  von  hoher  dichterischer  Schönheit,  zeugen 
von  großem  politischen  Scharfblick  und  setzen  voraus,  daß  der  Dichter    ^ 
selbst  mitten  in  -den  Verhältnissen ,  die  er  schildert,  sich  befand.  ^ 

Wie  läßt  sich  nun  mit  dieser  unbestreitbaren  Thatsache  verein!- 
gen,  daß  Walther  zwei  dieser  Sprüche  im  Frühjahr  1198  und  an  den 
östlichen  Marken  des  Reiches,  am  entlegenen  Wiener  Hof  verfaßt 
haben  soll?  Wie  Pallas  Athene  gewappnet  aus  Ejx>nion8  Haupt  her-  / 
voi^engy  so  müßte  Walther  urplötzlich  als  vollendeter  politischer 
Dichter  y  als  der^r  in  den  drei  Sprücltfiia .  unbezweife)t  ^erscheint,  da- 
gestanden  sein;  mit  einem  einzigen  Schritte  wäre  er  demnach  ans  dem  ^ 
engen  Kreise  des  Minnesangs  auf  die  Weltbühne  hinausgetreten.  ' 

Wenn  die  ernste,  kritische  Forschung  sich  mit  einem  Dens  ex 
machina  verträgt,  dann  und  nur  dann  ist  die  Ansicht  haltbar,  daß  die 
Sprüche  des  Reichstons  in  den  Frühling  1198  zu  verlegen  sind. 

Ich  denke  mir  aber  den   Gang  der  Dinge  in  folgender  Weise. 
Walther  harrte  mit  Sehnsucht  der  Rückkehr  seines  ftlrstlichen  Oönners,  { 
Friedrichs  des  Katholischen,  wodurch  sein  Aufenthalt  am  Wiener  Hof 
gesichert  gewesen  wäre.    Da  kam  im  Mai  1198  die  erschütternde  Nach-  / 
rieht  von  seinem  Tode,    die  alle  Pläne  Walthers  durchkreuzte.    Noch 
machte  er  Anstrengungen ,  Leopoldsjdes  Glorreichen  Ghmst  zu  erwer-  /^ . 
ben,  aber  bald  überzeugte  er  sich  von  deren  Erfolglosigkeit,  was  ihn 
veranlaßte,    nach  einem  andern  Heim  auszublicken,    und  da  fiel  sein 
Auge   auf  König  Philipp,    den   Sohn  Barbarossa's,  den  Bruder  Hein- 
rich VI.,    unter  denen  er  das^aiserthum  in^einem  höchsten.  Glänze 
geschaut    Und  da  entstand  WalÄers  erster  politischer  Spruch  ,L.  25,  >*•  *' 
11  ff.  Pf.  85,  wodurch  er  sich  Philipp  zu  empfehlen  hoffen  durfte.  Der 
letzte  Versuch^    am  Wiener  Hofe  verbleiben  zu  dürfen,    scheiterte  — 
Walther  zog  an  den  Hof  Philipps,  wo  wir  ihn  Weihnachten  1199  finden. 
Doch  von  diesen  allgemeinen  Bemerkungen  will  ich  nun  auf  die  chro- 
nologische Bestimmung  der  einzelnen  Sprüche  dieses  Tones  übergehen 
und  hoffe  auch  da  manche  Gründe  beibringen  zu  können,  welche  ge- 
gen die  Einbeziehung  derselben  in  das  Jahr  1198  sprechen« 


158  A.  NAGELE 

Von  den  drei  bezeichneten  Sprüchen  gibt  L.  9,  16  ff.  Pf.  81'"  die 
meisten  Anhaltspunkte  ftlr  eine  chronologische  Fixierung  und  wol  aus 
dem  Gh*unde  hat  er  auch  die  verschiedensten  Ansätze  erfahren*). 
Unter  allen  diesen  hat  heute  der  von  Abel  **)  aufgestellte  ziemlich 
allgemeine  Qeltung.  Danach  gehört  L.  9,  16  ff.  Pf.  81™  in  das  Jahr  V . 
1201,  als  Innozenz  IH.  den  Bannfluch  gegen  Philipp  und  dessen  An- 
hänger geschleudert  hatte. 

Es  liegt  nun  die  Annahme  ganz  nahe,  daß  auch  die  beiden  an- 
/n.  dem  Sprüche  des  Reichstones,  die  L.  9,  16  ff.  Pf.  81™  formell  und  in- 
haltlich so  innig  verwandt  sind,  in  eine  Zeit  gehören,  welche 
dem  Jahre  1201  möglichst  nahe  gerückt  erscheint.  Was  nun 
die  Chronologie  des  Spruches  L.  8,  4  ff.  Pf.  81'  betrifft ,  so  mangelt  es 
da  vollständig  an  Anhaltspunkten  irgend  welcher  Art,  auf  Grund  deren 
man  ihn  in  ein  bestimmtes  Jahr  verweisen  könnte.  Nur  das  Eine 
steht  fest,  daß  er  den  Zeiten  des  Bürgerkrieges,  der  Deutschland  zu 
Ende  des  12.  und  zu  Beginn  des  13.  Jahrh.  zerriss,  angehört  und  da 
eher  auf  die  Verhältnisse  des  Jahres  1200  als  auf  die  von  1197—98 
paßt,  indem  die  Zustände,  wie  sie  der  Dichter  schildert,  1197 — 98  erst 
in  der  Entwicklung  begriffen  waren. 

Der  zweite  Spruch  L.  g,  28  --  9,  15  Pf.  81°  hebt  die  Ohnmacht 

des  deutschen  Königthums  drastisch  hervor  und  endigt  mit  der  Klage : 

ad  wd  dir,  tioachiD  znnge, 

wie  8t6t  din  ordenonge! 

das  nü  diu  iniigge  ir  künec  h&t, 

und  daz  din  6re  alsd  sergät.  y 

bekdr&  dich,  bekdre. 

die  eirkd  sint  m  kSre^ 

die  armen  kUneffe  dringent  dich: 

FhiUppe  Htxe  en  wti$en  ^,  %md  heüt  n  treten  hinder  sich, 

L.  9,  5—16;  Pf.  81  °,  17—24. 

Wir  haben  in  diesem  Citate  drei  Theile  zu  unterscheiden. 

L.  9,  8—11  Pf.  81°  17—20  schildert  die  Zerfahrenheit  der  staat- 
lichen Verhältnisse  Deutschlands.  L.  9,  12,  Pf.  81°  21  enthält  die  Mah- 
nung des  Dichters  zur  Besserung  dieser  Verhältnisse  und  endlich  L.  9, 
13 — 15  Pf.  81°,  22 — 24  weist  auf  deren  Ursache  und  auf  das  Mittel  zur 
Besserung  hin. 

Das  Hauptgewicht  liegt  jedenfalls  in  den  drei  letzten  Versen 
L.  9,  13—15  Pf.  81°,  22—24.    Der  Inhalt  dieser  Verse  ist  folgender: 

*)  Bei  Menzel  a.  a.  O.  121  findet   man   dieselben  ausführlich  veraeichnet  und 
besprochen. 

^)  Haupts  Zeitschr.  IX,  138  C 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  V.  D.  VOGELWEIDE.     159 

Die  Fürsten  sind  zu  mächtig,  dadurch  hat  Deutschland  zaUreiche 
Königlein  {arme  künege)  aber  keinen  König*).  Daher  die  Mahnung 
an  jenen ,  der  den  Namen  eines  deutschen  Königs  führt ,  an  Philipp 
nämlich ,  zum  Namen  auch  die  Macht  und  das  Ansehen  eines  Königs 
zu  gesellen  und  die  Fürsten  in  den  ihnen  gebührenden  Machtkreis  zu- 
rückzuweisen. Die  Ansicht,  es  enthalte  dieser  Spruch  eine  Mahnung 
an  Philipp,  die  Wahl  anzunehmen  oder  sich  krönen  zu  lassen^  läßt 
sich  dem  Wortlaute  desselben  nicht  entnehmen,  abgesehen  davon, 
daß  durch  eine  solche  Erklärung  der  Gehalt  des  Spruches  wesent- 
lich verringert  würde. 

Der  Inhalt  des  Spruches  kehrt  sich  mit  aller  Bestimmttieit  gegen 
die  Annahme,  daß  er  im  Frühjahr  1198  und  am  Wiener  Hofe  gedichtet 
ist.    Er  setzt  eine  klare  und  eingehende  Kenntnis  der  politischen  Zu-/ 
stände  Deutschlands  von  Seite  des  Dichters  voraus,    die  derselbe  am 
besten  an  Philipps  Hofe  sich   aneignen  konnte.     Und  weiterhin  setzt    .   ^ 
der  Spruch^ine  längere  J)auer_von  Philipps  Könjgthum  voraus,  denn  «^»^ 
im  Frühjahre  1198  war  Philipp  erst  gewählt  und  mußte  zunächst  daran  (^^^ 
denken,  sich  allenttialben  Anerkennung  zu  verschaffen  und  gegen  Otto     ^-^ 
sich  zu  behaupten.  In  dieser  Zeit  wäre  ein  Rath  an  Philipp,  die  Fürsten- 
macht zu  Gunsten  der  des  Königs  einzuschränken,    wohl  ganz  fem 
gelegen. 

Auf  Grund  dieser  Erörterungen  kann  demnach  der  Spruch  L.  8, 
28  ff.  Pf.  81"  unmöglich  in's  Frühjahr  1198  verlegt  werden;  in  welche 
Zeit  er  aber  gehört,  läßt  sich  nicht  genau  ermitteln.  Nur  mit  Bezie- 
hung auf  L.  9j  16  ff.  Pf  81™,  der  nach  Abels  Ausführung  in  den  Som- 
mer 1201  zu  setzen  ist**),  können  wir  fto  ihn  1200 — 1201  als  höchst 


/ 


*)  Für  diese  Anffassiing  spricht  auch  L.  9,  7  Pf.  81",  16:  «t  M<Mn<   htrrtn 
Cifide  kneht. 

**)  Für  die  Wahrscheinlichkeit  dieser  Annahme  spricht  namentlich  L.  9,  20  nnd 
21  Pf.  81™,  5—6,  deren  Inhalt  auf  die  Zeit  1198— ISOl  weist,  wo  der  Papst  noch  eine 
zweideutige  Stellung  zum  deutschen  Thronstreit  einhielt ;  femer  L.  9,  80—31  Pf.  81'", 
15^16  durch  den  Hinweis  auf  die  Bannung  Philipps;  weiter  L.  9,  34  Pf.  81™,  19 
verglichen  mit  der  Erzählung  des  Caesarius  von  Heisterbach  zum  Jahre  1800,  womaeh 
Lupoid  Bischof  von  Worms  „tum  pateeret  eeeleHis,  tum  eoemeteriW^.  Auf  das  Jahr 
1198  kann  der  Spruch  nicht  gedeutet  werden,  weil  damals  die  Zustftnde  noch  nidit 
so  waren,  wie  sie  vom  Dichter  dargestellt  werden,  und  weil  dem  Bannfluche  nach  der 
Schilderung  Walthers  eine  Zeit  erbitterten  Kampfes  vorausgieng,  was  auch  den  Hin- 
weis auf  den  eventuellen  frühem  Bann  durch  die  Verse  L.  9,  30,  31  Pfl  81™,  16—16 
ausscbließt.  Gegen  die  Annahme  einer  späteren  Zeit  aber,  wie  Wilmanns  will,  scheint  •  (i^J 
ausser  dem  Inhalt,  der  sich  auf  eine  spätere  Zeit  nur  schwer  beziehen  läßt,  auch  der  v*  ^^^ 
Schlußvers  der  Strophe:  ow^  der  bäbeat  iH  tte  jutie  zu  sprechen. 


160  A.  NAGELE 

wahrscheinlich  annehmen«  Und  wenn  wir  L.  8,  4  ff.  Pf.  81'  als  den 
ftltesten  der  drei  Sprüche ,  wie  dies  gewöhnlich  geschieht ,  betrachten, 
so  durfte  sich  als  Abfiissnngszeit  dieser  Sprttche  Sommer  1200  bis 
Sommer  1201  ergeben. 

Allein  ich  will  diesem  Ansätze  durchaus  nicht  mehr  als  den  Rang 
einer  Vermuihung  zaerkennen,  die  ich  vorläufig  aufrecht  erhalte,  da 
sie  mir  einiger  Gh*undlage  nicht  zu  entbehren  scheint.  Als  gesichert 
betrachte  ich  nur,  4^^  kejper  dey  Sprqf*he  ^d^g  Reichstones"  ins  Jahr 
llflR  yjii\  ^nf  H^p  ^iftTiPir-AnfATj^tuftl^  Walthcrs  bezogen  werden  kann. 

Ich  wende  mich  nun  zur  Chronologie  der  Sprüche  des  ,, Wiener 
Hoftones.**  Ein  Cyclus  von  15  Sprtlchen'^  gehört  diesem  Tone  an, 
wovon  8  ihres  allgemeinen,  meist  ethischen  Inhalts  wegen  sich  einer 
chronologischen  Fixierung  naturgemäß  entziehen.  Von  den  7  übrigen 
Sprüchen  beziehen  sich  3  auf  Angelegenheiten  des  Wiener  Hofes,  2 
auf  bestimmte  Zeiterscheinungen,  einer  auf  eine  Königswahl  und  der 
letzte  endlich  ist  ein  „Beisesegen". 

Die  auf  den  Wiener  Hof  bezüglichen  Sprüche  sind  L.  20,  31  ff. ; 
25,  26  ff;  24,  83  ff  Pf.  82,  83,  86. 

Bereits  Sjmrock  hat  in  scharfiiinniger  Weise  auf  das  Abhängig- 
keitsverhältnis,  in  welchem  L.  24,  33  ff.  Pf.  86  zu  L.  25,  26  ff.  Pf.  83 
steht,  hingewiesen. 

Bei  L.  25y  32  ff  Pf.  83,  7  heiflt  es  nämlich: 

Man  gap  da  nikt  M  dxisee  pfmideD, 
WIM!  lüber,  als  ts  waere  fonden, 
Ipsp  man  bin  und  ilehe  wftt 


ore,  ab  ob  es  lember  waeren, 
tU  maneger  dan  gefaeret  hftt. 

Damit  ist  nun  zu  ver^eichen  L.  25,  7 — 8  Pf.  86,  12 — 13 : 

golt|  lilber,  res  und  dar  zuo  kleider 
diu  gab  ieh  onde  hSte  oaeh  md, 

woraus  sieh,  wie  Simroek  bemerkt^  „eine  fast  wörtliche  Beziehung^ 
zu  dar  oben  citi^iten  Stelle  ergibt  Dadurch  ist  in  ganz  unzweideu- 
tiger Weise  dargethan,  daß  L.  24^  32  ff.,  Pf.  86  in  eine  spätere  Zeit 
fallen  muß  als  L.  25,  26  ff  Pf.  83.  Ich  kann  daher  L.  24,  33  ff.  Pf.  86 
vorläufig  außer  Acht  lassen  und  gehe  nun  daran  die  Zeit  festzustellen, 
in  der  L.  20,  31  ff.  Pf.  82  und  L.  25,  26  ff  Pf.  83  entstanden  sind. 

")  Wenn  man  L.  148  sa  26,  2  PC  89  ebcofiJls  Wahher  svtehreibeii  will. 


ZUR  CHH0N0L06IE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  V.  D.  VOGELWEIDE.     161 

WeDn  wir  diese  beiden  Sprüche  vergleichen,  so  finden  wir,  daß 

Walther' in  dem  einen  L.  25,  26  ff.  Pf.  83  die  übergroße  Milde  des 
österreichischen  Fürsten  jubelnd  preist  und  zwar  so ,   daß  daraus  mit 

voller  Klarheit  sich  ergibt,  daß  Walther  selbst  unter  denjenigen  war, 
die  des  Fürsten  reichliche  Gaben  genossen.  Das  bezeugen  aufs  be- 
stimmteste des  Sängers  eigene  Worte: 

Ob  ieman  spreche,  der  nü  lebe 

daz  er  gesshe  ie  groezer  gebe 

als  wir  ze  Wiene  haben  dur  dre  enpfangen? 

ezngalt  d&  nieman  siner  alten  schulde: 
daz  was  ein  minneclicher  r&t. 

Zwar  preist  auch  L.  20,  31  ff.  Pf.  82  des  ßirsten  miUe  üz  Osterriche^ 
allein,  wie  wir  leicht  sehen  werden,  in  wesentlich  verschiedener  Weise. 

Die  Ansicht  Simrocks,  es  beziehe  sich  dieser  Spruch  auf  Fried-   ^ 
rieh  den  Katholischen,    ist  wohl  längst  aufgegeben.     Das  innige  Ver- 
hältnis Walthers  zu  Friedrich,  dessen  Tod  er  L.  19,  29  ff.  Pf.  98  so  tief 
betrauerte^    läßt   diese  Annahme   als  geradezu  unmöglich  erscheinen. 
Unzweifelhaft  ist  er  an  Leopold  VII.   den^Glorreichen  gerichtet  und  /^i 
zwar   zu   einer  Zeit,    da   dieser  bereits  Herzog  von  Osterreich  war. 
Am   17.  August  1198  stellte   nach  Meiller  Reg.  Nr.  5,  p.  81  Leopold 
die    erste   Urkunde   als   dux  Austriae  et  Stiriae   aus.     Daher    müßte 
dieser  Spruch  wohl  erst   nach    dieser  Zeit  entstanden   sein,    da   man 
allgemein  annimmt,  daß  Leopold,    als   er   zu  Plattling  an  der  Straße  \ 
zwischen  Passau  und  Regensburg  die  erwähnte  Urkunde  ausstellte,  auf  : 
der  Rückreise  vom  Hofe  König  Philipps,  wo   er   belehnt  worden  war, 
sich  befand.  ; 

In  sinnreicher  Weise  haben  mehrere  Forscher  diesen  Spruch  als 
den  letzten  Versuch  Walthers  aufgefaßt,  des  Herzogs  Leopold  Ghinst 
zu  gewinnen  und  an  dem  wünnecUchen  hof  ze  Wiene  einen  bleibenden 
Aufenthalt  zu  finden. 

Dass  des  Dichters  Wunsch  wirklich  dahin  abzielte,  erhellt  aus 
L.  18^5  ff.  Pf.  98,  wo  Walther  an  die  Schilderung  der  Trauer,  in  die 
ihn  Friedrichs  so  ganz  unerwarteter  Tod  versetzt  hatte,  die  aus  freu- 
dig erregtem  Gemüthe  quellenden  Worte  anschließt : 

ich  bin  wol  ze  fiure  komen  u.  s.  w. 

Und  daraus  erfahren  wir  auch  zugleich,  daß  auch  dieser  letzte  Ver- 
such des  Dichters  gescheitert  sein  muß,  worauf  er  wohl  zum  Wander- 
stab griff,  um  bei  König  Philipp  sein  Glück  zu  versuchen,  dem  Für- 
sten,   der   dem  Geschlechte   der  Staufer   entsprosaeiL  ^%^T^ 

(GERMANIA.  Nene  Belli«.  XU.  (XllV.  Jahrg.)  W 


162  A.  NAGELE 

das  nicht  nur  die  Sangeskunst  begünstigte    und    förderte, 
sondern  sie  auch  selbst  übte. 

Eine  genauere  Bestimmung  dieser  Zeit  wird  sich  noch  später 
ergeben. 

Ich  komme  nunmehr  zum  Spruche  L,  25,  26  ff.  Pf.  83.  Für  die  '^  * 
Feststellung  der  Chronologie  dieses  Spruches  ist  vor  allem  der  Vers 
L.  25,  29  Pf.  83,  4:  man  sack  den  jungen  filrsten  gehen  vom  größten 
Belange.  Der  Ausdruck  junget'  förste  schließt  ganz  bestimmt  aus,  daß 
der  Spruch  während  des  zweiten  Aufenthaltes  zu  Wien  1217 — 1220 
entstanden  sein  kann,  denn  damals  bekleidete  Leopold  „der  Glorreiche^ 
bereits  19 — 22  Jahre  die  österreichische  Herzogswürde. 

Man  hat  daher  diesen  Spruch  auf  das  Fest  der  Schwertleite  1200 
oder  auf  das  Hochzeitsfest  aus  Anlaß  der  Vermählung  Leopolds  mit 
Theodora-Komnena,  der  Nichte  des  griechischen  Kaisers  Alexius,  vom 
Jahre  1203  bezogen. 

Eben  wegen  des  Ausdruckes  junger  fürste  neigten 
die  meisten  Forscher  sich  der  erstem  Ansicht  zu.  Damit 
aber  diese  Vermuthung  auf  irgend  eine  Geltung  Anspruch  erheben 
könnte,  nittßte  vorerst  jiachgewiesen  werden,  daß  Walther  im  Jahre 
120Q_ÄUchj?^iijyick-iE_Wie^  anwesend  war.  Der  Nachweis  filr  diese 
<  Anwesenheit  Walthers  ist  nun  aber  von  keiner  Seite  erbracht  worden. 

Ich  werde  im  Laufe  der  Untersuchung  darthun,  daß  die  Gegen- 
wart Walthers  am  Wiener  Hofe  für  die  angegebene  Zeit,  wenn  nicht 
vollständig  ausgeschlossen,  so  doch  im  höchsten  Grade  unwahrschein* 
lieh  ist. 

Aber  auch  auf  die  Festlichkeit  des  Jahres  1203  kann  dieser  Spruch 
nur  schwer  bezogen  werden;  denn  im  Jahre  1203  war  Leopold  mehr 
als  5  Jahre  Herzog  von  Osterreich,  also  kaum  mehr  als  ein 
junger  Fürst  zu  bezeichnen. 

Man  wird  daher  sicher  jenem  Ansätze  den  Vorzug  vor  allen  an- 
dern einräumen,  der  den  Spruch  mit  annehmbaren  Gründen  in  eine 
frühere  Zeit  zu  weisen  vermag.  Und  ein  solcher  Ansatz  ist  unschwer 
zu  geben. 

Unter  dem  Feste,   das  uns  der  Dichter  als  ein  so  überaus  glän- 

I  zendes   darstellt ,    haben  wir  wohl   die  Huldigungsfeierlichkeiten   nach 

j  der  Rückkchr_Leopolds  von  seiner  Belehnung  im  Herbste  1198  zu  ver- 

j  stehen.    Auf  diese  Zeit  paßt,  wie  auf  gar  keine  andere,  der  Ausdruck 

1   junger  Fürst". 

Als  einen  der  Gründe,  die  es  wahrscheinlich  machen  sollen,  daß 
sich   der   Spruch   auf   das  Hochzeitsfest   des  November  1203   beziehe, 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  V.  D.  VOGELWEIDE.     163 

fuhrt  Wackemell  a.  a.  O.  S.  82  folgendes  an:  »Der  Dichter  zählt 
sich  selbst  zu  den  gemden  und  zwischen  gemdm  und  variiden  ist 
kein  Unterschied  (vgl.  Rieger  p.  10);  er  hatte  somit  damals 
keinen  ständigen  Aufenthalt  in  Wien  und  das  Gedicht  muß 
sich  auf  Leopold  beziehen^  da  er  unter  Friedrich  Wien  nie  ftlr  längere 
Zeit  verlassen  hatte^. 

Allein  diese  Ausführung  trifft  nicht  durchweg  das  Richtige;  denn 
bei  L.  25,  28  Pf.  83,  3  sagt  der  Dichter: 

als  wir  ze  Wiene  haben  dur  dre  enpfangen 

und  bei  L.  25,  35  Pf.  83,  10  heißt  es : 

euch  hiez  der  fiirste  durch  der  geraden  hulde 
die  malhen  von  den  stellen  laeren. 

Offenbar  ist  hier  ein  Gegensatz  zwischen  den  gemden  d.  i. 
vaimden  und  den  übrigen,  die  ebenfalls  betheilt  wurden,  aber  eben 
keine  vamde  waren,  ausgedrückt. 

Allein  der  Ansatz  des  Spruches  zum  Jahre  1203  erhielt  nur  da- 
durch eine  größere  Bedeutung,  daß  Zingerle*)  die  Stelle  in  den  Reise- 
rechnungen Wolfger's  von  Ellenbrechtskirchen :  „Sequenti  die  apvi  Zeize- 
[mumm]  Walthero  cantori  de  Vogelweide  pro  peUicio  v,  soL  longoa**  auf  das 
Jahr  1203  beziehen  zu  sollen  glaubte. 

Nun  hat  aber  Winkelmann  **)  wahrscheinlich  gemacht,  daß  die 
erwähnte  Stelle  besser  in's  Jahr  1199  paßt,  wodurch  der  Abschied 
Walthers  vom  Wiener  Hofe  fast  auf  den  Tag  bestimmt  wäre.  Wenn 
Walther  um  Martini  1199  Wien  verließ^  so  kam  er  immer  noch  früh 
genug,  um  an  Philipps  Hofe  das  Weihnachtsfest  zu  Magdeburg  zu  feiern. 

Ich  betrachte  nun  L.  25,  26  ff.  Pf.  83  als  den  ältesten  Spruch 
des  Wiener  Hoftones,  den  der  Dichter  dem  jungen  nach  Wien  zurück- 
kehrenden Fürsten,  Leopold  dem  Glorreichen,  zu  Ehren  erfunden  hat. 

Wackernagel  und  Rieger  setzen  zwar  p.  11  den  Spruch  L.  22, 
3 — 17  Pf.  87  als  ersten  Spruch  des  Wiener  Tones  und  M.  Rieger  a.  a. 
O.  p.  7  erklärt  ihn  als  den  religiösen  Weihespruch  des  ganzen  Tones; 
allein  sie  selbst  deuten  durch  ihre  Anordnung  W.  u.  R.  p.  11 — 14  an, 
daß  dieser  Spruch  mit  Lachmann  20,  16—30  Pf.  90  und  L.  22,  18—32 
Pf.  91  zusammengehört  ***).  Alle  drei  gehören  aber  doch  wohl  eher  der 

*)  Germania  21, 193  ff.  Die  Ausgabe  der  „Beiserechnongen**  selbst  stand  mir 
leider  nicht  zur  Verfügung. 

*♦)  Germania  23,  236  ff. 
*»*)  Den  dritten,   den  sie  daher  beziehen  L.  148  an  26,  2  Pf.  89  gedenke  lob 
anders  einzureihen. 


i  1 


164  A.  NAGELE 

Zeit  an,  wo  das  Leben  am  Wiener  Hofe  in  Folge  weiter  unten  zu  er- 
örternder Ereignisse  einen  mehr  düstern  Charakter  erhielt  und  sind 
demnach  Ergüsse  der  trüben  Gemüthsstimmung  des  Dichters,  der  vom 
Treiben  der  Welt  sich  abwandto  und  mehr  in  sich  gekehrt  verharrte. 

Ich  komme  nun  zu  L.  24,  31  ff.  Pf.  86.  Rieger  a.  a.  0.  p.  28  be- 
merkt zum  Ansätze  Lachmanns,  Wackernagels  und  Simrocks,  die  ihn 
auf  1198  auf  die  Trauer  nach  Herzogs  Friedrichs  Tode  beziehen,  mit 
Recht:  „Er  (Walther)  klagt  nur  über  die  Entbehrung  eines  lustigen 
Lebens  und  würde  bei  einem  solchen  Anlasse  ebenso  wenig  persönliches 
Gefühl  für  den  Hingeschiedenen,  als  allgemeines  Schicklichkeitsgefühl 
verrathen". 

Allein  der  Verlegung  des  Spruches  auf  das  Jahr  1217,  wie  sie 
von  Rieger  a.  a.  O.  befürwortet  wird^  kann  ich  nicht  beipflichten «  in- 
dem ich  ihn  auf  die  zerrütteten  Verhältnisse  dos  Wiener  Hofes  beziehe, 
die  das  Resultat  des  Grenzkrieges  zwischen  Osterreich  und  Ungarn 
1198  auf  1199  waren.  Um  diese  Zeit  hatte  sich  Leopold  des  zu  ihm 
geflüchteten  ehrgeizigen  Andreas^  des  jungem  Sohnes  Bela's,  gegen 
den  schwachen  Emerich  angenommen,  und  bald  brachen  alle  Greuel 
des  ungarischen  Bürgerkrieges  auch  auf  das  österreichische  Grenzge- 
biet herein.  Daß  da  das  Leben  am  Wiener  Hofe  ein  sehr  trauriges 
war,  können  wir  leicht  ermessen  und  so  wird  uns  des  Dichters  Klage 
verständlich,  ohne  daß  wir  genöthigt  sind,  dieselbe  als  eine  unedle 
oder  unschickliche  zu  bezeichnen. 

Danach  ist  dieser  Spruch  auch  in  die  Zeit  nach  der  Abfassung 
der  Strophe  L.  25,  26  —  26,  2  Pf.  83  gerückt  —  also  auch  in  dieser 
Hinsicht  kein  Hindernis.  Und  gewiß  ist  auch  die  offenbare  Beziehung 
der  Strophe  L.  25,  7-8  Pf.  86,  12-13  zu  L.  25,  32—38  Pf.  83,  7-13 
viel  leichter  zu  erklären,  wenn  beide  Sprüche  ziemlich  nahe  aneinan- 
der gereiht  werden  i  als  wenn  man  eine  Zwischenzeit  von  14 — 19  Jahren 
annimmt.  Weiter  ist  es  sehr  mißlich,  sich  der  Ansicht  anzuschließen, 
daß  Walther  nach  einer  so  lani^en  Zeit  noch  den  alten  Wiener  Hofton 
angewendet  hätte.  Ich  glaube  diese  Ansicht  läßt  sich  schwer 
mit  der  hohen  Meinung  über  Walthors  Kunst  vereinen. 

Ich  gehe  nun   auf  die  beiden  Sprüche  L.  21^25  —  22,  12  Pf.  84?^  : 
und  L.  148  zu  26,  2  Pf.  89  über,  welche,  wie  bereits  erwähnt,  auf  be- 
stimmte Zeitereignisse  hinweisen. 

W.  Wackemagel  (Simrock's  Übersetzung)  II,  109  bezogL.  21,  25  ff. 
Pf.  94  auf  den  großen  Sturm  des  Jahres  1227,  Köpko  auf  Grund 
der  beiden  Verse  L.  21,  34 — 35  Pf.  84,  10 — 1 1  deutete  ihn  gar  auf  die 
VeriifiltiuBse  des  Jahres  1234.    Dagegen  hat  Abel  (bei  Haupt  9,  141  ff.) 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  V.  D.  VOGELWEIDE.     165 

nachzuweisen  versucht^  daß  der  Spruch  auf  das  Jahr  1207  zu  beziehen 
ist,  weil  von  diesem  Jahre  die  Chronisten^  namentlich  Csesarius  von 
Heisterbach,  „fast  ganz  übereinstimmend  mit  Walther,  von  seltsamen 
Zeichen  am  Himmel  erzählen''  *). 

Die  Übereinstimmung  besteht  aber  nur  darin,  daß 
„diese  Zeichen  mit  der  hl.  Schrift  und  der  herrschenden 
Untreue  jener  Zeit  in  Verbindung"  gebracht  werden**). 

Wann  aber,  frage  ich,  ist  das  nicht  geschehen  ?  Oder  ist  es  nicht 
auch  noch  heutzutage  unter  dem  Volke  Sitte,  die  außergewöhnlichen 
Erscheinungen  und  Vorfälle  derartig  zu  verwerthen? 

Mit  vollem  Recht  bemerkt  daher  Wackerngll  S.  70,  daß  man  auf 
Grund  dessen  den  Spruch  ebenso  gut  auf  das  Jahr  l^^^beziehen  könne, 
wie  dies  von  T^ilmanns  Ausg.  51,  181  und  Thurnwald  ***)  p.  10  ge- 
schieht f),  da  eben  auch  zum  Jahre  1198  ähnliche  Zeichen  und  Er- 
scheinungen von  den  Chronisten  berichtet  werden.  Daß  er  aber  über- 
haupt auf  1207  nicht  bezogen  werden  kann,  sondern  lediglich  auf  1198 
resp.  1199,  hat  Wackerneil  bis  zur  Evidenz  a.  a.  0.  p.  71  nachgewiesen 
theils  durch  den  Fingerzeig  auf  L.  22,  1,  Pf.  84,  14:  gewalt  gSt  üfj 
reht  V01'  geinhte  swindety  was  wohl  vollständig  auf  die  vorerwähnte 
Zeit,  nicht  aber  auf  1207  paßt,  theils  aber  auch  durch  den  Hinweis 
auf  die  günstige  Gestaltung  der  staufischen  Sache,  wie  sie  sich  1207 
zeigt,  was  Walther  zum  Jubel,  nicht  aber  zu  so  ernster  Klage  stim- 
men mußte. 

Wackerneil  hat  dann  noch  weiter  den  engen  Gedankenzusammen- 
hang, in  welchem  dies  Gedicht  mit  L.  20,  16—39  Pf.  90  und  L.  22, 
18 — 32  Pf.  91  steht,  hervorgehoben  und  hat  diesen  Umstand  ganz  richtig 
zu  Gunsten  seines  chronologischen  Ansatzes  verwerthet.  Aber  auch 
andere  Sprüche  dieses  Tones  stehen  in  inniger  Verbin- 
dung mit  L.  21,  25  ff.  Pf.  84  und  zwar,  wie  bereits  Pfeiffer  bemerkt 
hat,  zunächst  L.  148  zu  26,  2  Pf.  89,  ferner  L.  21,  10—24  Pf.  92  und 
L.  23,  26,  ff.  Pf.  95  und  gehören  daher  offenbar  in  dieselbe  Zeit. 

Was  L.  24,  18 — 32  Pf.  88  anlangt,  so  stimme  ich  vollständig  den 
Worten  Wackerneils  1.  c.  74  bei,  „daß  das  Gedicht  nirgends  treffender 
als  zum  Abschied  vom  Wiener  Hof  passe". 


•)  Vgl.  Wackerneil  a.  a.  O.  70. 
**)  Menzel  1.  c.  145. 

**♦)  XIV.  Jahresber.  d.  Wiedner  Comm.  Oberrealsoh.  in  Wien. 
f)  Simrock   bezieht   ihn  zwar  ebenfalls  hieher,    nicht  aber  auf  die  Ereig^nisse 
der  Zeit,  sondern  betrachtet  ihn  als  eine  Variation  der  „Vat,  Vol.   Vindic,'* 


166      A.  NAGELE,  ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  etc. 

Dahin  haben  es  auch  Schrott  und  Wilmanns  schon  früher  bezogen. 

Hiemit  bleibt  noch  ein  Spruch,  der  „von  der  PfaflFen  Wahl**  L.  /^i 
25,  11 — 25  Pf.  85,  zu  deuten  übrig.  Von  einer  Pfaffen -Wahl  konnte 
Walther  sowohl  1198  als  auch  1212  — 1215  sprechen.  Das  erste  Mal 
mischte  sich  die  Curie  versteckt,  das  zweite  Mal  offen  in  die  deutsche 
Königswahl.  Daß  man  am  Hofe  von  Wien  von  dem  versteckten  Spiel 
der  Curie  vom  Jahre  1198  so  manches  gesprochen  haben  mag,  liegt 
äußerst  nahe.  Die  Einwände  Menzels  gegen  1198  p.  206  ff.  kann  ich 
nicht  beachten,  jedes  Geschichtscompendium  weist  das  Mangelhafte 
seiner  Ausfährungen  nach.  Wie  übrigens  Walther  zwischen  den  npfoffen*^ 
zu  unterscheiden  pflegte,  zeigt  hinreichend  L.  10,  17—24  Pf.  163  und 
L.  33,  1—10  Pf.  111. 

Ich  glaube  hiemit  darauf  hingewiesen  zu  haben,  daß  L.  25,  11 — 25 
Pf.  85  sowohl  auf  1198  als  auch  auf  1212 — 1215  bezogen  werden 
könne.  Jetzt  aber  gehe  ich  daran  nachzuweisen,  daß  der  Spruch  auf 
die  letztere  Zeit,  also  auf  Friedrichs  Wahl,  unmöglich  gedeutet 
werden  kann. 

Noch  einmal  erwähnt  nämlich  Walther  die  Cons tantin 'sehe  Schen- 
kung und  zwar  L.  10,  25—32  Pf.  164  in  einem  Spruche,  der  von  allen 
Forschern  auf  die  Zeit  Friedrich  11.  bezogen  wird,  wie  sehr  sie  auch 
in  anderer  Beziehung  von  einander  abweichen  mögen. 

Ich  frage  nun,  ist  es  denkbar,  daß  Walther  von  dieser 
Schenkung  das  eine  Mal  gegen,  das  andere  Mal  für  Fried- 
rich 11.  Erwähnung  gethan  haben  sollte?  Zum  mindesten  \Väre 
dies  äußerst  unzart  gewesen.  In  weiterer  Linie  kommt  dann  aller- 
dings auch  das  gerechte  Bedenken  Simrock's  in  Betracht,  daß  der 
Dichter  den  Wiener  Hofton  noch  so  spät  gebraucht  haben  soll,  und 
jetzt  noch  um  so  mehr,  da  ich  hoffen  darf,  nachgewiesen  zu  haben, 
dasB  alle  andern  Sprüche  dieses  Tones  noch  in  den  ersten  Wiener 
Aufenthalt  Walthers  1198—1199  gehören. 

Nach  den  bisher  angestellten  Untersuchungen  wurde  sich  also  der 
erste  Abschnitt  von  Walthers  Spruchdichtung  in  ddr  Weise  chronolo- 
gisch feststellen  lassen,  daß  der  WienerHoftop  vom  Herbste  1198  bis 
Herbst  1199,  der  erste  Philippston  von  Weihnachten  1199  bis  etwa 
zum  Herbst  1200,  der  Reichston  von  da  bis  zum  Sonuner  1201  reicht. 

I6LAU,  am  11.  December  1878.  ANTON  NAGELE. 


O.  BEHAGHEL.  BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  II.  167 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX. 


n.  Asyndetische  Parataxe.       /  2/^  »<. 

In  seiner  Abhandlung  „über  die  einfachste  Form  der  Hypotaxis 
im  Indogermanischen"  (Curtius  Studien  z.  griech.  Gramm.  VI,  p.  217) 
hat  tLjIolly^  den  Nachweis  zu  führen  gesucht,  besonders  gegenüber  von 
L.  Tobler,  daß  in  Sätzen  wie  allo  wiki  in  worolti,  thir  gotes  boto  aageti 
=  welche  dir  Gottes  Bote  verkündete,  m  tlie  hezt  wise  he  can 
=  so  gut  er  kann  nicht  Auslassung  des  Relatiys  anzunehmen  ist, 
sondern  daß  wir  in  derartigen  Beispielen  die  einfachste  aus  asyndeti- 
scher Parataxis  entstandene  Form  von  Hypotaxis  zu  sehen  haben. 
Aber  seine  Ausführungen  scheinen  noch  nicht  Jedermann  überzeugt 
zu  haben;  drei  Jahre  nach  dem  Erscheinen  jenes  Aufsatzes  plaidiert 
wieder  E.  Kölbing  für  die  Annahme  von  der  Auslassung  des  Relativs 
Germ.  XXI,  28  ff.  Vielleicht  hätte  die  Ansicht  Jolly's  weniger  Wider- 
spruch gefunden,  wenn  er  zu  ihrer  Begründung  den  weiteren  Nachweis 
geführt  hätte,  daß  noch  in  historischer  Zeit  wir  im  Germanischen 
asyndetischer  Parataxe  begegnen  in  Fällen,  wo  von  logischer  Unter- 
ordnung eines  Satzes  unter  den  andern  keine  Rede  sein  kann,  wo 
beide  Sätze  durchaus  gleichberechtigt  dastehen  und  es  unmöglich  ist, 
Ausfall  eines  Relativs  oder  einer  Conjunction  anzunehmen.  Ich  denke, 
es  ist  nicht  unnütz,  diesen  Nachweis  noch  besonders  zu  führen,  zumal 
man  keine  Ahnung  von  der  Ausdehnung  einer  derartigen  Redeweise 
zu  haben  scheint:  Erdmann  Untersuchungen  über  die  Syntax  der 
Sprache  Otfrids  I,  p.  163,  kennt  sie  nur  aus  Otfrid,  und  Lücke,  Abso- 
lute Participia  im  Gotischen  kennt  wieder  nur  zwei  Stellen  aus  Ulfilas 
(siehe  p.  21);  Bernhard  hält  sogar  die  Aufnahme  einer  Maßmann'schen 
Conjectur  ftir  noth wendig,  um  das  Asyndeton  zu  beseitigen.  Ich  gebe 
daher  hier  eine  reiche  Sammlung  von  Beispielen  dieser  Asyndese. 
In  Ulfilas  finden  sich,  so  viel  ich  sehe,  nur  die  auch  von  Lücke 
a.  a.  0.  verzeichneten  Beispiele :  Marc.  VII,  19  in  urrunsa  usgag- 
gith ,  gahraineith  allans  matins  =  eig  rov  atpeÖgdva  ixnogevaraL 
xa^agi^cov,  Luc.  V,  3  galaith  than  in  ain  thize  skipe,  thatei  vas  Sei- 
monis,  haihait  ina  aftiuhan  fairra  statha  leitil  =  i^ßdcg  slg  ?»'  täv 
jtXolcov^  0  rjv  rov  Ztfiot/og,  ^pcaVi^öfv  avtov  etc.  Zahlreich  dagegen 
sind  die  Beispiele  im  Ahd.,  besonders  bei  den  Übersetzern:  Bene- 
dictinerregel  (Hattemer  I)  p.  52  ibu  eiganan  hwelih  ni  minnot 
willen,    kirida   sina   nist   kilustidot    irfuUan  =  si  propriam  quis    non 


16g  O.  BEHAQHEL 

amans  voluntatem  desideria  sua  non  delectetur  implere.  —  l8idor(ed. 
Weinhold)  p.  45^  11  (forachujndita^  quad  =  protestatur  dicens.  p.  51,  1 
(scalhes)  farawa  infenc,  wortan  wardh  kahoric  nntaz  za  tode  =  formam 
servi  accipiens  effectus  est  obediens  usque  ad  mortem.  —  Matth. 
XII,  1  (Zeitschrift  für  deatsche  Philologie  V,  389;  sine  jungimn  ouh 
warun  hoDgrage,  bigunnan  raufan  diu  ahar  =  discipuli  autem  ejus 
esmientes  coeperant  vellere  spicas.  —  XII,  14  (a.  a.  O.  V,  390) 
argengun  de  uz  pharisara,  worahtun  garati  =3:  exeontes  pharisei  con- 
silium  faciebant.  XII,  39  (Braune  p.  17)  er  antwurta,  quat  im  =^  et 
respondens  ad  eos  dixit.  XII,  46  see  siin  muoter  enti  bruoder  stuontun 
uze,  sohhitun  siin  gisprahhi  =  ecee  mater  ejus  et  fratres  stabant  foris, 
quaerentes  loqui  ei.  XII,  47  diin  muoter  enti  bruoder  stantant  uze, 
suohhent  dih  •=^  ecce  mater  tua  et  fratres  tui  foris  stant,  quae- 
rentes te  alloquL  XII,  48  aer  antwurta  demo  za  imo  sprah,  quadh 
=  ipse  respondens  dicenti  sibi  ait  —  XII,  49  rehbita  sina  haut  ubar 
sine  jungirun,  quuat  =  extendens  manum  in  discipulos  suos  dixit.  — 
Xni,  1  in  demo  tage  genc  Jesus  uz  fona  faus,  saz  bi  seuue  =  in  illo 
die  exiens  Jesus  de  domo  sedebat  secus  mare.  XXII,  1  antwurta  im 
Jesus  auuar  in  biwortum,  quuad  =  respondens  Jesus  dixit  iterum  in 
parabolis.  —  XXTT,  4  Auuar  sentita  andre  scalcha,  quad  =  iterum  misit 
aUos  servos  dicens.  —  XXVIII,  18  genc  duo  Jesus  naher,  sprah  za 
im,  quad  =  et  accedens  Jesus  locutus  est  eis,  dicens.  —  De  voc. 
gent.  (Braune  p.  20)  z.  14  truhtin  antwurta,  quad  =  respondens 
dominus  ait  —  St.  Augustini  sermo  z.  15  (Braune  p.  21)  Paulus 
snottarlihho  sih  widarfenc,  Christo  bifalah,  quad  =  Paulus  utiliter  se 
contemnens  illum  commendans  . . .  inquit.  z.  18  bidiu  genc  Petrus  oba 
wazzarum  in  gabote  gotes^  wissa  daz  etc.  =  ergo  ambulavit  Petrus 
super  aquas  in  jusso  dei,  sciens  etc.  —  Tatian22,  7  intteta  sinan  mund, 
lerta  sie  =  aperiens  os  suum  docebat  eos.  79,  2  wolta  inan  arslaban, 
ni  mohta  =  volebat  occidere  eum  nee  poterat  99,  5  tho  arbolgan 
ward  sin  herro,  salta  inan  wizzinarin  =  et  iratus  dominus  ejus  tradidit 
eum  tortoribus.  102,  1  warun  thar  sume  az  in  theru  ziti,  sagetun  imo 
=  aderant  autem  quidam  ipso  in  tempore  nnntiantes  illi.  103,  3  ant- 
wurtita  tho  heristo  tties  thinges,  quad  theru  menigi  =  respondens  autem 
archisinagogus  dicebat  turbae.  107,  1  lag  zi  sinen  turun  fol  gisweres, 
gerota  sih  zi  gisatonne  =  jacebat  ad  januam  eins  ulceribus  plenus, 
cupiens  saturari.  109,  2  tho  quamun  thie  eristun,  wäntun  =  venientes 
autem  et  primi  arbitrati  sunt.  110,  1  tho  antwnrtita  ther  heilant,  quad 
=  et  respondens  Jeans  dixit.  110,2  inti  her  tho  antwurtita,  zi  in 
quad  =  et  respondens  ad  illos   dixit  (ebenso  112,2).     116,6  nahlih- 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  II.  169 

hota  tho  gisehenti  thia  bnrg,  wiof  obar  sia  =  ut  appropinquavit,  vi- 
dens  civitatem  flevit  super  illam.  118^  1  gihalota  sine  jungoron/ quad 
in  =  coDVOcans  discipulos  suos  ait  Ulis.  121 ,  3  tho  antwurtita  ther 
heilant;  quad  in  =  respondens  autem  Jesus  ait  eis.  123,  4  gieng  tho 
zi  themo  eriren,  quad  imo  =  accedens  ad  primura  dixit  123,  5  gieng 
her  tho  zi  themo  andaremo,  quad  imo  sama  =  accedens  autem  ad 
alterum  dixit  similiter.  128,  6  her  wolta  tho  rehtfestigon  sih  selben, 
quad  zi  themo  heilante  =  ille  autem  volens  justificare  se  ipsum  dixit 
ad  Jesum.  138,40  antlingita  ther  heilant,  quad  ci  imo  =  respondens 
Jhesus  dixit  ad  illum.  141,  1  tho  ther  heilant  sprah  ci  then  menigin 
inti  ci  sinen  jungiron,  quad.  141,  24  tho  antlingita  sum  fon  theru  ewu 
gilerter,  quad  imo  =  respondens  autem  quidam  ex  legisperitis  ait 
illi  (ebenso  144,  2.  148,  7).  149,  4  gieng  zuo  therde  fimf  talenta  int- 
fieng,  brahta  andere  fimf  talenta.  149,  7  antlingita  sin  herro,  quad 
imo  =  respondens  autem  dominus  eins  dixit  ei  (ebenso  159,  6.  161,  3). 
185,  1  gisahun  thaz  dar  zuo  wert  was,  quadun  imo  =  videntes  autem 
quod  futurum  erat,  dixerunt  ei.  185,  12  sum  jungo  folgeta  imo,  was 
giwatit  mit  sabanu  =  adolescens  autem  quidam  sequebatur  eum  amictus 
sindone.  189,  4  erstuont  ther  herosto  thero  heithaftono,  frageta  then 
heilant  =  surgens  princeps  sacerdotum  ioterrogavit  Jhesum.  199,  7 
tho  antlingita  ther  grafo,  quad  in  =  respondens  autem  preses  ait  illis 
(ebenso  199,  12).  201,  2  tho  wanta  sih  zi  in  ther  heilant,  quad  =  con- 
versus  autem  ad  illas  Jhesus  dixit.  205,  2  thie  furivarenton  bisma- 
rotun  inan,  ruortun  iro  houbit  =  praetereuntes  autem  blasphemabant 
eum  moventes  capita  sua*).  205,  5  tho  antlingita  ther  ander,  incre- 
bota  inan  =  respondens  autem  alter  increpabat  illum.  208,  1  after 
thiu  westa  ther  heilant  thaz  thiu  allu  gientot  warun,  quad  =  postea 
sciens  Jhesus,  quia  jam  omnia  consummata  sunt,  dicit.  212,  6  quam  tho 
ouh  Nicodemus,  ther  dar  quam  zi  themo  heilante  nahtes  erist,  truog 
thaz  gimisgi  :=  venit  autem  et  Nicodemus,  ferens  mixturam.  216,  2 
quam  Maria  inti  Salome  zi  themo  grabe,  truogun  =  venit  Maria  et 
Salome  ad  monumentum  portantes.  217,  5  tho  antalengita  ther  engil, 
quad  =  respondens  autem    angelus    dixit   mulieribus  (ebenso  225,  1). 


*)  Nach  hoabit  folgt  noch  inti  qnedenti  =  et  dicentes.  Zur  E^rkläning  des 
ganzen  Satzbanes  ist  es  nicht  nöthig,  mit  K.  Zacher,  Zeitschrift  Hir  deutsche  Philo- 
logie Vn,  463,  Schwanken  zwischen  hypotaktischer  nnd  paratakiischer  Fügung  anxa- 
nehmen,  sondern  wir  haben  hier  einfach  einen  Beleg  dafür,  n^^^  ^^^  Übersetzer  durch 
wörtliche  Widergabe  des  Originals  aus  der  Anfangs  gewählten,  vom  lateinischen  ab- 
weichenden Construction  herausfiel",  s.  Gering,  die  CausalsStse  und  ihre  Partikeln  bei 
den  althochdeutschen  Übersetcem  p.  2. 


170  O.  BEHAQHEL 

221,  5  sin  tho  giwanta  sih,  qoad  imo  =  conversa  illa  dicit  ei.  223,  1 
quam  Maria  Magdalenae,  sageta  theu  jungoron  =  venit  Maria  Mag- 
dalena annuntians  discipnlis. 

Die  Belege  aus  Otfrid  hat  Erdmann  I,  p.  163  fast  vollständig 
verzeichnet.    Ich  habe  nur  eine  Stelle  nachzutragen: 

IVf  3f  16  ther  er  nan  töde  binam,  hiaz  üzer  themo  grabe  gän. 
Übrigens  hat  einen  Theil  der  Otfndischen  Beispiele  schon  J.  Grimm 
zusammengestellt  Qramm.  IV,  216  und  bes.  950,  was  Bernhard,  Lücke 
und  Erdmann  tibersehen  haben. 

Im  Mhd.  werden  die  Belege  asyndetischer  Conslruction  anscheinend 
seltener;  eine  Anzahl  von  Stellen  gibt  Grimm  a.  a.  O.  Ich  gebe  noch 
einige  weitere:  Erec  9700  als  si  diu  frowe  Enite  gesach  dort  sitzen, 
weinen.  Parz.  275,  19  er  dancte  in,  bot  fianze  sän:  so  Lachmann  gegen 
alle  Handschriften.  Die  Besserung  ist  unzweifelhaft,  wir  sehen  aber,  daß 
die  Redeweise  doch  etwas  Ungewöhnliches  war,  wenn  sämmtliche 
Schreiber  daran  Anstoß  nahmen.  Parz.  599,  21  si  sprach:  ich  läz 
iuch  riten,  mer  nach  prise  striten.  —  Vaterunser  v.  2486  ob  uns  daz 
houbet  we  tut,  so  ge  wir,  rufen  immer  me;  die  zweite  Handschrift 
liest  rufende.  —  ebenda  2492  sus  ge  wir,  schrien  al  den  tach;  var. : 
BUS  ge  wir,  schriende  durch  den  tac.  —  Lobgesang  73,  1  du  zallen 
ztten  hast  zertän  diu  arme,  uns  armen  wilt  empfän.  —  H.  v.  Hcsler 
Apocalypse  Bl.  83  d.  (der  Königsberger  Handschrift  891)  sSt,  ich  st5, 
klopphe  czu  der  tor  =  Job.  Apoc.  lU,  20  ecce  sto  ad  ostium  et  pulso. 
S.  noch  Iwein  3620  und  3950. 

Aber  die  Seltenheit  einer  derartigen  Erscheinung  im  Mhd.  ist  nur 
eine  scheinbare.  Die  ganze,  weit  verbreitete  Redeweise  der  sogenann- 
ten Constructio  ano  xoivov  ist  nichts  Anderes  als  eine  bestimmte  Form 
asjndetischer  Parataxe.  Haben  wir  den  Satz:  der  Engel  Gottes  kam 
vom  Himmel  und  erschien  ihm,  so  konnte  das  nach  Anleitung  unserer 
Beispiele  aus  Tatian  und  Otfrid  heißen :  der  gotes  engel  kom  von 
himele,  erachein  im  duo.  Tritt  nun  bei  Vortreten  eines  Adverbs  In- 
version eiuy  so  erhalten  wir  Kaiserchron.  185,  15  duo  kom  von  himele 
der  gotes  engel  erschein  im  duo.  Eine  reiche  Sammlung  von  Belegen 
hat  Haupt  aus  Erec  6596  gegeben ;  auch  was  Grimm  IV,  217  d  au- 
fllhrt,  gehört  hierher. 

Von  hier  aus  ist  nun  sehr  leicht  einzusehen,  wie  die  Relativsätze 
mit  ., ausgelassenem  Pronomen^  entstanden.  Sowie  das  zweite  asyn- 
detisch angereihte  Verbum  eine  woniger  wichtige  Thatsache  enthielt, 
begann  die  Dififerenzierung  in  Haupt-  und  Nebensatz  und  der  zweite 
Theil  wurde  schließlich  durchaus  als  hypotaktisch  gefllhlt,  wenngleich 
dies  Verbältniss  durch  keine  Partikel  ausgedrllckt  wurde.    Ich  wähle 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX.  H.  171 

aus  Haupts  Beispielen  eine  Anzahl  solcher  aus,  welche  uns  die  Art 
und  Weise  dieses  Übergangs  besonders  klar  vor  Augen  stellen:  Klage 
1376  mit  zühten  si  ze  hüse  bat  ein  frouwe  saz  darinne.  Parz.  321,  13 
ez  tuet  manc  tüsent  herzen  w@  daz  strenge  mortliehe  rd  an  mtnem 
herren  ist  getan.  782,  23  wan  ungenuht  al  eine^  dem  git  dir  niht  ge- 
meine der  gr&l  und  des  gräles  kraft  verbietent  valschlich  selleschaft. 
Besonders  gehören  hierher  die  Beispiele  mit  heizet:  P.  389,  2  wan  sin 
pflsege  ein  ktlnec  hiez  Anfortas,  ebenso  die  von  Grimm  IV,  217  d  bei- 
gebrachten  Stellen:  daz  ist  Imper  vert  von  Botenbrunnen. 

Abgesehen  aber  von  dieser  sogen.  Constructio  äxo  xotvov  ist  die 
asyndetische  Anreihung  während  der  mhd.  Periode  selten ,  wie  ich 
schon  bemerkt  habe.  Dann  aber  kommt  eine  Zeit^  wo  sie  wieder 
häufig  wird,  die  Zeit  von  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  bis  zum  An- 
fange des  17.:  Georgs  v.  Ehingen  Reisen  (aus  dem  Jahre  1455;  von 
Pfeiffer  herausgeg.  Bibl.  d.  lit  Ver.  Bd.  I)  p.  8  bedacht  er  sich  aber  ein 
klaine  weyl,  sagt  etc.  —  p.  21  am  vierdten  tag  beschickt  der  gran- 
kapitanie  mich  und  min  gesellen,  begert,  das  etc.  —  p.  24  also  liesz 
ich  och  gegen  im  her  gon^  hett  min  spiesz  uff  meim  schenke!.  —  p.  24 
(sie)  huwen  dem  haiden  sin  haupt  ab,  namen  sin  spiesz  und  stackten 
esz  daruff,  zugen  im  sin  hämisch  ab.  —  p.  28  der  kttnig  war  meiner 
gnedigen  frawen  bruoder,  hielt  mich  gnedig  und  wol.  —  Steinhöwel 
Decamerone  (ed.  Keller,  Bibl.  d.  lit.  Ver.  Bd.  51)  p.  20  er  floche  die 
kirchen  als  der  teuffei  das  kreucze,  kom  gar  selten  darein.  —  p.  22 
sich  nidersatzte  zu  im,  in  begonde  ze  troesten.  —  p.  27  ze  haut  des 
abencz  gingen,  im  ein  wirdig  vigilg  sungen.  —  p.  59  ein  junger  kauff- 
man  gen  Boloni  geritten  was,  sein  sach  palde  do  auszgerichtet  het^ 
wider  zu  rücke  kam.  —  Die  Geschichten  und  Thaten  Wilwolts  von 
Schaumburg  (vom  Jahre  1507,  in  der  Bibl.  des  lit  Vereins  Bd.  50) 
p.  15  Da  si  di  vertatten,  gebraucht  sich  jedlicher  seins  Schwerts,  schlue- 
gen  sich  durcheinander.  —  p.  17  die  ime  den  stegraif  hielten ,  waren 
in  ainer  zall  200  acht,  hiessen  von  den  vierämbtern.  —  p.  19  Hess  der 
bischoff  die  seinen  über  das  her  laufen,  erstachen  der  etlich.  —  p.  19 
wo  es  ainer  übersach,  schluegen  sie  im  den  hacken  in  den  leib,  zück- 
ten den  zu  inen  hinüber.  —  p.  22  darin  lagen  her  Eberhart  von  Arberg 
mit  etlichem  kricgsvolk,  hielten  solche  flecken  etwan  lang  innen.  — 
p.  26  des  andern  tags  vieng  der  legat  die  teidung  wider  an,  wart  durch 
in  ain  solich  richtung  und  vei'trag  gemacht.  —  Theuerdank  (nach  der 
ersten  Ausgabe  v.  1517  ed.  Haltaus)  38,  1  Unfalo  grosz  leyd  unnd 
schmertz  het,  sas,  besan  sich,  wie  er  für  an.  —  38,  93  Unfalo  schweig 
still,  ret  nur  nit.  —  40,  75  Unfalo  dasselbig  vemam^  e^toaV.  \säs&l 


172  O.  BEHAGHEL 

nie  grösser  wunder  niun.  —  43,  62  die  scheffleut  ir  rüder  namen,  fAeren 
mit  gutem  wind  von  dann.  —  71,  2  Unnfalo  sasz  auf  sein  pferdt^  re/t 
mit  Tewrdannck^  dem  Tewrlichen  man.  —  Ulenspiegel  (ed.  Lappenberg 
nach  d.  ersten  Druck  von  1519)  73.  Historie  (Schluss)  und  Ulenspiegel 
verlief  sich,  sol  noch  widerkomen.  —  Seb.  Franck,  Chronica^  Zeyt- 
buch  und  Geschichtbibel  (ich  citiere  nach  dem  ersten  Druck,  Strass- 
bürg  1531)  Bl.  220  a  (Abs.  1)  indem  nahet  sich  der  falsch  geist  noch 
basz  zu  yhm^  griff  y hm  an  seinen  halsz. — 220  a  (Abs.  3)  am  morgen  erzelt 
der  arm  thorecht  bruder  alle  geschieht  den  •IUI*  gar  ernstlich,  begert 
erlOsung  disz  geists.  —  220  a  (3)  der  Prediger  Doc.  Steffan  fieng  an 
davö  zu  predigen,  legt  den  geist  sin  busz  ausz.  —  220  a  (4)  deszhalb 
sy  auff  die  versprochen  nacht  weitter  zurichteten,  trügen  ins  bruders 
und  sunst  zwo  die  nehsten  zellen  dz  H.  Sacrament.  —  221  b  (7)  bald 
darnach  rüst  sich  der  Prior  in  sein  mummerey,  gdisset  den  bröder 
sprechende  etc.  —  Amadis^  erstes  Buch  (nach  der  ersten  deutschen 
Ausgabe  von  1569  herausgegeb.  v.  A.  Keller,  Bibl.  d.  lit.  Ver.  Bd.  40) 
p.  15  stieg  er  also  bald  vom  Pferde,  fasset  das  wehr  in  die  faust, 
trattc  stracks  gegen  dem  Löwen  an.  —  p.  16  dasz  der  König  gelegen- 
heit  bekäme,  ihr  die  Finger  zu  drucken,  dergleichen  thete,  als  ob  er 
den  Ring  nemmen  weite.  —  p.  38  welchs  den  Gandales  weinen  sähe, 
im  die  äugen  trucknet.  —  p.  46  deszwegen  ir  Herr  Vater  forchte,  dasz 
CS  böser  mit  ir  würde,  bat  den  König,  sie  in  Schotten  zu  behalten.  — 
p.  40  der  König  beschauwet  disz  junga  Herrlin  auch,  gefiel  im  gleich 
so  wol.  —  Froschmeuseler  (nach  der  Ausgabe  von  1608  von  Goedeke 
herausgeg.  in  den  Dichtem  des  16.  Jahrh)  I,  1,  2,  v.  160  Bald  ward 
Ghrünrock  der  filnf  gewar,  Sprach:  diso  reis  ist  on  gefar.  —  I,  1,  2, 
V.  177  trat  das  herlein  mutig  hinan,  Sprach :  ho  glück  zu,  mein  lieber 
man.  —  I^  2,  4  v.  51  der  prophet  die  schrift  allegiert,  Sprach:  meinem 
Stand  also  gebtlhrt.  —  I^  2,  5  v.  82  das  pfefflein  gieng,  sagt  in  an- 
dacht.  —  Gusman  v.  Alfarche  (durch  Aegidium  Albertinum  Mtlnchen 
1615)  p.  17  dessen  frewete  sich  der  alte  Herr,  liesz  sie  allein  im  Bette 
ligen.  —  p.  53  ich  kondte  auszbtlndig  wol  schwetzen,  diente  ihm  an- 
fangs gantz  fleiszig,  verhielt  mich  auch  gegen  allem  Hauszgesindt  der- 
maszen. 

Fragt  man  nach  dem  Verhältniss  dieser  nhd.  Beispiele  zu  denen 
im  älteren  Deutsch,  so  lässt  sich  die  Möglichkeit  eines  historischen 
Zusammenhangs  nicht  leugnen.  Man  könnte  vermuthen,  daß  in  der 
mbd.  Zeit  die  asyndetische  Ausdrucksweiso  nicht  mehr  der  gebildeten 
Rede  angehörte,  wie  denn  die  Constructio  dxo  xoivov  von  Hartmann, 
Gotfried;  Konrad  gemieden  wird;  sie  w&re  dann  wieder  mehr  zur  Gel- 


BEITRÄGE  ZUR  DEUTSCHEN  SYNTAX,  IL  173 

tung  gekommen  y  als  die  Bande  der  guten  höfischen  Tradition  in  der 
Sprache  gesprengt  wurden.  Sehr  wahrscheinlich  ist  das  jedoch  nicht: 
wir  sollten  denn  doch  im  Ausgange  des  14.  und  dem  Beginn  des  15. 
Jahrhunderts  deutlichere  Spuren  eines  solchen  Zusammenhangs  finden. 
Ferner  läßt  sich  noch  ein  Moment  gegen  den  genetischen  Zusammen- 
hang beider  Erscheinungen  geltend  machen:  die  nhd.  Beispiele  haben 
einen  anderen  Charakter  als  die  der  altern  Sprache.  Bei  den  neuhoch- 
deutschen kann  die  Verbindimg  durch  die  Conjunction  fehlen,  mag  die 
logische  Verknüpfung  auch  noch  so  lose  sein;  im  altdeutschen  besteht 
jedesmal  ein  enges  zeitliches  und  pragmatisches  Verhältniss  zwischen 
den  asyndetisch  angereihten  Verben.  Ein  Satz  wie  Ulenspiegel  verlief 
sichj  8ol  noch  vnderkomen  ist  fUr  das  Mhd.  kaum  denkbar.  Glücklicher- 
weise haben  wir  den  fraglichen  historischen  Zusammenhang  nicht  noth- 
wendig;  um  jene  nhd.  Redeweise  zu  begreifen.  Es  ist  mit  den  syn- 
taktischen Gebilden  nicht  wie  mit  den  Organismen,  welche  die  Natur 
gescha£fen.  Während  der  Naturforscher  die  generatio  aequivoca  immer 
noch  leugnet,  kann  es  auf  dem  Gebiete  der  Syntax  nicht  scharf  genug 
betont  werden,  daß  fort  und  fort  Urzeugung  stattfindet,  die  einfach- 
sten Formen  sich  immer  wieder  von  neuem  bilden.  Und  einfach  genug 
ist  diese  asyndetische  Redeweise. 

Ich  brauche  kaum  zu  bemerken,  wie  nahe  auch  in  diesen  nhd. 
Beispielen  die  Asyndesis  dem  Relativsatz  und  der  Constructio  aico 
HOLvov  steht,  so  in  der  Stelle  aus  Amadis:  der  König  beschauioet  disz 
junge  Herrlin  auch,  gefiel  im  gleich  so  tool- 

Wenn  also  nun  derartige  asyndetische  Constructionen  in  der  That 
der  Ursprung  der  Otfridischen  Relativsätze  ohne  Relativpronomen  sind, 
weshalb  haben  die  gleichen  Voraussetzungen  nicht  auch  gleiches  Re- 
sultat ergeben,  d.  h.  warum  haben  sich  nicht  in  mhd.  und  älterer  nhd. 
Zeit  wieder  Attributivsätze  entwickelt ,  die  mit  jenen  bei  Otfrid  über- 
einstimmen? Der  Grund  ist  sehr  einfach:  aus  der  Gestalt,  wie  sie  die 
verzeichneten  Belege  der  Asyndese  zeigen,  gab  es  keinen  Übergang 
zur  Gestalt  des  Nebensatzes,  dessen  Hauptmerkmal  die  veränderte 
Wortstellung  ist,  mit  dem  Verbum  finitum  am  Ende.  In  einer  früheren 
Periode  dagegen  war  diese  Bedingung  vorhanden:  ich  habe  Germ. 
XXIII,  p.  284  kurz,  aber  wie  ich  glaube  überzeugend,  nachgewiesen, 
daß  die  noch  jetzt  im  Nebensatz  vorliegende  Wortstellung 
die  ursprüngliche  ist.  Damit  sind  freilich  noch  nicht  alle  Schwie- 
rigkeiten gelöst,  denn  nimmt  man  solche  Wortfolge  als  allein  gültig 
an,  so  muß  die  vorhin  erwähnte  Stelle  aus  Amadis  so  lauten:  „cfer 
König  disz  junge  Herrlin  heschamoet,  im  gleich  so  tool  gefiel^.  Die  fraer 


174  O.  BEHAGHEL,  ZU  DEM  SOG-  MNL   OSTERSPIEL. 

liehen  Relativsätze  sind  also  wahrseheinlieh  in  einer  Periode  des  Über- 
ganges entstanden,  zu  einer  Zeit,  als  in  der  Wortstellung  ein  neues 
Prineip  sich  geltend  zu  machen  begann.  Genauere  Untersuchungen 
über  diese  letztere  Frage  hoffe  ich  ein  anderes  Mal  geben  zu  können. 

HEIDELBERG  den  16.  M&re  1878.  OTTO  BEHAGHEL. 


ZU  DEM  SOG.  MNL.  OSTERSPIEL, 

das  ich  im  letzten  Hefte  in  syntactischer  Hinsicht  besprochen,  mögen 

hier  einige  kritische  Bemerkungen  nachfolgen. 

y.  1  imd  2  schreibt  Zacher  so: 

Ich  ben  ende  en  aneginne 
gewor  got  gerechte  mione! 

Es  muß  nach  aneginne  ein  Komma  stehen,  ebenso  nach  got^  nach  minne 

ein  Punkt;  lies:  geware, 

Y.   15:  uns  dnnckit  gat  de  neWe  wain, 
dar  umbe  wir  dich  gestan. 

lies:  bi  gestan, 

V.  32:  dat  wyf,  dat  du  mir  geves,  here, 
die  dede  ic,  ende  hör  lere, 
dat  ich  mig  han  virgeasen. 

Zacher  will  dede  mir  oder  dede  ie  lesen;  das  letztere  ist  sinnlos.  Lies: 

dede  it. 

V;   72:  dat  dir  ende  allen  wiven 
die  vmt  van  uren  liven 
sal  kamen  zu  bit  jamergeit 

lies:  kumen  tä. 

T,   116:  die  ie  einsamen  waren  gader, 

lg  din  dohtec  ende  da  min  vader, 
inde  immer  müssen  wesen  gader. 

lies:  ein  samen. 

144  lies:  einem  für  einem, 

T,   188:  di  pine  ende  maniche  noit 
liden  maz  binz  in  den  doit 
darg  den  minsche,  de  vor  erst 
is  zer  hellen  ende  vorderst, 

Sinn  und  Reim  sträuben  sich  gegen  den  Lesefehler  des  Schreibers  oder 

des  Herausgebers;  lies:  vorerft : vorderfi. 

Y.  370:  sage,  wat  hais  da  vemomen? 
we  is,  dat  do  sal  komen, 
de  mage  «in  güich'i 


a  MILCHSACK,  LEIPZIGER  TITÜRELBRUCHSTÜCKE.  175 

Es  sind  die  Worte  des  Herodes  auf  die  Nachricht  von  der  Ge- 
burt eines  Kindes,  „dat  die  engele  hant  irkoren  zu  keisere  ende  zu 
heren'^.     Demnach  ist  zu  lesen:  sin  mm  gelich, 

379  lies:  zehove  ftlr  hove. 

612  Der  Messias,  auf  den  die  Juden  warten, 

V.  612:  he  insal  nit  kamen  van  gode, 

V.  613:  want  he  is  des  duuels  bode 

V.  614:  mit  deme  dat  he  wirken  sal 

V.  615:  inde  die  werelt  virleiden  al. 

V.  614  und  615  sind  umzustellen^  und  v.  613  muß  als  Parenthese 

gefaßt  werden. 

V.  661 :  nu  uichtet  mig  in  min  gedanc, 
da[t]  he  de  selve  minsche  si. 

lies:  ducktet  mig. 

V.   729:  dar  nmbe  saut  du  uns  here  säen, 
wat  tone  dat  wir  sulen  haen 
alle  Sachen  achter  loissen. 

lies:  lones  und  dat  wir  alle  sacken. 

V.   764:  wijf,  wat  soade  mir  ane  genomen? 

lies:  mir  dat  an«;  cf.  1058  meister,  wat  soude  dig  dat  gedaen? 

V.  839  lies:  irt, 

Prosa  nach  1205:  gois  ime  up  sin  houet  aromata  dat  gecrude : 

lies  dat  is  gecrude, 

V.    1443:  den  (den  Tod)  müz  du  doigen  nu  zestunt; 
war  nmbe  it  is,  datz  dir  wale  kunt. 

it  18  muß  gestrichen  werden. 

V.   1483:  virkoufer  einen  ende  gelde  eyn  swert. 
ende   ist    zu    streichen;  wir  haben   hier  einen  Fall  des  vorhin  bespro- 
chenen Asyndeton. 

HEIDELBERG,  den  9.  August  1878.  OTTO  BEHAGHEL. 


LEIPZIGER  TITÜRELBRUCHSTÜCKE. 


Von  den  nachstehend  gedruckten  Pergamentbruchstücken  des  jün- 
geren Titurel,  Rep.  II.  21^'^,  welche  vor  einiger  Zeit  von  vonPosern- 
Klett  auf  der  Rathsbibliothek  zu  Leipzig  aufgefunden  wurden^ 
hat  schon  Hr.  Prof.  Dr.  Rob.  Naumann  im  Serapeum  Jahrgang  1867, 
S.  193  — 196   nach    den  genauen  Angaben  des  Hm.  Prof.  Za^rxi^^k.^ 


176  O-  MILCHSACK 

Mittheilong  gemacht  Die  ftUif  Doppelblätter  in  klein  Folio,  die 
leicht  noch  dem  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  zugewiesen  werden 
dürfen,  sind  zweispaltig,  die  Colomne  zu  41 — 42  Zeilen  geschrieben. 
Die  Strophen  sind  nicht  abgesetzt,  aber  durch  abwechselnd  rothe  und 
blaue  Anfangsbuchstaben  ausgezeichnet  und  daneben  pflegt  meistens 
auch  der  zweite  Buchstabe  des  Anfangswortes  groß  geschrieben  zu 
sein ;  die  Reimzeilen  sind  oft  durch  Punkte,  immer  durch  rothe  Striche 
geschieden.  Jedes  Blatt  hat  29 — 31  Strophen,  so  daß  die  ganze  Hand- 
schrift etwa  214  beschriebene  Blätter  gehabt  haben  wird.  Nach  der 
Berechnung  des  Herrn  Prof.  Zamcke  bestand  jede  Lage  der  Hand- 
schrift aus  10  Blättern  =  5  Doppelblättem  imd  von  den  im  Ganzen 
22  Lagen  sind  folgende  Blätter  erhalten: 

A.  der  ni.  Lage  drittes  Doppelblatt,  BL  23  u.  28  der  Handschrift 

a)  Vorderblatt  Str.  647,  2—675,  4. 

b)  Rückblatt  Str.  784,  4—815,  4. 

B.  der  IV.  Lage  zweites  Doppelblatt^  Bl.  32  u.  39  der  Handschrift 
a)  Vorderblatt  Str.  906,  2—936,  4 

l)  Rückblatt  Str.  1112,  2—1138,  4  +  3  Strophen,  welche  in  dem 
Abdruck  der  Heidelberger  Pergamenths  Nr.  383  bei  Hahn 
fehlen. 
C  der  VI.  Lage  drittes  Doppelblatt,  Bl.  53  u.  58  der  Handschrift 

a)  Vorderblatt  Str.  1547,  1-1576,4. 

b)  Rückblatt  Str.  1692,  2—1723,  3. 

D.  der  XI.  Lage  drittes  Doppelblatt,  Bl.  103  u.  108  der  Handschrift 

a)  Vorderblatt  Str.  3030,  4  -  3062,  2. 

b)  Rückblatt  Str.  3187,  1—3216, 1. 

K  der  XV.  Lage  erstes  Doppelblatt,  Bl.  141  u.  150  der  Handschrift 
ä)  Vorderblatt  Str.  4190,  2—4219,  1. 
b)  Rückblatt  Str.  4455,  3-4485,  3. 
Der  Schreiber,    der  mehr  auf  äußere  Sauberkeit,    als  auf  einen 
lesbaren  Text  Bedacht  genommen,    scheint^   nach  yielfachen  nieder- 
d^eutechen  Wortformen^zu  schließen,  selbst  kein  Oberdeutscher  gewesen 
zu  sein.    So  gebraucht  er  sehr  häufig  die  niederdeutsche  Form  des 
Artikels  de  ftlr  diu  und  die,  des  persönlichen  geschlechtlichen  Prono- 
mens  se  filr  siu  und  sie;   andere  niederdeutsche  Formen  kehren  auf 
jedem  Blatte  wieder:  we  =  wie  664,  3;  bouen  =  bobene,  beben  667,  7; 
van  =:  von  668,  7;   lesen  =  liezzen  805,  5;   dene  =  diene  928,  7;   vor- 
lesen =  Verliesen  1551,  1;   kesen  =  kiesen  1551,  3;   denste  =  dieneste 
1553,  7;    depliche  =  diepliche  1558,  1;   Tzom  =  zoum  1&66|  1;   dener 
=  diensere  1566,  3;  Verden  =  vierden  1699,  1  u.  s.  w. 


LEIPZIGER  TTTÜRELBRÜCHSTÜCKE.  177 

Diese  Pergamentblätter  sind  als  Umschläge _fiir  Stadtrechnungen 
benutzt,  gewesen  und  haben  als  solche  natürlich  mehrfach  gelitten,  die 
innem  Seiten  sowohl  durch  den  Leim,  mit  dem  sie  auf  die  Buchdeckel 
geklebt  waren,  als  auch  die  äußern  durch  Verschabung,  so  besonders 
die  Vorderseite  des  Rückblattes  des  dritten  Doppelblattes.  Namentlich 
aber  ist  in  den  Falzen,  wo  die  vordem  Blattränder  um  die  Buch- 
deckel gebogen  waren,  Manches  undeutlich  oder  ganz  unlesbar  ge- 
worden. Wie  üblich  habe  ich  die  undeutlichen  Buchstaben  in  runde 
Klammem  eingeschlossen ,  die  ganz  verwischten  nach  Möglichkeit  durch 
Punkte  angedeutet 

Erstes  Doppelblatt.     Vorderblatt: 

[tw.  a.]  647    nicht  da  was  vergezzen.  tzü  wünsche  wol 

nach  hochelobte  prise.  also  daz  in  gebrache,  denne  vite  lignü  obz  von  para- 
dyse.  648  VRowe  selte  mit  den  sinnen,  ir  leben  hete  gesorget,  vil  tagen- 
den an  in  tzu  minnen.  vf  se  vor  sighelt  ist  vii  vorborget,  tzncht  schäm  vnde 
kusche  maze  truwe  milde,  bescheydenheit  gedulde,  wart  in  ouch  ny  biz  an  ir 
ende  wilde. 

-XVin-    abenture  wie  kastis  er  warp  hertzelouden  vnde  wie 

er  starp.   (roth) 

OQCh 

G49  DA  bi  den  selben  iaren.  was  kastis  irstorben.  der  het  de  suzen 
klaren,    h^tzeloyden  vf  mutzalvach  er  werben,    kamvaleis  gap  er  der  vrowcn  vil 

schone,  vnde  kingrivalsch  tzu  den  beiden,  truc  sin  vil  wMe  houbet  vorsten  kröne. 

650  DE  wir  mä  h^tzelouden.  von  muntzalvach  nu  brachte,  kastis  tzü  riehen 
gauden.  der  hochetzit  tzü  kamvaleys  nü  dachte,  mit  konlgen-  vii  vn  mit  wrsten 
edel    riebe,     de    hochetzit    vor    wandelt    wart    da    sint    in    bevilde    iemerliche. 

651  DEr  tot  in  sus  vertzihen.  künde  hertzeloude  tzu  wibe.  vii  gamorete  lihe. 
an  einen  arm  mit  maghetlichem  übe.  y  doch  wart  se  da  vrowe  tzwierlande. 
des  werde  firmiteles  kint.  de  man  van  mutzalvach  vil  wert  da  sante.  652  DEs 
waleys  konTginne.  nu  an  sigunen  dachte,  de  wart  mid  aller  sinne,  daz  maus 
von  brubars  da  vil  schone  brachte,  kundwiramors  begunde  sere  weynen.  daz 
sie  der  grozen  liebe,  vii  der  gesellenschefte  solde  vor  eynen.  653  Ryot  der 
vrouden  w'ise.  sin  tochter  wolde  bringen,  von  brubars  keghen  waleyse.  kint- 
licher  süze  iamer  künden  nü  twige.  kundwiramors  do  sigune  von  ir  wolde.  sie 
gebarte  senichlichen.  daz  man  noch  kint  da  vmbe  truren  solde.  654  Sie  wr 
ken  *)  katelange,  sigune  de  seiden  riebe,  do  entweite  se  sich  lange,  wenne 
biz  sie  wart  [b.]  bereit  vil  weichliche,  nach  wrstö  kldes  wis  vil  richer  tzirde.  als 
iz  kiot  wol  küde.  er  bekande  wol  richliche  kundewirde.  655  Daz  kint  sprach 
liebcz  veterlin.  nu  heiz  mir  gewinnen,  von  ritters  tzirde  vollen  schein  ^) 


*)  Ein  bei  ken  überfreschriebener  Buchstabe  ist  nicht  mehr  lesbar. 
**)  Die  aiisgofallene  Zeile  ist  am  obem  Rande    des  Blattes   nachgetragen:    ün 
ich   mit    vroitde    vare   toül   vö    hinnen  scheint    freie  Erfindung    des  Schreibers,  gleich 
darunter:    der   locken   vü   aU   ich   nu   vor  vö  hnrnen  ist  die  richtige  Lesung.     Dieser 
Vers  fehlte  also  wohl  schon  in  der  Vorlage. 

OEBMANIA.  Nene  Beihe  XII.  (XXIY.  Jahrg.)  VI 


178  O.  MILCHSACK 

80  bin  ich  tza  der  Terte  wol  berichtet,  tzu  minem  denste  gerende. 

sich  manic  ritter  werdichlich  noch  phlichtet.  656  WOl  mich  des  werden  kindes. 
nach  wirde  also  vorsannen,  got  müze  dir  des  gesindes.  in  katelange  vil  iar 
mit  denste  gönnen,  min  sorg^  slafet  wenn**  din  selde  wachet,  der  swartse 
walt  hi  tzu  lande,     dir  wirt  tzü  scheften  gar  durch  dich  gemach;. 

XIX  abentnre*   wie  sygune  wart  gebrarcht  |  tzu  hertzelanden. 

(roth) 

657  DO  man  daz  kint  nu  brachte,  der  konlginne  tzu  waleyse.  ir  tmwe 
des  ghedachte.  wie  iz  der  werden  muter  wart  eyn  vrejse.  vii  sie  des  vater 
werdicheit  irkande.  daz  machte  ir  fondamete.  der  liebe  die  sie  kegn  dem  kinde 

wände.  658  Kyotes  kint  sigone.  sus  wachs  bi  irer  momen.  vor  mejen  blickes 
lane.  kos  man  de  magh;  bi  tow  nazzen  blumen.  vz  irem  hertzen  blute  selde 
vn  ere.    kamt  sie  kegn  louben  iaren.    so  wil    ich   noch    ir   loubes   küde  mere. 

659  Was  man  al  ere  an  wibe.  tzü  wünsche  khan  ghemezzen.  an  irm*  vil  sazen 
libe.  wart  des  oach  njrnder  siden  groz  vor  gezzen.  se  rejne  vrucht  durch 
luchtic  Falsches  anc.  selich  vil  si  der  muter.  de  sie  gebar  daz  was  vrow* 
tzosiane.     660  Nv  prüfet  an  der  steten,     der  klaren    maget   sigunen.     do  sich 

ir  brüstet  dreten.  vnde  daz  ir  reytes  har  begunde  brunen.  do  hop  sich  in  ir 
h^tze  hoch  gemute-.  ir  lip  begunde  stoltzen.  daz  quam  ydoch  von  vppichligher 
gute.  661  Nv  sullen  wir  ouch  ghedeuken.  hertzelouden  der  vil  rejnen.  de 
künde  ir  lop  nicht  krenken.  mit  war  [rw.  a.]  heit  so  wil  ich  die  lieben  mejmen. 
sie  orsprlg  wol  aller  wiplichen  eren.  sie  künde  wol  vor  dienen,  daz  ir  lop  muste 
in  den  lande  mere.  662  Maghet  vnde  witwe  an  iughenden.  sie  kint  was  fir- 
mitelles.  wer  bi  ir  tzit  von  tughenden.  sprach  vrowen  lop  dahal  ir  lop  Int 
helles,  daz  vvr  die  virre  in  vil  manghe  riebe,  ir  werde  miiie  vor  dienent  wart, 
da  vo:  kamv(o)le78  mit  speren  hurticbliche*.  663  Svs  phl(a)c  sie  beid^  orden. 
maget  vnde  witwendomes.  ir  wMicheit  sich  horden.  kund  al  so  daz  man  ir 
lach  des  rumes.  an  richeit  an  gheborte  vn  lichter  male,  du'ch  luchtic  aller 
tughende.  vn  selicheit  vf  erbet  von  de  gr(a)le.  664  Hi  schiet  der  eren  riebe, 
gamoret  vo  pellakane.  vil  we  da  w^dichliche.  er  warp  er  do  de  swester  tzo- 
siane. vn  we  er  sich  enbrast  der  frantzoysinne.  der  wil  ich  hi  ghe  swighen. 
vn  saghen  vch  von  kindelicher  mine.  665  Amphlben  tzü  ougen  wuile.  eyn 
kint  wart  da  ghelazen.  er  bom  vz  worste  kune.  vn  ouch  der  art  daz  muste 
sich  wol  mazen.  aller  dinge  da  von  ^^)  pris  vordirbet.  wenne  alle  wrsten 
werdent  gebom.  hi  ir  keyn  baz  den^)  pris  irwirbet.  666  Do  gamoret  durch 
mine.  entphie  den  schilt  von  ampholizen.  de  werden  frantzoysinne.  im  lac  daz 
kyn^  datz  müze  wir  noch  prisen.  daz  ir  warp  sin  wäre  kindes  suze.  dirre  abe- 
tare  eyn  herre.  iz  ist  wol  recht  daz  ich  kint  durc****)  in  gruze.  667  Daz  kint 
al  da  nicht  sparende,  was  mit  dem  anzevine.  der  was  tzun  heyden  varende. 
tzum  barroch  hinnen  tzu  alezandrinen.  tzu  kamvaleys  brachte  er  iz  wider 
dannen.  sin  kintlich*  wirde.  wirt  noch  geblümet  vil  hoch  bouen  allen  mannen. 
668  Die  lichten  swerte  blicken,  sol  vü  dehelme  schroten,  daz  lert  vil  manghen 
dicken,  daz  er  da  vahet  vil  vroude  nach  dem  tode.  ob  er  iz  halt  die  virre 
wer  ansehende,    an  manheit  die  gheh^tzen.     daz  werdent  de  van  kinde  not  siu 

^)  tr  und  den  sind  Correcturen  von  späterer  Hand. 
**)  Das  h  in  durc^  ist  von  späterer  Hand. 


LEIPZIGER  TITURELBRÜCHSTÜCKE.  179 

spehende.  669  Die  kleyne  vn  [b.]  die  großen,  die  ifigesten  tzü  den  ersten,  de 
werdent  des  vor  stosen.  de  abenture  wil  vor  sie  alle  tzü  bersten,  hi  disez  kint 
tzo  voghete  nemen  alleyne.  das  lazt  vch  nicht  vor  smaben.  ob  er  noch  si  an 
Witzen  an  iaren  kleyne.  670  Sin  art  an  prise  de  ganze,  wil  ich  e3rn  tejl 
benennen,  von  grahers  gume  manzen.  des  kindes  ane  ysen  wol  tzü  trennen, 
des  phlac  er  mit  tzioste  tzü  mangher  hurte,  do  heyz  sin  vater  gurtze  grin. 
der  lac  ouch  tot  durch  schojdelacurce.  671  Mahede  hejz  sin  muter.  bem 
eckunates  8west\  voget  eyner  paltze  guter,  benant  vil*)  vi!  rieben  tzu  starken 
inberbester.  vnde  selbe  heyz  er  tzionatulander.  so  hohen  pris  nicht  werben, 
bi  siner  tzit  künde  eyner  noc^**)  der  ander.  672  Daz  ich  sün  gurtzegrien. 
nicht  vor  sighunen  nande.  der  suzen  valsches  vrien.  daz  was  da  von  daz  man 
ir  muter  sande.  da  vz  der  phlege  von  dem  reyne  grale.  des  müste  ich  sie  vor 
tzucken.  vn  ir  gheslechte  wart  daz  licht  gemale.  673  Wan  alle  diet  des  grales. 
des  sint  de  vzirwelten.  hi  selic  vri  helle  males.  vn  dort  tzü  stete  prise 
de  ghetzalten.  ouch  quam  sigune  von  dem  selben  samen.  der  wart  von  munt- 
zalvach  ghcsant.  den  alda  sit  de  heydenschaften  namen.  674  la  tzwar  des 
edelen  samen  kraft,  da  wart  bracht  tzü  dem  lande,  der  wart  an  prise  dar  be- 
haft.  in  viel  ghar  da  eyn  scur  vf  deschande.  da  von  kamualeys  verre  ist  be- 
kennet, des  wart  in  manghen  tzungen.  al  dirre  truwen  houbet  stat  genennet. 
675  0  wol  dir  kamvaleyse.  we  sprichet  man  diner  stete,  von  suzer  liebe  kur- 

teyse.  de  sich  vf  dir  hebende  wart  nicht  spete.  mit  wcrder  minnen  vil  vro  an 
tzweyn  kinden.  daz  al  de  werlt  en  mochte,  ire  trupheit  nynder  teyl  da  vnder 
vinden. 

Abenture-  Wie   tzionatulander  Sygu  |  nen   erst   tzü  sprach,  (roth) 

Röckblatt: 

[vw.  a.)  784 erloste.     785  DE  stoltzen 

babilone.  tzu  baldac  suchen  wolden.  da  kegn  so  het  sin  scone.  der  barruch 
vnde  de  sine  als  se  sollen,  bereytet  daz  er  in  mit  strite  entphenge.  laze  mir 
got  de  stunde,  so  bort  wo  iz  inbeydenthalp  ergienge.  786  Gamoreten  man. 
schone,  do  sagete  ir  beider  kriegen,  durch  waz  debabilone.  den  barruch  nicht 
mit  strite  wolden  triegen.  des  künde  nu  den  werden  nicht  betragen,  er  horte 
gherne  mere.  von  endehaften  dingen  ane  vragen.  787  Diz  mere  hi  an  hebende, 
im  was  eyn  ritter  wise.  der  sich  mit  spehe  ghebende.  des  libes  was  kegn  ba- 
bilon  nach  prise.  was  er  ghar  ane  ende  ouch  er  varcnde.  er  künde  vil  der 
spräche,  da  von  was  er  den  barruch  y  der  warende.  788  IN  suria  dem  lande, 
dalit  eyn  stad  so  riebe,  nyniue  debekande*  laut  drier  tageweite  wUichliche.  de 
nam  der  baruck  den  vz    babilone.     den    grozgemuten    konigen,     pompeyo  vnde 

sinem  broder  ypomidone.  789  DO  was  vf  sin  geerbet,  mit  rechte  doch  her 
von  alter,  dar  vmme  wart  vor  derbet.  so  vil  der  sarrazine  al  vnghetzalter. 
noch  milier  kan  ich  witwen.  vnde  weysen.  gepriiven  de  da  wurden,  vberkraft 
ir  striticlichem  vreysen.  790  IN  wart  ouch  erbeteile,  velan  tzü  komen  gute, 
ir  selten  gar  tzon  vnheile.  ich  meyn  ir  groz  vnrecht  mit  vbermute.  daz  sie 
begherten  goddelicher  eren.  den  malt  sam  de  maren.  der  kan  iz  in  tzü  spotte 


*)  Das  erste  vil  roth  durchstrichen. 
**)  h  spKtere  Correctur. 


180  G.  MILCHSACR 

wol  Tor  keren.  791  UOd  richeit  aller  vrachte.  de  birt  al  da  de  erde,  ge- 
nntBam  aller  gennchte.  ist  kaldea  daz  lant  in  hohe  werde,  da  Ton  hat  hoeh- 
Tart  7  da  tzu  betwangen.  al  de  da  konige  waren,  daz  sie  nach  godeUchen 
eren  rvngen.  792  Jhernsalem  geselle,  des  hknmels  ist  mit  scrifte.  yn  babOon 
der  helle,  da  von  die  hochvart  j  da  wunder  stifte,  dochter  von  sjon  de  sint 
gote  de  hoesten.  yfi  de  von  babilone.  de  [b.]  sint  vor  gote  ynwert  Tfi  gar  de 
boesten.  793  Vf  erde  ny  Tromder  geste.  würden  in  hiinels  trone.  von  hoch- 
vart vber  leste.  deiie  Incifer  vnde  de  von  babilone.  ir  Ion  der  ist  tzn  helle 
wol  eben  riebe,  wan  sie  mit  tzoyber  krefte.  da  wolten  godes  kreften  sin  ge- 
liehe. 794  Wie  hohe  se  sich  harten,  in  hochvart  mit  gewalte,  vnd  feber  vnde 
mit  snften.  de  hohe  trinitat  sie  dicke  valte.  itzlichen  machte  sin  hochvart  tsu 
eynen  rinde,  nabnchodonosor  geschach.  de  räche  von  god  also  swlde.  795 
UOn  mir  sint  vnertzejget.  gar  alle  de  gotes  rach^.  wie  er  die  hochvart  nej- 
get.  ich  muz  hin  keren  vf  ein  ander  spräche,  we  ninyne  den  babilon  enphare. 
vnde  sich  der  barmch  vnder  want.    gelonbet  mir   iz    als  ob  ich  dmme  swure. 

796  Onch  njnive  den  recken,  gelegen  was  tzfi  verre.  ir  gewalt  iz  nicht  er 
schrecken,  mid  scerme  khunde  durch  al  der  heyden  terre.  an  drin  konlgin  lac 
sa  wol  tsü  mazen.  dem  trone  von  mesepor.  do  wolde  de  von  nynyae  besazen. 

797  Der  soldan  offenbare,  in  beten  da  gesetzet,  dem  atmerat  tzu  vare.  daz 
der  von  mesepor  da  werde  geletzet,  daz  baten  brot  bleib  gar  vngewaiie.  wer 
beren  mit  den  basen  iagt.  der  raac  sich  da  gelackes  wol  verkvnnen.  798  Er 
twanc  se  mangher  tzinse.  de  se  in  ofte  wagen,  noc  herter  vil  den  vlinse.  do 
heth  er  sich  von  vranden  vnde  von  maghen.  dar  tzu  (so)  denten  im  vil  de- 
nestliche.  dnrch  lehcnüge  ir  kröne,  dri  vii  tzwentzich  konfge  ertwangen(l)iche. 
799  DEs  wände  der  von  njniae.  geweldich liehen  drucken,  des  wolden  sie  nicht 
dulde  me.  wan  sie  begunden  an  den  barmch  ruc  rucken,  der  beyder  herschaft 
phlac  gewaldichlichen.  pabes  vnde  keyser.  was  er  vo(d)  art  vber  alle  heyden- 
Schaft  riebe.  800  Vber  al  nicht  gar  gesundert.  de  heydescaft  sich  stucket 
wer  iz  nu  den  iz  wundert.  d(e)  laz  ich  druz  ich  han  iz  mich  aneghetzucket. 
de  von  egipten  vn  de  von  babilone.  ir  geloube  [rw.  a.]  ir  secte.  mit  ir  goten 
vz  gesundert  schone.  801  DE  von  egipten  lande,  de  haut  eyn  mer  wund\ 
wir  kristen  iz  vor  schände,  hi  han  durch  recht  daz  sie  an  snlhe  kunder.  hi 
habent  tzu  gote  vn  se  god  hat  gebildet  euch  mensche  nach  im  selben,  wc  ist 
er  menslich  sin  also  ver  wildet.  802  So  sehet  man  euch  die  kriechen,  in 
menslicher  hüte,  an  menslicher  wisheit  siechen,  se  beten  an  daz  vie  vnde  an 
delute.  vn  an  v(i)l  mange  tyer  de  wilde  loufent  der  liste  funde  meyster.  nv 
sehet  wie  sich  mit  torheit  de  vorkoufen.  803  Gar  aller  liste  wude.  in  krichen 
sint  er  vunden.  vnde  lebent  doch  mit  sunde.  da  von  sint  list  vnde  witze  vnd^- 
bunden.  mid  hohen  listen  sint  vil  mange  toren.  de  mille  artifex.  gelicbent  sus 
ich  man  dehelle  more.  804  AI  de  von  bybilone.  hi  betent  an  de  sunnen. 
vnde  sich  gotlicher  crone.  hi  wellent  da  bi  selbe  nicht  yorkunne.  se  sint  vor 
erret  in  swacher  goukel  wrc.  eyn  leyte  bracke  ist  wiser.  der  hebet  van  art 
sich  eben,  vf  de  rure.  805  Alsus  ist  vnd^scheiden.  ir  sete  gar  vngeliche.  der. 
wilden  torichscen  beiden,  daz  kumt  vns  kristen  doch  vil  selichliche.  se  lesen 
vii  vil  selten  svnd^  striten.  wan  daz  so  mangerhande.  se  kriegent  vmb  ir 
::::ben  an  allen  siten.  806  Wir  laze  sie  gelouben.  alsam  vor  mangen  iare. 
de  tummen  vnde  de  touben.  wir  kristen  suUe  kristenlich  gebaren,  durch  den 
nach  dem  wir  sint  benennet  kristen.  der  himel  vnde  erde  waltet,  der  muz  vns 


LEIPZIGER  T1TÜBELBRÜCH8TÜCKE.  Igl 

wol  Yor  TDgeloaben  vristeo.  807  DE  barruk  hat  daz  groste.  der  drier  stacke 
tciles.  In  hcidcnschaft  der  hoste,  ist  er  von  atmerat  gar  sunder  meile(s).  hin 
vf  von  iesepor  für  er  mid  krefte.  vn  gbinc  in  mid  gewalte,  bi  siner  dri  vnde 
tzwentzic  kouig  schefte.  808  IN  eine  storme  herte.  da  sie  tzü  samen  qoamen. 
mid  grozem  vngeverte.  tzü  beider  sit  se  al  da  [b.]  schaden  namen.  daz  waz  da 
von  der  barruch  was  sich  warende,  der  sine  viende  smahet  der  wirt  an  sinen 
vninde  misse  varende.  809  Nv  künden  strites  varen.  de  iosepor  genendic.  wan 
sie  da  geste  waren,  vnkunde  wirt  doch  lichte  wid^  wendic.  daz  kamt  al  von 
balscharlicher  tete  verebte,  de  minner  kraft  der  geste.  an  mang^  stad  itzwenne 
demerer  gar  entworchte.  810  Nv  was  (oa)ch  deme  trone.  wol  deme  gelich 
ergangen,    selb  sechste  dctruge  kröne,  wurden  al  da  de  ouch  mit  im  gevagen. 

oach  qname  ir  de  viere  von  deme  liebe,  amazur  vnde  eskelier.  vn  emalar  ich 
vngetzalt  belibe.  811  DE  *and^  gar  mit  vlachte.  hi  wurden  weghe  schihe.  er 
ist  in  rechter  tzochte.  wer  ouch  nicht  vechten  möge  daz  er  vliehe.  gevangen 
git  sich  e  der  ellens  riche.  der  hoher  eren  sorget,  da  von  die  vlacht  der 
tzacheit  wirt  geliche.  812  Nv  worden  sie  tzü  rate,  de  alda  wren  vlachtich. 
da  vnd^  in  vil  drate.  der  barruch  ist  so  mang^  eren  tzuchtic.  Wir  tragen  wer- 
dichlicher  sund^  kröne,  von  deme  atmerate.  denne  von  deme  kvnige  ouch  hem 
democrone.  813  Vil  schire  alsus  gebaren,  de  werden  begunden  alle,  ir  menie 
entrunnen  waren,  de  wurden  irre  in  vluchtichlichem  scalle.  daz  muz  nv.  sin 
disse  künden  wider  keren.  vf  ackerines  gnade,  der  entphenc  sie  alle  wol  mid 
grozen  eren.  814  SE  reten  demotronen.  daz  er  tzü  ackerine.  von  alden  ba- 
bilonc.  kerte  daz  weren  al  deseiden  sine,  daz  duchte  gar  ey  wicht  den  mutes 
herten.  er  wante  daz  in  losten,  de  solden  mit  ghewalte  in  herverte.  815  (D)ie 
buten  im  vz  de  riche.  vil  tzuchliche  schone,  vnde  weiten  ordenliche,  von  ackerin 
durch  mannes  kraft  tzü  lone.  wa  ir  vns  habt  tzunrecht  an  vns*)  vch  erdrügen, 
sit  ir   des  nicht  lobende,  iz  muz  doch  sin  ge 

Zweites  Doppelblatt.     Vorderblatt: 

[vw.  a.]  906    kriechen  harte   kleyne.    icht  wid^  komen 

ich  meyn  de  hohen  tureu.  denue  valscheit  die  se  keren.  kegn  gamoreth  den 
werden,  dem  gebaren.  907  Hey  was  er  waltes**)  swande.  vnde  ritter  schaden 
lerte.  vn  lichter  heim  enträde.  da  mite  er  den  amien  gar  vorkerte.  ir  vroyden 
vil  da  byeme  in  ir  lande,  daz  wart  in  sit  vor  gölten,  wart  hertzelouden  vrond' 
in  wart  tzo    phande.     908  SE  musten  in  ture  gelten,    mit   iamer  allen  wiben. 

vn  des  vor  dros  sie  selten,  de  wile  vn  er  die  kraft  da  mochte  getnben.  se 
muste  ouch  vor  den  svn  da  vil  geborgen,  wa  vroude  er  nam  den  wiben.    doch 

y 

was  ir  lip  tzo  krank  ouch  tzü  den  sorghen.  909  Owe  mich  müt  eyn  merc. 
daz  yfner  man  ir  stirbet.  des  müt  so  höhet  were.    vnde  er   oach  da  so  hohen 

pris  er  wirbet  vil  richer  phande  gap  er  da***)  vor  sin  sterben,  sit  ir  da 
wirde  nicht  koufte.  vür  tot  so  trowe  ich  sin  vil  kleyn  irwerben.  910  SO 
vride  y.  wart  gebannen.  vor  strit  tzü  beiden  siten.  was  y  al  da.  gespannen. 
daz  was  eyn  wlt  wan  ot  sin  einic  striten.  de  viende  mit  den  vrunden  im  des 
iahen,     wan  sie  von  sinen  banden,    vil   manghen    degen  da  sere  vallen  sahen. 


*)  vn»  durchstrichen. 
**)  Zwischen  er  und  toaUea  ein  s  radiert. 
***)  da  roth  durchstrichen. 


182  O.  lOLCHSACK 

911  DOch  vor  kos  gemach  sin  eilen,  wie  sdten  er  des  phleghe.  von  kindes 
inget  gesellen,  kondc  er  sich  steter  arebeit  vur  tregbe.  dar  an  gedenken  iügc 
vn  ouch  de  alten,  der  hase  vil  gahes  erwildet.  wie  lange  er  an  dem  bände  si 
behalten,  912  Ghemach  im  schaden  brachte,  owe  war  quam  sin  witze.  daz 
er  daz  y  gedachte,  er  bete  daz  ir  sche3rn  durch  grotze  hitze.  van  in  getzogen 
des  adamantes  herte.  trost  er  sich  icht  tzu  virre.  der  im  doch  leyder  sterben 
nicht  en  werte.  913  Sts  streit  der  von  anschowen.  biz  an  de  vnnften  morgen. 
vil  maniger  stoltze  vrowen.  amis  vph  sinen  lip  begande  sorghen.  daz  in  sin 
hant  des  tages  von  prise  driige.  we  sie  den  degen  ir  valten.  daz  betrachte  [b.] 
beide  alten  vnde  ionge.  914  Eyn  alter  wise  beiden,  den  heim  vil  wol  erkante. 
sin  art  wol  vnderscheiden.  der  was  gedret  von  ejnem  adamante.  er  sprach 
mochte  ich  ane  schaden  an  in  rejchen.  i(cb  kn)nde  in  wol  gewinnen,  den  heim 
trawe  (ich  g)hahes  wol  er  wejchen.  915  Tzü  hant  s:  (be)ghunde  w^ben.  vn 
hüten  richeit  g^tes.  vmbe  gamoretes  vor  derben,  vn  jrmmer  ghunst  ires  vrant* 
liehen  mütes.  er  iach  na.  w(el)t  vs  de  mir  helfen  willen,  ejn  tejl  der  dfr  aller 
besten,  lazt  sehen  ob  ich  den  deghen  möge  ervellen.  916  ER  nam  nach  sinem 
mute,  das  lert  in  hejdenisch  witze.  eyn  langes  glas  mid  blute,  daz  was  geno- 
men  ich  wejn  von  eyne  kitze.  sns  ritens  vf  den  antzevin  mid  krefte.  er  slut 
in  keghn.  den  ongen.  vii  vmbe  strickte  in  mit  ritterschefte.  917  Daz  rote 
varbe  schenken,  mid  rote  wart  verwiret«  den  hei(d)e  wolte  wenken.  den  sluc 
der  anzeyin  daz  vür  gevidert.  vz  deme  helme  vlonc  daz  blüt  dar  nach  mid  duzze. 
de  tzonge  wart  gespeltet.  der  gap  den  rat  nv  sehet  waz  er  iz  genozze.  918 
UOn  den  hi  vmbe  stricke,  do  leit  er  vil  gebare,  ire  heim  an  vüres  blicke, 
er  gap  also  daz  in  wart  leben  tore.  biz  daz  sie  witen  nun  deme  belme  liezen. 
owe  daz  abo  smehe«  de  adamas  daz  blüt  da  solte  begiezen.  919  DE  list  gap 
da  geleite,  darch  heim  vnde  durch  daz  hoabet.  der  lantzen  gleue  breite,  jpo- 
midones  kraft  mntes  vnberoabet.  im  räche  gap  mid  pondir  orses  kone.  daz  er 
in  hete  geaellet.  vor  alexandrie  da  vf  der  grüne.  920  DE  tziost  wart  gedru- 
cket, da  kegn  dem  anzevine.  eyn  sper  der  eine  tzucket.  daz  was  tzu  krank  der 
hohen  krefte  sine,  doch  wart  der  babilone  da  mid  gcrüret.  daz  iz  ge  schiuert 
kleyne.  de  hohe  keghn  den  lüften  quam  ghefuret.  921  DE  kraft  von  gamorete. 
ist  yfner  wol  tzü  prisen.  do  sich  gebrochen  hete.  de  lantze  von  dem  houbet 
vnd  er  das  ysen.  [rw.  a.]  da  in  der  wunden  vurte  mit  sulhen  witzen.  daz  er 
nach  wer  gedechte.  rn  alle  vallen  menlich  künde  sitzen.  922  Und  als  er  bot 
enphunden.  daz  er  was  geseret.  mit  eyner  tiefen  wunden.  Owe  do  wart  sin 
hoher  müt  ver  keret.  der  wandeis  vrie  ane  alle  missewende.  mid  wcre  er  da 
von  in  reit  owe  do  het  ejn  manlich  kraft  eyn  ende.  923  Svs  kerte  er  vz 
dem  strite.  der  starke  vnde  der  kune.  des  twanc  in  totes  gite.  er  reyt  vf  cjnen 
plan  der  was  ouch  grüne,  verwapet  vnder  helme  er  gie  sin  bichte.  vn  sin  ge- 
scefte  an  landen,  vnde  ouch  an  luten  ir]  vrojde  wart]  vil  lichte.  924  ER 
sprach  tzü  dem  talphine.  der  saz  im  vnder  armen,  gedenke  an  truwe  dine.  da 
vnder  la  de  konTginne  dich  irbarmen.  benim  irm  iungen  übe  die  hetzen  swere. 
be  denke  daz  vnser  mutcr.  beide  ejn  wip  von  rechter  vrucht  gebere.  925  Dv 
solt  ouch  wol  gedenken,  daz  ich  dich  han  vil  tzarte.  er  tzogen  svnd'  kreukeu. 
so  daz  ich  j  vortruren  dich  bewarte.  des  gip  mir  Ion  an  dem  vil  rejnen  wibe. 
ich  bevel  dir  lant  vii  lute.  vnde  se  gar  vf  de  sele  indine  übe.  926  Owe  der 
lügen  iare.  we  die  in  iamer  swindent.  se  reyne  suze  klare,  we  sehe  se  uu  bi 
FTOoden  vindet.  ia  des  betwinget  se  wol  ir  riebe  truwe.    gewan  sie  von    mir  y 


LEIPZIGER  TITÜRELBRUCHSTÜCKE.  183 

vroydc  daz  wer  vor  gölten  nu  mit  steter  ruwe.  927  Ich  wejz  wol  daz  yot 
dirbet.  de  iamers  de  ynerloste.  vn  von  ir  truwe  stirbet.  izn  si  daz  ir  din  helfe 
kum  tzü  tröste,  ich  weitz  ouch  wol  da  se  de  vrucht  vorderbet.  de  sie  von  miner 
mine  entphenc.  owe  so  wirt  ansowe.  gar  enterbet.  928  NV  sage  der  konTginne* 
daz  sie  dir  da  mid  lone.  elendes  vngewinne.  de  du.  bi.  mir  onch  hast  ir  Uten 
scone.  biz  daz  sie  gebn  dir  de  h^tzoginne.  ir  sweste(r)  kint  signnen.  vnde  dene 
ouch  du  mit  richer  kost  ir  minne.  929  Dv  solt  se  vnder  schilde.  tU  menli- 
chen  koufcn.  mit  kus  [b.]  sehe  tzucht  vnde  milde,  machtu  dich  in  ir  iüge  h^tze 
sloufen.  da  du  ir  wirst  tzü  eynö  bioenden  tzwie.  an  vrouden  in  ir  mute,  dl 
selde  wachsent  wirt  se  din  amie.  930  Owe  du  iüger  talphin.  nu  bedorftesta 
wol  krefte.  sit  du  müst  entphlegende  sin.  von  vunf  lande  alle  der  ritterscefte. 
doch  klage  artüse  ob  dir  icht  arges  werre.  gaylet  mit  ecknnat.  de  helfen  dir 
des  ich  getruwe  an'*^)  in  virre.  931  WEs  heym  tzü  lande  varende.  mid  allö 
minem  gesinde.  vn  wes  vor  den  nicht  sparende,  phelc  ir  als  ich  knappen  mer- 
ner  kinde.  se  sint  dir  gut  von  in  din  kinde**)  wirde  breitet  kansta  se  wol 
bebalten,  daz  dine  tzucht  ir  willen  an  sich  leitet.  932  Ghedenke  miner  sele. 
mid  hulferichen  dingen,  daz  de  vor  aller  quele.  nu  werde  ir  lost  almosen  saltu 
bringen,  in  hospital  vnde  guten  religiösen,  der  wort  tzu  himmel  dringet,  vil 
selten  rieh  vz  kloster  vnde  vz  klosen.  933  Des  wes  gemant  tzüm  hoesten.  bi 
diner  hohe  truwe.  de  konlgkin  soltu  trösten,  si  daz  ml  kint  genese  von  ir 
ruwe.  des  phlic  also  daz  iz  din  tzucht  icht  hone,  vn  alliz  din  gesiechte,  de 
waren  y  vor  valsche  vil  gar  scone.  934  Owe  mir  dirre  mere.  wes  sol  ich 
plegede  walten,  ich  bin  vntrostebere.  wie  sol  ich  laut  vnde  lute  wol  behalten. 

ia  ich  enwes  wie  ich  armer  selbe  kere.  du  bist  der  mich  da  tröstet,  nu  gist 
tu  mid  der  strenge  iamers  lere.  935  Ihesus  eyn  svn  der  meghede  |  her.  eyn 
god  in  drin  genende,  iz  vordert  mi  geley  de  |  mid  ger*  vnde  min  gedinge 
gar***)  an  tzwiuels  wende,  an  dich  daz  brot  daz  wart  von  dem'  werte,  vn 
blüt  daz  vns  longinus  liez.  vz  diner  siten  mid  eynes  speres  orte-  936  Altis- 
simus  der  hoeste.  eyn  valdich  vnde  driualdic.  du  bist  des  ich  mich  tröste,  mi- 
nes  libes  vn  der  sele  gar  gewaldich.  habe  ich  indert  ritters  recht  tzo  brechen, 
od^  sus  meliche  truwe. 

RückbUU: 

[vw.  a.]   J112  buhurt  tanz  se  phlagen  ritterschefte.    nach  wirde  groz  mä 
lie  da  nicht  gebresten.  wes  man  nach  eren  gerte.  des  gap  man  vil  den  künden 

vnde  den  gesten.  1113  Da  phlac  der  rechten  milte.  der  iunge  vorste  reyne« 
so  daz  in  nicht  bevilte.  von  hetzen  wart  al  da  sie  habe  gemeyne.  vnde  da  vil 
von  Silber  vnde  von  golde.  besvnd^  edelen  armen,  wer  daz  von  siner  hant  ent- 
phangen  wolde.  1114  Artus  der  uy  gewankte,  an  truwelichem  mute,  vn  der 
ouc^t)  ny  gekrankte,  de  truwe  sine  gaylet  der  gute,  vnde  gumemanz  der  wolge- 
tzogen*  wise.  dem  grahMoys  ny  rieten,  wes  eyne  wrsten  vrumde  wirt  an  prise. 
1115  SE  wr:::  in  besund\  do  sie  im  weiten  raten,  nü  wes  kegn  manheit 
munder.    vnde  to  daz  beste  als  y  de  werden  taten,     du   bist  ghewaltic  gamo- 


*)  an  durchstrichen. 
**)  kinde  durchstrichen. 
^*=*)  gar  roth  durchstrichen, 
t)  Das  h  von  spfiterer  Hand. 


184  O.  11ILCH8ACK 

retes  lande,  der  phlic  also  mit  siime.  das  du  alda  Tor  denest  keyne  scande. 
1116  Dv  salt  dich  lazcn  vindeo.  bi  mäheit  ynde  bi  sterke  milde  ^.  so  mva 
▼or  dir  Tor  swinden.  al  swaches  lop  yü  volge  al  so  deme  schilde.  daz  er  dich 
werfe  icht  tz  eren  sitze,  wes  tmwe  vnde  bescheiden,  miiie  aller  tagende  wat 
in  guter  «ritze.  1117  Onch  sol  de  tmwe  dine.  ouch  and^  koniginne.  vnd  an 
ir  kindeline.  nu  werden  schin  hastu  getruwe  sinne,  so  wes  ir  beyder  schilt  vor 
allen  Trowen.  ynde  phlich  mit  gantzen  truwen.  irer  swester  sigunen  der  seldc* 
beien  innchyrowen.  1118  Keghn  dissen  drin  behalten,  soltu  dich  wol  an  prise. 
so  machtu  seiden  walten,  vü  ist  din  hertze  an  hohen  tagenden  wise.  als  dich 
von  aUe  dinem  kane  vf  erbet,  so  witze  daz  da  blibet.  vor  valscheit  al  din  ere 
▼nuerderbet.  1119  Sus  Tolgete  er  ir  (r)ete.  als  er  do  beste  künde.  Yor  wän- 
de! hafter  tete.  was  da  sin  lip  behüt  in  all^  stunde,  siner  werden  kunft  al 
da  dem  [b.]  brituneyse.  er  dankte  im  ynd  in  allen,  do  bereyten  se  sich  nu  von 
dannen.   der   reyse.     1120  DE  hochetzit   mit   eren.    nam  ende  svnd^  schände. 

man  sach  Yon  dannen  keren.  yden  rarsten  hejrm  kegn  sinem  lande,  de  gemde 
det  was  alle  wol  beraten,  de  künden  (p)rünuen  witen.  des  wrsten  lop  in  mange 
lant  se  kraten.  1121  Als  do  nu  hi  de  geste.  gerüten  sus  waleyse.  hi  der 
yU  tugenden  veste.  tzionatulander  der  yiI  kurteyse.  de  gamoretes  Yursten  er  nu 
sante.  mid  richeit  der  psente.  itzligen  heym  da  wid^  tzu  sine  lande.  1122 
Nach  eynes  meyen  stunden,  de  hochetzit  was  Yor  endet,  da. wol  mid  iamer 
künden,  owe  der  not  ir  leit  ist  ynnorendet.  nu  mey  ich  h^tzelooden  rieh  der 
truwen.  Yn  sighune  ir  momel.  de  werdent  eben  rieh  an  hertzen  ruwen. 

XXIX-  Abenture    wie    sigune  yd    ere  |  amis**)  vnde   ere    amis    tzu 

h^tzeloyden  wren. 

1123  DE  suzen  yz  katelaogen.  Ynde  de  yz  gza8waldan(e)  begunde.  des 
behingen.  d(a)z  sie  die  koniginne  tzür  solitane.  in  also  langen(tz)it5  ni  ge- 
sahen, se  weiten  da  mid  reyse.  owe  des  nu  wil  se  kumber  yahö.  1124  Sie 
füren  an  den  stunden,  da  mid  iüCYrowen  balde.  do  se  deklagenden  wnden.  tzur 
wüsten  solitane  indem  walde.  se  wurden  werdichlicb  von  ir  yntfangen.  se  horte 
Yon  siner  ritterscaft.  nu  gheme  ob  de  scone  was  ergangen.  1125  IN  Yragete 
dekonTginne.  wer  ritter  al  da  were.  do  sagete  er  ir  mid  sinne,  do  was  de  kunig 
YÜ  seldenbere.  vnde  gaylet  der  spaniol  truwen  riche.  vnde  minane  gumemantz. 
Ynde  eckunat  min  ohem  weichliche.  1126  Da  an  der  selben  stüde.  bed(a)chte 
ir  h^tze  swere.  weynen  se  sere  begund(e).  h^tzeloude  al  hi  de  Yrowe  Yon  dirrc 
mere.  se  wart  er  mant  wie  se  Yor  dente  sin  eilen,  gamoretes  mit  ritterschaft. 
al  klagende  sach  [rw.  a.]  man  se  nu  tzeher  vellen.  1127  Nv  weynte  ouch 
hertzenliche.  sigun  de  yU  gehure.  mit  der  konlgin  trurichliche.  da  allen  den 
YTOwen  wart  de  Yroude  ture.  de  klage  benam  in  do  der  truwen  Yrute.  er  tzio- 
natulander. sin  suzer  trost  quam  in  do  wol  tzu  ghüte.  1128  DEn  iügen  per- 
ciualen.  hi  kuste  in  truwer  mine.  den  suzen  licht  gemalen.  mit  oughen.  reghen 
sigun  de  h^tzoginne.  wan  sie  gedacht  an  mangen  kus  vil  suzeu.  den  ir  in 
iugende  gamoret  mid  truwe  durch  trüwe  gap  riches  gruzen.  1129  Disse  klage 
riehen  Yrowen.  in  namen  hi  be  sunder.  durch  wunnicbliches  anscowen.  god 
bete  yHz  gelcit  an  se  durch  wund\    ich  wen    ui    muter   reyoer  Yrucht  gebere. 


*)  Herke  durchstrichen  aud  das  d  in  milde  aus  t  geändert. 
**)  «n  ere  amU  ist  durchstrichen. 


LEIPZIGER  TTTUBELBBUCHSTÜCKE.  185 

Bin  vil  lichter  lieplich    anblick.    benam   in   alliz  traren  vndc   swere.     1130  AI 

sine  ledel  mit  sinne,  sie  scowten  al  gemeyne.  da  bi  den  sumf  der  mine.  wart 
ouch  gemezsen  nach  des  libcs  klejne.  daz  was  alliz  nach  wünsche  an  im  ge- 
machet, sin  lip  der  suze  lichte*)  klare,  den  kos  mä  njnd^  syden  groz  ge- 
swachct.  1131  DEr  wrste  an  sinen  armen,  ouch  trnc  den  iügen  kleinen,  nu 
maz  iz  god  irbarmen.  sprach  er  daz  wir  noch  gamoret  den  reynen.  in  bloender 
iugent  der  erden  mnzen  lazen.  sns  gibt  nach  snze  eyn  sur.  der  wcrlt  gemejne 
hin  des  si  ir  Ion  vor  wazen.  1132  DEr  wrste  in  ofte  kuste.  mit  wazzer  riehen 
onghen.  wie  wol  in  des  gelüste,  er  sprach  also  mit  warheit  svnd^  longen.  vns 
hat  god  hi  vil  wol  mit  dir  crgetzet.  din  vater  ob  da  lebe  solt  wir  sint  an 
vrouden  noch  al  vngeletzet  1133  Sns  tzü  cyn  and^  sazen.  an  vronden  de  vil 
kranken,  kand  ich  ir  top  gemazen.  kegn  wirde  niman  solde  mir  des  danken,  das 
hat  vor  denet  wol  ir  rejne  truwe.  daz  ire  lop  die  lenge.  biz  an.  daz  leste  der 
werlde  hübet  nuwe.  1134  DEn  tac  se  nahen  mid  leite,  da  bliben  bi  eyn  ander. 
[b.]  sie  mochten  ouch  vor  scheiten,  sigune  wolde  mid  tziouatulander.  se  mochte 
onch  wol  vor  klegelichem  sere.  de  nacht  alda'*^^  belieben,  sie  vorcht§  das  sie 
klagete  deste  m^e.  1135  Orlop  se  do  da  namen.  vnde  baten  ire  gote  walten, 
de  durch  des  reynen  samen.  do  sprach  dehoeste  rouze  vch  wol  behalten,  ge- 
sund vnde  gebe  vch  ymmer  seid  vnde  ere.  se  scheiden  sich  mit  küsse,  vnde 
vz  ir  ougen  wengel  tzeher  rere.  1136  Sie  bevulcn  got  de  getmwen.  vnde  ir 
svn  seldenbere.  sich  wil  ir  küber  nnwen.  alhi  mit  mange  vremdö  klaghemeren. 
der  wrste  von  dannc  wol  ey  raste  kcrte.  an  cyn  riaer  vil  drete.  daz  meit  mere 
sie  beide  kumber  lerte.  1137  UOn  koste  rieh  cyn  hoch  getzelt.  da  sluc  mä 
vf  de  plane,  tzu  rassalik  gap  svnd^  gelt,  deme  gamoreten.  da  in  belakane.  tzü 
vrande  erkos  vii  oach  nach  prise  tzu  lone.  gap  ir  got  late  vn  lant.  da  vnd^ 
wolten  se  hi  ligen  scone.  1138  DE  nach  se  mid  gemache,  hi  waren  svnder 
swere.  des  vngelackes  sache.  da  in  des  morgens  vrn  eyn.nawe  mere.  da  von 
sie  ymmer  me  an  vrouden  worden''^*)  sigen.  vn  nach  deme  selben  tage,  so 
daz  sie  kumm^  vii  not  begunde  ane  wigen.  Ghemacht  e3rn  eren  schare,  do 
was  der  edlen  iugende.  der  eren  suze  mit  sare.  de  edlen  müsten  er  werben 
vnde  mit  tagende,  sit  daz  ny  wrste  baz  gewarp  nach  prise.  denne  tzionataland\ 
daz  mocht  oach  nicht  geschehen  in  semfter  wise.  Nv  beten  de  arbeite,  de  im 
noch  ny  genaheten.  mit  wrrsten  wcrdtckeyte.  alle  de  sich  kegn  im  darch  pris 
ver  ghaheten.  de  wurden  y  an  hoher  vluste  wnden.  ob  daz  sit  wart  vor  keret. 
doch  swcbt  sin  pris  de  lenge  hoch  tzallen  stunden.  Groz  ere  vnde  kumber 
hebende,  sich  wart  an  in  hi  beide,  in  wMicheit  se  lebende,  se  worden  ouch 
da  bi  in  mangen  leyden.  arbeit  küber  leyt  mid  grozen  eren. 

Drittes  Doppelblatt.     Vorderblatt: 

[vw.  a.J  1547  DE  beiden  nicht  vor  gazzen.  kegn  manheit  irer  krie.    die 

kistcn  ouch  da  mazzp.  nach  helfe  ruf  an  den  de  maghet  marie.  daz  sol  vch  doch 
vor  smahen  hi  vil  kleyne.  tzü  beider  sit  ducente.  de  kegn  strite  waren  in  der 
meine.  1548  Uil  strite  kumt  tzü  prisen.  de  nicht  tzü  vare  würben,  den  iögen 
vnd  den  grisen.  vnd  daz  doch  wed^halp  da  nicht  en  sterben,   waz  yeman  vnd^ 


*)  lichte  durchstrichen. 
"*■ ')  alda  ist  am  Rande  nachgetragen. 
***}  uxyrden  ist  durchstrichen  und  unterpunktiert. 


186  O.  MILCHSACK 

hanuuch  kao  gestriten.  daz  ist  eyn  spil  mid  tocken.  da  kegn  der  schinet  bloa 
an  aUen  sitcn.  1549  Und  doch  sin  girde  ringet,  hi  mit  totlicher  yare.  Tn 
sine  arm  er  swinget.  daz.  machet  tU  der  regeladen  bere.  der  müs  des  selben 
geldes  wid^  borgen,  synder  wapen  striten.  da  nach  eyn  tzagc  ynsanfte  sin  vor- 
borghen.  1550  Dnrch  daz  so  bin  ich  lobende,  daz  selbe  manlich  eilen,  bin 
ich  der  witze  yntobende.  ich  sei  se  noch  wol  tzü  den  besten  snellen.  wan 
sYnd^  wapö  wirbet  vnaortzagende.  des  wibes  helpfen  sonder,  man  ist  durch 
recht  von  siner  mäheit  sagende.  1551  Dar  vmme  nicht  vor  lesen,  sol  nyman 
menlich  werben,  wer  vnder  wapfen  kesen.  wil  vor  vlucht  der  tzaghen  manlich 
sterben,  der  mac  wol  menlich  ere  hohe  messen,  vnd  werd^  wibc  minc.  ich  wen 
der  wirt  vil  klcyn  al  da  vor  gezzen.  1552  Mich  moyet  der  vngetonflen.  not 
durch  ir  ellelede.  v&  der  de  truwe  koufen.  nach  gamorete  ob  daz  gelucke 
wende,  ir  lebens  vor  lust  daz  vrumt  an  wibes  ougen.  da'^r  trawe  rieh  che 
hertsen.  der  vrunde  not  y  galten  sunder  lougen.  1553  DEr  boten  ackerines. 
hi  tzwene  waren  vor  schroten,  owe  des  klagendes  pines.  de  müste  man.  do 
kleyden  tzü  den  toten,  der  eyne  was  eyn. graue  vil  edel  rieh  milte.  der  and^ 
wirt  an  prise.  also  daz  er  tzü  denste  reyt  mit  schilte.  1554  Die  andern  alle 
wunden,  da  betten  in  der  maze.  daz  se  nicht  lazen  kvnden.  ir  tage  reyse  vor 
sich  vf  der  straze.  die  heidcnschaft  hat  tzur  ar  [b.]  cedye  vil  kunste.  so  bin 
ich  svnd^  vraghe.  ob  se  in  selber  weren  rechter  gunste.  1555  Nv  het  ouch 
lebenes  lenge.  Ir  helfe  eyn  teyl  vor  gezzen.  so  daz  der  tot  vil  strenge,  der 
krislen  tzwentzic  het  mid  kraft  besezzen.  daz  gaylet  vil  wenic  sit  beklagete. 
al  er  vomam  de  mere.  an  vrouden  durch  die  beiden  er  vortzagete.  1556  DOch 
split  er  sorge  stucke,  tzün  vrouden  balp  geteilet,  da  sulcher  veder  tzucke.  den 
kristen  het  alsus  der  tot  gemeylet.  der  wVsten  dri  vnde  graben  achte  riebe,  daz 
maz  er  sie  kegn  prise.  daz  sie  geweret  sich  betten  ritterliche.  1557  Nv  wart 
sin  dannen  kere.  vor  in  dri  tage  reyse.  daz  gap  im  sorgen  lere,  wen  er  ny 
selbe  quam  in  groze  vreyse.  er  quam  da  er  eyne  vrowen  horte  schrien,  de 
was  von  fursten  kunne.  de  wold*  eyn  vngenoz  tzü  eyner  amien.  1558  £R 
bette  sie  gar  depliche.  da  von  den  achtzic  meyden.  betrogen  trogenliche.  mid 
argen  listen  vz  dem  hob*  ge  scheyden.  vrians  von  ponturteys  der  was  sin  bru- 

der.  aber  kebeslichen.  durch  recht  be  iaget  sit  der  scanden  loder.  1559  Hy 
reit  der  von  hyspanie.  mid  königlicher  meninge  kegn  im  vf  eyn  ander  planie. 
vnd  sach  die  maget  leidic  vnde  senige.  se  ref  in  an  wen  sie  in  wol  ir  kante, 
der  konTgin  richauden.  se  in  bi  grales  heilichheit  do  mante.  1560  Min  müter 
bi  dem  grale.  er  tzogcn  wart  von  kinde.  vnd*  wart  al  svnder  twale.  der  koni- 
ginnen  richauden  inghesinde.  von  montzalvach  vh  wr  mid  ir  ke^n  spangeu.  owe 
der  leiden  mere.  daz  mich  eyn  s wache  vnart  hat  gevaugen.  1561  IR  stimme 
in  gahens  rurte.  inz  herte  nicht  dar  vmme.  nü  was  der.  se  da  wrte.  vor  aller 
guten  wittzen  gar  eyn  tumme.  er  wol  vor  wapfent  gar  vnd  al  de  sine,  von 
Spangen  der  ghetruwe.  ydoch  ensettzen  wolde  er  nicht  die  pine.  1562  IN 
achte  vn  bannes  vlüche.  was  der  von  poutumeyse.  er  het  eyn  burch  von  [rw.  a.] 
tuche.  mit  listen  sam  se  richer  aller  yreise.  were  vf  einem  hohem  velse  ge- 
vieret.  wer  vzen  was  desehende,  der  wante  iz  were  oc^*)  mermel  rieh  getziret. 
1563  VOr  quadert  mid  gemele.  beide  vzen  vnde  innen,  ydoch  mä  iz  in  hele. 
türme  wickhus  erker  vn  tzinne.     waz    ouch  nicht  wen   tuch    al  dar  gespaunen. 


*)  Das  h  ist  von  späterer  Hand. 


LEIPZIGER  TITÜBELBRUCH8TÜCKE.  187 

do  was  der  berk  so  veste.  man  het  in  wol  entwert  mit  lutzel  mannen.  1564 
DE  cyn  vor  wapeot  waren,  so  was  der  ander  mere.  nv  began  der  vluchto 
▼aren.  der  elelenden  maget  ire  hohen  ere.  mut  vii  willen  gar  tzü  nennen  hete. 
der  jlte  kegn  der  bürge,  roid  maget  mid  alle  dem  volke  vö  gajlete.  1565 
DEr  reit  eyn  ros  so  drete.  daz  ninder  was  in  spanie.  daz  im  gevolghct  hete. 
wed^  an  den  bergen  noch  vf  wilder  planie.  des  het  er  intzü  klejner  stunt  er 
ylet.  nv  was  der  bnrge  straze*  tzu  beider  sit  mit  schach  vndo  rebe  getzeilet.  1566 
Tzom  vnde  daz  ors  vor  howeu.  eyn  teil  wart  bi  den  oren.  cyn  dener  dirro 
vrowen.  da  von  wart  sigelos  kegn  dissem  toren.  wan  er  dem  orse  kvnde  nicht 
enthalden.  ane  alle  de  sine  alleyne.  moste  er  hi  do  der  vengnisse  walden. 
1567  Daz  kebesliger  vruchte.  y  houbet  kronebere.  in  vangeligher  tznchte.  solde 
beroren  lip  owe  der  leiden  mere.  des  wer  im  vor  dem  riebe  nicht  geteilet, 
vnrat  de  den  wirt  daz  1er te.  er  wolte  in  do  mid  tote  han  gemeylet  1568 
ER  wolde  nicht  lenger  biten.  er  muste  daz  houbet  recken,  eyn  mer  quam  in 
den  tziten.  daz  half  hin  nü  von  spangen  den  edelen  recken,  man  het  des  wer- 
des  brod^-  tzwene  gevangen.  richaude  wart  geborget,  des  widewendomes  daz  was 
vil  nach  er  gangen.  1569  DEn  koof  vor  sprach  do  niemen.  vn  dnchte  wol 
gewgen.  der  wirt  do  twene  bintremen.  vor  eynen  borten  nam  al  da  vil  klagen, 
er  schiet  ouch  hin  hüben  dachte  im  vil  smehe.  [b.]  sns  wart  de  maget  ent- 
panden.  ich  wene  daz  se  von  im  doch  traric  sehe.  1570  Nv  wart  tzu  hone 
geneiget,  die  vroude  vber  allo  meiden,  an  klarheit  vz  geseyghet.  was  se  de 
trugen  list  da  het  gescheiden.  von  in  vnd*  daz  de  tzal  do  was  gebrochen,  iz 
müste  alsus  hi  werden,  wan  daz  de  hochetzit  »als  o  were  do  gesprochen. 
1571  Iz  were  eyn  schade  kleyne.  de  vlust  der  megede  herre  hi  wid  dem 
alleyne.  der  wart  geprufent  hundertvaldic  mere.  ob  de  hoch  getzit  erwinden 
solde.  mit  busine  krache,  so  kumt  er  nü  der  klage  wende  wolde.  1572  DEs 
kunfi  vil  vrouden  brachte,  des  konTges  von  hypanie.  dem  marschalc  nich  vor 
smahte.  er  geh*  im  wol  der  maze  wit  der  planie.  daz  in  mochte  nicht  eyn 
spehe  dringen,  dcboten  brot  so  riebe,  gap  man  do  nü  in  vil  an    allen  ringen. 

1573  Vil  manges  landes  herren.  mit  scalle  dar^)  nn  tzogten.  vil  nahen  vn 
verre.  durch  ghude  der  eyne  vor  den  anderS  progten.  mid  kost  vnd  ouch  richer 
gäbe  solde.  sam  wazzer  vnde  berge,  in  irlande  wer  der  art  von  klarem  golde. 

1574  Nv  wolde  gerne  erkennen,  der  konigh  in  sunder  meiles.  de  der  eren 
gart  da  nennen,  künde  vnde  vil  beiagete  eren  teyles.  gaylet**)  dem  eckunat 
al  hi  nv  sagete.     wie  tzionatuland\     der   hoesten  vertzic    von   ir    wirde    iagete 

1575  DO  en  weste  we  gebaren,  er  do  von  vrouden  solde.  o  wol  den  lügen 
iaren.  vil  lebe  gamoret  wan  god  nü  wolde.  daz  du  noch  werest  libes  vlüst  eilende, 
gedrcnge  ny  so  herte  wart  ir  moste  wichen  vor  vwer  beider  hende.  1576 
WEn  SO'  de  ors  geliche.  triben  da  mit  hurte,  fiafi  nv  wiche,  wer  da  ge- 
wesen ir  aller  rede  antwordc.  al  da  nicht  vallend  acker  wolden  mezze.  ob  yman 
se  mid  haze.  da  rurte  der  wer  vil 

Rnckblatt : 

[vw.  a.]   1 692 girde.    hi    nicht 

tzü  bilde  noch  tzu  bald  ***"".  bi  edelen  werden  vrowen.  ich  weys  nicht  wat  de 


*)  Das  r  in  dar  aus  z  entstanden. 
**)  Das  a  in  gaylei  aus  e  entstanden. 


188  G'  MILCHSACK 

also  schone  kleide.  1693  WEr  sich  bi  vrowen  vlute.  kan  lobelichen  haldea. 
wo  doch  ir  reyne  gute,  vil  seiden  lobes  vii  eren  kune  walden.  doch  sit  k^n 
in  behüt  der  tznchte  wise.  wan  lant  siz  vngemeldet  darch  ir  gute  sc  merkent 
aber  lise.  1694  DEr  edel  hoch  kurteyse.  was  dirre  tzucht  al  wise.  ich  meyn 
vz  kamvalejse.  den  du  edel  konfgin  amphulise.  er  tzoch  mid  aller  tngode  si- 
genufte.  an  alle  misse  wende,  der  ruf  in  alle  riebe  phlac  der  kvnste.  1695 
DEs  het  er  svnder  scowen.  von  ongen  alder  diete.  ritter  vnde  vrowen.  hi  iahen, 
goddes  knnfte  hoher  mete.  de  mid  vlize  an  im  vor  de  net  were.  vii  an  des 
grales  herr&.  her  amphartas  do  spilt  kejm  and^  mere.  1696  Dar  nach  Yon 
norwege.  dem  ingen  swertes  degene.  man  iach  im  wol  iz  lege,  sin  klarheit 
wol  kegn.  werder  wibe  segene.  daz  im  der  nymmer  keynes  hazzen  troghe.  tb 
virgolach  der  klare,  wan  daz  er  nicht  an  tugenden  was  der  kluge.  1697 
Uli  lichter  varbe  glänze,  da  luchte  von  mannes  bilde,  alhi  tzu  florischantse. 
der  allir  namen  mir  tzü  nennen  wilde,  wer  ob  ich  halt  nicht  denne  landes 
herren.  be  svnd^  brechte  tzu  merke,  so  müste  ich  mich  in  mnnote  ▼orwerren« 
1698  Gamoret  der  ander,  ist  er  bi  name  nennet,  yil  wert  eyn  kunigh  bekander. 
▼on  baidach  ackerine  wol  er  kennet  sie  habent  wol  geliche  man  Tntfangen. 
sns  iahen  sie  gemeyne.  an  die  ir  beid^  kunne  mocht  erlangen.  1699  AN 
dem  Verden  morgen,  den  ersten  hochetziten.  vorbaz  da  nicht  en. borgen,  da 
weiten  sie  die  ors  tzü  velde  riten.  artus  gebot  man  solde  also  nicht  mere«  der 
▼bermaze  volgen.  daz  sich  die  vroude  an  truren  nicht  vor  kere.  1700  Wir 
ylüten  vf  dem  plane,  egester  sibenhü  [b.]  dert  ittzliger  was  nicht  ane.  hoher 
wrsten  namen  vz  gesvndert.  we  man  sie  dar  vo:  meninge  nicht  entphinde*). 
se  sint  mir  so  bekennst,  daz  ich  her  nach  mi  hertze  intruren  binde.  1701 
ER  wac  de  vluste  der  hüte,  kegn  schaden  also  verre.  tzu  keyner  vrouden 
träte,  wold  er  nymm^  me  vf  al  der  terre.  hochetzit  so  grosze  hi  me  gheprunen. 
tzu  buze  Torlust  der  mage.  heyz  er  diz  gelobte  vber  al  berufen.  1702  ABtos 
den  konigk  laten.  nam  vli  den  konlgk  marken,  detzwene  vnpris  ytaten.  sie 
kvnden  den  vor  graben  vn  besarken.  daz  in  ouge  noch  ore  nymer  me  bekante. 
in  ir  tweders  riebe,  daz  waz  der  ruf  ir  beyder  in  mangem  lande.  1703  Vz 
pandragm  der  vierde.  die  riten  tzallen  ringen,  in  tznchte  (ri)cher  tzirde.  batens 
alle  die  fursten  svndMin(ge)n.  daz  sie  alle  ir  wirde  selber  merten.  so  daz  sie 
tznchtichlichen.  mid  svnd^  schar  tzu  velde  bnhurt  kerten.  1704  Unde  ittzlich 
svnder  rotte,  mit  eyner  schar  gesellet,  hi  frant':yz  da  der  schotte,  ob  vch 
herre  in  holden  ::z  gevellet.  ich  bin  nicht  der  vch  kleit  a(Is)  groz  gebete. 
des  sol  min  recht  vnde  wit*e.  orteyle  gbebn.  ob  ich  mich  tzucbte  niete.  1705 
WEr  mich  der  dinge  bete,  daz  mine  selde  were.  mid  gantzem  willen  stete. 
sold  ich  im  gerne  volgen  dirre  mere.  da  von  so  waren  in  aide  wursten  we- 
rende.  der  bete  svn:er  kriges.  wen  er  ir  selber  selde  was  der  gerende.  1706 
Vnde  y  den  tak  begarbe.  eyn  rote  buhurdierte.  doch  nicht  gelicher  varbe. 
so  daz  sich  yder  man  nach  willen  tzirte.  od^  a(l)s  wir  von  art  daz  vf  geerbet, 
des  wart  ghelich  der  beide,  de  ritterschaft  mid  svnd^  glize  geverbet  1707  SE 
ducht  vf  al  gewge.  an  de  konfge  artuse.  daz  er  des  ersten  trüge,  orhap  der 
ritterschaft.  vnde  für  von  buse.  da  mid  den.  von  britanie  vnde  engelande,  vnde 
de  man  in  precilie.  in  frig^en  in  talimon  erkande.  1708  INliz  in  kambrie.  in 
[rw.  a.]  spolit  tenemarke.  misenlant  ardye.  vnde  von  sweden  deuten  alle  starke. 


*)  Das  d  in  entphinde  aus  g  gemacht. 


LEIPZIGER  TTTURELBRUCHSTÜCKE.  189 

artase  ich  mochte  dennoch  vorbaz  sprechen,  wnftzehen  konige  kröne,  de  im 
tzü  rechtem  denste  nich^  solden  brechen.  1709  Dar  tzü  vz  alle  den  riehen, 
vil  wrstcn  man  der  konige.  wer  al  da  vreaelichen.  in  denstes  wer  gewesen  der 
ober  pvnige.  den  wer  daz  wrsten  amt  al  da  getzucket.  also  daz  er  an  wirde. 
were  da  von  vil  geswachet  ynde  drucket.  1710  DEn  ersten  tak  vnwendick. 
was  artus  ynde  desine.  ir  bnhort  wart  genendick.  also  daz  sie  ge  drenge  Icrte 
pine.  we  doch  hi  florischantze  pleghe  der  wite.  so  daz  de  amelnnge.  der  hnnen 
vil  da.  qusme  onch  tzu  strite.  1711  Mit  eren  sie  iz  hoben,  mit  eren  se  iz 
lezen.  wan  daz  der  luft  da  tmben.  begnnde  iz  mochte  die  werden  wol  vor  drezen. 
darch  klare  vel  vnd  gibt  den  enge  g(er)te.  artusen  von  do  kerte.  vf  grone 
wasen  von  ackerberder  sete.  1712  DEm  vanen  da  nach  tzogeten.  die  andern 
algemeyne.  waz  itzli(g)e(r)  pmgeten.  daz  sol  von  mir  gesaget  werden  klejme. 
wan  8vnd^  grozen  schaden  wol  (tz)a  prise.  worben  die  da  waren,  daz  riett*) 
vz  pandragun  der  aide  wise.  1718  DEr  werde  von  yspanie.  des  andren  tages 
tznm  negesten.  der  wrte  vf  der  planie.  ane  artas  de  tursten  vnd  die  nehesten 
bantzier  vn  hurteger  den  stoltzen.  dar  tzü  den  von  ybeme.  von  roten  castelen 
wrte  er  karifoltzen.  1714  VOn  granat  von  darlentze.  dar  tzu  de  von  galitze. 
ir  Schilde  lichter  glentze.  ob  ich  iz  lange  tribe  daz  were  vnwitze.  ob  se  hi  vil 
wol  riten  da  bi  man  sebekande.  des  dritte  tages  pnnirte.  listandes  konigk  in 
vrankricher  lande.  1715  DEm  volgten  de  von  arle.  vnde  ouch  de  von  ge- 
runden, vnd  ouch  die  von  (l)amarle.  von  kvmerci.  vnde  de  provinz  da  vil  wol 
pruuen  kvnde.  von  berbester  vnde  von  naribole.  ob  die  pris  beiageten.  so  wart 
in  stoltzer  wibe  gruz  tzA  lone.  [b.]  1716  Tionatulander.  des  vierden  taghes 
wolde.  wes  wart  er  nicht  der  ander,  tzü  ritterschaft.  ob  ich  daz  sagen  solde. 
von  kraft  der  lande,  frankrich  vnde  spange.  vz  waleyz  vnde  anscowe.  de  wrsten 
volgeten  im  vf  der  plange.  1717  Unde  ouch  vz  kingrivale.  von  norighals  die 
kvnen.  mid  lichtem  sinidale.  ir  buhort  da  machte  bleych  den  anger  grünen, 
von  kathelangen  vnde  von  graswaldane.  de  kvnden  wol  den  itig§.  nach  grozen 
eren  riten  vf  dem  plane.  1718  Nv  waren  von  komuale.  der  edel  kone  marke, 
nicht  lenger  haben  twale.  da  an  dem  wnften  tage  wolde  der  starke,  rieten  pnnejs 
mid  den  von  grauiole  vn  de  von  kornvale.  vnd  laridande  vii  de  von  tintaniole.  1719 
DEn  scxtcn  tac  nü  tzirte.  von  list  der  kvnicgk  scüte.  manlich  er  kvnduerte.  den 
pünt^ys  lank  mid  manger  vrowe  trute.  von  barbigol  vnd  de  von  auendrone.  von 
barroch  libusch.  de  holden  vil  puneyse  in  mangem  done.  1720  Dar  nach 
quam  tac  der  sibede.  do  reit  der  von  naverre.  ob  nv  der  erde  bibede.  ia  wa 
sich  der  puneyz  svnd^  harre,  nach  der  paniere  vloge  al  da  geneiget,  het  er 
fürsten  riebe,  vnde  wite  laut  daz  wart  da  wol  ertzeiget.  1721  DEr  tage 
wurden  dritzic.  mid  konTgcn  vnderscheiden.  der  itzeliger  vlitzic.  da  was  we  er 
den  anderen  vber  kleyden.  da  mocht  an  richer  kost  vnde  an  der  tete.  vber 
alle  hochefzite.  wart  hi  von   dieser  nv  geprüuet  stete.      1722  Ob  ich  nv  svnd^ 

nante.  de  dritzic  an  daz  ende,  itzeliger  wol  hewante.  den  anderen  dort  desint 
vns  nv  eilende,  ir  decke  ir  panier  vnd  ir  lichten  schilde.  we  se  da  mit  ge- 
florieret ouch  riten.  ich  wen  tzü  sagene  iz  vch  bevilde.  1723  Die  dritzic  ko- 
ningc  alle,  y  eyner  vf  den  ander,  da  riete  sus  mit  schalle,  an  dissen  koning 
was  tzionatulander.  den  wrsten  an  der  tzirde 


*)  Das  zweite  t  in  rieU  ist  später  eingefQg^. 


190  O.  MILCHSACK 


Viertes  Doppelblatt.     Vorderblatt: 

[vw.  a.]   3030    vDde  sterben.     3031  Hi 

wid^  vf  plenantze.  de  ritterscaft  was  tzilende.  woz  da  manige  schantce«  nacb 
gevelle  siccurejs  was  spilende.  daz  im  gevel  daz  wart  ir  vngevelle.  wer  ir  kegn 
im  was  körnende,  der  hete  leng^  nicht  deheyne  twelle.  3032  Der  wart  so  tiI 
da  ligende.  das  iz  den  barruk  mute,  herre  gar  vnuortzigcndc.  hi  miner  denste 
lazt  durch  vwer  gute,  biz  yber  morgen  bringt  vns  vwer  ghcsellen.  ich  läse 
ouch  svnder  gelten,  der  miner  also  vil  nicht  gerne  vellen.  3033  Nt  iach  der 
trowen  stete,  von  tabranit  der  riche.  daz  er  iz  g^ue  tote-  do  sceiden  sich  de 
w^den  wMichliche.  da  von  ouch  siccurejs  de  babilone*  vernamen  dirre  mere. 
de  iahen  daz  si  ouch  der  miile  tzu  lone.  3034  Uil  ritterlichen  werben,  keghn 
gamoret  se  wolden.  er  muste  nu  aber  sterben,  durch  daz  tzü  rechen,  senu  Yon 
im  dolden.  neyn.  sprach  da  sjccurcys  ich  hä  gedinget,  dur  willen  werder  wibe. 
daz  nyman  totlich  var  mit  zoste  bringet.  3035  Wir  willen  vf  plenanze.  mit 
ritterscefte  kiesen,  wer  tzeyncm  werden  krantzc.  der  mine  tzeme  daz  er  icht 
gar  Yor  liese.  der  wMe  wibe  minecliches  gruzen.  wer  dar  vor  denct  trege.  der 
solte  iz  den  gote  vnde  der  mine  buzen.  3036  DE  vrteyl  wart  gesprochen, 
vbr  al  de  wilden  kriechen,  sin  pris  der  wer  gebrochen,  vnd  er  wolte  an  hohen 
eren  siechen,  so  daz  ich  werde  wip  icht  gruzen  solten.  all  de  mit  tzioste  valle. 
al  hi  von  min"*)  reysen  vor  liesen  dolten.  3037  Unde  wer  ir  eynen  valte. 
der  solte  des  jmm'  mere.  an  lobe  de'  betzalte.  sin  ouch  wa  man  den  werden 
bntet  ere.  de  sol  er  habn  vnd  muz  se  habn  tzwispilde.  hi  des  gedingen  riche. 
sich  vroute  manig^  dem  er  wart  vil  wilde.  3038  De  recken  vb'mute.  an  deme 
dritten  morghen.  mit  herschaft  vber  vlute.  se  tzogten  her  iz  was  [b.]  an  in 
vor  dorben.  ouch  truren  vnd  ouch  tzegelicher  vorchte.  im.  pris  wolten  se  oben, 
der  vil  al  hi  vnrechte  hochvart  worchte.  3039  De  brudcr  tzwene  entphiengen. 
den  barruk  da  mit  rechte,  vil  scone  se  kegn  im  giengen.  a  hVc  wir  sullen 
durch  krumme  nicht  der  siechte,  enbem  ir  krümmet  dar  ir  hus  heyme  suchet, 
ob  wir  vch  nicht  emphiengen.  da  mite  wir  vnse  suchte  nicht  beruchet.  3040 
Der  barruch.  nü  lazt  mich  nicht  entgelten,  daz  ich  tzu  babylone.  vch  beyde 
han  gesehen,  also  selten,  also  ir  mich  tzu  baldac  vnvordrozzen.  vil  ritterlich 
gesahet.  des  wir  tzü  beyd^  sit  nicht  habn  genozzen.  3041  König  syccureys 
wol  künde,  hi  beydenthalp  gebrechen,  de  rede  von  irm  müde,  der  suzc  be* 
gunde  suzichlichen  sprechen,  wir  sullen  hi  besehen,  wer  n(o)ch  minne.  vil 
ritterlichen,  werbe,  tzu  beyd^  sit  an  vluste  vnd  an  gewinne.  3042  Nv  liezen 
se  de  drigen.  des  ersten  an  eynand\  ydoch  se  künden  bringen,  tzioste  daz 
man  trüzen  san  galäder.  da  in  den  lüften  sach  vil  hohe  viegcn.  geberde  ritter- 
lichen, künden,  se  eynand^  vil  wenic  triegen.  3043  Gar  tzwierhande  kleyde. 
hi  gaben  de  tzioste.  luft  vii  erden  beyden.  da  wurden  wol  bekleyt  mid  richer 
koste,  de  trunze  in  den  lüften  hohe  weten.  von  clienthaften  hendeo.  de  ritter 
in  de  blume  se  da  seten.  3044  Do  se  tzü  beyden  sitcn.  do  spi Inten  dirre 
schantze.  do  sach  man  drundcr  riten.  den  mä  da  gap  der  miiic  tzü  eynem 
kränze,  de  svnne  ir  abentreyse  het  er  griffen,  man  solte  des  morgens  striten. 
daz  wart  mit  rate  och  aber  vnd^  sliffen.  3045  Durch  lop  der  abenture.  der 
vride  wart   gelcnget.     tzü   hoher   miile   sture,     würden  se  des  morgenes  da  ge- 


*)  Das  er  ist  von  spaterer  Hand. 


LEIPZIGER  TTTURELBRÜCHSTÜCKE.  191 

phrenget.  de  hoesten  vber  allen  heran  beyden.  da  solte  man  luft  Tode  erde, 
mid  ritters  wre  werdichlichen  kleyden.  3046  Daz  (wart)  nicht  voder  standen, 
man  sach  de  edlen  vrechen.  mit  clienthaften  handen.  sper  vii  seilt  so  hurtich- 
lieh  tzü  brechen,  daz  sin  der  luft  an  [rw.  a.]  kleyden  moz  enphinden.  vnde 
honbet  kronebere.  mochte  man  in  den  blumen  ofte  vinde.  3047  Waz  do  tzü 
beyd^  siten.  der  konige  wrsten  were.  de  sach  man  also  riten.  daz  der  meje  ny 
80  wnnenbere.  hi  blicke  varbe  brachte  de  der  tzim(ir)e.  an  klarheit  mochte 
genozen.  von  steyne  golde  siden  mang^  tzirc.  3048  Dem  voget  ackerine.  en- 
baten  se  mit  hulden.  ob  er  durch  wir::  sine,  eyn  tzioste  hurtichligen  wolde  vor 
dulden,  de  wolte  ritterlich  ouch  ge(r)ne  e(n)t(p)hahen.  Pompeyus  der  werde, 
daz  liez  im  nicht  durch  hohe  tzucht  ▼ersm(ah)en.  3049  Were  ich  im  vor 
sagende,  wer  mochte  mir  daz  geraten,  ich  bin  von  sculden  klagende,  daz  sc 
mich  y  so  selten  icht  geb(a)ten.  de  herren  ml  des  han  ich  sere  entgol(ten). 
ich  wil  ir  bete  leysten.  odr  ich  si  an  hoher  wMicheit  beecolten.  3050  Se 
sint  der  tzuchte  begernde.  durch  daz  ir  gruz  de  erre.  vch  hi  sol  weseu  we- 
rende.  so  enput*der  an(d)::  ypomidon  ml  herre.  der  gamurech  ob  (er)  icht 
tzios(tc)  ruche.  si  er  von  mir  gelet(zet).  daz  er  (and^)  weyde  sin  heil  vor 
suche.  3051  M(a)n  ist  se  beyde  werende.  der  zoste  svndcr  (va)re.  vnde  sint 
se  des  begerende.  daz  da  ge(m)achct  y  gedladen  bare,  so  lazens  hi  gchcke 
vnd  ellens  scheyden.  daz  sol  belibcn  (w)endic.  sprach  aber  siccureys  der  werde 
::(y)den. 

-LV-  abenture  von  pompey  vnde  |  ackerines  tziost.  (roth) 

3052  POmpey  vnd  ackerine.  vor  tzachheit  de  beklibene.  eyn  tziost  von 
rabine.  wart  also  hurtichlich  do  dar  getribene  daz  de  sper  alsam  eyn  glas  gar 
tzü  Sprüngen,  de  spretzö  mid  de(n)  truntzen.  verworen  in  der  hohe  de  lenge 
ru:gen.  3054  Nv  wurden  se  ge  sceyden.  ir  ca:itan  de  werden,  de  luft  se 
künden  kleyden.  da  naket  vii  bloz  vil  gar  der  erden,  se  svnd^  kleyd  gar  svnd^ 
dank  vor  gazzen.  strege  vnde  wid^  strenge,  was  hi  da  mit  se  lobe(li)chen  sazen. 
3055  Nv  sach  man  aber  triben.  [b.J  da  tzwene  her  mit  niten.  wer  hochelobten. 
wiben.  lebe  trage  der  wüsche  daz  er  miten.  daz  vngelucke  muze  baz  den  eyne. 
ir  eren  kränz  vnde  kröne,  vor  allem,  valsche  kund  er  wip  y  reynen.  3056 
Ich  meyn  den  abenture.  vz  manger  not  gewiset.  da  hat  mit  seiden  sture,  daz 
er  ouch  y  von  dannen  scheit  gepriset.  god  vii  sin  recht  sol  in  noch  vorbaz 
leyten.  in  siner  werde  iugende.  ia  quam  er  doch  tzü  vrü  kegn  arebeyten. 
3057  Do  wart  gesezzen  vaste.  tzu  valle  wid^  strebene.  der  wirt  kegn  dissem 
gaste,  alle  sin  gote  er  fürte  vil  hohe  swebene.  svnnen  man  vü  ouch  destern 
an  schine.  so  wold  er  selbe  sin  eyn  god.  durch  daz  so  müst  der  gast  nu  dulden 
pine.  3058  Vil  hurtichlich  er  sprenget,  hi  wurden  vf  dem  plane,  mit  sporen 
da  gctwenget.  tzwey  ors  vil  drate  vnde  aller  tzacheit  ane.  decke  vnde  wapen 
rok  gabn  doz  mid  lüfte,  von  irre  widmen,  sprangen,  der  ors  als  ob  se  vlugen 
da  mid  gufte. 

•LVI-    abenture  |  we   ypomidon    von   gamoretes   tziost  |  viel,    (roth) 

3059  IR  ougen  maz  nu  brachte,  de  sper  tzü  rechter  merke.  a1  inder 
mut  gedachte«  man  vü  ors  vil  sper  de  phlagen  sterke.  ir  sper  vf  schilde  ga- 
ben doz  mit  krache,  ypomidon  der  riebe,  da  in  den  blume  lac  mit  vngemache. 
3060  Getzucket  wart  er  gehe,  von  konigen  rieh  den  blüme.  vor  keyner  slachte 


192  G.  MHiCHSAGK 

smehe.  sol  iz  hi  Djmaii  haben  wen  tzu  rume.  al  minen  goten  smäf 
werde,  bi  ich  hi  willichlichen.  gevallen  wan  iz  was  ir  groz  begirde.  3061  Dt 
ere  ist  yngemezzen.  de  se  mir  wellen  fugen,  vnd  ob  ich  wer  beseizeD.  dir 
vmme  sc  min  vil  gar  vnd^  singen,  iz  so  de  viende  in  striten  machen  kune.  du 
se  vlncht  vor  miden.  so  wirt  mid  in  bedakt  vbr  al  de  grüne.  3062  Mit  diiR 
▼alschen  ere.  gewan  iz  tzwierhande.  er  scamte  sich  deste  mere.  wan  er  tia  eynen 

Rfickblatt : 

[vw.  a.]  3187 den.    vnd  wer   der  ejnen  emerte. 

dar  vmme  tzehen  sterben  musten  liden.  der  itzeliger  vil  sccdeliger  were.  ge 
seilen  gantzer  truwe.  vnd  sippe  wirret  dicke  snlhc  m(e)re.  3188  Das  ich  na 
witze  hete.  daz  wer  mid  veh  geteylet.  mit  lere  vnd  och  mid  rete.  so  dats  swir 
svnd^  scadcn  vngcmeylct.  mit  heile  bliben  lobelichen  lebede.  den  trost  md  den 
gedingen.  si  allermalk  im  selben  willich  gebende.  3189  Ich  bin  Tch  trost  hi 
wegende,  der  vns  gelucke  bringet,  de  strit  kegii  vns  eint  phlegende.  dai  ist 
eyn  wilder  dett  so  mnzet  geringet,  gesammet  also  wit  in  lant  de  virre.  vad 
bekennet  truw"  noch  mifle.  wol  halp  vnde  me  vnds  wirt  an  mäheit  irre.  3190 
So  sin  wir  alle  gesellen,  edr  mac  mit  truwen  riebe,  daz  kan  dem  man  sin  eilen, 
so  wenken  daz  er  vrunde  helpheliche.  sins  selbes  kraft  vnd  viende  nicht  ist 
sparende,  wer  sus  in  noten  wirbet.  der  ist  mit  truweu  vnde  mid  eren  Yamdet 
3190  Cardigun  nü  rite,  bi  mincr  swestcr  kinde.  in  mangem  starken  strite.  kü- 
destu  7  vornoten  wol  cnbindcn.  de  vz  er  baledeyse  mit  dir  wren.  dem  inte 
konigkriche.  vnd  dir  doch  keyner  helfe  ny  geswnren.  3192  Daz  schuf  din 
menlich  gute,  mid  truwen  vnde  mid  milte.  also  daz  ir  gemnte.  doch  kejmer 
dcnste  ny  kegn  dir  bevilte.  al  sulhcr  dcnst  der  wirt  den  vienden  strenge,  der 
vrunde  er  twungenlichen.  tzu  noten  fürt  de  tu  wert  nicht  de  lenge.  3198 
Algusier  von  parligente.  de  künde  miner  swester.  dir  sippe  fundamente.  hat  hi 
also   daz   se   eyn   teyl   noch  vester.     da   lit  kegu  dir  denn^  ich  wand  erst  din 

bruder.  den  se  da  vatcr  heyzent.  des  vater  sippe  ist  von  voder*)  den  der  mnter. 
3194  Uon  karlisibunden.  persap  du  ellens  vester.  din  truwe  segebunden.  vil 
vestc  kegn  den  kinden  miner  swester.  ir  vater  [b.]  dich  von  arte  vctter  nennet 
de  truwe  vnde  alle  stete,  ist  vi]  lange,  wol  an  di(r)  so  be  kennet.  3195  Der 
Senator  von  ponte.  vnde  pohurat  von  pureile,  vil  eskcli(e)  vnde  likontc.  vnd 
amazur  der  werdichcit  vil  helle,  de  virre  von  ir  manheit  ist  erklungen,  vz  vwer 
beyd^  riebe,  vere.  ich  weyz  veh  bcyde  g^ne  bi  den  iügen.  3196  Uon  sar- 
rassol  nu  rite,  menlichen  kegn  den  vienden.  der  nünden  scar  nu  :::te.  alle 
d:ne  vordere,  sich  y  binden,  pytagoras  din  vater  an  ritterscefte.  vil  hohco 
pris  betzalto.  aripuleys  gedenke  der  hohen  krefte.  3197  Gevrunt  vnd  euch 
gemaget.  wart  ich  ouch  ny  so  gerne,  nu  wart  da  vil  gevraget.  nach  konigen 
tzwen  de  waren  gar  mit  kerne,  der  manheit  svnd^  scal  von  kinde  er  altet.  vil 
guter  rittcrscef::  iach  der  barruk  wirt  ouch  von  in  ghewaltet.  3198  Der 
eyne  heyz  ardibuntze.  dem  konlge  von  zisarie.  vnd  ouch  her  kule  duntze.  dem 
konTge  vnd  heyz  8i(n)  lant  orledaric.  se  wurden  bracht  :::  helfe  dem  atmerate. 
er  sprach  nu  s:::::::  phlegende.  der  nünden  schar  mi(d)  hcl::  vnd  ouch  mit 
rate.     3199  Mit    kunlgen    ::::    gehuren.     wil    ich    nu  scar   de    nünden.     (nach) 

*)  Das   r  in  t*w7«r  und  319G,  3  das  o   in    nünden    von    späterer   Hand    flbergre- 
schrieben. 


LEIPZIGER  TITURELBRUCHSTOCKE.  193 

wr  de  andern  sturen«  tsa  helfe  den  iii(ge)n  suzen  klaren  vrunden*).  de  mines 
selbe,  vreche  sich  gelichent.  minen  vil  leben  kinden.  den  si  geschickent  siten 
eben  r:::hent,  3200  Bolitars  der  bmne.  vz  dem  ri:::  kahafiese.  ynde  de 
knnTgk  fortnne.  de  g(an)  im  sitzen  wo!  an  dem  genieze.  ia  da  vil  :dicheit  im 
nicht  entriset  der  knnTg  v(on)  grunlanden«  vnd  vtrejz  der  was  y  al8(:m)  ge 
priset.  3201  Kavnen  ?h  apollen.  (mam:::)  ynd  temiganden.  bevil  ich  gar 
de  ▼olle(n).  de  in  der  nvnden  schar  ti  manchen  la:::  da  bi  dem  iügen  klaren 
sint  (d)e  ▼a(re)nde(n).  vnd  dar  nach  al  de  mine«  de  se  da  :::::  vor  vngelucke 
sparende. 

[rw.  a.]    LVIII-  abentnre  we  krechen  ir  boten  santen  dem  |  barrach 
vn  we  jpomidon  |  sine  schar  schikket.    (roth) 

3202  DE  konige  svnderlinge.  als  se  tzonand^  horten,  sich  ::7ten  tzu 
e7(ne)m  ringe,  de  sich  an  der  wite  vbn:  enporten.  j  mitten  santen  da  de 
wilden  krechen.  man  solde  des  morgens  machen,  vil  magen  toten  vnd  euch  von 
wunden  siechen.  3203  Und  ob  iz  vch  gevalle.  daz  ir  de(n)  :::::  tzu  malen, 
in  eynem  tage  mid  alle«  eder  wolt  ir  da  halten  svnder  twalen.  mit  :::bem 
her  edr  mit  dem  drit(ten)  tejle.  was  dar  an  ist  vwer  will(e).  daz  ma- 
ch ent  vch  die  kriechen,  vil  wol  vejle.  8204  Man  hat  vns  nu  vil  lange,  vwer 
sch(ar)  benant  eyn  en(de).  ob  se  mit  dem  gedrange.  sin  gelich  vnde  manheit 
der  genende,  se  haut  sich  mid  der  tzal  kegn  vch  geliche(t).  ich  meyn  abr 
(a)nder  g(lit)ze.  h(a)nt  se  vch  r.eftichlichen  (vb)er  riebet.  3205  IR  sult  vch 
herre  beraten,  in  rede  vnde  antword"  gebende.  al(s  y)  de  wisen  taten,  se 
jehent  sus  ob  er  sit  gerne  lebende,  so  sult  ir  vch  des  parruk  (a)mt  (vo)rtzihen. 
vnd  onch  des  atmerates.  (v)nd  wellent  se  vch  nynyue  tzu  leben  lien.  3206  Der 
haut  se  vil  ver  suchet,  saget  in  von  ackerine.  so  bin  ich  der  iz  nicht  ruch^;. 
(i)z  muzen  swert  vf  lichter   helme   schine.     (e)r  klingen   helle  e  daz  sich   ditz 

vorteylet.  (a)l  sund^  striten  neme.  iz  wirt  geslaghen  wunden  de  nicht  geheylet. 
3207  Mit  vrlobe  was  varende.  der  böte  von  kaldeye.  er  was  de  rede  vnspa- 
rende.  was  ackerin  ::rede  mangerleje.  ypomidon  mit  tzorge  tobt  in  lejte.  er 
sprach  ich  wil  von  erste,  al  min  here  hi  scaren  ander  weyde.  3208  Unde 
was  do  vrede  gebende,  nu  tzwier  taghe  mere.  de  wile  wir  sin  der  lebende,  sit 
ackerin  wir  mochten  noch  eyn  ere.  an  im  behalten  daz  er  den  stol  enphnnde. 
vnde  [b.]  baldac  svnd^  verebte,  de  phorten  vor  in  wol  entslizen  künde.  3209 
Nv  boret  we  se  scharende,  da  sin  d(i)  babilone.  kegn  strite  schone  varende. 
vil  me  denn  sibntzic  (k)onTge  von  vns  kröne,  tragent  we  de  (b)arruch  vnd 
ouch  de  sin(e).  vns  da  mite,  nu  8(wa)chent.  daz  rieh  ist  svnd^  vnde  de  gote 
mine.  3210  Daries  von  orledvne.  wol  stark  in  siner  krefte.  si  (d)az  (dich) 
f ossär une.  nicht  tragen  möge  so  h(ey)s  mid  meyster  schefte.  eynen  elvhand 
reyten  dir  edr  eyn  ol(b)enden.  du  sold  ouch  y  des  ersten,  mid  diner  kraft 
de  viende  vf  sedele  phenden.  8211  Uon  ir  guftlich  schallen,  daz  se  min 
y::::  yten.  getorsten  mid  den  (al)len.  de  ich  da  kan.  vz  maugem  riebe  leyten. 
der  ich  y  tzwene  füre  kegn  sin  eynen.  der  muz  in  yrlanden.  der  witwen  vnde 
weysen  vil  bewejmen.  3212  Din  lichter  van  gerichet.  von  (s)abene  luter 
witse.  dar  inne  tzu  berge  slichet.  eyn  trache  (r)ot  bekrönet  wol  mit  vlize.    da 


*)  Das  V  in  vrflnden  ans  tc  entstanden  und  3201,  3  das  h  va  V^^ViN.  v»&  ^. 
OEKMANIA.  neue  Beihe.  Xll  (XXIV.  Jahrg.)  \% 


194  G.  IfHiCHSACK 

txu  getmwe  ich  keynes  holdes  handen.  man  sol  in  vmbedilLeiL  ndt  diittBe  «ol 
vor  waphenden  elphande.  3213  Unde  das  der  vane  ir  ejrne.  da  Tod^  aecme  nie. 
tsehen  ritter  nicht  der  kleyil.  vf  7  dem  el£ande  korlich  wol  mit  itrite.  in  «ik- 
huseren.  bereyt  mit  bogen  starken,  de  man  txehe  mid  winden.  w£  icharler  itial 
gewUet  wol  eyn  arken.  3214  Uon  yser  decke  drie.  vf  ydeme  elfimde.  vnde  dar 
txu  vnder  sie.  von  palmat  vil  dicke  wol  eyner  hande.  vnd  dar  tm  phelle  vil 
rieh  vnde  stark*  gebende,  von  yser  vmb  vnd  vmbe.  daz  ejner  von  dem  anden 
icht  enwebende.  3215  Dv  kunigk  von  aflPrisvne.  rit  bin  mit  dariele.  k 
dich  ordegnoe.  du  treyst  von  vns  de  kröne  vnde  hast  modele,  von 
dem  w^den  ackzidicre.  sam  tut  der  kunigk  papires.  von  trogdiente  mit  koste- 
richer  tzcire.     3216  Elyos  von  achyente.  vnde  du 

Fünftes  Doppelblatt.     Vorderblatt: 

[vw.  a.|  4190  der  konigh  der  ny  vor  derben,  lie  sine  pris  des  wd  im 
selber  gonde.  er  ie  de  kröne  was  vor  wrsten  tragende,  sol  manheit  lop  erwerben, 
so  ist  man  im  pris  wol  vö  rechte  sagende.  4191  Was  ackerin  hi  worbe.  tiu 
helfe  den  wiben  kristen..  ich  wen  des  icht  v::durbe.  er  wolde  se  vor  noten 
g^ne  vristen.  er  bekante  wol  der  babiloue  kriege,  daz  se  mit  starker  raelie. 
de  mid  dem  anker  künden  lutzel  triegen.  4192  Pansor  von  salaoien. 
wart  nu  her  gewinket,  der  von  der  grifenien.  der  not  enphant  die  kegn 
tote  sinken,  wan  se  de  hochelobten  sere  klageten.  sycnreys  iren  herren.  vnd 
OQch  ypomidon  den  vnvortzageten.  4193  Des  tod  in  hertzen  ruwe.  im  gup 
vor  sicnreysen.  durch  de  vil  hohen  truwe.  daz  er  bi  helfe  künde  wol  erbeysen. 
vnd  da  mid  er  getset.  wolde  ir  herren.  vz  tabrunit  de  geste.  von  den  so  sadi 

man  hi  noch  grandueren.  4194  Panso  de  muste  bi  losen,  der  iunge  von  Co- 
lone, wer  in  euch  tzü  den  bösen,  tzalte  durch  haz  wer  kegn  der  wibe  lone. 
den  er  vil  werdichlichen  dicke  entphahen.  wol  kundc  durch  sin  eilen,  des  in 
tzü  denste  künde  ny  vor  smahen.  4195  IR  sefte  wart  eyn  krene.  ich  meyn 
de  vz  vriende.  de  werrden  herren  tswene.  vorlum  vnd  de  mit  räche  daz  geben 
ende,  se  würben  daz  de  lebenden  also  bindet,  an  lobelicher  krefte.  daz  men 
der  da  vil  ninmer  mer  enphindet.  4196  Der  do  von  salauie.  der  vreyse  wart 
ir  schricket.  kordes  so  hal  sin  krie.  er  kerte  hin  da  vil  der  swerte  blicket, 
alda  der  barruch  mit  dem  atmerate.  tzu  helfe  den  geteuften,  mit  swerten  im 
da  vil  gewenket  hate.  4197  Wa  daz  de  marrocheysen.  den  vanen  mid  kavnen. 
da  sahen  vnde  der  vreysen.  da  richten  se  sich  durch  den  vanen  brunen.  se 
wanten  daz  euch  ackerin  da  were.  durch  daz  so  wart  sin  wink  in.  dem  vanen 
koningk  den  kris  [b.j  ten  helfebere.  4198  Hi  tzionatulander.  vil  gheme  sach 
ir  dringen,  vnd  euch  vz  helm§  glander.  sach  da  defunken  hin  kegn  den  loften 
springen,  er  wold*  nicht  tran::nen  der  vert  er  lazen.  kegn.  den  von  akratone. 
im  was  tzu  mute  er  muste  sich  hi  mazen.  4199  Der  hurte  mit  gedrange.  als 
er  des  vanen  phlegete.  man  lieh  vnd  also  lange,  daz  in  euch  der  von  gras- 
wa't  nü  gelegete,  ob  er  daz  wirbet  daz  ist  im  wol  tzu  danken,  ir  tusent  im 
tzu  hurte  reyt.  der  starken  eyner  vnde  nicht  de  kranken.  4200  ER  brach  se 
von  eyn  ander,  de  dicke  machte  er  dünne,  ydoch  vor  drungen  vander.  kabel- 
litor  ich  wenc  vil  dicke  eyn  brunne.  der  ank^  von  dem  füre  daz  nu  schreten. 
de  hi  dem  vanen  warfen,  der  kund  er  hi  mit  tote  vil  tzu  rieten. 


LEIPZIQEB  TITUtt£LBBUCH8T0CKE.  195 

-LiXXXnn*  abentare  we    gamoretb    der    ba  |  bilonen  vanen   neder 

slngbeo.  (rotb) 

4201  DIt  txomes  vber  walte,  den  akraten  er  wante.  daz  er  (nich)t  vor- 
baz  tzalte.  da  mit  dem  Tanen  pris  den  manerkante.  dem  vaue  ::rt  de  stange 
also  vor  acroten.  daz  er  b::::  da  nidere.  den  Bchachtelvr  den  valte  er  da:: 
toten.  4202  Pompeyo  ny  so  leyde.  gesirach  bi  einen  tziten.  er  wolde  in 
andVeyde.  :n  wider  beyzen  tzucken.  tzo  allen  siten.  da  wart  gedranc  na  saeh 
man    ecknnaten.    k::n   den  von  babilone.    gedringen    boret  wie    se   nn  ""taten. 

4203  O  we  des  na  klaaditte.  dir  mochte  hi  wol  getroomen.  der  anebos  vnd 
de  smitte.  alsas  (k)and  sich  din  amiz  wol  vor  goomen.  das  er  von  allen  kriechen 
slahen  dolde.    sam  aneboz  in  smitten.    daz   er  ydoch  vil   g^ne  ghelden  wolde. 

4204  Wol  mochte  schrien  wafen.  ▼(or  8c)hricken  hi  deme  bertsen.  ob  iz 
nicht  was  enslafen.  vnd  ob  im  nahen  gie  der  iamers  smeyzen.  daz  er  dir 
nicht  de  not  tzu  kanfte  sagete.  so  wen  ich  wol  din  vroade.  na  were  kegn 
hochemate.  de  vor  tzaghete.  [rw.  a.]  4205  ER  was  ydoch  der  wemde.  sich 
selben  vnde  din  traren.  ob  da  belibe  yntzemde.  din  lachen  daz  geschach  von 
langen  ture.  ob  er  oach  daz  kegn  vber  kraft  erherte.  in  also  ifigen  iaren.  vii 
kamder  von  dan  der  lide  vnerscherte.  4206  Des  machta  g^ne  danken,  dem 
von  dem  hoesten  trone.  mid  werten  mid  gedanken.  salta  gevalden  hende 
(b)ieten  scone.  vf  tzu  dem  himel  dar  tzu  daz  hertze  vndc  ougen.  ob  er  tsü 
kanadicke.  noch  da  de  kröne  tragende  ist  vnloagen. 

•LXXXV-  abentare   we   ekkanat   slacb   pom  |  peiam   tzu   tot.  (rotb) 

4207  DE  swert  hi  hohe  warfen,  mid  henden  ellenhatften.  als  de  de  wer 
bedurften,  de  schirb?  vlogen  hoch  gelich  den  scaften.  von  iren  Schilden  vnd 
von  lichten  helmen.  ir  stimme  der  sinne  grozen.  horte  man  ie  siege  da  vf  er 
gelmen.  4208  Rabellitor  de:  bruder.  seruk  vz  firmbe.  der  na  des  strite(s) 
roder.  wol  tzihen  künde  er  was  an  stritt(e)  wi8e(r).  daz  im  de  karrastschen. 
wäre  tzu  plegene.  mit  den  goten  gescha£fet.  dacht  er  vnd  oach  der  brater  sich 
tzAr  weghene.  4209  Seruck  mit  sonen  tzwentzig.  den  brud^  wil  na  rechen, 
de  worden  des  gar  entzic.  daz  (al)  da  hejzet  heim  vnde  schilt  tzu  brechen, 
d:  striten  mit  dem  grabejdoys  vil  strege.  durch  kabellitoren.  de  wüden  wit 
de  wachsen  an  derlenge.  4210  De  selben  must  er  vellen.  wold  er  nicht  selbe 
Valien,  de  tzwentzic  hergesellen,  de  trugen  im  daz  hertze  groz  bi  gallen.  dar 
tzu  der  vater  strites  was  eyn  recke,  von  iugent  in  daz  alder.  heys  er  devirre 
wit  des  mates  quecke.  4211  Der  note  was  hi  warende,  ouch  nyman  der  ge- 
teuften, daz  tet  im  helfe  sparende,  wan  se  des  selben  koufes  vil  da  kouften. 
da  mit  der  ellenhaften  .was  beschricket.  ydoch  was  er  wol  sehende,  daz  ecku- 
nat  der  [b.]  heim  lichte  blicket.  4212  Dem  vater  vnde  den  kinden.  wart  iz 
vil  sere  enblanden.  daz  eckunate  binden,  der  vogt  so  kvnde  von  tzwen  hun- 
dert landen,  der  tzal  gebrach  se  an  dem  worfel  tsinken.  vnde  der  vz  kana- 
dicke.    so  warp   daz   dirre  gewalt  begunde   hinken.     4213   Den   graherd(e)ys 

man  retten,  sach  leben  sines  vehes.  die  erden  gar  vor  gre^ten.  «ach  man  de 
ors  vor  horte  siecht  vnde  twerhes.  her  vnd  dar  vf  vnde  aber  dannen«  mit  tzome 
dicke  triben.  den  ernst  het  de  sippe  vf  in  gespanen.  4214  Da  west  er  intzel 
vmbe.  doch  saget  iz  im  de  krie.  er  was  des  nicht  der  t&mbe.  heydenschaft 
kund    er  mc  denne  apd^  drie.  als  er  daz  wol  von  kinde  lernet  bete,  do  er  von 


196  G.  MILCHSACK 

umpholizen.  da  wr  io  kindes  wis  mid  gamorete.  4215  Nv  dacht  er  in 
mute,  als  er  do  bete  erwndeu.  ich  sol  nu  phlegen  hüte,  im  has  den  hat  de 
sippe  also  gebandt^.  des  muz  ich  in  dorch  trawe  sin  der  iehende.  wan  ich  umA 
vnser  sippe.  bl  durch  ^*  trawe  in  not  vng^ne  sehende. 

-LXXXVI    abentnre   we   der  |  talphin   schaken   mit   tzwenzic  |   der 

sinen  sluch...    (roth) 

4206  DE  kröne  wart  vor  howen.  mid  der  tzimire  riehen,  ae  mmtan 
otich  da  schowen.  eyn  ander  tot  da  Teilen,  ritterlichen,  der  bmder  wnfe  wd 
in  kortzcr  wile.  der  ¥ater  was  do  gernde.  ob  er  in  mochte  gewerfen  an  de 
tzile.  4217  Da  sine  kint  nü  lagen,  daz  wart  also  vorsacliet  ob,  er  na  aineD 
magen.  tzu  klagene  wirt  ich  wene  des  geruchet.  god  vnd  sin  manheyt  kamt 
er  hi  von  hihen.  wes  vngelucke  waldet.  der  kan  im  doch  tzü  iügest  nicht  enl- 
riiien.     4318  Ydoch  so  was  er  gemde.    daz  er  lii  warde  crrochen.    wes  Tnge- 

lucke  in  wemde.  was  ouch  hernach  daz  blibet  vngerochen.  noch  de  lenge  daz 
sint  liebe  mere.  ich  bin  ie  der  eyne.  der  sich  vil  g^ne  hnten  kan  Tor  swere. 
4219  Den  vater  miist  er  toten. 

Ruckblatt : 

(vw.  a.)  4455    tzü  nahen,    kan  ich  in 

bazseu  bieten,  daz  sol  in  doch  von  mir  nicht  ghar  vorsmahen.  445G  Do  li- 
gent  Inder  schulden,  so  sten  ich  an  dem  rechten,  er  wid^  god  in  hulden.  lO 
daz  se  musten  vlihen  ed  y echten,  sol  ich  da  kcjner  truwe  kegn  im  geniezen. 
min  tzucht  ist  vnvorrenket.  so  wenn^  ouch  ich  der  truwcn  kan  erdiezen.  4457 
De  werden  waren  iehende.  ob  iz  in  nicht  vorsmaben.  da  künde  er  wer  so 
sehende,  sine  denest  verre  vnd  dar  tzu  nahen,  daz  sagetc  er  tzü  danke  vil 
vnde  mere.  al  de  tzür  hochctzite.  waren  bi  de  hülfen  imda  der  ere,  4458 
Marholt  der  iach  tzü  magen.  der  fursten  vz  laiander,  artuscn  kund  er  vragen. 
ob  er  geruchte  er  für  alsam  de  and^  vnd  ob  er  sin  durch  rechte  liebe  enpere. 
dar  er  im  tzallen  tziten.  vil  hoher  denstc  gar  gebunden  were.  4459  De  and^ 
waren  alle,  hi  mit  dem  konige  varnde.  den  vcygen  gar  tzu  valle.  de  der 
grahWoys  do  was  vnsparende.  vnd  dartzü  eckunat  der  wol  gcblumct.  koment 
se   in    icht   nahen,    de   tzwcne    w'dent   svnder   da   gerümet  .  .  !  .  .     4460    Ak 

nu  sygune  horte,  daz  or  da  was  gcvellet.  der  eren  houes  porte.  dainnerthal' 
den  werden  was  gesellet,  mid  stetichheit  als  er  do  wol  bcsclieynte.  mid  sinne 
richcm  tröste,  wenne  se  da  kume  mid  banden  vnd^  leynte.  4461  Daz  wart 
hi  ynder  setzet,  ir  kvnne  mid  den  banden,  an  vrouden.  vDvorgctzet.  begnnden 
9e  iz  den  ougen  licht  cnblanden.  daz  lie  der  graherdoys  kegn  hertzen  sli- 
eben,  eyn  teil  in  snlhcr  nebe,  daz  iz  vor  golden  wart  den  wrst«"'  riehen.  4462 
De  er  da  vmbe  valtc.  nu  sit  vor  kamvaleyse.  vnde  vorbaz  pris  betzalte.  we 
er  do  was  vf  abenemder  reise,  da  von  der  grozen  virre  vnd  vonder  hohe,  sin 
wider  ker  an  wirde.  de  ist  noch  aller  fürst*"»  wid^  tzohe.  4463  Nv  bat  des 
konTges  krie.  vii  sineme  rufe  helle,  daz  al  demassenie.  |b.]  sich  an  dem  dritten 
morgen  h(ub)en  snelle.  vil  wol  gcricht*)  alsam  destrites  ruchöt.  de  virre  in 
anderriche.  vnd  de  da  stürme  vnde  burghe  suchen t  4404  Tasme  de  richeit 
eilele.  heyz  man  do  nid^  lazen.  do  wart  vil  groz  gewodele.  biz  itzlich  stucke 
sinr    stad    hin   wid^    ni:izen.     da    boyde    iium<*n  sturtzcn   vnd**  valton.     artus  der 

*y  Dns  r  in  ^'ericlit  aus  *  corrigiert. 


LEIPZIGER  TITÜEELBRUCHSTÜCKE.  197 

truwon  riebe,  da  mid  besieht  de  ricbeit  ba:  bebalten.  4465  Dar  tzu  ir  aller 
bringen,  da  a(b:)ner  da  brachten,  de  vrowen  svnd^lingen.  :::  ^r  daz  se  be 
balden.  dachten,  richaude  kl(ou)ditte  dcime  de  maget  sigune.  de  was  maget 
vnde  bete  doch,  tzü  miiie  phlicht  mid  wüdcrhafter  iune.  4466  Dar  tzü  die 
and^  vrowen.  der  herrcn  hi  da  wren.  vnde  wolden  belme  howen.  des  se  demc 
konlge  nicht  mid  cyden  swren.  jdoch  so  was  (i)r  leydes  aller  verebte,  vnde  wankes 
an  ir  trnwe.  wen  steten  denst  sin  tiignde  ny  vor  worchte.  4467  Ghinouer 
wielt  der  vrowen.  da(r)  tzü  der  riehen  gutes,  tzo  velde  mochte  man  scowen. 
vil  ritter  wert  gar  cllenthaftes  mutcs.  ydoch  so  funden  strit  dar  se  do  wolden. 
80  daz  vil  hurticbl:chen.  ir  rittersehaft  de  lenge  do  wart  vo:golten.  4468 
Durch  was  de  samenüge.  so  gabens  wart  ertzugct.  ob  orillus  er  t(w)üge.  do 
rolte  groz  da:mittc  hi  vrluget.  (n)cyn  tzwar  iz  wart  durch  grozen  h(az)  er- 
tzcyget.  de  tzionatulander.  tzü  floriscb(an)z  an  prise  het  geneyget.  4469  Doch 
ane  ::  im  volleystcn.  ir  helfe  svnder  twiugen.  a:  werdicheit  der  meisten,  euch 
allir  sicbe:heit  gar  svuderlingcn.  als  er  tzü  dolet  hett  se  ledic  lazen.  daz  nü 
de  grozen  wirde.  vo(n)  im  d(o)  maniger  künde  hohe  sazen.     4470  Iz  (h)eten 

von  nauerre.  de  forsten  all^  ir  ber(ren).  do  wol  den  svnder  harre,  da  mid  ir 
bazze  wesen  bi  den  eren.  des  künde  geolarz  sc  8v(nd^j  wisen.  der  was  ir  her- 
ren  brud\  des  wolde  er  werben  räche  bi  durch  prisen.  4471  In  hülfe  [rw.  a.] 
ponturteyse.  mid  brande  vnde  ouch  delinc.  mit  eyncr  starken  reyse.  der  ouch 
da  reche  wolde  de  mage  sine,  de  tzionatulander  he(t)  geletzct.  vnd  ospincl  der 
furste.  vnd  gaylc:  ir  eyner  wart  entsetzet.  4472  Daz  was  der  mid  dem  tochc. 
da  het  de  burk  ghemuret.  kegn  bazze  in  grozcm  ruchc.  do  was  der  konrg(e) 
vil  de  nicht  bcturet.  se  wolden  de  vz  graswalde  vor  triben.  was  hu%  sin  grozo 
wirde.  sol  er  nu  nicht  an  werdicket  belieben.  4473  OB  ieman  wirde  lebenes. 
de  lenge  h(elf)cn  solde.  so  phlcge  sin  wirde  gebenes.  kegn  im  daz  er  noch 
lange  lieben  dolde.  biz  daz  der  werlde  leben  stet  gemezsen.  iük  brunnen  bals- 
men  vluzsc.  mocbt  er  mit  werdicheit  wol  ban  besezzen.  4474  ERecke  vnde 
ebolantzen.  vn  ospinel  de  rezzen.  vnde  iorat  den  bekrantzen.  mid  waldes  ri- 
cbeit paradis  gemezzen.  vilnahen  ouch  der  cdelen  boume  vruchte.  vii  orillus  de 
verre.  helfe  iahen  artuse  tzü  widerbruchte.  4475  Eyn  furste  vnd  konige  drie. 
de  des  er  winden  solden.  daz  se  da  keyn  malie.  ertzeygten  dem  der  wol  da 
kegn  vor  golden,  het  er  helfe  itzligen  her  vonkindc.  crtzogcn  het  der  werde, 
der  von  britanie  tzu  liebem  ingesinde.  4476  Do  was  ouch  iz  von  haszen.  den 
beiden  so  gewget.  an  ntterscaft  de  lazen.  ouch  wurde  nicht  den  wllen  dar 
vmbe  geru(ge)t.  so  von  der  sippc  sus  mit  roangen  ::ngen.  wer  bi  tzu  tabel- 
runde.  was  der  ::nde  wol  nach  ritterscefte  ringen.  4477  IN  wellent  hi  vil 
hazzen.  de  houbetkronebere.  tzu  ucmen  wr  daz  lazzen.  im  wen  kegn  sulhen  noten 
bezzer  were.  wie  lange  iz  doch  de  abenture  vlehe.  so  muz  sin  wirde  sigen. 
daz  wen  ich  nicht  de  lenge  noch  vf  tzibe.  4478  Und  der  von  arragune.  durch 
gaylet  in  hatzte.  vii  der  von  asscbalune.  al  durch  bardics  den  daries  do  latze. 

vf  plenantze  interre  der  wilde  [b.j  krichen.  e  daz  er  tod  ge  valle.  er  macht 
e  vil  der  toten  vii  der  siechen.  4479  Hi  abrot  von  gerunden,  da  bete  vil  ^'*) 
mage.  de  in  da  rechen  künden,  beyd  offenliehen  vnde  dar  tzü  mit  lagen,  ob  de 
nu  nich*  cn  sin  **)  vor  kamvaleyse.  vn  dieser  hazzer  alle,  so  sint  se  vph  der  vart 

de  selben  reyse.     4480  Der  koningk  von  ascone.  vnd  ouch  der  furste  riebe,  her 

*)  Das  übergeschriebene  der  ist  von  späterer  Hand. 
"**)  en  nn  am  obem  Rande  des  Blalies. 


198  K  BARTSCH 

tzügc  vz  ledriboDc.  de  wrcn  alle  tzn  dcnstc  ritterliche,  hi  lehclin  md  oiilhi 
den  recken,    vnde  den  tod  patrigalden.    de   sach    man  sich  vor  kamvmlejs  m 

lecken.  4481  Unde  den*)  von  jscrterre.  hi  kalamindc  der  starke,  der  tzog;t 
alher  de  verre.  daz  selbe  tct  der  konigk  reyberbarke.  harholt  de  selbe  was  ir 

moter  broder.  der  forsten  von  laiander,  dem  wart  gewurfen  hoher  vroaden  loder. 
4482  Do  disse  rede  bere3rte.  wcrlichcn  kcgn  in  tsogetcn.  ir  vroaden  Teticb 
breite,  ich  wen  de  hohe  da  kegn  den  laften.  vlogten.  e  daz  man  ouch  den  addar 
sach  vliegen.     in   eynem   samit  roten,     der   selbe  kan  mit  sygenanft  betri^|;eB. 

C    abenture   we   artas   mid   dem    talpbin  qaä  |  kamvalejs  tsä 

helphe.  .    (roth) 

4483  Wan  er  ie  was  ge  sigende.  herlich  ob  allen  vogclen.  vnde  her  da 
nid^  ligende.  also  ghcschach  ir  hohen  vronden  gogelen.  da  von  dem  am  den 
koningk  artos  hi  bringet,  der  ouch  mit  sin^  milte.  vil  manige  hohe  w^dicheit 
erringet.  4484  Dar  nach  so  quam  der  anker.  vmb  ejnen  mittel  morgen,  wart 
ieman  da  von  kranker,  dar  vmb^  so  woltich  wcnic  gerne  sorgen,  vnd  ob  der 
strotz  icht  jsens  da  vor  slindet.  den  gaylet  von  spangc.  ejnen  samit  tau  eynem 
banier  bindet  4485  EB  fort  ouch  vf  dem  helme.  alsvnder  nest  vil  Treehen. 
iz  wart  ny  stoubes  melme.  vf  erden  mid  gevrut  noch  blumö  breche,  der  atrai 
in  künde  nicht  von  zoste  vallen. 

Schließlich  darf  ich  nicht  unterlassen,  Herrn  Stadtbibliothekar  Prof.  Nan- 
mann  für  die  überaus  freundliche  Darleihung  der  Handschrift  zur  Correctnr  des 
Druckes  herzlichsten  Dank  zu  sagen. 

WOLFENBÜTTEL.  6.  MILCHSACK. 


EIN  IN  DER  ÖSTERREICHISCHEN  MÜNDART. 


Bekanntlich  entspricht  in  bairisch-österreichischcn  Quellen  ai  dem 
alemannischen  und  md.  ei.  Ein  noch  nicht  bemerkter  Unterschied  ist 
aber  im  Gebrauch  vorhanden  bei  ein.  Als  unbestimmter  Artikel  er- 
scheint es  oft  in  der  Schreibung  ein^  namentlich  in  einsilbiger  Form. 
Mir  liegen,  von  Strobi  mitgetheilt,  seine  Auszüge  aus  den  Handschriften 
von  Teichners  Gedichten  vor;  hier  ist  namentlich  in  der  Haupthand- 
schrift A  (Wien  Nr.  2901.  14.  Jahrh.)  der  Unterschied  zu  beobachten. 

1.  Der  unbestimmte  Artikel  in  einsilbiger  Form  vor  hochtoniger 
Silbe  wird  ein,  nicht  ain  geschrieben. 

ein  tumber  chnab  109^.  ein  tumen  chnab  25\  ein  maister  112*. 
wo  ein  knecht  ein  herren  hab  131\  ein  hervart  66\  ein  pawr  in  einer 
raiz  66\  ez  was  ein  Sprichwort  manigen  tag  66**.  89^.  142*^.  190*.  ein 
pawr  zu  im  selben  sprach  19^.  ein  natürleich  gab  203^  als  ein  chlueger 
rotter  tuet  203**.  pitt  man  umb  ein  regen  204*.  ein  schön  beraiten  204*. 
is  ist  ein   dinch   da  wünscht  man   nach  141^    ein  voUez  schrein  141*. 


Dm8    bot   dUn     flbergeschiiebene  r  \bI  ^on  «plVncet  I^mA. 


EIN  IN  DER  ÖSTERREICHISCHEN  MUNDART.  igg 

ein  ander  141^  ein  beiden  141^  ein  michel  tail  141*^.  ein  jar  141'.  ein 
junger  man  141^  ein  weisen  piderman  199"^.  über  ein  weil  199^.  ein 
wideriaofent  man  200*.  ein  cbaiser  17^.  ein  voller  scbrein  18\  ein  ort 
61\  ein  wort  61*.  ein  semleich  häuf  114^  ein  chaufmanscbaft  114^  ein 
eben  114**.  ein  reicber  piderman  90^  ein  piderman  90^.  ein  man  90^". 
ein'  ehnecht  198'.  ein  man  74%  90*.  96*.  96%  ein  junger  96%  trincbt  ein 
man  ein  pbenbert  wein  96^.  ein  firüetig  ast  56^.  ein  pam  öö"".  ein  volles 
vaz  89^.  ein  pimstil  90^.  ein  smökler  190^.  ein  recht  gesiter  man  190^. 
ein  jaemerleicher  slag  243^.  ein  jamerleichew  schant  243%  ein  choder 
111"".  ein  Bchantz  111%  ein  ungeleich  und  ein  bervart  175%  ein  werich- 
man  175%  ein  herr  175% 

2.  Folgt  auf  den  unbestimmten  Artikel  eine  tieftonige  Silbe,  so 
steht  häufiger  ain  als  ein.  Besonders  lehrreich  ist  schöne  red  ist  ain  be- 
war  und  ein  deckung  62".  Vgl.  noch  ain  gelaub  109^  Dagegen  ein 
genesen  198*". 

3.  Der  unbestimmte  Artikel  in  zweisilbiger  Form  wird  zuweilen 
mit  ai  geschrieben;  doch  schwankt  der  Gebrauch. 

4.  Wenn  auf  ein  der  Nachdruck  ruht,  ein  Gegensatz,  so  steht 
ain.  nur  ain  rieht  diu  gie  im  ab  62^.  si  steht  recht  in  aim  muet  203**. 
zaimmal  25*  und  oft.  ain  weil  suez  diu  ander  sawr  203"*.  ain  halb  111". 
ainen  got  109^. 

5.  ein  selbständig  gebraucht  hat  ai.  ayner  seiner  mag  114**. 
der  ainen  durch  die  zung  prant  243°.  so  dan  aine  wirt  gezalt  141*".  do 
man  ainen  slahen  phlag  111%  von  aynem  111%  wie  der  ain  ein  purger 
wasy  der  ander  was  ein  chorherr  117^  und  in  den  überaus  häufigen 
Gedichtanfängen  mit  Ainer  fragte  mich  der  maer,  Ainer  fragte  mich 
der  frag,  Ainer  in  grozzen  schulden  lag,  Ainer  grozzer  Wirtschaft  phlag, 
Ainer  ret  mit  mir  und  sprach,  Ainer  pat  ich  solt  im  sagen,  Ainer  pat 
ich  taet  im  schein  etc. 

6.  Das  genit.  eines  'einst'  hat  ebenfalls  oi.  Ains  ein  herr  ein  cheUn 
macht  61*.  Ains  ein  pharrer  wart  gemacht  114^,  wo  wiederum  der 
Unterschied  im  Gebrauche  von  ai  und  ei  deutlich  hervortritt 

7.  ein  ander  wird  mit  ei  geschrieben,  zue  ein  ander  192*".  an  ein 
ander  70^.  under  ein  ander  70^. 

Daraus  ergibt  sich,  daß  ei  angewendet  wird  bei  geschwächter 
logischer  Betonung,  ai  bei  betontem  am;  daß  mithin  ai  von  beiden 
Bezeichnungen  der  stärkere  und  gewichtigere  Diphthong  ist. 

Es  wird  zu  erforschen  sein,  ob  diese  Unterscheidung  der  Hand- 
schrift A  sich  auch  noch  in  andern  bairisch- österreichischen  Quellen 
findet.  K.  BARTSCH. 


200  K.  BARTSCH,  KLEINE  lOTTHBILUNGEN. 


KLEINE  MITTHEILUNGEN. 


6.  Ein  Fragment  aus  Konrad  von  FuOesbrunnen. 

In  der  Kölner  Handschrift  von  Wirnts  Wigalois  stehen  auf  dem 
letzten  Blatte,  wie  Pfeiffer  S.  IX  angibt,  'einige  Zeilen  aus  dem  Iwein, 
nämlich  zuerst  V.  21 — 25  und  V.  1—10;  dazwischen  aber  folgende 
vier  Zeilen 

Oencdich  vnd  gewaltich  got. 

Din  heiliger  wille  vnd  din  gebot. 

crgenc. 

Daz  wir  vrolich  erst^ene. 
Das  durch  Punkte  bezeichnete  ist  unleserlich  und  verbleicht  Es 
ist  noch  nicht  bemerkt  worden,  daß  diese  vier  Zeilen  den  Anfang  ißt 
Kindheit  Jesu  bilden. 

7.  Wurmsegen. 

Aus  einer  Handschrift  in  der  Bibliothek  des  Fürsten  Buoncom- 
pagni  in  Rom,  Nr.  170.  perg.  4.  14. — 15.  Jh.  Bl.  49'  mitgetheilt  durch 
Paul  Ewald  im  Neuen  Archiv  der  Gesellschafl  fllr  ältere  deutsche  Oe- 
schichte  3,  164  (1878). 

Contra  vermes  sive  Icdant  homincs  sive  pccora  dicatur  in  aurem 
sinistram.    Si  sim  hemma  mulahos  usmonim  velamos  euimisspar. 

Ez  gienc*)  ain  man 
dur  ain  birkin  tan 
da  warn  inne  wurme 
ain  michil  gesturm(e) 
ain  wisser  wurm,  ain  swartzer  wrm,  ain  roter  wrm,   ain  plawer  wrm, 
ain  mirwer  wrm,  aller  wrm  wirst  die  sint,  als  war  daz  ist  daz  unser 
herre  Jesus  ist  der  reiner  megd  miner  frouwn  sant  Marien  sun,  als  war 
ist  das  dirre  wrm  tot  ist  als  dis  vorme  (wrme?)  tot  sint  In  Oottes  namen 
amen.  Pater  noster  tribus  vicibus  dicatur  etc. 

Wie  Dr.  Löwenfeld  a.  a.  O.  3,  660  berichtet,  geben  die  Anfangs- 
worte den  hebräischen  Text  von  H.  Lied  VI,  8  und  müssen  lauten: 
Sisim  hcmma  mulahos  usmonim  (pilagrim)  velamos  einmisspar. 

K.  BARTSCH. 

*)  gient. 


LTTTEBATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  201 


LITTERATÜR. 


Zar  Kritik  der  Nibelungen. 

Seit  einer  Reihe  von  Jahren  ist  keine  Schrift  über  die  Nibelungenfrage 
mehr  erschienen^  die  so  viel  Aufsehen  gemacht  und  bei  allgemeiner  Bewunde- 
rung des  darin  aufgewandten  Scharfsinns  so  allgemein  Widerspruch  gefunden 
hätte,  wie  das  nur  90  Seiten  lange,  aber  an  Gehalt  einem  dreifach  so  großen 
Buche  reichlich  gleichkommende  Werkchen  von  W.  Wilmanns:  „Beiträge  zur 
Erklärung  und  Geschichte  des  Nibelungenliedes^  (Halle ,  Buchhandlung  des 
Waisenhauses.  1877).  Zum  ersten  Biale  ist  in  diesem  Werke  der  Versuch  ge- 
macht worden  ,  die  Entstehung  des  Nibelungenliedes  weder  durch  Zusammen- 
schweißung einzelner  Lieder,  noch  durch  Annahme  eines  einzigen  Dichters  zu 
erklären,  sondern  durch  Annahme  eines  alten  Kerns,  an  den  verschiedene  Zu- 
sätze angeschossen  wären,  aus  denen  auswählend  und  einiges  beifügend  endlich 
ein  Contaminator  den  heute  vorliegenden  Text  gebildet  hätte.  Das  klingt  gar 
nicht  schlecht.  Es  erinnert  an  die  glänzenden  Versuche  ähnlicher  Erklärungen, 
die  bei  anderen  Dichtem ,  vor  allem  bei  Homer ,  gemacht  worden  sind ;  und 
mir  will  a  priori  eine  solche  Erklärungsweiso  besser  behagen  als  die  eigentliche 
Liedertheorie.  Denn  bei  einer  solchen  Erklärung  ist  die  Gleichheit  der  Strophe, 
da  alle  Bearbeiter  nur  zum  weiteren  Ausbau  eines  vorhandenen  Grundstocks 
thätig  gewesen  sind,  die  wortliche  Beibehaltung  der  meisten  Strophen  und  die 
leichte  Vereinigung  der  disparatca  Elemente  zu  einem  scheinbar  ursprünglichen 
Ganzen  leichter  erklärlich,  als  bei  Lachmauns  Theorie.  Dazu  kommt,  daß  die 
Untersuchung,  wie  man  bei  Wilmanns  schon  gewohnt  ist,  mit  viel  Geist  und 
scharfer,  energischer  Consequenz  gefuhrt  wird.  So  ist  das  Studium  dieses  Werkes 
in  der  That  nach  allen  Seiten  fördernd  und  belehrend.  Es  thut  wahrhaft  wohl, 
einmal  auf  einen  Kritiker  zu  stoßen ,  der  selbständig  weiter  forscht  und  sich 
nicht  damit  begnügt  hat,  bei  Lachmanns  Resultaten  als  dem  A  und  O  seiner 
Schule  stehen  zu  bleiben.  Von  der  ängstlichen  Beibehaltung  der  zwanzig  Lieder 
oder  gar  der  unseligen  Heptaden  keine  Spur;  ich  muss  aber  leider  gleich  bei- 
fügen, daß  Wilmanns  trotzdem  mit  mehreren  Elritcrien  Lachmanns  operiert  hat, 
die  sich  für  ihn,  der  nach  wesentlich  andern  Gesichtspunkten  ganz  andere  Ro 
sultate  zu  Tage  gefördert  hat,  nicht  so  ohne  weiteres  als  selbstverständlich  dar- 
bieten konnten;  über  andere  Punkte  hat  er  den  Leser  etwas  im  Dunkeln  ge- 
lassen I    wovon  bei  der  Betrachtung    des  Einzelnen  näher    die  Rede  sein  wird. 

Trotz  aller  Achtung  vor  den  vortrefflichen  Eigenschaften  des  Werkes 
kann  ich  seine  Resultate  weder  im  Ganzen  noch  im  Einzelnen  anerkennen.  Ich  lasse 
die  Principien,  nach  denen  Wilmanns  verfahren  ist,  ganz  bei  Seite ;  sie  und  ihre 
Berechtigung  werden  aus  der  Anwendung,  die  sie  von  Fall  zu  Fall  erfahren 
haben,  deutlich  g^nug  werden.  Ebenso  glaube  ich  es  nicht  nothwendig  zu  haben, 
eine  zusammenfassende  Darstellung  von  Wilmanns*  Resultaten  zu  geben;  auch 
diese  wird  sich  der  Leser  aus  der  Kritik  des  Einzelnen  entnehmen  können. 
Ich  kann  für  beides  füglich  verweisen  auf  die  Anzeige  Zacack^'t^  vcei  \\ViT»\a>^^s^ 


■  üuäea 


202  LITTEKATUH:  ZUR  KUITIK  DER  NIBEFArNOEN  ^ 

Ctiitmlblutt  ISTä,  Spalte  1663—1666,  welche  die  no«entlichen  Oosichlapnokte 
mit  Schärfe  und  Klarheit  darstellt,  und  auf  die  auBfüfarlichci'cn  Eucciiiioiien  von 
Henning  im  Anzeiger  fiir  deutschsB  Altortlium  IV  (Z.  f.  d.  A.  XXtl),  56—70, 
wo  bctondcrs  die  Aiisfübrungen  Ober  die  su  Orunde  liegende  Sage  tretFlicb  ga- 
lungen  sind;  von  Schonbnch  in  der  Zs.  f.  österr.  Gyran.  1877.  374 — 383,  wo 
nntnciitliuh  dne  EniirL-Bultnl  der  Wilmnnngiscbeii  Krilih  scharf  geprüft  wird;  und 
von  R.  V.  Muth  in  der  Zs.  f.  deutoche  Philol.  VIII,  485  —  493.  Ich  werdo 
tiiit'b  im  Einzelnen  mich  mitunter  auf  diese  RccenBionen  bi'zicheu.  Heine  Auf- 
gabe i«t  die,  Scbritt  für  Scbritt  den  AuBfübrungen  des  VcrfasBers  nachKUgehen. 
Sind  sie  alle  richtig,  so  werden  aucli  die  Gesamintresnltate  riebtig  sein,  faX\a 
ilet  Autor  keine  Inductionsfeblor  gcmacbt  hat;  sind  sie  alle  falsch,  ao  werden 
ani'b  alle  Folgerungen  von  itelbat  fallen ;  da  es  aber  sich  in  vielen  Fällen  blofi 
um  ein  Mehr  oder  Weniger  von  Noth wendigkeit  oder  Wahrscheinlicbkeit  han- 
deln wird  I  BO  wird  es  auch  mitunter  iiuthwendig  werden  ,  auf  die  Qeiammt' 
reeultate  einen  Uberscbauendcu  und  prüfenden  Blick  ea  wei-fen.  leb  mache  es 
mir  dabei  zum  GrundKat«,  soweit  immer  möglieb,  mich  auf  den  Bodon  dos  Ver- 
fassers zu  stellen,  von  diesem  aus  seine  Schlüsse  zu  untersuchen.  leb  lege  doi- 
balb  stets  die  Hs.  A  su  Grunde,  lu  deren  Anhängern  ich  mich  nicht  zUhle; 
ich  untcriasac  es ,  die  Frage  nach  der  Einheit  oder  Mehrheit  der  Verfasser 
principiell  zu  erörtern,  mich  mit  der  Wahrscheinlichkeit  begnügend,  die  für  die 
eine  beider  Möglichkeiten  aus  der  Untersuchung  selbst  entspringen  wird  n.  a,  w. 
Daß  principielle  Difierenzen  vorkommen,  irird  mau  mir  daher  nicht  als  Mangel 
an  Objeciivitftt  vorwerfen.  Nur  noch  eine  Bemerkung  allgemeiner  Art  luvor, 
welche,  weil  sie  eine  negative  Seite  des  Werkes  berührt,  unten  nur  vorüber- 
goboud  zur  Sprache  kommen  kann,  aber  an  lieb  wichtig  genug  ist.  Wilmanns 
hat  seine  Untersuchung  auf  das  letzte  Drittel  der  Nibelungen  beschränkt,  von 
Str.  1606— S816.  „leb  habe  diesen  Abschnitt  gewählt,"  sagt  er  Vorrede  8.  V, 
„einerseits  weil  icb  glaube,  dali  man  von  hier  aus  am  leicbtesten  in  die  Ge- 
schichte der  Dichtung  eindringen  kann  ;  andererseits  weil  dieser  Abschnitt  mit 
Recht  als  der  schönste  Teil  des  Nibelungenliedes  angeseben  wird.  Ich  glaubte 
voraussetzen  tu  dürfen,  daß  die  Leser  diesen  Teil  vor  allen  andern  kennen, 
daß  viele  von  ihnen  längst  von  selbst  Anstoß  genommen  haben  an  den  Punkten, 
von  denen  die  Untersuchung  ausgeht,  und  daß  sie  am  ersten  bereit  sein  werden 
grade  diesen  Teil  einer  eingehenden  von  Strophe  zu  Strophe  fortschreitenden 
Prüfung  zu  unterziehen ;  icb  glaubte  für  diesen  Teil  die  willigsten  und  die  »m 
buetOQ  vorbereiteten  Leser  zu  finden."  Sehr  viel  ist  mit  diesen  Gründen  eben 
nicht  gesagt;  jedenfalls  sind  sie  nicht  geeignet,  die  Gründe  gegen  diese  Be- 
schränkung des  Stoffes  abau schwächen.  Speciell  die  vorlicgundc  Abgrouiung 
muß  Bedenken  erregen.  Mit  der  Verlobung  Giselhcrs  fängt  doob 
größuriT  Abschnitt  in  der  Sage  «n;  wenigstens  wird  —  um  dieses  Resultat 
Wilmanns'  Kritik  vorausiunehmen  —  ein  Dichter,  der  die  hauptaächlicben  El 
cignisse  von  Gisclhei's  Verlobung  bis  zu  Rüdigers  Tod  erzählt  bat,  nicht 
Str.  1606  begonnen,  sondern  vorher  subon  einiges  ereählt  haben,  wahr«ch< 
lieh  die  gauxc  Ouicbichto  von  der  Einladung  der  Burgunden  an,  wo  nicht 
wi-it  mehr.  Aber  man  dnrf  noch  weiter  gehuu  und  behaupten,  daß  die 
■chriiikung  der  Untersuchung  auf  den  drittun  Thdl  des  Godicbis  unofa 
Bedenken  erregen  muß.  Die  VorausieUungen  für  das,  wus  von  160<)  —  391 
finrf  nih  in  rfpm  früher  Enählii'ti  ^-egeben,  und  Ich  kann   mir 


1  von 

I 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.         203 

fruchtbare  sagengeschichtliche  Untersuchung  ohne  BerückBichtigung  der  früheren 
Thcile  gar  nicht  denken;  um  Sagengeschichte  handelt  es  sich  aber  bei  Wil- 
manns  nicht  selten.  Femer  —  man  mag  von  der  Darstellung,  die  der  Kritiker 
gibt^  noch  so  vollständig  überzeugt  sein:  eine  eiserne  Nothwendigkeit  gibt  es 
in  solchen  Untersuchungen  nie;  was  also  im  besten  Falle  bloß  glänzende  Wahr- 
scheinlichkeit ist,  könnte  möglicherweise  durch  die  Herbeiziehung  der  früheren 
Partien  alteriert  oder  gar  umgestoßen  werden.  Natürlich  ist  dieß  eine  rein  apri- 
orische Möglichkeit ,  bei  deren  Setzung  ich  auf  den  Sachverhalt  y  wie  er  sich 
nun  herausstellen  möchte,  keine  Rücksicht  nehme.  Aber  diese  Möglichkeit  als 
solche  hätte  Wilmanns  erwägen  und  seine  Untersuchungen  wo  möglich  auf  das 
ganze  Gedicht  ausdehnen  oder  mindestens  das  andeuten  sollen,  wie  er  sich  im 
Grossen  und  Ganzen  die  Entstehung  der  vorhergehenden  Theile  des  Liedes 
denkt.  Sein  Buch  wäre  damit  wohl  nicht  viel  umfänglicher  geworden  als  das 
über  die  Gudrun ,  in  dem  er  ähnliche  Grundanschauungen  durchzuführen  ver- 
sucht hat.  —  Ich  werde  Gelegenheit  finden,  für  diesen  Mangel  des  Buches 
Beispiele  zu  geben. 


Die  Untersuchung  setzt  an  dem  Punkte  ein,  wo  Dietrich  (2172  ff.)  von 
Rüdigers  Tode  benachrichtigt  wird.  Seine  Helden  fallen  alle;  nur  Hildebrand 
entkommt  mit  der  Nachricht  zu  Dietrich.  Dieser  waffnet  sich  und  geht  zum 
Saal,  wo  die  Burgunden  sind.  Hagen  erkennt  seine  Absicht  und  ist  zum  Kampf 
bereit,  was  Dietrich  sofort  wahrnimmt  (2265).  Wilmanus  fragt,  was  man  nach 
dieser  Einleitung  erwarten  könne,  und  findet  folgendes:  „er  wird  den  Tod  Rü- 
digers, den  Tod  seiner  Mannen,  seiner  besten  Freunde  und  seines  Trostes  in 
der  Fremde  rächen,  er  wird  von  Hagen  und  Günther  Buße  verlangen  für  das 
vergossene  Blut,  Friede  und  Freundschaft  den  Burgunden  aufkündigen.  Das 
sollte  man  erwarten,  aber  nichts  davon  geschieht.  Dietrich  verlangt  König 
Günther  und  sein  Mann  sollen  sich  ihm  ergeben;  er  verspricht  ihnen  Schuta 
vor  den  Hennen  und  sicheres  Geleite  in  die  Heimat:  er  schont  ihr  Leben  im 
Kampf  und  nimmt  sie  mit  eigner  Lebensgefahr  gefangen;  er  fQhrt  sie  zu 
Kriemhild  und  empfiehlt  ihr  angelegentlichst  Milde^.  Wilmanns  hält  für  un- 
möglich, in  dieser  Erzählung  „ursprüngliche,  einheitliche  Erfindung**  zu  sehen. 
Daß  Dietrich  sich  sträubt  zu  kämpfen  u.  s.  w.,  setze  voraus,  daß  er  den  Kampf 
mit  Widerstreben  begonnen  und  daß  Kriemhild  ihm  denselben  aufgezwungen 
habe.  Daraus  folge  weiter:  „in  der  Sage,  wie  sie  im  Schluß  unseres  Nibe- 
lungenliedes hervortritt ,  muß  Dietrich ,  ähnlich  wie  jetzt  Rüdiger ,  durch  die 
Bitten  der  rachsüchtigen  Königin  in  den  Kampf  getrieben  sein**.  —  Weiter 
unten,  wo  wir  Wilmanns*  Construction  dieses  Schlußtheils  von  2172  an  zu  be- 
trachten haben ,  werden  wir  sehen  ,  wie  wenig  diese  These  dem  Bestände  des 
Gedichts  gegenüber  Stich  hält.  Aber  ist  sie  denn  überhaupt  irgendwie  begründet? 
Wie  viele  Leser  des  N.  L.  werden  wohl  sein,  die  aus  der  genauesten  Lesung 
der  wohl  zusammenhängenden  Erzählung  solche  Schlüsse  selbst  gezogen  haben? 
Daß  Dietrich  mit  Widerstreben  den  SLampf  begonnen  hat ,  braucht  wahrlich 
nicht  erst  daraus  gefolgert  zu  werden,  daß  er  sich  gegen  denselben  sträubt; 
ist  denn  nicht  beides  dasselbe?  Und  zeigt  nicht  die  ganze  Erzählung,  daß  er 
ungern  genug  zur  Gewalt  schreitet?  Aber  was  daraus  folgen  soll:  daß  er  durch 
Kriemhild  in  den  Kampf  getrieben  sein  müsse ,    ^«vV  et  %Qik«X  tas^  ^^eci  ^^iW 


204  LITTERATUB:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

missen  des  Gedichtes  gleich  losschlagen  würde,  das  ist  erschlichen.  Es  ist  nicht 
ganz  deutlich ,  was  Wilmanns  sich  für  eine  ursprüngliche  Form  der  Dichtng 
denkt:  glaubt  er,  daß  Dietrich  von  Kricmhild  genöthigt  worden  sei  zu  kiimpleni 
und  daß  er  das  that ,  ohne  seine  Hannen  vorher  verloren  zu.  babea  ? 
daß  er  vielleicht,  wie  in  der  Thidrekssaga ,  mit  seinen  Mannen  aussog?  Das 
wäre  möglich;  aber  es  fragt  sich  cben^  ob  nothwendig.  Oder  glaubt  er,  daß 
die  Ermordung  der  AmeluDgen  auch  in  dem  ursprünglichen  Gedichte  war?  Dann 
hätte  er  zu  sciocn  kritischen  Auslassungen  gar  keinen  Grund  mehr;  denn  es 
wäre  ja  dann  dasselbe  Moment^  welches  nach  Wilmanns*  Ansicht  Dietrich  zm 
Rache  treiben  sollte,  für  ursprünglich  erklärt.  Wir  werden  bei  der  specieDen 
Analyse  dieser  Partie  Näheres  über  des  Verfassers  Ansiebt  erfahren.  Hier 
kommt  CS  wesentlich  nur  darauf  an,  nachzuweibeu ,  ob  wirklich  die  Überliefe- 
rung nicht  zu  rechtfertigen  ist.  Ich  meine,  im  Geiste  des  echten  Bitters  Dietrich, 
der  sich  stets  als  den  wohlwollenden  Freund  der  BurgunJen  gezeigt,  der  sie 
gewarnt  und  Kricmhilden  das  herbe  v*Uandinnc  zugerufen  hat^  der  sich  Tom 
Kampfplatze  wegbegeben  hat,  um  nicht  in  den  Kampf  gezogen  zu  werden,  sei 
es  vollständig  begründet,  daß  er  auf  den  Tod  seiner  Blannen  hin,  an  dem  sich 
Günther,  ohne  eine  Widerrede  von  Dietrich  zu  finden,  unschuldig  erklärt  (2272), 
den  zwei  Überlebenden,  vor  deren  Mord  er  schon  aus  ritterlicher  Hochachtang 
gegen  ihre  ungemeinen  Heldenthaten  zurückschrecken  muß ,  zuerst  Sicherheit 
und  Frieden  anbietet,  und  erst  nach  Hagcns  wilder  Herausforderung  zum  Kampfe 
schreitet^  aber  auch  diesen  nur  mit  der  Gefaugcnnehmung  der  Gegner  been* 
digt.  Denn  daiß  er  auf  Hagcns  unartig- freche  Rede  (2263  f.)  nichts  erwidert, 
ist  ganz  natürlich ;  dieselbe  ist  nicht  an  ihn  gerichtet,  und  er  überhört  sie  mit 
königlichem  Stolze;  erst  wie  Hagen  in  diesem  Tone  fortfahrt,  nimmt  er  ihn 
beim  Worte.  —  Wilmanns  kann  gegen  diese  Beweisführung  nicht  etwa  ein- 
wenden,  daß  die  angeführten  Momente  der  Freundächaft  Dietrichs  und  seiner 
Entfernung  vom  Platze  früheren  Partien  des  Gedichtes  entnommen  seien, 
deren  Zusammengehörigkeit  mit  der  in  Frage  stehenden  erst  zu  beweisen  wäre. 
Denn  diese  Züge  sind  in  der  Sage  begründet.  Sic  finden  sich  auch  in  der  von 
Wilmanns  mehrmals  herbeigezogenen  Thidrekssaga  (Cap.  373.  375.  376.  380*J; 
und  diese  selbe  Saga  läßt  Dietrich  die  beiden  Überlebenden  schonen,  obwohl 
ecinc  Mannen  gefallen  sind.  Ich  verwende  hier  diese  Saga  als  ein  vom  N.  L. 
unabhängiges  Denkmal,  ohne  in  die  Streitfrage  Rassmann  contra  Döring  ein- 
greifen zu  wollen,  und  stelle  mich  dabei  wie  sonst  auf  den  Standpunkt,  den 
Wilmanns  einnimmt.  Hätte  Döring  Recht,  so  wäre  dieser  eine  Einwand  gegen 
Wilmanns  um  eine  Stütze  ärmer,  aber  es  würden  um  so  mehr  andere  Thesen 
W.s  hinfällig  werden.  —  Ich  kann  übrigens,  um  den  Punkt,  von  dem  die  Rede 
ist,  nicht  noch  länger  zu  behandeln,  auf  Hennings  vortre£fliche  Aueführung  in 
seiner  Recension  (Seite  61  —  64)  hinweisen. 

Dieser  erste  Ausgangspunkt  von  W.s  Kritik  erweist  sich  also  als  ein 
schlecht  gewählter.  Er  knüpft  daran  eine  allgemeine  Bemerkung  über  die  Art, 
wie  die  Dichtung  Dietrich  und  den  jedenfalls  erst  später  in  die  Sage  einge- 
drungenen Rüdiger  verbunden  haben  möge.  Ward  in  eine  Dichtung,  die  uns 
von  Dietrich  erzählte,  Rüdiger  nachträglich  aufgenommen;  so  ist  die  große  Be- 
deutung, die  dieser  erlangt  hat,  unbegreiflich ;  —  ich  wende  ein,  wie  leicht  sich 

*)  Ich  citiere  die  Thidrekssaga  nach  Ungcr  und  Raßmann. 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  206 

gerade  eine  erst  frisch  eingeführte  Person  in  den  Vordergmnd  der  Sage  zu 
drängen  vermag,  wofür  eben  Theoderich  ein  Beispiel  bieten  kann.  Wurde  um- 
gekehrt Dietrich  in  eine  Sagengestalt  nachträglich  aufgenommen,  die  nur  Rü- 
diger kannte:  wie  fand  diese  ihren  Abschluß?  da  doch  Rüdiger  keine  Mannen 
hat^  die  den  verschiedenen  namhaften  Bargunden  gewachsen  wären.  —  Daraus 
würde  ich  eben  schließen^  daß  es  gar  keine  solche  Sagengestalt  gab;  wir  werden 
aber  sehen,  daß  Wilmanns  doch  einen  entsprechenden  Ausgang  für  die  älteste 
Form  der  Dichtung  zu  finden  weiß:  nachdem  Rüdiger  sich  fruchtlos  aufgeopfert^ 
wurde  die  Vernichtung  der  Burgunden  durch  den  Saalbrand  herbeigeführt. 

Eine  weitere  Frage  für  W.  ist:  wann  die  Verbindung  Dietrichs  und 
Rüdigers  erfolgt  sei ;  ob  vor  unserer  Dichtung  oder  innerhalb  der  allmählichen 
Entwicklung  und  Ausbildung  derselben?  Wir  werden  sehen^  daß  W.  zu  dem 
letzteren  Resultate  kommt,  und  die  Prüfung  seiner  Kritik  wird  erkennen  lassen, 
ob  mit  Recht.  —  Im  Allgemeinen  scheint  mir,  als  ob  W.  der  Freiheit  des 
Dichters  zu  wenig  zutrauen  würde;  aber  ich  kann  solche  generelle  Principfragen 
ruhen  lassen,  da  die  Einzcluntersuchung  Licht  genug  auf  sie  werfen  wird.  Ich 
nehme  nur,  wie  W.  selbst,  sein  endliches  Resultat  hier  voraus:  „daß  das  Ni- 
belungenlied, wie  es  uns  jetzt  vorliegt,  sich  auf  Grundlage  einer  Dichtung  ent- 
wickelt hat ,  in  welcher  Rüdiger  neben  Kricmhild  die  Hauptperson  war  und 
Dietrich  noch  keinen  Antheil  an  der  Handlung  hatte.''  Kann  es  wohl  eine 
solche  Dichtung  gegeben  haben ,  da  doch  Dietrich  in  der  Sage  beträchtliche 
Zeit  vor  jeder  denkbaren  Entstehungsperiode  des  N.  L.  seinen  festen  Platz  ge- 
habt hat? 

Die  specielle  Untersuchung  hebt  an  mit  des  Markgrafen  Tod;  Str.  210G 
— 2 1 G 1 .  Ich  gehe  hier,  wie  durchaus,  jeder  einzelnen  Athetese  oder  sonstigen 
kritischen  Bemerkung  nach,  weil  man  nur  so  dem  Kritiker  gerecht  werden  und 
seine  Aussagen,  sei's  definitiv  bestätigen,  sei's  mit  Sicherheit  umstoßen  kann. 
Es  ist  aber  kein  klein  Stück  Arbeit,  und  wir  beide ,  W.  und  ich,  müssen  un- 
sere unparteiischen  Leser  um  Geduld  bitten.  Denn  W.s  Kritik  greift  sehr  tief 
ein  und  hat  neben  mancher  kritisch  wichtigen  Strophe  auch  manche  entfernt, 
die  nichts  weiter  als  störend,  überflüssig  oder  unschön  sein  soll,  deren  Schicksal 
aber  für  das  Endresultat  sehr  gleichgiltig  ist.  —  Gleich  2107  ist  ein  Zusatz, 
weil  sie  „zu  früh  auf  Volker  hinweist'^  (Z.  4) ;  ich  kann  nicht  verstehen  warum, 
denn  Volker  spricht  2110,  ohne  daß  inzwischen  etwas  berichtet  wäre,  was  die 
Situation  ändern  und  sein  Hervortreten  erst  begründen  würde.  Im  Gegentheil, 
2107,  4  bezieht  sich  ganz  richtig  auf  2110  und  kündet  im  voraus  den  Gegen- 
satz zwischen  Volkers  und  Giselhers  Erwartungen  an.  —  In  der  Unterredung 
zwischen  Rüdiger  und  den  Burgunden,  2111 — 2142,  kommen  begreiflicherweise 
manche  Stellen  vor,  die  man  ohne  Anstoß  entbehren  könnte.  Solche  epische 
Dialoge  halten  sich  ja  nicht  an  strenge  Logik,  und  knappen  Zusammenhang 
darf  man  hier  nicht  immer  erwarten.  Das  thut  aber  W. ;  er  zeigt  überall  Nei- 
gnng,  alles  Entbehrliche)  Retardierende,  nicht  ganz  in  festgeschlosseuer  Reihen- 
folge Fortschreitende  für  Verderbnis  zu  halten.  So  wirft  er  Str.  2116 — 2118 
gleich  wieder  als  interpoliert  aus.  Diese  stehen  in  gar  keinem  Widerspruch 
mit  dem  Vorhergehenden  oder  Folgenden.  Es  ist  richtig,  daß  man  sie  nicht  braucht 
und  sie,  wenn  sie  fehlten,  nicht  vermissen  würde.  Folgt  daraus,  daß  sie  inter- 
poliert sind?    Kennt  W. ,    nachdem  er  zehn  Strophen  dieses  Abschnitts  hinter 


206  UTTfiRATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

sich  gebracht  hat,  den  Stil  des  Dichten  schon  ^o  genau,  daß  er  ihm  ein  sol- 
ches Lozarieren  in  der  Erzählung  sofort  absprechen  dürfte?  Aber  der  Satxban 
ist  hier  ,, nicht  so  einfach,  der  Ausdruck  nicht  so  durchsichtig,  wie  in  den  vor- 
hergehenden Strophen".  Ist  das  großen  und  grösten  Dichtem  im  Verlauf  ihrer 
Dichtungen  nie  begegnet?  Ein  positives  Moment  hat  W.  beigebracht:  zwischen 
2116  und  2117  hat  Lachmann  und  nach  ihm  W.  grammatbchen  Zusammen- 
hang angenommen.  Ich  habe  —  und  es  ist  mir  tröstlich,  daß  es  Andern  ebenso 
gegangen  ist  —  nirgends  genauen  Aufschluß  darüber  finden  können,  wie  sich 
W.  xa  den  verschiedenen  Lachmannischen  Kriterien  der  Unechtheit  stellt. 
Mehrere  derselben  hat  er  angewendet;  aber  es  scheint  mir  fast,  daß  er  sie 
eben  als  secundäre  Hilfsmittel  braucht,  wo  sie  ihm  gerade  geschickt  kommen. 
Einen  methodischen  Gebrauch  hat  er  nicht  von  ihnen  gemacht  Lachmann  — 
dessen  Methode  ich  nicht  das  Wort  reden  will  —  hat  wesentlich  mit  diesen 
Kriterien  seine  Lieder  hergestellt;  wenn  er  auch  manche  Strophe  bloß  als  leer, 
ungeschickt  u.  dgl.  verworfen  hat,  so  sind  deren  weit  weniger  als  bei  W. ;  im 
allgemeinen  hat  man  bei  Lachmann  Gelegenheit ,  an  den  Resultaten  seiner 
Kritik  die  Richtigkeit  der  Kriterien  zu  prüfen.  Bei  W.  kommen  die  formellen 
Elemente  y  die  bei  Lachmann  wenigstens  innerhalb  der  einzelnen  Lieder  eine 
Hauptrolle  spielten,  immer  erst  in  zweiter  Linie ;  natürlich,  er  verwirft  so  vieles, 
daß  unmöglich  sich  so  oft  auch  formelle  Verwerfungsgrüude  vorfinden  können. 
Übrigens  ist  es  an  sich  gar  nicht  nothwendig,  2116,  4  zur  folgenden  Strophe 
zu  ziehen.  Lachmann  hat  daraus  kein  Motiv  zu  einer  Athetese  genommen;  wir 
befinden  uns  ja  im  20.  Liede,  wo  der  Constructionsübergang  gestattet  bt;  ich 
nehme  auch  keinen  Anstoß  an  diesem  Überlaufen  des  Sinnes,  das  nach  meiner 
Ansicht  eben  ein  Nothbehelf  sein  muste ,  wo  man  mit  einer  Strophe  nicht  aus- 
kam ;  ein  Nothbehelf ,  der  aber ,  zum  Beweis ,  daß  der  Dichter  des  N.  L.  die 
Unschönheit  desselben  wohl  erkannte,  nur  verhältnismäßig  selten  angewendet 
worden  ist.  Ich  also  lasse  mir  Lachmanns  Interpunction  ganz  wohl  gefallen, 
falls  sie  sonst  Grund  hat.  Aber  Bartsch,  der  auch  das  Überlaufen  der  Con- 
struction  nicht  verwirft,  setzt  nach  Str.  2116  einen  Punkt,  ebenso  Zamcke. 
Da  nun  diese  Interpunction  jedenfalls  möglich  ist,  so  durfte  W.  den  Con- 
structionsübergang nicht  ohne  weiteres  als  Kriterium  der  Unechtheit  verwerthen ; 
denn  er  hat  für  die  Annahme  dieses  Übergangs  lediglich  nichts  beigebracht. 
Es  fallt  also  jeder  Grund  für  die  Athetese  von  2116 — 2118  weg.  Wilmanns 
fuhrt  weiter  aus,  daß  2119  Gemot  richtig  und  passend  vorbringe,  was  2116 
— 2118  ungeschickt  Günther  zugetheilt  war:  die  Erinnerung  an  die  Gastgeschenke 
Rüdigers;  „denn  auf  Gernots  Gastgeschenk  kommt  es  an**.  Wir  werden  gegen 
den  Schluß  dieser  Kritik  sehen,  daß  auch  an  der  Stelle  (1632  ff.),  wo  Rüdiger 
die  Geschenke  vertheilt,  nur  das  Schwert,  das  Gemot  bekommt,  als  das  ver- 
hängnisvolle Gcfichenk  von  der  Kritik  übrig  gelassen  wird.  Betrachten  wir  aber 
unsere  Stelle  für  sich  allein,  so  muß  ich  sagen :  einen  so  knappen,  aufs  Noth- 
wendigste  beschränkten,  stets  winkelrecht  zugehauenen  und  niemals  im  freien 
Spiel  der  luxurierenden  Phantasie  sich  ergehenden  Aufbau  ^  wie  W.  ihn  hier 
und  oft  genug  von  unsem  alten  Dichtern  verlangt,  wird  man  in  unserer  ganzen 
Litteratur  höchstens  bei  Lessing  finden  können.  Ich  kann  auch  gar  nicht  sehen, 
daß  durch  die  Entfernung  solcher  freier  Auswüchse  unser  Lied  schöner  würde; 
solches  Retardieren  gehört  zu  den  Kennzeichen  des  epischen  Stils.  —  Was 
Gemot  2119  sagt,    soll  seine  natürliche  Fortsetzung  in  2123  finden;  2120 — 


LITTERATUR:  ZUB  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.         207 

2122  werden   als  Zathat  des  Verfassers  von  2116 — 2118  ausgeschieden.  Von 
dem  „weichen  sentimentalen  Ton**,  der  „breiten  Redseligkeit **  dieser  Strophen 
rede  ieh  nicht  weiter ^    weil   das  Geschmackssachen   sind,    und  weil  mir  noch 
niemand  bewiesen  hat^  daß  diese  Eigenschaften  im  Widerspruch  mit  dem  Cha- 
rakter der  Dichtung  stehen,  und  vor  allem ,  weil  W.  diese  Eigenschaften  hier 
wie  sonst  gewaltig  übertrieben  hat.  Sollte  eine  so  tragische  Scene,  nicht  schauer- 
lich-großartig, sondern  gerade  schmerzlich-rührend,  wie  diese,  keinen  weicheren 
Tod  vertragen  können  ?  Ahnliches  werden  wir  noch  öfters ,    zumal  bei  Betrach- 
tung von  2072 — 2105,  finden;  und  ich  werde  mich  weiterhin  der  Widerlegung 
derartiger    allgemein    ästhetisierender  Bemerkungen    überhoben    achten  dürfen. 
Daß  sich  in  2123  im  Gegensatze   zu   der  Weichheit   der   drei  vorhergehenden 
Strophen   «ganz  der  feste,  kräftige  Heldensinn''  zeige^   «der  auch  Rüdigers  Auf- 
treten charakterisiert **,  ist  ganz  falsch.    Rüdigers  Worte  2112  sind  Worte  der 
Resignation,  nicht  des  Heldensinns ;  er  hat  alle  seine  Kraft  zusammengenommen, 
zu  weiterer    Auseinandersetzung  würde    sie  ihm  gebrechen ,    wie  er  denn   auch 
2118  und  2120  sie  immer  mehr  verliert.     Schildert   hier    kein  echter  Dichter 
und  Psycholog?  Auch  davon  muß  noch  geredet  werden,  daß  nach  W.  Gemots 
Schwert  bloß  als  die  verhängnisvolle  Gkibe,  wie  2123,  erwähnt  werden  durfte^ 
nicht  so,  wie  2122  dasselbe  preist  und  rühmt.    Hiemit   hat  W.  einen  schönen 
Zug  zerstört.  Es  ist  echt  episch,  daß  die  Güte  einer  Waffe  gepriesen  oder  auch, 
wie  anderwärts,  ihr  Aussehen  geschildert  wird,   wenn  dieselbe  von  Bedeutung 
für  die  Erzählung  wird ;  obwohl  W.  diesen  Schilderungen  auch  sonst  feind  ist 
(cf.  zu  1640  und  zu  1722),  so  hat  er  nirgends  einen  Grund  gegen  dieselben 
vorgebracht,  und  es  wäre  ein  Leichtes,  ihm  aus  den  Dichtem  jener  Zeit  Ahn- 
liches und  Gleiches  in  Menge  nachzuweisen.  Aber  die  Hauptsache  ist  der  deut- 
liche und  eminent  wirksame  Contrast,  in  welchem  der  Ruhm  des  Schwertes^  das 
so  Manchen  getödtet  hat ,    ohne  zu  splittern ,    mit  dem  grausigen  Ende  steht, 
daß  es  nur  aufgespart  ist,  um  seinen    eigenen  Herrn   zu  erschlagen.     —     Das 
Motiv,  daß  2123,   1   sich  wirksam  der  Z.  2119,    1   gegenüberstelle,  wird  uns 
in  noch  deutlicherer  Gestalt  mehrmals  wieder  begegnen,  wobei  es  seine  Beur- 
theilung  finden  soll.    —    Demselben  Interpolator  wie    2116 — 2118    und  2120 
bis  2122  gehören  auch  2126 — 2128  an,  ,,so  daß  er  hier,  wie  vorher  an  zwei 
Stellen,  drei  Strophen  eingeschoben  hätte".  Lnmerbin  eine  wunderliche  Oapricc 
dieses  Dichterlings!    Man  trifft  ja  bei  manchen  Dichtern    ähnliche  Regelmäßig- 
keiten, wie  Stichom3rthien,  Distichomythien  u.  ä.;  aber  wo  wäre  hier  Anlaß  zu 
solchem  Schematismus?  Die  Reden  der  Einzelnen  sind  ungleich  lang  mit  diesen 
Strophen  und  ohne  dieselben,  und  innerhalb  der  drei  Triaden  ist  vollends  von 
einer  regelmäßigen  Responsion  keine  Rede.   Die  Gründe  für  die  Ausscheidung 
der  drei  letzten  Strophen  sind  ziemlich  mangelhaft.     2126  soll  den  Gedanken 
von   2125   „verwässern'';  der  „unbeholfene  Satz"  ist  doch  recht  wohl  verständ- 
lich. In  2127  und  2128  soll  der  Fortschritt  der  Gedanken  nicht  natürlich  sein: 
nach  2126  müste  Rüdiger   etwa  sagen:  „das  möge  Gott  verhüten"^  und  daran 
die  Mahnung  2127,  3/4  knüpfen:  lät  die  juncvrauwen  niht  engelien  min  u.  s.  w. 
Daß  aber  dieser  vermittelnde  Gedanke  fehlt,  fallt  doch;  wenn  er  so  leicht  zu 
ergänzen  ist,  und  bei  so  erregter,  kurzer  Rede,  wie  Rüdiger  sie  hier  durchweg 
führt  (im    charakteristischen  Gegensatze   zu  Günther  2116  f.,  Gemot  2121 — 
2123,  Giselher  2125  f.,  Hagen  2130—2132,  Volker  2140  f.  spricht  der  mit 
sich  selbst  ringende  Rüdiger  stets  nur  eine  Strophe,  2187  nur  eine  hsiUiQ. 'L^^^^ 


208  LITTEHATUR:  ZUR  KBITIK  DER  NIBELUNGEN. 

80  gut  wie  gar  nicht  ins  Gewicht.  Auch  daran  nimmt  W.  Anstoßi  daß  Rüdiger 
2127  überhaupt  ein  Entkommen  der  Burganden  für  möglich  hält.  Für  sehr 
wahrscheinlich  wird  er  es  vielleicht  auch  nicht  halten ;  aber  Etzels  Mannschaft 
ist  vorderhand  erschöpft,  2071;  sonst  hätten  er  und  Kricmhild  sich  auch  nicht 
so  sehr  um  Rüdigers  Hilfe  umgethan.  Daß  Dietrich  eingreifen  werde,  kann 
Rüdiger  nicht  voraussetzen ;  und  mit  seinen  eigenen  500  Mann  und  zwölf  Recken 
(2106)  können  es  die  Burgunden  ^  die  eben,  600  an  der  Zahl  (2061)^  mit 
1200  Hennen  (2070)  fertig  geworden  sind,  wohl  aufoehmen.  In  der  That  fällt 
ja  auch  Rüdiger  mit  allen  den  Seinigen ,  und  erst  der  Amelungen  unvorher- 
gesehene Verwicklung  in  den  Kampf  entscheidet  gegen  die  Burgunden.  Somit 
kann  nach  den  eigenen  Thatsachen  des  N.  L.  die  Unwahrscheinlichkeit  nicht 
sehr  groß  sein;  man  pflegt  aber  bei  solchen  Vermächtnissen ,  wie  2127,  auf 
ein  mehr  oder  minder  von  Möglichkeit  nicht  so  viel  zu  sehen.  Dasselbe  gilt 
von  Strophe  2133,  4  und  andererseits  von  2142.  Wilmanns  ist  übrigens  durch 
die  eben  zurückgewiesene  Aufstellung  in  einen  ziemlich  sichtbaren  Widerspruch 
mit  sich  selbst  gekommen :  denn  wenn  es^  wie  er  in  der  Einleitung  ausgeführt 
hat^  nicht  denkbar  ist^  daß  in  der  ursprünglichen  Dichtung  Rüdiger  mit  seinen 
Mannen  allein  die  Burgunden  überwältigt  habe  y  so  ist  ein  glückliches  Ent- 
kommen der  letzteren  aus  diesem  Kampfe ,  auf  den  es  Rüdigem  allein  an- 
kommt, um  so  mehr  denkbar.  Auch  daß  sich  2129  viel  schöner  an  2125  an- 
schließe ^  muß  ich  bezweifeln.  Man  könnte  es  wohl  ertragen,  wenn  die  zwei 
Strophen  unmittelbar  auf  einander  folgten,  und  insofern  sagt  W.  richtig:  |,Rü- 
diger  hat  nichts  zu  antworten  als:  Nu  müez  uns  got  gendden^;  aber  ich  finde 
es  doch  besser,  wenn  er  auf  2125  f.  wirklich  antwortet,  und  was  er  antwortet, 
ist  gewiß  schön  und  wohl  am  Platze;  ich  wüste  gar  keine  bessere  Bitte,  die 
Rüdiger  an  seinen  Eidam,  mit  dem  er  kämpfen  muß,  richten  könnte,  als:  Idl 
die  juncvrouwen  niht  entgelten  min. 

Das  bisher  Interpolierte  war  das  Werk  eines  Interpolators  (wenn  man 
von  2107  absieht^  über  deren  Ursprung  nichts  gesagt  ist).  Sogleich  aber  stoßen 
wir  auf  einen  zweiten.  Die  ganze  Stelle  2129,  4 — 2144,  wo  Volker  und  Hagen 
mit  Rüdiger  ausmachen,  ihm  im  Kampfe  auszuweichen,  ist  eine  wieder  von  an- 
derer Hand  eingeschobene  Episode,  innerhalb  deren  aber  derselbe  Interpolator 
wie  zuvor  seine  Zusätze  abgelagert  hat.  Diese  letzteren  Zusätze  fasse  ich  wie 
W.  zuerst  ins  Auge:  2134  nimmt  2135,  4  voraus;  solches  Vorausnehmen  ist 
aber  (cf.  in  dem  schon  Betrachteten  Str.  2107)  so  häufig  im  N.  L.,  daß  es 
zuerst  als  ein  stehendes  Kennzeichen  der  Unechtheit  bewiesen  sein  müste;  — 
2136  f.  sind  unecht,  weil  2136,  1  =  2121,  1  (was  man  gerade  so  gut  so 
auslegen  könnte,  daß  der  Verf.  der  einen  Stelle  den  Ausdruck,  der  aber  wahr- 
Ifch  nichts  Besonderes  hat ,  aus  der  andern  gestohlen  hätte) ,  und  weil  Hagen 
den  Lohn  für  die  Güte  Rüdigers  nicht  von  Gott  (2136)  erwartet,  sondern  ihn 
selbst  gibt  dadurch,  daß  er  sich  vom  Kampfe  fem  hält;  ein  Grund,  den  mau 
nicht  zu  widerlegen  braucht;  —  2139  gemahnt  im  Ton  an  2134  und  andere 
jüngere  Strophen,  ist  also  auch  jünger;  —  2141 — 2148  sind  interpoliert  aus 
folgenden  Gründen:  2141  ist  ein  seltsamer  Einfall  (ich  finde  eine  großartige 
Ironie  dai'in,  daß  Volker  hie  zer  hodigezU  y  die  so  ganz  anders  ausgefallen  ist, 
die  houge  der  Gotelind  trägt  und  vorweist),  und  2142  stimmt  nicht  zu  Rüdigers 
sonstigem  Bewußtsein  von  seinem  nahen  Tode  (darüber  s.  o.);  daz  toolde  got 
2142,   1,     „wie  zweimal  vorher  Gemot  in  jüngeren  Strophen^   (an  den  beiden 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  209 

StelleO;  3120,  21 24,  spricht  übrigens  nicht  Gemot,  sondern  Rüdiger);  2143^4 
greift  vor  (worüber  s.  c).  Alle  diese  Gründe  der  Unechtheit  beziehen  sich 
theils  auf  die  früheren,  von  mir  zurückgewiesenen  Athetesen  ,  theils  sind  sie 
sonst  hinfällig.  Im  Grunde  sind  die  meisten  der  7  Strophen  athetiert  wegen 
ihres  weicheren  Tones,  wovon  schon  die  Rede  war.  —  Wichtiger  ist  die  Athetese 
des  ganzen  Abschnitts  (2129,  4.)  2130—2133.  2135.  2138.  2140.  2144; 
aber  sie  ist  mindestens  eben  so  schlecht  begründet  wie  die  andern.  W.  schil- 
dert das  Verfahren  des  Interpolators :  „^^r  sich  daran  gewöhnt  hat,  die  Arbeit 
der  Interpolatoren  zu  beachten,  wird  sie  hier  leicht  schon  an  der  Art  der  Ein- 
schaltung erkennen.  Der  Interpolator  steht  unter  dem  Eindruck  seines  Originals; 
er  bezeichnet  den  Punkt,  »uf  dem  die  Erzählung  ist,  und  greift  dann  hemmend 
in  die  natürliche  Bewegung  ein,  um  schließlich  mit  größerer  oder  geringerer 
Mühe  von  seiner  Abschweifung  zum  Ausgangspunkt  zurück  zu  kehren".  Beson- 
ders viel  Mühe  hat  diese  Rückkehr  in  unserem  Falle  nicht  gekostet;  2142  ge- 
hört noch  zu  dem  wesentlichen  Gegenstande  der  Episode  ,  und  2144  ist  sie 
schon  zu  Ende.  Aber  die  Hemmung  der  Erzählung  ist  vorhanden:  2129  werden 
schon  die  Schilde  erhoben,  als  Hagens  Erzählung  wieder  eine  Pause  veranlaßt. 
Ich  Icugue  es  W.  nicht  ab,  daß  Hagens  Worte :  beltbet  eine  wile  u.  s.  f.  nicht 
sehr  schön  und  kräftig  sind,  sondern  eher  langweilig  klingen;  „possenhaft^  ist 
etwas  zu  viel  gesagt.  Aber  ich  glaube  auch  eine  Erklärung  zu  haben  fOr  diese 
Hemmung.  Der  Dichter  wollte  den  Tausch  der  Schilde  und  das  Versprechen 
gegenseitiger  Schonung  einflechten;  das  muste  eine  Scene  für  sich  geben,  von 
dem  Gespräch  mit  den  andern  Burgunden,  das  keine  Abmachungen  zur  Folge 
hat,  getrennt.  So  kam  der  Dichter  auf  diese  Art  der  Einschaltung  unserer 
Episode.  Woher  er  das  Motiv  hatte,  wird  sich  kaum  entscheiden  lassen.  Es  ist 
ja  schon  homerisch  und  öfter  verwerthet,  und  er  mag  es  irgendwo  gefunden 
habeu.  In  der  Nibelungensage  war  es  vielleicht  zuvor  noch  nicht;  die  Thidreks- 
saga  z.  B.  weiß  nichts  davon.  Aber  das  muß  ich  festhalten,  daß  2130 — 2144 
von  demselben  Dichter  herrühren  wie  das  Vorhergehende.  Ich  habe  oben  pa- 
renthetisch auf  den  sehr  charakteristischen  und  ganz  im  Wesen  der  Situation 
begründeten  Zug  hingewiesen  ,  daß  Rüdiger  auf  die  längeren  Reden  der  Bur- 
gunden stets  nur  mit  einer  Strophe  antwortet.  Dieser  Zug  geht  auch  durch 
die  Strophen  2130 — 2144  hindurch;  Wilmanns  hat  ihn  freilich  durch  seine 
Kritik  gründlich  zerstört;  allein  ich  glaube  in  diesem  entschieden  dichterische 
Empfindung  und  Überlegung  verrathenden  Zuge  ein  positives  Element  gegen 
seine  Kritik  zu  besitzen:  —  falls  die  negativen  nicht  genügen  sollten.  —  Mit 
den  Worten  „durch  mortrcechen  willen*^  fängt  nach  W.  wieder  „der  alte  herbere 
Ton"  an.  An  dem  obigen  Beispiel,  wie  schief  W.  den  Ton,  der  in  Str.  2112 
erklingt,  aufgefaßt  hat,  kann  man  das  kritische  Gewicht  dieses  Satzes  ungefähr 
ermessen  ,  der  schon  dadurch  hinfällig  wird,  daß  von  einem  mortraschen  willen 
auch  nach  dem,  was  W.  an  Strophen  übrig  gelassen  hat,  eigentlich  nicht  die 
Rede  sein  kann.  Beim  Beginne  des  Kampfes  bedient  sich  hier  der  Dichter, 
wie  im  epischen  Stil  Ahnliches  zu  Dutzenden  vorkommt ,  der  sonst  gebräuch- 
lichen Schilderungen  der  Kampfeslust,  obwohl  von  einer  solchen  in  der  obwal- 
tenden Situation  kaum  geredet  werden  kann;  ganz  ähnlich  2143,  2  des  muotea 
er  ertohte. 

Die  Ausscheidung   der  Episode    2130 — 2144    hat    auch  die  Auswerfung 
von  2148  zur  Folge,  in  welcher  Volker  und  Hagen  und  ihr  fride  mit  Rüdiger 
OERMANU.  Neae  Reihe  XII.  (XXIY.  Jahrg.)  \^ 


210  LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

erwähnt  sind.  Daß  2148,  1  »gans  müiSig^  ist,  kann  wohl  nicht  ab  Grand  gelten; 
die  Strophe  bleibt  stehen.  Ebenso  2149^  welche  ^nur  in  stärkeren  Ausdrücken 
ausfuhrt,  was  in  2146,  4  gesagt  ist",  aber  nicht  einmal  als  |,8türeud^  bezeichnet 
wird.  2151   hat  schon  Lachmann  ausgeworfen ,  weil  Dankwart  daselbst  erwähnt 
wird.  Wilmanns  von  seinem  Ausgangspunkt  aus  kann  diesen  Grund  nicht  brauchen; 
aber  die  Strophe   ist   ihm  eingeschoben  ,    weil  Giselhers    Eingreifen  wirksamer 
aufgeschoben  sei,  bis  Rüdiger  und  Gemot  gefallen  seien  (2161).  Daß  2161,  1.  2 
eben  sehr  wirksam  wären,  könnte  ich  nicht  sagen;  im  übrigen  haben  wir  in  2151 
eine  der  vielen  zasammenfassenden  Strophen,  in  denen  mehrere  Helden  ange- 
zählt werden.  Lachmann  war  diesen  Strophen  feind,  ebenso  Wilmanns;  aber  ein 
triftiger  G^rund  y    sie  zu  entfernen ,   ist  nie  beigebracht  worden.    Ob  sich    wohl 
solche  immerhin  etwas  lederne  Aufzählungen  als  Verlegenheitsmittel  nicht  auch 
bei  andern  Dichtem  finden  sollten?    Die  vorliegende  Strophe  wegzuwerfen,  ist 
übrigens  deshalb    mislich  ,     weil  alsdann    in  2150    und  2152  zwei  Variationen 
desselben  Gedankens  unmittelbar   zusammenstoßen  würden :    dem   Ut   de»   tage» 
BiUdegir  harte  wol  ffelich  daz  er  ein  recke  wasre  vil  lUene  unde  (unt  ouch  vü)  lobelich ; 
tril  wol  zeigte  RiUdegir  daz  er  was  stark  genuoc,  Wilmanns  scheint  diese  lucon- 
venienz  auch  gefühlt  zu  haben;    denn  er  hält    eine   von   den  beiden  Strophen 
für  entbehrlich,  also  jünger.     Für  den  Übergang  zum  Kampfe  mit  Gemot  war 
nur  eine  nötbig^  also  wird  auch  nur  eine  ursprünglich  sein;  wieder  das  alte, 
mit  nichts  motivierte  Wegschneiden  alles  irgendwie  Entbehrlichen.  W.  läßt  aber 
die  Wahl,  welche  Strophe  wir  für  alt  halten  wollen:   „ich  glaube  2152,    aber 
auch  2150  paßt  gut  und  ebenso  2150,   1.  2.   2152,  3.  4^.  Diese  Unentschie- 
denheit  ist  sehr  lehrreich;    sie  zeigt,  daß  an   beiden  Strophen    auch  nicht  das 
geringste  Merkmal  verschiedenen  Ursprungs  ist;    es    werden    also    wohl    beide 
gleich  alt  und    ursprünglich   sein.     Das  Zusammensetzen    von    halben  Strophen 
kommt  uns  hier  zum  ersten  Male  vor.     Ich    habe  gegen  diese  Art  von  Kritik, 
die  auch  Lachmann,  obwohl  nur  ganz  selten,  geübt  hat,  principiell  nichts  ein- 
zuwenden;   es  ist  wohl  denkbar,    daß  ein  Interpolator ,    wenn  es  nicht  anders 
gieng,  eine  Strophe  des  ihm  vorliegenden  Textes  auseinanderriß.  Ich  beurtheile 
abo  solche  Stellen  durchaus  nicht  anders   als  alle   übrigen.     Schönbach  hat  iii 
seiner  Rec.  Seite  379  ausgefährt,  daß  2152,  3  die  Zeile  2152,  2  voraussetze; 
ich  glaube,  nothwendig  nicht;  aber  W.  hat  gegen  die  vier  ausgeschiedenen  Zeileu 
nichts    Triftiges   vorgebracht.     —     Endlich    werden  noch   2158  —2160    ausge- 
schieden, wofür  diesmal  gar  kein  Grund  angegeben  wird.     Noch  dazu  muß 
W.,  um  2161  unmittelbar  auf  2157  folgen  lassen  zu  können^  in  2161,  1  statt 
mit  A  bruoder  vielmehr  mit  B  swcher  lesen;    gleich  ein  Beweis,    wie  leicht  er 
mit  der  Hss.-Frage  umgeht:   „B  hat  die  ursprüngliche  Lesart  bewahrt;  die  an- 
dern Uss.  ändern  mit  Rücksicht  auf  die  Interpolation".  Welche  Verwirrung  der 
Logik  in    diesem  Verfahren  steckt,  liegt  auf  der  Hand.  Sonst  immer  mit  A  zu 
lesen^  und  nun,  um  drei  Strophen  ausscheiden  zu  können,  gegen  die  sich  gar 
nichts  sagen  läßt,  auf  einmal  von  A  abzuweichen,  während  die  La.  von  A  bei 
Erhaltung  dieser  drei  Strophen  ganz  tadellos  ist:  ärgere  Willkür  lässt  sich  kaum 
denken  ;    und  W.  hätte  wohl  gethan  ,     die  „kleineu  Mittel    des    philologischen 
Handwerks^ ,  von  denen  er  in  der  Vorrede  verächtlich  spricht ,  minder  neben - 
Bächlich  zu    behandeln.    An  und  für  sich  versteht  sich,  daß  die  La.  von   B 
gleich  gut  paßt.     Innerhalb  der   drei    ausgeschiedenen  Strophen   soll  wiederum 
^if^Q  jünger  sein  als  die  zwei  andem  ,    und  in  2158  ,  4  soll  statt  Hagen  ur- 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  211 

sprÜDglich  Giselher  geDannt  gewesen  seio;  da  die  Einfuhrnng  des  Redenden  in 
Str.  2160  ohne  Nennung  seines  Namens  nicht  ursprünglich  sein  könne*  Solche 
Einführung  kommt  aber  gar  nicht  selten  vor  ^  und  man  merkt  ja  doch ,  daß 
Giselher  der  Redende  ist.  Die  Einmischung  Hagens  steht  nach  W.  im  Zusam- 
menhang damit,  daß  ^Bearbeiter  sich  bemühten,  Hagen  auch  in  dieser  Scene 
einigen  Antheil  an  der  Handlung  zu  gewähren.**  Ich  weiß  bloß  einen  solchen 
Bearbeiter,  den^  von  dem  die  „Episode**  2130 — 2144  verfaßt  oder  eingeschoben 
ist;  denn  2148,  falls  von  einem  andern  Verfasser,  ist  nur  mit  Beziehung  auf 
die  Episode  gedichtet.  Da  ich  die  Episode  als  einen  integrierenden  Theil  der 
Dichtung  erkannt  habe^  so  können  auch  2158 — 2160  ungerupft  bleiben.  Der- 
jenige aber,  der  21 58,  4  und  2159  Hagen  eingeführt  hätte,  müste  doch  wohl 
identisch  sein  mit  dem,  der  vorher  schon  sich  mit  Hagen  zu  schaffen  gemacht 
hat ;  wir  werden  uns  kaum  zwei  Bearbeiter  mit  dieser  nemlichen  Tendenz  thätig 
denken  wollen.  Wir  hätten  also  innerhalb  dieses  ersten  Abschnitts ,  um  uns 
einmal  probeweise  ein  Bild  von  W.s  Resultaten  zu  machen  ,  mindestens  vier 
Dichter:  1.  die  alte  Erzählung;  2.  den  Interpolator  von  2158 — 2160;  8.  den 
Dichter  der  Episode,  von  dem  auch  2159  herstammen  muß^  und  4.  denjenigen^ 
der  die  sentimentalen  Zusätze  2116 — 2118  u.  s.  f.»  auch  die  innerhalb  der 
Episode,  gemacht  hat.  Ob  2107.  2148.  2149.  2150  (oder  2152  oder  2150, 
3.  4.  2152,  1.  2.)  von  einem  dieser  viere  sind,  kann  man  nicht  wissen.  Aber 
es  ist  an  vieren  genug.  Was  für  ein  Rattenkönig  von  Dichtem  in  56  Strophen I 
Wie  einfach  sind  dagegen  Lachmanns  Resultate!  —  Mit  2161  schließt  die 
Erzählung.  W.  untersucht  die  folgenden  Strophen  2162 — 2171  nicht  mehr. 
Ich  kann  es  mir  also  auch  ersparen,  zu  untersuchen,  ob  2161  einen  Abschluß 
bildet  oder  nicht,  um  so  mehr,  als,  wie  wir  sehen  werden,  nach  W.s  Ansicht 
die  hier  gefundene  alte  Dichtung  doch  ursprünglich  noch  Weiteres  enthalten  hat; 
nur  was  uns  von  derselben  erhalten  ist,  schließt  mit  2161.  Ob  es  aber  nicht 
mislich  ist,  solche  isolierte  Scenen  für  sich  zu  untersuchen  und  was  darüber 
hiuausliegt,  auf  später  zu  versparen  oder,  wie  hier,  ganz  zu  ignorieren?  Das 
letztere  ist  jedenfalls  ein  Fehler;  denn  aus  solchen  Übergängen  wie  2162  — 
2171  könnte  unter  Umständen  dieß  und  das  über  die  Entstehung  zu  folgern  sein. 
Auch  gegen  die  Reihenfolge  ,  in  der  W.  die  verschiedenen  Abschnitte 
untersucht  hat  und  welche  nicht  durch  den  Zusammenhang  der  Überlieferung, 
sondern  durch  die  von  W.  behauptete  Zusammengehörigkeit  der  verschiedenen 
Stücke  bestiiumt  ist,  ließen  sich  Einwendungen  machen.  Aber  eine  genau  auf- 
merkende Kritik  kann  sich  über  solche  Dinge,  welche  das  Resultat  selbst  we- 
niger berühren  als  die  Methode  seiner  Gewinnung,  wegsetzen.  Wir  werden 
jedoch  Stellen  finden,  wo  mir  die  Anordnung,  die  W.  dem  Stoffe  gegeben  hat, 
auch  auf  die  realen  Resultate  seiner  Kritik  von  Einfluß  gewesen  zu  sein  scheint. 


So  versetzt  uns  W.  nunmehr  mit  einem  großen  Sprung  an  den  Anfang 
der  von  seiner  Kritik  umspannten  Erzählung  und  untersucht  den  Bericht  von 
Giselhers  Verlobung,  Str.  1606—1624.  Auch  hier  finden  sich  «unerträgliche 
Interpolationen^  oingestreut.  Lachmann  hatte  1618  ausgeschieden,  weil  1613,  2 
des  Markgrafen  Tochter  wieder  in  den  Saal  geschickt  worden  ist,  ab^  iai8 
ze  hove  beschieden  wird ,  als  ob  sie  zuvor  anderswo  gewesen  wftr^ 
vielmehr  1612  ausscheiden.  Sein  Grund  für  diese  Athetese  ist  detf 
1613,   1    offenlichen  spricht:     „als  die  Jungfrau  hinausgegangen  ift^ 


212         LTTTERATUS:  ZUR  KSITIK  DER  NIBELUNGEN. 

Spielmann  offen  heraossprechen^.  Ich  meine,  das  Wort  offenlkhe  kann  gerade 
so  gut  motiviert  sein  durch  die  Anwesenheit  der  Jungfrau:  obgleich  sie  da  ist, 
spricht  Volker  doch  offen  und  laut.  Den  Maßstab  modemer  Scheu  vor  solchen 
Dingen  wird  man  nicht  anzulegen  brauchen  und  noch  viel  weniger  mit  Heinrich 
Fischer,  Nibelungenlied  oder  Nibelungenlieder?  Seite  134  deshalb  mit  A  in 
1612,  2  die  küenen  statt  die  schämen  lesen  wollen^  denn  die  Ritter  haben  bis 
jetzt  den  Saal  nicht  verlassen,  können  also  auch  nicht  wieder  in  denselben  ge- 
fuhrt werden.  —  Da  aber  1613  in  A  der  selbe  spilman  nur  möglich  bt,  wenn 
die  vorhergehende  Strophe  echt  ist,  so  verwirft  Wilmanns  hier  die  La.  von  A 
und  recipiert  die  der  Vulgata*)  der  edele  spilman:  „die  Lesart  in  A  setzt  schon 
die  Verbindung  mit  der  vorhergehenden  Strophe  voraus*.  Eine  methodische 
Kritik  muste  vielmehr  zu  diesem  Schlüsse  fuhren :  da  A,  welche  sonst  zu  Grunde 
liegt,  1613,  1  deutliche  Beziehung  auf  1612  zeigt,  so  muß  1612  echt  sein. 
Ich  kann  mich  dieses  Argumentes  nicht  bedienen;  aber  ich  denke,  die  Grunde 
gegen  1612  sind  schwach  genug.  —  £s  fragt  sich  nun,  ob  also  nicht  1618 
interpoliert  sei.  An  und  für  sich  ist  es  ebenso  auffallend,  daß  ein  Interpolator 
eine  solche  Incongruenz  in  der  Situation  in  die  Erzählung  hineinbringen  sollte, 
wie ,  daß  sie  dem  Dichter  selbst  entschlüpft  sein  soll ;  denn  auch  jener  wird 
wohl  die  Situation  in  der  Erzählung,  die  er  interpolieren  will,  ein  wenig  über- 
legen. Aber  von  dieser  principiellen  Frage  abgesehen  ,  ist  es  gar  nicht  noth- 
wendig,  hier  einen  unlösbaren  Widerspruch  zu  finden.  Der  Saal,  in  dem  wir 
uns  befinden,  ist,  wie  solche  Speisesäle  überhaupt,  wie  insbesondere  auch  der 
in  Etzeinburg ,  sehr  groß;  sonst  könnten  nicht,  wie  es  1610  erscheint,  alle 
Ritter  in  demselben  essen.  Es  ist  also  nichts  Auffallendes  ,  wenn  die  junge 
liarkgräfin,  die  sich  schon  im  Saale  befindet,  noch  besonders  ze  hove  beschieden 
wird;  wie  auch  Zamcke  in  seiner  Rec.  Sp.  1665  f.  ausfuhrt.  Es  wird  das 
nichts  anders  bedeuten,  als  daß  nach  der  Unterredung  1613 — 1617  die  Fürsten 
sieh  erhoben  haben  und  berathen,  und  daß  man  die  Jungfrau  vom  Tische  weg 
zu  ihnen  schickt;  —  falls  die  Anwesenden  überhaupt  noch  am  Tische  sitzen, 
was  durchaus  nicht  nothwendig  ist;  denn  sie  können  sich  auch  sonst  im  Saal 
ergehen.  Was  ich  hier  als  in  der  Erzählung  vorausgesetzt  denke,  ist  allerdings 
nirgends  ausdrücklich  gesagt,  aber  wohl  nicht  anders  zu  denken.  Auch  1621,  1 
setzt  diese  Situation  voraus.  Daß  die  Erzählung  nicht  ganz  glatt  ist,  steht  kaum 
zu  leugnen;  allein  Widersprüche  enthält  sie  nicht,  und  man  muß  mit  dem  aus- 
zukommen suchen,  was  da  ist,  —  und  das  ist  ganz  wohl  möglich.  Wir  werden 
also  sowohl  1612  als   1618  für  echt  halten  dürfen. 

Innerhalb  der  besprochenen  Erzählung  hat  die  Vulgata  eine  Strophe  mehr 
als  A,  die  Str.  1614,  5.  Für  Lachmann  war  diese  ohnehin  eingeschoben;  er 
hat  aber  auch  1615,  freilich  mit  sehr  gesuchten  Gründen,  athetiert.     Während 


*)  Ich  werde  ans  den  kritischen  Apparaten  von  Lachmann  and  Bartsch  nicht 
klar,  wie  die  verschiedenen  Hss.  hier  lesen.  In  der  Aasgabe  giebt  Lachm  ann  der  edel 
»püman  als  La.  der  Valgata  an;  in  den  Anmerkungen  dagegen  verzeichnet  er  bloß 
die  Variante  von  C  der  Hure  tpileman^  ohne  über  selbe  and  edeU  etwas  anzugeben. 
Bartsch  giebt  im  Text  edele;  im  Lesartenverzeichnis  gibt  er  an  y,edele  g  [so  daß  man 
meinen  maß,  B  a.  s.  w.  hätten  etwas  anderes],  sdbe  A,  tiure  C.  R.  v.  Math  in  seinen 
Variantenverzeichnis  von  A  (Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  8,  446  ff.)  bringt  die 
Str.  1613  gar  nicht  Kurz,  es  ist  nicht  klar,  wie  die  Sache  steht;  ist  auch  für  unsere 
Zwecke  hier  gleichgiltig.  [Alle  Hss.  außer  g  haben  die  gekürzte  Form  edel,  die,  da  sie 
keine  wirkliche  Lesart  ist,  ich  aufzofÜhren  für  uunöthig  hielt.     K.  B.] 


LITTERATUB:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  213 

aber  ihm  1615  für  älter  gelten  mußte  als  die  Divergenz  nnserer  Hss.,  1614,  6 
dagegen  für  ein  Werk  des  Urhebers  der  Vulgata^  so  hält  Wilmanns  vielmehr 
beide  Strophen  für  gleich  alt,  mit  der  Bemerkung:  »in  A  sind  hier,  wie  an 
andern  Stellen  ,  jüngere  Zusätze  unvollständig  aufgenommen,^  d.  h.^  falls  ich 
diese  Bemerkung  richtig  verstehe:  in  den  echten,  ursprünglichen  Theilen  des 
Gedichts  fehlt  nichts  in  A,  aber  interpolierte  Stellen  sind  mitunter  in  anderen 
Hss.  vollständiger  erhalten.  Wie  ich  mir  nach  dieser  Aussage  das  'Verhältnis 
der  Hss.  denken  soll,  weiß  ich  nicht  recht.  Es  müste  der,  von  dem  der  A  und 
B  gemeinsame  Urcodex  st}immt,  in  seinem  Text  die  Zusätze  irgendwie  kenntlieh 
gemacht  haben  (vielleicht  wäre  er  selbst  derjenige  gewesen,  von  dem  die  letzte 
Zurichtung  des  Liedes  stammt);  dann  hätte  der  eine  der  Abschreiber  diese  Zu- 
sätze ganz^  der  andere  nur  theilweise  aufgenommen.  Oder  soll  man  sich  eine 
Hs.  denken,  in  der  die  Zusätze  (aber  welche?)  noch  nicht  da  waren  und  neben 
der  dann  eine  andere  mit  den  Zusätzen  benutzt  worden  wäre?  In  beiden  Fällen 
scheitert  jeder  Versuch,  sich  über  das  wie  ?  eine  mögliche  und  klare  Vorstel- 
lung zu  machen.  Das  wäre  natürlich  ganz  wohl  denkbar,  daß  A,  wie  an  an- 
dern, ganz  alten  Stellen,  so  auch  an  jüngeren  hie  und  da  ausgelassen  hätte; 
aber  dann  ist  dieses  Auslassen  auch  jüngerer  Zusätze  ein  reiner  Zufall.  Und 
das  kann  W.  mit  seinen  Worten  unmöglich  gemeint  haben.  —  Ich  stelle  mich 
von  der  Hss. -Frage  unabhängig  und  sage:  auch  mir  gefällt  1615  ohne  1614,  5 
nicht  sonderlich.  R.  v.  Mnth  in  seiner  Einleitung  in  das  Nibelungenlied  S.  146 
hat  zu  den  wenig  sagenden  Gründen  MüUenhoffiB  (Z.  G.  d.  N.  N.  966  f.*)  noch 
einen  weitem  gegen  1614,  5  gefügt:  dieselbe  setze  „die  Werbung  eines  Königs 
voraus,  von  der  Volker  nicht  einmal  hypothetisch  gesprochen  hat**.  Muth  hat 
1614,  1.  2:  oh  ich  ein  fllrate  wasre  und  $olde  tragen  krdne  gänzlich  übersehen. 
Rüdigers  Worte  1614,  5  beziehen  sich  auch  keineswegs  auf  einen  concret  ge- 
dachten Fall;  und  ich  finde,  Gemots  Worte  1615  passen  viel  besser  auf  Rfi- 
digers  Bedenken  als  auf  Volkers  Äußerung  hin:  ;,doch,  ich  wäre  gleich  dazu 
bereit,  sold  ich  triutinne  nach  minem  willen  hdn'^,  W.  ninmit  das  für  eine  n un- 
verholene Liebeserklärung^.  Im  Gegentheil:  in  Gemots  Worten  liegt  ausdrück- 
lich gesagt,  daß  er  nicht  in  der  Lage  sei,  ein  Weib  zu  nehmen.  Uns  zu  offen- 
baren, warum,  das  können  wir  von  dem  Dichter  nicht  verlangen,  der  es  wohl 
selbst  nicht  wüste:  er  fand  in  der  Sage  Gemot  als  unverheiratet  und  Giselher 
als  Rüdigers  Eidam  und  brauchte  für  beides  keine  weiteren  Motive  zu  erfinden. 
Damit  erledigt  sich  W.s  Frage:  „wozu  wird  der  jüngere  Brader  mit  Gewalt 
vorgeschoben,  da  der  ältere  so  heiratslustig  ist.^  Daß  Hagen  „möglichst  un- 
natürlich^ das  Wort  nehme  (1615  f.),  ist  Geschmackssache;  auch  die  Behaup* 
tung,  daß  „der  grimme  Hagen  unbeteiligt  bei  dem  Liebeshandel  *  sein  müsse, 
ließe  sich  damit  entkräften ,  daß  er  doch  seinerzeit  zu  Günthers  Vermählung 
mitgeholfen  hat;  aber  ich  gebe  zu^  daß  der  ganze  Vorgang  uns  etwas  ge- 
zwungen und  überrumpelt  erscheint;  den  Zeitgenossen  wobl  nicht  so  sehr.  Der 
Dichter  hatte  hier  schweres  Spiel:  Giselher  und  die  junge  Markgräfin  haben 
sich  noch  nie  gesehen  ;  er  konnte  also  die  Verlobung  nicht  durch  eine  vorher- 
gängige  offene  oder  geheime  Liebe,  wie  etwa  bei  Siegfried  und  Kriemhild,  mo- 


*)  Ich  kann  nur  nach  der  Seitenzahl  der  allg.  Monatssehrifl  f.  W.  u.  L.  von 
1864  eitleren,  da  mir  der  Separatabdmck  nicht  zu  Gebote  steht  R.  v.  Muth  a.  a.  O. 
gibt  S.  90  an. 


214  UTTERATUB:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

ÜTiereii.  Ein  modemer  Dichter  hfttte  eine  solche  Erzählung  gar  nicht  geschaffen, 
und  wo  er,  einen  überlieferten  Stoff  behandelnd,  auf  eine  derartige  ungute  Er- 
zählung gestoßen  wäre,  hätte  er  die  Motive  verändert.  Der  alte  Dichter  schaltet 
mit  dem  Stoff  nicht  so  frei ,  und  demgemäß  hat  er  aus  der  vorliegenden  Er- 
zählung uomöglich  ein  großes  Kunstwerk  gestalten  können.  Denn  das  wird  sie 
auch  Dicht  dadurch,  daß  man  mit  Lachmann  und  Wilmanns  1616  unmittelbar 
auf  1614  folgen  läßt,  wodurch  die  Erzählung  nicht  schlechter,  aber  auch  nicht 
besser  wird.  Leicht  mag  es  sein  wie  R.  v.  Muth  Z.  f.  d.  Ph.  8,  486  f.  aus 
der  Thidrekssaga ,  wo  Giselher  statt  Gemots  das  für  Rüdiger  todbringende 
Schwert  erhält,  und  aus  manchen  Stellen  des  N.  L.  folgert,  daß  die  Erzählung 
in  einer  älteren  Sagengestalt  anders  war,  daß  besonders  Giselher  eine  größere 
Rolle  spielte,  und  dabei  mag  auch  seine  Verlobung  anders  und  besser  berichtet 
gewesen  sein;  aber  das  ist  eine  Möglichkeit,  deren  Erwägung  auf  die  kritische 
Betrachtung  unserer  Stelle  keinen  Einfluß  hat. 

Auch  in  dieser  Erzählung  aber  sollen  ,  ähnlich  wie  wir  s  bei  der  von 
Rüdigers  Tod  gefunden,  „zwei  Schichten  von  Bearbeitung  übereinander  liegen". 
Wilmanns  nimmt  Anstoß  daran,  daß  Rüdigers  Tochter  erst  im  Saale  ist,  dann 
fortgeht  und  dann  wieder  eingeführt  wird.  Er  sagt:  „Wo  eine  Person  auftritt^ 
dann  ohne  etwas  gewirkt  zu  haben,  weggeht,  und  von  neuem  herbeigerufen 
werden  muß,  hat  man  in  überarbeiteten  Gedichten  immer  Ursache  aufmerksam 
zu  sein.  Ich  glaube,  daß  in  der  ursprünglichen  Dichtung  die  junge  Markgräfin 
im  Saale  blieb  und  zugegen  war,  als  Volker  seinen  Antrag  stellte^.  In  dem 
Texte,  wie  er  überliefert  ist,  ist  sie  auch  wirklich  zugegen;  bloß  die  Athetese 
von  1612  hat  sie  weggeschafft.  Daß  das  N.  L.  ein  überarbeitetes  Gedicht  sei, 
hat  sich  uns  bis  jetzt  nicht  gezeigt.  Und  endlich  ist  das  Weggehen  der  jungeo 
Markgräfin  und  ihr  Wiederkommen  nicht  unbegründet.  Zarncke  hat  in  seiner 
Rec.  Sp.  1665  darauf  hingewiesen,  daß  auch  bei  Brünhilde  und  Kriemhilds 
Vermählung  diese  beiden  Fürstinnen  die  einzigen  Damen  sind,  die  am  Abend- 
essen theilnehmen.  Nach  Str.  558  sind  die  burgundischen  Damen  in  ein  tdl 
tnUeM  gadem  gegangen  ,  also  gewiß  ebenso  Brünhilds  Begleiterinnen;  ferner 
hat  sieh  nach  derselben  Strophe  auch  Rriemhild  entfernt,  die  erst  als  Siegfrieds 
Gattin  571  zum  Essen  kommt;  könnte  sie  schon  als  Prinzessin  und  nicht  bloß 
als  Königin  daran  theilnehmen,  so  hätte  sie  sich  nicht  vorher  zurQckgezogeu. 
Etwas  anders  liegt  die  Sache  bei  der  Bewirthung  der  Burguuden  durch  Kriem- 
hild.  Da  während  des  Mahles  sich  der  Kampf  erhebt  ^  so  konnte  der  Dichter 
keine  Damen  im  Saale  brauchen.  Aber  daß  er  sie  abwesend  denken  konnte, 
ohne  das  zu  erwähnen ,  beweist ,  daß  nach  seiner  Anschauung  bei  höfischen 
Banketten  bloß  die  Landesfürstin  anwesend  sein  durfte.  So  auch  in  unserer 
Erzählung,  wo  der  Dichter  1610  noch  zum  Überflüsse  sagt:  nach  fjewonheife  so 
ächieden  n  sich  dd,  ritteve  unde  vrouwen  die  giengen  anderswä.  Es  ist  aus  diesen 
Stellen  deutlich  genüge  daß  die  Erzählung  des  N.  L.  in  diesem  Punkte  durch- 
aus deutscher  Sitte  folgt;  s.  Wcinhold  ,  die  deutschen  Frauen,  S.  387.  389. 
Vor  und  nach  dem  Essen  aber  ist  die  Zeit  der  Unterhaltung  mit  den  Damen 
gewidmet.  —  Für  seine  Annahme  hat  jedoch  W.  auch  spccicUc  Gründe.  1609,  4 
der  edel  videlasre  dem  wirie  holden  willen  truoc  ist  von  der  Erzählung,  womit 
Volker  diesen  holden  willen  bewiesen  habe,  durch  1610 — 1612  gcti*ennt.  Für 
Lachmann  war  das  ein  Grund,  1609  auszuscheiden;  W.  betrachtet  vielmehr 
die    ihr   folgenden  Strophen  als  jünger.     Die  Worte  1609  ,  4  sind  eine  jener 


LITTERATÜR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  215 

häufigen  Vorausweisungen ,  die  mitunter  wirkungsvoll  angebracht ,  groOentheils 
aber  bloßes  FHckwerk  zur  Ausfüllung  der  Strophe  sind.  Wir  dürften  sie  nur  ver- 
werfen nach  gründlicher  Prüfung  aller  Fälle,  nicht  aber  so  wie  hier  geschieht, 
eine  jede  Strophe  für  sich.  Fast  denselben  Fall  hatten  wir  2107,  worüber  oben 
nachzusehen.  Ferner  soll  nach  W.  das  Lob  Gotelinds  161 3  „durch  den  Fort- 
schritt der  Erzählung  nicht  gefordert^  sein  und  1614  gar  nicht  an  dieses  Lob 
anknüpfen;  auch  daß  Volker  1614  noch  einmal  als  redend  eingeführt  wird^ 
errege  Anstoß.  In  Beziehung  auf  1613  hat  W.  selbst  zugegeben,  daß  sie  |,der 
Situation  angemessen^  sei;  die  Verbindungslosigkeit  zwischen  1613  und  1614 
befremdet  bei  einem  strophischen  Gedichte  nichts  und  ist,  wie  die  nochmalige 
Erwähnung  des  Redenden,  gar  nichts  Unerhörtes.  Aus  diesen  sehr  schwachen 
Prämissen  folgert  nun  W.^  daß  1610.  1611.  1613  eine  Interpolation  seien,  und 
zwar  eine  ältere  als  1612.  1614,5.  1615.  Möglich  sei,  daß  1609  jünger  sei 
als  1608 ,  da  die  Zeilen  1 — 3  „bedeutungslos^  seien  (ein  sehr  geringer 
Grund!),  aber  jedenfalls  älter  als  1610  ff.  —  Wenn  1613  und  1614  nicht 
zusammenpassen^  so  genügte  es,  1613  auszuscheiden ;  womit  ich  gewiß  keinen 
positiven  Gegenvorschlag  machen,  sondern  nur  zeigen  will,  wie  aus  W.s  Grün- 
den, auch  wenn  man  sie  zugibt,  nicht  immer  seine  Resultate  nothwendig  folgen. 
Aus  der  spätem  Entstehung  von  1610.  1611.  1613  folgt  weiter,  daß 
auch  die  Stelle ,  wo  die  junge  Markgräfin  wieder  hereingerufen  wird  ,  jünger 
sein  muß.  W.  wirft  1617,  3.  4.  1618,  1.  2  aus;  seine  Gründe  sind  freilich 
so  schwach  als  möglich:  1617,  3.  4  „weisen  unnöthig  in  die  Zukunft^,  1618,  1 
ist  einfach  „überflüssig^.  Da  wir  für  die  Athetcse  von  1610.  1611.  1613  gar 
keinen  Grund  gefunden  haben,  so  fällt  auch  jeder  für  die  Entfernung  der  ge- 
nannten vier  Zeilen  hinweg.  Weiter  gehören  dieser  älteren  Interpolation  an: 
1619.  1620,  wo  das  ausgeführt  wird,  was  in  1617,  3.  4  angedeutet  ist.  Da 
ich  diese  zwei  Zeilen  aus  der  echten  Dichtung  auszuscheiden  keinen  Grund  ge- 
funden habe,  so  ist  auch  für  die  Athetcse  von  1619.  1620  keiner  mehr  vor- 
handen. Daß  Gernot,  „ohne  daß  es  in  der  Sache  begründet  wäre,^  angebracht 
sei  wie  1615,  ist  nicht  richtig.  Es  ist  doch  ganz  in  Ordnung,  wenn  Günther 
und  Gernot  als  die  beiden  altem  Brüder^  die  beide  gleichermaßen  zur  Sache 
zu  reden  haben,  auch  beide  den  Eid  leisten.  In  1621 — 1623  findet  dann 
Wilmanns  wieder  alte  Dichtung,  so  daß  der  älteren  Interpolation  die  Str.  1610. 
1611.  1613.  1617,  3.  4.  1618,  1.  2.  1619.  1620  angehören.  Ob  1624  noch 
zur  alten  Dichtung  gehört,  lässt  W.  zweifelhaft.  —  Er  stellt  nunmehr  die  in 
den  beiden  untersuchten  Abschnitten  als  ursprünglich  erkannten  Strophen  zu- 
sammen mit  der  Bemerkung:  „Daß  man  nicht  glauben  darf,  in  ihnen  Wort  für 
Wort  die  alte  Dichtung  wieder  zu  haben,  daß  man  vielmehr  annehmen  muß, 
die  mehrfache  Überarbeitung  habe  auch  in  den  altem  Stroph>3n  den  Text  nicht 
unberührt  gelassen,  scheint  mir  selbstverständlich'^.  An  sich  finde  ich  das  auch 
sehr  natürlich,  und  ich  gestehe,  daß  mir  an  Lachmanns  Theorie  nichts  uner- 
träglicher erscheint,  als  eben  die  Annahme,  daß  die  echten  Strophen  noch  ge- 
rade so,  wie  sie  gewesen,  sollen  herausgeschält  werden  können.  Aber  für  W.8 
Kritik  muß  dieser  Satz  nothwendig  sehr  gefährlich  sein.  Wie  oft  führt  er  rein 
formelle  Gründe  für  seine  Athetesen  an!  Hier  ist  der  Ausdruck  zu  weichlich, 
dort  zu  stark ;  hier  der  Zusammenhang  zu  locker,  dort  zwischen  zwei  Strophen, 
die  in  der  Überlieferung  durch  jüngeres  Machwerk  getrennt  sind,  ein  genauer, 
bis  auf  wörtliche  Gleichheit  sich  erstreckender  Znsammenhang:    wird  dai  af 


216  UTTERATUB:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

iiDd  ein  gut  Tbeil  yon  W.s  kritischen  Handhaben  nicht  alteriert  darch  die  An- 
nahme, daß  der  echte  Text  der  alten  Strophen  doch  manchmal  von  dem  jetit 
überlieferten  verschieden  gewesen  sei?  Laehmann  und  Müllenhoff  haben  sehr 
wohl  gewost,  warum  sie  einer  solchen  Annahme  keinen  Raum  gaben:  sie  maß 
todtlich  für  jede  Kritik  sein,  die  so  atomistisch  verfährt  (s.  auch  Schönbach, 
Zs.  f.  ö.  G.  1877,  878.). 

Die  beiden  bis  jetzt  betrachteten  Abschnitte  schreibt  W.,  wie  ich  ange- 
deutet habe,  demselben  Dichter  zu.  Es  sei  denkbar,  daß  sie  von  verschiedenen 
Dichtem  herrühren;  aber  durch  die  überlieferten  Strophen  werde  für  eine  solche 
Annahme  kein  Anhalt  gegeben.  Ich  meine,  ein  Kritiker,  der  so  radikal  zu 
Werke  geht,  der  die  einzelnen  Abschnitte  der  Dichtung  in  bunter  Reihenfolge 
einer  Kritik  unterwirft ,  welche  in  19  Strophen  mindestens  drei  verschiedene 
Verfasser  findet,  sollte  anders  zu  Werke  gehen.  Ihm  muß  jeder  Abschnitt  echter 
Dichtung  y  den  er  aus  dem  Wust  des  Unechten  glücklich  herausgeschält  hat, 
zunächst  ein  Stück  für  sich  sein  ,  das  er  einstweilen  zurücklegt ,  bis  er  nach 
Prüfung  des  ganzen  Complczes  der  Tradition  versuchen  kann  ,  wie  das  bisher 
Vereinzelte  sich  am  besten  gruppieren  lasse.  Erlaubt  er  sich,  schon  vor  Been- 
digung der  ganzen  Untersuchung  zwei  Stücke  als  Werke  desselben  Verfassers 
zu  combinieren ,  so  kann  er  dieß ,  gemäß  seinem  Verfahren  und  seinen  schon 
erreichten  Einzelresultaten ,  nur  thun  auf  Grund  besonders  genauer  Überein- 
stimmung in  den  Motiven,  wo  diese  in  anderen  Theileu  der  Dichtung  abweichen 
(W.  hat  aber  noch  keine  solchen  untersucht),  und  in  der  äußern  Form.  (Daß 
diese,  welche  für  die  Kritik  das  allerwesentlichste  Hilfsmittel  bilden  muß,  bei  W. 
viel  zu  kurz  kommt,  haben  schon  Andere  bemeriLt  und  werden  wir  bei  Gelegen- 
heit noch  mehrfach  sehen.)  Statt  aber  dermaßen  zu  verfahren ,  hat  W.  auf 
Grrund  sehr  vager  Vergleichungspunkte  die  Zusammengehörigkeit  beider  Ab- 
schnitte statuiert  und  darauf  später  Folgerungen  gebaut,  die  ohne  dieses  Fun- 
dament nicht  Stand  halten  können.  —  Die  beiden  Abschnitte  „stimmen  nach 
Inhalt,  Composition  und  Stil  durchaus  zusammen **.  Das  ist  kein  Moment,  so 
lange  nicht  noch  andere  Theile  untersucht  sind,  die  nicht  dazu  stimmen. 
Übrigens  ist  hinsichtlich  des  Inhalts  die  Übereinstimmung  zwischen  den  ver- 
schiedenen Theilen  des  Gedichts  in  allem  Wesentlichen  so  groß,  daß  es  kein 
Wunder  und  von  keiner  Beweiskraft  ist,  wenn  in  19  -f  ^6  (oder  nach  Ent- 
fernung des  Unechten  in  10  -f-  22)  Strophen  keine  Discrepanzen  vorkommen. 
Den  Stil  hat  W.  gar  nicht  untersucht.  Hinsichtlich  der  Composition  bringt  er 
Einiges  bei.  Die  drei  Könige  stehen  beide  Male  im  Vordergrund;  neben  ihnen 
Volker,  vgl  1613  ff.  mit  2110  (eine  äußerst  gesuchte  Parallele);  Hagen  ist 
beide  Male  durch  einen  Bearbeiter  hereingebracht  worden.  Diese  Verhältnisse 
ändern  sich  natürlich  sofort,  wenn  man  W.s  Atbetesen  verwirft,  sind  aber  auch 
an  sich  nicht  sehr  wesentlich.  Es  verschlägt  nichts  ,  wenn  der  sonst  sehr  im 
Vordergrund  stehende  Hagen  einmal  für  eine  kleine  Anzahl  von  Strophen  in 
den  Hintergrund  tritt,  und  bei  der  Verlobung  hat  ja  W.  ausdrücklich  gesagt: 
„der  grimme  Hagen  ist  unbeteiligt  bei  dem  Liebeshandel '^.  Also  würde  —  W.s 
Atbetesen  als  richtig  angenommen  —  Hagens  Zurücktreten  beide  Male  nicht  den- 
selben Grund  haben.  Volker  spielt  überall  im  zweiten  Theile  des  Gedichts  eine 
bedeutende  Rolle;  über  die  mangelhafte  Analogie  zwischen  1613  ff.  und  2110 
brauche  ich  nicht  weiter  zu  reden.  Daß  die  drei  Könige  in  den  Vordergrund 
treten  (übrigens  soll  ja  die  Erwähnung  Gamets    in  der  Verlobungsscene  inter- 


UTTERATUB:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  217 

poliert  sein!),  ist  nichts  von  anderen  Theilen  des  Gedichts  Abweichendes.  Der 
Dichter  weiß  ihnen  überall ,  wo  sie  der  Situation  nach  überhaupt  auftreten 
können,  die  gebührenden  Ehren  zu  erweisen,  und  wenn  er  Andere,  wie  c.  B. 
Volker ,  mitunter  in  helleres  Licht  rückt,  so  ist  das  eine  sehr  dankenswerthe 
Abwechslung.  —  Daß  beide  Scenen  mehrfache  Bearbeitung  erfahren  haben, 
würde  dann  eine  Wahrscheinlichkeit  für  die  Identität  des  Verfassers  bilden 
können  ,  wenn  auch  die  Identität  der  Interpolatoren  nachgewiesen  wäre ;  W. 
nimmt  dieselbe  als  wahrscheinlich  an  ,  findet  aber  keine  „entscheidenden  Be- 
weise^. Seltsam  nimmt  sich  in  diesem  Zusammenhang  ,  wo  die  Zusammenge- 
hörigkeit der  zu  Grunde  liegenden  alten  Dichtung  erwiesen  werden  soll ,  der 
Zusatz  aus:  |,Dic  Prüfung  des  Abschnittes  [1626 — 1650],  in  welchem  die  Bur- 
gunden  sich  aus  Bechelaren  verabschieden  und  Gemot  das  verhängnisvolle 
Schwert  erhält ,  wird  du*.  Thätigkeit  desselben  Literpolators  deutlich  erkennen 
lassen.  Doch  muß  sie  noch  aufgeschoben  werden'^.  Seltsam  nicht  an  sich,  son- 
dern deshalb:  jedermann  wird  aus  diesem  Satze  indirect  vermuthen,  daß  auch 
die  in  1626 — 1650-  enthaltene  Erzählung  in  ihren  echten  Theilen  unserer  bis 
jetzt  gefundenen  alten  Dichtung  angehöre;  dennoch  ist  dort  das  Resultat  der 
Untersuchung,  wie  wir  sehen  werden,  ein  ziemlich  anderes. 

Dieß  die  Einwendungen,  die  ich  gegen  die  Zusammenwerfung  der  beiden 
Abschnitte  von  Wilmanns'  Standpunkt  aus  zu  machen  habe.  Ich  selbst 
glaube  denselben  Dichter  für  den  ganzen  von  ihm  untersuchten  Theil  des  Ge- 
dichts nachweisen  zu  können,  also  auch  für  die  beiden  zuerst  behandelten  Scenen. 


Der    dritte  Abschnitt,    der    zur  Untersuchung    kommt,    ist  Str.  2072 — 

2105 ,    Rüdigers  Entschluß   gegen    die  Burgunden  zu  kämpfen.    Auch 

dieser  Abschnitt  gehört  in  seinen  ältesten  Theilen  derselben  Dichtung  an;  aber 
wir  dringen  hier  schon  tiefer  in  die  Hauptfragen  der  Kritik  ein. 

Gleich  zu  Anfang  des  Abschnitts  sind  die  Str.  2073.  2074  von  „ganz 
wirkungslosem  Inhalt^  ;  was  uns  nicht  hindern  wird  ,  sie  für  ursprünglich  zu 
halten.  Ich  muß  an  die  Athetese  dieser  Strophen  eine  weitere  Bemerkung 
knüpfen.  „An  Str.  2072  ,  4  daz  weinte  innecliche  der  getriuwe  Rüedegir  schließt 
sich  ganz  genau  2075,  1  Do  sack  ein  Hiunen  recke.  Rüedegeren  atdn  mit  weinenden 
ougen,"'  Mit  solchen  Congruenzen  hat  Wilmanns  öfter  operiert,  und  wir  werden 
demselben  Motiv  noch  öfters  begegnen.  Ob  es  gerade  ein  Vorzug  eines  Dich- 
ters ist^  wenn  er  in  dieser  Weise  zu  Anfang  einer  Strophe  das  wörtlich  wieder 
aufnimmt,  was  er  in  der  vorhergehenden  gesagt  hat,  oder  ob  es  nicht  eben  so 
schön  ist,  wenn  er  eine  oder  zwei  Strophen  dazwischen  legt,  läßt  sich  im  All- 
gemeinen nicht  ausmachen.  Aber  dieses  Motiv  ist  nur  eine  concreto  Anwendung 
des  an  W.  schon  gerügten  Bestrebens,  die  ganze  Erzählung  kritisch  so  zuzu- 
stutzen, daß  Alles  Schlag  auf  Schlag  geht,  wie  bei  einer  logischen  oder  mathe- 
matischen Entwicklung.  —  Jünger  soll  auch  2076  sein ,  weil  überflüssig  und 
den  Satz  von  2075  fortsetzend.  Ich  möchte  diese  Strophe  ungern  missen; 
kräftig  iflt  der^  höhnische^Hinweis^  darauf  ,^!  wie  viel  Rüdiger  Etzels  Güte  vor- 
danke; dieser  Vorwurf  des  Undanks  kann  in  2075  schon  liegen,  wäre  aber 
dort  nur  zweideutig  ausgedrückt,  sofern  2075,  4  allein  eher  den  Vorwurf  der 
Feigheit  zu  erheben  scheinen  würde;  nur  diesen  oder  den  der  Faulheit  enthält 
auch  2077.  Auch  dürften  die  gleichen  Reime  2075,  3.  4,  2077,  1.  2.  die 
Athetese  nicht  empfehlen. 


218  LITTER ATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

Wichtiger  ist  das  Folgende.  Wilmanns  nimmt  Anstoß  an  der  Einmischung 
Etzels  in  die  Scene  nnd  will  ihn  ans  der  ursprünglichen  Dichtung  entfernen. 
Spuren  davon  findet  er  in  den  Str.  2075.  2079.  2082.  2084.  —  2075  wird 
Ton  Etzeln  in  dritter  Person  geredet ,  woraus  folgen  soll ,  daß  ^der  Dichter 
dieser  Verse  den  König  sich  als  anwesend  nicht  vorstellte''.  Daß  nicht  selten 
das  Nomen  proprium  für  die  erste  oder  zweite  Person  (und  hier  ist  nicht  ein- 
mal Etzcl  angeredet)  eintritt ,  brauche  ich  nicht  auszuführen ;  s.  Muth,  Z.  f. 
d.  Ph.  8,  489.  —  In  2079  und  2082  soll  Etzels  Nennung  und  Auftreten 
„seltsam''  und  „höchst  überraschend"  sein;  warum,  wird  uns  nicht  gesagt,  und 
auf  Mnth's  Entgegnung  a.  a.  O.,  daß  ja  Rüdiger  2072  ee  hove,  also  zu  Etzel 
und  Kricmhild  gegangen  ist,  dürfte  nichts  su  erwidern  sein.  Scheinbarer  ist 
2084:  do  kam  diu  kiiniginne\  als  ob  Kriemhild  nicht  schon  da  wäre,  da  doch 
der  Hiunen  recke  2075  ff.  zu  ihr  spricht.  Allein  als  schon  zuvor  anwesend, 
wenigstens  als  Augenzeugin ,  wird  sie  gleich  in  den  nächstfolgenden  Worten 
imd  het  ez  ouch  gesehen  u.  s.  f.  genannt  Somit  kann  unter  kom,  wie  Schönbach, 
Z.  f.  ö.  6.  1877,  379  bemerkt,  nichts  anders  verstanden  werden  als  „trat  herzu **, 
zu  Etzel  und  Rüdiger*).  Letzterer  geht  eben  zu  Hofe,  als  der  Zwischenfall  mit 
dem  Ileunen  sich  ereignet ;  Etzel  mag  2082  ihm  näher  treten  ,  und  dasselbe 
thut  Kriemhild  2084;  die  ganze  Scene  aber  spielt  in  nächster  Nähe  des  Kö- 
nigspaars. Daran  wird  nichts  auszusetzen  sein. 

Freilich  führt  W.  noch  tiefer  liegende  Gründe  gegen  Etzels  Betheiligung 
an  unserer  Scene  vor.  Er  glaubt,  daß  in  einer  wohlgeordneten  Dichtung  Rü- 
diger nur  durch  die  Eriimcrung  an  seinen  Eid,  den  er  als  Freiwerber  um  Kriem- 
hild dieser  geschworen  hat,  zum  Kampfe  bewogen  werden  durfte.  Wollte  der 
Dichter  auch  die  Lehenspflicht  und  die  schuldige  Dankbarkeit  gegen  Etzel  er- 
wähneui  so  konnte  er  das  in  erster  Linie  thun,  um  dann  endlich  die  Entschei- 
dung durch  Kriemhilds  Erinnerung  an  den  ihr  geleisteten  Eid  herbeizuführen. 
Das  wäre  eine  schöne  Steigerung  gewesen.  „Aber  so  ist  es  nicht  in  unserer 
Dichtung.  Sie  bietet  nur  ein  trübes  Durcheinander.''  Auch  später  erwähnt  Rü- 
diger nur  seine  Verpflichtung  gegen  Kriemhild^  nicht  gegen  Etzel:  2103  kh 
muoz  tu  (Kriemhilde)  leisten,  als  ich  gelopt  h/in;    2115   ich  muoz  mit  iu  strlten, 

wan  ichz  geloht  hän micJi  enwoltes   niht   erläzen   des    künic  Etzelen  wip. 

Um  mit  dem  Letzten  zu  beginnen,  so  ist  das  ganz  in  Ordnung«  insbesondere 
den  Burgunden  gegenüber.  Nur  der  Eid  ,  den  er  Kriemhilde  geschworen  hat, 
kann  Rüdiger  stricte  verpflichten,  weil  auch  sie  ihre  Gegenverpflichtung,  Etzeln 
zu  heiraten,  endgiltig  erfüllt  hat.  Sein  Lehen  will  Rüdiger,  um  der  Lehens- 
p flicht  ledig  zu  werden,  sofort  in  Etzels  Hände  zurückgeben,  2094,  und 
Etzel  kann  darauf  nicht  erwidern ,  daß  er  das  nicht  annehme  ,  daß  Rüdigers 
Verpflichtung  fortdauere,  sondern  er  kann  nur  Versprechungen  machen,  über- 
haupt wird  Rüdiger  nirgends  direct  an  seine  Lehenspflicht  erinnert.  Was  die 
Anordnung  des  ganzen  Gesprächs  betrifft  ^  so  kann  ich  mir  allerdintJ:8  ein«' 
strenger  geordnete  und  durch  consequente  Steigerung  vielleicht  auch  noch  kräf- 
tiger wirkende  denken,  in  der  Art  wie  Wilmanns,  Aber  abgesehen  davon,  daß 
es  ein  sehr  zweifelhaftes  Vorgehen  ist ,  auf  den  Mangel  einer  solchen  stren- 
geren Anordnung  einen  Schluß  grüuden  zu  wollen,  so  fragt  sich  auch,  ob  nicht 


*)  Man    braucht    also    nicht    mit    Muth    a.   a.    O.    kom    als    Plusquamperfectiim 
zu  fa88€n. 


LITTERATUB:  ZUR  KHITIK  DER  NIBELUNGEN.  219 

diese  —  um  einen  vielleicht  zu  starken  Ausdruck  zu  gebrauchen  —  (Jnord- 
nuDg  selbst  gut  und  beabsichtigt  ist.  Ich  finde  sie  charakteristisch  für  die  lei« 
denschaftliche  Erregung  dieser  Scene.  Jeder  bringt  in  seiner  Erregung  vor^  was 
er  gerade  weiß,  und  es  geht  dabei  naturgemäß  nicht  so  genau  nach  den  Ge- 
setzen einer  regelrechten  Steigerung  zu. 

Wegen  der  Erwähnung  Etzels  athetiert  also  W.  2082—2085.  2089— 
2102.  Ich  muß  hier  zunächst  fragen:  was  bleibt  nach  Ausscheidung  der  letzten 
14  Strophen  überhaupt  noch  übrig?  So  gut  wie  nichts,  und  ich  glaube,  jeder 
poetisch  Nachempfindende  wird  den  Dialog ,  so  wie  er  überliefert  ist ,  mit  all 
seinem  Durcheinander  ,  der  nackten  Erzählung  2086.  2088.  (denn  ,  wie  wir 
später  sehen y  soll  auch  2087  jünger  sein)  2103  ff.,  in  der  freilich  nichts  fehlt 
ak  —  die  Poesie,  unbedingt  vorziehen.  Weiterhin  ist  gar  nicht  abzusehen,  wie 
2086  auf  2081  passen  soll.  Auf  beide  Einwürfe  wird  allerdings  W.,  nach  dem, 
was  wir  unten  sehen  werden,  die  Antwort  haben,  daß  durch  die  dazwischen- 
liegenden unechten  Strophen  Ursprüngliches  verdrängt  worden  sei.  Allein  ich 
glaube ,  es  ist  ihm  hier  das  Ungeschick  begegnet ,  daß  er  mit  2082.  2083, 
welche  wegen  Etzels  unecht  sein  müssen .  ohne  Noth  auch  die  folgenden  zwei 
Strophen  verworfen  hat  (wofür  er  nur  den  Constructionsübergang  anführt),  welche 
Etzels  Anwesenheit  gar  nicht  nothwendig  voraussetzen  (das  Wort  ouch  2084,  l 
könnte  ja  von  dem  Interpolator  von  2082  f.  eingeschoben  sein,  und  dem  künigt 
2085,  1  könnte  mit  dem  nemlichen  Grund  oder  Ungrund  für  Etzels  Abwesen- 
heit angeführt  werden,  wie  bt  Etzelen  2075,  4);  denn  daß  das  kom  2084,  1 
keinen  Anstoß  geben  darf,  ist  schon  entwickelt.  In  der  That ,  W.  hätte  von 
seinem  Standpunkt  aus  mit  2080.  2081.  2084—2086.  2088.  2103  u.  s.  f. 
eine  richtige  und  tadellose  Erzählung  herstellen  können,  mit  deren  Herstellung 
weitere  kritische  Schlüsse  weggefallen  wären.  —  Es  ist  aber  an  der  ungenü- 
gend motivierten  Ausscheidung  der  Str.  2082 — 2085.  2089 — 2102,  die  wegen 
ihres  gemeinsamen  Motivs  jedenfalls  denselben  Urlicbcr  haben  müssen,  noch 
nicht  genug.  Innerhalb  der  Str.  2089 — 2102  sind  noch  jüngere  Interpolationen 
ausgeschieden  worden,  gegen  deren  Athetese  ich  gröstentheils  dasselbe  zu  sagen 
habt',. was  oben  über  die  Unorduuftg  des  ganzen  Dialogs  bemerkt  worden  ist. 
—  t^09i3  „ist  ganz  überflüssig  und  weicht  aus  dem  eingeschlagenen  Gedanken- 
gang^. 2097  schiebt  sich  „fremdartig^  zwischen  die  zusammengehörigen  Str. 
2096.  2098.  „Unklar  gedacht**  ist  2091,  da  Rüdiger  unmöglich  si  beide  Idzen, 
(\,  h.  weder  kämpfen  noch  nicht  kämpfen  kann.  Alle  drei  Strophen  haben  das 
Gern  einsame,  daß  Rüdiger  in  ihnen  darauf  Rücksicht  nimmt,  was  die  Leute  von 
seinem  Verhalten  sagen  werden.  Ist  diese  Frage  eines  Helden,  dem  die  Ehre 
Alles  ist,  so  gar  unwürdig?  Wegen  dialektischer  Reflexion  hat  W.  auch  die 
Strophen  2087  und  2090  für  jünger  erklärt;  femer  2089,  weil  20d 2  do  bäten 
si  yenote  matt  sei  nach  si  buten  sich  ze  fuoze  beide  für  den  man  (W.  weicht  in 
seinem  Citat  von  A  unnöthigcrweisc  ab).  Die  letztgenannte  Athetese  ist  ganz 
grundlos;  können  nicht,  falls  W.  eine  so  genaue  Steigerung  verlangt,  Etzel 
und  Kriemhild  noch  in  2092  Rüdigern  zu  Füßen  liegen?  Von  allen  andern 
gilt  das  oben  Gesagte.  Solche  Dialektik,  solch  unstätcs  Herumirren  des  Geistes 
in  allen  möglichen  Gründen  für  und  wider  wird  Jeder  begreifen  und  echt  psy- 
ehologisch  geschildert  finden,  der  solche  Pflichtenconflicte  mitempfinden  kann. 
In  einer  solchen  Aufregung  des  Geistes  wird  leicht,  wie  2097  geschehen,  logisch 
ZuRnmmengehöriges  unterbrochen    durch  eine    sich    plötzlich  vorschiebende  Re- 


220  LFTTERATUB:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

flezion  anderer  Art ;  in  einer  solchen  ist  TermeintUch  scharfe ,  in  Wahrheit 
widerspruchsvolle  Dialektik,  wie  2091  ,  sehr  natürlich*);  nnd  der  mit  sich 
kämpfende  Verstand  greift  auch  leicht  zu  einer  Distinction ,  wie  2087 :  ich 
swtwr  tu  ,  edel  wtp ,  daz  ich  durch  iuch  wägte  die  Sre  unde  ouch  den  lip :  deu 
ich  die  srle  fliese,  desen  h&n  ich  nihi  geewom  ;  welche  auch  an  sich  nicht  wider- 
sinnig ist.  Ohnehin  ist  W.s  Bemerkung  zu  der  letztgenannten  Strophe:  „ein 
Gedanke,  der  doch  weiterhin  nicht  Tcrfolgt  wird**,  ganz  unrichtig;  s.  2103  do 
liez  er  an  die  wäge  eile  unde  Itp.  —  W.s  kritisches  Princip  faßt  sich  in  seinen 
Worten  zusammen:  „die  Reflexionen.  ..  .sind  für  den  Fortschritt  der  Erzählung 
tiherfliissig^ ;  für  die  Poesie  der  Darstellung  nicht.  —  ,,  Durch  den  stärkeren 
Ausdruck  (2089 — 2091)  wird  sich  wohl  jüngere  Dichtung  ankündigen''  ist  un- 
bewiesen; ein  andermal  gerade  durch  den  sehv^cheren  und  matteren.  —  End- 
lich ist  es  gar  nicht  wahr,  daß  2093  aus  dem  eingeschlagenen  Gedankengang 
weiche:  die  Strophe  enthält  keine  anderen  MotiTe,  als  die  umgebenden  Strophen, 
und  W.  hätte  sie  mit  eben  so  viel  Grund  als  eine  aus  diesen  zusammengestop- 
pelte Interpolation  wegwerfen   können. 

Ich  durfte  hier  etwas  ausführlicher  sein ;  denn  an  die  Ausscheidung  Etzels 
knüpft  W. ,  wie  wir  gleich  sehen,  Folgerungen  von  größerer  Tragweite,  als 
die  zuvor  gemachten  Athetesen  gehabt  haben.  Wie  schon  angedeutet,  liegt  die 
Sache  hier  nicht  ganz  wie  in  den  ersten  zwei  Abschnitten.  Dort  waren  so  und 
so  viel  Strophen  übrig  geblieben,  welche  eine  wohl  zusammenhängende  Erzäh- 
lung bildeten ,  und  in  diesen  Strophen  hatte  W.  die  ursprüngliche  Dichtung 
wiederzufinden  geglaubt.  Hier  hat  sich  die  Bearbeitung  weiter  erstreckt  als 
dort.  „Wie  viel  von  der  alten  Dichtung  in  der  Bearbeitung  erhalten  ist,  wird 
sich  genau  nicht  bestimmen  lassen.'*  Als  Vermuthungen  stellt  W.  auf,  daß  in 
2079  und  2080  je  die  drei  ersten  Zeilen  alt  seien;  femer  könnte  2082  alt 
sein,  wenn  ursprünglich  Kriemhild  statt  Etzels  redete.  Sicher  alt  seien  2088 
und  2103^  welche  den  Anschauungen  der  alten  Dichtung,  nicht  aber  der  Be- 
arbeitung gemäß  seien.  Bleiner  Ansicht  nach  passen  beide  Strophen  vollkommen 
in  den  Contezt.  In  2088  nimmt  W.  Anstoß  an  der  Antwort  Rüdigers  ich  hdn 
iu**)  selten  iht  verseit;  soll  das  heißen:  also  thnc  ich  auch  dießmal  Euern  Willen, 
so  sind  die  folgenden  Bitten  überflüssig;  soll  es  heißen:  aber  dießmal  kann  ich  nicht 
gehorchen,  ^dann  wäre  gerade  der  Hauptgedanke  verschwiegen''.  „Ursprünglich 
mag  die  Strophe  iu  einem  Zusammenhang  gestanden  haben,  in  dem  sie  verständigen 
Sinn  hatte."  Sie  hat  solchen  aucf^  in  dem  überlieferten  Zusammenhang.  Es  ist 
eine  ganz  charakteristische  Verlegenhcitsantwort  (wenn  mir  dieser  etwas  niedrige 
Ausdruck  erlaubt  ist)^  welche  Rüdiger  gibt,  wie  man  deren  im  Leben  bei  ähn- 
lichen Mahnungen  an  früheres  Versprechen,  frühere  Treue  u.  s.  f.  täglich  hören 
kann ;  und  daß  die  Folgerung ,  welche  aus  den  Worten  für  die  Zukunft  zu 
ziehen   wäre,  zweifelhaft  gelassen  ist,  ist  ja  eben  Absicht.  Man  denke  sich  diese 


*)  Schr^nbach  a.  a.  O.  380  hat  bemerkt,  daß  man  diese  Strophe  nicht  ^mit 
zu  modemer  Logik"  auffassen  dürfe.  An  sich  schon  ein  genügender  Grund  gegen 
Wilmanns,  doch  glaube  ich  einen  tiefer  reichenden  gefunden  zu  haben.  Natürlich  bin 
ich  nicht  der  Meinung,  als  ob  der  Dichter  absichtlich,  um  Rüdigers  Seelenstimmung 
zu  malen,  solche  Unlogik  geschrieben  hätte;  das  wäre  wiederum  modern.  Aber  die 
Aufregung  der  Situation  hat  sich  ihm  mitgetheilt. 

**)  R.  V.  Muths  Ausführungen  a.  a.  O.  S.  490  über  das  von  W.  weggelassene  i 
sind  gegenstandslos,  da  die  Stelle  mit  und  ohne  dieses  Wort  Sinn  hat. 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  221 

Worte  nur  in  dem  richtigen,  düster- unentschiedenen  Tone  gesagt,  um  sie  vor- 
trefflich zu  finden.  Daß  die  Strophe  zu  der  „ Bearbeitung**,  d.  h.  zu  dem  Über- 
lieferten, ganz  gut  passt,  glaube  ich  gezeigt  zu  haben;  inwiefern  sie  aber  ge- 
rade ^den  Anschauungen  der  älteren  Dichtung  gemäß **  sein  soll,  sollte  W.  doch 
genauer  sagen.  Ebenso  wenig  verstehe  ich  diese  Aussage  von  2103.  Hier  ist 
der  Widerspruch,  daß  Kriemhild  2103  weint^  nachdem  sie  2102  froh  geworden 
ist,  etwas  scheinbarer;  aber  sollte  ein  Bearbeiter,  dem  2103  vorlag ,  diesen 
Widerspruch  erst  hineingetragen  und  sollte  nicht  Kriemhild  bei  aller  grimmigen 
Freude,  in  die  Rüdigers  Zusage  sie  versetzt  hat,  in  der  ganzen  Situation  Grund 
genug  haben ,  gleich  wieder  in  Thränen  auszubrechen?  Jedenfalls  kann  ich 
nicht  sehen ,  wieso  Kriemhilds  Weinen  der  alten  Dichtung  besonders  gemäß 
war,  da  von  dieser  in  vorliegender  Erzählung  fast  gar  nichts  mehr  übrig  ist. 
—  Wenn  nun  2103  der  alten  Dichtung  angehört ,  so  wird  darauf  nach  W. 
gleich  2106  gefolgt  sein.  Denn  2104  erwähnt  Etzeln,  und  2105  ist  ohne  2104 
nicht  möglich.  Für  mich  fallt  natürlich  dieser  Schluß  weg. 

Derjenige ,  der  die  alte  Dichtung  in  dieser  Scene  so  durchgreifend  um- 
gestaltet hat,  muß  schon  deshalb  ein  anderer  sein ,  als  irgend  ein  Interpolator 
der  zwei  ersten  Scenen.  W.  findet  das  aber  noch  ans  einem  andern  Grunde. 
Der  Bearbeiter  soll  eine  Gestalt  der  Sage  gekannt  haben  ,  in  welcher  (s.  o.) 
statt  Rüdigers  Dietrich  durch  Kriemhild  in  den  Kampf  getrieben  wurde.  Daß 
Überhaupt  für  die  Annahme  einer  solchen  Sagengestalt  kein  Grund  vorliegt, 
habe  ich  oben  ausgeführt;  und  ich  könnte  hier,  nach  dem  inzwischen  Gesagten, 
beifügen  ,  daß  sie  auch  sehr  unwahrscheinlich  sei ,  da  Etzel  und  Kriemhild 
Dietrichen  gegenüber  keinen  zwingenden  Grund  zum  Eingreifen  aufzuweisen 
haben,  denn  sein  Verhältnis  zu  Etzel  kann  er  jeden  Augenblick  aufheben; 
wie  sollte  also  er,  der  den  Burgunden  so  nah  Befreundete,  sich  zum  Kampfe 
bewegen  lassen?  Worauf  es  aber  ankommt,  ist  die  Frage,  wo  sich  denn  hier 
diese  supponierte  Sagengestalt  verrathe?  W.  meint;  in  Str.  2094  f.  Sparen  da- 
von zu  finden.  7)Die  Verheissang  du  solt  ein  küfdc  gewaUic  M  neben  Etzelen 
am  (2095,  4)  und  hir  künicj  nu  nemt  hin  widere  moaz  ich  van  iu  hdn^  ich  wil 
af  mtnen  füezen  in  daz  eilende  gdn  (2094,  2.  4)  gewinnen  ganz  andere  Bedeu- 
tung, wenn  man  dabei  an  König  Dietrich  und  sein  Geschick  denkt. '^  Es  fragt 
sich,  ob  die  Worte  2094  in  Dietrichs  Munde,  der  sich  im  N.  L.  trotz  seiner 
Abhängigkeit  von  Etzel  doch  ganz  selbständig  geriert ,  so  passend  wären ,  wie 
in  dem  Rüdigers,  dessen  Lehens  Verhältnis  zu  Etzels  ein  öfters  gebrauchtes  Motiv 
ist.  Vor  Allem  aber  ist  gegen  W.  zu  sagen ,  daß  beide  Stellen  auf  Rüdiger 
ganz  vollkommen  passen  und  man  durchaus  keine  Berechtigung  hat,  zu  fragen^ 
wo  sie  etwa  noch  besser  passen  würden. 

Falls  aber  W.  Recht  hätte,  was  hat  den  Bearbeiter  bewogen,  Etzeln  in 
diese  Scene  einzuschmuggeln?  Die  Antwort  ist  sehr  einfach:  ganz  dieselben 
Motive,  welche  nach  Anderer  Ansicht  den  gemeinsamen  Dichter  bewogen  haben, 
Etzel  hier  auftreten  zu  lassen.  Es  ist  ihm  von  den  Burgunden  so  viel  Unglück 
widerfahren  ,  daß  er  unmöglich  ganz  passiv  bleiben  kann.  Da  es  nun  nicht 
denkbar  ist,  daß  ein  Dichter,  der  die  Ereignisse  von  der  Ankunft  der  Burgun- 
den an  bis  zum  Saalbrand  erzählt  hatte,  Etzeln  hier  nicht  erwähnt  haben  sollte, 
so  muß  folgen,  daß  der  Dichter,  der  hier  Etzels  nicht  erwähnte,  d.  h.  der  Ver- 
fasser der  bis  jetzt  zu  Grande  liegend  gefundenen  alten  Dichtung  —  wir  wollen 
mit  W.  sie  kurz  Rüdigersdichtang  nennen  — ,  auch  jene  Ereignisse  nicht 


222  UTTERATUR:  ZUR  KBITIR  DER  NIBELUNGEN. 

enählt  hat ;  somit  mnß  die  Erzählung  jener  Ereignisse  jünger  sein  als  die  Ton 
Rüdigers  Kampf;  nnd  mit  Rücksicht  auf  jene  Ereignisse  wurde  in  unserer  Scene 
Etzel  eingeführt.  —  Ich  würde  den  umgekehrten  Schluß  ziehen:  es  folgt  aus 
dem  obigen  Vordersatze,  daß  die  Erwähnung  Etzels  in  unserer  Scene  ursprüng- 
lich ist.  Aber  was  für  ein  Bild  muß  man  sich  von  der  alten  Rüdigersdichtung 
nach  W.s  Anschauung  machen?  Die  wesentlichen  Momente  der  Erzählung  von 
1625 — 2071  finden  sich  alle  in  der  Thidrekssaga^  müssen  also,  nach  W.s  An- 
sicht Ton  deren  Verhältnis  zum  N.  L.,  der  alten  Sage  angehören.  Ja  die  wich- 
tigsten, zumal  die  Ermordung  von  Etzels  Sohn,  finden  sich  auch  in  der  nor- 
dischen Sage.  Wie  hätte  also  ein  Dichter ,  der  die  Sage  ^von  dem  Besuch  in 
Bechelaren  bis  zu  Rüdigers  Tod  (nach  den  bis  jetzt  gefundenen  Grenzen)  be- 
arbeiten wollte,  alle  diese  Ereignisse  unerwähnt  lassen  können?*)  AuiVer  der- 
selbe hätte  sich  vorgesetzt,  nur  Rüdigers  Schicksale  zu  besingen.  So  kann  es 
aber  Wilmanns  nicht  gemeint  haben;  denn  (s.  u.)  er  vindiciert  später  dem 
Rüdigersdichter  die  Erzählung  1746 —  1786,  in  der  Rüdiger  durchaus  un- 
wesentlich ist.  Aber  auch  die  übrigen  Partien,  1626  —  1745  und  1787—2071, 
welche  W.  in  ihrem  jetzigen  Wortlaut,  wie  wir  sehen  werden,  andern  Dichtem 
zuschreibt,  können  dennoch  ihrem  Inhalte  nach  schon  in  der  Rüdigersdichtung 
enthalten  gewesen  sein. 

Ob  nun  die  Verbindung  der  Rüdigersdichtung  mit  den  dazwischen  liegen- 
den Ereignissen  durch  Contamination  erfolgt  ist,  d.  h.  so,  daß  ein  von  diesen 
Ereignissen  berichtendes  selbständiges  Lied  oder  der  entsprechende  Tlieil  einer 
andern  Dichtung  in  die  Rütligersdichtung  eingefügt  ward,  oder  aber  durch  In- 
terpolation ,  d.  h.  so  ,  daß  der  Erzähler  dieser  Ereignisse  seine  Erzählung  von 
Anfang  an  dazu  verfaßte,  um  sie  in  die  Rüdigersdichtung  einzuschieben,  soll 
die  weitere  Untersuchung  ergeben.  Für  mich  sind  zunächst  beide  Annahmen 
gleich  gut  oder  gleich  schlecht. 

Wir  stehen  an  einem  Abschnitt  in  der  Untersuchung.  Bis  jetzt  hat  W. 
überall  die  alte  Rüdigersdichtuug  zu  Grunde  liegend  gefunden.  In  den  zwei 
ersten  Abschnitten,  2106 — 2161  und  1606 — 1624,  war  dieselbe  mit  Inter- 
polationen durchsetzt ,  deren  in  beiden  Abschnitten  mindestens  zwei  Haupt- 
schichten angenommen  worden  sind.  Im  dritten  Abschnitt,  2072 — 2105,  sind 
nur  wenige  Reste  der  Rüdigersdichtung  mehr  erkennbar ,  weil  sie  eine  durch- 
greifende Bearbeitung  erfahren  hat  von  Seite  eines  Dichters,  welcher  auf  einer 
alten  Sagengestalt  fußte  ,  in  der  Dietrich  die  jetzt  Rüdigem  zufallende  Rolle 
spielte ;  —  wir  wollen  mit  W.  diese  Sagengestalt  die  Dietrichsdichtung 
nennen.  Ausser  dieser  älteren  Bearbeitung  hat  der  dritte  Abschnitt  auch  noch 
jüngere  Interpolationen  erfahren  (welche,  könnte  ich  in  W.s  Sinn  hinzusetzen, 
wegen  ihres  refiectierenden  Charakters  leicht  von  demselben  Verfasser  sein 
könnten  ,  wie  die  Jüngern  Zusätze  des  ersten  Abschnitts).  —  Was  zwischen 
diesen  Abschnitten  liegt,  wird  nunmehr  Gegenstand  der  Untersuchung  werden. 
Wir  treten  damit  in  den  interessantesten  und  geistreichsten  Theil  von  W.s 
Werk.  Nirgends  hat  er  so  viel  feine  Beobachtung,  so  viel  £in>;i'hcn  auf  den 
epischen  Stil  der  einzelnen  Scenen  gezeigt,  wie  hier;    mid  wenn  wir  ihm  den- 

*)  Dabei  habe  ich  nicht  vergessen ,  daß  nach  W.  der  Empfang  bei  Etzel  und 
der  Saalbrand  in  der  Kfidigersdichtung  erzählt  war;  aber  beide  gehören  nicht  zu  den 
Momenten,  die  Etzel  veranlaßen  mosten  einzugreifen 


LITTERATÜR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  223 

noch  auch  hier  in  keinem  Punkte  ganz  Recht  geben  können  und  ebenso  wenig 
in  dem  Gesammtresultate  seiner  einschlägigen  Untersachang  ^  so  möchte  sich 
daran  oft  fast  ein  Gefühl  des  Bedauerns  knöpfen. 


Wilmanns  beginnt  aber  nicht  gleich  mit  dem  ^  was  unmittelbar  auf  Gi- 
seihers  Verlobung  folgt ,  sondern  untersucht  zuerst  die  Erzählung  von  dem 
Kirchgang  und  Buhurt,  Str.  1787  —  1835,  worauf  er  in  ähnlicher  Weise, 
wie  bisher,  die  anderen  Abschnitte  folgen  läßt,  die  nach  seiner  Meinung  dem- 
selben Dichter  angehören. 

Lachmann  hatte  die  Strophen  1788 — 1789  ausgeschieden.  W.  findet,  daß 
die  Interpolation  von  1788  sehr  merkwürdig  wäre,  weil  diese  Strophe  auf  1787 
gar  keine  Rücksicht  nimmt.  —  Ich  glaube  allerdings  auch,  daß,  wenn  1787 
schon  da  stand^  ein  Interpolator  gar  keinen  Grund  haben  konnte,  die  folgende 
Strophe  einzuschalten ;  wohl  aber  ist  es  ganz  gut  mÖglichi  daß  ein  und  derselbe 
Dichter  beide  Strophen  gedichtet  hat.  —  W.  meint  im  Gegensatze  zu  Lach- 
mann,  es  werde  eher  1787  zugesetzt  sein,  »um  eine  engere  Verbindung  mit 
der  vorhergehenden  Aventiure  herzustellen  **.  Ich  möchte  wohl  wissen,  wieso  die 
Verbindung  1786/87  euger  sein  sollte  als  1786/88.  Aber  sei  dem  wie  ihm 
wolle.  W.  behält  von  1788  nur  die  ersten  zwei  Zeilen  als  echt  und  combiniert 
sie  mit  1789,  3.  4  zu  einer  Strophe.  Die  Gründe  sind  unbedeutend:  die  Ver- 
bindung von  1788,  2  und  3  ist  locker^  zwischen  1789,  2  und  3  gar  keine  vor- 
handen; 1788,  4  ist  überflüssig,  1789,  1.  2  albern.  —  In  der  gleich  folgenden 
Rede  Hagens  hatte  Lacbmann  1793  und  1794  athetiert,  in  der  folgenden  die 
Strophe  1796,  alle  drei  mit  der  Motivierung:  „Zwei  innere  Reime  in  dreien 
übrigens  guten  Strophen  zeigen,  daß  Hagens  Frömmigkeit  hier  von  dem  nach- 
mahlenden  Dichter  hervorgehoben  ist,  der  vorher  [1789]  Heiden  und  Christen 
einander  entgegen  stellte."  W.  schließt  sich  daran  an,  ohne  weitere  Gründe  für 
die  Athetese  beizubringen.  Lacbmanns  Motivierung  ist  nicht  ganz  widerspruchs- 
frei. Inhaltlich  ist  ja  1796  mit  den  andern  athetierten  Strophen  in  gar  keiner 
Weise  verwandt ;  dennoch  muß  Lachmann  seiner  ganzen  Ausdrucksweise  nach 
sie  für  ein  Werk  desselben  Dichters  halten.  Ich  finde  es  wohl  begreiflich,  daß 
ein  Dichter  aus  der  Zeit  der  Kreuzzüge  so  hart  neben  einander  demselben 
Helden  Worte  devoter  Frömmigkeit  und  wilden  Kampfesmuths  in  den  Mund 
legen  konnte ;  wie  man  aber  einem  Interpolator  zutrauen  kann  ,  daß  er  erst 
durch  Einschaltung  von  drei  Strophen  der  Erzählung  gefiißentlich  einen  christ- 
licheren Anstrich  gegeben  und  dann  eine  Strophe  ganz  entgegengesetzter  Art 
ciDgeschobon  habe,  das  ist  mir  nicht  recht  erfindlich.  Daß  der  Cäsurreim  ein 
Kriterium  der  Unechtheit  ist,  hat  W.  noch  nicht  bewiesen;  er  ist  aber  in  Str. 
171)3  jedenfalls  nur  Sache  des  Zufalls  oder,  wenn  man  so  will,  der  Nachlässig- 
keit; (U'nn  wenn  der  Verfasser  dieser  Strophe  ihn  mit  Absicht  angebracht  hätte, 
so  konnte  er  sich  die  Wirkung  desselben  unmöglich  durch  die  gleichklingenden 
Cäsaren  in  drei  Versen:  1793,  2.  3.  4  vollkommen  zerstören.  —  Außer  diesen 
drei  Strophen  hat  W.  noch  1791  ausgeworfen,  welche  Lachmann  für  echt  hielt. 
„Nur  in  Str.  1792  werden  wirklichen  Kleidern  WafiPenstücke  gegenüber  gestellt, 
den  scidnen  Hemden  die  Panzer,  den  Mänteln  die  weiten  Schilde;  in  Str.  1791 
ist  von  Rosen  und  Schapeln  die  Rede*'.  Es  ist  durchaus  nirgends  gesagt,  daß 
nur  von  wirklichen  Kleidern  die  Rede  sein  solle;  es  wird  überhaupt  der  äußere 
Aufzug  zu  festlichen  und  zu  kriegerischen  Gelegenheiten  parallelisiert;  and  diese 


224  UTTERATÜB:  ZUR  KRTTIK  DER  NIBELUNGEN. 

Parallele  ist  in  beiden  Strophen  gleich  richtig.  Das  PositiTe  ist  die  Rüstang, 
deren  Haupttheile  alle  aufgeführt  werden^  und  diesen  gegenüber  stehen  dann 
die  entsprechenden  Stücke  einer  friedlichen  Ausrüstung:  den  Schwertern  in  der 
Hand  die  Rosen,  den  Helmen  auf  dem  Haupte  die  Schapel,  den  Panzern,  die 
den  Leib  zunächst  bedecken,  die  Hemden,  den  Schilden  als  dem  darüber  her 
gedeckten  die  Mäntel.  Diese  wohlberechnete  Parallele  zerstört  Wilmanns,  und 
ohne  jeden  Grund.  Denn  Schapel  und  Rosen  bieten  keinen  Anstoß.  Daß  schapel 
auch  eine  männliche  Kopfbedeckung  ist,  lehrt  das  Wörterbuch.  Für  die  Sitte 
der  Ritter,  bei  Festlichkeiten  Rosen  in  der  Hand  zu  tragen,  führt  Zamcke  im 
mhd.  Wb.  n  1,  764  b  nur  unsere  Stelle  an;  und  er  hat  (nach  gütiger  Mit- 
theilung) keine  weitere  anzumerken  gefunden.  Allein  die  Annahme  dieser  Sitte, 
welcher  nichts  im  Wege  steht ,  die  vielmehr  mit  dem  fast  sentimentalen  Blu- 
mencultus  der  Minnelieder  zusammenstimmt,  läßt  sich  durch  typische  Reste,  die 
sich  bis  heute  erhalten  haben,  stützen.  Weniger  Werth  lege  ich  auf  die  nicht 
seltenen  Bilder  von  Herren  mit  einer  Blume  in  der  Hand,  sei's  auf  Einzelpor- 
Iraits,  sei's  wie  sie  einer  Dame  die  Blume  überreichen  u.  dgl.  Aber  der  Bube 
auf  den  Spielkarten  trägt  als  Vertreter  des  jungen  Mannes,  des  knehtes,  ganz 
gewöhnlich  eine  Blume  in  der  Hand ;  und  noch  heute  geht ,  wenigstens  in 
Sehwaben,  der  Bauembursch  nicht  leicht  ohne  eine  Blume  in  die  Kirche;  vor 
allem  bei  Hochzeiten  würde  das  Weglassen  dieses  Schmucks  von  Seite  der 
männlichen  Theilnehmer  in  streng  am  Alten  hängenden  Gegenden  als  Yer- 
achtnng  guter  Sitte  gerügt  werden;  der  Bauer  wählt  aber  in  solchen  Dingen 
nicht  nach  freiem  Geschmack,  sondern  folgt  alter,  hier  von  den  höhern  Ständen 
auf  ihn  vererbter  Sitte,  wie  in  hundert  andern  Dingen.  —  W.  fühit  viel  später 
noch  einen  weitem  Grund  gegen  unsere  Strophe  an,  der  hier  noch  nicht  er- 
ledigt werden  kann ;  einstweilen  fehlt  es  uns ,  glaube  ich ,  nicht  an  positiven 
Gründen  für  ihre  Echtheit. 

Hagen  befiehlt  1795  üf  dem  vr6nen  vrithove  stehen  zu  bleiben.  1797 
geht  er  mit  Volker  ab,  und  dennoch  antwortet,  als  1799  Etzel  die  bewaffnete 
Schar  angeredet  hat,  1801  Hagen.  Die  beiden  Helden  sind  nur  abseits  ge- 
treten, um  Kriemhild  zu  reizen;  dennoch  hat  dieser  Versuch  gar  keinen  Er- 
folg, und  weder  Etzel  noch  seine  Kämmerer  wehreu  dieser  Flegelhaftigkeit.  Um 
dieser  verwirrten  Erzählung  aufzuhelfen,  athetiert  W.  die  Strophen  1797.  1804. 
1805.  Nur  gegen  die  erste  derselben  hat  er  noch  den  weitem  Grund  vorge- 
bracht ,  daß  das  Wort  daz  in  zwei  Versen  fünfmal  [vielmehr  sechsmal]  vor- 
komme ;  ein  Grand  ,  der  hinfällig  ist ,  so  lange  W.  noch  nicht  bewiesen  hat, 
daß  eine  solche  UnschÖnheit  nur  in  anderweit  verdächtigen,  nicht  aber  in  sonst 
anstandslosen  Strophen  vorkommt;  sie  kommt  aber  vor,  denn  Str.  1727  ,  die 
in  Z.  1.  2.  denselben  Mangel  zeigt,  hat  W.  nicht  beanstandet.  —  W.s  Be- 
weisführung ist  schief.  Volker  und  Hagen  gehen  1797  nicht  fort,  sondem  bloß 
fUr  daz  wUe  münsterj  um  nahe  dem  Ausgang  desselben  ins  Gedränge  mit  Kriem- 
hild und  ihrem  Gefolge  (s.  Rud.  Hildebrand  in  der  Germania  10,  139  f.)  zu 
kommen.  Da  nun  alle  Burgunden  auf  dem  Kirchhof  stehen,  so  werden  bei  ihrer 
großen  Zahl  Hagen  und  Volker  unmöglich  so  weit  von  ihnen  entfernt  stehen 
können,  daß  ersterer  nicht  Etzcls  Frage  hören  könnte.  Ja,  weil  sie  sich  so  auf- 
gestellt haben,  daß  Kriemhild  an  ihnen  vorbei  muß,  so  wird  auch  Etzel  zuerst 
auf  sie  stoßen,  und  warum  sollte  seine  Frage  nicht  an  Hagen  gerichtet  sein  ? 
Neben  der  Absicht,  Kriemhild  zu  ärgern,  welche  übrigens  gar  keinen  weiteren 


LITTERATUB:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  225 

Erfolg  zu  haben  braucht  ^  als  den  1802.  1804  berichteten,  erreicht  Hagen 
dnrch  eein  Vorantreten  zugleich  den  Zweck,  die  Bewaffnung  der  Burgunden  zu 
motivieren;  er  sagt  1801,4:  toir  soldenz  Ettelen  sagen^  womit  er  sich  und  sein 
Vortreten  gleichsam  legitimiert;  zugleich  ärgert  die  Lüge  in  1801  Kricmhild 
jedenfalls  weit  mehr,  als  wenn  sie  aus  Günthers  Munde  käme;  diesem  würde 
sie  vielleicht  widersprechen^  gegenüber  von  Hagen  verschließt  ihr  der  Trotz  den 
Mund.  Der  Dichter  hat  also  wohl  gewust,  was  er  berichtete.  Gedränge  wird 
bei  der  großen  Menge  kaum  zu  vermeiden  sein,  und  mehr  als  dieses  an  sich 
wird  es  Kriemhild  ärgern,  gerade  an  ihrem  Todfeinde  so  hart  vorbei  zu  müssen. 
So  werden  auch  weder  Etzel  noch  die  Kämmerer  besondem  Grund  zum  Ab- 
wehren finden  können.  —  Eine  weitere  Ausscheidung,  die  W.  erst  etwas  später 
macht,  wird  unten  erwähnt  werden;  ich  folge  ganz  seiner  Anordnung. 

In  der  Schilderung  des  Buhurts  (1806  —  J834)  hat  Lachmann  ausge- 
schieden: 1808.  1816.  1824  f.  1827  f.  1830.  1832.  1834.  Von  den  zwei 
ersten  Strophen  ist  nachher  die  Rede.  In  der  Athetese  der  übrigen  schließt 
sich  Wilmanns  an  Lachmann  an.  Der  wesentliche  Grund  für  Lachmanns  Athe- 
thcsen  war,  daß  die  Tbeilnahme  Hagens  und  der  Könige  an  Volkers  Ubermuth 
mit  dem  Absteigen  1831  nicht  vereinbar  sei.  Ich  rede  nicht  davon,  daß  ebenso 
gut  1831  ausgeworfen  werden  konnte,  da  sich  1830  und  1832  gut  zusammen- 
gefügt hätten ;  es  ist  überhaupt  kein  Widerspruch  anzunehmen.  Die  Burgunden 
werden  1831  wahrscheinlich  nicht  absteigen,  um  sich  einem  drohenden  Kampfe 
zu  entziehen,  sondern  im  Gegentheii,  um  diesen  bestehen  zu  können;  denn  de$ 
marcrdven  mdge  (1830,  2),  die  nach  Schwertern  und  Schilden  rufen,  sind  jeden- 
falls nicht  beritten;  das  wären  sie  wohl  nur  als  Theilnehmer  am  Buhurt  und 
als  solche  müsten  sie  schon  bewaffnet  sein;  es  sind  vielmehr  unbewaffnete  Zu- 
schauer den  Turniers.  Sonst  sind  nur  1832  wegen  überlaufender  Construction 
und  1834  wegen  der  Knechte  athetiert  (s.  Lachmann  zu  1808),  worüber 
Heinrich  Fischer  a.  a.  O.  S.  137  genügend  gehandelt  hat*).  Denn  daß  1830 
der  erschlagene  Heune  auf  einmal  ein  Markgraf  genannt  wird,  wird  durch  An- 
nahme einer  Interpolation  nicht  erklärlicher.  —  Wilmanns  hat  zu  Lachmanns 
Gründen  keine  wesentlichen  hinzugefügt.  1825  „fehlt  in  C ;  das  soll  wohl  die 
Strophe  noch  weiter  verdächtigen;  daß  aber  auch  C  kritische  Bedeutung  haben 
soll ,  haben  wir  noch  nie  gehört ;  bis  jetzt  hatte  W.  nur  die  Vulgata  beige- 
zogen. —  Sonst  sind  die  athetierten  Strophen  nichts  weiter  als  überflüssig 
oder  störend.  —  Wiefern  1831  <I6  huop  sich  von  den  Hiunen  allenthalhen  tekal 
voraussetzen  soll,  daß  1830  noch  nicht  vorhanden  war,  wird  vielleicht  einem 
Andern  klarer  als  mir;  dadurch,  daß  die  Verwandten  des  Gefallenen  nach  Waffen 
schreien,  daß  manche  vielleicht  gehen,  solche  zu  holen,  daß  überhaupt  Alles  in 
Aufruhr  kommt,  eben  dadurch  erhebt  sich  allenthalben  Schall.  Ob  1832  (ähn- 
lich 1958  f.)  ein  besonderes  „Bestreben  des  Bearbeiters"  verräth,  „den  König 
zu  einem  tapfern  und  tätigen  Helden  zu  machen^,  wird  sehr  Geschmackssache 
sein;  was  aber  die  Hauptsache  betrifft,  die  Analogie  mit  1958  f.,  so  hat  W. 
diese  Stelle  gar  nicht  untersucht! 


'^)  Nor  bat  er  fälschlich  das  „Hinüberlaufen  des  Sinnes*  ans  1833  in  1834  ge- 
leugnet. Lachmann  meinte  jedenfalls  keinen  Constmctionsübergang  —  er  hat  ja  selbst 
nach  1833  einen  Punkt  gesetzt  —  sondern  das  Hinüberlaufen  der  directen  Rede  Etzels 
ans  1833  in  1884,  1. 

GERMANIA.  Neao  fieihp.  XII.  (XXIV.  Jahrg.)  '\^ 


226  LTTTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

Neben  deu  genauuteD  Atheteseii  Lachmanos  macht  Wilmanns  selbst  noch 
weitere.  1824,  4.  1827,  4.  1830,  4  erwähoen,  daß  Etzel  mit  Kriemhild  dem 
Tuinier  znschaiit.  Da  nun  aoßer  diesen  drei  nnechtcn  Strophen  dasselbe  Motiv 
in  den  entbehrlichen  Strophen  1807  und  1810  wiederkehrt,  so  sind  anch  diese 
beiden  Strophen  fnr  jon ger  zu  halten.  Von  einer  weiteren  Begründung  für  die 
Unechtheit  der  beiden  Strophen  ist  kaum  die  Rede.  1807  soll  in  Zeile  3.  4 
der  Erzählung  vorgreifen,  da  erst  1809  Volker  den  Buhurt  vorschlage.  Wenn 
anch  das  Vorgreifen  allein  nichts  auf  sich  haben  würde  (bei  1810  ist  bloß  die 
Verfrühtheit  von  Z.  2  angeführt),  so  braucht  man  ja  1807,  3.  4  noch  gar 
nicht  auf  den  Buhurt  selbst  zu  beziehen.  —  Die  Strophe  1808,  die  Lachmann 
(s.  0.)  verdächtigt  hatte,  hat  W.  mit  Recht  für  ursprünglich  erklärt.  —  Es 
findet  sich  aber  die  Erwähnung  Etzels  und  Kricmhilds  auch  1817.  Diese  Strophe 
hat  W.  als  echt  beibehalten,  weil  hier  bei  dem  entscheidenden  Aufreiten  der 
Hennen  die  Aufmerksamkeit  mit  Recht  auf  Etzel  gelenkt  werde.  Ich  finde  viel- 
mehr, die  Erwähnung  des  Königspaares  sei  am  meisten  am  Platze  zu  Beginn 
der  ganzen  Scene,  1807;  womit  natürlich  gegen  die  Echtheit  von  1817  nichts 
gesagt  werden  soll.  In  den  vier  übrigen  Strophen  werden  beide  oder  (1830) 
Etzel  allein  stets  in  der  Schlußzeile  erwähnt  Wir  haben  also,  wie  so  häufig, 
einfache  Flickverse  vor  uns ,  die  zwar  niemand  für  sehr  schön  halten  wird, 
weder  hier  noch  sonst ,  die  aber  ans  der  Schwierigkeit  ^  die  Strophe  stets  mit 
wesentlichem  Inhalt  zu  füllen,  sich  leicht  erklären.  Wird  sonst  häufig  auf  die 
Zukunft  Bezug  genommen,  so  bildet  hier  ein  stehender  Zug  der  Situation  den 
Inhalt  dieser  Zeilen.  Sie  zu  verwerfen,  ist  sonst  gar  kein  Qrund.  Es  will  mir 
auch  nicht  recht  denkbar  erscheinen,  daß  in  eine  so  kurze  Erzählung  derselbe 
Bearbeiter  fünfmal  dasselbe  Motiv  eingeschoben  haben  sollte,  das  zudem  schon 
einmal  vorbanden  war;  das  lasse  ich  aber  Wilmanns  ausmachen. 

Ferner  werden  als  interpoliert  ausgeschieden  die  Str.  1815.  1816,  in 
welehen  die  Thüringer  und  die  Dänen  erwähnt  werden:  ,die  beiden  Scharen 
auf  die  es  allein  ankommt  sind  Burgunden  und  Hennen;  die  Erwähnung  der 
Dänen  und  Thüringer  stört^.  Warum,  wird  so  leicht  Niemand  einsehen.  Die 
Burganden  treten  hier  im  Buhurt  eben  denselben  gegenüber ,  gegen  die  sie 
später  kämpfen  müssen;  nur  Rüdiger  und  Dietrich  mit  den  Ihrigen  sind  (1811 
bis  1814)  nicht  Theilnehmcr  am  Turnier.  Für  die  Ökonomie  des  Gedichts 
schaden  also  die  beiden  Strophen  gar  nichts.  Lachmann  hat  bloß  1816  athe- 
tiert,  weil  hier,  im  Gegensatz  zu  1815,  nur  die  Dänen  genannt  seien;  da  aber 
in  der  ersten  Zeile  auch  Imfrit  genannt  wird ,  so  hat  sich  der  Verfasser  von 
1816  die  Thüringer  jedenfalls  anwesend  gedacht.  Weiter  führt  W.  gegen  die 
Strophen  an,  daß  Thüringer  und  Dänen  nachher  „plötzlich  verschwunden 
seien **.  Es  wird  aber  ohnehin  nur  bis  1819  vom  Buhurt  selbst  erzählt;  nach- 
her folgt  die  Ermordung  des  Hennen  durch  Volker,  und  1834  f.  ist  nur  ganz 
kurz  der  allgemeine  Aufbruch  zum  Essen  berichtet:  hätte  dabei  etwa  der  Dichter 
recht  peinlich  alle  Aufgeführten  wieder  ihre  Schlußreverenz  machen  lassen  sollen? 
Femer  sollen  1815,  4  und  1816,  4  verfrüht  sein:  das  sind  sie  (obwohl  dieß 
nichts  schaden  würde)  nur  dann,  wenn  man  1810  der  buhurt  urU  deu  schcUlen 
umrden  beidiu  gr&%  mit  W.  auswirft;  aber  abgesehen  davon  ist  es  doch  gar 
nicht  nothwendig,  anzunehmen,  daß  der  Buhurt  erst  beginnt,  wie  alle  so  und 
so  viel  Tausend  auf  dem  Platze  sind! 


UTTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  227 

Außerdem  sind  1820  und  1821  „überflüssig,  störend  und  töricht''. 
Die  Strophen  lassen  sich  wohl  motivieren :  Volker  hat  gemeint ,  der  Bnhurt 
werde  in  einen  Kampf  übergehen ;  er  bekommt  es  aber  genug  und  räth  auf- 
zuhören. In  dieser  Situation  ist  der  Mord  des  Hennen  ,  der  sonst  nur  rohen 
Übermuth  zeigt,  psychologisch  gut  motiviert:  im  Arger,  daß  er  so  lang  in  Un- 
gewißheit hat  sein  müssen,  ob  es  los  gehen  werde  oder  nicht,  muß  es  Volkern 
reizen  ,  dem  nächsten  Besten  noch  zu  guter  letzt  ein  gepiuze  zu  geben.  — 
1820,3.  1821,4  sollen  denselben Interpolator  verrathen  wie  1791,1  [4?].  1825,  4; 
aber  ist  denn  in  diesen  Zeilen  irgend  etwas  Anstößiges?  —  Die  Str.  1818,  5 
soll  unecht  sein,  weil  sie  in  A  fehlt;  da  sie  gar  nichts  Anstößiges  bietet,  aber 
auch  durchaus  nicht  nöthig  ist,  so  kann  ihr  Schicksal  nur  durch  die  Entschei- 
dung der  Hss.-Frage,  also  weder  von  W.  noch  hier  von  mir,  entschieden  wer- 
den. —  Endlich  soll  1800  zweifelhaft  sein.  W.  wagt  nicht;  sie  direct  als  un- 
echt zu  bezeichnen,  da  sie  „ohne  Anstoß'*  ist;  nur  folge  1801,  1  wirksamer 
auf  1799,  4.  Also  derselbe  Fehler  wie  mehrmals.  Hier  aber  würde  noch  dazu 
ein  widerlicher  Gleichklang  der  Versausgänge  entstehen:  gän:  {und  hat  in  iemen 
iht)  getäny  {uns  hat  niemen  niht)  getan:  gdn\  der,  wenn  er  überliefert  wäre, 
vielleicht  kritische  Bedenken  erweckt  haben  würde. 


Dießmal  folgen  wir  dem  Faden  der  Erzählung  und  treten  ein  in  die  Un- 
tersuchung über  die  Vorbereitung  zum  Kampf,  Str.  1836 — 1857. 

Rriemhild  redet  1841  zu  BlÖdel  von  den  tötenden  min,  die  Sifriden  sluo- 
gen ;  dennoch  wendet  sich  Blödel  nicht  gegen  diese,  d.  h.  Hagen  und  Qunther, 
sondern  gegen  Dankwart  und  die  Knechte.  Aus  diesem  Widerspruch  folgert 
W.,  daß  1841  aus  einer  andern  Dichtung  herübergenommen  sei,  in  welcher 
Blödel  zum  Kampf  gegen  Günther  und  Hagen  bewogen  werden  sollte  ,  nicht 
gegen  Dankwart  und  die  Knechte.  Dieses  Herübernehmen  begreife  sich  aber 
nicht  dadurch  ,  daß  der  Dichter  nur  unter  dem  allgemeinen  Eindruck  einer 
solchen  Dichtung  stehe,  sondern  sei  nur  dann  verständlich,  wenn  er  die  Aus- 
drücke der  Strophe  ^in  fertiger  Form  vorfand  und  beibehielt*^;  „bei  einer 
selbsttätigen  Gestaltung  der  Anschauungen ,  auch  wenn  sie  etwa  von  wider- 
sprechenden Berichten  ausgingen,  könnten  die  Widersprüche  nicht  so  schroff 
aufeinander  stoßen.*  —  Wilmanns  hat  dabei  übersehen,  daß  Blödel,  wie  er 
wirklich  gegen  Dankwart  zieht,  1860  und  1862  von  Günther  und  Hagen  als 
Siegfrieds  Mördern  spricht;  auch  an  dieser  Stelle  widerspricht  es  einer  ängst- 
lichen Logik ,  wenn  er  sagt :  wan  diz  körnen  daz  mfne  tnuoz  din  ende  «te 
durch  Hagnen  dinen  hruoder  ^  der  Sifriden  eluoc.  Dennoch  hat  W.  1860  und 
1862  unbeanstandet  gelassen.  Aber  nur  eine  sehr  ängstliche  Logik  kann  in 
unserer  Stelle  einen  „schroffen  Widerspruch''  finden.  Ich  kann  nichts  Besseres 
thun  als  Schönbachs  treffende  Kritik  (a.  a.  O.  S.  381)  hier  wiederholen:  »Schä- 
digt denn  Blödel  die  Burgunden  nicht,  indem  er  ihnen  die  Knechte  und  einige 
Ritter  erschlägt?  Steht  denn  1841:  ^Dn  sollst  mir  Günther  und  Hagen  tödten  ? 
Es  steht  nur:  Du  sollst  mir  helfen  und  V.  4  steht:  'Wer  mir  den  Mord  Sieg- 
frieds rächen  hilft,  dem  werde  ich  immer  ergeben  sein  •  Blödel  ist  ein  Held 
zweiten  Ranges;  hatte  der  Dichter  den  Schluß  im  Auge,  dann  konnte  Blödel 
hier  nichts  Entscheidendes  gegen  Siegfrieds  Mörder  thun.''  Jedenfalls  war  es 
für  den  Erfolg  gleicbgiltig ,  ob  der  Dichter  ihn  die  Könige  oder  das  Gesinde 
angreifen  ließ;  in  keinem  Falle  wurde  Kriemhilds  Wunsch  erfüllt.  QV^  ^^x^^^xv- 


UrnSATDK:  ZDB  KUTIK  DEB  XIBELUSGBS. 


UMf  BImIcI  s*9ca  die  K»»riiitif  kioipfea  n  Iweti ,  tod  vucrcB  Diekter 
■iiMwt  oder  ob  er  iks  m  «Bcr  Vorlag  £ud,  Bfit  ndi  aickt  anl  Sicjbcriieit 
cfittifht.  Die  Thidul— fi,  €•!».  376,  kat  die  ÜBterredang  KiiealifldB  «»d 
Biodek  Bv  soweit,  ak  Xib.  1841—1842  cBtepricfat.  Dann  aber  wiid  Gap.  378 
Irim^  doreb  Gold  md  Hold  Kiiembilds  bewogen,  gegen  die  Kneebte  n 
was  er  nacb  379  fin.  aaeb  wiiklicb  getban  baben  maß.  Blödci  konuit 
ent  381  C  gtgtn  die  Borgmden  adbrt  gesogen.  Wekbe  ron  beiden  Dantel- 
fangen da«  Eebte  und  velebe  das  Yenrirrfe  bat,  läßt  sieb  kanm  ^t  TöQiger 
Siebcrbeit  aagen.  Eber  tcbeint  die  DanteUimg  im  N.  L.  dk  geordnetere  m 
«ein«  Aber  aaeb  fitDs  nispranglieh  Iring  gegen  die  Kneebte  zog,  ao  bat  anaer 
Diebtor  jedeafüla  das  tebon  in  aenier  Vorlage  gelonden,  dafi  einer  der  beiden 
Hfldm  Ton  Kfiembüd  bewogen  warde,  mit  den  Knecbtcn  tn  kämpfen.  Wabr- 
aebeinlicber  aber  iaty  dafi  das  Blodel  war;  denn  im  X.  L.  fiodet  «idi  in  der 
Enibfanif;  ron  Iring«  Kampf  (wekbe  W.  einem  andern  Dicbter  sasebieibt  and 
ia  wekber  sieb  immerbio  einige  Besonderheiten  xeigen)  dorcbaos  keine  Spar 
von  einer  aadem  frnbem  RoQe  des  Helden;  umgekehrt  tritt  in  der  Tlu-Saga 
friag  noek  einmal  aof  and  zwar  weaentliek  so  wie  im  X.  L.  (Cap.  387;^. 

Wir  baben  gesehen,  wie  W.  in  Bezog  aaf  1841  Benntzong  einer  älteren 
QaeUe  annimmt ;  er  findet  noeb  einige  weitere  Strophen ,  die  aas  derselben 
Qaefle  entlehnt  sein  sollen,  aber  nut  dbenso  wenig  Grand  als  oben.  In  1843 
bietet  Kriemhild  Blddehi  se  wdeU  Sflber  and  Gold  and  Nodangs  Witwe,  1844 
Agt  sie  die  Mark  NndangSy  daz  Umt  tmo  dem  hw'gem^  hinzo.  1845  aber  nimmt 
bloft  aaf  die  mUU  and  das  Weib  Bezog.  Also  ist  1844  junger  als  die  anders. 
Diese  Strophe  ist  aber  sieher  ron  demselben  YerCMser,  der  in  1840  bloß  die 
Haj^graf^bafi  erwähnt  hat  Da  aber  1840  jeden^üs  Ton  dem  Yerfasser  des 
ganzen  AbschnittB  sein  mnfi  (denn  sie  bildet  den  Übergang  ron  der  Verband- 
lang  aiit  Dietrieh  zu  der  mit  Blodel),  so  folgt  daraas,  daß  dieser  YerfiMser  wie 
die  Str.  1841  (and,  als  Antwort  daraof,  1842),  so  aaeb  1843  and  1845 
•ebon  Torgefonden  hat  —  Diese  ganze  weittragende  Beweisfabrnng  b^abt 
lediglich  aof  dem  IfisYerständnis  des  Wortes  miaU»  Unter  diesem  Worte  ist 
Alles  zasammengefaßty  was  Kriemhild  Blödeln  rerspricht;  daß  1845  neben 
dem  «Hgemetnen  dö  der  kirre  Bladü  die  ndeU  vemam  noch  hinzogefagt  ist 
wä  dm  im  durch  ir  eekeene  diu  vrowe  wol  gexam ,  damit  soll  nicht  die  vrowe 
als  etwas  Besonderes  neben  die  miete  gesteUt,  sondern  bloß  dieser  Theil  der 
mieU  als  derjenige  herrorgehoben  werden,  der  am  meisten  aof  Blodel  gewirkt 
habe,  wie  ja  aach  1864  f.  Nuodungee  brül  hervorgehoben  wird*^).  Wenn  1840 
in  der  yoraosanknndigang  des  Folgenden  nur  die  Mark  erwähnt,  so  darf  man 
an  solche  Floskeln  nicht  den  Maßstab  der  pfinktlichsten  Genaoigkeit  anlegen. 
—  Entweder  ganz  onverständlich  oder  sehr  unkritisch,  Tielmehr  das  erste  jeden- 
hü»  mehr  oder  minder,  ist  W.s  Verfahren  hinsichtlich  der  Str.  1846.  1847. 
,yDie  erste  bewegt  sich  dnrchans  in  den  AnschanongeD  der  Str.  1841;  ja  hier 
spricht  Blodel  ganz  bestimmt  ans  es  mnos  eramen  Hagne  daz  er  iu  hdt  getan. 
Die    andere    scheint   in  den  Worten  wir    wuln  den  vienden  in  die  herberge  gdn 


*)  Ich    kaon    leider  Dörings  AusfUhrongen,  ZeitschTift    für  deatsche  Philologie 
t,  48—63,    nicht  fCir  diese  Ansicht  anftlhren,    da   sie   sich  weiter  über  das  Verhältnis 
der  Th.  8.  zum  N.  L.  rerbreiten,  welches  ich  darchaas  nnentschieden  lassen  will. 
**)  Ebenso  Rchönbach  a.  a.  O.  381. 


UTTEBATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  229 

•chon  aaf  den  Überfall  der  Knechte  hinzuweisen. '^  Aua  diesen  Worten  würde 
man  zunächst  schließen,  daß  W.  1847  dem  Verfasser  des  ganzen  Abschnitts 
(der  auch,  s.  u.,  Blödeis  Kampf  geschildert  hat),  1846  aber  seiner  Vorlage 
zugewiesen  hatte,  aus  der  1841  herstammt.  Statt  dessen  hat  er  beide  Strophen 
zQsammengenonmien  und  als  „für  den  Zusammenhang  der  Dichtung  entbehr- 
lich^ ausgeschieden;  aus  zwei  gleich  hinfälligen  Gründen:  1848,  1.  2.  knüpft 
eng  an  1845,  3  an  (ofiPenbar  nur  wegen  des  gemeinsamen  Wortes  ttrUi)^  und 
1846,  1.  2.  hat  Cäsurreim,  weshalb  Lachmaun  diese  Strophe  allein  ausgeschie- 
den hatte;  allein  wie  Lachmann  selbst  andeutet,  ließe  sich  durch  Herstellung 
der  Form  innen  (mit  A  B  D  J  b  d)  der  Cäsurreim  entfernen,  faUs  derselbe  wirk- 
lichen Anstoß  bieten  sollte.  Wenn  man  die  beiden  Strophen  zusammennimmt, 
so  bleibt  von  W.s  Standpunkt  aus  eigentlich  zweierlei  übrig:  da  sie  wegen  der 
Herberge  1847  nicht  der  Vorlage  des  Dichters  angehören  können,  so  sind  sie 
entweder  von  dem  Dichter  des  Abschnitts  selbst  oder,  falls  diesem  die  Worte 
€z  muos  eramen  Hagne  nicht  zuzutrauen  und  Cäsurreime  bei  ihm  sonst  nicht 
nachzuweben  sind,  von  einem  späteren  interpoliert.  Ganz  klar  ist  nicht ,  was 
W.  meint;  aber  es  scheint  eher  das  letztere.  Es  ist  jedoch  durchaus  unnötbig, 
das  Schicksal  der  einen  Strophe  von  dem  der  andern  abhängig  zu  machen. 
Vielmehr  muste  W.  von  seinem  Ausgangspunkte  aus  1847,  an  der  er  lediglich 
nichts  aussetzen  kann,  dem  Dichter  des  Abschnitts  vindicieren^  1846  aber  ent- 
weder dem  von  1841  etc.,  oder,  falls  das  der  Cäsurreim  nicht  zuließ,  einem 
Interpolator.  Aber  wie  gerade  Wilmanns,  der  aus  den  supponierten  Verschie- 
denheiten der  vorhergehenden  Strophen  so  wichtige  Schlüsse  zieht,  diese  beiden 
einem  Dichter  zuschreiben  mochte^  kann  ich  mir  nur  dadurch  erklären,  daß 
den  Interpolatoren  alles  das  gestattet  ist,  was  sonst  Anstoß  erregen  würde.  In 
solche  Wirren  und  Widersprüche  hat  W.  sich  verwickelt  durch  seine  hjperkri- 
tische  Bemängelung  einer  tadellosen  Erzählung. 

Recht  dagegen  hat  er  hinsichtlich  der  Str.  1849.  Der  Wortlaut  derselben 
paßt  keineswegs  vollkommen  in  den  Zusammenhang  unserer  Dichtung.  Denn 
Ortlieb  bietet  hier  gar  nicht  den  Anlaß  zum  Kampfe,  und  Kriemhild  zeigt  auch 
durchaus  nicht  die  Absicht,  ihren  Sohn  ermorden  zu  hissen.  Doch  bescheidet 
eich  W.  hier,  anzunehmen,  daß  der  Dichter  zwar  die  Anregung  zu  seiner  Er- 
zählung anderswoher  erhielt,  aber  hier  nicht  wörtlich  Stücke  aus  seiner  Quelle 
herübergenommen  hat;  ja  1849  könnte  sogar  von  einem  Interpolator  herrühren. 
Ich  kann  mich  mit  dieser  Mäßigung  seiner  Kritik  nur  einverstanden  erklären, 
wenn  ich  gleich  für  die  letztgenannte  Annahme  keinen  Grund  sehe:  1849  sieht 
viel  eher  einem  unverstanden  stehen  gebliebenen  Rest  älterer  Sagengestalt  gleich, 
als  einem  späteren  Machwerk;  es  müste  denn  der  Verfasser  der  Strophe  sein 
Motiv  gar  nicht  aus  dem  Gedichte)  das  er  interpoliert,  sondern  aus  einer  an- 
dern Darstellung  geschöpft  haben.  Das  aber  verstehe  ich  nicht,  warum  hier  W. 
mehr  Anlaß  zu  solcher  Mäßigung  findet  als  bei  1841  und  den  benachbarten 
Strophen.  Seine  Gründe  dafür  sind  sehr  hinfallig,  und  diese  Hinfälligkeit  mag 
indirect  die  Echtheit  der  Erzählung  1841  fiP.  erweisen.  Daß  es  sich  1841  ff. 
um  einen  „ Widerspruch  in  den  tatsächlichen  Angaben^,  hier  nur  um  einen 
„in  der  Beurteilung  der  Tatsachen^  handle,  ist  nach  allem  Erörterten  un- 
richtig. Umgekehrt  ließe  sich  sagen,  daß  1849  ihrem  ganzen  Tone  und  Cha- 
rakter nach  etwas  Fremdartiges  unter  den  umgebenden  Strophen  hat,  was  sich 
von  1841  ff.  nicht  sagen  Iftsst.  Wunderlich  ist,  was  W«  hievon  sagt:  bei  1841  ff. 


230  LTTTEBATUB:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

habe  das  Verhältnis  za  den  umgebenden  Strophen  gezeigt,  daß  jene  älter  sein 
müssen;  ,,bei  Str.  1849  deutet  nichts  ^uf  dasselbe  Verhältnis.  Alles  was 
Str.  1850  ff.  von  Oitlieb  erzählen,  fuhrt  viel  mehr  auf  die  Verhältnisse  nuserer 
Dichtung,  als  auf  die  abweichende  Sagengestalt,  welche  die  Thidrekssaga  bietet.^ 
Eben  daraus  hätte  geschlossen  werden  können,  daß  1849  ein  Rest  älterer 
Dichtung  sei;  und  nach  dem  Vorgang  von  1841  etc.  hätte  dieser  Schluß  für 
W«  nichts  Unrichtiges  haben  können.  Er  hat  aber  den  entgegengesetzten  ge- 
zogen,  dem  ich  mich  von  meinen  Resultaten  aus  fuglich  anschließen  kann. 
Aber  wie  sollen  wir  uns  die  Elntstehung  der  Strophe  und  ihres  —  um  mich 
stark  auszudrücken  —  Widerspruchs  zum  Folgenden  erklären?  W.  hat  die 
entsprechende  Stelle  der  Thidrekssaga  (Cap.  379)  angefClhrt,  in  welcher  Str.  1849 
ihre  Erklärung  findet.  Der  in  der  Th.  S.  erhaltene  echte  Zusammenhang 
erscheint  im  N.  L.  in  ganz  ähnlicher  Weise  getrübt,  wie  bei  Brünhilds  Ver- 
hältnis zu  Siegfried  oder  bei  Hagens  Schilderung  1672.  Phrasen  und  Motive 
sind,  halb  oder  gar  nicht  mehr  verstanden,  noch  beibehalten,  und  daß  sich 
gerade  eine  so  emphatische  Stelle  wie  1849  aus  älterer  Dichtung  in  unser 
Lied  herübergerettet  hat,  ist  sehr  begreiflich.  Der  Zusammenhang  macht  aber 
die  Verdunklung  des  Verhältnisses  noch  verständlicher.  Durch  die  Einschal- 
tung von  Blödeis  und  Dankwarts  Kämpfen  ist  die  Scene  mit  Ortlieb  in  zwei 
Theile  zerrissen.  An  sich  ist  diese  Einschaltung  ein  wirksames  Mittel ,  .  das 
Spannung  erweckt  und  gut  episch  retardiert.  Aber  da  nun  Hagen  in  Dank- 
warts Nachricht  einen  Grund  zum  Losschlagen  gefunden  hat,  so  ist  damit  der 
Schlag  Ortliebs  und  Kriemhilds  Aufreizung  des  Kindes  überflüssig  geworden 
und  weggefiillen.  Daß  bei  diesem  Vorgang  1849  stehen  bleiben  konnte,  dürften 
verwandte  Beispiele  leicht  lehren*). 


Noch  weniger    als    den   letzten  Abschnitt   hat  die  Kritik  den  folgenden 

berührt:  wie  Blödelin  erschlagen  ward,  Str.  1858—1887.    Als  Interpo- 

tion  ist  hier  nur  1872  entfernt  worden,  aus  nichtssagenden  Gründen:  Z.  1 
wiederholt  den  Inhalt  von  1871,  2.  3,  Z.  3  den  von  1871,  4,  und  Z.  4  ist 
„ein  unnützer  Hinweis  auf  die  Zukunft.^  Dagegen  nimmt  W.  die  Zweifel,  die 
er  gegen  1865  und  18G8  erhebt,  sofort  wieder  zurück.  1865,  3.  4  ist  ^ein 
wunderlicher  Einfall**,  worin  ich  dem  Kritiker  vollständig  Recht  gebe.  Ebenso 
gebe  ich  ihm  aber  Recht,  wenn  er  weiter  sagt:  „doch  läßt  sich  wohl  denken, 
daß  sie  vom  Dichter  selbst  ist.  Denn  da  er  eine  ältere  Dichtung  vom  Kampf 
Blödeis  gegen  die  Burgunden  kannte  nnd  benutzte^,  [was  auch  ich  annehmen 
muß,  da  ja  das  Motiv  alt  überliefert  ist]  und  sehr  wohl  möglich  ist,  daß  in 
dieser  Dichtuug  der  Todesstreich  Blödeis  mit  denselben  Worten  begleitet  war 
wie  in  Str.  1864,  8.  4,  so  mag  er  das  Bedürfnis  gefühlt  haben,  zu  erklären, 
woher  den  Feinden  diese  Kunde  gekommen.**  Ich  wünschte  nur,  daß  W.  auch 


*)  Kiegers  (Zeitschrift  ftir  deutsches  AUerthum  11,  206—209)  geistreicher  Versuch 
aus  1849—1857  (uod  1917—1955)  den  Anfang  (und  Schluß)  eines  eigenen  Liedes  su 
bilden,  hat  denselben  Ausgangspunkt  wie  meine  Entwicklung  und  wird  bei  Anhängern 
der  Liedertheorie  gewiß  Anklang  finden  als  die  beste  in  ihrem  Sinne  findbare  Lö- 
sung. Ich  denke  aber,  meine  Entwicklung  erklärt  die  Entstehung  der  Unebenheiten 
ebenso  befriedigend. 


LITTERATUB:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  231 

sonst  verwandte  Betrachtungen  angestellt  hätte ;  sie  würden  manche  Athetese 
überflüssig  gemacht  haben  *). 

In  1868  möchte  W.  ^eine  Übertreibung,  wie  sie  Interpolatoren  ge- 
läufig ist^  erkennen;  aber  er  erkennt  selbst  an,  daB  der  Dichter  sich  die 
Knechte  der  Burgunden  nicht  bewaffnet  gedacht  hat^  da  er  1869,  2  die  Heunen 
die  gewäf enden  nennt;  wozu  ich  (mit  Zarncke  a.  a.  O.  Sp.  1666)  noch  bei- 
füge, daB  Hagen  1790  ff.  nur  den  Rittern,  worunter  auch  Dankwart,  gerathen 
hat  sich  zu  rüsten. 

Ziemlich    ebenso    conservativ    ist  W.s  Kritik   der  Erzählung,    wie    die 

Burgunden  mit  den  Heunen  stritten,   Str.  1888—1945.    Die  Strophen 

1892  f.  hat  Lachmann  wegen  des  Cäsurreims  1893,  1.  2  ausgeschieden.  W. 
läßt  hier  den  Cäsurreim  nicht  als  Grund  der  Athetese  gelten,  da  1896  den- 
selben auch  habe.  Der  angeführte  Reim  ist  aber  unrein^  enhccren :  Aouemcsre, 
und  W.  hätte  somit  eigentlich  keinen  Grund,  den  bisher  verpönten  Cäsur- 
reim hier  gelten  zu  lassen.  Dagegen  hat  er  für  die  Athetese  der  beiden 
Strophen  sachliche  Gründe  beigebracht.  1891  dient  nach  W.  zur  Begrün- 
dung von  1894:  ^niiO}  daß  Blödel  von  der  Hand  eines  Helden  erschlagen 
liegt,"  [soll  Hagen  meinen]  „ist  wahrlich  ein  kleiner  Schade:  hier  soll  jetzt 
besser  gezahlt  werden^.  Ich  frage,  wo  das  steht,  und  in  welchem  logischen 
Verhältnis  die  beiden  Theile  dieses  Hagen  in  den  Mund  gelegten  Satzes  zu 
einander  stehen.  Aber  geradezu  verkehrt  ist  die  Behauptung:  ^etzt  erscheint 
Str.  1891  als  eine,  wenig  passende,  höhnische  Abweisung  Dankwarts*^.  Dazu 
würde  sie  ja  eben  durch  W.s  Erklärung,  während  sie  in  dem  überlieferten 
Zusammenhang  das  durchaus  nicht  ist.  1891  sagt  Hagen,  daß  Blödel,  von 
eines  Helden  Hand  (ist  das  höhnisch?)  gefallen,  nicht  zu  bedauern  sei  (vgl. 
2239,  4  VW  eines  kUneges  handen  Hg  ich  hie  hirlichen  (dl)'^  daran  schließt  sich 
als  genau  passender  Gegensatz  1892:  „aber  du,  woher  bist  du  so  roth?  bist 
du  verwundet  und  von  wem?^  Die  Str.  1892  verlangt  auch  die  folgende; 
und  ebenso  ist  1894  mit  1893  jedenfalls  besser  zu  verstehen  als  ohne  die- 
selbe; Dankwart  antwortet:  ich  bin  nicht  verwundet,  und  deshalb  kann  Hagen 
ihn  bitten:  so  hUetet  uns  der  tür.  —  Die  Str.  1902  hat  W.  gegen  Lachmann 
aufrecht  erhalten,  wenigstens  die  Möglichkeit  ihrer  Echtheit  behauptet  — 
Sicher  interpoliert  aber  sei  1908,  weil  Günther  und  Gernot  je  nur  in  einer 
Strophe  gelobt  seien  und  die  Lobsprüche  jener  Strophe  übertrieben  seien. 
Lachmann  hatte  statt  Giselhiren  vorgeschlagen  Volkiren.  Allein  beide  ver- 
kennen die  Freiheit  des  Epos,  dem  gerne  der  Held,  bei  dem  es  eben  ver- 
weilt, der  allergröste  bt.  Eine  regelmäßige  Abzahlung  der  Strophen  aber 
dürfte  man  im  ganzen  Abschnitt  vei^eblich  suchen. 

Den  Abschnitt  1917 — 1956  hatte  Lachmann  als  Zusatz  bezeichnet. 
Wilmanns  läßt  1917 — 1945  von  demselben  Dichter  herstammen  wie  das  Vor- 


*)  R.  y.  Muth,  Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  8,  490,  sucht  1865  zu^ent- 
fernen,  weil  1869  Dankwarts  Nichtwissen  um  Blödeis  Sendimg  beweise  und  zwei  anai 
figTiiiiva  (mehelen  und-  brdUmieU)  in  der  Strophe  seien.  Das  letztere  beweist  nichts, 
denn  es  ist  sonst  von  ähnlichen  Dingen  im  N.  L.  nicht  allsu  oft  die  Rede.  Die  Aus- 
sage über  1859  aber  ist  nicht  beweisbar;  denn  Dankwart  kann  so  auch  sprechen,  wenn 
er  von  dem  Sachverhalt  weiß.  Es  ist  übrigens  klar,  daß  die  Ver^wiektheit  der  Moti- 
vierung 1865  die  ganze  Stelle  schief  macht. 


232  UTTEBATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

hergehende,  während  er  1946 — 1964  gar  nicht  nntersncht.  Rieger  hatte  in  der 
Zeitschrift  ftlr  deotsches  Alterthum  11,  208  gegen  Lachmann  bemeriLt,  daß 
1916  kein  Liedschlnß  sei,  da  wir  über  den  Aasgang  des  Kampfes  im  Saal 
und  fiber  das  Schicksal  Etsels  und  Kriemhilds  Nachricht  verlangen;  dssseibe 
bemerkt  mit  Recht  auch  Wilmanns.  —  Verdftchtig  findet  er  in  diesem  Ab- 
schnitt vor  allem  zwei  Stellen,  die  Volkers  Tapferkeit  hervorheben,  was  wir 
an  sich  dem  Dichter  des  Abschnitts  selbst  ganz  wohl  zutrauen  dfirfen  (wir 
werden  ihn  spfiter  den  Spielmann  noch  mehr  rühmen  boren).  Znnftchst  sind 
1936 — 1939  interpoliert,  wieder  einmal  aus  dem  alten  Grunde,  weil  sie  als 
Episode  sich  zwischen  1935  und  1940  schieben.  Ein  scheinbarerer  Grund  ist, 
daß  Etzel  schon  1932  den  Saal  verlassen  hat.  Allein  man  darf  in  der  Ord- 
nmngy  wie  der  Dichter  erzählt,  doch  nicht  immer  eine  chronologische  Reihen- 
folge finden  wollen;  oder  soll  ich  den  alten  Kohl  noch  einmal  aufwärmen, 
daß  der  Dichter  geoöthigt  ist,  Gleichzeitiges  nach  einander  zn  erwähnen? 
Der  Dichter  erzählt  zuerst  in  Str.  1932 — 1935,  wer  alles  hinausgegangen 
sei,  and  dann  fügt  er  1936 — 1939  eine  Episode  aus  diesem  Hinausgehen  beL 
Die  vier  Strophen  sind,  zumal  die  letzte,  ganz  vortrefflich.  —  Weiter  wird 
Volker  hervorgehoben  1941—1944.  Doch  sollen  diese  Strophen  von  einem 
andern  Verfinsser  sein;  denn  hier  komme  es  «einem  Fahrenden,  am  Schlaß 
seines  Vortrages,  darauf  an,  seinen  Zuhörern  im  Bilde  zu  zeigen,  was  sie 
einem  biedern  Spielmann  schuldig  siud^.  Das  mag  eine  Nebenabsicht  des 
Dichters  gewesen  sein,  die  aber  auch  Sinn  hat,  ohne  am  Schluß  seines  Wer- 
kes angebracht  zu  sein.  Der  Hauptonterschied  zwischen  diesen  und  den  vorigen 
vier  Strophen  ist  der,  daß  hier  Hagen  nnd  dort  Etzel  redet.  W.  will  die 
vier  Strophen  als  echt  gelten  lassen,  wobei  er  immerhin  die  Möglichkeit 
offen  läßt,  daß  sie  doch  jünger  wären.  1936—1939  dagegen  sollen  Werk 
eines  Nachahmers  sein  (»vgl.  1939,  1  und  1944,3.  1941,  4,  femer  1938,  3  und 
1883,  3*^,  also  im  ganzen  zwei  gemeinsame  Bilder,  beide  ohne  besonders 
auffslleudcs  Gepräge).  —  Dagegen  soll  1918  jedenfalls  unecht  sein,  weil  sie 
den  Zusammenhang  unterbreche;  das  Motiv  1918,  3  sei  geschöpft  aus  1926,  1 
[ftbchlich  1924  gedruckt].  Vermissen  würde  die  Strophe  niemand,  wenn 
sie  fehlte.  Aber  ich  glaube,  der  Ausruf  1918,  4,  der  so  wie  er  dasteht  an- 
vermittelt  and  ohne  Folge  ist,  erweist  eben  das  Alter  der  Strophe.  Er  wird 
ähnlich  wie  1849  aus  älterer  besserer  Überlieferung  stehen  geblieben  sein. 
Hagen  sagt  1897,  3  nu  trinken  wir  die  minne  und  gelten  sküneges  w'm.  Es  lag 
nahe,  dieses  Bezahlen  des  Weines  selbst  als  Schenken  eines  bitteren  Getränks 
an  bezeichnen,  und  es  mag  ein  verwandter  Ausdruck  1918,  4  in  älterer  Dich- 
tung an  passenderer  Stelle  gestanden  und  sich  hier  an  etwas  unpassender 
erhalten  haben.  Jedenfalls  weit  schwerer  begreift  sich  das,  wenn  man  eine 
Literpolation  annimmt.  Die  „entbehrlichen*'  Str.  1919.  1921.  1922.  1930, 
von  denen    ich  keine  entbehren  möchte,  hat  W.  selbst  doch  ftLr  echt  gehalten. 


Die  ganze  Erzählung  von  1787 — 1945,  umfEtssend  den  Kirchgang ,  den 
Bahurt,  das  Festmahl,  den  Kampf  in  der  Herberge  und  im  Saal,  die  Entfer- 
nung Etzel,  Kriemhilds,  Dietrichs  und  Rüdigers,  hält  W.  für  das  Werk  eines 
Dichters,  den  er,  weil  Dankwart  die  Hauptperson  in  der  Erzählung  sei,  den 
Dankwartsdichter  nennt.    &  entwirft  ein  lebendig  gezeichnetes,  charak- 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  233 

teristisches  Bild   von   den  EigeDthümlichkeiten  dieses  Dichters.     Sein  Hanpt- 
held  ist  Dankwart,  ihm  zunächst  Hagen  und  Volker;    die  drei  Könige  treten 
hinter  ihnen  zurück.  —  Ich    muß    das    gleich    bestreiten.     Die  Haupthelden 
des  ersten  Kampftages  sind  Hagen  und  Volker,  und  beide  behalten  ihre  her- 
vorragende Stellung    auch    am    zweiten  Tage    noch    bei;    vgl.  was  ich  oben 
wider  die  Entfernung  Hagens  durch  Wilmanns  in  der  Erzählung  von  Rüdigers 
Kampf  gesagt  habe.  Wenn  Hagen  im  Verlauf  des  Kampfes  aus  seiner  Prota- 
gonistenrolle zurück  und  in  eine  Reihe  mit  den  Königen  tritt,  so  ist  das  in 
der  Erzählung   ganz  wohl    motiviert.     Der  Dichter   ist  Hofmann   genug ;    um 
(s.  0.)  den  Königen  ihren  gebührenden  Ehrenplatz  als  tapferen  Helden  anzu- 
weisen.  —  Anders  in  den  Scenen,  die  dem  Kampfe  vorangehen.     Hagen  ist 
von  Anfang  an  der  Burgunden   böser  Geist,    der    sie    in    den    verderblichen 
Kampf  treibt.     Die  früheren  Partien  des  Gedichts,  in  denen  diese  seine  Stel- 
lung klarer  ist,  den  Mord  Siegfrieds,  den  Baub  des  Schatzes,  die  Ereignisse 
an  der  Donau,    kann  ich  leider  nicht  anführen,    da  W.  sie  nicht  mit  unter- 
sucht hat.  Allein  mögen  sie  einen  Verfasser  haben,  welchen  sie  wollen,  diese 
Züge  sind  in  der  Sage  begründet    Wir   brauchen   aber  nicht  so  weit  zurück 
zu  gehen.     Gleich  nachher  werden  wir  sehen,  daß  W.  auch  die  Scene,    wie 
er  niht  gen  ir  üf  atuanty  Str.   1696      1745,    zu    der  Dankwartsdichtung  rech- 
net.    Ist   hier  Hagen    der   trotzig    den  nicht  mehr  vermeidbaren  Kampf    her- 
ausfordernde, 80  zeigt  er  sich  ebenso,  wenn  er  den  Rath  giebt,  gewaffnct  zu 
gehen,  wenn    er    der  Königin    den  Weg  vertritt,  wenn    er  höhnische  Worte 
über  Ortlieb  redet  und  endlich  durch  den  Mord  des  Kindes  den  Kampf  im  Saal 
eröffnet.     Jetzt  hat  er  diese  Rolle  beendet  und  tritt   hinfort    in    eine  Reihe 
mit  den  andern  Haupthelden.  Sein  Schicksal  ist  auch  das  Volkers,  der  sich  ihm 
1696  f.   gesellt  hat  und  an  seinen  Thaten    theilnimmt,    so    lange    nicht    der 
allgemeine  Kampf  sie  mit  allen  Andern  vereinigt     Als  hätte  der  Dichter  ge- 
fühlt, daß  der  Stoff  seiner  Dichtung  ihm  später  nicht  mehr  Gelegenheit  geben 
werde,  mit  besonderem  Ruhme  auf  diesen  Helden  zurückzukommen,  hat  er  in 
dem  Kampf  im  Saal    den   verklärenden  Schimmer    edelsten  Heldenthums   um 
ihn  gebreitet.     Dankwarts  Hervortreten,    das  man  seine  Aristie  nennen  mag, 
so  lange  man  nicht  vergißt,  daß  die  homerischen  Aristien  etwas  anderer  Art 
sind'*'),  ist  durchaus  durch  den  Stoff  gefordert  und   beweist    keine  besondere 
Vorliebe  des  Dichters  für  diesen  Helden,  welche   aus   freier  Wahl  des  Dich- 
ters   hervorgegangen  wäre.     Denn  Dank  wart  wird  ja    sonst  so  gut  wie  nicht 
berücksichtigt,  nicht  nur  in  andern  Theilen  des  Gedichts,  sondern  von  dem 
^Dankwartsdichter^   selbst.     Leicht  genug   hätte    dieser    ihn    auch    außerhalb 
der  Partie,  die  ihn  verherrlicht,  mit  besonderem  Ruhm  erwähnen  können :  er 
thut    es    nicht,  vielmehr  hat   er  bloß    den  Kampf  Dankwarts  mit  Blödel  und 
den  Seinigen,  vor  allem  sein  Durchbrechen  nach  dem  Saale   und    seine  Hut 
der  Thüre  mit  den  hellsten  Farben  gemalt;    er    beschränkt    sich  darauf,    die 
Partie,  wo  Dankwart  seinem  Amt    nach    auftreten    muß,    dichterisch    auszu- 
schmücken und  mit  dem  Folgenden  dramatisch  zu  verweben.    Wie  kann  man 
demnach  sagen,  daß  Dankwart  des  Dichters  Hauptperson  sei?  Wenigstens  in 


*)  Von  allen  Aristien  der  Uias  ist  nur' die  Patroklie  durch  den  Stoff  gefordert; 
die  des  Diomedes,  Agamemnon  und  Menelaos  könnten  ebenso  gut  gans  andere  Helden 
haben.     Durchaus  anders  bei  Dankwart 


234         LITTEBATUR:  ZUB  KBTnK  DER  NIBELUNGEN. 

dem  Sinne  ist  er  es  jedenfalls  nicht^  daß  die  Vorliebe  für  seine  Figor  charak- 
teristisch für  den  Dichter  heißen  könnte  gegenüber  der  Ignoriemng  derselben 
bei   andern  Dichtem*).  —  In    Beziehung   anf  die   poetische   Form   hebt  W. 
die  große  Anschaulichkeit  und  Lebhaftigkeit  der  Erzäblaog  hervor.  Gewiß  mit 
Recht ;  aber  wo  hätte  der  Dichter  überhaupt  lebhafter  und  kräftiger  schildern 
können  als  in  diesen  Scenen?    und  wie    sehr   die  Schönheit   der  Schilderung 
▼on    dem  Gegenstande   abhängig   ist,  wie  wenig   sie    also    för  sich  allein  ein 
Ejriterium  bilden  kann,  wird  man  leicht  sehen,  wenn  man  innerhalb  der  Dank- 
wartsdichtung    selbst   die   interesselose  Erzählung  vom  Kirchgang  und  Buhurt 
mit   den    graudioseu  Kampfscenen    nachher  vergleicht.  —  Nach   W.s  Ansicht 
gehört  der  Dichter    in    die  Zeit,   ^da  der  Stil  des  volkstümlichen  Epos  seine 
Blüte  erreicht  hatte".     Da  wir  diesen  Stil  bloß  aus  dem  N.  L.  kennen,  von 
dem  alle  andern  Epen  der  Heldensage  theils  abhängig  theils  durch  entschieden 
jüngeres  Gepräge  verschieden  sind,    so  kann  ich  W.s  Satz  auf  sich  beruhen 
lassen.     Mit   dem  Stoff  dagegen    hat  sich   der  Dichter  nach  W.  nicht  allzu- 
viel Mühe  gemacht.    Er  hat  Strophen  aus  älterer  Dichtung  beibehalten,  ohne 
sie  umzugestalten.     Die  Behauptung  beruht  nur  auf  den  Str.  1841   ff.,    filllt 
also  weg;    bei  1849  und   1918  glaube   ich   den  Grund   gefunden    zu    haben, 
warum  ältere  Motive  an  unpassendem  Ort  stehen  geblieben    sind  (was    aber, 
8.  o.,  auch  sonst,    außerhalb  der  Dankwartsdichtung,  begegnet).    Wie  wenig 
sich  der  Dichter  Mühe   gegeben  habe,   soll  auch  1836  zeigen,  wo    das  Ver- 
langen Ejriemhilds    nicht    deutlich    ausgedrückt  sei:    als  ob  nicht  nach   1685 
— 1687    Dietrich  ganz  wohl  wissen  könnte,    was  Ejriemhild  will !  Sollen  aber 
die  angeführten  Strophen  nicht  gelten,  weil  sie  von  anderer  Hand  sein  könn- 
ten^ so  weiß  auch  in  der  Thidrekssaga  Dietrich  von  Kriemhilds  Plänen,  ehe 
sie    ihn    um  Rache    angeht    (vgl.  Cap.  375  mit  376).     Auch    um    eine    ge- 
schickte Lösung  war  der  Dichter  nicht  eben    besorgt:    ^Etzel  und  Kriemhild 
werden    gewissermaßen  herausgeschmuggelt^.     Das  ist  wahr,  und  sehr  schön 
ist  es  eben    nicht:    aber  der  Dichter  wüste  sich  (vgl.  das  zu  Giselhers  Ver- 
lobung Gesagte)  dem  Stoffe  gegenüber  nicht  anders  zu  helfen,  hätte  sich  auch 
wohl  nicht  viel  besser  helfen  können.  —  Die  Frage,  warum    die  Burgunden 
bewaffnet  seien  (1799  f.),  sei  ursprünglich  in  Kriemhilds  Mund  gelegt  gewe- 
sen, wie  Str.  1683  und  in  der  Thidrekssaga  Cap.  377,  und  hätte  (wie  eben- 
falls in  der  Th.  S.)  beim  Eintritt  in  den  Saal  erfolgen  sollen.  Dann  hätte  aber 
der  Dichter  Kirchgang  und  Bnhurt,  die  er  gemäß  der  deutschen  Sitte  seiner 
Zeit  beifügte,  weglassen  müssen.  So  wie  die  Erzählung  ist,  muste  Etzel  (oder 
Ejriemhild;    denn  welches  von    beiden ,  macht    doch    nichts   aus)  schon  beim 
Kirchgang  fragen,  der  nothwendig  vor  dem  Festmahl  stattfinden  muste.  Wenn 
man   übrigens    genauer    zusieht,    so  paßt  die  Parallele  der  Th.  S.  nicht  auf 
1799  f.,  sondern  auf  1683  f.,  sogar  mit  wörtlichen  Anklängen,  so  daß  1799  f. 
als  freie  und  tadellose  Erfindung    unseres  Dichters  —  wenn    man    will,  auch 
eines  unbekannten  Vorgängers  —  gelten  darf**).  S.  übrigens  unten  über  diesen 
Punkt  —  Daß  der  Dichter  «im  Einzelnen  dasselbe  Ver£Ethren  wie  im  Ganzen" 


*)  Ich  komme  unten  auf  Dankwart  zurück. 
**)  Wenn  W.  vollends    die  Namensnennung  Etzel  1801,  4    dafür    anfuhrt,    daß 
ursprünf^Uch  Kriemhild  die  Frag^ende  gewesen  sei,  so  ist  das  ziemlich  bodenlos.    Auch 
wenn  die  Namensnennung'  des  Angeredeten  (s.  o.)  sonst   nicht   nachweisbar  wäre,    so 
müste  sie  hier,  wo  Hagen  fremden  Auftrag  ausrichtet,  anbeanstandet  bleiben. 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  236 

beobachte,  kann  ich  weder  bejahen  noch  vemeinen;  so  lange  W.  keine  Bei- 
spiele giebt.  Es  wird  aber  wohl  an  dem  bisher  versuchten  Nachweis  genü- 
gen, daß  die  Eigenthümlichkeiten  der  ^Dankwartsdichtung"  zum  Theil  nicht 
vorhanden,  zum  andern  Theil  im  Stoffe  begründet  sind. 

Von  diesem  Resultat  aus  könnte  ich  die  von  W.  aufgeworfene  Frage, 
ob  1787 — 1945  als  Interpolation  anzusehen  sei,  füglich  als  gegenstandslos 
bei  Seite  lassen.  Allein  W.  ist  auch  hier  nicht  mit  zweifelloser  Sicherheit  und 
Consequenz  verfahren,  und  es  lohnt  sich,  das  zu  zeigen.  Die  Antwort  auf 
obige  Frage  lautet:  „Der  Schluß  der  Episode  zeigt  deutlich,  daß  der  Dichter  sein 
Thema  nicht  frei  aus  sich  heraus  entwickeln  durfte,  er  bearbeitete  es  mit  Rück- 
sicht auf  eine  schon  existirende  Sagengestaltung ;  daß  das  unsere  Dichtung  war 
zu  bezweifeln,  dazu  hat  man  gar  keinen  Anlaß.  Der  Dankwartsdichter  also 
ist  als  ein  Interpolator  der  Rüdigersdichtung  anzusehen.^  Wenn  ich  den 
ersten  Satz  recht  verstanden  habe ,  so  kann  unter  „Episode^  nur  die  ganze 
bis  jetzt  gefundene  Dankwartsdichtung  zu  verstehen  sein;  und  daß  1945 
kein  Schluß  einer  Dichtung  sein  kann ,  ist  zuzugeben.  Aber  außer  dem 
Schluß,  den  ich  daraus  ziehe,  daß  die  ^Dankwartsdichtung"  genannten  Ab- 
schnitte nur  Theile  eines  größeren  einheitlichen  Werkes  seien,  könnte  W. 
den  dritten  daraus  ziehen,  daß  das  Ende  der  Dankwartsdichtung  verloren  sei 
(und  zwar  wohl  durch  die  Contamination  verschiedener  Sagenberichte).  Das 
würde  allerdings  mit  seiner  Behauptung  streiten,  daß  1944  „am  Schluß  des 
Vortrages**  stehe.  Aber  eben  diese  Annahme,  in  1944  ein  Schlußmotiv  finden 
zu  wollen,  streitet  aufs  härteste  mit  der  Behauptung  der  Interpolation;  denn 
wie  konnte  der  Dichter  einen  solchen  Schlußeffect  anbringen  wollen,  wenn 
sein  Werk  von  ihm  selbst  zur  Einfügung  in  fremde  Dichtung  bestimmt  war? 

Was  die  weitere  Behauptung  betrifft,  daß  der  Dankwartsdichter  der  In- 
terpolator gerade  der  Rüdigersdichtung  sei,  so  fehlt  dafür  jeder  Beweis,  während 
für  die  Identität  des  Verfassers  der  Rüdigersdichtung  doch  analoge  Motive  aus 
den  verschiedenen  Partien  citiert  worden  waren.  Ich  könnte  also  hier  nichts 
thun,  als  das  bei  jener  Gelegenheit  gesagte  hier  mit  stäVkerer  Betonung 
wiederholen ;  wenn  nicht  der  weitere  Umstand,  daß  von  den  zwischen  die  ge- 
trennten Stücke  der  Rüdigersdichtung  fallenden  Str.  1625  -  2071  erst  die 
Str.  1787  — 1945  untersucht  sind,  also  weder  Anfang  noch  Ende  (so  daß 
wir  nicht  einmal  die  Näthe  zu  sehen  bekommen,  wo  der  aufgesetzte  Lappen 
an  das  alte  Gewebe  anstößt),  die  Behauptung  Ws  noch  viel  willkürlicher 
machte.  Ohnehin  sind  wir  mit  dem  Dankwartsdichter  noch  nicht  zu  Ende, 
können  also  auch  noch  nicht  wissen,  ob  seine  sonstigen  Strophen  zu  W.s 
Behauptung  stimmen. 

Denn  die  Str.  1696—1745,  Hagen  und  Volker  vor  Kriemhild,  sollen 

ebenfaUs  dem  Pankwartsdichter  angehören.  Im  Gegensatz  zu  dem  Bisherigen 
ist  der  Kritiker  hier  ziemlich  schonungslos  zu  Werke  gegangen.  —  1697,  3.  4. 
1698,  1.  2  sind  bloß  „überflüssig''.  —  1699,  8.  4.  1700,  1.  2  lenken  die  Auf- 
merksamkeit von  Kriemhild,  welche  1699,  2  und  1700,  3.  4  erwähnt  wird, 
ab ;  —  wer  möchte  aber  das  kräftige  alsam  Her  diu  wilden  gekaphet  wurden  an 
vermissen?  —  1702  ist  „nicht  guf :  nach  dem  Anerbieten  der  Mannen  1702 
sei  die  fiißfUllige  Bitte  1703  nicht  mehr  nöthig.  Ich  möchte  fast  wetten, 
daß  von  diesem  oder  jenem  modernen  Dichter  dasselbe  erzählt   sein    könnte, 


236  UTTEBATUB:  ZUB  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

ohne  daß  ein  Mensch  Anstoß  daran  nfthme.  Ein  wesentlicherer  Grund  — 
nach  W.s  Anschauungen  —  wäre  der,  daß  Kriemhild  1703  ^nicht  von  neuem 
als  Redende  bezeichnet  wird'';  wenn  er  nur  wahr  wftre:  B.  v.  Muth,  Zeit- 
schrift fär  deutsche  Philologie  8,  490,  hat  schon  bemerkt,  daß  1703,  3  steht 
sprach  de$  küneges  irtp.  —  Lachmann  hat  die  Str.  1705 — 1707  ausgeschieden. 
W.  begnügt  sich  mit  der  Athetese  Ton  1705,  4 — 1706,  3,  wodurch  aller- 
dings die  Hauptbedenken  Lachmanns  aufgehoben  wären;  denn  daß  1707,  4 
„sich  in  seiner  unbestimmten  Allgemeinheit  wenig  zur  Einleitung  des  mißlun- 
genen Versuchs  eigne^,  läßt  sich  nur  dann  aufirecht  erhalten,  wenn  man  die 
Unechtheit  aller  ähnlichen  matten  Strophenschlüsse  beweist.  Aber  auch  die 
Bedenken  gegen  1705,  4 — 1706,  3  wiegen  nicht  schwer.  1705,  4  soll  nach 
W.  unsinnig  sein,  „wenn  der  Hauptgrund  der  Besorgnis  in  der  Anwesenheit 
Volkers  liegt^  Und  dennoch  soll  1705,  4 — 1706,  3  von  einem  Verfsaser 
sein,  wenn  auch  von  einem  Interpolator?  Die  Unsinnigkeit  ist  aber  nicht  so 
arg.  Wir  haben  eine  einfache  Klimax:  mit  Hagen  werdet  ihr  so  leicht  nicht, 
fertig  und  noch  weniger  mit  Volker;  das  „und"  oder  sonstige  Verbindung 
fehlt,  weil  eine  neue  Strophe  beginnt*).  „Daß  Volker  über  Hagen  erhoben 
wird,  dazu  sieht  man  keinen  Grund  ^;  gerade  an  unserer  Stelle  läßt  es  sich 
wohl  erklären.  Hagen  kennen  die  Hennen,  zum  Theil  noch  aus  persönlicher 
Bekanntschaft  (1734);  Kriemhild  sagt  übertreibend,  um  zu  recht  umfassender 
Rüstung  zu  mahnen:  noch  stärker  als  er  aber  ist  der  Andere.  Ob  sie  damit 
nach  des  Dichters  Ansicht  die  Wahrheit  sagt  oder  nicht,  wird  sehr  gleich- 
giltig  sein**).  Die  „matte  Wiederholung^  1705,  4.  1706,  4  wird  nicht  viel 
bedeuten;  man  könnte  auch  „wiederholte  dringende  Einschärfung^  daf^  sagen. 
Und  wen  der  Cäsurreim  1705,  3.  4  geniert,  der  lese  1705,  3  mit  AB  CD 
(nach  Bartsch  mit  allen  Hss.  ausser  J  b ,  welche  willen  haben)  gedingen^  wof^ 
Lachmann  ohne  jede  Noth  gedinge  gesetzt  hat  Wenn  schließlich  W.  für  den 
Verfasser  von  1705,  4—1706,  3  den  Dichter  der  Str.  1936  —  1939  ansieht, 
so  liegt  in  beiden  Stellen  nicht  das  mindeste,  was  für  sich  schon  diese 
Annahme  begründen  könnte.  —  1712.  1713  sind  „fast  albern^,  n^^  ^^ 
Königin  Hagen  nicht  wohl  will,  weiß  doch  Volker";  es  steht  aber  1712,  1 
nicht  ob  n  tu  si  gehat ,  sondern  mn.  Wiefern  die  Annahme ,  daß  die 
Hennen  Brünnen  unter  ihren  Gewändern  tragen  ^übel  zum  Vorhergehenden 
stimmt^,  kann  ich  wahrlich  nicht  entdecken.  An  und  für  sich  ist  jedenfalls 
nichts  gegen  dieselbe  zu  sagen;  vgl.  Thidrekssaga  Cap.  373,  wo  die  Bur- 
gunden  die  Brünnen  unter  den  Röcken  tragen.  Es  ist  doch  nicht  noth- 
wendig,  daß  Kriemhild  ausdrücklich  den  Rath  gibt,  die  Rüstung  unter  dem 
Festgewande  zu  verstecken;  vgl.  übrigens  Zaruckcs  Bemerkung  in  seiner 
Rec.  Sp.  1666.  Von  einer  „Besorgnis^  Volkers,  welche  zum  Folgenden 
nicht   passen  würde,   ist   in    den   zwei  Strophen   nicht  die  Rede;  1712,  2.  3. 


*)  Es  wäre  interessant,  die  Mittel  der  Anknüpfang  innerhalb  derselben  Strophe 
und  von  einer  zur  andern  einmal  gründlich  mit  einander  zu  vergleichen.  So  viel  ist 
schon  deutlich,  daß  in  letzterem  FhIIs  die  Verbindung  nicht  selten  fehlt,  wie  auch  ganz 
natürlich  ist. 

**)  Auch  Dankwart  lügt  1861 :  ick  vhu  ein  to6nie  kindel,  dd  Sifrit  vlot  den  Up; 
und  wenn  man  das  beanstandet  und  aus  der  Stelle  vielmehr  einen  Schloß  für  die 
Liedertbeorie  zieht,  so  lOgt  jedenfalls  Hagen  1801,  also  wird  es  die  tückische  Kriem- 
hild auch  tbun  dürfen. 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  KIBELUNOEN.         237 

1713,  2  ist  doch  nur  ein  eines  Helden  ganz  würdiger  Rath  zur  Vorsicht  und 
Aufmerksamkeit.  Daß  1714  ^hesser  auf  1711  folge",  bezweifle  ich.  1713,  4 
steht  zu  1714,  2  in  engster  Beziehung,  und  ich  bezweifle,  ob  einem  Interpo- 
lator  naph  dem  Maß  an  Einsicht,  das  diese  Leute  bei  W.  gewöhnlich  zeigen^ 
ein  so  scharfes  Erfassen  des  Richtigen  zuzutrauen  ist  —  1715  — 171*1  sind 
bloß  ausgeschieden  worden,  weil  Hagen  doch  schon,  als  er  sich  Volker  zum 
Genossen  erkor,  sich  auf  seinen  sichern  Beistand  verlassen  muste.  Ist  des- 
halb die  Frage  hier,  im  Angesichte  der  Gefahr^  unerlaubt?  W.  vermuthet  hier 
denselben  Interpolator  wie  in  1712.  1713  und  bei  den  „süßlichen  Zusätzen ** 
in  Rüdigers  Kampf;  für  das  Letztere  kann  er  bloß  die  Worte  nu  I6n  tu  got 
von  htmele  1717,  1  und  2136,  1  anfahren.  —  An  1720  wird  die  ^Stärke  der 
Ausdrücke^  getadelt,  in  denen  ich  nichts  Besonderes  finden  kann.  1720,  2 
zeige  einen  reflectierenden  Dichter  wie  2087.  2091 :  als  ob  nicht  ebenso  wie 
dort  die  Verzweiflung,  so  hier  der  höhnische  Grimm  zu  einem  allgemeinen 
Satz  greifen  könnte!  —  Daß  das  Gespräch  Strophe  um  Strophe  wechselt,  hat 
W.  erst  durch  seine  Athetesen  zu  Stand  gebracht;  —  und  wenn  diese  Regel- 
mäßigkeit bei  der  Unterredung  zwischen  Hagen  und  Volker  nicht  festzu- 
halten ist,  so  wird  sie  es  auch  nicht  sein  in  der  zwischen  Hagen  und  Kriem- 
hild,  aus  welcher  W.  nur  um  dieses  Grundes  willen  1728,  3 — 1729,  2  als 
^ganz  müßig"  ausgeworfen  hat.  —  Ebenso  ist  1731  bloß  „ein  ablenkender  Zu- 
satz müßiger  Reflexion^;  zwischen  1730,  4  und  1732,  1  ist  wieder  einmal 
Verbindung  durch  Gleichlaut  in  den  Worten.  —  Str.  1733  ist  „entbehrlich 
und  wegen  des  starken  Ausdrucks  in  Z.  2  nicht  ganz  unverdächtig^  ;  dieser 
starke  Ausdruck  ist  aber,  wie  ein  Wörterbuch  lehren  kann,  durchaus  nicht 
singuIär;  übrigens  hat  W.  die  atrophe  schließlich  doch  als  echt  aufgenommen. 
—  1734 — 1736  sind  „matt  und  störend**;  ob  das  erste  angesichts  von  Zeilen 
wie  1736,  2  jemand  zugeben  wird?  Störend  aber  ist  der  Zusatz  nach  W., 
weil  die  Rede,  nachdem  1732  ein  Heune  erklärt  habe,  sich  nicht  mit  Hagen, 
1733  ein  anderer,  sich  nicht  mit  Volker  messen  zu  wollen,  nicht  wieder 
zu  Hagen  umkehren  dürfe.  1732  ist  aber  von  Hagen  mit  keiner  Silbe  die 
Rede,  und  1733  soll  ja  verdächtig  sein!  Daß  1734.  1735  in  ihrem  Motiv 
mit  1691 — 1695  gleich  sind,  beweist  uns  nichts;  von  den  genannten  Strophen 
ist  ja  noch  gar  nicht  die  Rede  gewesen.  —  Die  Scene  endigte  mit  1738, 
vielleicht  schon  mit  1737;  warum,  sehen  wir  nachher. 

Also  auch  die  vorliegende  Scene  soll  von  dem  Dankwartsdichter  ge- 
dichtet sein,  weil  auch  hier  Hagen  und  Volker  im  Vordergrund  stehen,  beide 
als  Herausfordernde^  weil  auch  hier  dieselbe  Lebendigkeit  des  Dialogs  und 
der  Darstellung  sei  und  —  was  näher  zu  prüfen  —  dieselbe  Sorglosigkeit  in 
der  Composition.  Das  Ganze  geschieht,  während  die  Könige  auf  dem  Hofe 
stehen  und  die  Absonderung  Hagens  und  Volkers  ist  nicht  motiviert.  Also 
dasselbe  Motiv,  das  Lachmann  zur  Zerstückelung  der  Lieder  15 — 17  geführt 
hat.  Ich  verweise  deshalb  auf  die  trefPliche  Auseinandersetzung  bei  Heinrich 
Fischer,  Nib.  Lied  etc.  S.  131  f.  und  auf  die  Bemerkung  Zamckes  in  seiner 
Rec.  Sp.  1666.  —  Wir  sollen  aber  in  der  Art,  wie  die  Scene  eingefügt  ist, 
nicht  bloß  den  Dankwartsdichter  zu  erkennen  haben,  der  sie  einfach,  ohne 
auf  den  mislichen  Punkt  hinzudeuten,  einschob,  sondern  auch  den  täppischen 
Interpolator,  der  1698,  1  recht  ausdrücklich  auf  die  Situation  hinwies:  noch 
liezen  st  die   Herren   üf  cUm   have   etdn;    womit  wir  zugleich  auch  den  wahrai 


238  LTTTERATÜR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

Grund  fiir  die  Atheteae  dieser  Strophe  entdecken.  Dieser  selbe  y,Biedennaim' 
habe  nun  auch  1739  —  1745  verfaßt.  Lachmann  hatte  1740.  1741  verworfen, 
weil  nach  1738,  3  {puo  den  känigen  hin  se  hove)  die  Könige  schon  zn  Hofe 
gegangen  seien,  was  Fischer  a.  a.  0.  132  aufs  beste  widerlegt  hat.  1739 
soll  nach  W.  nicht  an  ihrem  Platze  sein;  sie  gehöre  nach  1737;  daß  17B9 
unecht  sei,  erhelle  aus  der  Verwandtschaft  mit  1715—1717  und  1720,  2. 
Dennoch  soll  die  Möglichkeit  vorhanden  sein,  daß  1738  jünger  sei  als  1739 
und  von  demselben  Interpolator  stamme,  der  auch  sonst  Völkern  hervorzuheben 
beflissen  war  und  in  1737,  4  die  La.  von  dem  videlcere  eingeschmuggelt  hat.  — 
Über  die  Richtigkeit  dieser  La.  will  ich  nicht  weiter  reden,  da  ich  einen  Inter- 
polator, der  mit  der  genannten  Absicht  verfahren  wäre,  nicht  anerkenne;  wer 
die  La.  für  falsch  hält,  mag  sie  weit  einfacher  mit  Lachmann  durch  Abwei- 
chen des  Auges  auf  1738,  1  erklären.  Aber  ist  es  an  sich  glaublich,  daB 
ein  Interpolator  in  zwei  Strophen  hinter  einander  dergestalt  verfahren  w8re? 
Und  welcherlei  besondere  Hervorhebung  Volkers  enthält  denn  1738?  — 
Auch  zu  der  Umstellung  von  1738  und  1739,  wie  ohnehin  zu  der  Athetew 
von  1789,  welche  sich  nur  auf  die  Analogie  früherer  Strophen  gründet, 
ist  kein  Grund.  Die  Reflexionen  des  Dichters  unterbrechen  nicht  sehen 
Zusammengehöriges.  —  Von  demselben  Verfasser  stammen  die  syntaktisch 
verbundenen  1740.  1741  und  die  Strophen  1742 — 1745,  wo  die  bei  dem 
Dankwartsdichter  „noch  nicht^  vorkommenden  Imfrit,  Hawart  und  Iring  er- 
scheinen. —  Von  dem  Constructionsübergang  rede  ich  nicht  mehr.  Die  Un- 
echtheit  von  1815.  1816,  wo  Thüringer  und  Dänen  und  mit  Namen  Imfirit 
und  Hawart  erwähnt  werden,  habe  ich  zurückgewiesen.  Charakteristisch  ist 
aber  W.s  Ausdruck  „noch  nicht'';  gesetzt,  die  Namen  seien  bis  jetzt  in  der 
Dankwartsdichtung  noch  nicht  gefunden  worden ,  würde  das  etwas  be- 
weisen? Beim  Saalkampf  sind  sie  nicht  und  vom  Buhurt  könnten  sie  ja  weg« 
bleiben;  dürften  sie  deshalb  hier  bei  dem  feierlichen  Empfang  nicht  zugegen 
sein?  Wie  eng  und  mechanisch  muß  W.s  Anschauung  von  der  Entstehung 
unseres  Epos  und  der  Kenntnis  seiner  Fabel  sein !  Entweder  hätte  der  Dank- 
wartsdichter die  thüringischen  und  dänischen  Helden  gar  nicht  gekannt  —  aber 
Iring  erscheint  in  der  Thidrekssaga  *)  —  oder  er  hätte  sie  gekannt,  aber  nicht 
anbringen  wollen,  aus  welchem  mehr  oder  minder  kindischen  Gknnde,  wissen 
wir  nicht;  aber  mittelalterliche  Dichter  pflegen  ihre  Personen  alle  gebührend 
anzubringen.  —  Übrigens  findet  auch  hier  W.  die  Strophen  nicht  richtig  ge- 
ordnet: 1744  gehöre  hinter  1745,  damit  die  Aufzählung  der  Heldenpaaie 
nicht  unterbrochen  werde,  und  1743  vor  1742.  Das  Erstere  ist  irrelevant 
genug;  gegen  die  letzte  Umstellung  muß  ich  protestieren.  W.  meint,  1748 
würde  sehr  gut  an  1741  anknüpfen  {do  each  man  sich  gesellen  die  helde  käCM 
unde  guot\  —  stoie  iemen  sich  gesellet)  und  1744  an  1742  (d6  stich  man  jBtte- 
deg^ren  ze  hove  mit  QiselMren  gän\  —  d6  sach  man  mit  den    künegen    hin    se 


*)  Vgl.  Hennings  treffende  Worte  a.  a  0.69:  nln  allen  übrigen  Heldengedichten 
der  Zeit,  der  Klage,  dem  Biterolf,  den  sächsichen  Liedern  finden  wir  auch  eine  ver- 
nünftige zosammenhäDgende ,  im  Wesentlichen  abgerundete  und  einheitlich  gestaltete 
Sagenkenntnis ,  einzig  die  Dichter  uDserer  Nibelongeu  wären  unwissend  und  unkundig. 
Ein  Glück  nur,  daß  der  eine  immer  noch  etwas  mehr  wnste  als  der  andere,  so  daß 
dadurch  doch  etwas  Vollständiges  zusammenkam*'.  —  Wenn  das  nar  nicht  eben  so  gut 
auf  Lachmanns  Lieder  paßte! 


UTTERATÜR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  239 

^0176  gän).  In  früheren  Fällen  konnte  ich  nur  behaupten,  daß  sich  ans  sol- 
chem Gleichlaut  kein  Schluß  ziehen  lasse;  hier  aber  ist  derselbe,  zumal  in 
dem  zweiten  Beispiel,  so  häßlich  und  klappernd,  daß  er,  wäre  er  überliefert, 
wohl  ertragen  werden  könnte,  keinesfalls  aber  durch  kritische  Machinationen 
erst  hergestellt  werden  darf*). 

Mit  1746  beginnt  wieder  ältere  Dichtung  und  zwar,  wie  wir  sehen  wer- 
den^ ein  Stück  der  Rüdigersdichtung.  Dieser  Strophe  gieng  nach  W.  1738 
unmittelbar  voraus  [oder  1737,  falls  jene  Strophe,  s  o.,  für  jünger  zu  halten]. 
,,Der  Dankwartsdichter  ging  darauf  aus  einzelne  Scenen  voll  auszugestalten; 
Mittelglieder  ohne  inte ressir enden  Inhalt  verschmähte  er.^  Der  Sprung  von  1737 
(1738)  auf  1746  ist  immerhin  etwas  stark,  möchte  aber  hingehen;  nur  be- 
weisen W.s  Parallelen  nicht  eben  alle  für  solche  Sitte  des  Dankwartsdichters. 
1786  und  1788  werden  nachher  behandelt  werden;  immerhin  ist  auch  von 
1786  auf  1787  ein  Sprung,  der  aber  hier  mehr  in  dem  Mangel  an  formeller 
Verbindung  besteht,  während  in  unserer  Stelle  sachlich  wesentliches  über- 
gangen wäre.  1803  und  1806  hat  erst  W.  zusammengebracht.  Zwischen 
1835  und  1836  ist  gar  kein  Sprung;  vielmehr  dient  ja  1836,  1  gerade  zur 
Verknüpfung.  In  1849  tritt  ein  unerwarteter  Gedanke  auf  (s.  o.) ;  aber  die 
Erzählung  schreitet  von  1848  zu  1849  stätig  weiter.  Nur  1857  und  1858 
zeigen  etwas  Ahnliches,  wie  sich  an  unserer  Stelle  ergeben  würde;  aber  dort 
ist  der  Scenenwechsel  ganz  an  seinem  Platz  und  eine  Verbindung  der  Scenen 
nicht  denkbar,  hier  würde  eine  leicht  mögliche  (und  in  1739 — 1745  wirklich 
vorhandene)  Verbindung  fehlen. 


Die  Untersuchung  geht  weiter.  Ihr  nächster  Gegenstand  ist  der  Em- 
pfang bei  Etzel  und  die  erste  Nacht,  Str.  1746—1786;  wie  gesagt, 
wieder  ein  Stück  der  Büdigersdichtung.  —  Hier  wechselt  auf  einmal  der  Ton; 
Alles  ist  vergnügt  und  guter  Dinge ;  als  ob  keine  Warnung  durch  Dietrich, 
kein  Angriffs  versuch  auf  Hagen  vorangegangen  wäre.  Daraus  schließt  W., 
daß  dieser  Abschnitt  und  die  vorhergehenden  nicht  von  demselben  Dichter 
sein  können.  Dabei  hat  er  auf  zweierlei  nicht  geachtet.  £inmal  kann  er 
nur  die  wenigen  Strophen  1746 — 1757  für  seine  Ansicht  gellend  machen; 
1758  beginnt  gleich  wider  ein  feindseliger  Ton;  wir  werden  zwar  sehen,  daß 
W.  1758 — 1761  auswirft,  aber  eben  bloß  wegen  dieses  Tones.  Von  den 
12  genannten  Strophen  aber  sind  volle  sechs  durch  Beden  ausgefüllt,  die 
nicht  anders  als  freundschaftlich  sein  können;  denn  —  das  ist  der  zweite  und 
wichtigere  Punkt  —  Etzel  weiß  von  all  dem  vorgefallenen  Geplänkel  gai* 
nichts  und  sicher  ebenso  wenig  von  Ejriemhilds  Vorhaben.  Ob  das,  wie  1802 
und  1803,  ausdrücklich  gesagt  oder  wie  hier  stillschweigend  vorausgesetzt 
wird,  weil  es  aus  der  ganzen  Erzählung  folgt,  wird  nicht  viel  ausmachen.  — 
Es  ist  also  kein  Grund,  anzunehmen,  daß  unsere  Erzählung  eine  Dichtung  voraus- 
setze, „in  der  die  Burgunden,  als  sie  an  Etzels  Hof  kommen^  noch  keine 
Ursache  zur  Besorgnis  hatten." 


*)  W.  findet  auch  sonst  im  N.  L.  die  Strophen  nicht  immer  in  ihrer  ursprüng- 
lichen Ordnung  überliefert  und  iflhrt  dieß  an  Str.  1330—1838  aas,  was  loh,  ab  außer- 
halb meines  eigentlichen  Gegenstandes  fallend,  unnntersucht  lasse. 


240  LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

Aus  der  ErzfthluDg  selbst  wird  vieles  ansgeschiedeD.  —  1748  und  1749 
stören  das  Ebenmaß  der  Dichtung,  welche  den  Mannen  nicht  zwei  Strophen 
zutheilen  durfte,  den  Königen  nur  eine.  Daraus  würde  nur  die  Unechtheit 
von  1749  folgen;  aber  1748  soll  durch  die  Wiederholung  von  gr6ze  wille- 
kamen  in  1750,  4  verdächtig  sein,  was  W.  aliein  gewiß  noch  für  keinen 
Grund  gehalten  hätte.  Ist  keine  Ursache  mehr  vorhanden,  den  Abschnitt  vom 
vorhergehenden  zu  trennen,  wo  Hagen  und  Volker  im  Vordergrund  stehen,  so 
werden  auch  die  zwei  Strophen  nicht  zu  beanstanden  sein.  Ich  mache  darauf 
aufoierksam,  daß  bei  Begrüßungen  oder  Anreden  an  die  Burgunden  nicht  die 
Könige,  sondern  Hagen  zu  reden  pflegt;  s.  1663.  1676.  1801.  1855.  (1956. 
1957.)  2193.  2270  (wo  noch  dazu  Günther  ausdrücklich  angeredet  war)  ;  eine 
Ausnahme  machen  nur  1931  (wo  aber  nur  Günther  reden  kann,  denn  Hagen 
kann  nichts  erlauben).  2028.  2114.  —  Die  Str.  1752  ist  verworfen,  weil  sie 
eine  mehrmalige  Einladung  der  Burgunden  voraussetze  wie  1748,  4;  worauf 
nachher  keine  Rücksicht  genommen  wird.  Allein  das  sind  solche  leere  Be- 
densarten,  die  man  auch  im  heutigen  Gespräch  nicht  auf  die  Goldwage  legt; 
und  vollends  W.  hat  gar  keinen  Grund,  deshalb  1752  zu  athetieren,  da  er 
nirgends  sagt,  daß  der  Rüdigersdichter  nur  von  einer  Einladung  gewust  habe. 
—  1754  ist  bloß  „überflüssig".  —  Obgleich  aber  das  nach  Entfernung  dieser 
Strophen  übrig  bleibende  eine  vollständige  Erzählung  bildet,  könnte  doch, 
meint  W»,  die  Bearbeitung  manches  Alte  fortgeschafft  haben. 

Daß  Kjriemhild  bei  dem  Empfang  nicht  auftritt,  hält  W.  nicht  für  ur- 
sprünglich und  muthmaßt,  daß  etwas  ähnliches  wie  Thidrekssaga  Cap.  373 
hier  gestanden  habe.  Die  einzige  Begründung  dafür  ist,  daß  Kriemhild  in 
der  Rüdigersdichtung  nicht  schon  vorher  in  feindliche  Berührung  mit  den 
Burgunden  gekommen  sei,  folglich  jetzt  nothwendig  eingeführt  werden  müsse. 
Für  den,  der  unsem  Abschnitt  nicht  von  dem  vorhergehenden  trennt,  ftllt 
dieser  Schluß  ganz  weg;  über  1675  ff.  ist  ja  noch  gar  nichts  entschieden. 
Wir  sagen  also  einstweilen  umgekehrt:  weil  der  Dichter  schon  vor  dem 
Empfang  bei  Etzel  einen  solchen  von  Seiten  der  Kriemhild  erzählt  hat,  brauchte 
er  sie  bei  ersterem  nicht  mehr  einzuführen. 

In  der  Schilderung  der  ersten  Nacht  flndet  W.  größere  Zusätze;  wir 
werden  sehen,  daß  hier  die  Hand  des  Dankwartsdichters  thätig  gewesen  sein 
soll.  So  gleich  in  1758 — 1761,  die  nur  wegen  der  „gereizten  Stimmung' 
und  des  „herausfordernden  Wesens^  Hagens  und  Volkers,  „wie  es  der  Dank- 
wartsdichter  schildert^,  athetiert  werden;  während  diese  Stimmung  fär  uns  nach 
dem  in  1696—1738  erzählten  ganz  natürlich  ist  —  Die  Str.  1763.  1764 
werden  entfernt,  weil  1762,  4  schon  die  Schilderung  des  Lagers  abschließt; 
allein  diese  Zeile  ist  ein  reiner  Flickvers,  und  in  den  zwei  Strophen  selbst 
ist  nichts  Verdächtiges.  —  Einen  nicht  unwichtigen  Schluß  knüpft  W.  an  die 
(echte)  Str.  1765.  Es  müsse  sich  etwas  Besorgniserregendes  zugetragen 
haben,  aber  nach  1765,  3  „nichts  so  entschieden  Feindseliges,  wie  wir  in 
unserem  Nibelungenliede  lesen^,  sondern  etwa  dasselbe,  was  eben  aus  der 
Thidrekssaga  herbeigezogen  wurde.  Schönbach  a.  a.  0.  382  hat  ganz  richtig 
erwidert:  „was  kann  denn  Feindseligeres  gcf^chtet  werden  als  was  Giselher 
in  V.  4  fürchtet:  seinen  und  seiner  Genossen  Tod?^  1765,  3  mag  sich  dabei 
auf  die  freundliche  Einladung  oder  auf  den  freundlichen  Empfang  beziehen, 
der  Giselheren  1675  zu  Theil  geworden  ist.  —  Str.  1767  ist  überflüssig;  nach 


LITTEBATÜR:  ZUR  KBITK  DER  KTBELUNGEN.         241 

Z.  2  könnte  man  annehmen,  daß  auch  Volker  zu  Bette  gehe,  während  er 
1768  mit  Hagen  gehen  will.  Wer  darin  eine  Unebenheit  finden  will,  habeat 
sibi!  —  Jünger  ist  auch  1769  wegen  ihrer  Ähnlichkeit  mit  1715 — 1717; 
8.  o.  —  „Wunderlich**  ist  1771,  daß  Volker  erst  gew&ffnet  aus  dem  Hause 
geht  und  dann  nochmals  umkehrt^  seine  Geige  zu  holen.  ,|Es  liegt  auf  der 
Hand  ,  daß ,  wenn  es  von  vom  herein  im  Plan  der  Dichtung  gelegen  hätte, 
den  Spielmann  hier  seine  Sangeskunst  üben  zu  lassen,  die  Aufeinanderfolge 
der  Ereignisse  eine  andere  geworden  wäre."  Das  ist  nun  Geschmackssache;  ich 
kann  mir  den  Hergang  nach  dem  überlieferten  Text  recht  gut  und  schön 
denken;  ja  es  will  mir  fast  scheinen,  als  ob  mit  Aufgeben  der  Str.  1771  eine 
cigenthümliche  Schönheit  verloren  ginge.  Allein  diese  Strophe  ist  mit  den 
folgenden  aufs  engste  verbunden.  Daher  muß  W.  1771 — 1774  alle  aus- 
werfen, wobei  er  an  den  Dankwartsdichter  als  ihren  Verfasser  denkt.  Ich 
weiß  nicht,  ob  jemand,  dem  die  Nachtscene  in  ihrer  ganzen  zauberhaften,  un- 
heimlichen Schönheit  recht  lebhaft  vor  Augen  steht ,  die  vier  Strophen 
einem  —  wenn  auch  noch  so  begabten  —  Bearbeiter  zuzuschreiben  über  sich 
bringen  wird;  tragen  doch  die  Strophen  so  viel  zu  der  charakteristischen 
Schönheit  der  Scene  bei,  und  ihre  Stimmung  bildet  eine  wesentliche  Ergänzung 
zum  unmittelbar  Folgenden.  Es  ist  jedenfalls  von  W.  nicht  genug  gesagt, 
daß  die  Strophen  „an  und  fär  sich  recht  ansprechend*  seien;  sie  haben  bis 
jetzt  immer  unter  den  Glanzpunkten  des  N.  L.  mitgezählt;  und  der  Grund 
för  ihre  Ausscheidung  ist  ärmlich.  —  Weiter  werden  1776 — 1783  entfernt 
Der  Hauptgrund  dafür  ist,  daß  das  Gespräch  „nicht  so  gedrängt*^  sei,  „wie 
wir  es  nach  der  knappen  Anlage  der  alten  Dichtung  erwarten  müßten  **. 
Diese  knappe  Anlage  hat  sich  in  den  bisher  betrachteten  Theilen  der  Rüdi- 
gersdichtung als  ein  erst  durch  grundlose  Athetesen  hergestellter  Zug  erwiesen; 
daß  aber  unser  Abschnitt  zu  der  Rüdigersdichtung  gehöre,  dafär  ist  bis  jetzt 
nicht  der  Schatten  eines  Beweises  beigebracht  worden;  daß  er  älter  sein 
müsse  als  der  vorhergehende,  würde,  wenn  es  erwiesen  wäre,  noch  nicht  die 
Zugehörigkeit  gerade  zu  der  Rüdigersdichtung  beweisen.  Deshalb  fällt  die 
mehrstrophige  Rede  in  1778  f.;  1781  f.  nicht  ins  Gewicht,  da  ich  die  Aus- 
scheidung von  1748  und  1758 — 1761  oben  zurückgewiesen  habe.  Was  aber 
eigentlich  hierin  zwischen  älterer  und  jüngerer  Dichtung  ftlr  ein  Unterschied 
in  der  Knappheit  sein  soll,  weiß  ich  nicht;  denn  zu  Str.  1720  hat  W.  auch 
dem  Dankwartsdichter  bloß  einstrophige  Rede  vindicieren  wollen !  Die  übrigen 
Gründe  gegen  die  acht  Strophen  sind  unbedeutend.  Der  allgemeine  Gedanke 
1776,  2  soll  an  1720,  2  und  1739  erinnern.  Das  Hervortreten  Volkers  vor 
Hagen  1778  sei  verdächtig;  wenn  aber  die  Hennen  dieselben  sind,  mit  denen 
Kriemhild  vorher  gekommen  ist,  so  begreift  sich  dasselbe  nach  1706  leicht 
und  hat  auch  sonst  nichts  auf  sich,  nachdem  wir  die  Ausscheidung  anderer 
Strophen,  welche  Volkers  Lob  enthalten,  als  unbegründet  erkannt  haben. 
Verkehrt  ist  die  Bemerkung:  „wenn  Hagen  erwartet  [1781],  daß  die  Heunen 
näher  herankommen  werden,  so  wäre  es  das  natürlichste,  daß  er  seine  Ge- 
fährten weckt;  oder  aber  die  Sorge,  daß  es  einigen  Heunen  gelingen  möchte 
in  das  Haus  zu  dringen,  hätte  ihm  ganz  fem  bleiben  müssen.^  Hagen  fürchtet 
ja  nur,  daß,  wenn  Volker  (1780)  sich  von  dem  Haus  entfernen  würde,  der- 
selbe allein  im  Freien  durch  die  Heunen  in  Noth  kommen  könnte;  dann  müste 
er,  Hagen,  ihm  helfen  (1781),  also  sich  auch  vom  Haua  «ii^^tqaeii^  ^ns^^  ^%s)^ 

GERMANIA,  Nrae  Beihe  XII.  (XXIT.  Jahrg.)  Vc^ 


242  LtTTGRATÜB:  ZUR  KETTIK  DER  NIBELCNOEK.  ^H 

könnten  leicht  einige  Hennen  in  da«  Haua  eindringen.  Wenn  sie  »hft  b«tdp. 
im  Bficken  ^i,  unter  der  ThSr  stehen  bleiben,  so  würde  du  geiiQgen,  dii' 
Hennen  absuwebren,  nnd  dann  brauchte  mau  die  Schlafenden  nicht  au  wecken. 
Ist  das  nicht  alles  in  beater  Ordnung?  Und  wenn  der  Dichter  es  nicht  in  *v 
peinlich  logiBcbem  Zasammenhang  Toi^tragen  hut,  ist  das  fQr  einen  Dichter 
ein  Vornuif?  —  Daß  der  Gedanke  von  1783  spSter  nicht  verwerthet  wird, 
darf  nicht  auffallen.  Wie  peinlich  w&re  es.  mfisie  der  Dichter  ap&ter  einen 
Streit  darfiber  anheben  lauen,  ob  die  Hennen  die  Schlafenden  habet)  übei^ 
falten  wollen  oder  nicht !  Wie  advocatenmSßig !  S.  anch Schönbach  a.  a.  O.  383. 
In  dem  nach  diesen  zahlreichen  Aasscheidungen  übrig  Hleibenden  will 
also  W.  ein  Stück  der  RSdigersdichtnug  erkennen ,  ^das  Prototyp  fär  die 
hBn£g  wiederkehrenden  Stellen,  iu  denen  Hagen  nnd  Volker  vor  der  Tör 
des  Uansea  stehend  erwähnt  werden".  —  Diese  Rolle  hat  ihnen  der  Dichter 
ala  Kiemlich  stehend  zDgewiesen,  nnd  es  ist  durchaus  nicht  noihwendig  an- 
suoebmen,  daß  in  einem  Fall  Original  und  im  andern  Copie  vorliege.  Eine 
genauere  Parallele  zn  anserem  Abschnitt  findet  sich  nur  in  dem  nnmlttelbar 
vorhergehenden,  1696 — 1738;  nnd  xa  diesem  soll  denn  aach  der  Dankwarta- 
dichter  dnrcb  unsere  Scene  angeregt  worden  sein.  Diese  Annahme  ist  dann 
fast  unvermeidlich,  wenn  man  beide  Scenen  trennt  nnd  sie  den  Verfaaseni 
zuweist,  die  sie  nach  W.  haben.  Aber  an  sich  selbst  ist  sie  eigentlich  ver 
kehrt.  Im  Ganzen  wird  man  wohl  kaum  anstebeji,  der  iweiten  Scene  den 
Vorzug  größerer  Schönheit  zu  geben ;  aber  das  that  nichts  zor  Sache,  Hehr 
Sagengehalt  hat  jedenfalls  die  erste;  cf.  172t.  1732.  1725—1730.  1734— 
1736;  w&hrend  die  aweite  weit  mehr  einer  freien  Erfindung  gleich  aieht.  Es 
wSre  also  an  sich  eher  Grund,  die  zweite  Scene  für  eine  Nachbildung  der 
ersten  zu  halten.  A  priori  kann  ich  wohl  ala  möglich,  ja  wahrscheinlich 
anerkennen ,  daß  die  dreimalige  feindselige  Begegnung  awiachen  Hagen  nnd 
KriemhUd.  bezw.  ihren  Abgesandten  {1675—1684.  1606—1738.  1776  — 17B6) 
in  d«r  Sage  nicht  urspränglich  ist:  ältere  Sage  mag  sich,  wie  in  der  Thi- 
drekasaga  Cap.  373.  377,  mit  zweimaliger,  die  ursprün^iche  (soweit  Ober- 
haupt die  Motive  der  deutschen  Sagen gestalt  zurückreichen)  mit  einmaliger  Offen- 
barung dieaer  Feindschaft  begnügt  haben.  Aber  im  Nibelungenliede  selbst 
sind  diese  drei  Begegnungen  urBprünglich  ;  denn  sie  bilden  eine  bewuate 
Steigerung,  die  das  Werk  eines  Dichters  sein  mnS.  Zuerst  r«det  Kriamhild 
mit  Hagen ;  anf  die  GewiCheit  hin,  daG  er  sich  vorgesehen  hat,  versucht  sie 
es  mit  Waffengewalt,  zuerst  an  Hagen  allein  (Völkern  kann  sie  einmal  mclit 
von  ihm  trennen)  bei  Tag  und  in  ihrer  persönlichen  Gegenwiut.  dann  heltn- 
Ucb  bei  Nacht  an  allen  Bu^unden:  die  Manifestation  ihrer  Bachsuchl  wird 
immer  IbaUftcblicber  und   zugleich   hinterlistiger. 

Auch  in  der  Darstcllnng  findet  W.  die  Züge  des  Büdigeradichtera.  Der 
„knappe  Ausdruck'  nnd  ^.einfache  Stil"  beruhen  erst  auf  drn  gemacfateii 
Atheteaen.  Dagegen  trete,  sagt  W. .  zum  Untersebied  von  der  Oankwart* 
dicharag  Volker  in  die  erste  Linie,  wie  iu  1613  £  naii  3110.  Da«  ist  kein 
Beweisgrund.  Der  Dichter  wollte  den  1 
hinter  diMen  surflcktreten  laaaen,  daS  C /^ 
Seite  gelegt  kut«.  and  beide  aumal  ri^'1' 
len  in  Parallelv  grstellten  C 
y  «te>  renrauiiüTiieb,  trenn  d«r  I 


LITTERATUB:  H.  OSTHOFF  U.  K.  BRUGBiAN,  UNTERSUCHUNGEN  ete.    243 

grund  ruckte?  W.  sollte  das  Moment  schon  deshalb  nicht  herbeigezogen  haben, 
weil  1809  und  gar  1823.  1826,  wo  Volker  noch  in  ganz  anderer  Weise  die 
Initiative  ergreift,  dem  Dankwartsdichter  zugefallen  sind ;  außerdem  steht  W. 
hier  mit  sich  selbst  im  Widerspruch,  insofern  er  soeben  1778  wegen  unge- 
bührlicher Herrorhebung  Volkers  athetiert  hat.  —  Wichtiger  ist  die  Bemerkung: 
V Hagen  erscheint  als  der  treu  besorgte  Hüter  seiner  Herren ;  herausfordernder 
Trotz  und  über  die  Grenzen  der  Natur  getriebene  Leidenschaft  sind  ihm  hier 
fern.     Das    stimmt    wieder    zu    jener    Stelle    der   Thidrekssaga    [Cap.    373] 

Sigfriden  den  schnellen  und  seine  Wunden  lassen  wir  nun  ruhen'  u.  s.  w. 

Wie  contrastiren  diese  gelassenen  fast  milden  Worte  mit  dem  Bilde  Hagens, 
wie  es  der  Dankwartsdichter  entwirft,  oder  wie  es  in  Str.  1678.  1682  uns 
entgegentritt.^  Um  zuerst  von  dieser  Parallele  zu  reden:  Wird  aus  Hagens 
Worten  nicht  vielmehr  der  schneidendste  Hohn  reden  ?  Und  hat  W.  ganz  und 
gar  vergessen,  daß  die  genau  der  Str.  1682  entsprechenden  Worte  Hagens 
in  eben  jenem  Cap.  873  der  Th.  S.  stehen?!  Und  von  der  Th.  S.  abge- 
sehen: Trotz  und  herausfordernden  Hohn  hat  in  unserer  Scene  der  Dichter 
eben  in  Volkers  Mund  gelegt;  er  mochte  es  für  überflüssig  halten,  Hagen 
auch  hier  so  auftreten  zu  lassen.  Der  „treu  besorgte  Hüter  seiner  Herren^ 
ist  aber  Hagen  auch  sonst.  Ich  erwähne  die  Baiemschlacht  (1539  ff.). 
Wessen  Werk  ist  diese?  Hier  läßt  uns  W.  nach  seinem  Programm,  das  erst 
mit  1606  beginnt,  im  Stiche;  und  hier  ist  einer  der  Fälle,  wo,  wie  ich  zu 
Anfang  erwähnte,  nothwendig  die  früheren  Partien  der  Dichtung  hätten  bei- 
gezogen werden  müssen.  Könnte  die  Baiemschlacht,  in  der  Dankwart  neben 
Hagen  auftritt,  ja  sogar  1554  seinen  Bruder  errettet,  in  der  der  Dialog  eine 
so  wesentliche  Rolle  spielt,  nach  W.s  Voraussetzungen  nicht  auch  ein  Werk 
des  Dankwartsdichters  sein? 

Auf  das  durchgeprüfte  Stück  der  Rüdigersdichtung  folgt  unmittelbar  das 
größere  der  Dankwartsdichtung  bis  Str.  1945.  Zwischen  1945  und  2072 
folgen  der  Kampf  Irings  und  der  Seinigen,  1965 — 2015,  und  der  Saalbrand, 
2024 — 2071.  Was  zwischen  diesen  Scenen  liegt,  „scheint  mehr  den  Zweck 
zu  haben,  diese  Hauptabsehnitte  zu  verbinden  und  in  ihrer  Bedeutung  her- 
vortreten zu  lassen  **,  wird  abo  als  interpoliert  anzusehen  sein.  Einen  Beweis 
dafür  hat  W.,  wie  wir  sehen  werden,  nicht  erbracht. 

(Schluß  folgt) 

HERMANN  FISCHER. 


Hermann  OsthofF  und  Karl  Brngman,    Morphologische   Untersuchungen  auf 
dem  Gebiete  der  indogermanischen  Sprachen.  Erster  Theil.  Leipzig  1878. 

Die  Verfasser,  deren  in  letzter  Zeit  erschienene  Arbeiten  schon  so  viel- 
fach wechselseitigen  Ideenaustausch  zeigen,  haben  sich  hier  zu  einem  gemein- 
samen Unternehmen  vereinigt.  Das  Band,  welches  die  einzelnen  darin  von 
ihnen  gelieferten  Arbeiten  zusammenhält,  ist  die  Übereinstimmung  in  den 
Chrundanschauungen,  von  denen  aus  sie  eine  Beform  der  indogermanischen 
l^prachwissenschaft  anstreben,  Anschauungen,  um  deren  theoretische  und  prak- 
lalieDiirchfahmng  sich  beide  bereits  ein  bedeutendes  Verdienst  eT^Q»x\Ms^Va^«cv. 
ifreehen  sich  in  der  Vorrede  sehr  klax  und  '^«i^t&ibX  d»artX^T  «^«    "^^^ 


244    LITTERATÜR:  R  08TH0FP  ü.  K.  BRUGMAN,  UNTERSUCHUNGEN  etc 

Quintessenz  derselben  läßt  sich  etwa  in  folgende  Sätze  zasammenfassen.  Die 
Sprachwissenschaft  hat  bisher  viel  za  sehr  mit  abstracten  Formeln  gerechnet, 
ohne  sich  die  wirklicl^en  Vorgänge  bei  den  sprachlichen  Wandelungen  klar 
zu  machen.  Es  kommt  darauf  an,  eine  Erkenntniss  der  diesen  Wandelungen 
zu  Grunde  liegenden  physischen  und  psychischen  Processe  zu  gewinnen.  Diese 
wird  nur  erlangt,  wenn  mau  sich  entschließt  bei  den  modernen  Spracheni- 
wickelungen  in  die  Schule  zu  gehen,  wo  uns  allein  ein  ausreichend  gesichertes 
und  vollständiges  Material  geboten  wird.  Die  in  dieser  Schule  gewonnenen 
Einsichten  sind  auf  die  älteren  und  ältesten  Sprachperioden  anzuwenden.  Das 
verhängnissvolle  Vorurtheil  muß  aufgegeben  werden,  als  seien  diese  mit  einem 
andern  Maßstabe  zu  messen  ^  da  doch  die  leiblichen  und  geistigen  Existenz- 
bedingungen immer  die  gleichen  gewesen  sein  müssen.  Die  Richtung  der 
Sprachwissenschaft,  welche  die  aus  dieser  Anschauung  sich  ergebenden  Con- 
sequenzen  gezogen  hat,  die  junggrammatische',  wie  sie  die  Verf.  nach  ander- 
weitigem Vorgange  bezeichnen,  charakterisiert  sich  durch  zwei  wichtige  me- 
thodische Grundsätze.  Erstens:  aller  Lautwandel,  soweit  er  mechanisch  vor 
sich  geht,  vollzieht  sich  nach  ausnahmslosen  Gesetzen.  Zweitens:  der  For- 
menassociation ,  d.  h.  der  Neubildung  von  Sprachformen  auf  dem  Wege  der 
ABalogie  ist  för  die  ältesten  Perioden  die  gleiche  ßedeutuDg  zuzuerkennen 
wie  fÄr  die  jüngsten.  Sie  ist  als  Erklärungsmittel  überall  da,  allerdings  auch 
nur  da  herbeizuziehen,  wo  die  Lautgesetze  nicht  ausreichen.  —  Diese  von  den 
Verf.  ausgesprochenen  Grundsätze  sind  auch  nach  der  Überzeugung  des  Ref. 
Cardinalpunkte,  deren  unbedingte  Anerkennung  heute  von  einem  jeden  verlang^ 
werden  muß,  der  den  Anspruch  erhebt,  für  einen  Vertreter  der  wissenschaft- 
lichen Grammatik  zu  gelten.  Wenn  die  Verf.  die  erste  Anregung  zur  Aus- 
bildung ihrer  Richtung  auf  Scherers  Buch  zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache 
znrfiekföhren,  so  haben  sie  damit  gewiß  recht.  Indessen  darf  dies  nicht  so 
verstanden  werden,  als  sei  das  Verfiihren  Scherers  bereits  das  gleiche  wie 
das  ihrige.  Im  Gegentheil  liegt  zwischen  beiden  noch  eine  weite  Kluft.  Es 
fehlt  bei  jenem  noch  die  Hauptsache,  das  Axiom  von  der  unbedingten  Gül- 
tigkeit der  Lautgesetze,  wodurch  erst  die  Willkür  eines,  immerhin  vielleicht 
genialen  Rathens  durch  die  zwingende  Nothwendigkeit  methodischer  Forschung 
ersetzt  wird.  Dieses  mit  allen  seinen  Consequenzen  zuerst  klar  erkannt  und 
praktisch  verwerthet  zu  haben,  ist  eben  gerade  hauptsächlich  das  Verdienst 
der  beiden  Verf.,  schon  in  ihren  früheren  Arbeiten. 

Die  erste  Abhandlung  von  Brugman  ist  überschrieben  Das  verbale 
Suffix  ä  im  indogermanischen,  die  griechischen  Passivaoriste  und  die  sogenannte 
äolische  Flexion  der  verba  contracta  •  Die  Existenz  eines  Suffixes  d  i»t  schon 
mehrfach  von  anderer  Seite  behauptet.  B.  zeigt,  daß  dasselbe  in  sehr  viel 
mehr  Fällen  anzunehmen  ist,  als  man  bisher  geahnt  hat.  Zu  dieser  Erkennt- 
niss haben  ihm  seine  früheren  Beobachtungen  über  die  Vocalabstufung  ver- 
helfen. Ans  denselben  hat  sich  ergeben ,  daß  es  im  idg.  eine  schwächste 
Stufe  der  Wurzel  gibt,  die  sich  durch  gänzliche  Ausstossung  des  Grundvocals 
charakterisiert,  in  Folge  wovon  die  Wurzel  in  den  meisten  Fällen  nicht  mehr 
als  eigene  Silbe  bleibt,  sondern  zu  einer  Consonantenverbindnng ,  ja  nicht 
selten  zu  einem  einzelnen  Consonanten  zusammenschrumpft.  Diese  Stufe  nun 
ist  es,  an  welche  das  Suffix  -d  antritt.  In  der  Aufdeckung  und  Durchfahrung 
dieses  Gesetzes    liegt    der  Kernpunkt    der  Arbeit.     B.  stellt    eine  Reihe    von 


LITTERATÜB:  H.  OSTHOPF  U.  K.  BRUGMAN,  UNTERSUCHUNGEN  etc.     245 

BilduDgen  mit  den  Belegen  aus  den  verschiedenen  Sprachf&milien  zusammen, 
die  er  unter  folgende  5  Kategorien  ordnet:  1.  die  Wurzel  endet  auf  t\  z.  B. 
i'd'  von  i  (richtiger  ai)  *gehen ,  ghu-ä-  von  ghi*-  (richtiger  ghau-)  rufen' ; 
2.  die  W.  besteht  aus  a  4-  Geräuschlaut ,  z.  B.  k-d'  von  oA;-  scharf,  spitz 
sein  ;  3.  die  W.  besteht  aus  a  -f-  Nasal  oder  Liquida,  z.  B.  m-d*  von  am- 
einsammeln  y  schöpfen  ^  mähen  ;  4.  die  W.  beginnt  consonantisch  und  endet 
auf  einen  Geräuschlaut,  z.  B.  bhs-d-  und  daraus  weiter  ps-d-  von  bhcu-  mal- 
men, kauen  ;  5.  die  W.  beginnt  consonantisch  und  endet  auf  Nasal  oder  Li- 
quida,  z.  B.  pr-d-  von  par  fCillen.  Es  erhalten  so  viele  Fälle  ihre  richtige 
Beurtheilung,  für  die  man  bisher  eine  Umstellung  der  Laute  angenommen 
hatte  (z.  B.  ka  aus  ak)y  und  manches,  was  J.  Schmidt  im  zweiten  Bande 
seines  Vocalismus  über  die  Einwirkung  von  Liquida  auf  Vocal  aufgestellt  hat^ 
ergibt  sich  als  hinfällig.  Auch  sonst  finden  manche  Schwierigkeiten,  nament- 
lich des  griechischen  eine  glückliche  Lösung.  Dabei  werden  viele  neue  ety- 
mologische Combinationen  gemacht^  die  zum  Theil  einzeln  hingestellt  aben- 
teuerlich erscheinen  würden,  an  die  kühnsten  Phantasien  der  vorwissenschaft- 
lichen Zeit  erinnernd,  denen  aber  die  zusammenhängende,  streng  methodische 
Untersuchung  genügende  Garantie  der  Richtigkeit  oder  mindestens  Wahrschein- 
lichkeit gibt.  Für  das  germ.  ist  allerdings  die  Ausbeute  nicht  so  ergiebig 
wie  namentlich  für  das  griech.  Nach  einer  Seite  hin  läßt  die  Untersuchung 
eine  Lücke,  deren  sich  übrigens  der  Verf.  vollkommen  bewußt  ist,  vgl.  S.  2 
unten.  Statt  des  langen  a-Lautes,  unter  den  zunächst  alle  Fälle  zusammen- 
gefaßt sind,  wären  jedenfalls  eigentlich  mehrere  schon  im  idg.  qualitativ  und 
quantitativ  verschiedene  Laute  anzusetzen,  die  genauer  zu  unterscheiden  erat 
noch  eine  Aufgabe  der  weiteren  Forschung  sein  wird.  Übrigens  kann  loh  auch 
den  Zweifel  nicht  unterdrücken,  ob  diese  a-Laute  wirklich  als  Suffixe  zu  be- 
trachten sind  und  nicht  vielmehr  zur  Wurzel  gehören.  Ich  verweise  in  dieser 
Hinsicht  auf  meine  Anm.  zu  Beitr.  z.  Geschichte  d.  deutsch.  Spr.  u.  Lit. 
G,  118.  Auf  den  letzten  Theil  einzugehen,  der  sich  speciell  mit  griechischer 
Formenentwicklung  beschäftigt,  ist  hier  nicht  unsere  Sache.  Von  Einzelheiten 
bemerke  ich  noch^  daß  B.  das  ai  in  got.  vaia,  saia  mit  Holtzmann  als  t  faßt, 
eine  Auffassung,  der  ich  mich  noch  nicht  entschliessen  kann  beizustimmen. 
Die  Schwierigkeiten,  welche  die  Schreibungen  saijip^  saijands  in  den  Weg 
stellen,  werden  durch  die  Anm.  nicht  in  befriedigender  Weise  gehoben.  Und 
dann  bleibt  es  doch  immer  das  nächstliegende  das  i  mit  dem  westgermani- 
schen j  zu  identificieren. 

Es  folgt  eine  Abhandlung  von  Osthoff  Formenassociation  bei  Zahlwörtern 
(92 — 132).  Man  hat  schon  früher  gelegentlich  Beeinflussungen  beobachtet, 
welche  theils  verschiedene;  namentlich  benachbarte  Zahlwörter ;  theils  Ablei- 
tungen aus  einem  und  demselben  Zahlwortstamme  auf  einander  ausüben. 
Der  Verf.  stellt  hier  eine  ganze  Menge  derartiger  Fälle  aus  den  ältesten  wie 
den  jüngsten  Phasen  der  indogermanischen  Sprachen  zusammen,  zu  deren 
Annahme  jetzt  die  stricte  Observanz  der  Lautgesetze  zwingt.  Was  das  ger- 
manische betrifft,  so  ist  folgendes  auszuzeichnen:  fidvar  statt  *hvidvor  nach 
fimf  (S.  94);  saihM  wie  lat.  sex  aus  *8vekß  mit  Verlust  des  v  nach  sibun  (96); 
afiries.  achtunda  gegen  got.  ahtuda  nach  tibwnday  niugunda  (104).  Besonders 
hervorzuheben  sind  die  Ausführungen  über  das  b  in  aibun.  0.  zeigt  S.  97  ff., 
daß  die  Grundform  der  Siebenzahl  nicht  als  ^sapim  mit  Betonung  der  letzten  Silbe, 


246    UTTERATÜR:  B.  08TH0FF  ü.  K.  BRÜGMAN,  UNTERSUCHUNGEN  eie. 

sondern  als  *sdptm  wie  *ndvm^  *ddkm  anzusetzen  ist  Demgemäß  müßte  man 
nach  dem  Vemerschen  Gesetze  *stfun  erwarten.  Das  b  ist  von  der  Ordinal- 
aahl  mbunda  übertragen,  die  auf  eine  Grundform  ^saptmid-  zurückgeht  (131). 
Umgekehrt  ist  taihunda  statt  des  zu  erwartenden  *tigunda  an  taihun  ange- 
glichen. Dazu  bemerke  ich,  daß  die  ursprungliche  Form  der  Ordinalzahl  noch 
wirklich  vorliegt  in  alts.  tegothan  (Freck.)  neben  fekandon  (Hei.),  afries.  tegotha 
neben  tiandaj  ags.  ttogoda  neben  Uoda,  Auch  die  Erhaltung  des  auslautenden 
Nasals  in  «i&tcn,  ntun,  taihun  föhrt  0.  mit  Recht  auf  Einwirkung  der  Ordinal- 
zahlen sibunda  etc.  zurück  (130).  Daß  aber  gar  keine  andere  Einwirkung 
daneben  möglich  gewesen  wäre,  möchte  ich  nicht  mit  solcher  Bestimmtheit 
wie  er  behaupten.  Es  läßt  sich  jedenfalls  nicht  mit  Entschiedenheit  bestreiten 
and  ist  sogar  wahrscheinlich^  daß  es  bereits  urgerm.  flectierte  Formen  sihuni 
oder  wenigstens  tibunim  etc.  gab,  ohne  daß  wir  dieselben  darum  mit  der  sla- 
visch-Iitauischen  Flexion  in  Zusammenhang  bringen  müßten.  Die  Beispiele 
fiBr  Association  im  germ.  lassen  sich  übrigens  noch  vermehren.  So  ist  das 
-Oft  in  alts.  elleuan^  ags.  eUefan,  endleofan,  afries.  dlefa^  andlofa  (-a  =^  -an) 
angetreten  nach  tehan.  Altn.  dttandi  für  älteres  dtti  nach  niundi,  tiundi.  West- 
nord. ß6rdi  gegenüber  ostnord.  fjardi  verdankt  seine  Länge  der  Angleichung 
an  fjMvy  vgl.  Beitr.  z.  Gesch.  d.  deutschen  Spr.  u.  Lit.  6,  28.  Auch  altn. 
priggja  =  got.  prije  beruht  wohl  auf  Anlehnung  an  tveggja  =  got.  ivaddjt. 
Noch  manches  andere  liesse  sich  unter  diese  Kategorie  unterbringen. 

Osthoffs  Arbeit  greift  vielfach  über  ihren  eigentlichen  Gegenstand  hin- 
aus, indem  in  Anmerkungen  und  Excursen  wichtige  Lautverhältnisse  der  idg. 
Sprachen  erörtert  werden.  Ich  hebe  daraus  hervor  das  Lautgesetz,  wonach 
NasaÜB  sonans,  sofern  sie  im  idg.  betont  war,  im  skr.  und  griech.  nicht  a, 
sondern  <m  gibt  (98).  Als  germanischen  Vertreter  setzt  Osthoff  nach  dem 
Vorgange  Brugmans  in  an  im  Gegensatz  zu  dem  un,  welches  die  unbetonte 
Nasalis  sonans  vertritt  Diese  Auffassung  kann  schwerlich  gebilligt  werden, 
worüber  man  jetzt  Beitr.  6,  238  vergleiche.  Wichtig  sind  femer  die  Erör- 
terungen über  die  Vertretung  von  Nasalis  sonans  im  kelt  (eit,  em,  tn,  im, 
S.  105  ff,)  und  armenischen  {an^  S.  114  ff.)  vor  allem  aber  die  Mittheilung 
einer  zunächst  von  K.  Vemer  ausgehenden  Idee^  wonach  die  Entstehung  des 
arischen  c  und  j  auB  idg.  Ic^  und  g^  durch  einen  folgenden  hellen  Vocal  ver- 
anlaßt wird,  als  welcher  nicht  bloß  i^  sondern  auch  Brugmans  a|  =  europ. 
s  sich  erweist,  welcher  Laut  demnach  auch  in  den  asiatischen  Sprachen  min- 
destens eine  dem  s  nahekommende  Aussprache  gehabt  haben  muß  (116fi.  Anm.). 

Bmgman  handelt  S.  133 — 186  über  die  Geschichte  verschiedener  Per- 
sonalendungen. Er  beginnt  mit  einer  energischen  Abweisung  des  bisher  üb- 
lichen Verfahrens,  welches,  von  der  aprioristiBchen  Annahme  ausgehend,  daß 
die  Peraonalendungen  aus  den  uns  vorliegenden  Stämmen  der  Personalpro- 
nomina entstanden  seien,  sich  danach  die  Urformen  zurechtlegt,  ohne  sich 
daran  zu  stossen,  daß  man  bei  der  Herleitung  der  einzelsprachlichen  For- 
men mit  den  sonst  geltenden  Lautgesetzen  in  Conflict  gerath.  Er  verlangt 
im  Gegensatz  dazu,  daß  man  zunächst  von  allen  Theorien  über  das  ursprüng- 
liche Wesen  der  Personalendungen  absehe  und  zu  den  überlieferten  Formen 
der  Einzelsprachen  solche  Grundformen  suche  ^  aus  denen  sich  die  ersteren 
ungezwungen  ableiten  lassen.  Diese  zwanglose  Ableitung  erweist  sich  wieder 
nur  unter  der  Voraussetzung  als  möglich,    daß   man  die  mannigfachen  Asso- 


LITTEBATUB:  H.  OSTHOFF  U.  K.  BRUGBIAN,  UNTERSUCHUNGEN  etc.    247 

ciationen  beachtet ,  denen  die  PerBonalBiiffize  im  Laufe  ihrer  Entwickelung 
ausgesetzt  sind.  B.  schließt  sich  der  Ansicht  Scherers  an,  daß  der  Unter- 
schied der  Verba  auf  -o  von  denen  auf  -^i  in  Bezug  auf  den  Ausgang  der 
1  sg.  ind.  indogermanisch  sei  (S.  139  ff.).  Er  stützt  diese  Auffassung  durch 
genaueres  Eingehen  auf  die  Verhältnisse  der  einzelnen  Sprachfamilien. 

S.  187 — 206  wird  von  Brugman  der  Gedanke  ausgeführt  ^  daß  die 
arischen  Passivbildungen  mit  Suffix  -ya-  Denominative  von  den  Futurparticipiis 
auf  -ya-  sind. 

Den  Schluß  (20 7 --290)  bildet  eine  Untersuchung  von  Osthoff  Aber  den 
gen.  pl.y  erstens  im  idg.  und  zweitens  im  germ.  Im  ersten  Abschnitte  löst 
der  Verf.  die  lautlichen  Schwierigkeiten,  die  sich  bei  einer  Vergleichung  der 
Endungen  aus  den  verschiedenen  indogermanischen  Sprachen  ergeben,  durch 
folgende  Annahme:  die  Endung  ist  nicht,  wie  man  bisher  angesetzt  hat  -dm, 
.sondern  -am;  die  danach  ursprünglich  bestehende  Differenz  zwischen  den 
((-Stämmen  und  den  übrigen  ist  in  den  einzelnen  Sprachfamilien  durch  Aus- 
gleichung beseitigt,  indem  in  den  meisten  (so  auch  im  germanischen)  die 
Endung  der  a-Stämme  {-am)  den  Sieg  davongetragen  bat,  in  einigen  aber, 
sicher  namentlich  im  slavischen  die  der  consonantischen.  Im  zweiten  Ab* 
schnitte  wird  die  Doppelheit  6~^  im  gotischen  gen.  pl.  behandelt  Dies  gibt 
Veranlassung  zu  einer  Erörterung  des  gegenseitigen  Verhältnisses  von  anshw- 
tendem  6  und  i  im  allgemeinen  und  entsprechenden  Differenzen  in  den  übrigen 
Dialekten.  Der  Verf.  gelangt  zur  Aufstellung  eines  urgermanischen  Laut- 
gesetzes, dessen  Wirkungen  durch  mannigfache  Ausgleichungen  verwischt  er- 
scheinen, wonach  nasaliertes  6  durch  ein  vorhergehendes  j  (i)  zu  S  geworden 
ist.  Dies  ist  jedenfalls  ein  sehr  glücklicher  Gedanke.  Nur  hält  "Ret  eine 
Modification  und  Erweiterung  des  Gesetzes  für  erforderlich,  die  er  bereits 
Beitr.  zur  Gesch.  d.  deutschen  Sprache  6,  209  ff.  auszuführen  versucht  hat. 
Danach  ist  das  Gesetz  so  zu  fassen,  daß  überhaupt  jedes  lange  oder  kurze  o 
im  nrgermanischen  durch  vorhergehendes  j  oder  »  zu  e  gewandelt  ist  Be- 
sonders muß  noch  auf  einige  eingestreute  Anmerkungen  aufmerksam  gemacht 
werden,  in  denen  über  gewisse  Lautverhältnisse  AufiBchlüsse  von  grosser  Wich- 
tigkeit und  Tragweite  gegeben  werden.  S.  227  ff.  wird  das  Lautgesetz  auf- 
gestellt, daß  im  idg.  m  und  n  in  der  Flexion  nur  nach  G«räuschlauten  als 
Sonanten,  nach  Sonorlauten  dagegen  als  Consonanten  angetreten  sind.  Daraus 
erklärt  sich  im  frerm.  namentlich  die  1  sg.  ind.  prat  des  starken  Verbums: 
ursprünglich  *[§e]8cUttm  aber  *[he]barmf  daraus  ^saiu  —  bar  und  dann  mit  Aus- 
gleichung, worauf  wohl  die  schon  gleiche  3  sg.  mit  einwirkte,  scU  -=  bar. 
Ähnlich  im  acc.  sg.  fdtu  —  auh$an  etc.  8.  288  ff.  wird  nachgewiesen,  daß  in 
den  reduplicierten  Perfecten  von  kalda ,  haita  ^  auka  etc.  der  scheinbar  man- 
gelnde Ablaut  latent  enthalten  ist,  indem  nach  einem  durchgehenden  Gesetze 
'iie  Stellung  vor  Doppelconsonans,  respective  im  Diphthongen  die  Entfaltung 
des  Vocals  zur  Länge  (6)  verhindert  hat. 

Wir  scheiden  von  dem  Buche  mit  dem  Wunsche,  daß  der  zweite  Theil  bald 
nachfolgen  möge,  worin  Osthoff  eine  Arbeit  über  den  Bau  des  indogermanischen 
Wortes  in  Bezug  auf  den  Vocalablaut  zu  liefern  versprochen  hat  Eine  solche 
ist  im  Augenblick  gewiß  das  dringendste  Bedürfniss  der  indog^ermanischen 
Laut'   und  Formenlehre. 

FREIBURG  i  B.  2.  Decamber  1878.  H.  ] 


348  LITTERATUB:  J.  GROOf,  DEUTSCHE  BfTTHOLOOIB. 

Deutsche  Mythologie    von    Jacob    Grimm.    Vierte    Ausgabe,    besorgt    vob 
£.  H.  Meyer.  3  Bände.  8.  Berlin  1875—78.  Dümmler. 

Mit  dem  dritten  sehnsuchtsvoll  erwarteten  Bande  ist  die  vierte  Ausgabe 
von  Grimms  Mythologie  abgeschlossen.  Bd.  1  und  2  enthalten  einen  unver- 
änderten Abdruck  der  zweiten  Ausgabe;  doch  sind  die  Nachträge  derselben 
in  den  Text  eingereiht  worden^  ausserdem  ist  in  Klammem  durch  die  Be- 
zeichnung *  s.  nachtr.  auf  den  zu  erwartenden  dritten  Band  verwiesen.  Der 
Beichthum  der  Nachträge  ist  ein  staunenswerther ,  sie  umfassen  873  Seiten. 
Man  sieht  aus  ihnen,  daß  J.  Grimm  bis  in  die  letzten  Jahre  immer  noch  ge- 
sammelt haty  und  man  fühlt  ein  schmerzliches  Bedauern,  daß  es  ihm  nicht  ver- 
gönnt war,  eine  Neubearbeitung  seiner  Mythologie  selbst  noch  zu  vollenden. 
Ein  Benutzer  seiner  Ezcerpte  konnte  nicht  das  thun,  was  der  Meister  getban 
hätte:  diese  in  organischer  Weise  in  den  Text  verarbeiten,  denselben  theil- 
weise  auf  Grund  der  Nachträge  umgestalten,  die  oft  nur  in  einer  kurzen  Be- 
merkung angedeuteten  -Gedanken  weiter  ausfahren ;  der  Herausgeber  mußte  sich 
darauf  beschränken,  die  Masse  von  Citaten  und  Andeutungen,  Gedanken  und 
Einfölien«  je  nach  ihrer  Beziehung  zum  Texte  des  Handexemplars  [der  Ausgabe 
von  1844]  in  passende  Gruppen  zu  sondern  und  durch  die  blosse  Anordnung 
oder  auch  durch  ein  paar  erläuternde  und  verknüpfende  Worte  in  einen  ver- 
ständlichen Zusammenhang  mit  einander  zu  setzen.  Auf  die  Richtigkeit  der 
Citate  hätte  größere  Sorgfalt  verwendet  werden  sollen;  namentlich  sind  die 
romanischen  mitunter  recht  übel  weggekommen,  und  der  Herausgeber ,  der 
offenbar  vom  Altfranzösischen  nichts  versteht,  hätte  gut  gethan,  hier  einen 
Sachverständigen  zu  HUfe  zu  nehmen.  Ich  führe  beispielsweise  S.  12  an. 
Ein  noch  leicht  zu  entschuldigender  Fehler  ist  'Maßm.  Erad.'  weil  jeder  hier 
Eracl.^  erkennen  wird;  schon  weniger  leicht  ist  ^ds.  2,  50  zu  errathen,  was 
'is.  (d.  h.  Laßbergs  Liedersaal)  sein  soll.  Viel  schlimmer  steht  es  mit  den 
firans.  Citaten ;  ich  will  auf  voir  f^r  vedr  Z.  9  v.  u.  kein  Gewicht  legen ;  aber 
was  soll  man  zu  folgendem  Citate  sagen:  diex  la  puist  cradieu,  trat  t^etpee 
de  Um  fuerre  «*e«  porfen  iox  juwenterl  Berte  31 ;  woran  sich  2  Zeilen  nachher 
anschließt:  que»  eniraiüesl  Mdon  1,  310.  Die  beiden  Citate  sind  aber  so  zu 
schreiben:  diex  la  puUl  craventerl  Berte  31.  dieu  trai  t^etpte  de  Um  fuerre,  aes 
porfen  tos  juaqu'es  erUraiüee.  M6on  1,  310.  J.  Grimm  hat  diesen  Unsinn  gc- 
vriß  nicht  verschuldet!  So  ist  S.  352  eome  de  est  traite  Z.  15  v.  u.  de  verlesen 
für  ele,  wie  J.  Grimm  unzweifelhaft  richtig  geschrieben  hat. 

Sehr  erwttnscht  ist  der  Wiederabdruck  des  Anhangs  der  1.  Ausgabe, 
der  in  der  2.  und  3.  keine  Aufnahme  mehr  fand.  Der  lateinische  Segen,  der 
auf  der  letzten  Seite  in  der  Anm.  citiert  wird,  ist  nach  einer  Kölner  (Darm- 
städter) Hs.  des  9.  Jahrhs.  in  Mones  Hymnen  1,  367  herausgegeben  und  jüngst 
von  mir  (in  der  Zeitschrift  ftlr  romanische  Philologie  2,  212  ff.)  nach  seiner 
rhythmischen  Seite  besprochen  worden.'  Die  von  Grimm  angeführte  Cam- 
bridger Hs.  ebenfalls  aus  dem  9.  Jahr,  hat  das  besondere  Interesse,  daß  ihr 
eine  angelsächsische  Interlinearversion  beigegeben  ist ;  der  Name  des  celtischen 
Dichters,  Lathacan  in  der  Kölner  Hs.,  ist  hier  in  Loding  entstellt.  Für  den 
Anhang  scheint  übrigens  J.  Grimm  nicht  weiter  gesammelt  zu  haben;  die 
Äusserung  bei  Haupt  4,  581 ,  wo  er  von  dem  angeschwoUnen  Vorrath  des 
Aberglaubens  und  der  Segensformeln  spricht'  bt  nidit  so  zu  deuten,  als  wenn 


LITTERATUB;  PH.  STRAUCH,  ADELHEID  LANGMANN.  249 

die  Masse  des  von  ihm  selbst  excerpicrten  und  gesammelten  so  angeschwollen 
sei,  sondern  auf  die  reiche  Litteratur  von  Sammlungen  der  Volksüberlieferungen 
zu  beziehen,  die  in  den  vierziger  Jahren  anhebt.  Gewiß  würde  dies  alles 
vereinigt  allein  einen  starken  Band  und  mehr  ausmachen ',  es  ist  das  aber  wohl 
kaum  ein  Bedürfniss,  da  die  landschaftlichen  Sammlungen  jedem  Forscher 
leicht  zugänglich  sind.  Wichtiger  aber  und  wünschenswerther  wäre  der  Aus- 
bau des  Grimmschen  Anhanges  dahin ,  daß  alle  Segensformeln  ans  Hand- 
schriften des  Mittelalters  vereinigt  würden,  deutsche  und  lateinische.  Dann 
erst  würde  sich  zeigen,  wie  viel  Treue  und  Stätigkcit  diese  Formeln  in  der 
Überlieferung  zeigen,  wenn  man  sie  mit  den  heute  noch  umlaufenden  vergleicht. 
Wir  haben  jüngst  an  einem  Kinderspruch  (Germania  23,  343)  gesehen ,  wie 
diese  Art  von  Überlieferung  sich  treu  durch  mehr  als  vier  Jahrhunderte  er- 
hält; bei  den  Segcusformeln ,  bei  welchen  das  Volk  noch  viel  ängstlicher 
darauf  hält,  daß  ja  kein  Wort  anders  gesagt  oder  weggelassen  werde,  weil 
sonst  der  Segen  unwirksam  wird,  wird  sich  diese  Treue  noch  viel  mehr  heraus- 
stellen. Auch  das  ist  einer  der  vielen  Arbeitsstoffe;  an  dem  eine  jüngere 
Kraft  sich  mit  Erfolg  versuchen  kann.  K.  BARTSCH. 

Die  0£fenbarangen  der  Adelheid  Langmann,  Klosterfrau  zu  Engelthal.  Her- 
ausgegeben von  Philipp  Strauch.  8.  (XLII,  119  S.)  Straßburg  1878. 
Trübner,  (Quellen  und  Forschungen  XXVI.) 

Die  vorliegende  Publication  reiht  sich  an  die  Herausgabe  des  Büchleins 
von  der  Gnaden  Überlast  und  an  ähnliche  x.  Theil  noch  ungedruckte  Werke, 
wie  die  Offenbarungen  der  Christina  Ebnerin,  welche  Strauch  ebenfalls  her- 
auszugeben beabsichtigt.  Sie  alle  bilden  einen  anziehenden  Beitrag  zur  Ge- 
schichte des  Geisteslebens  im  14.  Jahrhundert.  Die  Visionen  der  Adelheid 
Langmann  sind  nur  in  2  Handschriften  (in  Berlin  und  München)  aufbewahrt, 
von  denen  Strauch  die  erstere  im  wesentlichen  zu  Grunde  gelegt  hat,  indem 
er  die  Aufzeichnung  in  M  fär  eine  mehr  geglättete  und  gleichmäßigere  ansieht. 
Nur  wo  B  duich  M  entschieden  emendiert  wird,  hat  er  sich  eine  Mischung 
beider  Texte  erlaubt.  Eine  fleißige  Zusammenstellung  des  Sprachlichen  bildet 
den  zweiten  Thcil  der  Einleitung,  Anmerkungen,  zu  denen  namentlich  Denifie 
beigesteuert  hat,  schließen  sich  dem  Texte  an.  Ein  paar  kleine  Bemerkungen 
seien  hier  angefügt.  Wenn  es  2,  19  in  B  heißt  Nu  hei  diseu  junge  wüwe  di 
ywonheü  an  »r,  H  alle  tage  nam  nben  scharf  discipline;  was  Str.  aufnimmt,  M 
dagegen  hat  doM  si  altag;  so  ist  ersichtlich,  daß  daz  durch  Versehen  des 
Schreibers  in  B  ausfiel,  und  M  das  richtige  bewahrt  hat.  Allerdings  braucht 
nicht  nothwendig  ein  Satz  mit  €laz  su  folgen,  sondern  parataktische  Form 
wäre  erlaubt,  aber  dann  müßte  es  in  B  hcissen  si  nam  alle  tage,  die  Trennung 
von  91  und  nam  zeigt  deutlich  den  Best  der  hypotaktischen  Form.  Unter  den 
syntaktischen  Erscheinungen  hätten  Ausdrucksweisen  wie  do  antwurt  fr  unser  herre 
im  gedanken  B,  3.  8  Erwähnung  verdient,  ainl^etusent  6,  5  kann  wegen  der 
Form  ainlefe  nicht  Compositum  sein,  sondern  muß  in  zwei  Worte  getrennt 
werden.  23,  30  nu  unrt  unser  herre  sein  trewe  ctuch  an  mir  brechen ,  B,  wo  M 
prechent,  richtig,  wie  sich  aus  24,  6  ergibt. 

Ein  kurzes  Reimgebet  ist  in  die  Prosa  eingefiochten  43,  27  ff.  Nicht 
unwahrscheinlich  ist  mir,  daß  auch  16,  25  zwei  Beimseilen  aDZunehoMSOL 


250    UTTERATUR:  PH.  WACKERNAGEL,  DA8  DEUTSCHE  KIRCHENLIED. 

leid  gerne  durch  mich. 

sich  was  ich  glitten  hon  durch  dich; 
denn  diese  .Anrede  Christi  kommt  in  ganz  ähnlicher  Fassung  auch  sonst  Tor. 
Auch  22,  1   stellen  sich  ein  paar  Reime  ein: 

und  wil  ewiciich  dor  inn  bleihen. 

ich  wil  dich  auch  in  mein  hertze  schreiben 
und  34,  1 

ich  wil  in  doch  etwaz  durch  dein  willen  geben, 

das  si  mir  iht  uf  heben. 
Das  Einflechten   gereimter  Stellen   kennen  wir   aus    den  Offenbarnngen 
der  Mechtild;    in  denen  der  Langmann  zeigt  es  sich  nur   im  Keime   und    in 
einzelnen  Spuren.  K.  BARTSCH. 

Das  deutsche  Kirchenlied  von  der  ältesten  Zeit  bis  zu  Anfang  des  XVII.  Jahr- 
hunderts. Mit  Berücksichtigung  der  deutschen  kirchlichen  Liederdich- 
tung im  weiteren  Sinne  und  der  lateinischen  von  Hilarius  bis  6eoi|; 
Fabricius  und  Wolfgang  Ammonius.  Von  Philipp  Wacker n  agcl.  5  Bände. 
Lex.  8.  Leipzig  1864—77.  B.  6.  Tcubner. 

Es  war  dem  greisen  Verfasser  nicht  mehr  vergönnt,  den  Abschluß  des 
letzten  Bandes  seines  Lebenswerkes  zu  t* rieben ;  doch  war  das  Manuscript  dasa 
vollständig  ausgearbeitet,  und  so  liegt  denn  jetzt  das  Ganze,  eine  Frucht 
treuesten  und  redlichsten  Sammler-  und  Forsch erfleisses,  vollendet  vor  uns.  Wa- 
ckemagels  Kirchenlied  wird  auf  Generationen  hinaus  die  unentbehrliche  Fundgrabe 
bleiben  fifir  alle,  die  auf  dem  Gebiete  der  älteren  kirchlichen  Ldederdichtnng 
arbeiten.  Wackeraagel  hat,  wie  er  schon  auf  dem  Titel  andeutet,  den  Begriff 
des  Kirchenliedes  auf  die  kirchliche  Liederdichtung  ausgedehnt  und  ebenso 
die  lateinische  Hymnendichtung  aufgenommen.  Letzteres  wird  sicherlich  nie- 
mand mißbilligen:  schon  deshalb  weil  ein  nicht  geringer  Theil  der  alten  Kir- 
chenlieder auf  lateinischen  Texten  beruht,  wird  man  der  Bequemlichkeit  wegen 
die  lateinischen  Originale  gern  an  der  Spitze  des  Werkes  sehen,  auf  welche 
in  den  folgenden  Bänden  immer  verwiesen  ist  Bedenklicher  ist,  auch  wenn 
man  den  Kegriff  Kirchenlied  nicht  allzu  enge  fassen  will,  die  Erweiterang 
des  deutschen  Programms.  So  beginnen  die  deutschen  Texte  mit  19  Nummern 
aus  Otfned.  Das  ist  kaum  su  billigen;  höchstens  hätten  diejenigen  Stöcke 
an^g^ommen  werden  können,  in  denen  0.  den  Refrain  anwendet,  die  er  also 
offenbar  zum  Singen  bestimmt  hatte.  Auch  die  massenhafte  Aufiiahme  von 
Sprüchen  der  Minnesänger,  die  über  religiöse  Dinge  handeln ,  die  aber  mit 
der  Liederdichtang  nichts  zu  thun  haben,  war  unnothig,  und  es  ist  dadurch 
der  ohnehin  so  bedeutende  Umfang  des  Werkes  ganz  unnütz  angeschwellt 
worden.  Zusätze  und  Berichtigungen  im  einzelnen  lassen  sich  in  grosser  An- 
zahl machen.  Die  Chronologie  und  Datierung  ist  oft  seltsam  und  wenig  be- 
gründet Ich  kann  hier  natürlich  nicht  das  ganze  Werk  durchgehen ;  ich  be- 
schränke mich  daher  auf  den  zweiten  Band,  welcher  das  Mittelalter  und  den 
Anfang  des  16.  Jahrh.  umfaßt.  Mit  welchem  Ghrunde  Nr.  45  (2,  44)  ins 
12.  Jahrh.  gesetzt  ist,  vermag  ich  nicht  einzusehen;  die  Hss.  gehen  nicht 
über  das  13.  Jahrh.  zurück  und  älter  ist  nach  Stil  und  Kunst,  diese  Bear- 
beitung des  51.  Psalms  sicher  nicht.     Unbenntit    und    unbekannt    geblieben 


LITTERATÜR:  PH.  WACKERNAGEL,  DAS  DEUTSCHE  KIRCHENLIED.     251 

ist  eine  Erlauer  HaDdachrift  des  1 4.  Jahrh. ,  welche  im  Anzeiger  för  Kunde 
der  deutschen  Vorzeit  1856,  101  erwähnt  wird.  Aach  Nr.  46  und  ff.  werden 
ganz  grundlos  ins  12.  Jahrh.  gesetzt.  Die  Conjectur  zu  47,  3,  1  wird  schwer- 
lieh  Beifall  finden.  Nr.  51,  bei  Wackemagel  einem  alten  Drucke  um  1470 
entnommen,  ist,  was  W.  entgangen,  nach  einer  Nürnberger  Handschrift  in 
meiner  Ausgabe  der  Erlösung  S.  LXVlJi  in  besserem  Texte  (rgl.  die  letzte 
Zeile)  gedruckt.  —  Nr.  54,  1  ist  natürlich  das  gynne  des  alten  Druckes  in  gym- 
me  {:  stijmme)  zu  verwandeln,  ein  Beweis,  daß  der  Drucker  ein  älteres  Ms. 
vor  sich  hatte,  das  er  nicht  verstand.  —  Nr.  57  war  nach  derselben  Münchener 
Handschrift  schon  in  K.  Roths  Denkmälern  S.  47  gedruckt  —  Nr.  58  ist  über- 
sehen, daß  diese  Bearbeitung  der  zehn  Gebote  sich  auch  in  einer  Wiener 
Handschrift  findet;  W.  hat  eine  Leipziger  und  eine  Münchener  benutzt.  — 
Von  Nr.  428,  der  Regenbogen  beigelegten  Veronica,  scheint  W.  nur  alte  Drucke 
zu  kennen;  er  gibt  den  Text  nach  einem  von  1497,  mit  Hülfe  der  verschiedeneu 
Handschriften  und  Drucke  wird  sich  ein  ungleich  besserer  Text  des  nicht 
uninteressanten  Gedichtes  herstellen  und  auch  endgültig  feststellen  lassen,* 
ob  die  Attribution  an  Regenbogen  berechtigt  ist  oder  nicht.  —  Die  aus  einer 
Dresdener  Hs.  des  15.  Jahrhs.  unter  Nr.  430  ff.  mitgetheilten  Meistergesänge 
gehören  sicherlich  erst  diesem,  und  nicht  dem  Anfang  des  14.  Jahrhs.  an, 
in  welches  sie  W.  (unmittelbar  nach  Regenbogen)  setzt.  —  Das  Gedicht  der 
sSle  wirdikeit  ist  Nr.  452  nach  der  Münchener  Hs.  cgm.  142  gegeben;  dabei 
aber  übersehen,  daß  das  Gedicht  auch  in  der  Handschrift  von  Alberts  Ulrich 
steht,  wonach  es  Schmeller  8.  VUl  hat  abdrucken  lassen;  die  Benutzung 
derselben  wäre,  abgesehen  von  ihrem  höheren  Alter,  schon  wegen  der  Lücken 
in  cgm.  142  nothwendig  gewesen.  —  Das  Gedicht  S.  Bernhards  Klage  (Nr.  454) 
ist  nach  meinem  Texte  (Erlösung  S.  225  ff.),  der  einer  Nürnberger  Hs.  ent- 
nommen war,  wieder  abgedruckt;  die  Existenz  zweier  anderer  Handschriften 
(in  München  und  Donaueichingen)  ist  mithin  W.  entgangen.  —  Nr.  456  war 
nach  derselben  Gießener  Hs.  schon  durch  Weigand  bei  Haupt  6,  480  ff.  her- 
ausgegeben worden,  was  Erwähnung  verdient  hätte.  —  Nr.  541  steht  nicht  nur 
in  der  Hs.  des  germanischen  Museums,  londem  auch  in  der  Wiener  2880 
(Hoffmann  S.  161)  und  war  darnach  durch  Kehrein  schon  1853  herausgegeben. 
—  Nr.  547,  vom  Mönch  von  Salzburg,  gibt  W.  nach  drei  Handschriften,  einer 
Wiener  und  zwei  Münchenei ;  unbenutzt  sind  geblieben  zwei  andere  Münchener, 
die  W.  nicht  gekannt  zu  haben  scheint,  und  vielleicht  eine  Klostemeuburger, 
die,  wie  ich  glaube,  das  Lied  auch  enthält.  —  Nr.  553.  554,  ebenfalls  von 
dem  Mönch,  steht  nicht  nur  in  den  vier  von  W.  benutzten  Texten  ^  sondern 
noch  in  vier  weiteren,  die  ihm  entgangen  sind.  —  Ganz  besonders  auffallend 
ist,  daß  W.  von  der  Existenz  des  Bruder  Hans  und  seiner  von  Minsloff  her- 
ausgegebenen, von  Bech  in  dieser  Zeitschrift  eingehend  recensierten  Gedichte 
gar  keine  Ahnung  zu  haben  scheint;  denn  er  druckt  8.  772  ff.  die  Gedichte 
des  Bruder  Hans  anonym  nach  einer  Kölner  Handschrift  ab;  und  selbst  die 
Schlußbemerkung  zu  Nr.  1023  'Hans  könnte  der  Name  des  Dichters  sein 
hat  ihn  nicht  auf  den  richtigen  Weg  gewiesen« 

Zu  tadeln  ist  femer,  daß  W.  die  Refrains  nicht  mitdmekt:  er  verweist 
sie,  als  wäre  es  etwas  was  nicht  zum  Liede  gehört,  unter  die  Schlußbemer- 
kungen. So  z.  B.  Nr.  1217  (wo  hinter  der  ersten  Zeile  der  zweizeiligen 
Strophe  Maria,   hinter  der  sKweiten  Nun  hilf  um  du  Jungfnmo  Maria  immer 


252    lilTTERATUB:  L.  BLUME,  DBEB  DEN  IWEIN  DES  HABTIIANN  Y.  AÜEL 

m  wiederholen  war.  Wenn  man  auch  nicht  bei  jeder  Strophe  den  Refirain 
abdrucken  lassen  wird,  so  gehört  es  sich  doch,  daß  wenigstens  in  der  ersten 
und  der  letzten  derselbe  in  den  Text  aufgenommen  wird. 

Gar  nichts  in  einer  Sammlung  von  Liedern  hat  Nr.  971  su  thun.  Denn 
das  bt  nichts  als  eine  wörtliche  Proeaübersetzung  des  Regina  coeli  laetare*, 
wie  man  aus  den  mangelnden  Reimen  deutlich  ersieht. 

Das  Quellen material  fOr  das  deutsche  Kirchenlied  ist,  wie  sich  beispiels- 
weise aus  vorstehenden  Bemerkungen  ergibt,  zwar  nicht  yollst&ndig,  aber 
doch  in  grosser  Fülle  von  W.  zusammengeh&uft.  Damit  ist  freilich  die  For- 
schung über  den  Gegenstand  keineswegs  abgeschlossen^  sie  hat  im  Gegentkeil 
an  vielen  Punkten  erst  recht  zu  beginnen.  Die  chronologische  Anordnung  be- 
darf vielfach  der  Berichtigung,  die  Texte  der  Verbesserung.  Eine  Menge  von 
Einzeluntersuchungen  lassen  sich  anknüpfen,  z.  B.  über  den  Mönch  von  Salz- 
burg, dessen  literarisches  Eigenthum  schärfer  zu  prüfen  und  zu  sondern  ist. 
Daß  Heinrichs  von  Laufenberg  Gedichte ,  deren  Originalhandschriften  leider 
1870  untergegangen,  durch  W.  zum  weitaus  größten  TheUe  aufbewahrt  sind, 
ist  kein  geringes  Verdienst  seines  Werkes.  Ja  man  möchte  wünschen,  er  h&tte 
von  diesem  für  das  Kirchenlied  so  bedeutsamen  Dichter  alles  abdrucken  lassen; 
wir  hätten  lieber  die  massenhaften  und  werthlosen  Abdrücke  aus  v.  d.  Hagens 
Minnesingern  entbehrt.  Jüngere  Germanisten  finden  in  W.'s  Werke  reick- 
liehen  Stoff  zur  Arbeit  und  Forschung,  den  sie  sich  hoffentlich  nicht  ent- 
gehen Ussen.  K.  BARTSCH. 


9ber  den  Iwein  des  Hartmann  von  Ane.  Ein  Vortrag  von  Ludwig  Blume, 
Professor  am  k.  k.  akademischen  Gymnasium  in  Wien.  Wien.  Alfired 
Holder  1879.  8.  31  S. 

Der  Verf.  dieser  kleinen  aber  gedankenreichen  Arbeit  ist  uns  bereits 
aus  seiner  vor  ftnf  Jahren  erschienenen  hübschen  Studie  über  'Das  Ideal 
des  Helden  und  des  Weibes  bei  Homer  mit  Rücksicht  auf  das  deutsche 
Alterthum'  (Wien.  Alfired  Holder  1874)  vortheilhaft  bekannt.  Diesmal  ist 
es  ein  Hauptwe^  des  höfischen  Epos,  der  Iwein,  den  er  zum  Gregenstande 
einer  eingehenden  Untersuchung  gemacht  hat,  die  für  Germanisten  wie  Ro- 
manisten gleiches  Interesse  bietet 

Ausgehend  von  der  Beobachtung,  daß  die  methodische  Durchforschung 
der  ritteriichen  Dichtungen  nach  ihrer  culturhistorischen  Bedeutung,  und  zwar 
nicht  bloß  in  Bezug  auf  das  Leben  einer  Nation,  sondern  in  ihrem  universal- 
historischen Zusammenhange,  noch  kaum  begonnen  ist,  ja  daß  die  einzelnen 
Werke  der  grossen  Dichter  selbst  mehr  auf  ihre  sprachliche  und  metrische 
aU  auf  ihre  künstlerische  Form  und  am  wenigsten  auf  ihren  Inhalt  hin  ge- 
prüft* sind,  und  daß  namentlich  die  sogenannten  Artusromane  in  dieser  Hin- 
sicht bisher  schlimm  wegkamen,  legte  er  sich  bezüglich  des  Iwein  die  Frage 
vor,  ob  sich  eine  grundlegende  Idee  erkennen  lasse,  auf  welche  die  ganze 
Composition  des  Gedichtes  Bezng  nehme,  und  wie  hienach  rücksichtlich  seines 
inneren  Gehaltes  der  poetische  Werth  des  Iwein  zu  bestimmen  sei . 

Entgegen  der  Ansicht  Lachmanns ,  daß  der  französische  Dichter  des 
Chevalier  au  Ijon  dem  deutschen  überall  nur  den  rohen  Stoff  gegeben  habe, 
ist  Blume,    der  selbst  eine  Arbeit  über  das  Verhältniss  Hartmanns  zu  seiner 


LITTERATUR :  L.  BLUME,  ÜBER  DEN  IWEIN  DES  HARTMANN  V.  AUE.    253 

Quelle  in  Aussicht  stellt,  Tielmehr  mit  GenriDUs  der  Ubeizeugaog,  daß  Hartmann 
rücksicblHch  des  Inhalts,  der  Idee  und  Composition  des  Iwein  dem  Franzosen 
so  gut  wie  alles  verdanke.  Was  er  also  von  Hartmann  sagt,  gilt  eigentlich 
vielmehr  von  Chrcstien  und  jener  ist  nar  deshalb  in  den  Vordergrund  gestellt, 
weil  die  Aufmerksamkeit  unserer  Literarhistoriker  zunächst  seinem  Werke  sich 
zugewendet  hat. 

Über  die  Idee  des  Iwein  sind  die  Ansichten  bekanntlich  getheilt.  Wäh- 
rend die  Mehrzahl  der  Kritiker  eine  durchgreifende  Idee  vermißt,  glaubte  Benecke 
eine  solche  in  den  einleitenden  am  Schluß  des  Granzen  wiederkehrenden  Worten 
von  8€elde  und  ire,  die  bei  Chrestien  fehlen,  zu  erkennen.  Allein  diese  Worte 
haben,  wie  auch  Blume  sieht,  mit  der  Idee  des  Iwein,  wenn  eine  solche  vor- 
handen ist,  nichts  zu  schaffen.  Richtiger  hat  Wackemagel  geurtheilt,  wenn  er 
'die  Kunst  bewußter  Aufstellung  und  Versöhnung  sittlicher  Gegensätze  nämlich 
der  Liebe  und  des  Heldentbumes  rühmt.  Hierin  sieht  auch  der  Verf.  den 
Wink,  der  längst  hätte  den  richtigen  Weg  zur  Erklärung  des  Iwein  sollen 
finden  lassen ,  und  diesem  Winke  folgte  er  selbst  im  wesentlichen  bei  seinem 
Versuche  eine  leitende  grundlegende  Idee  nachzuweisen. 

Nach  Blume  ist  der  eigentliche  Vorwurf  unseres  Gedichtes  gegeben,  in- 
dem Gawein  den  Helden  aus  dem  Zustande  seligsten  Glückes,  in  den  ihn  der 
Besitz  Laudinens  versetzt  hat,  aufrüttelt  und  an  die  Idee  mahnt,  der  sein  bis- 
lieriges  Leben  gewidmet  war,  die  Idee  des  Ritterthums.  Zwischen  dieser  Idee 
und  der  Liebe  kommt  es  nun  zum  Conflicte,  zunächst  in  der  Brust  des  Helden, 
dann  aber  auch  zwischen  Iwein  und  Laudine.  Denn  während  das  liebende 
Weib  nur  Liebe  ist,  und  wie  es  sieh  bedingslos,  selbstvergessen  hingibt,  auch 
den  ausschließlichen  Besitz  des  Geliebten  erwartet  und  fordert,  hat  es  für  den 
Mann  bereits  ehe  er  liebte  etwas  gegeben,  das  sein  ganzes  Wesen  in  Anspmch 
nahm:  die  Idee,  für  die  erlebt,  die  ihm  nicht  angeboren,  sondern  anerzogen 
ist^  deren  Dienst  ihm  die  heiligste  Pflicht  geworden,  die  jedoch  das  Weib, 
weil  es  nur  Natur  ist,  nicht  begreift  und  der  es  sich  deshalb,  da  von  dieser 
Seite  seinem  ausschließlichen  Besitze  des  Geliebten  Gefahr  droht,  feindselig 
und  eifersüchtig  gegenüber  stellt. 

Aber  freilich  dieser  Conflict,  der  überall  eintreten  müßte,  wo  die  Liebe 
Gelegenheit  findet  ihre  Rechte  uneingeschränkt  geltend  zu  machen,  wie  in  der 
Ehe,  wird  gemildert  durch  die  Liebe  des  Weibes  selbst  Aus  Liebe  zum 
Manne,  gegen  seine  Empfindung  und  Einsicht,  läßt  sich  das  Weib  zu  einem 
Compromisse  bereit  finden,  tritt  es  freiwillig  vor  der  Idee  zurück.  Aber  nicht 
für  immer.  Nichts  empfindet  es  schwerer  als  wenn  der  Mann  den  festgesetzten 
Zeitpunkt  seiner  Rückkehr  ans  der  Ideenwelt  in  die  Welt  der  Liebe  versäumt, 
wenn  er  vergißt  zurückzukehren.  Dann  flammt  die  Eifersucht  auf  und  kann 
wohl  Liebe  in  Haß  wandeln.  Darum  ist  es  nicht  Laune ,  sondern  tief  in  der 
weiblichen  Natur  begründete  Empfindlichkeit,  wenn  Laudine  es  mit  der  Iwein 
zur  Rückkehr  gesetzten  Frist  so  genau  nimmt,  und  da  er  sie  versäumt,  mit  ihrer 
Drohung  unversöhnlichen  Hasses  Ernst   macht  und    ihm  ihre  Liebe  aufkündet. 

Es  ist    ein  Problem  der  Ehe,  das  Blume  im  Iwein  vorgelegt  findet. 

Wie  aber  hat  es  der  Dichter  gelöst?  Der  Kampf  für  Lunete,  der 
Laudinens  sichtliche  Theilnahme  für  den  Unerkannten  weckt,  bereitet  die  Ver- 
söhnung wohl  vor,  kann  sie  aber  nicht  hitrbeifübren.  Iwein  scheidet  unerkannt. 
Erst  muß  er  durch  glänzende  Tbaten  die  Berechtigung  der  Idee«  der  ec  fAsaoL^ 


254    UTTERATUH:  L.  BLUME,  OBER  DEN  IWEIN  DES  HABTIIANN  V.  AÜB. 

Liebe  hintangesetxt  hat,  erweisen  and  so  die  Achtung  seiner  Fnn  nea  er- 
werben. Wie  aber  Chrestien  schließlich  die  Versöhnung  wirklich  hM-beifÜlirt. 
das  ist  ein  Kunstgriff,  keine  Losung.  Dies  ist  auch  offen  eingestanden  in  dem 
Bekenntniss  Laudinens,  weder  freiwillig  noch  durch  Zwang  hätte  sie  sieh  lar 
Versöhnung  bestimmen  lassen,  wenn  sie  nicht  der  Eid  bände.  Das  Probkn 
bleibt  ungelöst,  wie  Blume  meint^  entweder  aus  höfischer  Galanterie  wonadi 
das  Weib  zuletzt  recht  behalten  muß  oder  aus  einem  Bestreben,  das  für  die 
französischen  Dichter  auch  der  Gegenwart  fast  als  national  gelten  darf,  geist- 
reich zu  sein  und  dabei  nicht  tiefsinnig. 

Ich  habe  mich  im  Vorstehenden  bemuht,  den  Gedankengang  des  Verf.8  mog^ 
liehst  treu  und  in  seinem  Zusammenhange  erkennbar  darzulegen,  und  mich  dabd, 
soweit  es  nothwendig  schien,  seiner  eigenen  Worte  bedient.  Und  ich  zweifle  nieht, 
daß  der  Leser,  der  meiner  Darlegung  bisher  gefolgt  ist,  mir  beistimmen  werde, 
wenn  ich  Blumes  Auffassung  zum  mindesten  nachrühme,  daß  sie  geistreich  mid 
das  Ergebniss  ernsten  tief  eindringenden  Denkens  und  h'ebevoUer  VerseDkong 
in  den  Gegenstand  ist.  Für  den  Iwein  aber  könnten  wir  uns  nur  freuen, 
wenn  Blumes  Auffassung  richtig  ist;  und  nicht  nur  auf  das  einzelne  Gedicht, 
auf  die  gcsammte  höfische  Epik  und  die  höfische  Gesellschaft  des  Mittelalters 
würde  von  da  aus  ein  überraschendes  günstiges  Licht  fallen.  Ich  für  meine 
Person  bekenne,  nachdem  ich  Blumes  Ausfuhrung  wiederholt  gelesen  und  den 
Iwein  selbst  darauf  hin  wieder  durchgegangen,  daß  dieser  G«danke  für  mich 
etwas  sehr  ansprechendes  hat.  An  der  philosophischen  Formulirung  der  Idet> 
stoße  ich  mich  nicht.  Anders  sieht  und  spricht  der  Dichter  die  Idee  aus. 
anders  der  Kritiker.  Mag  sie  jenem  vielleicht  von  vornherein  in  concreter,  sinn- 
lich anschaolicher  Gestalt  vorschweben,  dieser  kann  bei  seinem  analjtischai 
und  nachconstmirenden  Verfahren  der  Abstraction  nicht  entrathen,  und  BegriflBi- 
schärfe  bt  bei  ihm  eine  wesentliche  Tugend.  Und  sollte  er  dabei  sogar  über 
die  bewußten  Intentionen  des  Dichters  hinausgehen,  darin  zeigt  sich  ja  bekannt- 
lich jedes  echte  Kunstwerk  in  gewissem  Sinne  unerschöpflich,  daß  es  über  den 
niehsten  beabsichtigten  Gebalt  hinaus  noch  auf  ein  weiteres  hindeutet  und  daß 
wir  bei  jeder  neuen  Betrachtung  etwas  Neues  entdecken.  Worauf  es  ankommt, 
ist,  daß  der  ganze  Gang  des  Gedichtes  sich  der  Idee,  welche  der  Kritiker 
darin  finden  will,  ohne  Zwang  füge.  Und  das  ist  bei  Blumes  Gedanken  in 
allem  wesentlichen  der  Fall,  mag  man  anch  über  Einzelheiten  vielleicht  anderer 
Ansicht  sein,  wie  denn  ich  selbst  z.  B.  über  den  Kampf  mit  dem  Riesen  am 
Morgen  vor  dem  Gottesgericht  über  Lonete  nicht  ganz  so  günstig  nrtheile  wie 
Blnme.  Auch  die  Parallele  mit  der  der  Weltliteratur  angehörigen  Geschichte 
von  der  treulosen  Witwe  und  mit  der  Werbung  Annas  durch  Richard  bei 
Shakespeare,  welche  Blume  heranzieht,  nm  das  Verhalten  Laudinens  gegen  Iwein, 
der  ihren  Gatten  erschlagen,  zu  rechtfertigen,  ist  zwar  zutreffend,  ob  aber  da- 
mit jeder  ästhetische  Anstoß  gehoben  ist,  darüber  Hesse  sich  doch  noch 
streiten.  Dies  alles  aber  berührt  die  Hauptsache  nicht,  und  darum  begnüge 
ich  mich  anch  anf  die  Parallele  mit  R.  Wagners  Lohengrin  nur  hinzuweisen. 
(S.  25  f.) 

Nach  einer  Richtung  aber  bleibt  die  Anerkennung  der  kleinen  Schrift 
sogar  nnabhängig  davon,  ob  man  ihrem  Hauptresnltate  zustimmt  oder  nicht. 
Das  ist  der  ganze  Geist,  aus  dem  die  Untersuchung  unternommen  ist  und  welcher 
sie  durchdringt.    Wir  werden  ans  wohl  hüten  aof  die  arbeitsvolle  Zeit,  welche 


MISCELLEN.  .  255 

die  altdentschen  DichtungeD  TorwiegeDd  auf  ihre  sprachlichen  und  metrischen 
Eigenthümlichkeiten  untersuchte  und  welche  sich  begnügte  sie  in  einer  der 
ursprünglichen  Form  möglichst  nahe  stehenden  Gestalt  der  Nachwelt  zu  übcr- 
liefern;  etwa  je  geringschätzig  und  undankbar  herabzusehen.  Aber  wir  werden 
auch  gut  thun  uns  zu  erinnern,  daß  jede  Dichtung  zunächst  bestimmt  ist  als 
Kunstwerk  aufgefaßt  und  genossen  zu  werden  ^  und  daß  alle  jene  hingebungs- 
volle Arbeit  ihrem  letzten  Zwecke  nach  doch  dem  poetischen  Verständnisse 
dieser  Werke  zu  dienen  hat.  Wie  weit  sie  eine  Prüfung  nach  dieser  Richtung 
zu  bestehen  Termögen,  ist  abzuwarten.  Wenn  wir  auch  die  Verurtheilnng ,  die 
so  viele  von  ihnen  getroffen,  bei  erneuter  gründlicherer  Prüfung  lediglich  zu 
unterschreiben  haben  sollten,  so  ist  der  Gewinn,  welchen  die  historische  Auf- 
fassung jener  ganzen  Zeit  nach  den  verschiedensten  Gesichtspunkten  aus  solchen 
Studien  ziehen  müßte,  an  sich  reich  und  lohnend  genug.  Und  darum  wollte 
ich  das  meine  beitragen,  daß  nicht  nur  der  hübschen  Arbeit  die  verdiente 
Theilnahme  werde,  sondern  daß  auch  die  anregende  Wirkung,  welche  der  Verf. 
wünscht;  zu  seiner  Freude  nicht  aasbleibe. 

PRAG,  23.  Februar  1879.  H.  LAMBEL. 


MISCELLEN. 


Aas  Rostocker  Handichriften. 

1. 
Dit  bet  scholtu  lesen  vor  enem  ghuden  ende. 

Grotet  sistu  leue  here  [ihesu  criste] 

dor  diner  leuen  moder  ere, 

slut  up  mjn  herte  unde  sin 

unde  lat  den  hillighen  gheyst  dar  in, 
5  de  myn  leoent  so  beware 

dat  id  an  der  enghele  schare 

ane  ende  vrolik  bliue; 

so  wan  myn  sele  van  desseme  lyne 

mot  na  dineme  bode  varen, 
10  so  motest  dn  se  here  bewaren. 

eja  here  ihü  crist^ 

de  du  en  schepper  aller  dinghe  bist, 

ik  bidde  di  dor  dinen  dot 

unde  dor  dine  groten  not, 
15  dat  du  mj  willest  gheuen 

en  so  dan  leuent 

dat  ik  to  diner  vorderen  haut 

mit  den  rechten  jummer  werde  bekant. 

in  den  suluen  standen 
20  wen  da  dine  wanden 


256  MISCELLEN. 

walt  toghen  oaer  uns  armen, 

80  lat  di  dat  vorbarmen 

oft  ik  gicht  hebbe  gbedan, 

seten  ghan  edder  atan, 
25  dat  wedder  dine  bolde  si: 

dat  vorghif  leue  here  my 

unde  lat  my  wesen  so  gheboren 

dat  ik  werde  myt  den  rechten  ghckoren 

de  dines  vederliken  (1.  vader  rikc) 
30  scbolen  besitten  ewicbliken. 

Eya  maria  maghet  rejne, 

sint  dy  god  dar  to  alleyne 

ut  alle  der  werlt  heft  ghekoren, 

dat  he  wolde  van  di  werden  gheboren, 
35  Da  bist  vul  odmodicheyt, 

thoghe  denne  dine  barmehartichheyt 

unde  wes  unser  armen  trost, 

dat  wy  van  p3men  werden  lost. 

lat  ans  des  ok  gheneten 
40  dat  da  bist  gheheten 

en  vroawe  boaen  allen  vroawen. 

ghif  my  myner  sunde  rouwen. 

ok  so  bidde  ik  di, 

dat  myneme  leuende  si 
45  [salicb]  en  salich  ende  io  jammer  bi. 

in  godes  namen.  Amen. 
Aus  der  Handschrift  IV.   1.  7   (perg.   14.  Jahrb.)  der  Kostocker  Univer 
sitätsbibliothek. 

2. 

In  hemmele  und  an  erden 
kan  nemant  recht  vrolik  werden 
ane  de  herten  reyne: 
de  moghen  syck  vrouwen  alleyne, 
5  wente  ewicb  scolen  se  schouwen 
Xpm,  se  syn  man  effte  vroawen. 
selich  is  de  doghentheyt, 
tucht  und  ere  io  besteyt. 
wor  de  lere  tnchtich  is, 
10  dar  is  god,  des  sy  ghewys. 

leve  is  eyn  metich   (1.  mechtich)  knith : 
wat  se  beroret,  dat  wart  trud. 
wyl  wy  uns  hir  in  leve  vorbyndcn, 
so  moghe  wy  uns  myt  gade  vynden. 
15  des  helpe  uns  Cristus  dorch  synen  doet, 
dede  uns  hefft  vorloset  uth  aller  no^t. 
Aus  Handschrift  IV.    1.   28,    vor    einer    niederdeutschen    Auslegung     des 
hohen  Liedes.  K.  BARTSCH. 


METRISCHE  BEMERKUNGEN. 


I.  Zur  Alliterationspoesie. 

Seit  dem  Erscheinen  von  F.  Vetters  verdienstvoller  Arbeit  «Zum 
Muspilli  und  zur  germanischen  Alliterationspoesie^  sind  5—6  Jahre 
vergangen ;  dieselbe  hat  auf  die  seitdem  erschienenen  metrischen  Unter- 
suchungen von  K.  Hildebrand  und  Ed.  Sievers,  von  M.  Rieger  und 
lUchard  Hörn*)  vielfach  anregend  eingewirkt;  natürlich  nicht,  ohne  im 
Einzelnen  Einschränkungen,  Widerlegung  oder  doch  Widerspruch  zu  er- 
fahren. Auch  bei  mir  hat  sich  im  Laufe  der  letzten  Jahre  eine  Summe  von 
Betrachtungen  und  Überlegungen  gesammelt,  die  im  Ganzen  und  Großen 
den  von  Vetter  eingeschlagenen  Weg  —  vor  Allem  seine  energische 
Opposition  gegen  die  Vierhebungstheorie  —  nur  bestätigen  können,  in 
Einzelheiten  aber  —  und  in  nicht  ganz  unwesentlichen  —  auf  eine  etwas 
andere  Formulierung  mancher  metrischen  Grundsätze  hinauslaufen. 
Der  Charakter  dieser  Neu-Formulierung  würde  sich  kurz  als  ein  Ver- 
folgen der  von  F.  Vetter  theils  zuerst  theils  wiederum  vertretenen  Auf- 
fassung des  germanischen  Versbaues  bis  zu  ihrer  theils  unvermeidlichen, 
theils  allein  genügenden  Consequenz  bestimmen  lassen.  Um  aber  zu 
diesen  Consequenzen  zu  gelangen,  muß  man  aufhören,  einerseits  die 
Vierhebungstheorie,  andererseits  den  Vers  von  zwei  Hebungen  als  a 
priori  gegeben  zu  betrachten.  Wenn  es  F.  Vetter  gelungen  ist,  die 
Vierhebungstheorie,  auf  den_Tod  zu  verwunden,  so  ist  es  ihm,  meine 
ich,  nicht  gelungen  fUr  den  Vers  von  2  (resp.  3)  Hebungen  überall 
die  wünschenswerthe  Beweiskraft  beizubringen**).  Gleichwohl  werden 
gewöhnlich  diese  Grundfragen  nicht  weiter  emsüich  erörtert,  man  be- 
ruhigt sich  bei  der  scheinbaren  oder  selbst  wirklichen  Übereinstimmung 
Mehrerer  in  solchen  Fällen  und  richtet  die  Untersuchung  mit  Vorliebe 
auf  Einzelheiten  des  Systems.    Auf  diese  Weise  kann  sehr  Beachtens- 


*)  Vgl.  Zachere  Zeitschrift  ErgSiunmgsb.  1874  (p.  74  fg.);  Zeitschrift  fOr  deut 
sches  Alterthnm  XIX,  43  fg. ;  Zachers  Zeitschrift  YD,  1  fg. ;  Paul  V,  164  fg. 
**)  Vgl.  auch  Bieger  a.  a.  O.  VII,  1. 
«EBMANU.  Nene  B«ihe.  HL  (XXIV.  Jahrg.)  Yl 


258  E.  WILKEN 

werthes  geleistet  werden;  schon  die  Fülle  des  zur  Besprechung  ge- 
brachten metrischen  Materiales  kann  unter  Umständen  sehr  dankens- 
werth  sein;  abschließend  und  erschöpfend  können  aber  derartige  Unter- 
suchungen solange  schwerlich  genannt  werden,  als  über  die  Funda- 
mentalfragen der  altgermanischen  Metrik  noch  immer  ^  und  wie  ich 
meine  mit  Recht,  gestritten  werden  kann.  Denn  bei  einer  anderen 
Beleuchtung  des  ganzen  Gebietes  erscheint  natürlich  auch  das  Ein- 
zelne oft  in  einem  ganz  anderen  Licht.  Sollte  es  überflüssig  sein, 
gerade  diese  Hauptfragen  noch  einmal  einer  kurzen,  aber  wie  ich 
hoffe  nicht  ungründlichen,  Erörterung  zu  unterziehen? 

^eger  ging  mit  Recht  von  Snorri's  leider  sehr  gedrängter  Be- 
handlung~der  Alliteration  in  Hdttatal  C^^7  aus.  Aber  so  gedrängt 
dieselbe  ist;  so  läßt  sich  gleichwohl  Mehr  daraus  lernen ,  als  bisher 
geschehen  zu  sein  scheint  Es  genügt  nicht,  das  dort  gebotene  Ma- 
terial exegetisch  zu  verwerthen;  man  muß  ebensosehr  das  dort  nicht 
Gesagte  beachten,  wenn  es  so  wichtig  ist,  daß  es  so  zu  sagen  zu 
unserem  metrischen  ABC  gehört.  Snorri  theilt  die  Strophe  in  4  Vier- 
telstrophen,  jede  Viertelstrophe  in  zwei  Sätze  (oder  Zeilen;  buchstäb- 
lich Strophen- Worte :  visuord),  flir  jeden  Satz  werden  sechs  Silben 
verlangt;  fiir  den  Stabreim  wird  im  zweiten  Satze  ein  Hauptträger 
(Hauptstab),  im  ersten  Satze  aber  ein  doppelter  Nebenstab  oder  zwei 
Stützen  (studlar)  verlangt.  Über  den  verschiedenen  Modus  bei  voca- 
lischem  und  consonantischem  Stabreim  wird  noch  kurz  gehandelt,  aber 
mit  keinem  Worte  der  Möglichkeit  —  geschweige  denn  der  Regel  — 
gedacht,  daß  ausser  den  gereimten  Stabwörtem  noch  andere,  neuer- 
f/^^  dings  so  genannte  ^reimlose  Stäbe^  vorhanden  sein  sollten.  Dies  Be- 
'  denken  wird  auch  dadurch,  daß  Snorri  zunächst  skaldische  Allitera- 
tionspoesie vor  Augen  hat,  in  keiner  Weise  erledigt;  dieser  strengere 
Kunststil  konnte  sehr  wohl  die  Forderung  von  6  Silben  für  jeden  Satz 
der  Strophe,  nicht  aber  die  Umgehung  des  rhythmischen  Gesetzes  von 
angeblich  stets  2  Hebungen  veranlassen.  Es  ist  klar,  daß  Snorri, 
der  C.  168 — 171  Beispiele  von  Fomyrdalag,  Bälkarlag,  Starkadarlag 
und  Ljödahattr  bietet,  mit  Bezugnahme  auf  seine  früheren  Angaben, 
fUr  dieselben  keine  wesentlich  andere  Auffassung  kennt  als  für  den 
Dr6ttkv«dr  hättr;  also  den  Satz  nur  in  Silben  theilt,  bei  den  Silben 
aber  (abgesehen  von  milfylling)  nur  die  Existenz  oder  Nicht-Existenz 
des  Stabreimes  in  Anschlag  bringt  und  von  einer  festen  Anzahl  geho- 
bener Silben  in  wenigstens  theilweiser  Unabhängigkeit  von  den  Reim- 
stabsilben sich  durchaus  Nichts  hat  träumen  lassen.  Und  doch  hätte 
eine  Technik,  die  sogar  die  früher  freigelassene  Zahl  der  Silben  eines 


METRISCHE  BEMERKUNGEN.  259 

Satzes  überhaupt  zu  fixieren  suchte,  sicher  ein  schon  bestimmtes  Zahl- 
verhältniss  der  Hebungen  nicht  fahren  gelassen*). 

£s  sträubt  sich  gewiß  etwas  in  uns  gegen  die  schwankende  Zahl 
der  Hebungen  von  1 — 2,  ja  in  den  längeren  Verszeilen  bis  3;  wir  ver- 
langen (um  mit  Rieger  zu  sprechen)  ein  festes  Gerüst  neben  der  zufölligen, 
willkürlichen  Umkleidung  derselben  durch  die  Senkungen.  Richtig  ist 
zwar,  daß  eine  Verszeile  ohne  Hebung  überhaupt  nicht  denkbar  ist, 
während  die  Senkungen  bekanntlich  in  der  freieren  Allit.-Poesie  alle 
fehlen  dürfen  —  aber  weiter  zu  gehen  sind  wir  mit  unserer  Ordnungs- 
liebe nicht  berechtigt.  Es  liesse  sich  im  Gegentheil  sogar  behaupten, 
daß  die  freie  Auffassung  der  Senkungen  eine  ähnliche  der  Hebungen 
voraussetze,  daß  auch  hier  kein  abstractes  Zahlenverhältniss  gelten 
könne,  daß  zwei  Hebungen  in  einer  Verszeile  recht  wohl  das  Gewicht 
einer  einzigen  in  einer  andern  Zeile  beanspruchen  dürften,  daß  schon 
die  Formel  2  -{-  1  hierauf  hinführe  u.  dgl.  m.  —  So  verzweifelt  ich 
auch  die  Amelungsche  Betonung  h^lägna  g§st  (bei  Zacher  HI,  282) 
als  Rettungsmittel  für  die  Lachmannianische  Vierhebungstheorie  be- 
trachte; das  Princip  einer  musikalisch-rhythmischen  Auffassung  auch 
der  Hebungen  muß  ich  als  durchaus  richtig  anerkennen.  Wie  wenig 
in  der  altnordischen  und  angelsächs.  Poesie  an  und  fiir  sich  die  Zwei- 
oder Vierhebungstheorie  begründet  ist,  folgt  schon  daraus,  daß  ein  so 
gründlicher  Kenner  derselben  wie  Rask  von  zwei  langen  Silben  (statt 
zwei  Hebungen)  sprach,  die  sich  in  der  Verszeile  des  Fornyrdalag  finden 
müßte.  Diese  Ansicht,  welche  einen  noch  engeren  Anschluß  an  die 
antike  Metrik  verräth  als  die  Lachmannsche,  bedarf  heutzutage  wohl 
keiner  Widerlegung,  unbefangene  Betrachtung  wird  einräumen,  daß 
die  Forderung  von  stets  2  Hebungen  kaum  minder  willkürlich  ist. 
F.  Vetter  war  S.  19  nahe  genug  Dasselbe  zu  sagen,  wo  es  heißt:  ge- 
eignet war  eine  bestimmte  Anzahl  von  Hebungen,  um  bei  einer  reicheren 
Gestaltung  der  Melodie,  beim  cantus  firmus  statt  des  bisherigen  Reci- 
tativs  u.  s.  w.  Gleichwohl  heißt  es  dann  S.  24:  wesentlich  für  die 
alliterirenden  Verse  sind  nur  zwei  gehobene  Silben.  Aber  warum 
zwei?  Ist  die  Stelle  aus  dem  ags.  Phoenix  (V.  667  fg.)  mit  den  latein. 
Versen  neben  den  angelsächsischen  etwa  dafUr  entscheidend?  Im  Gegen- 
theil wäre  eine  Betonung  wie  mör^ri  nur  bei  wirklichem  Gesänge  allen- 
falls   denkbar,    bei  recitativischem  Vortrage  ist  nur  mer^ri  oder  (dem 

*)  Vielleicht  ist  übrigens  die  Silbenzählang  in  der  Metrik  überhaupt  das  filtere,  | 
die  Licenz  der  Volkspoesie  jüngeres  Princip.    Vgl.  Scherer  zur  Qesch.  p.  159.  / 


260  B-  WILKEN 

Stabreime  zu  Liebe '^)  m^reri  denkbar,  ebenso  ist  aber  auch  die  Be- 
tonung })ät  ye  motan  her,  hafad  us  älyfed  rhythmisch  nicht  nur  voll- 
berechtigt, sondern  weit  wirksamer  und  wohltöoender  als  häfad  us 
adyfed,  })ät  ve  motan  hä:  —  welcher  Nachdruck  liegt  denn  auf  den 
Hilfszeitwort  hafad**)?  Ich  glaube,  wer  Betonungen  wie  kdmö  tiio^ 
härt6  wis^,  p6hh^s  pink  (Musp.  20—22)  ablehnt,  wird  überhaupt  einer 
Heranziehung  des  Tieftones  nicht  das  Wort  reden,  und  ebensowenig 
gawiirchknne  (Wess.  16),  ^omkhtig  (Hei.  31)  lesen  dtlrfen.  Der 
letzten  Kategorie  gehören  auch  die  zahlreichen  Composita  wie  Judeono 
liudio,  Ebreo-liudi  (Hei.  97,  104),  ellean-ruoba  (Hei.  69)  und  so  manche 
rhythmisch  völlig  gleich werthige  Verbindungen  an  wie  räd  burda  (71), 
LSvias  cunnes,  Jacobas  nenneas,  guodero  thiodo  (74 — 75)  u.  s.  w.  an; 
in  allen  diesen  Fällen  wird,  wer  nur  den  Versuch  macht,  statt  mit  dem 
Auge,  vielmehr  mit  dem  Ohre  über  metrische  Fragen  zu  entscheiden, 
einfach  durch  rhythmischen  Vortrag  sich  von  der  Berechtigung  der 
hier  vorgetragenen  Ansicht,  die  (wie  gezeigt)  mit  derjenigen  eines 
Snorri  identisch  ist,  überzeugen  können.  Allerdings  werden  hier  und 
da  einige  Worte,  die  grammatisch  betrachtet,  nicht  völlig  bedeutungslos 
sind,  sich  keiner  Hervorhebung  durch  den  Stabreim  erfreuen,  aber  ebenso 
imberechtigt,  wie  die  Forderung  einer  arithmetisch  feststehenden  An- 
zahl von  Stäben  (wenn  wir  nicht  nach  der  Formel  Snorri's  2  -f-  1  gehen, 
dann  aber  die  Silbenzahl  überhaupt  festsetzen  wollen),  ist  die  andere 
Meinung,  daß  der  Stabreim  überall  mit  der  logisch-grammatischen  Be- 
tonung sich  decken  müßte.  Letztere  Ansicht  weist  im  Principe  selbst 
Lachmann  (kl.  Sehr.  I,  139)  zurück,  wenn  er  im  Gegensatze  vom 
Endreim^  der  dem  Inhalte  diene,  von  der  Alliteration  rühmt:  ^sie  herrscht 
und  hebt  das  Einzelne  mit  wunderbarer  Kraft  hervor,  oder  wenn  er 
(S.  137)  nur  verlangt,  es  ist  natürlich,  daß  die  Buchstabenreime  „wo 
möglich''  auf  die  bedeutenderen  Wörter  fallen  müssen^.  Denn  bei 
einem  rhythmischen  Kunstmittel,  wie  dem  Stabreime,  ist  es  ja  von  vorn- 
herein gar  nicht  denkbar,  daß  dasselbe  mit  den  Interessen  der  gram- 
matisch-logischen Betonung  sich  überall  ohne  Weiteres  gedeckt  habe. 
Gerade  formelhafte  und  daher  füglich  wohl  als  alt  zu  betrachtende 
Wendungen  wie  on  })äm  dage  })ysses  llfes  Be6v.  197  fügen  sich  nicht 
immer  dem  grammatischen  Principe;  im  Anfange  der  frymskv.  (1,  3) 
müssen  wir  stns    hamars  (um    saknadi)  gegen    die   grammat  Geltung 


*)  Die  Anwendang  derselben  in  unserem  Falle  hat  natürlich   etwas   spielendes 
nnd  kfinstliches. 

**)  V.  668  wäre  anch  mötun  h6r  rhythmisch  allenfalls  denkbar,  aber  nicht  mOtun 
h4r,  wie  Vetter  ansetzt. 


METRISCHE  BEMERKUNGEN.  261 

des  Pronomens,  ähnlich  Vegtamkv.  13,  2  sem  ik  hugda  betonen,  wo 
wenigstens  kein  besonderer  Nachdruck  auf  dem  Pronomen  ruht.  Richtig 
ist  nur,  daß  die  germanische  Metrik  allerdings  einen  derartigen  etwas 
schroffen  Widerstreit  zwischen  logischem  und  metrischem  Accent  nicht 
gerade  liebt,  und  denselben  nur  ausnahmsweise  duldet.  Wer  möchte 
aber  leugnen,  daß  in  allen  solchen  Fällen  die  Ausgleichung  des 
Widerstreites  wesentlich  durch  schwebende  Betonung,  die  dem  einen 
Worte  ebenso  viel  nimmt  als  sie  dem  andern  über  das  gewöhnliche 
Maß  der  Prosa  zutheilen  muß,  erleichtert  wird,  daß  eine  Betonung  wie 
^k  hugda  fast  als  angenehme  Abwechslung  neben  dem  ek  hugda  der 
Prosa  klingt  (auch  nhd.  läßt  sich  ja  sagen :  wie  ich  dachte)  während 
ein  ^k  hugda  eine  selbst  flir  Prosa,  wie  vielmehr  für  ein  Becitativ  un- 
erträglich schwerfällige  Betonung  wäre?  Unter  dieser  Wucht  der  Be- 
tonung würde  namentlich  die  (kürzere)  ags.  und  an.  Verszeile  völlig 
zerdrückt  sein,  die  bekanntlich  oft  nur  4,  bisweilen  selbst  3  oder 
2  Silben  zeigt,  z.  B.  ä  Gimle  (Völ.  66,  4),  seomodon  Gen.  72,  fär  Noes 
ib.  1323.  -  Zweisilbige  Verse  sind  z.  B.  Häv.  75,  1 ;  Sigrdr.  37,  4.  — 
(Die  L.  E.  citiere  ich  nach  Hild.) 

Allerdings  aber  werden  wir,  wie  in  den  Fällen  wirklichen  Wider- 
streites mit  dem  Wortaccent  einen  Ausgleich  durch  schwebende  Be- 
tonung (die  eben  nur  durch  Zurücktreten  des  Wortaccentes  in  diesen 
Fällen  möglich  wird),  so  auch  dort,  wo  grammatisch  bedeutsamere 
Worte  im  Stabreime  nicht  zur  Geltung  zu  kommen  scheinen,  an  ein 
Verfahren  denken  dürfen,  wie  diesem  Ubelstande  in  etwas  kunstmäßigerer 
Weise  als  durch  die  unbedingte  Festhaltung  jedes  Hochtons  auch  als 
metrische  Hebung  abgeholfen  werden  könnte.  Dies  Mittel  liegt  bei 
der  ohnehin  zur  Amplification  neigenden  epischen  Ausdrucksweise  nahe 
genug,  es  beruht  in  der  Voraufnahme  oder  Wiederholung  desselben 
Begriffes,  der  in  einem  bestimmten  Verse  rhythmisch  ohne  Hervor- 
hebung bleiben  mußte,  sei  es  in  einem  voraufgehenden  oder  einem  fol- 
genden Verse.  Dabei  kann  natürlich  von  Synonymen  nach  Belieben 
Anwendung  gemacht  werden.  Als  Beispiel  fUr  die  Voraufnahme  dienen 
fg.  Fälle  aus  dem  Beövulf  (426-428): 

Ic  |>e  nn  pk, 
br^o  B^orhtdena  bfddan  ville 
^odor  SkyldiDga  ftnre  bdoe. 

Im  letzten  Verse  bleiben  zu  Gunsten  der  rhythmischen  Wirkung 
Skyldinga  sowie  b^ne  ungehöben,  unbeschadet  zugleich  des  gramma- 
tisch-logischen Gewichts  dieser  Worte,  da  für  Skyldinga  das  Synonym 
Beorhtdena  schon  dem  Ohre  rhythmisch  eingeprägt  ist    und    das    be- 


JtOJ)  B.  WILKKN 

Kriflfticko  Monunit  von  bonc  p^leichfalls  schon  in  dem  rhythmisch  ge- 
hoht^iuui  hiililun  dos  vorhorgohendeu  Verses  involviert  ist.  In  V.  428 
hntto  dor  Dichlor  dorn  Uodauken  nur  die  Nuance  „um  Eines^  noch 
«uOlKon  woUon;  um  dioa  poetisch  ausBudrUckeUi  war  zun&chst  der  Vers 
Aim«  b^no ,  dann  «ur  Completierung  auch  die  synonymische  Wieder- 
holuuK  von  hv\^f^\  IU^)rhtdona  nöthig.  (Qana  ähnlich  tritt  464  Ar-Skyl- 
diniia  als  Syaonym  «u  dem  Silddena  von  403,  um  einen  Reim  zu  fAwL 
«u  hildf>n*)  V^l  man  mit  V.  427 — 28  den  ähnlichen  Gedanken ,  wie 
«ir  Siitkv«  *k«  (A  1  ^^  bogognct,  so  ist  das  Verfahren  dort  ganz  analog, 
nur  ruht  d<ur  Maclidruck  dort  auf  der  «letzten^  Bitte.  —  Öfter  noch 
k^^iniut  das  oiustwcil«u  rhythmisch  vemachl&>sigte  Wort  in  einem  der 
t^^lTt^d^)  V<ur»o  tu  »«iuom  Rochto,  so  kann  madelode  499  ungehoben 
MtvibM) «  da  AOl  <vuband  b«adurüno  noch  deutlicher  den  B^riff  der 
(fifjudlioh  j;^4riohl<olcn')  Ked«  auj^drUckt.  Wenn  SOG  richtig  vunne  als 
VfNTMcldm^  );ih  man  kann  nämlich  das  Wort  auch  mit  dOT  verbinden 
^>  i«:  ^{^)<'4))aU$  ;»cbor,  daß  noben  den  beiden  hier  scharf  beUmtes 
JVr^WttW'Ä  IWvulf  XMui  Rivca  kein  andexej^  Wort  irgendwie  eine  rijtii- 
«aix'b^  H<^rv<vrb^kun4:  xvnrä^^  ohne  den  Wohllaut  des  Ver&es  za 
«uVhMUs  l>a»  in  xuium'  b<^ndo  B^^rnffEHiK^nent  wird  dann  aber 
KVs^PNmWjh  bi)iiy^u^b<ttd  ui^Mt.  Ebenso  braucht  546  cejildo»!  keäz» 
Tt^^dnai^o  Hf^Ktt;'^^^  wvil  die  ^,  äw>w  Verse  in  SynonyiiMai  den  Ob»- 
vrakttr  «^M^  \Vüt»(4ii»M:  pN&:^$^:&d  «nd  xaii  i^Ythsui^iwas  X&cbdz<Dc:kf  ^or- 
l^biv«^     IXuitfi^W  V<4^üLtita$äEi  Mi:t  »c^  uns   im  Hioazrd,   -Lztä  luLrisD 

ISaML  <^b»i^   Ni>ü;  ^«^  w<teii^4^^:n^^SM:»e    AinjCiäcasswiZ;   Sft^   eipiscbäL  Scika» 

^Kti^W^  ^{piriK^^iMftt  W^c:;i<*lfntü<  ztiniL  sitii^i  :jl  aar  Jii>  imJt 
4^Sis  \\*MOtt^  ;K«^  «-wwtn  ^:xr  iknMrarMtas  iiei4äia£äMiiL  k^izaiäi:.  -wm  aar 
tVi^)!!^   «aWd   «ATÜ   5«djir  mväk    £k   wx^Ik^   niiiäs^  Winifsnitümir;.. 

:i»*fr  inis^iiiss^o.  itts^tm.  Vuj>  saia.  jaitir  ikioic!:  luoiaL  oiiiL  irühiirtma  ^.i^ 
UMiriiiauv  inutuc  rj  *'ijawb*rj»m- W^wrmic  it  aar  jnirannsr  ^«mimamnc 
4u    4a^»«i*4»iaiiuu    ^ohitlufriua     üc..    irsmic  mst      niJ  f«  nsn  r'ixuoar 

9i6(M«ittr.  "V  4jpf  iunui»uii»a0«r  «omc::  ^üi^  ioaauisL  wm.  oia.  äsr  ä~ 


IfETRISCHE  BEMERKUNGEN.  263 

wundete  an  der  Spitze  seiner  Schaar  stand;  4877,  daß  er  Malchus 
hieß;  4878,  daß  er  an  der  rechten  Seite  und  zwar  (4879)  am  Ohre 
verwundet  ward.  Während  4880 — 82  die  Verwundung  dann  genauer 
in  ihrer  äusserlichen  Erscheinung  schildern ,  wird  im  Folgenden  noch 
die  Wirkung  auf  die  Zuschauer  der  Scene  uns  vorgeführt.  Die  schein- 
bare und  (in  gewissem  Sinne)  wirkliche  Weitschweifigkeit  dieses  Ver- 
fahrens zeigt  uns  nun  die  Kehrseite  jenes  von  Lachmann  gerühmten 
Vorzuges,  daß  der  Stabreim  das  Einzelne  wunderbar  hervorhebe,  er 
vermag  aber  zur  Zeit  immer  nur  Einzelnes  zu  urgieren,  und  muß  Eines 
nach  dem  Andern  unter  den  durch  den  Versbau  gegebenen  Bedingungen 
vorführen,  wenn  er  seine  Wirkung  erweitern  will.  Dem  Vortragenden 
bleibt  es  dann  überlassen;  durch  ein  rascheres  Hingleiten  über  die 
nur  aus  metrischen  Gründen  geforderten  Verstheile  der  Ermüdung 
des  Hörenden  vorzubeugen,  ja  vielmehr  durch  jenes  raschere  Tempo 
ein  Colorit  unruhiger  Erregtheit  über  die  betr.  Textstelle  zu  breiten, 
die  unter  Umständen  (so  gerade  auch  H51.  4874  f.)  natürlich  oder 
geradezu  nothwendig  ist.  Das  raschere  Tempo  läßt  auch  die  verschie- 
denen, durch  den  Reim  gehobenen,  begriflFlich  verwandten  Worte  sich 
wieder  näher  rücken  und  erleichtert  so  auch  dem  Hörer  ihre  Ver- 
knüpfung zu  einem  in  der  Vorstellung  abgeschlossenen  Gesammtbilde. 
Anschaulich  für  das  Verfahren  der  Alliterations-Poesie  ist  auch  der 
neuerdings  wiederholt  besprochene  Hymnus  Cädmons  in  nordhumbr., 
westsächs.  und  lat.  Aufzeichnung.  Die  letztere  ersetzt  (vgl.  Zupitza 
Zeitschrift  für  deutsches  Alterthum  XXH,  221)  mehrfach  2  oder  3  Sy- 
nonyma der  ags.  Fassung  durch  einen  lat.  Ausdruck,  weil  eben  nur 
die  ags.  Alliteration  zu  jener  Amplifikation  des  Stiles  geführt  hatte. 

In  der  abd.  Poesie  treflFen  wir  Ähnliches  an.  In  Wess.  6  (Müll.) 
könnte  man  sich  wundem,  cot  rhythmisch  ungehoben  zu  finden.  Er- 
wägt man  aber,  daß  ilmahtico  schon  als  ein  Synonym  dazu  gelten 
kann,  manno  miltisto  desgleichen,  so  schwindet  das  Bedenken.  Da 
V.  8  cöotliche :  cöt  rhythmisch  gehoben  erscheinen ,  liegt  sogar  eine 
Feinheit  darin,  daß  V.  6  sich  eine  andere  rhythmische  Aufassung 
findet.  —  Hild.  5  wäre  allerdings  „suert**  wohl  besser  rhythmisch  ge- 
hoben, als  gurtun;  man  muß  und  kann  aber  in  diesem  Falle  gürtun 
sih  (iro)  suert  ana  als  änen  Begriff,  als  ein  rhythmisches  Compositum 
ansehen,  welches  dann  richtig  auf  dem  ersten  Theile  betont  ist,  wenn- 
gleich diese  Voranstellung  des  Verbums  vor  das  Substant.  (ohne  Stab- 
reim) immerhin  dem  gewöhnlichen  Gesetze  metrischer  Wortstellung 
(vgl.  w.  u.)  nicht  entspricht.  —  V.  13  könnte  man  fragen,  warum  „al 
irmindeot^   in   rhythmischer  Senkung    steht.     Das  Object  des  Rennens 


264  £•  WILKEN 

ist  aber  schon  im  vorhergehenden  Verse  rhythmisch  betont:  ik  m!  de 
ddre  wSt;  das  dort  rhythmisch  vemachlftssigte  wdt  kommt  V.  13  in 
dem  synonymen  Ausdrucke  chüd  (is  m^)  zu  seinem  rhythmischen  Rechte. 
Auch  will  der  alte  Hildebrant  offenbar  nicht  sagen,  daß  ihm  das  ginae 
Menschenvolk  bekannt  sei;  al  irmindeot  steht  hier  ähnhch  abgeschwächt 
wie  etwa  im  Französ.  tout  le  monde.  ^  Daß  V.  14  (ähnlich  36,  45; 
vgl.  auch  7)  der  Name  allein  rhythmisch  gehoben  ist,  nicht  gimahalta, 
versteht  sich  so  zu  sagen  von  selbst;  ich  möchte  aber  nach  dem  G^ 
brauche  unseres  Liedes  denn  doch  nicht  das  im  H§L  so  häufige  quad 
he  (z.  B.  4821)  mit  M.  Rieger  ftlr  spätere  Zuthat  erklären ,  nur  bei 
rascherem  Wortwechsel  (vgl.  Hild.  58)  scheint  der  epische  Stil  die  An- 
deutung der  jedesmal  sprechenden  Person  als  unnöthig  oder  störend 
zu  empfinden.  Die  VV.  59 — 62  geben  schöne  Belege  ftlr  unsere  Auf- 
fassung. In  V.  59  ist  w^l  lustit  ein  rhythmisches  Compositum ,  ähn- 
lich unserem  nhd.  Subst.  Wollust.  In  V.  60  bleibt  gudeä  rhythmisch 
gesenkt,  weil  es  das  betonte  wiges  (V.  59)  nur  formell  wiederaufnimmt, 
gehoben  wird  hier  das  (eine  neue  Begriffsnüance  darstellende)  Adj. 
gimeinün.  —  Die  Worte  niuse  de  mötti  glaube  ich  auch  (vgl.  Rieger 
Germ.  IX,  310)  nur  als  eine  etwas  entstellte,  aber  der  as.  Formel  he 
niate  ef  he  moti  (Hei.  224)  entsprechende  Wendung  fassen  zu  dürfen*). 
Ist  dies  für  die  rhythmische  Auffassung  auch  anscheinend  irrelevant, 
so  ist  doch  in  diesem  Falle  die  Betonung  mötti  doppelt  gerechtfertigt, 
man  vgl.  nhd.  „Freue  sich  wer  kinn!*  —  Das  niuse  wird  dann  im 
Folgenden  näher  ebensowohl  grammatisch  wie  rhythmisch  erläutert, 
wo  nun  wiederum  muotti  (=  mötti)  unaccentuirt  bleibt,  weil  es  hier 
reines  EUlfszeitwort  ist.  Auch  V.  62  ist  briinnono  bödero  mit  Recht 
rhythmisch  gehoben,  weil  sowohl  die  Brttnne  als  Hauptstück  der  Beute 
wie  namentlich  die  Aussicht  auf  die  beiderseitige  Ausrilstung  für  den 
Sieger  noch  besondere  Hervorhebung  verträgt,  während  waltan  (weil 
nur  schwächeres  Synonym  fQr  sih  hruomen)  billigerweise  nur  die  Cadenz 
ftült.  —  Musp.  37  bietet  mit  der  Betonung  weroltr^htwison  eine  Aus- 
nahme von  meiner,  aber  auch  von  der  Vetter-Riegerschen  Auffassung. 
Offenbar  ist  das  Wort  für  die  regelrechte  Betonung  weroltrehtw.  zu 
\  schwer  und  lang  geworden,  wie  wir  im  Nhd.  jetzt  öfter  schon  bei 
dreisilbigen  Worten  zu  einer  ähnlichen  Tonversetzung  flüchten,  und 
z.  B.  (im  Hannoverschen)  Kreishaüptmann  für  Kreishauptmann  sagen. 


^)  Daß  far  mötti  im  folgenden  Vene  muotti  begegnet,  kann  bei  der  schwan* 
kenden  Schreibweise  des  Denkmales  (frdt6ro  8,  frote  16)  nicht  aoffaUen,  de  =  the 
as.;  ninse  snnSchst  -=  ahd.  niose.  (So  jetzt  auch  Sievers.) 


BfETBISCHE  BEMERKUNGEN.  265 

V.  38  kann  „pägan^  mit  Recht  verklingen,  weil  der  folgende  Vers 
auf  den  Kampf  noch  deutlicher  hinweist.  Ebenso  wird  46  pivallan 
durch  das  folgende  synonyme  sigalds  werdan  rhythmisch  vertreten. 
V.  50  ist  Eliases  pluot  als  rhythmisches  Compositum  zu  fassen.  Auch 
V.  51  fg.  (der  himil  noch  zu  V.  53  zu  ziehen)  ist  eine  zwar  massige, 
aber  noch  nicht  ganz  gesunkene  Technik  zu  finden.  In  Anfang  und 
Schluß  der  Schilderung  werden  Substantiv  und  Verbum  gleichmässig 
gehoben;  in  der  Mitte  entweder  nur  die  Substantiva  (^rdu :  ahä  52, 
mäno :  mittilagart  54)  oder  zwei  begriffiich  verwandte  Verba  (farswil- 
hit  sih :  swilizöt  53)  rhythmisch  gehoben ,  vgl.  jedoch  noch  w.  u.  — 
Aus  Stellen  wie  H^l.  2593  (wo  das  zunächst  rhythmisch  gesenkte  erda 
2595  im  folgenden  Verse  synonymisch  durch  allaro  bewo  bredöst  mit 
rhythmischer  Hebung  wiederholt  wird)  oder  3700  fg.  läßt  sich  die  kunst- 
massigere,  freilich  etwas  compliciertere  Behandlung  derartiger  Schilde- 
rungen im  Hei.  erkennen ;  wenn  3701  afstät  rhythmisch  gesenkt  bleibt, 
so  liegt  die  Erklärung  wohl  darin,  daß  „ni  afstdt  nigcn^  hier  nur  den 
in  f^Uiad  schon  rhythmisch  accentuierten  BegriflF  variiert,  während 
Musp.  55  st§n  ni  gist^ntit  noch  mäno  vallit  sich  in  einer  andern  Lage 
befindet*).  Man  sieht,  wie  auch  hier  der  Wechsel  der  Betonung 
keineswegs  auf  Willkür  beruht.  Die  herrschende  Ansicht  (vgl.  z.B.  Hein- 1 
zej,  Über  den  Stil  der  altgerman.  Poesie  p.  4,  5)  vermag  in  der  Häufung  [ 
der  Synonyma  lediglich  ein  pathetisches  Moment  zu  erkennen,  fdr  j 
sie  ist  pehhes  pina  Musp.  22  lediglich  ein  Schmuck,  eine  Wiederholung/ 
von  hella  fiiir  in  V.  21.  Wie  anders,  wenn  wir  in  21  h^Ua  fuir,  in  22 
pehhes   pina  lesen  —  da  ist  nichts  Überflüssiges  mehr. 

Nicht  ganz  analog  ist  das  Verhältniss  in  der  an^_AUiterations£oesie. 
Hier  hat  schon  die  feststehende  Strophenform  einen  etwas  gleich- 
massiger  gemessenen  Vortrag  der  einzelnen  Verszeilen  erfordert,  als 
dies  bei  der  stichischen  Poesie  der  Hochdeutschen,  Sachsen  und  Angel- 
sachsen, die  ich  mir  (mit  Vetter)  nicht  gesungen,  nur  im  freieren  Re- 
citativ  vorgetragen  denke,  der  Fall  war.  An  wirklichen  Gesang  ist 
zwar  nach  Dem,  was  wir  über  die  Vortragsweise  der  färöischen  Lie- 
der, der  jetzt  ausgestorbenen  isländischen  Tanzweisen  u.  s.  w.  wissen, 
auch  bei  den  Edda-Liedern  schwerlich  zu  denken,  immerhin  gebietet 
schon  die  nahe  Verwandtschaft  zu  der  silbenzählenden  skaldischen 
Poesie  hier  an  eine  etwas  weniger  freie  Behandlung  der  Senkungen 
zu  denken,  die  im  Heliand  gar  nicht  selten  die  Zahl  von  8  erreichen, 


*)  Auch    ersieht   man    leicht,   daß   in  afstad  der  Beimstab  der  nächsten  Zeile 
schon  vorspielend  anklingt,  vgl.  Vetter  8.  60  %• 


266  ^  WILKEN 

ja  überschreiten*).  Rein  äosserlich  pflegt  man  die  Sache  so  darsu- 
stellen^  daß  die  an.  Alliterationsverse  kürzer  seien;  in  der  Thai  kommt 
namentlich  in  dem  sehr  leicht  wirksam  zu  behandebiden  Lj6Aahittr 
selten  ein  grammatisches  Begrififswort  rhythmisch  zu  km*z^.  Schon 
eher  ist  dies  bei  dem  (öfter  sogen.)  kviduhdttr  der  Fall,  obwohl  auch 
hier  meistens  die  in  rhythmischer  Senkung  stehenden  Silben  sich  theik 
proklitisch,  theils  enklitisch  oder  als  rhythmische  Composita  der  Stamm- 
silbe ungezwungen  anschliessen.  Als  ein  Beispiel  von  schon  unge* 
wohnlich  schwerem  Ictus  war  mir  seit  Jahren  der  Schluß  von  Big. 
sk.  27  auffällig: 

ein  veldr  Brjmhildr 

ölla  boM. 
*  * 

Hier  kann  nämlich  der  Name  Brynh.  keineswegs  für  gleichgiltig 
gerechnet  werden,  wie  viel  leichter  in  rhythmischer  Hinsicht  wäre: 

einn  veldr  Aili  u.  w. 

War  der  Name  Brynh.  aber  gegeben^  so  war  es  einmal  möglich 
nach  der  mehr  sttdgermanischen,  aber  doch  auch  im  Norden  durchaus 
nicht  unerhörten  Weise  der  Amplification  des  Ausdruckes  (vgl.  z.  B. 
Sigkv.  65,  1—4)  etwa  zu  schreiben: 

Brynhildr  hefir  |  Büdia  döttir 
Ein  um  valdit  |  611a  b^lvi 

oder  es  muß,  da  Brynhildr  hier  schwerlich  in  rhythmischer  Senkung 
stehen  darf,  in  Brynhildr  und  b^lvi  ein  zweiter  Reimstab  angenommen 
werden.  Einen  solchen  bin  ich  aber  (mit  R.  Hom  a.  a.  O.  p.  166)  in 
der  Regel  nur  als  zufalligen,  eher  gemiedenen  als  gesuchten  rhyth- 
mischen Schmuck  anzuerkennen  geneigt.  Sobald  man  nämlich  sich 
klar  macht,  daß  der  Stabreim  dem  Verspaare  seinen  Stempel  auf- 
drücken soll,  so  ist  noth wendige  Folge,  daß  in  der  Regel  auch  hier 
die  homerische  Ansicht,  daß  nur  Einer  das  Regiment  fahren  soll,  am 
Platze  ist.  Zwei  verschiedene  Stabreime,  die  bei  Neueren  (z.  B.  W.  Jor- 
dan) geradezu  beliebt  scheinen,  geben  einerseits  dem  Verspaare  eine 
gewisse,  nur  hier  und  da  angebrachte  sinnliche  Weichheit,  und  ver- 
wirren leicht  das  rhythmische  Gehör,  das  nur  nach  äner  Richtung  hin 
angeregt  oder  bestimmt  zu  werden  wünscht  Daß  Snorri,  der  sogar 
die  öftere  Wiederholung  derselben  Reimbuchstaben  als  nach  der  Formel 
2+1  fehlerhaft  findet,  und  nur  bezg.  der  vocalischen,  so  viel  leichter 

*)  Die  Zahl  9  findet  sich  s.  B.  3769  H.,  wo  ich  nur  wi(he)  als  Hebang  gehen 
lasse.  Aber  wir  sprechen  nhd.  selbst  11  Senkungen  neben  einer  Hebung  unanstössig, 
X.  B. :  uuvorhergesehenerweise  thit  ich  dies. 

**)  Daß  ich  auf  rhythmisch  rohe  Gedichte  wie  Harbij.  oder  einzelne  comipte 
Stellen  anderer  Lieder  nicht  eingehe,  liegt  nahe. 


METRISCHE  BEMERKUNGEN.  267 

wiederkehrenden,  Alliteration  als  noth wendiges  Übel  duldet,  die  An- 
wendung zweier  verschiedener  Stäbe  geradezu  perhorresciert  haben 
würde,  liegt  auf  der  Hand.  Wir  haben  uns  aber  doch  auch  vor 
allzu  ängstlicher  Auffassung  derartiger  Regeln  zu  hüten*).  —  Wo 
der  Hauptgrund  des  Bedenkens  gegen  den  Doppelreim  insofern  zu- 
rücktritt, als  der  eine  von  beiden  Stabreimen  sich  doch  als  der  eigent- 
lich herrschende  darstellt,  der  andere  nur  als  ein  Hilfsstab  sich  daneben 
stellt  —  und  dies  kann  doch  wohl  auch  von  Sigkv.  27  ex.  gelten,  wo 
auf  ein  ein  sehr  starker  Ictus  fkllt  —  da  ist  die  Anwendung  und  zwar 
gerade  als  Ausnahme  neben  der  Regel  gestattet,  denn  variatio  delectat 
wie  im  Leben  so  in  der  Kunst.  Allerdings  gibt  es,  glaube  ich,  noch 
eine  andere  Möglichkeit,  ein  logisch  gewichtiges  Wort  ohne  Anwendung 
des  Stabreimes  überhaupt  gleichwohl  rhythmisch  zu  accentuieren.  Hier 
muß  aber  zunächst  die  Bedeutung  der  Wortstellung  im  Alliterationsverse 
überhaupt  skizziert  werden,  über  die  Hildebrand  a.  a.  O.  S.  114  fg., 
Sievers  S.  47,  Rieger  S.  18  fg.,  R.  Hom  S.  175  im  Allgemeinen  zu 
ähnlichen  Resultaten  gelangt  sind.  Überall  zeigt  sich  dabei  freilich 
ein  Ausgehen  von  grammatischen  Kategorien,  die  den  alten  Epikern 
schwerlich  bereits  geläufig  waren.  Es  wird  daher  erlaubt  sein^  die- 
selben Resultate  unter  etwas  anderer  Beleuchtung  vorzuführen**).  Am 
meisten  kommen  fUr  den  Stabreim  Nominalbegriffe  in  Betracht.  Ste- 
hen Subst.  und  Adj.  zusammen,  so  pflegt  (wenn  nicht  Beide  am  Stab- 
reim theilnehmen)  das  Adj.  bevorzugt  zu  werden,  d.  h.  voranzustehen 
und  den  Stabreim  zu  tragen.  Es  bildet  sich  so  ein  rhythmisches  Com- 
positum, das  ganz  analog  dem  grammat.  Comp.  (z.  B.  Großknecht) 
behandelt  wird.  Sogar  ein  Eigenname  kann  enklitisch  einem  voran- 
stehenden  Adj.  folgen,  wie  säncta  Hierusalcm  Cyn.  Crist.  50  und  sdncta 
Maria  ib.  88  zeigt;  vgl.  franz.  Saint- Pierre  =  St.  Peters  Dom.  Das 
Adj.  bringt  das  unterscheidende  Moment  hinzu,  dies  wird  logisch  und 
meist  auch  rhythmisch  bevorzugt.  Solche  Adj.  dagegen,  die  häufig 
und  ohne  besonderen  Nachdruck  gebraucht  mehr  als  epitheta  ornantia 
y' gelten  (vgl.  Hßrn  S.  177),  können  sich  enklitisch  dem  gehobenen  Sub- 

*)  Ich  kann  hier  gelegentlich  auf  die  Schrift  des  durch  seine  Arbeiten  auf  dem 
Gebiete  der  antiken  Metrik  wohlbekannten  W«  Brambach:  Über  die  Betonungsweise 
in  der  deutschen  Lyrik  (Leipzig  Teubner  1871),  und  lieber  auf  die  ganze  Schrift  als 
eine  einzelne  Stelle  derselben  verweisen,  da  sie  mit  aller  Feinheit  der  Beobachtung 
auch  jenen  freien  Blick  verbindet,  den  die  sonst  so  fleissigen  metrischen  Untersuchungen  ] 
von  germanistischer  Seite  so  hftufig  vermissen  lassen. 

**)  Ausserdem  kann  ich  meinerseits  natürlich  von  reimlosen  Hebungen  nicht 
reden,  da  sich  der  in  rhythmischer  Senkung  stehende  Hochton  eines  Wortes  kaum 
von  den  übrigen  Senkungen  unterscheidet 


268  E.  WILKEN 

Btantive  anschliesseD,  einzelne  (wie  allr^  margr,  engl  im  Altnord., 
Hild.  115)  sogar  prokiitisch  voraofgehen.  Zahlworte  sind,  wenn  (wie 
gewöhnlich)  die  Zahl  mit  Nachdruck  genannt  werden  soll,  vor  dem 
Substantiv  bevorzugt,  Ausnahmen  in  Fällen  wie  twenie  m&a^  twe  wff| 
})ridda  Misael  hätten  von  Rieger  (S.  20)  nicht  anstössig  genannt  werden 
dürfen y  der  Unterschied  der  Betonung  ist  wie  in  nhd.  Wendungen: 
ich  wünsche  ein  Pair  (=  zwei)  Handschuhe  —  ein  paar  Rndben  spielten 
auf  der  Strasse;  oder:  zum  dritten  und  letzten  Male  —  drittens  H^o, 
viertens  Hafer  u.  s.  w.  —  Das  unbetonte  Adj.,  Zahlw.^  Pronomen  vor 
dem  Subst.  vertritt  auf  dem  Gebiete  rhythmischer  Composition  Das, 
was  die  tonlosen  Präfixe  in  der  gramm.  Composition  darstellen^  z.  B. 
in  ahd.  unubarwüntan.  —  Bei  der  Verbindung  zweier  Subst  geht  die 
rhythmische  Compos.  auf  Verbindungen  wieSünon  Petrus  (vgl.  Hom  178) 
entsprechend  etwa  unserem  nhd.  Hansjäcob  unbedenklich  ein.  —  Wo 
genetivische  Verbindung  zweier  Subst.  begegnet|  ist  von  Sievers  S.  48 
allerdings  nach  Analogie  der  grammat.  Compos.  ein  beständiger  Vor- 
gang des  Genetivs  gefordert,  wogegen  Hom  S.  175  sich  nicht  ganz 
ohne  Grund  ausspricht^  so  wenig  der  dort  eingenommene  Standpunkt 
sich  übrigens  mit  dem  meinigen  deckt'*').  Die  von  Rieger  S.  19  ge- 
gebene Regel  glaube  ich  nun  (auf  Subst.  beschränkt)  meinerseits  so 
fassen  und  zugleich  erläutern  zu  können:  Verbindungen  zweier  Sub- 
stantiva^  deren  eines  im  Gen.  steht,  werden  immer  nach  Analogie  der 
grammatischen  Compos.  behandelt^  aber  mit  jener  Freiheit,  die  das 
Wesen  der  rhythmischen  Compos.  gestattet  Es  ist  daher  nicht  nur 
gödes  Word  (==  Götteswort),  sondern  auch  w6rd  godes  (=  das  Wort 
Gottes),  aber  wohl  nicht  word  g6des  (zu  Hei.  2  vgl.  jetzt  Sievers)  ge- 
stattet, weil  die  Betonung  eines  C!omp.  der  Regel  nach  nur  auf  dem 
ersten  Theile  richtig  ist. 

Scheinbare  Ausnahmen  war  Rieger  um  so  mehr  berechtigt ,  un- 
berücksichtigt zu  lassen^  als  man  bei  einer  im  Ganzen  so  freien  Dicht- 
weise wie  der  nicht  skaldischen  Alliterationspoesie  immer  auf  einzelne 
Nachlässigkeiten  gefaßt  sein  muß.  Die  Regel  zeigt  namentlich  deut- 
lich, wie  schon  Vetter  S.  47  hervorhob,  das  ags.  Epos  in  Betonungen 
wie:  Beövulf  madelode ,  b^arn  Ecg^eöves  neben  Hünferd  mad.,  EcglA- 
fes  beam  oder  Vigläf  mad.  Vihstänes  sunu  (3076),  Hrodgär  mad., 
h^lm  Scyldinga  (371)^  die  zu  constant  sind,    um  irgend  einen  Zweifel 


*)  So  richtig  Hörn  die  AdaL  grammat.  Compos.  and  rhythmischer  Wortfolge  im 
Allgemeinen  beortheilt,  so  findet  derselbe  gleichwohl  eine  Betonangsrerschiedenheit 
derselben  Formel  unter  dem  Einflasse  der  Alliteration  nnglaablich! 


METRISCHE  BEMERKUNGEN.  269 

zu  gestatten.  Freilich  weicht  meine  Auffassung  von  der  Vetters  und 
Riegers  insofern  ab,  als  ich  in  b^am  Ecg^e6ves  nur  eine  Hebung  (auf 
b^am)  anerkenne.  Logisch  ist  ja  freilich  in  allen  diesen  Fällen  der 
Eigenname  (des  Vaters,  des  Volkes)  gewichtiger,  und  Betonungen  wie 
Viglaf  mad.,  Vihstänes  s.  müssen  als  die  „idealen"  (so  zu  sagen)  gelten; 
und  daß  hier  sunu  ganz  suffix-ähnlich  sich  verhält,  zeigt  die  neuere 
(namentlich  nordische)  Sprache  in  Bildungen  wie  Petersen,  Jörgen- 
sen  u.  s.  w.  Nicht  immer  läßt  sich  jedoch  das  Ideal  des  Einklanges 
rhythmischer  und  logischer  Betonung  verwirklichen,  nur  „gewöhnlich**, 
wie  schon  Lachmann  meinte.  Die  Ausnahme  ist  hier  insofern  auch 
völlig  unanstössig,  weil  es  in  den  betr.  Fällen  eigentlich  nur  auf  die 
Bezeichnung  des  Redenden,  also  die  Hervorhebung  des  Beövulf  oder 
Hrodgär  ankommt;  wo  dagegen  das  Geschlechtsverhältniss  als  solches 
behandelt  wird,  ist  die  rhythmische  Betonung  des  Vatemamens  unent- 
behrlich; es  heißt  262  fg.: 

vSs  miD  fäder,  fölcum  gecjded 
adele  ördfrnma  itcgpedv  h&ten. 

Ebenso  kennen  wir  aus  dem  Anfange  des  Gedichtes  die  Stellung 
des  Hrödgär  zum  Schildungengeschlechte  schon  genügend,  um  uns  eine 
Betonung  wie  h^lm  Scyldinga  (371)  nach  der  rhythmischen  Analogie 
von  Sigeskyldinga  (597)  gefallen  zu  lassen. 

Ist  so  die  Stellung  der  Nomina  im  Wesentlichen  charakterisiert, 
so  läßt  sich  vom  Verbum  sagen,  daß  es  im  Allgemeinen  rhythmisch 
weniger  berücksichtigt  wird.  Eine  grosse  Anzahl  häufig  gebrauchter 
Verba,  wie  (im  An.)  munu,  skulu,  mega,  (knega),  hyggja,  ))ykkja, 
vilja,  vita,  lata,  kveda,  telja,  segja,  bafa,  vera,  verda  sind  schon  von 
Hildebrand  (S.  91  fg.)  in  ihrer  den  Hilfszeitwörtern  ähnlichen,  zur 
rhythmischen  Proklisis  oder  Enklisis  geneigten  Weise  charakterisiert 
worden.  Auch  da,  wo  hafa  grammatisch  betrachtet  nicht  auxiliar  steht, 
z.  B.  Sigrdr.  21  ästräd  ))in  ek  vil  611  hafa  (halten,  benutzen)  ist  die 
Betonung  des  Objectes  611  rhythmisch  richtiger  und  Betonungen  wie 
Fäin.  13  Sündrbomar  mjpk  hygg  ek  at  nomir  s^  (mit  s^  als  Haupt- 
stab) nach  RrU  werden  durch  andere  Hss.  corrigiert  Freilich  ist 
auch  die  Betonung  s^gi  ek,  at  nomir  s@,  nicht  allzuschön,  aber  er- 
träglich nach  dem  betonten  nömir  12,  4;  Nörna  11,  1.  —  Auch  in  Ver- 
bindungen mit  Adverbien  und  Adv.  präpositionen  ziehen  in  der  Regel 
diese  letzteren  (wie  bei  der  grammat.  Compos.)  den  Ton  auf  sich  und 
zeigen  Dies  durch  die  Alliteration,  z.  B.  w^l  lustit  Hild.  59,  vgl.  Sie- 
vers S.  47,  48.  —  Den  Stabreim  trägt  das  Verbum  gewöhnlich  nur, 
wenn    ganz    tonlose  Enklitika    oder   noch    schwächer   betonte  ^--^-^rx 


270  E.  WILKEN 

daneben  in  rhythmischer  Senkung  stehen,  vgl.  Rieger  S.  25.  Neben 
Substantiven  kann  das  Verbum  am  Stabreime  partieipieren,  z.  B.  in- 
prfnnant  die  b^rga  Musp.  51,  wo  dann  das  Subst.  aber  wohl  etwas 
höheren  Ton  hat.  Besprechung  verlangen  nur  die  seltenen  Fälle,  wo 
das  Verbum  vor  dem  Subst.  allein  durch  den  Stabreim  ausgezeichnet 
wird,  die  man  überdies  mit  Rieger  S.  24  vielleicht  theilweise  noch  auf 
Corruptelen  zurückflihren  kann.  UnanstÖssig  aber  ist,  und  vielleicht 
als  Gesetz  zu  betrachten,  die  rhythmische  Präponderanz  eines  betonten 
Imperativs  vor  dem  ganzen  folgenden  Verse,  was  ich  aus  an.  Beispielen 
belege. 

Für  unbetonten  Imperativ  geben  die  Vaf))r.  20  fg.  viele  leicht 
verständliche  Beispiele:  segäu  ))at  it  eina  —  segdu  })at  annat  (22)  u.s.w., 
wie  nhd.  Sage  Erstens  u.  s.  w.  —  Für  betonten  Imperativ  finden  sich 
in  der  Lokas.  (wo  unbetonter  Str.  1,  1;  10,  1  begegnet)  17  Fälle,  die 
das  Verhältniss  völlig  klar  legen,  davon  16  mit  dem  Imperativ  }>egi 
(Str.  17,  20,  22,  26,  30,  32,  34,  38,  40,  46,  48,  56,  57,  59,  61,  63 
Hild.),  der  in  wenigstens  8  Fällen  sicher  als  rhythmisch  gehoben  an- 
gesehen werden  muß,  wonach  also  die  an  und  für  sich  controversen, 
ganz  analogen,  Fälle  17,  1 ;  20,  1  u.  w.,  wo  man  versucht  sein  könnte, 
den  Accent  auf  die  angeredete  Person  zu  legen,  sich  dahin  erläutern, 
daß  auch  hier  dem  Imperativ  ))egi  der  erste  Reimstab,  und  dem  P^ro- 
nomen  des  folgenden  Verses  (J)ik  17,  2;  30,  2;  J)ess  20,  2;  })^r  22,  2; 
26,  2;  32,  2)  der  Hauptstab  gebührt,  wie  auch  das  jenem  ))egi  syno- 
nyme hsBttu  in  36,  1  den  ersten  Reimstab  trägt.  —  Andere  Fälle  von 
betontem  Imperativ,  wie  Helr.  Brynh.  14,  8;  Hdlfssaga  (Bugge)  S.  11,  19 
zeigen  dasselbe  Verhältniss,  das  also  festzustehen  scheint  und  ja  auch 
vom  logischen  Gesichtspunkte  aus  leicht  verständlich  ist 

Abgesehen  vom  Imperativ  kommt  eine  Erhebung  des  Verbums 
über  ein  im  Verhältniss  rhythmischer  Compos.  zu  ihm  stehendes  Subst 
zwar  vor,  aber  selten.  Musp.,  bekanntlich  keineswegs  durch  sorgfältige 
Technik  ausgezeichnet,  bietet  bei  ca.  100  Doppelversen,  die  mit  wenigen 
Ausnahmen  (wie  z.  B.  88)  doch  alle  ein  Verbum  enthalten,  nur  etwa 
8—9  Fälle,  die  einer  Erläuterung  bedürfen.  Gewöhnlich  steht  das  rhyth- 
misch bevorzugte  Verbum  vor  dem  Substantiv,  so  V.  22,  27,  28;  das 
Verfahren  selbst  läßt  sich  in  einigen  Fällen  durch  logische  Präpon- 
deranz des  Verbums,  so  V.  27—28  (här^t  ze  gote,  wänit  sih  kin&dä 
und  ähnlich  V.  30  after  ni  wörköta  fftr  das  wohl  richtigere  dfter  ni 
werk.)  zwar  erläutern,  bedingt  aber  immer  eine  etwas  prosaische  Färbung 
des  Satzes,  wie  ausser  den  angegebenen  Fällen  auch  V.  67  mdrrit  daz 
rehta,    71    daz    er    iz   allez   kis^§t   beweisen ,    wo   die   Betonung   iz 


METRISCHE  BEMERKUNGEN.  271 

ällaz  u.  w.  ungleich  poetisch  wirksamer  wäre*).  Einfach  unbeholfen 
scheint  die  Betonung  in  V.  22 :  dar  piutit  Satanäz  (der  altisto),  doch 
bleibt  zu  erwägen,  ob  nicht  die  rhythmisch  gedämpfke  Bezeichnung  des 
Satans  unter  Umständen  wirksamer  sein  kann,  als  die  gehobene.  Auch 
war  der  Name  bereits  V.  8  rhythmisch  accentuiert.  Verständlicher  ist 
V.  58;  wo  daz  pr^ita  wasal  zusammen  als  Nominalcomp.  anzusehen 
ist.  In  V.  80  ist  Doppel  reim  geboten^  der  aber  besser  vermieden  wäre 

nach  der  Formel  wechant  deotä,  ze  dinge Von  V.  98  und  99, 

die  in  der  Überlieferung  gelitten  haben,  sehe  ich  ab.  Besonders  merk- 
würdig ist  aber  der  schon  oben  besprochene  Vers  53:  muor  farswilhit 
sih,  swilizot  lougju  (der  himil).  Wie  Riegers  Regel  (S.  24),  daß  das 
Verbum  (ob  vor  oder  nachgestellt)  dem  Subst.  im  Tone  nachsteht,  auf 
den  Vers:  muor  farswilhit  sih,  passen  soll^  sehe  ich  nicht.  Fflr  mich 
liegt  die  Sache  etwas  einfacher,  insofern  muor  (weil  ungereimt)  über- 
haupt nicht  Hebung  ist,  sondern  ebenso  wie  allaz  in  V.  71  zum  Auf- 
tacte  gehören  muß.  Daß  diese  Auffassung  die  betr.  Schwierigkeit  er- 
leichtert, namentlich  wenn  man  sich  über  die  Natur  des  Auftacts  ver- 
ständigt (vgl.  w.  u.),  liegt  nahe ;  ich  bekenne  überdies,  daß  so  sinnlich- 
kräftige Verba  wie  farswilhit  sih,  swilizot*'*')  auch  ohne  Schaden  der 
poetischen  Wirkung  vor  Subst.  bevorzugt  werden  können,  zumal  wenn 
dadurch  eine  angenehme  Abwechslung  in  der  rhythmischen  Coloratur 
eines  längeren  Gedichtes  erzielt  wird.  Ich  kann  nicht  umhin,  hier 
über  meine  Auffassung  des  Auftactes  kurz  Rechenschaft  zu  geben; 
derselbe  ist  verschieden  je  nach  dem  Umfange  und  Tongewichte  des 
ganzen  Verspaares.  —  Wer  wie  ich  reimlose  Stäbe  überhaupt  leugnet, 
wird  natürlich  auch  der  Annahme  Vetters  S.  38,  daß  die  je  zwei  He- 
bungen des  Verses  um  einen  reimlosen  (dritten)  Stab  vermehi*t  werden 
können,  nicht  zu  folgen  vermögen.  Das  ist  ja  freilich  richtig  genug, 
daß  in  bewegterer  Rede,  bei  lebhaften  Schilderungen  und  dergl.,  wie  Hei. 
4390  fg.  etwas  längere  Verspaare  als  sonst  begegnen,  daß  die  Häu- 
fung derselben  in  solchen  Fällen,  wie  z.  B.  3494  f g  ,  wo  die  Reue 
des  im  Alter  noch  vom  Sündenwege  Umkehrenden  in  ergreifender  Art 
geschildert  wird  —  während  sie  vereinzelt  theils  als  Langzeilen, 
theils  als  Halbzeilen  auch  sonst  (so  3321,  3345  H.  u.  oft)  begegnen, 
wohl  eine  bewußte  Anwendung  dieses  rhythmischen  Mittels  beglaubigt; 


*)  Diese   Bevorzugung   des   nominalen   vor   dem   verbalen   Wortsioffe  in    der 
Alliterationspoesie    erläutert   sich  z.  Tb.  durcb    die  grössere   sinnlicbe  Fülle  und  Le- 
bendigkeit, die  ersterem  im  Allgemeinen  eignet.  Auf  eine  Ausnahme  komme  ich  sogleich. 
**)  Ähnlich  situiert  wären  etwa  nhd.  es  brennt,  es  blitzt,  es   donnert,  es  zischt 
—  aber  nicht  es  trieft  (Musp.  60)  n.  Ähnl. 


272  £.  WILKEN 

womit  wir  aber  noch  lange  nicht  berechtigt  sind,  von  einer  besonderei 
„Kunstform''  zu  reden,  da  sich  vielmehr  auch  im  As.  und  Ags.  sehr 
häufig  einzelne  kürzere  Zeilen  zwischen  den  längeren  finden.  Bei  der 
Schilderung  des  jüngsten  Gerichtes  V.  4390  fg.  herrschen  längere 
Verspaare  vor,  dazwischen  aber  stehen  4407 ^  4412 ,  4414,  4418  and 
einige  Andere,  die  hoffentlich  weder  mit  drei  Hebungen  gelesen  noch 
emendiert  werden  sollen.  Richtig  ist  nur,  daß  während  sonst  sehr 
häufig  das  Reimschema  1  -f  1  g^i^^^y  bier  wohl  häufiger  2  4~  1»  g^ 
legentlich  auch  2  -|-  2  (so  3064?  4406?)  begegnet;  ja  wenigstens  die 
Möglichkeit,  daß  einmal  3  Reimstäbe  einem  Verse  zufallen,  hier  im 
Hinblicke  auf  3063  eingeräumt  werden  kann;  namentlich  aber  kann  in 
diesen  Fällen  eher  an  die  Annahme  eines  zweiten  Reimes  innerhalb 
der  Langzeile  gedacht  werden*). 

Wer  über  rhythmische  Fragen  nicht  mit  dem  Äuget,  sondern  dem 
Ohr  urth<sU_t,  wird  freilich  schon  empfinden,  das  es  etwas  prekär  ist, 
auf  die  „Länge^  hin  einen  scharfen  Unterschied  der  Verspaare  begründen 
zu  wollen.  Jenes  kürzere  Verspaar  4412  (und  ähnlich  4414)  ist  den 
längeren  Nachbarzeilen  an  rhythmischem  Gewicht  nicht  nur  völlig  ge- 
wachsen, sondern  (wenn  ich  richtig  höre)  fast  überlegen.  Wie  es  län- 
gere Zeilen  von  sehr  leichtem  Tongewichte  gibt  (namentlich  bei  ein- 
leitenden Bemerkungen,  z.  B.  1994),  so  andererseits  nicht  selten  stärker 
accentuierte  von  sehr  massigem  Umfange;  äusserlich  aber  ziemlich 
gleiche  Verspaare  können  von  ganz  verschiedenem  Tongewichte  sein; 
Sigkr.  sk.  27,  5— 8  bietet  4  Verse  von  je  4  Silben,  aber  wie  verschieden 
stark  ist  der  rhythmische  Accent:  ek  veit  görla  |  hvi  gegnir  nü  ||  Ein 
veldr  Brynhildr  |  pUu  bolvi!  —  Hier  möchte  ich  fiir  das  erste,  ja  nur 
einleitende  Verspaar  höchstens  ein  Drittel  der  Gesammtsumme  des 
rhythmischen  Tactes  ansetzen.  Es  möchte  also  gerathener  sein,  Frei- 
heiten in  der  Technik,  namentlich  den  Gebrauch  des  Doppelreims  oder 
Steigerung  des  einfachen  Reimschemas  auf  2  -|-  2  flir  die  „stärker  be- 
tonten^, nicht  flir  die  „längeren^  Verse  in  Anspruch  zu  nehmen,  da 
ja  auch  jenes  kurze  Verspaar  Sig.  sk.  27,  7—8  Doppelreim  zeigt.  Es 
ist  aber  von  selbst  gegeben,  daß  bei  stärker  betonten  Versen,  abge- 
sehen von  dem  Bedürfnisse  einer  reichlicheren  Pause  auch  der  Auftact 
eine  andere  Rolle  zu  übernehmen  hat;  daß  wir  berechtig  sind  töt  ist  **) 
Hiltibrant,  H^ribrantes  sunu  zu  lesen,    da  hier  auf  Hiltibrant  ein  viel 


*)  Ist  es  Zafall,  daß  die  Formel  s&Uge  sind  1308, 1312,  1314  wenigstens  einen 
Nebenreim  zuläßt,  während  1300,  1316,  1320  anf  s&Uge  der  Hanptreim  fällt? 
**)  Das  cnrsiv  Gesetzte  bezeichnet  den  Anftact 


IfETRISCHE  BEMERKUNGEN.  273 

stärkerer  Accent  raht  als  z.  B.  45:  Hiltibrant  gimahalta  u.  s.  w.*) 
—  So  nun  auch  Musp.  53:  muor  /arswilhit  sih,  swilizöt  lougju  der 
himil.  —  Das  letztere  Beispiel  zeigt  zugleich,  daß  bei  stärkerem  Ictus 
der  Langzeile  auch  eine  grössere  Fülle  der  Cadenz  gestattet  ist,  die 
natürlich  Alles  nach  dem  Hauptstabe  Stehende  umfaßt.  Dürfen  wir 
so,  wie  ich  meine,  als  eine  Aushilfe  für  den  Fall,  daß  logisch-gram- 
matisch bedeutsame  Worte  nicht  zur  rhythmischen  Hebung  sich  eignen, 
die  Placierung  im  ^^verstärkten  Auftakte^  oder  in  der  „volleren  Cadenz'' 
betrachten  —  und  ersteres  Mittel  ist  um  so  verständlicher,  als  das  zu 
Anfang  einer  Zeile  stehende  Wort  nur  durch  ein  absichtlich  rasches 
Hingleiten  über  dasselbe  der  verdienten  Beachtung  entzogen  werden 
kann,  welches  Verfahren  aber  für  den  „verstärkten  Auftakt^  nicht  zu- 
lässig, vielmehr  ein  ruhiges,  nur  etwas  gedämpftes  Tempo  einzuhalten 
ist,  wodurch  der  betreffende  Passus  sich  dann  genugdam  markiert  — 
so  möchte  ich  wenigstens  die  Möglichkeit  nicht  absolut  bestreiten,  daß 
der  alte  Stabreimdichter  auch  zuMlig  sich  darbietende  Mittel  anderer 
Art,  in  rhythmischer  Senkung  stehende,  logisch  irgendwie  aber  beach-' 
tenswerthe  Worte,  dem  Ohre  doch  auch  rhythmisch  zu  empfehlen, 
gelegentlich  angewandt  habe.  Der  richtige  Theoretiker  wird  freilich 
in  dem  Endreime  ein  dem  Stabreim  von  jeher  feindliches  Princip  er- 
kennen, ich  urtheile  anders.  Wie  in  unseren  Tagen  nicht  selten  die 
Alliteration  dem  Endreime  sich  förderlich  zugesellt,  z.  B.  bei  Platen, 
wo  am  wenigsten  an  unbewußtes  Verfahren  zu  denken  ist: 

Nor  die  LangeweUe  nenn  ich  Zeitverlust  und  diese  kaum, 
Denn  sie  lehrt,  wie  lang  das  Leben,   das  nns  dünkt  ein  kurzer  Traum 

(Verh.  Gabel) 

80  ist,  für  die  alte  Zeit  ein  ähnliches  aber  umgekehrtes  Verfahren  an- 
zunehmen, nicht  von  vornherein  unzulässig.  —  Wendungen  wie  enieo 
ni  wönteo  (Wess.  5)  oder  Hälfssaga  11,  16 — 17  (Bugge) 

ktit  yatn  angom 
011  ky^tt  tpnnnm 

mögen  hier  genügen.  Auf  an.  Gebiete  kommt  auch  die  Halb-  und 
Ganzassonanz  in  Fällen  wie:  ein  veldr  Brynhildr  oUu  bplvi  Sigkv. 
sk.  27  oder:  ok  burir  bjggja  brcsdra  tveggja  (Vol.  65)  in  Anschlag« 
Von  diesen  Mitteln,  wozu  noch  das  bereits  früher  berührte  Anklingen 
eines  Stabes  schon  im  vorhergehenden,  oder  das  Nachklingen  im  fol- 


*)  So  lese  ich  jetzt  aneh  HAt.  76  (and  76)  1—8  Deifr  fd,  dejQä  irsendr,  d^ 
sjAlfr  it  sima.  —  Wessobr.  6  lies  mUeo  fd  wdnteo;  wdnteo  will  aneh  Hom  S.  191 
betonen.  Gerade  in  diesem  Falle  ist  der  st&kere  Ictos  der  LangseUe,  an  weleb^^ 
Aoftact  (und  Cadens)  partieipiert,  gani  unverkennbar. 

OERMANU.  Nene  Beihe  HL  (XXIV.)  Jahrg.  "S^ 


274  B.  wHiKEN 

genden  Verspaare  gehört^  wird  jedoch  der  kunstsinnige  Voiksdiehtsr 
wohl  nur  dann,  wenn  sie  so  zu  sagen  von  selbst  sich  darboten ,  Qe- 
brauch  gemacht  haben;  das  Hauptmittei  einem  rhythmischen  Bedürfiiiss 
abzuhelfen  bleibt  immer  die  Amplification  des  Ausdrucks  durch  Wie- 
deraufnahme von  Synonymen.  Der  dröttkysedrhättr,  den  man  seines 
stfirkeren  Tongewichtes  halber  den  „längeren''  Versen  der  as.  und  ags. 
Poesie  mit  Recht  an  die  Seite  gesetzt  hat,  wiewohl  er  nur  über  6  Siiboi 
verftagt,  hat  dagegen  die  Anwendung  der  Assonanz  neben  der  Alliteration 
zum  ständigen  Usus  erhoben.  —  Kehren  wir  aber  zu  dem  vorher  be- 
handelten verschiedenen  Tongewichte  der  Langzeilen  zurtLck,  so  liegt 
uns  die  Frage  nahe,  wie  das  Tonverhältniss  der  beiden  Hälften  einer 
Langzeile  sich  etwa  in  der  Regel  zu  einander  verhalte?  Hildebrand 
hat  aas  dem  gewöhnlichen  syntaktischen  Baue  der  Ljödahittr  str.  nach- 
gewiesen, daß  hier  der  erste  Vers  höher  als  der  zweite  betont  zu  sein 
pflegt;  bez.  der  kviduhittr-str.  ist  Derselbe  (S.  104)  allerdings  in  zwei- 
feli\der  Weise  geneigt,  für  den  zweiten  Vers  ein  stärkeres  Tongewicht 
anzunehmen,  vielleicht  mitbestimmt  durch  den  überlieferten  Ausdrads 
hoindstafir  für  den  Reimstab  des  zweiten  Verses.  Ob  dieser  Ausdruck 
überhaupt  eine  Präponderanz  vor  dem  ganzen  ersten  Verse  oder  nur 
ein  den  beiden  ersten  Hebungen  gleichkommendes  Gewicht  des  Tones 
andeuten  soll,  mag  schon  fraglich  erscheinen^  jedenfalls  dürfen  wir  die 
Regel,  wie  sie  Hildebrand  zu  fassen  versuchte,  nicht  allzu  fest  for- 
mulieren und  auf  eine  ziemlich  reiche  Fülle  von  Ausnahmen  gefaßt 
sein.  Für  den  Liödah.  ftlhre  ich  Häv.  66,  2  und  67,  2  an  —  in  beiden 
Fällen  möchte  ich  wenigstens  ein  rhythmisches  Übergewicht  des  zweiten 
vor  dem  ersten  Verse  erkennen. 

Weit  reichlicher  aber  fliessen  die  Ausnahmen  auf  der  andern  Seite. 
So  Vol.  4  (Hild.)  1—2,  während  3—4  sich  der  bez.  Regel  fügt;  in 
manchen  Fällen  kann  Zweifel  walten.  Soll  ich  aber  nach  -dem  vor- 
läufigen Eindrucke  meiner  bez.  Leetüre  urtbeilen,  so  haben  wir  aach 
ftbr  Kviduh.  dem  ersten  Verse  in  der  (aber  nicht  pedantisch  zu  ver- 
stehenden) Regel  den  höheren  rhythmischen  Ton  zuzuerkennen,  ent- 
sprechend dem  das  ganze  germanische  Sprachgebiet  durchdringenden 
Principe  der  absteigenden  Betonung.  Daß  auch  Lachmann  wenigstens 
1819  (vgl.  EL  Schriften  I^  137)  geneigt  war,  in  dem  ersten  Stabe  den 
Hauptstab  zu  erkennen;  im  formellen  Anschluß  an  Olafsons  allerdings 
nicht  correcte  Terminologie  (Om  Nordens  gamle  digtek.  S.  26)  kommt 
doch  in  Betracht  In  Str.  7  könnte  nur  etwa  V.  7—8,  in  Str.  8  (zu 
14  Versen)  nur  allenfalls  V.  3—4  ftbr  die  rhythmische  Präponderanz 
des  je  zweiten  Verses  sprechen.  —  Ein  völliges  Gleichgewicht  beider 


METBISCHE  BEHEftKUNGEN.  275 

Verse  ist  eine  andere  Art  der  Ausnahme;   diese  dtirfte  namentlich  bei 

Aufzählungen  von  Eigennamen  hier  und  da  vorkommen. 

Eine  besondere  Beachtung  verdient  das  rhythmische  Tongewicht 

des  Lj6dahättr  bezfiglich  der  letzten,  gewöhnlich  etwas  längeren  Zeile 

der  Halbstr.  —  Daß  diese  nämlich  immer  länger  sei  als  je   einer  der 

andern  Verse  trifft  eben  so  wenig  zu*),  wie  sich  auch  nur  mit  Dietrich 

(bei  Haupt  lU,  91)  sagen  läßt:  Hauptsache  ist  nur,  daß  ein  Doppelglied 

mit  einem  einfachen  fühlbar  verbunden  sei;  denn  z.  B.  Häv.  79  Hild. 
]>at  er  ]>&  reynt, 
er  ]>ü  at  rünnm  spyrr 
inam  regin  kminiiiii 

wird  nach  dieser  Regel  nicht  richtig  gelesen  werden.  Nach  dieser  und 
der  in  der  Hervarars.  so  häufige  Ebilbstr.: 

G6A  er  gftU  ]>in, 
Gestümbllndi, 
getit  er  )>eirarl 

halte  ich  mich  jetzt  auch  nicht  mehr  befugt,  zwei  (natürlich  gereimte) 
Hebungen  für  die  Schlußzeile  des  Lj6dah.  zu  fordern,  und  lese  dem- 
nach auch  HAv.  8,  6:  innars  bijöstum  t;  9,  6:  innars  br.  or;  36,  6: 
ännars  fletjum  ft;  110,  3:  ürdar  brunni  at;  114,  6  e;^arünu  at  und 
analoge  Fälle  nur  mit  je  einer  Hebung,  nicht  mit  gewaltsamer  Urgie- 
rung  der  nachgesetzten  Präposition,  die  ja  formell  eine  zweite  Hebung 
tragen  kann.  (Der  gewöhnlichen  Ansicht  von  3  Hebungen,  gereimt 
oder  ungereimt  ftlr  die  Schlußzeile  schlägt  ausser  diesen  Beispielen  ein 
so  völlig  correctes  Beispiel  wie  m^  ok  missen  60,  6,  über  das  ich  noch 
weiter  unten  handele,  den  Boden  aus,  abgesehen  von  allen  principiellen 
Bedenken  gegen  reimlose  Stäbe  überhaupt.)  So  scheint  freilich  durch- 
aus kein  fester  Unterschied  zwischen  den  beiden  ersten  und  der  Schluß- 
zeile einer  Halbstrophe  zu  sein,  und  für  das  Auge  besteht  hier  in  der 
That  kein  derartiger  Halt  Wer  Ghrimn.  9  vor  sich  hat,  wird  einräumen, 
daß  hier  9,  4  vor  9,  6  rhythmisch  bevorzugt  zu  sein  scheint,  denn  ab- 
gesehen von  dem  eigentlichen  mit  9,  5  gemeinsamen  Reimbuchstaben 
sk  weist  dieser  Vers  noch  einen  inneren  Reim  auf  r  auf^  während  9,  6 
sich  mit  einem  solchen  (auf  b)  allein  begnügt.  Wollte  man  darnach 
nun  die  ganze  Halbstrophe  mit  allmählich  absteigender  Betonung  lesen, 
so  wäre  dies  vöUig  verfehlt.  Vielmehr  verlangt  gerade  die  Schlußzefle 
der  Halbstrophe  in  diesem  Versmaasse  stets  einen  verstärkten  Ictus, 


*)  Man  Tgl.  2.  B.  mAl  ok  misseri  60,  6;  i  hOfi  hafk  (64,  8  —  wo  64,  2  einen 
IXngeren  Vera  bietet).  —  Wenn  nun  allerdings  aach  so  kmse  Vene,  wie  64,  1;  42, 1 
nnd  43,  1  am  Schloß  der  Halbstrophe  nicht  begegnen,  so  bietet  doch  die  Länge 
allein  keine  sichere  Unterscheidimg. 


276  B-  WILKEN 

and  dieser  Umstand  ist  es,  der  sie  auch  bei  gleicher  oder  selbst  g^ 
ringerer  ,,Lttnge^  (anf  welche  die  meisten  Metriker  eine  so  sSitlidie 
Rücksicht  nehmen)  immer  genugsam  von  ihren  Vörgftngem  bei  ridi- 
tigem  Lesen  unterscheiden  kann,  selbst  wenn  diese  über  kleine  rbytii- 
mische  Hilfsmittel  (wie  den  unnöthigen  Nebenreim  in  9,  4)  überdies 
▼erftigen  sollten« 

Es  dürfte  keinen  Widerspruch  erfahren,  wenn  ich  die  Sohloßseik 
der  Halbstrophe   in  Lj.  als  Zusammenziehung   zweier  Verse   «nsehe, 
wobei  man  nun  zunächst  nicht  an  die  uns  geläufigste  Form  der  eddi- 
schen Fomyrdalagy  immerhin  aber  an  eine  yerwandte,  wahrscheiiiliek 
etwas  kürzere  Versart  zu  denken  hat,  vgl.  Rieger  S.  3,   doch  bedarf 
dies   noch  weiterer  Prüfung.  —  Aus   diesem  Umstände    erklärt   sieh 
nun,  daß  die  Schlußzeile  gewöhnlich  etwas  länger,   immer  stiiker 
betont  ist  als  die  beiden  andern,  weil    sie    eigentlich  über  swei  Ven- 
accente  zu  verflogen  hat.    Die  Länge  darf  andererseits  nicht  sn   einer 
Zerlegung  in  zwei  Verse  auffordern.  Einige  scheinbar  widersprecheiide 
Fälle  (so  Häv.  129,  6—7;  140,  6—7)  sind  entweder  geradezu  ab  FeUar 
zu  ändern^  oder  als  Nachlässigkeiten  nicht  weiter  zu  urgieren.  Hebungen 
sind  gewöhnlich  zwei,  viel  seltener  nur  eine  oder  drei  (Lokas.  18^3 
dtiert  Dietrich)  vorhanden,  wohl  nicht  Häv.  72,  6.  Jener  Satz,  so  richtig 
er  hoffentlich  ist,  darf  femer  nicht  in  theoretischer  Starrheit  an^efiifil 
und  dahin  interpretiert  werden ,    daß    man   die   bez.  Schlußzeile   nim 
stets  und  immer  in  zwei  Elemente  noch  sondern  und  sozusagen  die 
Probe  für  die  Richtigkeit  unseres  Satzes  machen  könnte.    Der  poeti- 
schen Technik  gilt  als  das  Wichtigere  vielmehr  die  rhythmische  Wir- 
kung als  solche,    die  Abwechslung  zweier  leichter  betonter  und  einer 
stärker  accentuierten  Zeile;   daher   kann   sich   die  letztere  unter  um- 
ständen auch  mit  einem  Beimstabe  begnügen,  wie  in  der  rhythmisch 
durchaus  berechtigten  Halbstrophe  derHervararsaga:  die  Steigerung  des 
Tones  liesse  sich  durch  eine  fireie  Verdeutschung,  wie  etwa 

Hübseh  ist  dem  Bithsel 

Mein  holder  Geselle 

Und  ich  hiibe^)  die  LOsong  — 

dem  Ohre  noch  eindringlicher  machen.  Begreiflicherwebe  ist  die  Fort- 
fbhrung  desselben  Reimes  bis  in  die  Schlußzeile  nur  dann  rhythmisch 


^)  Ich  benntie  diese  Gelegenheit,  um  darauf  hinsnweiBen,  daß  ähnlich  wie  be- 
tonter ImperatiY  (nebst  dem  adhortativen  ConjnnetiTe)  einen  starken  rhythmischeo 
Accent  TertrSgt,  dies  aneh  bei  dem  IndicaÜy  dann  der  FaQ  ist,  wenn  derselbe  die 
Wirklichkeit  eines  gewtlnscfaten  oder  gef&rehteten  Falles  nachdrficklich  nrgiert 


BCETBISGHE  BEIIEBKUNGEN.  277 

correcty  wenn  der  rhythmische  Accent  der  beiden  ersten  Verspaare 
milderer  Art  ist  und  daher  eine  noch  stärkere  Anspannung  derselben 
Tonsaite  (so  zu  sagen)  erträglich  macht;  dies  zeigt  sich  auch  H&v 
79,  1 — 3.  —  Viele  sonst  aoffidlige  Freiheiten  des  Ljödah.  erscheinen 
nach  unserer  Auffassung  in  milderem  Lichte;  sie  ist  ganz  auch  der- 
jenigen bezüglich  der  „längeren**  Verse  im  Hll.  analog.  Wir  haben 
hier  schließlich  noch  einige  Fragen  von  allerdings  mehr  theoretischer 
Natur  zu  erörtern ,  deren  richtige  Beantwortung  gleichwohl  nicht  un- 
fruchtbar fiir  die  richtige  Würdigung  der  Alliterationspoesie  zu  bleiben 
braucht.  Wie  wir  uns  oben  bereits  gegen  eine  Auffassung  des  hpfud- 
stafr  als  des  absolut  rhythmisch  bevorzugten  Reimstabes  —  mag  dies 
nun  Snorri's  Auffassung  gewesen  sein,  oder  nicht  —  zu  yerwahren 
hatten,  so  ist  ein  solches  Verfahren  auch  gegenüber  der  verfELhrerischen 
Annahme  nothwendig,  als  ob  das  von  Snorri  als  allein  correct  ange- 
gebene Verhältniss  derBeimstäbe  (2:1)  zugleich  das  ursprüngliche  sei*). 
Daß  fbr  die  skaldische  Technik  nicht  allein  historische,  mehr  noch 
technische  Motive  geltend  waren,  liegt  nahe;  gegen  den  Wohlklang  des 
bevorzugten  Schemas  wird  Niemand  Einspruch  erheben  können^  wenn- 
gleich eine  ununterbrochene  Anwendung  desselben  die  gtlnstige  Wir- 
kung eher  zu  schwächen ,  als  zu  fordern  im  Stande  ist  (vgl.  Vetter 
p.  46).  Wir  finden  daher  auch  (abgesehen  von  der  streng-skaldischen 
Technik)  immer  ein  starkes  Bruchtheil  Langzeilen  nach  der  Formel 
1  -|-  1  gebaut^  so  im  HIL  von  annähernd  6000  Langzeilen  2364  (Hom 
S.  164).  —  Auch  kann  ich  in  dem  Umstände,  daß  unsere  ahd.  Denk- 
mäler die  Formel  1  -j-  1  noch  stärker  bevorzugen ,  an  und  fUr  sich 
kein  Zeichen  des  Verfalls  erblicken*^).  —  Nimmt  man  dagegen  1+1 
als  das  ursprüngliche  Gesetz  an,  so  würde  sich  die  gewöhnliche  Bei- 
behaltung desselben  im  je  zweiten  Verse  dadurch  erklären ,  daß  hier 
(zur  Bezeichnung  des  Abschlusses  für  das  ganze  Verspaar)  eine  vollere 


*)  So  Vetter  8.  46,  Hörn  8.  164  fg,  —  Es  eeheint  die  jetst  Yorhemchende 
Ansicht  in  sein.  —  Es  wird  sich  zeigen,  da5  2  4"^  vielmehr  jenes  mittlere  Schema 
darstellt,  das  Lachmann  in  4  -|-  4  gefunden  an  haben  glaubte. 

**)  Vgl.  Hom  188  ^.  Anch  güdea  gimeümn  habe  ich  oben  schon  durch  das 
vorhergehende  wSges  su  erllntem  gesucht,  ebenso  niuse  de  mdtti,  wo  niuse  r 
Imperativ  ist  wie  in:  fireue  sich,  wer  kinn.  —  Anderes  bleibt  freilich  aoff 
folk  skeiStantero,  hier  scheint  folk  Shnlich  abgeschwächt  wie  sonst  vilo,  n 
Shnliche  adj.  AusdrQcke.  In  XhnL  abgeschwächte  Betonung  steht  nhd.  ein' 
hfihner.  Doch  auch  altnord.  gilt  die  Begel  nicht  ungebrochen,  s,  Bugge  1 
Vn,  896. 


278  ^  WELKEN 

Cadois   erwünscht  war*),   die  bei  der  Formel  2  -f  2  sn 
fiüligeii  Verlftngeraiig  des  je  zweiten  Verses  hAtte  fbhren  müsaeii. 

Und  derselbe  Gesichtspunkt,  den  Vetter  S.  46  za  GoDsfan  der 
Formel  2  +  1  geltend  macht^  hat  mich  stets  zu  dem  entgegengesetztei 
Resultate  geführt  Ich  verweise  auf  ähnliche  Elrscheinaogen  bes.  des 
Endreimes;  wer  in  dem  «schlecht  und  recht*^  unseres  altvoIksdilfaB- 
liehen  Ausdruckes,  in  dem  Geld  regiert  die  Welt!,  in  dem  EÜA-wmwek 
der  Eindersprache  u.  AhnL  das  Verspaar  leugnet,  der  mag  es  aoeli 
in  Fftllen,  wie  Haus  und  Hof  und  so  vielen  ähnlichen  thun.  Daß  ein 
einsilbiges  Wort  schon  in  den  ftltesten  unserer  grösseren  literarisdien 
Denkmäler  ausreicht ,  um  einen  Vers  zu  bilden,  während  deyr  ft  «• 
ÄhnL  doch  noch  in  der  Eklda  begegoet^  erklärt  sich  ja  ohne  Weiteras 
daraus,  daß  sowohl  die  Vorstellungen  sinnlicher  Dinge^  als  die  vsin 
geistigen  Begriffe,  und  die  Bezeichnung  der  verschiedenen  Personen  u.  a.  w. 
durch  den  häufigen  Gebrauch  in  der  Weise  sich  abschwächen,  daß 
nun  eine  etwas  grossere  Fülle  von  Wortsilben  dazu  gehört,  am  einen 
rhythmischen  Tact  (Vers)  zu  ftülen.  Denken  wir  uns  z.  B.  den  Iiiiif 
eines  Baches  geschildert: 

Über  Stock  und  Stoiii 
Entipnuig  er  spradelnd  — 

so  ist  dies  etwa  die  Ansprache  des  Erwachsenen,  dem  die  bez.  Vor- 
stellungen längst  gel&ufig  sind.  Ein  Kind  dagegen  dedamiert  sieher 
eben  so  richtig: 

Über  Stock 
Und  Stein 
Entspring 
Er  spnidehid  — 

und  bringt  auf  diese  Weise  zwei  Verspaare  wirklich  heraus.  Und  in 
der  feierlichen  Bechtssprache  sollten  Betonungen  wie 

bin  ddma 

endi  bödskepi;  and  ddU 

unzulässig  gewesen  sein?  Ich  halte  sie  ftlr  die  ursprünglich  einzig 
möglichen  I  der^i  allmähliche  Abschwächung  mit  Rücksichtnahme  auf 
die  yielen  anderen  wirklich  trivialen  Ausdrucke  des  epischen  StUes, 
die  zu  einem  rascheren  Hingleiten  der  Stimme  aufforderte ,  erst  das 
Schema  2  -(-  1  zu  Wege  gebracht  hat. 

Ich  kann  hier  nicht  umhin ,  gelegentlich  eines  äusserlich  schein* 
bar  analogen  9   innerlich  aber  ganz  verschiedenen  Falles  zu  gedenken. 

^)  Für  dieselbe  sind  nicht  immer  besondere  Wortsilben  erforderlieh.  —  Mnsp. 
15  ist  das  überlieferte:  cUr  mti  fieomon  siAh  ohne  Tadel,  weil  siikh  hier  sowohl  lant- 
lich,  wie  begrifflich  einen  so  starken  Ictns  vertrigt,  daß  es  Air  Hebung  und  Cad 
allein  anareicht 


BfETBISCHE  BEMEBKUNKEN.  279 

In  der  Annahme  (richtiger  Einbildung)  vieler  Metriker  besteht  die 
Möglichkeit,  ältere  Sprachformen  den  in  den  Texten  begegnenden  zu 
substituieren  y  und  die  Betonung  auf  jene  älteren ,  vielfach  volleren 
Formen  zu  beziehen.  Man  ist  ja  auf  diesem  Wege  glücklich  dahin 
gelangt,  sogar  von  „nicht  verwirklichten  Hebungen^  im  ags.  Epos  zu 
reden;  eine  Kühnheit ,  neben  der  die  Annahme  einer  Betonung  wie 
misseri  Häv.  60,  6  unter  Hinweis  auf  missari  (von  är)  noch  liebens- 
würdig bescheiden  genannt  werden  müßte,  obgleich  ich  sonst  eine  ver- 
schiedene Betonung  von  misseri  und  gersimi,  svaradi*)  (abgesehen 
von  der  gewöhnlich  schwächeren  Verbalbetonung)  ftir  ausgeschlossen 
halten  muß,  solange  nicht  für  jeden  einzelnen  Fall  eine  Ausnahme  von 
der  allgemeinen  Regel  nachgewiesen  ist,  daß  wohl  die  Schrift  hinter 
den  Veränderungen  der  Aussprache  zurückbleibt,  nicht  aber  die  alte 
Aussprache  verbleibt,  wenn  die  Schrift  sich  verändert;  denn  ohne  Noth 
wird  die  schriftliche  Fixierung  des  Lautes  nicht  angewandelt  Aus« 
nahmen  gibt  es  natürlich  von  dieser  so  gut,  wie  von  jeder  anderen 
Regel:  die  Wirkungen  des  p  sind  in  der  homerischen  Technik  noch 
erkennbar,  wenn  auch  das  Zeichen  mit  der  Zeit  von  den  Abschreibern 
ausgelassen  wurde.  Aber  für  eine  rhythmische  Form  wie  misseri  müßte 
mindestens  die  Nothwendigkeit  einer  derartigen  Betonung,  nicht  die 
blosse  Möglichkeit  nachgewiesen  werden,  so  dem  selbsterfnndenen  Ge- 
setze der  regelmässig  drei  Hebungen  ftir  die  Schlußzeile  der  Halb- 
Strophen  im  Lj.  nachzukommen.  Von  einer  Betonung  mfil  ök  misseri 
will  ich  hier  ganz  absehen;  bei  deutschen  Metrikem  ist  freilich  wie  bei 
Mythologen  eigentlich  Alles  möglich.  Wird  eine  andere  Erklärung  ge- 
geben, die  sowohl  mit  den  theoretischen  Angaben  der  altnord.  Technik 
wie  mit  dem  Stande  unserer  poetischen  Texte  sich  ungleich  besser  ver- 
trägt, so  dtlrfte  jene  Betonung  k  la  ultima  ratio  von  jedem  besonnenen 
Metriker  künftig  vermieden  werden.  Einen  Einfluß  jener  bekannten 
Abschwächung  vollerer  Endsilben  auf  die  Metrik  wird  man  nur  inso- 
fern einräumen  dürfen,  als  auch  dies  Moment  die  Zusammendrängung 
einer  grossem  Silbenzahl  in  den  Rahmen  des  Verspaares  erleichterte. 
Endlich  darf  hier  auch  der  Frage  nicht  ausgewichen  werden, 
in  wie  weit  der  Alliterationspoesie  reimlose  Verse  zustehen.  Eine  be- 
stimmt ausgesprochene  Tendenz  (ähnlich  wie  bei  den  sogen.  Waisen 

*)  Das  letste  Beispiel  deutet  logleich  an,  da5  ich  auch  auf  die  Quantität  der 
Stammsilbe  an  und  für  sieh  keinerlei  (Gewicht  legen  kann,  nnr  auf  die  Stärke  des 
Hochtons  und  den  Versaceent.  Es  kommt  mir  recht,  daß  jetzt  selbst  fllr  die  End- 
reimdichtung die  rhythmische  Berechtigung  einer  Betonung  wie  sftlida  ab  prekär  er- 
wiesen ist,  vgl  Sieyers  bei  Paul  und  Braune  IV,  622  %.,  und  H.  Traotmann:  Lach- 
manns  Betonungsgesetse  und  Otfrids  Yers  (Halle  1877). 


280  B.  WILKEK 

der  Endreimdichtung)  habe  ich  allerdings  nicht  sicher  sa  entdeekei 
yermocht;  andererseits  ist  aber  doch  das  Vorkommen  (namentlich  im 
Ags.,  vgl.  Rieger  S.  15)  zu  häufig,  um  überall  an  einen  blossen  Za- 
fall  denken  zu  dtlrfen.  Auch  im  An.  sind  derartige  Fälle  nicht  oner- 
hört,  wenn  auch  von  der  Kritik  nach  Kräften  angefeindet,  so  Bkr, 
36,  2  =  37,  2;  70,  2.  An  letzterem  Platze  gestehe  ich  der  Überliefismng 
keinen  genügenden  Sinn  abzugewinnen,  und  ähnlich  mag  ancb  Yaf)>r. 
5,  5  ein  Fehler  stecken;  aber  in  den  beiden  andern  (übereinstimniendeD) 
Stellen  der  Häv.  sehe  ich  von  jeder  Änderung  ab.  Erwägt  man  nia- 
lichy  daß  es  ja  wesentlich  nur  um  die  rhythmische  Charakterisierong 
des  Verspaares  sich  handelt,  so  läßt  sich  in  einzelnen  Fällen  die  Formel 
2  4-  0  als  für  diesen  Zweck  ausreichend,  als  eine  Variation  von  1+1 
ansehen*).  Daß  unter  den  ags.  Beispielen  Riegers  die  Psalmen  am 
reichlichsten  vertreten  sind,  ist  wohl  nicht  bloß  aus  dem  späten  Ab- 
fassungsalter zu  erläutern;  die  Psalmendichtung  ist  nämlich  da,  wo  der 
Parallelismus  der  Glieder  etwas  fester  hervortritt^  z.  B.  (in  Lntlien 
Version)  Ps.  23,  1:  Wie  der  Hirsch  schreiet  nach  frischem  Wasser,  so 
schreiet  meine  S^ele,  Gott,  zu  Dir  —  der  Alliterationspoesie  ganz  ähn- 
lich geartet,  jedoch  ohne  Zwang  (tir  den  Parallelismus  der  Vorstellungen 
(den  Sinnreim,  könnte  man  auch  sagen)  stets  durch  Stabreim  einen 
formalen  Ausdruck  zu  bieten,  und  diese  freiere,  aber  nahe  verwandte 
Weise  konnte  leicht  auf  den  ags.  Übersetzer  reagieren.  Überall,  wo 
sich  die  germanische  Technik  mit  dem  sogen,  grammat.  Reime  begnügt 
(Hildebr.  p.  117  ^^),  steht  sie  der  hebräischen  so  wie  so  sehr  nahe. 

Die  hier  in  kurzen  Zügen  skizzierte  rhythmische  Auffassung  des 
Alliterationsverses  —  theilweise  schon  durch  Andere  in  ähnlicher  Weise 
formuliert  —  läßt  neben  einer  möglichst  grossen  Freiheit  der  künst- 
lerischen Auffassung,  der  es  gestattet  ist,  den  Vers  von  zwei  auf  mehr 
als  zwölf  Silben^  von  ^iner  Hebung  bis  allenfalls  auf  drei  zu  steigern, 
gleichwohl  nicht  die  wirklich  wünschenswerthen  Beschränkungen ,  die 
im  Interesse  der  rhythmischen  Wirkung  selbst  liegen,  vermissen.  Schlägt 
man  W.  Jordans  Nibelungen,  eine  in  formaler  Beziehung  jeden&Us  sehr 

*)  Für  einige  besondere  F&lle  läßt  sich  yielleicht  darin  eine  ErkUning  findao, 
daß  der  fehlende  Stabreim  eine  (vorQbergehende  oder  wirkliehe)  Dissonani  der  Vor- 
stellongen  andeutet  Ersterer  Art  Hfty.  36,  2;  37,  2:  )>dtt  litit  sd  =  so  anansehnÜdi 
(der  Baa)  auch  sei,  so  wenig  er  auch  dem  Ideal  entsprechen  möge,  gleichwohl  ist 
Jeder  in  seinem  Hanse  ein  Herr  (oder  ein  ganzer  Ifann).  —  7iel  stärker  ist  der  Dis- 
sonanzcharakter im  ags.  Satan  V.  825,  da  hyht  eigentlich  nor  von  angenehmen  Er> 
wartongen  üblich  ist  —  Auch  yaf}>r.  38,  6  (wo  6—7  wohl  zu  streichen)  drückt  in  dem 
fehlenden  Stabreime  (ja  nicht  Am  kom!)  yielleicht  den  Gegensatz  des  Yanen  IQSrSr 
SU  den  Äsen  (TgL  Y*  8)  absichtlich  aus. 


BIETBI8CHE  BEMEBKUNOEN.  281 

aDerkennenswerthe  Leistung ,  auf,  so  hat  man  sofort  Gelegenheit ,  die 
Wirkung  zu  constatiereny  welche  die  Nichtbeachtung  mancher  jetzt 
erkannten  rhythmischem  Gesetze  zur  Folge  hatte.  Sehr  häufig  begegnet 

1.  Erhöhung  des  Tieftons  über  den  dazu  gehörigen  Hochton;  in 
der  alten  Technik  wohl  nur  dann  anzutreffen,  wenn  schon  die  Sprache 
selbst  in  eine  Verlegung  des  Hochtons  gewilligt  hatte ,  so  werolträht- 
wisoD  Musp.  37  und  das  von  Rieger  bemerkte  Nordh^^mbron  Byrhtn.  266. 
Die  unzähligen  y  leicht  zu  vermeidenden  Verletzungen  dieses  Gesetzes 
bei  Jordan  zeigen  deutlich  die  üble  Wirkung;  so  Hildebr.Heimk.  11  Ges. 

Die  Hand  auf  die  Stfm.  —  Als  das  FelseogestAde 

Wie  unnatürlich  und  unvortheilhaft  diese  Betonung  ist,  zeigt  am  besten 

die  entsprechende  richtige: 

Befestigte  sie  den  Fisehernachen.  (11  Ges.) 

2.  Tonerhöhung  eines  Verbums  über  das  zugehörige  Nomen  ohne 
besondere  Veranlassung: 

Und  legte  den  Finger  an  ihre  Lippen.  (11  Ges.) 

Noch  viel  störender^  wenn  das  Verbum  nur  den  Werth  eines  Auxi- 

liars  hat: 

Und  neigte  den  NAcken.  —  So  nilunen  sie  Abschied.    (21  Ges.  Schluß.) 

Ahnlich  auch: 

Verankert  ligen.    Da5  grOßeste  lösend.  (11  Ges.) 

3.  Nicht  ganz  so  störend,  immerhin  aber  zu  tadeln,  sind  Beto- 
nungen, wie: 

(a)  Statt,  wie  sie  geglaubt,  sogl^ch  nach  Drontheim 
{b)  Znrfick  ra  kehren,  in  anderem  Kahne  (11  Ges.) 

In  (a)  ist  die  Betonung  sogUich  logisch  eorrect^  aber  prosaisch  statt: 
sogleich  nach  Drontheim.  —  In  (6)  besteht  der  Stabreim^  wenn  man  nicht 
undeutsch  lesen  will,   eigentlich  nur  ftLr  das  Auge.  —  Die  Betonung: 

Sie  hab  ihn  gekfißt  mit  so  kälten  Lippen  (28  Ges.) 

ist  correct,  wogegen  die  sonst  auch  begegnende: 

Mit  heissen  Kfissen  ihr  KSpfshen  .... 

nicht  ganz  sauber  ist  —  Nicht  zu  loben  ist  femer 

4.  die  Neigung  zu  unzeitiger  Häufung  des  Stabreims,  sei  es  (bei 
einem  Reimstabe)  zu  der  Formel  1  -f-  2  oder  2  -f-  2  oder  zur  Anwen- 
dung eines  Nebenreimes,' z.  B.: 

Daß  ich  meüite,  da  schwämme  ein  maüsgroß  Mdnschlein  (11  Ges.) 
Erlöste  vom  Selbstschein  die  lebende  Seele. 

Berechtigt  mag  der  weichere  Rhythmus  dagegen  erscheinen  in  Fällen  wie: 

Bfit  lieblichen  Tönen  die  Töchter  der  Luft! 

Völlig  unvereinbar  endlich  mit  der«  alten  Technik  erscheint  mir  die  öfter 

begegnende  Nöthigung^   ein   gar   nicht   im  Stabreim   stehendes  Wort 

über  die  Reimstäbe  im  Ton  zu  erhöhen: 

Und  Verseihnng  werth  macht  —  Dir  M  (so)  Tersiehen. 


382  ^  wHjKEN 

Oder  sollen  hier  Und  und  ist  die  beiden  herrschenden  Reimstibe  Min? 
—  Für  die  Richtigkeit  der  neuerdings  aufgefundenen  Regeln  aber  liOigt 
(ausser  der  im  Allgemeinen  bestätigenden  Praxis  des  Älterthtuns): 

L  Die  Übereinstimmung    mit  dem  Geiste ,  welcher  die  Betonung 
der  germanischen  Sprachen  überhaupt  bestimmt 

n.  Der  berechtigte  Unterschied  des  poetisch-rhetorischen  Aecentes 
von  dem  logisch-prosaischen« 

Ad  L  Während  eine  aufmerksame  Beobachtung  lehrt,  daß  der* 
selbe  Gedanke,  welcher  das  Wesen  der  grammatischen  CompeatioB 
geregelt  hat,  auch  —  in  erweiterter  Anwendung  —  der  rhythmisdien 
Composition  zu  Ghrunde  liegt,  spricht  die  unnöthige  Erhöhung 
Tieftons  über  den  vorhergehenden  Hochton  oder  die  Annahme 
annähernd  gleichstarken  Betonuug  —  in  componierten  oder  nicht  oom» 
ponierten  Worten  —  dem  Genius   der  Sprache  Hohn   und  annulliert 

eigentlich  wieder  die  grammatische  Composition,  was  in  Fällen  wie 

« 

■oido  wdrdlfco  wördun  l&bhodon 

und  vielen  Andern  doch  sicher  nicht  die  Absicht  des  Dichters  war, 
wenn  auch  Vetter  S.  53  darin  einen  Vorzug  zu  finden  scheint.  Aber 
auch  Beöv.  2515  wäre  eine  Betonung 

of   terdsMe  üt  gefliced 

ein  trauriges  Vergnügen,  da  der  Rhythmus  die  Einheit  der  Compodtion 
zu  erhöhen,  nicht  zu  zerstören  suchen  muß.  Wollte  man  aber  dnrdi 
die  Anwendung  des  Gravis  in  solchen  Fällen  sich  vor  dem  Vor- 
wurfe einer  Abschwächung  des  Hochtons  schützen  wollen,  so  tan^  dies 
Argument  vortrefiFlich  ftirs  Auge,  aber  ebenso  schlecht  Airs  Ohr:  ent- 
weder ist  nämlich  der  Accent  auf  der  bez.  Silbe  so  schwach,  daß  er 
einer  besonderen  Unterscheidung  von  den  tonlosen  und  unbetonten 
Silben  ebensowenig  bedari^  wie  man  diese  letzten  beiden  Gassen  (nach 
der  z.  B.  von  Zamcke  angenommenen  Unterscheidung)  durch  besondere 
Accente  auszuzeichnen  braucht,  oder  er  ist  so  stark,  daß  er  der  Wir- 
kung des  rhythmischan  Hauptaccentes  schon  Eintrag  thut,  wenn  er 
sich  diesem  auch  formell  unterordnet  Um  dies  zu  verdeutlichen 
braucht  man  nicht  einmal  Verse  —  aber  womöglich  richtig  —  zu  lesen, 
sondern  kann  sich  schon  an  die  bewegtere,  ungebundene  Rede  halten. 
Ein  erzürnter  Vater  sagt  etwa  zu  seinem  Sohne: 

a)  leh  si^  Dir  Dies  jetst  — 

h)  loh  hibe  Dir  Dies  schon  einmsl  gesagt.  — 

e)  SoU  ioh^Dir  Dies  etwa  warn  dritten  Male  sagen?  — 

In  6)  läßt  sich  auch  die  Betonung  schon  einmal  oder  sch6n  einmal 
denken,  welche  aber  dann  Versetzung  von  „ich  habe^  in  rhythmische 


METRISCHE  BEMEKKUNOEN.  288 

Senkung  nicht  nur  zuläßt,  sondern  erfordert,  wenn  das  Ohr  nickt  durch 
einen  wunderlichen  Doppelaccent*)  irritiert  oder  der  Satz  statt  in  Einern 
Athem,  vielmehr  in  zwei  Absätzen: 

ich  hibe  Dir  Dm 
schon  einmal  (gesagt  — 

gesprochen  werden  soll,  wodurch  er  nicht  mehr  einem  Verse,  sondern 
einem  Verspaare  entspricht  —  Auch  e)  liesse  sich:  S611  ich  u.  s.  w. 
(mit  zwölfsilbiger  Cadenz)  oder  in  zwei  Sätzen  vortragen.  —  Da  die 
hier  als  fehlerhaft  bekämpfte  Betonung  von  so  ttLchtigen  Metrikem, 
wie  Vetter  und  Rieger  —  als  Consequenz  der  Zweihebungtheorie  — 
flir  richtig  gehalten  wird,  mag  hier  auch  daran  noch  erinnert  werden, 
daß  neben  der  Heranziehung  von  Tieftönen  zu  Versaccenten  auch  in 
Fällen  wie  eordsele,  td  gebidanne  (Beöv.  2452)  u.  s.  w."^  auf  der 
anderen  Seite  öfter  eine  Verlegenheit  entsteht,  wenn  man  von  einer 
grösseren  Anzahl  scheinbar  hebungsftlhiger  Silben  doch  (dem  Schema 
zu  Liebe)  nur  zwei  sich  aneignen  darf,  was  sehr  häufig  z.  B.  2517: 

hyAte  h^bnberend  hfndeman  Aäe 

der  Fall  ist,  warum  nicht  hämbirend?  oder  härentd  häarda?  (2475). 
—  Sollten  nicht  etwa  die  Vierhebungsmänner  Recht  behalten  oder  etwa 
einer  DreihebungsAeorie  die  Zukunft  gehören?  Schwerlich!  Vielmehr 
wird  jede  Theorie,  welche  darauf  abzielt,  ftlr  den  alliterierenden  Vers 
eine  bestimmte  Anzahl  von  Hebungen  (abgesehen  natürlich  von  der 
skaldischen  Technik,  auf  die  ich  sogleich  noch  zurtlckkomme)  anzu- 
setzen, in  unseren  Texten  bald  vielleicht  die  gewünschte  Zahl,  aber 
eben  so  oft  sicher  ein  Plus  oder  Minus  erhalten,  und  alle  Versuche,  dies 
thatsächliche  Verhältniss  lediglich  auf  eine  Verwirrung  und  Verirrung 
der  Überlieferung  zurückzuftlhren,  wird  der  ehrliche  Forscher  als  ver 
gebliche  Selbsttäuschung  allmählich  aufgeben  müssen.  —  In  Fällen  wie 
Häv.  73,  1  kann  man  nach  logischer  Betonung  3  Hebungen  nicht  ent- 
behren, bei  rhythmischer  Lesung  genügt  öine. 

Daß  aber  auch  die  skaldische  Technik,  welche  allerdings  eine 
feste  Anzahl  von  Hebungen  kannte,  als  unentbehrliches  Kennzeichen 
derselben  den  Stabreim  ansah  —  daß  es  also,  vom  Standpunkte  der 


*)  Ein  toloher  ist  rfaythmiseh  mir  aUen&Us  berechtigt  in  etwas  stirkeren 
Aceentvenen,  wie  Sigkv.  sk«  ST,  7^8,  wo  dsnn  ein  wirklieher  Nebenstahreim  ania- 
nehmen  ist.    Aber  in  FSllen  wie  B^y,  1  erkenne  ieh  ihn  nicht 

**)  Noch  gewaltsamer  sind  freilich  Betonungen,  vor  denen  auch  Rieger  8.  81 
nicht  zurückschrickt:  6i  |>Am  ddle  Crist  1076,  oder:  ic  mdgeüAe  Be6y.  1661,  also 
vielleicht  auch  6f  ^rdsele  B^v.  2616.  —  Da  sind  wir  fireUieh  schon  mit  einem  Fasse 
in  der  Grabe!  —  Daß  ich  hier  die  scheinbare  Alliteration  der  Vocale  nur  als  die  von 
Snorri  selbst  gestattete  Freiheit  tonloser  Worte  ansehe,  versteht  sich  von  selbst 


284  E*  WILKEN 

alten  Theorie  aus,  ebenso  ungereimt  ist  von  „reimlosen  Stäben*  oder 
wie  man  sonst  diese  Bastarde  poetischer  und  prosaischer  Betonuif 
nennen  will;  wie  es  in  der  Praxis  immer  ein  unfruchtbares  BobIIImi 
sein  wird,  in  unseren  Texten  sie  nachzuweisen  —  dies  geht  klanr 
noch  als  aus  den  oben  citierten  Worten  des  Snorri  aus  denen  seiiMS 
Schülers  6Ufr  HvitaskÜd  hervor,  der  (Sn.  Edda  AM  U,  148— ISO) 
das  Wesen  der  Alliteration  also  frisch  und  fröhlich  beschreibt: 

Paromeon  er  )>at,  er  m9rg  ord  hafa  einn  upphafs-sta^  semhdr: 
Sterkum  stilli  styrjar  y»ni. 

l^essi  figüra  er  mjpk  hofd  i  m^Usnildarlist,  er  Retorika  haitir,  ok 
hön  er  upphaf  til  kvedandi  ])eirar  er  samanheldr  nomenum  ■^^^^•^fi 
sem  naglar  skipi  er  smidr  gorir,  ok  ferr  sundrlaust  ella  bord  fii 
bordi;  svä  heldr  ok  ])essi  figdra  saman  kvedendi  i  skittdskap  meA 
st9fum  )>eim  er  studlar  heita  ok  hpfudstafir.  In  fyrri  figiira*)  gorir 
fegrd  med  hlj6dsgreinun  i  skildskap,  svä  sem  felling  skipsborda;  en 
)>6  eru  fastir  vidir  saman,  )>eir  sem  negldir  eru,  at  eigi  si  vel  feldir, 
sem  kvedendi  heizt  i  hendingarlausum  hättum.  —  OUfr  unteracheidei 
also  mit  Recht  an  der  skaldischen  Alliterationsdichtung  die  nur  durch 
äussere  Convention  zum  (dort  allerdings  sehr  beliebten)  Schmuck  ver- 
wandte Halb-  und  Ganzassonanz  von  dem  Stabreime,  der  filr  diese 
Dichtart  so  wesentlich  sei,  daß  die  Reimstftbe  gewissermassen  den 
Nageln  gleichen,  welche  die  Planken  eines  Schiffes  zusammenhielten* 
Die  ganze  Darstellung,  sowie  das  gewählte  Beispiel  bezeugen,  daß  er 
von  reimlosen  Stäben  keine  Ahnung  hat;  ihre  Annahme  ist  nicht  nnr 
überflüssig,  sondern  redudert  die  rhythmische  Wirkung  der  andeni 
Stäbe,  da  nun  die  Alliteration  nicht  mehr  als  das  wesentliche  Moment 
für  die  rhythmische  Hebung  in  der  Alliterationspoesie  gelten  kann,  sie 
wird  zum  zufUligen,  wenn  auch  conventioneilen  Schmucke,  wie  bei 
Oläfr  die  Assonanz. 

Ad  U  also  über  den  Unterschied  prosaischer  und  poetischer  Be- 
tonung mögen  folgende  Bemerkungen  Allbekanntes,  aber  wie  es  scheint 
noch  zu  wenig  Beachtetes,  hervorheben«  Der  poetischen  Redeweise 
widerstreibt  1.  jede  unnöthige  Anwendung  von  Partikeln  und  nament- 
lich die  übliche  Umschreibung  der  Negation  durch  negative  Partikeln; 
sie  ersetzt  den  Gebrauch  allein  durch  Betonung.  Statt  des  prosaischen : 
„Ich  will  mich  dazu  entschliessen,  denn  ich  weiß  leider  keinen  andern 

Rath'^,  genügt  poetisch: 
Idi  wfll  es  Uuuiy 
loh  weiß  nichts  Anderes  n«  dgL 

*)  Gemeint  ist  die  im  Vorhergehenden  besprochene  Assonans. 


IfETBISCHE  BEMERKUNGEN.  285 

Auch  die  Negation  wird,  wenn  sie  nicht  scheinbar  völlig  fortfkllti  doch 
jedenfalls  in  poetischer  (oder  anch  nur  gehobener  nngebundener)  Bede 
nicht  betont;  daß:  ich  thüe  dies  nicht!  richtiger  betont  ist,  als:  ich 
thue  dies  nicht!  wird  Jeder  filhlen,  vielleicht  ohne  den  Grund  sich 
angeben  zu  können  (vgl.  w.  u.)  —  Wenn  hier  das  Verbum  dem  blossen 
Formwort,  der  Partikel  u.  s.  w.  gegenüber  den  Vorrang  behauptet,  so 
ist  es  selbst  wieder  dem  Substantivum  gewöhnlich  in  der  poetischen 
Betonung  untergeordnet,  wahrscheinlich,  weil  wir  uns  doch  die  durch 
das  Verbum  angedeutete  Thätigkeit  oder  Passivität  nicht  so  klar  vor 
das  Auge  der  Vorstellung  stellen  können ,  wie  die  (in  den  älteren 
Sprachen  ja  überwiegend  auf  sinnlicher  Anschauung  beruhenden)  No- 
mina. Unter  den  Nominibus  hat  wieder  das  determinierende  Eigen- 
schaftswort sehr  häufig  vor  dem  Substantivimi  den  Vorrang,  weil  es 
gerade  die  beachtenswerthe  Seite  nicht  nur  andeuten ,  sondern  scharf 
hervorheben  will: 

Die  schönste  Jongfiran  siteet  -- 
Ihr  g<Sldnes  G^eschmeide  blitiet, 
Sie  kimmt  ihr  goldenes  Btaa  o.  s.  w. 

Ein  ganz  ähnliches  Verhältniss  ist  es,  wenn  das  die  Bichtung  des  Ver- 
bums charakterisierende  Adverb  vor  diesem  rhythmisch  bevorzugt  wird : 
tritt  leise  auf!  u.  Ähnl.  —  Nicht  auffUlig  ist,  daß  Localadverbien  unter 
Umständen  einen  sehr  starken  rhythmischen  Accent  vertragen,  so: 

dort  6ben  wooderbar, 

WO  „wunderbar^!  so  stolz  es  klingt ,  doch  eigentlich  nur  die  Cadenz 
des  Verses  ausftült,  während  mit  „dort  öben^  unserem  Blick  eine 
bestimmte  Bichtung  angewiesen  wird.  —  Zu  beachten  ist  femer,  daß 
Pronomina  in  der  älteren  und  poetischen  Sprache  häufig  stärker  betont 
erscheinen,  wie  in  der  Prosa,  in  einer  Weise,  die  uns  jetzt  schwerer 
verständlich  ist,  als  die  vorher  genannten  Abweichungen.  Betonun- 
gen wie 

on  |>lm  dige  PftMt  Ilfes 

oder  die  von  Hügel,  Über  Otfrids  Versbetonung  S.  10  fg.  als  ^kind- 
liche^ Manier  bezeichnete  Betonung: 

in  th^  selben  thingon 

behalten  ftür  unser  Sprachgefllhl ,  indem  die  demonstrative  Bedeutung 
der  bez.  Pronomina  zu  sehr  abgeschwächt  ist,  etwas  Auffiüliges.  Auch 
die  mhd.  Weise,  das  Personalpronomen  dem  jft!  und  nein!  noch  hin- 
zuzufügen, und  wohl  gar  im  Tone  ttber  dasselbe  zu  erhöhen,  z.  B. 

JQDcfroawe,  wdlt  ir  nemen  mieh? 

spneohe  ich  nü:  hfoe,  nein  lehl  (mhd.  Wb.) 


286  ^  wHjKEN 

gehört  eben  der  lllteren  Sprache  eigenthümlich  an.  —  IMe  gedachten 
Unterschiede  sind  aber  nnr  znm  Theil  als  Unterschiede  des  llteren 
und  modernen  Sprachgeftlhls  zu  betrachten;  zum  Theil  steht  noch  heute 
der  Ausdruck  des  gewöhnlichen  Lebens  in  bewegteren  Momenten  auf 
Seiten  der  älteren,  heute  noch  nicht  ganz  veralteten  Technik. 

Sobald  man  nftmlich  nur  beachtet ,  daß  neben  der  wechaebiden 
Tonstftrke  auch  eine  sehr  unterschiedliche  Tonftrbung  besteht,  ao  wird 
man  sich  Betonungen  wie:  ich  Aüe  das  nicht  u.  s.  w.  sehr  leicht  er* 
liutem,  auch  an  Verwendungen  wie  Ei  ja  wohl!  im  negatiren  Sinne 
(Gr.  Uly  766)  und  anderen  Wunderlichkeiten  nicht  weiter  ^mAo^ 
nehmen.  Soweit  wir  n&mlich  Einsicht  in  die  n^ativen  Partikehi  habeD| 
sind  dieselben  ursprfinglich  sei  es  im  indefinitiven ,  oder  geradesu  üi 
positiven  Sinne  verwandt,  vgl.  z.  B.  jamais!  point!  an.  manngi  =  goL 
mannahun,  nhd.  kein  =  dehein  u.  dgl.  m.*)  —  Diese  Partikeln  dienen 
nicht  sowohl  zur  Bezeichnung,  als  zur  Umschreibung  der  N^ation; 
man  hatte  sich  gewöhnt,  die  Worte  gewöhnlich  mit  negativem  Aocent^ 
zu  sprechen,  und  so  wurde  ihre  Anwendung  im  positiven  Sinne  afl- 
mfthlich  ungebräuchlich  und  sie  gelten  nur  ab  „negative*  Partikdn 
oder  Pronomina.  Weil  aber  der  negative  Accent,  nicht  die  nnr  sor 
Bequemlichkeit  des  lässigen  Ausdruckes  üblichen  Formworte,  das  We- 
sentliche ist,  ist  auch  eine  Betonung  Ich  thüe  das  nicht,  oder 

vata  sindr  ne  §mr 
ni  ffvilar  nimir  — 
gip  Tsr  gimmiiga, 
en  gtiä  hvergi 

die  scheinbar  den  Unterschied  von  positiv  und  negativ  ganz  vernach- 
lässig^ vollberechtigt;  es  sind  eben  sandr,  saar,  svalar  unnir,  graa  mit 
negativem,  gap  ginnunga.  mit  positivem  Accent  zu  lesen.  Und  weil 
eben  der  negative  Accent  schon  auf  gris  ruht,  in  hvergi  nur  gerade 
so  nachklingt,  wie  der  positive  von  gäp  in  var,  so  ist  auch  «»  gria 
hvergi  ebenso  gut  ein  rhythmisches  Compositum***)  wie  der  vorher- 
gehende Vers  ein  solches  darstellt 


*)  Abgesehen  Ton  dem  biB  ins  Skr.  hmaof  gehenden  ne  (na),  das  aber  jeden. 
faUf  keine  reine  Negation  ansdrficken  kann. 

**)  Wem  damit  eine  nnbekannte  CkOsae  Torgeatellt  wird,  der  denke  rieh  etwa 
einen  in  peennilrer  Bediingniae  Befindliehen  animfen:  schöne  Worte  gibts  fiberaU, 
aber  Geld!  Man  TgL  damit  die  Betonung  in:  Geld  regiert  die  Welt 

***)  Da5  diese  AnflEuanng,  an  den  unter  den  Neueren  namentlich  auch  Hom 
schon  hinneigt,  der  alten  Technik  nicht  fremd  war,  beieugt  der  nicht  bloß  in  Hitt, 
sondern  hlufig  belegte  an.  Ausdrack  Ylsuord  oder  bloß  ord  (s.  Vigf.  und  Mob.  a.  y.) 

Der  Inhalt  derselben  galt  gewissermaasen  als  din  Wort^  und  auch  di( 


BIETBISCHE  BEMEBKUNOEN.  287 

Verwandt  aber  der  negativen  ist  eine  andere  Betonüngsweise,  die 
ich  als  retardierenden  Accent  bezeichnen  möchte;  sie  drückt  aus,  daß 
die  mit  dem  Worte  verknüpfte  Vorstellang  oder  der  bez.  Begriff  nicht 
ohne  Weiteres  angenommen  ^  nicht  zur  vollen  Geltung  gelangt  sei 
oder  wenigstens  dieselbe  nicht  angehindert  erreiche.  Vergleichen  wir  z.B. : 

erlegen  seiner  Liebesqnal 

mit  dem  Qoetheschen: 

Glück  ohne  Boli, 
Liebe,  bist  Dn! 

80  wird  für  den  letzteren  Ausruf  die  Betonung  des  Wortes  Liebe  in 
dem  vorhergehenden  Verse  vorgezeichnety  sie  darf  von  der  in  Liebes- 
qual nicht  wie  Tag  und  Nacht  verschieden  sein,  muß  sich  aber  in 
jenem  Falle  schon  durch  den  retardierenden  Accent  zu  der  in  Qual 
liegenden  Begriffsi&rbung  abstufen ,  um  nicht  eine  rhythmische  Disso- 
nanz ärgster  Art  hervorzurufen.  Daß  auch  das  einfache:  ich  liebe! 
mit  sehr  verschiedenem  Accent,  mit  stark  retardierendem  z.  B.  in  dem : 

Ich  liebe  meine  Mutter 

des  Don  Carlos  in  Schillers  Trauerspiel  zu  sprechen  ist,  kann  man 
von  jedem  halbwegs  geschulten  Schauspieler  lernen.  Nach  solchen 
modernen  Mustern  sind  nun  aber  Verse,  wie 

at  HAlfir  konongr 
hlsBJandi  dö  (lies  Ujbj) 
und:  er  eigi  Uttar» 

lif  en  dandi  (BiXü  s.  C.  XIII) 

zu  lesen.  Es  ist  namentlich  der  letzte  Vers  nicht  ganz  leicht  zu  re- 
citieren,  es  muß  in  demselben  eine  gewisse  Lebenssattheit  auf  lif  zum 
Ausdrucke  kommen,  die  das  Leben  als  mindestens  ebenso  schwer  wie 
den  Tod  ansieht  Dem  retardierenden  Accente  gegenüber  steht  nicht 
nur  der  positiv -verstärkende,  sondern  auch  eine  Betonung,  welche 
man  ,, triumphierend^  nennen  könnte,  welche  die  mit  dem  Worte  ver- 
bundene Vorstellung  so  zu  sagen  mit  Füssen  tritt|  z.  B.  Musp.  15 

dar  fdH  neoman  sinh  (so  Cod.), 

WO  die  negativen  Coloraturen  in  der  rhTthmischen  Senkung  erst  au 
siuh  zum  Ausdrucke  kommen  können,  wo  nun  die  Betonung  sozusagen 
triumphiert  über  den  Begriff:  Krankheit  —  Als  dassisches  Beispiel 
ftlr  den  ^^polemischen  Accent*'  kann  ich  an  das  bekannte:  Quos  ^o! 


Benennung  spricht  daftlr  ,  daß  ursprfln^oh  nur  din  Beimstab  dem  Verse  snkam. 
Vgl.  auch  HAv.  140,  4 — 6.  Auch  die  ags.  Technik  seheint  ord  als  Beseiohnung  Ar 
die  Versseile  verwandt  sn  haben:  vord  öder  fand  Beöv.  871,  wo  ich  swar  ord  mit 
Orein  im  ags.  Glossar  als  N.  Sing,  fssse»  aber  auf  das  Beimwort  (nebst  Enklitids) 
besiehe. 


288  ^  WILKBN 

Vergils  erinDern.  Hier  wird  allein  durch  die  Betonung  das  VerliiltniH^ 
das  eventuell  zwischen  Subject  und  Object  eintreten  würde,  in  einer 
Weise  colorierty  daß  Letzteres  schwerlich  nach  einer  genaueren  De- 
finition Verlangen  trägt  Auch  unser  nhd.  Wortwechsel  pflegt 
mit  einem,  wenn  auch  massig  polemischen  Accent  gesprochen  sa 
den,  so  daß  wir  ausdrücklich  von  ^friedlichem  Wortwechsel''  redet 
müßten ;  wenn  wir  das  ags.  «vordum  vrixlan^  aufnehmen  wollten^ 
Ebenso  ist  die  Wendung  „ein  Wort  gab's  andere^  nach  unserem  nhd. 
Sprachgefühl  immer  mit  polemischer  Coloratur  zu  sprechen,  wihrend 
das  der  grammat  Construction  noch  wohl  ganz  entsprechende  aga.  ord 
dder  fand**)  vielmehr  das  erwünschte  Sichfinden  der  Beimstäbe  mant 
und  daher  zu  möglichst  conciliantem  Accente  auffordert  —  Die  Be- 
achtung der  verschiedenen  Toncoloratur  ermöglicht  nicht  nur  one 
fehlerfreie  Betonung  von  hl&jandi  dö  mit  äner  Hebung ,  sondern  lißt 
auch  die  scheinbare  Dissonanz  der  Vorstellungen  viel  leichter  mk 
auflösen  y  als  dies  bei  einer  Betonung  mit  zwei  (oder  gar  vierl)  He- 
bungen der  Fall  wäre.  Bei  „lif  en  daudi^  muß  auf  In  schon  der  Ae- 
Cent  eine  gewisse  Todessehnsucht  andeuten,  die  mit  dem  folgenden 
daudi  verschmilzt,  dann  ist  auch  dieser  Vers  ein  tadelloses  rhydh 
roisches  Compositum. 

Die  hier  kurz  skizzierte  Auflassung  der  AUiterationspoeeie  wurde 
in  ihren  Hauptzügen  bereits  im  Winter  1874 — 1875  in  einer  Vorlesung 
über  altd.  Metrik  entwickelt,  seitdem  habe  ich  wiederholt  gelegentlidi 
angedeutet,  daß  ich  nur  ^ine  Hebung  fbr  die  Yerszeile  der  AUiteratims* 
Poesie  ftir  nöthig  hielte.  Sollten  Andere  bereits  zu  ähnlichen  Besaltaten 
gelangt  sein*^,  so  würde  es  mir  recht  lieb  sein;  ftLr  mich  selbst  besteht 
kein  Zweifel  mehr  an  der  Bichtigkeit  der  hier  entwickelten  Auffassung, 
welche  sowohl  in  der  Theorie  sich  völlig  consequent  bleibt,  als  aneh 
der  skaldischen  Kunstauffusung  gerecht  wird,  endlich  unseren  Terten 
nicht  Dur  keinerlei  Zwang  anthnt,  sondern  einen  wirkungsvollen  Vor^ 
trag  derselben  allein  ermöglicht  Niemab  sind  wir  genöihigt_Vme 
ohne  Senkung  anzunehm^  —  Die  Zweöiebungstheorie   dagegen   hat 

*)  Nalilrfioh  kmim  sich  ein  polemiAeher  Accent  nnr  dnrch  allmihliclMn  Usoi 
lestsetien,  er  beniht  in  diesem  Falle  Tielleicht  auf  einem  Vergldoh  mit  Aosdiüekss 
des  Kampfes,  TgL  das  mhd.  sperwehseL 

**)  ,Wort  reihte  sich  an  Wort"  fibersetst  Grein  richtig  im  ags.  S^mehaehstiy 
anders  erklirt  es  Heyne  im  Gloss.  tu  Behr. 

*^*)  Wenigstens  heißt  es  in  der  nenen  Ausgabe  der  AnaL  Norr.  Ton  Th.  |ISbto 
8.  S74:  Die  Hebungen  im  Verse   des  Fomyrdalag  sind   swei,  wenn  nicht  bloß  eisa 
oder  drei.  —  Übrigens  erdefat  man,  daß  Mobins  anch  jetst  noch  reimlose  Hebungen  ^' 
annimmt.  ~ 


BfETRISCHE  BEMERKUNGEN.  289 

auch  in  ihrer  neuen  Begründung  durch  Vetter  den  Widerspruch  der 
Lachmannianer  und  nicht  bloß  dieser,  sondern  auch  einiger  andern 
Anhänger  der  Vierhebungsthoorie  nicht  zu  entkräften  vermocht;  sie 
krankt  noch  immer  an  dem  irrigen  und  fast  wunderlichen  Meinen,  das 
Wesentliche  (die  Zahl  der  Reimstäbe)  einem  ziemlich  freien  Wechsel 
überlassen,  das  relativ  Unwichtigere  (zwei  grammatische  oder  logische 
Hochtöne,  event.  einen  Hochton  und  einen  stärkeren  Tiefton)  fest  be- 
stimmen zu  wollen.  Indem  sie  damit  das  grammatisch -logische  Princip 
über  das  rhythmisch-poetische  erhebt,  verfällt  sie  dem  Fehler,  an 
Fragen  der  Poesie  den  Maßstab  der  Prosa  zu  legen  —  und  da,  wie 
ich  nachgewiesen  zu  haben  hoffe,  die  rhythmisch-poetische  Betonung 
(abgesehen  von  einzelnen  immerhin  verzeihlichen  poetischen  Freiheiten) 
zugleich  die  eigentlich  auch  dem  modernen  Sprachgefühl  nach  richtigere 
und  logischere  ist ,  so  kann  sich  die  Verkennung  des  poetischen 
Betonungsprincipes  auch  nicht  durch  eine  wirkliche  Rücksichtnahme 
auf  Logik  herausreden.  Ihr  einziger  Vorzug  besteht  darin,  der  prosai- 
schen —  d.  h.  aus  Nachlässigkeit  ungenauen  —  Wortbetonung  sich 
anzuschliessen  und  somit  sehr  bescheidene  Anforderungen  an  die 
Kunst  des  Vortragenden  zu  stellen;  was  man  dann  aber  zu  hören 
bekommt,  ist  nicht  Stabreimdichtnng,  sondern  nur  eine  Art  Reimprosa. 
—  Sollte  es  nicht  Zeit  werden,  zu  einer  richtigeren  Auffassung  zurück- 
zukehren? 

Denjenigen  aber,  welche  noch  mit  Zweifeln  gegen  die  absolute 
Richtigkeit  unserer  Auffassung  zu  kämpfen  haben,  sei  zu  bedenken 
gegeben,  d|iß_un8er  System  keine  Schablone  sein  will,  in  die  jeder 
Vers  ohne  Weiteres  sich  fügen  soll  und  muß.  Vielmehr  sucht  sie  nur 
die  aUgemeinen  Grundsätze  für  die  Versöhnung  des  rhythmischen  und 
des  grammatisch -logischen  Tonprincipes  in  der  Alliterationspoesie  zu 
vermitteln,  und  ist  um  so  weniger  geneigt  auf  eine  über  allen  Anstoß 
beim  Recitieren  erhabene  Vortragsregel  sich  steifen  zu  wollen,  als  die  uns 
vorliegenden  alliterierenden  Denkmäler  offenbar  einen  Übergang  von  der 
einfachsten ,  älteren  Weise  des  Stabreims  zu  jener  complicierteren 
Kunstform  bilden,  wie  sie  auf  dem  altnordischen  Gebiete  die  skaldische 
Technik  darstellt  Die  Entwickelung  verhielt  sich  in  den  Hauptzügen 
so,  daß  in  der  ältesten  Zeit  nur  verwandte,  zumeist  nominale  Bildung 
mit  wenigen,  praefix-  oder  suflßxartigen,  Partikeln  umkleidet  das  Vers- 
paar dai*stellten,  z.  B.  noch  nhd.: 

Tod  und  Teufel! 

weiterhin  aber  jjlie  Abschwächung  des  Worttones  schon  für  die  Prosa 
die  Composition,    d.  h.  eben   das  Sichbegnügen  mehrerer  Worte    mit 

GERMANIA.  Nene  Beihe.  XII.  (XXIY.  Jahrg.)  \^ 


/ 


290  E-  WILKEN 

änem  Hocbtone;  in  weitem  Umfange  förderte,  welcher  Vorgang  tk 
den  Vers  sieh  in  noch  weiterem  Masse  verwirklichen  läßt.  Wir  glanbla 
uns  berechtigt,  as.  word  godes  ebenso  gut  wie  unser  nhd.  Oötteswwt 
als  rhythmisches  Compositum  zu  fassen ,  und  fanden  nur  dort  eine 
Art  von  Schwierigkeit,  wo  disparate  oder  doch  gewöhnlich  scharf  iints- 
schiedene  Begriflfe  und  Vorstellungen  von  äinem  Versaccente  beherrsch 
werden  sollen,  wie  in 

hliejandi  dd. 

Daß  sich  derartige  Fälle  hier  und  da  ergeben,  war  eine  Folge  der 
durch  die  gewöhnliche  Abschwächung  des  Wortaccents  bedingten  Hir 
fung  mehrerer  Worte  im  Verse;  und  wenn  man  nun  auch  ftlliwift^^» 
sagen  könnte ,  daß  nach  der  Analogie  der  weit  überwiegenden  FiHe, 
wo  die  im  Verse  zusammenstehenden  Worte  sich  auch  begrifflich  mtit 
leicht  componieren,  auch  jene  scheinbaren  Ausnahmen  sich  rickleB 
müßten  y  so  habe  ich  doch  vielmehr  die  Möglichkeit  zu  erweisen  ge- 
sucht, durch  einen  etwas  kunstvolleren  Vortrag  auch  derartige  Woit- 
verbindungen  wie  lif  en  daudi  als  rhythmische  Composition  erkemia 
zu  lassen.  Und  wer  die  von  mir  oben  geforderte  Betommg  als  n 
künstlich  bezeichnen  möchte,  der  steht  gerade  auf  dem  Standpunkte^ 
von  dem  aus  sich  das  Verhältniss  der  prosaischen  zur  poetischen  Be* 
tonung  am  leichtesten  erläutert    Allerdings  sind  wir  im  Stande  mit 

Ich  will  es  thuD, 

Ich  weiß  nichts  Anderes 

durch  einen  pathetisch-resignierten,  negativen  Accent  von  ziemlidier 
Stärke  (der  eben  die  Verwendung  des  Verbs  zur  rhythmischen  Hebung 
rechtfertigt)  auf  „weiß^  eben  so  Viel  oder  Mehr  zu  sagen,  als  die 
Prosa  mit  «Ich  will  es  meinetwegen  thun,  denn  ich  weiß  ja  leider 
wirklich  mir  nicht  anders  zu  helfen^.  Durch  noch  stärkere  Betonung 
von  weiß  (vgl.  mit  will;  wird  in  rhythmischer  Weise  der  Causalnezos 
beider  Sätze  angedeutet;  das  stärker  betonte  Glied  bildet  die  natfirliche 
Grundlage  für  das  leichtere.  Aber  ebenso  gewiß  wie  die  Correcthttt 
der  rhythmischen  Betonung  ist  andererseits  ihre  Unbequemlichkeit  ftr 
den  gewöhnlichen,  fortlaufenden  Vortrag;  diesem  ist  selbst  eine  so 
massenhafte  Anhäufung  von  umschreibenden  Partikeln  und  Adverbien, 
wie  ich  sie  in  der  Paraphrase  anwandte,  weit  mundgerechter  als  die 
einmalige  Verwendung  eines  gesteigerten  und  dabei  verschieden-nflan- 
cierten  Wortaccentes.  —  Finden  wir  dies  Verfahren  wohlverständlieh, 
so  dürfen  wir  noch  weniger  der  Poesie  aus  ihrem  Festhalten  an  der 
wahröcheinlieh  älteren,  jedenfalls  wirksameren  rhythmischen  Betonunga- 


METRISCHE  BEMERKUNGEN.  291 

weise*)  einen  Vorwurf  machen.  —  Auch  da,  wo  wir  poetische  Frei- 
heiten einräumen,  sind  dieselben  doch  meistentheils  nicht  so,  daß  sie 
eine  Unrichtigkeit  involvieren.  Die  Betonung  bdam  Ecg))eöves  oder 
h^lm  Scyldinga,  die  ich  oben  forderte,  mag  noch  auf  Widerspruch 
stossen ;  sobald  man  sich  aber  klar  macht,  daß  die  betreffenden  Worte 
für  den  Sinn  in  allen  Fällen  dieser  Betonung  entbehrlich  sind,  in 
vernünftiger  Prosa  (nicht  einer  ängstlichen  Paraphrase)  also  fortfallen 
müßten,  daß  sie  nur  das  Versmaß  zu  füllen  bestimmt  sind,  nur  ein 
Ausfüllen  der  Versmelodie  durch  einige  Worte  bezwecken,  so  wird  man 
einräumen,  daß  hilm  Scyldinga  =  Sigeskyldinga  hier  keinen  Anstoß 
mehr  bietet.  —  Am  auflUlligsten  bleiben  unserem  Gefühle  vielleicht 
die  pronominalen  Betonungsweisen  wie 

on  )>fiin  däge  )>j^sses  lifes, 
wobei  möglicherweise  die  Begriffscorrespondenz  oder  der  Sinnreim  von 
„däg"  und  „lif"  (vgl.  unser:  Licht  des  Lebens,  Licht  der  Welt)  als 
Reim  geroeint  ist,  wenngleich  zu  dieser  Annahme  die  häufige  Verwen- 
dung von  ))ysses  lifes  in  der  ags.  (namentlich  geistlichen)  Poesie  gerade 
nicht  ermuntert.  Derartige  Einzelheiten  aber  mögen  und  dürfen  immer- 
hin genauerer  Prüfung  vorbehalten  bleiben ;  mir  kam  es  hier  zunächst 
darauf  an,  die  Hauptfragen  der  Stabreimtechnik  in  ein  etwas  helleres 
Licht  zu  setzen. 

Noch  liegt  mir  daran  zu  betonen,  daß  unsere  Alliterationspoesie 
keineswegs  den  Charakter  einer  bereits  fest  abgeschlossenen  Kunstform 
zei^t.  Jenes  allüberall  gelegentlich  auftauchende  sei  es  Streben  nach  Ver- 
stärkung der  rhythmischen  Kunstmittel  oder  sei  es  nur  Zuiriedensein  mit 
gelegentlich  unterlaufenden  Endreimen,  Assonanzen,  vor-  und  nachklin- 
genden Stabreimen,  Doppelreimen  läßt  sich  ja  in  Kürze  dahin  charakteri- 
sieren, daß  für  den  mit  der  Zeit  wortreicher  gewordenen  Vers  namentlich 
in  Fällen  etwas  stärkerer  Betonung  der  Stabreim  sei  es  als  1  -|-  1,  sei  es 
auch  als  2  4-  1^  gehandhabt  nicht  immer  mehr  ausreichend  erschien, 
die  Herrschaft  allein  zu  behaupten.  Die  wenigstens  ftlr  mein  Geftlhl 
kunstgemässeste  Lösung  fand  die .skaldiache.  Technik.,  indem  sie  auf 
jede  Steigerung  des  Stabreims  über   die  Formel  2  +  1  verzichtend**) 


*)  Noch  wirksamer  und  nGancenr eicher  ist  natürlich  die  Sprache  des  Auges, 
die  ebendarum  auch  wohl  die  älteste  sein  wird.  Wen  hier  die  eigene  Erfahrung 
nicht  belehrt,  der  mag  an  Schillers  schönes  Rüthsel  (Par.  und  Räthsel  6)  sich  mah- 
nen lassen. 

**)  Daß  eine  vollere  Cadenz  fllr  den  zweiten  Halbvers  erwünscht  war,  zeigt  die 
Häufigkeit  von  Betonungen  wie  i'iptekumanne  goma-thigg^an  n.  s.  w.  neben  ganz  verein- 
zelten wie:  dilr  nist  neoman  siiih. 


292  ^'  KEINZ 

▼ielmehr  in  der  Assonanz  ein  neues  Mittel  fand,  um  die  innere  EiBhät 
des  Verspaares  auch  bei  etwas  grösserer  Wortfiilie  sicher  xn  stdki; 
die  Assonanz  hat  darin  einen  sozusagen  weiblichen,  dem  nngesehnhB 
Ohre  oft  kaum  merklichen  Einfluß  zu  bewähren  unter  der  Herrsdnft 
des  männlich  angelegten  Stabreimes.  Man  vgl.  mit  jenen  oben  1ml 
sprochenen  Stellen  der  Hälfssaga  (hl»jandi  do)  oder  mit  dem  scki 
leichteren   (Atlakv.  24,1—2): 

er  til  hjarta  skAm 

wo  ich  die  rhythmische  Accentfiürbung  wohl  nicht  mehr  zu  definMRi 
brauche,  den  Schluß  der  Kräkumal  (Fas.  I,  310) 

(28,  9—10)  6s8  mana  «air  bj6da, 
er  at  s^Undi  daadi.  — 
(29)  F^samz  bins  at  hetta. 
heim  bjöda  mSr  disir, 
sem  fr&  Heijans  hOlla 

hdfir  Odiiin  m6r  sendar; 

*  * 

gladr  skal  ek  öl  med  asnin 

i  Ondvegi  drekka, 

lifs  em  lidnar  standir  — 

Isejandi*)  skal  ek  deyja!  E.  WUXES. 


DEUTSCHE  NATIVITÄT  DES  XII.  JAHR- 

HUNDERTS. 


Nachstehendes  Bruchstück  bildet  den  Inhalt  eines  Qnaiiblattai» 
das  auf  dem  Hinterdeckel  des  Clm  19515  der  Münchener  Bibliothd^ 
aufgeklebt  war.  Bei  der  Ablösung  hat  die  Rückseite  etwas  an  Schrift 
verloren;  doch  ließ  sich  fast  der  ganze  Text  nach  einiger  Waachmi^ 
mit  ziemlicher  Sicherheit  herstellen.  Das  Blatt  ist  in  der  Mitte  von 
oben  nach  unten,  aber  ohne  Schaden  filr  die  Schrift  in  2  Stücke  aer- 
schnitten;  und  mögen  unten  1 — 2  Zeilen  fehlen^  oben  ist  die  linke  Ecke, 
ungefi&hr  wie  nachstehend  zur  ersten  Seite  angegeben,  weggeschnitten. 
Die  schöne  Schrift  wird  an  die  Scheide  des  Xu.  und  XIII.  Jahrhun- 
derts gehören.  Die  wenigen  Längezeichen  (auch  in  lün)  stehen  in  der 
Hs.,  e  hinter  d  ist  auch  im  Innern  der  Wörter  dem  d  oben  angehXngt; 
bei  dem  zweimal  vorkommenden  stcite  ist  unsicher  zu  entscheiden,  ob 


*)  FOr  hlspjandi. 


DEUTSCHE  NATIVrrÄT  DES  XII.  JAHliHUNDERTS.  293 

stette  oder  Bteite  geschrieben  sei,  doch  lese  ich  mit  ziemlicher  Sicherheit 
steite  (vgl.  vreivel).  Der  Schreiber  hat  zweierlei  z,  das  einem  h  ähn- 
liche nur  ausnahmsweise;  daftir  aber  auch  c  (dieses  fast  immer  in  cehen). 

röm  Wirt  in  vier 
ist  zu  allen  dingen  gvt 
wirt  gvt.  vn  vrevntliche.  d'v  mait 
ne  vn  niht  alt.  d*r  sieche  stirbet  schiere 
er  gilt  vi!  lange,  df  tröm  wirt  war.  Dev  dri 
cehen  te  lün.    ist  von  mittem  tage  gvt.    si  ist  aber  niht  g^t  anzevahen 
ein  leglich  dinch  Gebomz  chint  wirt  manhaft  Chvene  vn  her.  vn  wirt 
niht  alt  d*v  mait  wirt  vreiuel  vn  her.    vn  stirbet  schiere,     dr   sieche 
wirt  schiere  gesunt.    od'r  er  stirbet  schiere,    df  tröm  erget  in    siben 
tagen.  Dev  viercehente  lün  ist  ze  allen  dingen  gvt.  Daz  gebom  chint 
wirt  chuen  her  vn  stirbet  schiere,    d^'v  mait  wirt  ker  vn  chivsche  mit 
mannen,  vn  stirbet  schiere,  dr  sieche  gnist  schiere  odr  er  stirbet  schiere, 
df  tröm  erget  schiere  Dev  vumftcehente*).  lun  ist  niht  g^t.  df   alt**) 
wirt  niht  steite.  daz  gebom  chint  wirt  g^t  vn  chivmt  in  not  von  isen. 
odf  von  wazzer.  dv  mait  wirt  chivsche  vn  minnechlich.  df  sieche  stir- 
bet ob  er  nach  zuain  tagen  niht  gsvnt  wirt.  df  tröm  schadet 

Rückseite. 

Dev  sehscehente^  |  sieche  wirt. . .  ^  |  milt  vn  steite.  dv  mait  wirt. . .  ^  | 

dr  tröm  wirt  nach  langen  ziten  vm^  |  sibenzehente  lün  ist  allen 

tach  gvt.  daz  geb^(om)  |  chint  wirt  vrevntliche  charch.  lirnich.  chvene 
vn  I  warhaft,  dev  mait  wirt  chivsche  vn  rieh,  df  sieche  |  lit  lange***), 
df  tröm  wirt  schiere  (war?)  Dev  ahtze  |  (heute)  lün  ist  ze  allen  nit 
f )  gvt  wan  dv  chint  ze  limen  zuset  zen  df  gebom  sun  wirt  |  sige- 
haft.  vmbedrozzcn  vü  redlich,  dv  mait  wirt  |  chivsche.  vn  arbaitsam. 
df  sieche  wirt  gsunt  schier  |  df  tröm  wirt  in  cehen  tagen  war  | 
Dev  nevntzc  |  heute  lün  ist  zv  allen  dingen  gvt.  daz  gebom  chint  | 
wirt  getrev  gvt.  charch  wise.  dv  mait  wirt  sam.  df  sieche  wirt  schier 
gesunt  von  erzenie.  df  tröm  |  erget  in  viumf  tagen.  Dev  zvainzigest 
lün  ist  allen  tach  gvt  si  ist  aber  ze  werche  unnutze,  daz  |  gebom 
chint  wirt  charch.  dv  mait  wirt  sam.  |  df  sieche  serwet  lange  df  tröm 
wirt  unnuitze.  F.  KEINZ. 

*)  Das  erste  t  ist  nur  mehr  am  Querstrich  erkemibar  und  scheint  radiert  zu  sein. 
**)  Zwischen  a  und  t  ein  Loch;  das  i  nicht  sicher. 
***)  nndeutlich. 
t)  Loch. 


294  K.  BARTSCH 

MARGARETENLEGENDE  DES  Xlf.  JAHRHUN 

DERTS. 


In  dem  kürzlich  von  der  königlichen  Bibliothek  zu  Berlin 
worbenen  Codex  der  Enenkelschen  Weltchronik,  germ.  fol.  927,  einer 
Papierhandschrift  des  fünfzehnten  Jahrhunderts,  steht  auf  der  Vorder- 
seite von  Blatt  235  der  nachfolgende  Anfang  einer  unbekannten  Mar- 
garetendichtung. Ich  verdanke  Arnold  Schröer  eine  sorgfkltige  Ab- 
schrift derselben.  Die  Legende  ist  von  anderer^  weit  scUechterer 
Hand  geschrieben  als  die  Weltchronik.  Die  ersten  drei  Zeilen  sind 
etwas  nach  rechts  gerückt  ^  um  dem  fehlenden  Anfangs-E  Raum  tu 
lassen.  Ich  gebe  zunächst  einen  kritisch  bereinigten  Abdruck ,  don 
ich  die  nothwendigen  Bemerkungen  folgen  lasse. 

Hi  hebet  an  sente  Margareten  buch. 

Ein  stat  di  heizet  Antioch 

und  8t@t  in  Eoichen  lande  noch, 

da  was  ein  herre  gesezzen 

wtse  und  vormezzen, 
5  edel  unde  riebe; 

he  lebete  heidenliche: 

Teodoslus  was  he  genant, 

als  uns  di  schrift  tut  bekant. 

he  was  der  beiden  bischof : 
10  des  namen  si  plegen  noch, 

di  türisten  under  in, 

di  er  ^warten  sin. 

der  selbe  heidenische  man 

eine  tohter  gewan, 
15  di  wart  Margarete  genant. 

c  daz  megetin  du  wurde  alt, 

du  starp  sin  müter, 

eme  zungüte. 

der  vater  moht  daz  kint  niht  bewarn, 
20  he  sante  ez  andercswar 

einer  witwen  in  ein  ander  stat: 

daz  kindichen  he  zien  bat. 


Überschrift  Margreten.  3  herre  /«AÜ.  4  unde.  5.  6  tti  einer  Zeile. 

riche  fehlt         8  also.         10  namen  feliU.         1 1  Dy  furstcii  under  on.       15  Margaret 
J8  Eme  zu  gute.        20  and'e  war. 


MARGARETKNLEOENDE  DES  XII.  JAHRHUNDERTS.  295 

daz  tut  man  noch  hüte, 

daz  man  kuschen  lüten 
25  junge  megetin  bevelit, 

wan  daz  harte  wol  zemit, 

daz  man  di  in  der  jugende 

züt  zu  solchen  tugenden, 

daz  si  in  ubbekeit  iht  leben, 
30  swanne  si  di  man  genemen. 

di  wetwe  was  edel  und  riebe: 

si  enphing  di  maget  gütliche 

und  zöch  si  mit  solchen  6ren 

alse  si  er  kint  w6re. 

Die  Handschrift  ist,  wie  man  sieht,  von  erheblichen  Fehlem  nicht 
frei.  Für  die  Beschaffenheit  der  Vorlage  bezeichnend  ist  der  Umstand, 
daß  zwei  Zeilen  (5.  6)  auf  diner  Zeile  stehen;  es  scheint  daraus  her- 
vorzugehen, daß  die  Vorlage  nicht  in  abgesetzten  Versen,  sondern 
fortlaufend  wie  Prosa  geschrieben  war,  wie  dies  bei  Dichtungen  des 
12.  Jahrhunderts  das  übliche  ist. 

Denn  daß  wir  hier  den  Anfang  einer  dritten]  Margaretendichtung 
aus  dem  12.  Jahrhundert  vor  uns  haben,  lehrt  der  Augenschein.  Unter 
den  17  erhaltenen  Reimpaaren  sind  neun  mit  Reimungenauigkeit,  wobei 
die  vocalische Freiheit  in: sin  11  f.  nicht  mitgerechnet  ist.  Überschüssiges  n 
oder  r  in  klingendem  Reime  (17  f.  23  f.  27  f.  33  f.)  ist  in  allen  Dichtungen 
des  12.  Jahrhunderts  etwas  so  gewöhnliches,  daß  es  keine  nähere  Zeit- 
bestimmung ermitteln  hilft.  Wichtiger  sind  die  Reime  9  f.  15  f.  25  f.  29  f. 
Reimbindungen  wie  hischof :  noch  kommen  In  Genesis  und  Exodus,  Ro- 
land^ Kaiscrchronik^  Leben  Jesu  (Fundgr.  1, 190)  und  Herzog  Ernst  vor. 
Die  Bindung  genant :  aü  hat  ihr  entsprechendes  in  Genesis  und  Exodus, 
Anno,  Roland,  Alexander,  Kaiserchronik,  Rother,  Wernher  vom  Nieder- 
rhein, Graf  Rudolf  Burggraf  von  Regensburg  und  dem  Mtlnchener  Aus- 
fahrtssegen. Dem  Reime  bevelit :  zemit  entsprechen  ähnliche  Reime  in 
Genesis  und  Exodus,  Bücher  Moses  (Diemer),  Roland,  Kaiserchronik, 
Bruchstück  vom  jüngsten  Gericht,  Hartmanns  Glaube,  Graf  Rudolf. 
Endlich  begegnen  Reime  wie  ld>en :  nemen  in  Genesis  und  Exodus, 
Roland,  Kaiserchronik,  Rother,  Leben  Jesu,  Hartmann. 

Unter  allen  diesen  ist  keine  Dichtung,  welche  über  die  Zeit  von 
1170 — 1180  herabgeht;  in  dies  Jahrzehnt  also  werden  wir  unser  Bruch- 
stück zu  setzen  haben.  Dazu  stimmt  der  sorgfältige  Versbau,  wie  wir 


24  kusch«  late.        26  beuilt.        27  äy  iöefrowe.        28  csuet.        thog^nden. 
29  ubekeyt        30  wao.        34  aU»y  er. 


296  K.  BARTSCH 

ihn  um  dieselbe  Zeit  bei  Eilhart  antreffen.  Die  ganze  Darstellung 
bekundet  einen  gebildeten  formgewandten  Dichter,  der  sich  darin  ge- 
fällt Beziehungen  auf  die  Sitten  der  Gegenwart  einzuflechten  (10  ff*. 
23  ff.).  Seine  Heimat  haben  wir  im  mittleren  Deutschland  zu  suchen^ 
darauf  weist  weniger  der  Reim  bewam :  war  19  f.  (wohl  bewaren :  toare 
zu  schreiben)  und  Sren  :  wSre  33  f.  als  bevelü :  zemü  25  f.  (Hs.  bevät :  zemyt), 
da  die  Abwerfung  des  h  in  ersterem  Worte  nicht  oberdeutsch  ist  (Wein- 
hold,  mhd.  Gr.  312  f.).  Die  mitteldeutsche  Färbung  der  Abschrift  stimmt 
daher  im  Ganzen  mit  der  Sprache  des  Originals  überein. 

3  herre  habe  ich  ergänzt,  nicht  man,  weil  auch  bei  Wetzel  es 
heißt  ein  vil  ricRer  herre  und  in  der  Bearbeitung  B  (Germania  4,  442) 
Theodosius  als  ein  vil  edel  man  bezeichnet  wird. 

6  Derselbe  Vers  begegnet  wörtlich  in  Rudolfs  Barlaam  7,  18  und 
das  Wort  heidenUche  ist  überhaupt  bisher  nur  aus  Barlaam  belegt 
Dennoch  wäre  es  voreilig,  daraus  auf  einen  Zusammenhang  zwischen 
beiden  Gedichten  zu  schliessen.  Die  Bildung  heidenlich  als  Gegensatz 
zu  dem  häufigen  hristenlich  war  eine  so  naheliegende^  daß  man  sich 
wundem  muß  sie  nicht  öfter  angewendet  zu  sehen. 

9  hischof  entspricht  dem  Ausdruck  patriarcha  der  lateinischen 
Legende  und  mehrerer  deutscher  Bearbeitungen.  Vgl.  namentlich 
Wetzel  117  ff.  dem  hete  diu  heidenschaft  verlihen  die  herschaft  daz  er  u* 
patriarche  wda. 

10  namen  habe  ich  ergänzt  des  Sinnes  wegen;  dem  Verse  hätte 
die  Verwandlung  von  noch  in  inoch  genügt.  Denn  des  kann  nicht  wohl 
auf  den  vorausgehenden  Satz  bezogen  werden,  sondern  der  Sinn  ist: 
^diesen  Namen  (Bischof)  ftlhren  sie  noch  heutzutage'. 

11  Die  Änderung  in  türisten  empfahl  Vers  und  Sinn  zugleich;  das 
under  in  wie  der  nachfolgende  conjunctivische  Relativsatz  wiesen  auf  einen 
Superlativ,  fursten  aber  in  seiner  ursprünglichen  Bedeutung  zu  nehmen 
'die  ersten'  schien  mir  für  jene  Zeit  gewagt.  Auch  würde  das  die  Be- 
tonung die  noth wendig  gemacht  haben,  zu  welcher  gar  kein  Anlaß  ist. 
Der  Schreiber  fand  tursten  vor,  das  er  wahrscheinlich  nicht  verstand 
und  daher  in  fursten  änderte. 

18  eme  zu  gute  hätte  den  Sinn  'ihm  zum  Glück\  d.  h.  der  frühe 
Tod  der  Mutter  war  Ursache  des  himmlischen  Glückes,  das  Margarethe 
durch  die  Marter  zu  Theil  wurde.  Allein  viel  natürlicher  ist  es  zu- 
nächst die  irdischen  Leiden  zu  erwähnen,  welche  der  Tod  der  Mutter 
für  die  Tochter  veranlaßte.  Die  Änderung  zungHte  wird  bestätigt  durch 
das  was  andere  Bearbeitungen  an  dieser  Stelle  haben.    In  A  (Haupt 


KLEINE  MITTHEILUNGEN.  297 

1^  159)  heißt  es  ir  muotei'  atarp  ir  fruo:  dS  gienc  ndt  der  tohter  zuo]  in  B 
(Germania  4,  442)  diu  muotei*  etarp  im  fruo :  dem    kinde  gie  arbeit  zuo. 

19  vielleicht  en  moht  daz  kint  bewäm. 

24  Die  Abkürzung  kuschs  hde  kann  in  k&echem  lüte  aufgelöst 
werden,  und  man  dürfte  geltend  machen,  daß  der  sing,  lüt  nicht  in  einer 
so  jungen  Hs.  stehen  würde,  wenn  er  nicht  in  der  Vorlage  stand.  Aber 
daz  Hut  wird  immer  nur  von  einer  grösseren  Menge  gebraucht,  was  hier 
nicht  paßt,  lüte  ist  vielmehr  nichts  als  ein  Versuch  den  Reim  zu  glätten. 

29.  Auch  die  Schreibung  ubeketft  mit  b  weist  auf  eine  alte  Vorlage. 

K.  BARTSCH. 

KLEINE  MITTHEILUNGEN. 


8.  Verse  des  XII.  Jahrhunderts. 

Frowe  tugintriche 

nu  tu  so  tugintliche 

swenne  ihc  uon  dirre  werlt  uar 

so  geruche  selb  chomen  dar 

daz  gezemt  diner  g&te  wol 

magd  aller  gnaden  uol. 

In  der  Münchener  Hs.  clm.  19463  (Teg.  1463)  des  12.  Jahrhun- 
derts auf  Bl.  35.    Catalogus  cod.  lat.  bibl.  Monac.  II,  3,  248. 

_        K.  BARTSCH. 

ZU  PARZIVAL  IX,  915  £ 


D6  Lueifer  ßwr  die  heUevart 

Mit  schar^  ein  mensche  nach  im  wart. 

Um  meine  in  dieser  Zeitschrift  7,  298  gegebene  Auffassung 
obiger  Verse,  gegen  welche  sich  Sprenger  in  den  Beiträgen  z.  Runde 
d.  ig.  Sprachen  III,  175  erklärt  hat,  besser  zu  stützen,  verweise  ich 
auf  folgende  Stellen,  in  denen  mit  eehar,  analog  und  synonym  dem 
häufigeren  mit  her ^  ebenso  wie  bei  Wolfram  sich  gebraucht  findet: 
Kaiserchronik  ed.  Diemer  487,  13  der  chunich  unt  dt  eine  Riten  mit 
8car  dar  in  (=  ed.  Maßm.  15911);  Kindheit  Jesu  79,  57  daz  volc  zoh 
alumbe  dar  Herhaß  unt  mit  schar;  Pfeiffers  Altd.  Beispiele  in  Haupts 
Zt.  VII ,  363  die  (vrösche)  beruoßen  sie  (die  nahtigale)  m  it  schar  (:  wx»r) ; 


298  A.  NAGELE 

dazu  noch  das  Beispiel  aus  Biterolf  8756  mit  schar  besehuUen  sie  dm 
man,  was  schon  Lexer  11,  662  venseichnet  hat.  Lachmann  hat  wohl 
hauptsächlich  aus  stilistischen  Orttnden  nach  hellevart  interpnngiert; 
was  er  sich  aber  unter  schär  gedacht  hat,  kann  wohl  Niemand  wissen, 
da  er  es  uns  zu  sagen  unterlassen  hat^  auch  Sprenger  nicht.  Die  Ver- 
muthung  des  letzteren,  daß  schär  hier  eine  germanisierte  Form  des 
altfr.  char,  chair  sei,  welches  Fleisch,  menschliche  Natur  bezeichnet 
habe,  bleibt  eine  unsichere,  so  lange  nidit  andere  Nachweise  tob  dem 
Vorkommen  desselben  beigebracht  werden  können.  Auch  finde  ich 
nicht,  daß  die  Präposition  mit  zur  Bezeichnung  des  Stoffes,  aus  dem 
etwas  gemacht  ist,  gebraucht  werde.  Einer  solchen  Auffassung  g^en- 
über  würde  ohnehin  das  in  dem  darauf  folgenden  Verse  stehende  liz 
der  erden  zu  auffällig  erscheinen. 

ZEITZ,  Februar  1879.  F.  BECH. 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS 

IL 


Die  Grundlosigkeit  der  Annahme,  daß  Walther  am  Wiener  Hofe 
1200  das  Fest  der  Schwertleite  des  Herzogs  Leopold  des  Glorreichen 
und  1203  das  seiner  Vermählung  mit  Theodora  Komnena  mit  begangen 
habe,  habe  ich  oben  (Heft  2)  dargethan,  wo  ich  sämmtliche  Sprüche 
des  ^Wiener  Hoftones*^  in  die  Jahre  1198  und  1199  verlegte.  Hier  will 
ich  den  Wiener  Aufenthalt  Walthers  filr  die  Jahre  1207 — 1209,  wie 
ihn  Menzel  p.  164  annimmt,  sowie  fbr  die  Zeit  von  1217 — 1220,  wie  er, 
soviel  ich  sehe,  von  den  Walther-Forschern  wohl  durchweg  festgehalten 
wird;  in  Frage  stellen.  Deshalb  werde  ich  auch  irgend  einen  Spruch 
des  ^Wiener  Hoftones^  hier  nur  in  so  weit  heranziehen,  als  dies  etwa 
zur  Durchführung  des  Nachweises  für  die  Richtigkeit  der  eben  gc- 
stellten  Behauptung  nothwendig  sein  sollte.  Als  Grundlage  für  die 
Anschauung,  es  habe  sich  Walther  zeitweilig  in  den  Jahren  1217  bis 
1220  am  Wiener  Hofe  aufgehalten,  gelten  folgende  Sprüche  des  Dich- 
ters: L.  34,  34;  36,  1;  35,  17;  84,  1;  28,  11.  Femer  hat  man  noch  zu 
weiterer  Begründung  die  Sprüche  L.  24,  33;  32,  7;  31,  33  verwenden 
zu  können  geglaubt*). 


*)  Bei  Wilm.  83,  131;  83,  141;  83,  161;  63,  l;  84,  61;  und  öl,  1;  83.  121; 
83,  161.  Bei  WR.  35,  11;  S5,  21;  36,  8;  56,  3;  49,  11;  und  17,  9;  28,  17;  28,  7.  B%\ 
Pf.  B.  119,  120,  121.  127  152  ferner  86,  107  und  108.  Bji  Simr.  62,  61,  63,  72,  79 
and  4,  69,  60. 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  H.  299 

Wenn  man  L.  31,  33  und  32,  7  mit  cinandor  vergleicht,  so  wird 

man    eine    inhaltliche    Verwandtschaft    kaum    abzuläugnen    vermögen. 

Beide  Strophen  sind  gegen  die  Störer  und  Beeinträchtiger  des  höfischen 

SSangcs  gerichtet.     L.  32,  9  ff.  heißt  es: 

ich  sihe  wol^  das  man  herren  guot  uud  wlbes  gruoz 

gewalteclich  und  ungezogenlich  erwerben  muoz. 

ainge  ich  minen  höveschen  sanc,  sd  klagent  eis  Stollen. 

Damit  ist  zu  vergleichen  L.  32,  1  ff. : 

ich  h&n  wol  und  hofelichen  her  gesungen: 

mit  der  hövescheit  bin  ich  nü  verdrungen, 

daz  nü  die  unhöveschen  ze  hove  genaemer  sint,  dann  ich. 

daz  mich  dren  solde,  daz  unIret  mich. 

Ferner  spricht  sich  Walther  L.  32,  7  in  folgender  Weise  aus : 

Nü  ifil  ich  mich  des  scharpfen  sanges  ouch  genietcn. 

und  L.  31,  33  sagt  er: 

In  nomine  dumne:  ich  toil  beginnen:  sprechet  amen 
(daz  ist  guot  für  ungelücke  und  fSr  des  tievels  sämen). 

Sollte  da  kein  Zusammenhang  sein?  Man  hat  zwar  die  Behauptung 
aufgestellt,  es  sei  L.  31,  33—32,  6  der  Weihespruch  für  den  ganzen 
Ton  oder  aber  fOr  einen  abgegrenzten  Theil  der  Sprüche  dieses  Tones 
—  allein  bewiesen  hat  man  weder  hier  noch  anderwärts,  daß  wir  wirk- 
lich solche  einen  Ton  einweihende  Sprüche  vorliegend  haben. 

Für  die  gegenwärtige  Beweisftlhrung  sind  nun  aber  von  beson- 
derer Wichtigkeit  die  Schlußverse  der  beiden  Sprüche,  in  denen  Wal- 
ther sich  auf  den  Herzog  von  Österreich  beruft  bei  L.  32,  14  ff. : 

ze  Osterriche  lernt  ich  singen  unde  sagen: 

d&  wil  ich  mich  aller irat  beklagen: 

vind  ich  an  Liupolt  höveschen  trdst,  so  ist  mir  min  muot  entswollen. 

und  L.  32,  5 — 6: 

herzöge  üz  Osterrfch  Liupolt  nü  sprich : 

dun  wendest  michs  alleine,  sd  verhöre  ich  minc  zungcn. 

Es  handelt  sich  darum,  welcher  von  beiden  Sprüchen  dem  andern 
zeitlich  vorangeht  Wackerneil  p.  36  setzt  L.  31,  33  ff.  vor  L.  32,  14  ff. 
und  an  den  KämthnerHof.  Von  dort  verdrängt  habe  sich  Walther  flehend 
an  den  Herzog  Leopold  gewendet  (L.32,5 — 6).  „Leopold  scheint  aber  mit 
seiner  Antwort  gezögert  zu  haben,  darum  will  er  sich  in  L.  32, 7  (Pf.  107, 
S.  59)  nun  wirklich*)  des  scharpfen  sanges  mich  genieten  und  gewaltec- 
lich und  ungezogenlich  vorgehen.  Er  kennt  jetzt  den  Führer  der 
Gegner  am  Kärnthner  Hofe,  es  ist  der  Sänger  Stolle'^.  Wa- 
ckemell  bringt,  wie  dies  vor  ihm  schon  andere  Forscher  gethan,  L.  31, 

*)  Was  dies  nwirklich**  eigentlich  zu  bedeuten  hat,  ist  mir  nicht  klar. 


300  A.  NAGELE 

33  ff.  und  L.  32,  7  £  in  Verbindung  mit  L.  32,  17  ff.  und  L.  32, 
27  ff.*),  d.  h.  er  läßt  alle  diese  Spräche  am  Kämthner  Hof  entstandoi 
sein.  Nun  ist  aber  schon  zu  wiederholten  Malen  darauf  mit  Tollem  Beeht 
hingewiesen  worden,  daß  inhaltlich  zwischen  den  beiden  Bemfiiiigs- 
und  den  Kämthner-Sprüchen  absolut  kein  Zusammenhang  bestehe. 
Man  hat  nun  aber  in  gewohnter  Weise  einen  solchen  Zusammenhangs 
der  sich  natürlich  nicht  ergab,  künstlich  arrangiert,  indem  man  auf 
die  Möglichkeit  hinwies,  daß  der  bei  L.  32,  11  erwähnte  Stolle  einem 
in  der  Brixner  Oegend  ansässigen  Geschlechte  angehört^  und  auf  die 
weitere  Möglichkeit,  daß  derselbe  eben  deshalb  ganz  leicht  an  den 
Kämthner  Hof  gekonmien  und  dort  mit  Walther  zusammengetroffen 
sein  könne**). 

Von  einer  Möglichkeit  bis  zur  Wahrscheinlichkeit  oder  gar  bis 
zur  Gewißheit  ist  es  freilich  noch  sehr  weit,  einen  Beweis  aber,  daß 
die  beiden  Berufungssprüche  an  den  Kämthner  Hof  gehören,  vermag 
nun  diese  Möglichkeit  gewiß  nicht  zu  liefem.  Allein  der  Kämthner 
Aufenthalt  Walthers  ist  überhaupt  höchst  problematisch,  wenn  er  nioht 
vollends  durch  die  nachstehenden  Erörterangen  widerlegt  wird. 

Die  Worte  des  Dichters  bei  L.  32,  17 :  Ich  hdn  des  Kerendaerm 
gäbe  dicke  enphangen  können  nicht  als  Beleg  für  diesen  Aufenthalt 
beigebracht  werden,  da  Walther  des  Kämthners  Gaben  auch  ander- 
wärts, nicht  nur  an  seinem  Hofe  empfangen  konnte.  Der  zweite 
Spruch  aber,  der  sich  auf  den  Kerendaere  bezieht  L.  32,  27 — 36  spridit 
nun  ganz  unzweideutig  durch  seinen  Wortlaut  selbst  gegen  diese  An- 
nahme. Denn  wie  sind  des  Dichters  Worte  L.  32,  33:  ichn  weiz^ 
wer  mir  in  dinem  hove  verkeret  minen  sanc]  ferner  L.  32,  34  . . .  .  t«< 
er  niht  ze  kranc,  endlich  L.  32,  36  ....  ervar  uns  werz  vei'kere  mit 
der  Ansicht  zu  vereinen,  daß  dieser  Sprach  am  Hofe  von  Kämthen 
entstanden  sei?  Diese  Worte  haben  doch  kaum  einen  Sinn,  wenn  sie 
an  diesem  Hofe  entstanden  gedacht  werden,  denn  da  konnte  Walther 
ja  selbst  sich  darüber  orientieren,  wer  denn  jene  seien,  die  ihm  seinen 
Sang  verkehren,  da  brauchte  er  sich  nicht  an  den  Herzog  zu  wenden 
mit  der  Bitte:  und  ervar  titw,  werz  verkere.  Wackemell  p.  35  ftihlte 
Übrigens  selbst  die  Unhaltbarkeit  seiner  Ansicht,  es  sei  dieser  Spruch 
am  Kämthner  Hofe  verfaßt;  allein  anstatt  die  unerwiesenc  Behauptung 
vom  Kämthner  Aufenthalt  des  Dichters  einfach  fallen  zu  lassen,  zieht 
er  eine  neue  Hypothese  herein,  daß  es  nämlich  den  Gegnern  Walthers 

*)  Es  sind  dies  die  beiden  auf  den  rt^ermdaere'^  bezüglichen  Sprache. 
**)  Ansftihriicher  Bericht  Aber  diese  HypotheM  bei  Wackemell  a.  a.  O.  p.  91  lu  SS. 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  H.  301 

gelungen  sei,  ihn  aus  der  Nähe  des  Herzogs  zu  verdrängen, 
und  da  habe  dann  derselbe  „aus  der  Ferne  dem  Herzoge  über  das 
Treiben  der  hovehellen  die  Augen  zu  öffnen  gesucht**.  Man  ersieht 
leicht  aus  diesem  Auskunftsmittel ,  welch  schlechte  Auspicien  die  Er- 
härtung des  Kämthner  Aufenthaltes  Walthers  hat.  Man  müßte  aber  auch 
noch  weiterhin  bei  dieser  Annahme  die  ganz  geschmacklose  Ansicht 
festhalten^  daß  Walther  gegen  Fürsten  die  vertrauliche  Anrede  mit  „Du" 
gebrauchen  durfte,  eine  Ansicht^  die  trotz  ihrer  Oeschmacklosigkeit 
leider  noch  nie  ganz  fallen  gelassen  wurde.  Auch  Wackemell  hält 
daran  noch  fest  a.  a.  O.  126  ff.  und  es  scheint  ihn  sein  Recensent  im 
Lit.  Centralblatt  1877,  Nr.  34,  S.  1143  diesbezüglich  wohl  mißverstanden 
zu  haben*).  Endlich  erscheint  es  ganz  unerklärlich,  wie  Walther 
jenen ^  der  ihm  seinen  Gesang  verkehre,  nicht  gekannt  haben  soll, 
wenn  es,  wie  Wackemell  glaubt,  der  Sänger  Stolle  gewesen  ist.  Hat 
denn  der  so  still  gesungen,  daß  ihn  Niemand  hörte?  Dann  war  er  in 
der  That  kein  gefährlicher  Mann  und  Walther  hätte  dann  ganz  ruhig 
an  dem  vermeintlichen  Kämthner  Hofe  weilen  können. 

Aus  diesen  Ausftlhrungen  hat  sich^  wie  ich  hoffen  darf,  wohl  mit 
ziemlicher  Wahrscheinlichkeit  ergeben,  daß  der  Kämthner  Aufenthalt 
Walthers  nur  ein  Phantasiebild  ist.  Wenn  ich  nun  nach  Beseitigung 
dieser  Hypothese  nochmals  die  Frage  aufwerfe,  welcher  von  den  beiden 
Berufungs-Sprüchen  als  der  früher  gedichtete  zu  betrachten  ist^  so  muß 
ich  diese  Frage  dahingehend  beantworten ,  daß  dies  L.  32,  7 — 16  sei. 
Es  geht  dies  1.  aus  dem  Inhalt  der  beiden  Sprüche  selbst  hervor, 
wenn  man  L.  32,  11:  sing  ich  minen  höveaehen  sanc^  so  Idagent  siz 
Stollen  mit  L.  32,  20  vergleicht:  mit  dei*  hövescheit  bin  ich  nü  ver- 
drungen,  indem  der  letztere  Ausspruch  unzweifelhaft  einen  Fortschritt 
des  Einflusses  der  unhöfischen  Sänger  bezeichnet.  2.  zeigt  sich  dies, 
wie  bereits  oben  angedeutet  wurde^  in  der  Zusammenstellung  von 
L.  32,  7  mit  L.  31,  33  (den  Anfangsversen  der  beiden  Sprüche).  3.  und 
das  ist  entschieden  Ausschlag  gebend   deutet  L.  32,  15:  da  {ze  Osler- 


*)  Ich  gedenke  übrigens  auf  die  Anredeform  in  Walthers  Sprüchen  noch  znrflck- 
zukommen.  Hier  erkläre  ich  nar,  daß  ich  in  Tollster  Weise  mich  der  Ansicht  Men- 
zels p.  128  anschliesse,  daß  nämlich  die  Anrede  mit  i,Da**  nur  aus  der  Feme  gestellt 
werden  konnte  und  daß  sie  dann  als  poetische  Figur  betrachtet  werden  muß.  Daß 
darunter  ja  nicht  ^die  respectvolle  Feme*,  wie  sie  Wackemell  a.  a.  O.  annimmt,  be- 
griffen werden  kann,  ist  selbstverständlich.  Ad  absurdum  hat  sich  übrigens  die  An- 
sicht, es  entstamme  diese  Anredeform  einer  grösseren  Vertraulichkeit  zwischen  Dichter 
und  Fürsten,  dadurch  selbst  geführt,  daß  sie  eine  solche  Vertraulichkeit  auch  zwischen 
Walther  und  Engelbert,  dem  gewaltigen  ßartUn  meüler  annehmen  mußte. 


a02  A.  NAGELE 

riehe)  toil  ich  mich  allererst  beklagen  mit  solcher  Bestimmtheit  darauf 
hiiii  daß  die  hier  ausgesprochene  Berufung  die  erste  sei,  daß  es  wirk- 
lich Wunder  nimmt,  wie  man  auf  die  gegeutheilige  Ansicht  verEedlen 
konnte.  Daß  aber  die  beiden  Sprüche  nicht  am  Wiener  Hofe  selbst 
entstanden  seien  ^  dafür  spricht  die  Berufung ,  die  ja  dann  gans 
zwecklos  wäre,  selbst  deutlich  genug. 

Ich  gehe  nun  auf  L.  35^  17  ff.  über.  Dieser  Spruch  mit  der 
„reizenden  Idylle*^)  in  die  uns  ^der  scherzhafte  Streit^  zwischen  Forst 
und  Dichter  versetzt,  wird  fast  durchweg,  nur  Menzel  a.  a.  O.  p.  276 
scheint  nicht  ganz  einverstanden  zu  sein,  an  den  Wiener  Hof  selbst 
verlegt.  Auf  all  die  verschiedenen  Deutungen,  die  dieser  Spruch  über 
sich  ergehen  lassen  mußte,  kann  ich  mich  hier,  weil  es  einerseits  sa 
weit  führen  und  andererseits  auch  ganz  zwecklos  sein  würde,  nicht 
einlassen.  Ich  verweise  aber  daillr  auf  die  diesbezügliche  interessante 
Zusammenstellung  bei  Menzel  p.  273  ff.  Daß  der  Spruch  kein  harm- 
loser Scherz  war  spricht  sich  deutlich  aus  in  L.  35,  20: 

du  wünschest  underwUent  biderbem  man,  dun  weist  joch  wie, 

weiter  L.  35,  23  ff.: 

wie  käst  dQ.  sus  getan 

daz  »cA  dich  an  dm  gemach  gewünsdtet  hän^ 

und  du  mich  an  mtn  ungemach'i 

und  L.  35,  35—36: 

....   l&  stdn: 

wis  d&  von  dan,  Id  mich  62  in:  so  leben  wir  sanfte  beide. 

Wie  man  diese  Äusserungen  als  einen  ^»harmlosen  Scherz*^  auffassen 
kann,  verstehe  ich  nicht.  Es  war  diese  Anschauung  wohl  nur  da- 
durch in  Aufiiahme  gekonunen,  weil  man  nicht  zu  denken  vermochte, 
daß  Walther  an  Leopolds  Hof  diesen  Spruch,  wenn  es  damit  voller 
Ernst  sein  sollte,  dichten  konnte.  Und  in  der  That  ist  der  Ton,  den 
Walther  in  diesem  Spruche  anschlägt,  so  herb,  daß  schon  aus  diesem 
Grunde  die  Annahme  ausgeschlossen  bleibt,  daß  er  am  Wiener  Hofe 
verfaßt  ist. 

Aber  wo  ist  er  dann  entstanden?  Dort,  wo  L.  31,  33  ff.  und 
32,  7  ff.,  die  beiden  Berufungssprüche  nämlich,  gedichtet  wurden.  Leo« 
pold  hatte  auf  des  Dichters  Berufung  hin,  diesen,  dem  er 
wohl  noch  „seiner  alten  Schuld^  wegen  gram  war,  an- 
muthsvoll  in  den  Wald  verwünscht  Dies  war  nun  —  die 
Fama  pflegt  bei  solchen  Anlässen  sehr  geschäftig  zu  sein 
—  Walther  hinterbracht  worden,  wonach  der  Sänger  zorn- 
müthig    den    obigen    Spruch    gegen    Leopold    schleuderte 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTRER8  II.  303 

Dadurch  ist  auch  der  Einwurf  Menzels  S.  164  beseitigt:  „die  beiden 
Appellationen  hätten  gar  keinen  Sinn^  wenn  sie  in  leerer  Luft  verhallt 
wären.  Sicher  hat  der  Dichter  Sorge  getragen,  daß  Leopold  seine 
Klagen  vernahm  und  Alles  aufgeboten,  um  seinen  Zweck  zu  erreichen. 
Wäre  ihm  aber  dies  nicht  gelungen,  wie  Rieger  p.  15  und  28  an- 
nimmt, so  dürften  wir  mit  Recht  in  Walthers  Sprüchen  eine  Andeu- 
tung darüber  erwarten^*).  Mir  scheint^  der  Spruch  L.  35,  17  ff.  gibt 
in  der  Weise,  wie  ich  ihn  verstehe,  Andeutung  genug  hierüber. 

In  gleicher  Weise,  wie  L.  35,  17  ff.  ist  auch  L.  24,  33  ff.**)  hu- 
moristisch gedeutet  worden.  Es  gehört  dieser  Spruch  in  die  Reihe 
jener  Sprüche,  welche  von  Simrock  unter  dem  Namen  des  «Wiener 
Hoftones^  zusammengefaßt  werden  und  die  ich  anderswo,  wie  ich 
hoffe,  mit  annehmbaren  Gründen  in  die  Jahre  1198 — 99  verweise. 
Hier  will  ich  nur  in  Kürze  meine  auf  diesen  Spruch  bezüglichen  Er- 
örterungen wieder  geben. 

1.  Die  bereits  von  Simrock  zu  4  hervorgehobene  Ähnlichkeit 
zwischen  L.  25,  7—8  und  L.  25,  32—38,  läUt  schliessen,  daß  die  bei- 
den Sprüche  zeitlich  nicht  allzusehr  von  einander  getrennt  sind,  weil 
sonst  eine  derartige  Beziehung  kaum  erklärlich  wäre,  besonders  dann 
nicht,  wenn  man  genöthigt  ist  eine  Zwischenzeit  von  17 — 19  Jahren 
anzunehmen. 

2.  Stimme  ich  allerdings  mit  Rieger  p.  28  überein,  daß  dieser 
Spruch,  wenn  er  als  ernste  Klage  aufgefaßt  würde,  nicht  nach  dem 
Tode  Friedrich  des  Katholischen  und  zwar  unmittelbar  und  in  Folge 
desselben  entstanden  sein  könne,  weil  Walther  bei  solchem  Anlaß 
ebensowenig  persönliches  Qefähl  fUr  den  Hingeschiedenen,  als  allge- 
meines Schicklichkeits-Oeflihl  verrathen  hätte.  Allein  ich  setze  den 
Spruch  nicht  unmittelbar  nach  Friedrichs  Tod  an,  sondern  verweise 
ihn  in  eine  etwas  spätere  Zeit,  als  nämlich  in  Folge  der  Einmischung 
Leopolds  in  den  ungarischen  Bruderzwist  die  Kriegsfurie  auch  nach 
Osterreich  verheerend  vorgedrungen  war,  also  ins  Jahr  1199***). 
Daß  bei  solchen  Verhältnissen  der  Zustand  des  Wiener  Hofes  ein 
äusserst  kläglicher  war,  liegt  auf  der  Hand. 


*)  Ich  glaabe  übrigens,  daß  man  ganz  mit  demselben  Rechte  eine  Andeutung 
darüber  erwarten  dürfte,  daß  es  ihm  gelangen  war  ~  doch  diese  Andentang  fehlt  und 
zwar  aus  leicht  begpreiflichen  Gründen. 

***)  Der  hof  ne  Wiene  tpraeh  se  mir  etc. 
***)  Feßler-Klein :  Gesch.  von  Ungarn  Lpz.  18G7.  I,  294,  295.    Vgl  Wilmanns 
in  Haupts  Zeitschrift  XIII,  877  ff. 


904  iL  NAGELE 

3.  Vermag  ich  unmöglich  in  dem  Sprache  Scherz  und  Hmnor  n 
entdecken,  andere  haben  ihn  übrigens  auch  nur  deshalb  gefanden, 
weil  der  Spruch  sich  so  leichter  in  den  unhaltbaren  Wiener  Aafenthah 
von  1217—1219  einzwängen  Keß. 

4.  Wie  konnte  Walther  hoffen,  daß,  wenn  der  Herzog  und  der 
größte  Theil  seiner  Edeln  auf  dem  Kreuzzug  sich  befand^  am  Wienar 
Hofe  ein  glänzendes  Leben  sein  werde.  Das  wäre  doch  eine  ganz 
unbillige  Forderung  gewesen.  Aus  allen  diesen  Gründen  nun  kaim 
ich  mich  der  Annahme,  der  Spruch  gehöre  zu  1217-— 1219,  nicht  an- 
sdiliessen*). 

Ich  komme  nun  zum  Spruche  L.  34,  34  ff. :  Die  wUe  ich  wek 
dri  hüve  80  lobeRcher  manne.  Dieser  Spruch  deutet  mit  voller  Be- 
stimmtheit darauf  hin,  daß  Walther  die  Verhältnisse  dreier  Höfe,  nini- 
lich  des  von  Aquileja,  von  Wien  und  endlich  von  Mödling  ab  der- 
artige kannte,  daß  er  bei  L.  35,  6  behaupten  durfte:  mirst  nä  «cnnft 
daz  ich  durch  handelunge  iht  verre  striche.  Was  beweist  denn  aber, 
daß  er  diesen  Spruch  gerade  am  Wiener  Hofe  gedichtet  haben  muß  ? 
Warum  denn  nicht  an  dem  von  Aquileja,  den  er  ja  zuerst  nennt? 
Mit  dem  Patriarchen  von  Aquileja,  Wolfger '^),  war  Walther  schon  su 
der  Zeit  bekannt,  da  dieser  noch  Bischof  von  Passau  war,  wie  ans 
den  von  J.  V.  Zingerle  herausgegebenen  Reiserechnungen  Wolfgers 
ersichtlich  wird***).  Freilich  hat  Wackemell  a.  a.  O.  p.  100  zu  29  ange- 
nommen,  um  das  dem  Patriarchen  von  Aquileja  ertheilte  Lob  er- 
klären zu  können,  daß  Bertold  von  Andechs  im  Jahre  1219  zogleich 
mit  seinem  Verwandten  Heinrich  von  Andechs  am  babenbergischen 
Hofe   geweilt   habe,    aber   dies  bleibt  eben  nur  eine  durch  nichts  er- 


*)  Es  muß  fibrigens  Wunder  nehmen,  wie  man  anf  den  seltsamen  QedankMi 
verfallen  konnte,  daß  Walther,  der  doch  bereits  sein  sicheres  Heim  hatte,  das  gewift 
nicht  gar  so  schlecht  gewesen  sein  wird,  als  es  der  „lannige  Dichter^  den  p/ajffm, 
die  die  Kreuzzngssteuer  sammelten,  schildert,  sich  von  dort  aufgemacht  haben  soll, 
nm  an  den  Wiener  Hof  in  sieben ,  wo  doch  die  Sparsamkeit  desselben  notorisch  sein 
mußte.  Daß  er  es  nur  that,  „um  der  kleinen,  sparsamen  GeseUschaft*'  mit  seinem 
humoristischen  Gedichte  einen  vergnügten  Tag  su  machen,  vrill  nicht  gans  einleuchten. 
**)  Daß  der  im  Spruche  erwähnte  Patriarch  dessen  Nachfolger  Berthold  Ton 
Andechs  sein  soll,  hat  man  offenbar  nur  behauptet,  um  den  Spruch  in  eine  Zeit 
hineinzudrängen,  für  die  man  schon  einmal,  wie  dies  leider  so  oft  der 
der  Fall  ist,  ein  Vorurtheil  gefaßt  hatte.  Es  spricht  absolut  nichts  für  die 
Annahme,  daß  es  Berthold  von  Andechs  sei,  den  da  der  Dichter  meint. 

•»*)  Winkelmann  hat  in  der  Recension  dieses  Werkes  Germania  XXTH,  S.  236  ff. 
in  scharfsinniger  Weise  die  auf  Walther  beaügliche  Stelle  auf  das  Jahr  UM  ge- 
deutet und   zwar  mit  Gründen,  die  mich  vollständig  übeneugt  haben. 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  H.  305 

wiesene  Annahme,  die  die  andere  ebenfalls  unbewiesene,  daß  nämlich 
Walther  1219  am  Wiener  Hofe  sich  aufgehalten  habe,  erhärten  sollte. 
Man  sieht  leicht ,  auf  welch  schwanker  Grundlage  man  sich  da  be- 
findet. Es  bat  übrigens  wohl  sehr  wenig  Sinn,  daß  Walther  deshalb, 
weil  der  Patriarch  von  Aquileja  in  Wien  weilte,  dessen  Hof  und  zwar 
sogar  in  erster  Linie,  gepriesen  haben  soll.  Viel  einfacher  erklärt 
sich  die  Sache,  wenn  wir  annehmen,  daß  der  Spruch  am  Hofe  von 
Aquileja  verfaßt  worden  ist.  Dort  konnte  der  Dichter  auch  den 
Wiener  Hof ,  sowie  den  von  Mödling  preisen,  denn  erstens  waren 
ihm  ja  beide  aus  seinem  langjährigen  Aufenthalt  in  Oster- 
reich hinlänglich  bekannt  und  zweitens  kennen  wir  ja 
Walthers  Sehnsucht  nach  dem  Wiener  Hof —  durch  das 
diesem  so  reichlich  ertheilte  Lob  mochte  er  hoffen,  daß 
sein  Sehnen  Erfüllung  finden  werde.  So  ist  es  auch  ganz 
leicht  erklärlich,  daß  der  hövesche  Sänger  den  Hof  des  Patriarchen 
zuerst  erwähnt. 

Bezüglich  des  Spruches  L.  84,  1,  zu  dem  ich  nun  übergehe,  ist 
die  Annahme  eine  fast  allgemeine,  daß  derselbe  nicht  am  Wiener, 
sondern  an  einem  andern  Hofe  und  zwar  an  dem  von  Thüringen  oder 
Kämthen  entstanden  sei.  Da  nun  aber  der  letztere  durch  die  obigen 
Ausflihrungen  an  und  fär  sich  schon  ausgeschlossen  ist,  so  bleibt  nur 
mehr  der  Thüringer  Hof  als  Abfassungsort  übrig.  Darauf  weist  na- 
mentlich auch  der  Spruch  L.  82,  11 — ^23:  Rit  ze  hove  Dietrich.  Daß 
dieser  Spruch  nicht  am  Wiener  Hofe  gedichtet  sein  kann,  geht  schon 
aus  dem  Inhalte  desselben  mit  unbezweifelbarer  Deutlichkeit  hervor. 
Denn  wie  lassen  sich  die  Worte,  wenn  man  den  Wiener  Hof  als  Ort 
der  Abfassung  festhält,  erklären: 

Drt  sorge  hab  ich  mir  genomen: 
möht  ich  der  einer  zende  komen, 
und  daz  dritte  hat  sich  mfn  erwert  anrehte  manegen  tac, 

daz  ist  der  wünnecltche  hof  ze  Wiene: 
in  hirme  unz  ich  den  verdiene. 

Walther  begründet  auch  seine  Sehnsucht  nach  dem  Wiener  Hofe,  in- 
dem er  singt: 

Bit  er  86  maneger  tagende  mit  so  staeter  triawe  pflac. 

man  sach  Liapoltes  hant  da  geben,  daz  si  des  niht  erschrac. 

Es  sind  diese  beiden  letzten  Verse  des  Spruches  von  Wackerneil 
a.  a.  O.  p.  84  zu  23  offenbar  ganz  falsch  aufgefaßt  worden,  wenn  er  in 
L.  84,  12  „eine  Anspielung  auf  die  Zeit,  wo  Walther  unter  Friedrich 
(dem  Eatbolischen),  am  Wiener  Hofe  lebte,  wodurch  er  Leopold  sehr 

GRRMANIA.  NenA  Reiho  Xlf.  (X^IY.  Jahrg.)  20 


306  A.  NAGELE 

fei n(!)  jenes  innige  Verbältniss   nahe  iegt^  erblickt     Es  gehören  im 

Gegentheil  beide  Verse   auf  das   innigste  zusammen  und  rühmen  die 

staei^   triuwe   in    des  Fürsten  Freigebigkeit^  eine  Tugend,  die  Walther 

an  Herzog  Leopold  ja  auch  dann  noch  gerühmt  hatte  al» 

Des  farsten  milte   ds  Osterriche 
fröit  dem  suezen  regen  gelfche 
beidia  Hute  und  euch  daz  lant 

und  doch  dem  gemden  Sänger  des  aUes  niht  enwirt  ein  tropfe*), 

Wackemell  hat  nun  aber  a.  a.  O.  p.  30  entg^en  dem  gaos 
klaren  Wortlaute  des  Spruches  denselben  nichts  desto  weniger  am 
Wiener  Hof  verfEÜ^t  sein  lassen.  Allein  diese  Ansicht  hat  ttberhaopt  nur 
durch  die  Behauptung  Zingerle's  eine  Grundlage  erhalten,  daß  Waltbtf 
im  November  1203  von  Wolfger  beschenkt  und  daß  zugleich  um  die- 
selbe Zeit  Leopolds  Hochzeitsfest  gefeiert  worden  sei,  was  den  Bischof 
von  Passau  und  Walther  von  der  Vogelweide  nach  Wien  gefiihrt  haben 
soll,  allein  diese  Grundlage  ist  ihr  von  Winkelmann  entschieden  ent- 
zogen worden,  indem  er  a.  a.  O.  p.  238  darthut,  daß  sich  die  besagte 
Schenkung  viel  wahrscheinlicher  auf  das  Jahr  1199  als  1203  beziehe, 
indem  fbr  letzteres  nichts,  fiir  ersteres  aber  so  manches  spreche*^ 
Es  gehört  also  auch  dieser  Spruch  nicht  an  den  Wiener  Hof  selbst  — 
nachzuweisen  aber,  wann  und  wo  er  entstanden  sein  mag,  ist  für  die 
gegenwärtige  Erörterung  von  gar  keinem  Belang,  nur  möchte  ich  ge- 
legentlich darauf  hindeuten  ^  daß  Menzels  Ansicht ,  die  er  a.  a.  0. 
p.  157  ausspricht,  es  könne  der  Spruch  nicht  vor  1217  entstanden  sein, 
„da  der  Dichter  unter  den  drei  Sorgen,  die  ihn  nicht  ruhen  lassen  siner 
frowen  minne  aufzählt,  letztere  ihm  aber  im  Alter  von  50 — 60  Jahren 
keine  Sorge  mehr  gemacht  haben  könne^,  mir  nicht  durchschlagend 
erscheint,  indem  Walther  bei  L.  28,  1  ff.  nur  wenige  Jahre  früher  singt: 

Von  Rdme  vogt,  von  PüIIe  künec,  I&t  iuch  erbarmen 

das  man  mich  bi  rfcher  kanst  lAi  alsus  armen. 

gerne  wolde  ich,  mdhte  es  stn,  bl  eigenem  fiore  erwarmen. 

zät  wiech  danne  suDge  von  den  YOgeUinen, 

von  der  beide  und  von  den  blaomen,  als  ich  wilent  sanc! 

swelch  aehoene  wtp  mir  denne  gaebe  ir  hahedane y 

der  lies  ich  liljen  unde  rdsen  üz  ir  wengel  schtnen, 

*)  Ich  verweise  fibrifrenR  hiebei,    mn  gerade  in   diesem  Punkte  Walther^s  ün- 

eigennfitsigkeit  nnd  edle  Denknngsart  sn  illustrieren  auf  L.  80^  27  ff. : 

Ich  bin  dem  Bogenaere  holt 
gar  dne  gäbe  und  äne  90Ü: 
er  ist  milte  swie  kleine  ichs  geniuse. 
s6  niese  in  aber  ein  Pöl&n  aide  ein  Riose 
daa  iti  alle:  dne  mtnen  Aas. 
**)  Die  Widerlegung    der   Zingerle-Zamcke'schen  (gegen  Winkelmann)  Aosicht 
0  ich  in  einem  der  nSchten  Hefte  folfen. 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  H.  307 

Es  spricht  aber  gegen  Menzels  Ansicht,  die  auch  von  Wacker- 

nell^  weil  sie  ihm  gerade  paßt,  acceptiert  wird  (a.  a.  O.  p.  83  zu  23) 

Walthers  ganz  positive  Erklärung  bei  L.  66,  27 : 

wol  vierzec  jdr  hab  ich  gesungen  oder  mi 
von  minnen  und  als  ieman  sol. 

Es  geht  eben  daraus  mit  voller  Bestimmtheit  hervor,  daß  Walther  im 
Alter  von  50—60  Jahren  noch  immer  von  Minne  gesungen,  und  der 
greise  Sänger ,  als  der  er  uns  in  diesem  Liede  entgegentritt,  er- 
klärt darin  keineswegs,  daß  er  die  Absicht  habe,  den  Minnesang  auf- 
zugeben. 

Es  erübrigen  nun  noch  zwei  Sprüche,  die  auf  den  Wiener  Auf- 
enthalt Walthers  gedeutet  werden,  zu  besprechen^  nämlich  L.  28,  11  bis 
20  und  L.  36,  1 — 10.  Der  erste  gehört  dem  aus  19  Sprüchen  beste- 
henden Ton  an,  der  von  Simrock,  freilich  mit  wenig  Berechtigung, 
„Köuig  Friedrichs  Ton^  genannt  wurde.  Für  die  chronologische  Be- 
stimmung desselben  ist  es  nun  nothwendig,  einen  kurzen  Blick  auf  die 
Chronologie  der  übrigen  Sprüche  dieses  Tones  zu  werfen. 

Es  kommen  dabei,  da  manche  dieser  Sprüche  ihres  ganz  allge- 
meinen und  auf  bestimmte  Zeitverhältnisse  nicht  bezüglichen  In- 
haltes wegen,  eine  chronologische  Fixierung  naturgemäß  ausschliessen, 
nur  die  folgenden  in  Betracht:  L.  26,  23  ff.  (Pf.  B.  147;  WR.  47,  11; 
W.  84,  11;  S.  76);  L.  26,  33  (Pf  B.  148;  WR.  48,  10;  W.84,  21 ;  S.  77); 
L.  27,  7  (Pf.  151;  WR.  49,  1;  W.  84,  31;  S.  81);  L.  28,  1  (Pf.  B.  149; 
WR.  47,  1;  W.  84,  111;  S.  78);  L.  28,  31  (Pf.  B.  150;  WR.  47,  21; 
W.  84,  121;  S.  80);  L.  29,  4  (Pf.  B.  146;  WR.  43,  10;  W.  84,  91;  S.  89); 
L.  29,  15  (Pf.  B.  153;  WR.  50,  3;  W.84,  131;  S.  82);  L.  29,  25  (Pf. 
B.  142;  WR.  44,  5;  W.  84,  41;  S.  85);  L.  29,  35  (Pf.  B.  143;  WR.  44, 
15;  W.  XIV,  31 ;  S.  86).  Femer  können  auch  noch  nach  der  gewöhn- 
lichen Annahme  hierherbezogen  werden :  L.  28,  21  (Pf.  B.  139 ;  WR. 
42,19;  W.  84,51;  S.90);  L.  30,  29  (Pf.  B.  144;  WR.  46,  8;  W.84, 
101;  S.  92). 

Davon  weisen  nun  offenbar  auf  die  Zeit  des  Übergangs  Wal- 
thers vom  Dienste  Ottos  in  den  Friedrichs  L.  26 ,  23  ff.  L.  26, 
33  ff.  L.  29,  4  ff.  L.  29,  25  ff.  L.  29,  35  ff.  Femer  auch  L.  28,  21  ff. 
und  L.  30,  29  ff.  Wenn  wir  nun  annehmen,  daß  die  Sprüche  des 
von  Simrock  zubenannten  Kaiser  Ottentones  L.  11,  6 — 13,  4*)  in  die 

*)  Die  Sprüche  des  Tones,  den  Simrock  als  den  „zweiten  Ottenton"  beseich- 
nete,  gehören  nicht  in  diese  Zeit,  sondern  in  eine  viel  frühere,  wie  ich  noch  anderswo 
nachzuweisen  gedenke.  Nur  zwei  Gründe  seien  hier  zur  ErhSrtong  meiner  Be- 
hauptung  angeführt:  1.  Gebraucht  Walther    bereits    schon   den  „Kaiser  OttentotL** 


30g  A.  NAGELE 

Jahre  1211*)  bis  1212**)  gehören,  so  könnte  der  Bruch  Walthen  imt 
Otto  noch  im  Jahre  1212  erfolgt  sein.  Dahin  deutet  nämlich  der  Äm- 
dmck  bei  L.  28,1:  Von  Rdme  vogt^  von  Pulle  künec  Es  ist 
dies  eine  Titulatur,  die  der  heimatlose  Sänger  wohl  nicht  nach  der 
(ersten)  Krönung  Friedrichs  zam  deutschen  Könige  9.  Deoember  1212 
an  die  Spitze  eines  Spruches,  in  welchem  er  sich  als  ein  Hilfe  flehender 
an  König  Friedrich  wandte,  gestellt  haben  kann.  L6A  iuch  erbarmm 
(so  lautet  die  ruhrende  Bitte  des  von  Kaiser  Otto  schmählich  behaa* 
delten  Dichters) 

daz  man  mich  bi  richer  konst  Iftt  alsus  armen. 

gerne  wolde  ich,  mohte  et  sSn,  bf  eigenem  finre  eiwai'uieu. 

Ffir  diese  Zeit  hat  auch  der  Hinweis  Walthers  auf  des  Königs  dgene 
Noth  den  besten  Sinn***):  die  n^  bedenkent,  miUer  künee^  daz  Mmxr 
n6t  zerge.  Wir  dQrfen  kaum  zweifeln,  daß  König  Friedrich  bald  des 
Sängers  Bitte  erhörte  ^  wodurch  er  eine  neue  Macht  in  seinen  Dient 
zogy  deren  Bedeutung  uns  Thomasin  von  Zerkläre  in  seinem  welM^em 
Oast  klar  genug  dargelegt  hat  Dem  Jubel  über  die  Erfüllung  seines 
so  lange  vergeblichen  Wunsches  gibt  der  Sänger  in  L.  28,  31  ff.  hen- 
innigen  Ausdruck.  Hier  nennt  er  Friedrich  schlechtweg  künee,  wes- 
halb dieser  Spruch,  sowie  L.  27,  7  wohl  in  die  Zeit  nach  der  entes 
Krönung  Friedrichs  zu  setzen  sein  wird. 

Der  Spruch  29,  15,  der  einzige,  der  noch  erübrigt,  kann  unmittd- 
bar  nach  der  zweiten  Krönung  Friedrichs  25.  Juli  1215  frühestens 
entstanden  sein,  weil  da  Friedrich,  hingerissen  von  dem  feierlicfaeo 
Momente,  der  ihm  die  Kaiserkrone  und  damit  das  Ziel  seiner  Wünsche 


Rdgesprachen  ^gen  den  Papst  bei  L.  11,  6-17;  L.  11,  18—29  and  L.  12,  30  bb 
13,  4;  waram  sollte  er  dann  zu  weiterer  Rfige  einen  neuen  Ton  erfanden  habesT 
2.  Hat  man  die  Sprache  L.  34,  4—13  and  L.  34,  14-23,  wo  von  den  Opf&tUkkm 
die  Rede  ist,  anf  das  Jahr  1213  bezieben  sa  mfissen  geglaubt,  weil  die  Aafrtell«i| 
solcher  Opferstöcke  ßn  den  Kirchen  Deutschlands  zu  diesem  Jahre  berichtet  wird; 
allein  wenn  man  die  weitere  Bestimmung,  daß  der  Stock  3  Schlösser  and  die 
Schlüssel  dazu  ein  Priester,  ein  Laie  und  ein  Ordensgeistlicher  habei 
soll,  ins  Auge  faßt,  so  sieht  man  leicht,  daß  dieselbe  zur  ersten  Aafiitellaii^  der 
Stöcke  nicht  passen  will.  VgL  übrigens  Harter,  Innoc.  ÜL  2.  Bd.,  p.  509. 

*)  Auf  dieses  Jahr  scheint  sich  L.  1 1, 6  zu  beziehen,  da  Otto  bereits  Not.  1210 
dem  Banne  verfallen  war.  Dahin  scheint  denn  auch  L.  12,  30  ff.  gesetst  werdea 
zu  müssen. 

**)  Darauf  weist  L.  11,  30  ff.,  da  Otto  gleich  zu  Beginn  des  Jahres  1212  des 
deutschen  Boden  betrat. 

***)  Mau  vgl.  die  Bemühungen  Thumwalds  .die  Noth**  zu    erklären    in    seiner 
^  „Dichter,  Kaiser  und  Papst".  Wien  1872,  p.  80  zu  13. 


ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHERS  II.  309 

in  nahe  Aussicht  stellte,  das  Kreuz  nahm.  Daß  Friedrich  aber,  als 
dieser  Spruch  entstand,  bereits  auf  seiner  Römerfahrt,  wie  man  be- 
hauptet, begriffen  war,  ist  ein  leeres  Phantasiegebilde. 

Ich  habe  somit  dargethan,  daß  diejenigen  Sprüche,  die  die  meisten 
Anhaltspunkte  für  Festsetzung  der  Zeit,  in  der  sie  entstanden  sein 
mögen,  bieten,  grossentheils  mit  voller  Bestimmtheit  in  die  Jahre  1212 
bis  1215  gewiesen  werden  können  und  daß,  wo  dieser  Nachweis  nicht 
erbracht  worden,  wenigstens  nichts  bindert,  diese  Zeitbegrenzung  fest- 
zuhalten und  nichts  für  eine  andere  Zeit  in  die  Wagschale  fällt.  Sollte 
nun  der  Spruch  L.  28,  11 ;  Pf.  B.  152;  WR.  49,  11;  W.  84,  61;  S,  79»), 
um  den  es  sich  eben  hier  handelt,  einzig  und  allein  ins  Jahr  1219 
gehören  ?  **)  Ich  glaube,  daß  schon  dieser  eine  Grund  überzeugen  muß, 
daß    der   bisherige  Ansatz  dieses  Spruches    nicht    richtig  sein   könne. 

Ich  halte  ihn  im  Gegentheil  für  einen  der  ersten,  wenn  nicht 
überhaupt  für  den  ersten  Spruch  dieses  Tones  und  glaube,  daß  er  in 
Deutschland  verfaßt  ist,  als  Leopold  gegen  Ende  des  Jahres  1212  von 
seinem  Ereuzzuge  nach  Spanien  zurückkehrte,  wo  er  zu  spät  gekommen 
war,  indem  er  die  Sieger  von  Tolosa  bereits  auf  der  Rückkehr  zu 
Calatrava  fand,  weshalb  er  sich  begnügen  mußte,  an  St  Jakobs  Orab 
zu  Compostella  zu  beten,  die  Araber  am  Minho  und  Duero  zu  be- 
drängen und  die  Ketzer  im  südlichen  Frankreich  zu  schrecken***). 
Damit  hat  nun  freilich  die  schöne  Hypothese,  der  auch  noch  in  jüng- 
ster Zeit  Thumwald  p.  56  beipflichtet,  ein  unerwartet  trauriges  Ende 
genommen,  daß  nämlich  Walther  an  der  Spitze  einer  Wiener  Depu- 
tation den  aus  Palästina  heimkehrenden  Herzog  in  Aquiieja  mit  dem 
obigen  Spruche  überrascht  habe.  Die  Deputation,  diesen  mehr  mo- 
dernen Begriff,  wird  man  wohl  überhaupt  fallen  lassen  müssen,  denn 
der  Umstand,  daß  in  den  Versen  2,3,6,4,7  und  9  des  Spruches  Walther 
als  Sprecher  einer  Mehrheit  erscheint,  berechtigt  noch  nicht  dazu,  gleich 
auf  eine  Deputation  zu  denken,  da  er  uns  in  ähnlicher  Lage  öfters 
begegnet,  so  L.  32,  36;  L.  84,  29;  L.  84,  34—35;  L.  83,  25. 


*)  Herzog  uz  d»terriche,  ez  iH  iu  wol  ergangen* 
**)  Es  wird  sich  überhaupt  im  Laufe  meiner  Untersuchiingeu  zur  Chronologie 
der  Sprüche  Walthere  von  der  Vogelweide,  wie  ich  hoffe,  mit  durchschlagendem  Er- 
folg, der  Nachweis  liefern  lassen,  daß  die  alte,  von  Simrock  so  lange  festge- 
haltene Ansicht,  daß  die  Sprüche  eines  Tones  chronologisch  ge- 
bunden sind,  die  allein  richtige  war. 

***)  Leider   stand   mir   zur  näheren  Bestimmung  dieser  Verhältnisse  weder  ein 
Regesten-  noch  irgend  ein  Qaellenwerk  zur  Verfügung,    sondern  ich  mußte   mir 
diesen  allerdings  nebensächlichen  Punkt  auf  Hormayrs  theilweise  entschieden 
tige  Ausführungen,    die  ich  über  diese  Verhältnisse  in  seinem  Werke  vorfinde 
seine  Geschicke  und  seine  Denkwürdigkeiten.  Wien  1823.  11^  ä^  G4.  «\55ia.^iQk« 


310  ^  NAGELE,  ZUR  CHRONOLOGIE  DER  SPRÜCHE  WALTHEB8  IL 

Ich  könnte  hiermit  schliessen,  denn  nachdem  ich  nadigewiesen 
habe^  daß  alle  Sprüche  Walthers ,  die  auf  Leopold  oder  den  Wiener 
Hof  bezüglich  sind,  entweder  dort  bis  1199  oder  wenn  sie  nach  diesem 
Jahre  entstanden^  fem  von  Wien  verfaßt  sind,  wird  wohl  Niemand 
glauben,  daß  der  einzige  Spruch ,  der  noch  übrig  ist,  nämlich  L.  36, 
1 — 10*)  an  den  Wiener  Hof  gehört  Dennoch  will  ich  auch  ihn  einst 
Besprechung  unterziehen,  da  ihn  Menzel  a.  a.  O.  p.  165  auf  „aeinen* 
zweiten  Wiener  Aufenthalt  glaubt  deuten  zu  mtlssen.  Er  seist  dea 
Beginn  der  sparsamen  Zeit  am  Wiener  Hofe,  von  der  Walther  in  dem 
Spruche  handelt^  spätestens  in  den  Anfang  des  Jahres  1206  und  ftahrt 
zum  Beweise  ein  Schreiben  Innocenz  IH.  vom  25.  Februar  des  näm- 
lichen Jahres,  das  an  den  Herzog  Leopold  gerichtet  ist,  an ^  „wcnin 
ihm  der  Papst  mittheilt  ^  er  habe  vernommen ,  daß  der  Hersog  nA 
entschlossen  habe,  eine  Kreuzfahrt  anzutreten,  was  auch  durch  die 
Angaben  der  Melker ,  Garstner  und  Klostemeuburger  Chroniken  ba> 
stätigt  werde^. 

Bis  hieher  stimme  ich  Menzel  vollständig  bei.  Allein  nicht  ein- 
verstanden muß  ich  mich  mit  der  Ausführung,  die  er  etwas  fifther 
bringt,  erklären,  daß  „die  genaue  Bekanntschaft  des  Dichters  mit  dem 
Verhalten  des  Hofes  und  der  Adelskrcise  in  Wien  während  jener  spar- 
samen Zeit  unwiderleglich  (!)  beweise,  daß  er  selbst  2ieuge  davon 
war*^.  Soll  denn  die  Sparsamkeit  Leopolds  und  des  österreichischen 
Adels  zu  dem  Zwecke  eines  Ereuzzuges^  nachdem  der  Plan  des  Unter- 
nehmens bereits  zu  Ohren  des  Papstes  gedrungen  war,  an  den  deut- 
schen Höfen  ein  Qeheimniss  geblieben  sein?  Zeigte  sich  die  Sparsam- 
keit Leopolds  und  des  Adels  nur  am  Wiener  Hofe  und  nicht  aller- 
wärts?  So  zuversichtlich  darf  demnach  diese  Behauptung,  Waltfaor 
müsse  Augenzeuge  gewesen  sein,  wohl  doch  nicht  hingestellt  werden. 

Was  Menzel  noch  für  diesen  angeblichen  zweiten  Wiener  Auf- 
enthalt Walthers  von  der  Vogelweide  anführt,  ist  bereits  früher  schon 
als  unrichtig  dargethan  worden**).  ANTON  NAGEUB. 


*)  D6  LiupoU  spart  df  gote9  vaH,  <kf  künftig  $re  etc. 
**)  Daß  die  beiden  Sprüche  des  „Wiener  Hoftones%  die  in  dieser  Abhandlnng 
keine  weitere  Besprechong  fanden,  nSmlich  L.  20,  31  ff. :  Mir  iH  vertpaH  der  Botiden 
tor  nnd  L.  25,  26  ff.:  06  ieman  spreche,  der  nd  lebe  in  der  Zeit  von  1198 — 1199 
gehören,  glaube  ich,  wie  bereits  bemerkt  wurde,  oben  S.  160  ff.  nachgewiesen  sa 
haben;  hier  sei  nur  so  viel  erwähnt,  daß  der  letztere  Spruch  nach  meiner  dort  Tor- 
getragenen  Ansicht  bei  den  Huldigungsfeierlichkeiten  nach  der  Rftckkehr  Lieopolds 
von  seiner  Belehuuug,  also  etwa  gegen  Ende  August  1198  entstanden  ist. 


A.  JEITTELES,  ZU  DEM   BA1BI8CHEN  BEäEGMUNOEN'.  311 


ZU  DEN  'BAIRISCHEN  BESEGNUNGEN'. 


Die  von  Birlinger  S.  74  unter  Nr.  3  mitgetheilte  Besegnung 
findet  sich  in  etwas  veränderter  Form  auch  in  einer  mit  Pfeiffers  Arznei- 
buch II  (Sitzungsb.  d.  Wiener  k.  Akad.  d.  Wiss.  Bd.  42,  S.  127  ff.) 
vielfach  übereinstimmenden  Innsbrucker  Pergamenthandsohrift  aus  dem 
14.  Jahrhundert 

(foL  19P)  Ad  partum  mulierum. 

Swenne  daz  wip  ze  chemn&ten  sol  gdn,  so  sol  man  disen  prief 
schreiben  und  sol  ir  den  legen  üf  den  buch:  de  viro  vir,  virgo  de 
virgine,  vicit  leo  de  tribu  Juda.  Maria  virgo  peperit  Christum ,  EUi- 
zabeth  peperit  Johannem  Baptistam.  Adjuro  te,  infans,  per  patrem 
et  filium  et  spiritum  sanctum ,  si  masculus  es  aut  femina,  ut  exeas  de 
Vulva  ista!  Exinanite*),  exinanite!  Als  daz  chindlin  gebom  wirt,  sd 
solt  du  vil  palde  den  prief  ab  loesen. 

In  derselben  Handschrift,  deren  weitere  Benützung  ich  mir  vor- 
behalte, befinden  sich  u.  a.  auch  folgende  Segensformeln. 

(fol.  197")  Ad  febres  cottidianas. 

Idem.  Wellest  du  des  schier  puozzen ,  so  nim  ainen  apfel 

und  tail  den  in  driu  und  1&  si  doch  alliu  an  ainander**)  haften  und  gib 
im  die  drei  tage  näh  ainander  ***)  ze  ezzen  nuohter.  An  ain  tail  schreip 
den  vers:  increatus  pater;  an  daz  ander  tail:  inmensus  pater;  an  daz 
dritte:  etemus  pater. 

(fol.  214*)  Contra  febres. 

So  der  mensch  daz  vieber  hat,  so  sol  man  im  salben  die  lanchen 
und  den  ruggen  und  diu  pain  mit  artagaton  und  mit  marciaton  — 
die  salben  chennent  die  arz&t  wol  —  und  sol  danne  leken  vil  wol  in 
ainem  vazze ,  so  wirt  er  gesunt.  Helf  daz  niht,  so  bedeke  den  men- 
schen in  ainem  vazze  und  tuo  dar  in  glüend  stain  und  s»  L  s^e  üf 
die  stain  habren  und  leke  dar  üf  mit  vil   starchem  win  und  lä  den 


*)  Darnach  muß  das  bei  Birlinger  miYentllndlicbe  Wort  (a.  a.  O.  S.  74,  11 
und  38)  corrigiert  werden. 
*»•)  anander. 


312  A.  JETTTELES,  ZU  DEN  BAIRISGHEN  BESEONUMOEN*. 

toam  g^D  in  den  menscben,  so  er  die  hitze  aller  maist  müg  erllden. 
Helf  daz  niht,  so  nim  attichen  und  siud  die  vaste  und  mache  dar  ui 
ain  vollebat  und  b»  den  menschen  vast  and  vlizichlich  in  dem  bade^) 
mit  den  attichen  und  tuo  daz  drl  tag  und  gib  im  alle  morgen  ze 
trinchen  harn  nüehter,  sd  wirt  im  baz.  Wil  du  stn  schier  bQeEEen,  so 
nim  ainen  apfel  und  tail  in  in  driii  und  lä  si  doch  alliu  driu  an  ain- 
ander  ^)  haften  und  gib  im  den  apfel  ze  ezzen  dii  tag.  An  ainen 
tail  schrip  den  vers:  increatus  pater  etc.^  an  den  andren  tail:  inmen- 
BUS  pater  etc.,  an  den  dritten:  etemus  pater  etc.  Helf  daz  niht,  sft 
nim  driu  porren  bleter  und  schrib  an  ainz:  dextera  domini  fecit  dto; 
an  daz  ander:  dextera  domini  exal.  me;  an  daz  dritte:  dextera  do- 
mini liberavit  me^  und  ezze  diu  bleter  dri  morgen  nüehter.  Hdf  das 
niht,  so  schrib  an  dri  obläten:  o  febrem  omni  laude  colendam;  an  das 
ander:  o  languorem  sanitatis  et  gaudii;  an  die  dritte:  ascribendam 
nax  pax  max.  Die  sol  der  sieche  dri  tage  nüehter  ezzen.  Hta 
du  der  obläten  niht,  so  nim  ain  rinden  ab  dem  bröt:  diu  ertsnf  ist 
versucht. 

Andere  in  dieser  Us.  enthaltene  Besegnungen  und  Zaubermittei, 
gegen  Fallsucht,  Fieber,  Nasenbluten,  kommen  in  wenig  verschiedener 
Fassung  bei  Pfeiffer  S.  151,  8.  153,  24.  154,  17  vor,  jene  Mittel  nicht 
gerechnet,  die  auf  blosser  Sympathie  beruhen.  Noch  andere  %airisehe 
Besegnungen'  zu  Heilungszwecken  stehen  bei  Pfeiffer  a.  a.  O.  139,  13. 
141,  26.  148,  10. 

Die  von  Birlinger  unter  Nr.  13  mitgetheilte  Besegnung  ist  sowohl 
in  Pfeiffers  Arzneibuch  (150,  4  ff.)  als  in  der  Innsbrucker  Handschrift 
(fol.  196*)  in  ungleich  ausfflhrlicherer  Behandlung  enthalten. 

INNSBRUCK,  18.  Februar  1879.  ADALBERT  JEITTELES. 


*)  uiv  bade;  niv  durch  Punkte  tlarutiUr  getilgt. 
**)  anander. 


UTfERATUB:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNOEN.  313 


LTTTERATÜR. 


Zur  Kritik  der  Hibelungen. 

(Schloß.) 

In  das  EigeDtbum  eines  neuen  Dichters «  von  dem  wir  noch  nichts  ge- 
funden haben,  treten  wir  ein  mit  der  Erefthlang  Ton  Iringt  Tod,  Str.  1965 
— 2015.  Die  Interpolationen  sind  hier  nur  genug.  Vor  Allem  sind  ein- 
geschoben 1966  f.  1969—1971.  1998  f.,  alle  fiberflüssig  und  nur  angebracht 
mit  der  Absicht,  „Hagen  und  die  Bargunden,  noch  ehe  sie  angegriffen  werden, 
an  der  Handlang  zu  beteiligen''.  Peweislos,  wie  diese  Behauptung  vorgebracht 
ist,  bedarf  sie  auch  keiner  Widerlegung^). 

Nur  die  Wirkungslosigkeit  von  Hagens  höhnenden  Worten  in  1993  und 
und  1994  hat  Wilmanns  angeführt.  Ich  finde  darin  einen  schönen  Zug.  Iring 
will  als  durchaus  edler,  ritterlicher  Mann  nichts  von  einem  Wortwechsel  wissen; 
1996  ff.  zeigt  er  mit  der  That,  daß  Hagens  Rede  ihn  gereizt  hat,  und  man 
mag,  was  freilich  nicht  nothwendig  ist,  seine  Worte  1996,  3  den  UhermUeten 
man  auf  1993  f.  beziehen.  —  Weiterhin  wird  2005  für  interpoliert  erklärt, 
weil  Iring  nicht  um  des  Geldes,  sondern  um  der  Ehre  willen  in  den  Kampf 
gegangen  sei.  Wir  werden  nachher  sehen,  daß  dieser  Satz  sehr  zweifelhaft 
ist;  er  soll  aber  richtig  sein,  so  widerstreitet  er  doch  dem  Inhalt  von  2005 
durchaus  nicht:  Iring  spricht  hier  nicht  von  sich^^),  sondern  warnt  die  von  Du- 
ringen  und  die  von  Tenelant,  sich  nicht  durch  Kriemhilds  Oold  in  den  Kampf 
treiben  zu  lassen,  was  ja  Etzels  eigener  Bruder  gethan  hat.  Daß  Imfrit  und 
Hawart,  um  Iring  zu  rächen,  ohne  Bezahlung  in  den  Kampf  gehen,  streitet 
auch  nicht  im  geringsten  mit  2005;  und  ebensowenig  beweist  es  etwas  gegen 
2012,  welche  W.  ebenfalls  athetiert,  obwohl  er  sich  hier  die  gans  richtige 
Bemerkung  selbst  macht,  daß  in  2012  der  Feind  Volker  spricht.  —  ^012 
soll  aber  noch  aus  einem  anderen  Grunde  verdächtig  sein.  Da  Volker  und 
Hagen  die  Thür  hüten,  so  sei  Volkers  Commando  2012  befremdlich.  Ich 
glaube,  es  werden  nach  2011  doch  noch  mehr  Bnrgunden  vor  dem  Saale  sein, 
und  Volker  kann  ganz  füglich  diesen  befehlen,  den  Weg  in  den  Saal  frei  zu 
machen.  Ob  nan  dieser  Befehl  an  sich  auffallend  ist  oder  nicht,  ist  gleich- 
giltig.  Jedenfalls  kommen  die  Feinde  2013  f.  wirklich  in  das  Haus  und  werden 
darin  alle  erschlagen.  —  Str.  2014  greift  zurück;  2013,  4  „ist  die  Erwähnung 
Gemots  und  Giselhers  unmotivirt".  W.  combiniert  daher  2013,  1  a  Dd  die 
ühermüeten  mit  2014,  1  b  k6men  in  daz  Ms  u.  s.  f.  Beide  Argumente  haben 
keine  Kraft.  —  Mit  2015  schließt  W.  die  Scene  ab. 


*)  Lachmann  hatte  von  allen  diesen  Strophen  nur  1971  ausgeschieden;  er  selbst 
hat  die  Echtheit  der  Strophe  nur  „bezweifelt**,  und  seine  Gründe  sind  schwach  genug ; 
nach  1970  wird  auch  die  Strophe  kaum  zu  entbehren  sein. 

**)  Ich    brauche    deshalb    meine  Zuflucht   nicht   zu  B.  v.  Muths 
richtiger  Bemerkung  (Zeitsehrift  für  deutsche  Philologie  8,  491)  m  nehr 
Nehmen  einer  Miete  überhaupt  nicht  gegen  den  Geist  der  Zeit  war. 


314  UTTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

Wir  haben  in  dieser  Scene,  wie  voraus  angedeutet,  einen  Dichter  tot 
uns,  dem  wir  noch  nicht  begegnet  waren,  den  Iringsdichter.  W.s  Qrfinde 
haben  hier  weit  mehr  Scheinbarkeit  als  sonst,  weil  er  sich  hier  genauer  in  die 
elementaren  Dinge  der  stilistischen  Darstellung  eingelassen  hat;  man  mag  des- 
halb entschuldigen,  wenn  ich  etwas  ausfShrlicher  werde. 

Der  Rüdigersdichtung  soll  die  Scene  vor  Allem  nicht  angehören ;  dagegoi 
sprechen  die  geringen  Interpolationen.  Es  hätte  aber  doch  wohl  znfiUlig  ein  Ab- 
schnitt der  alten  Dichtung  existieren  können,  der  die  Interpolatoren  weniger  nr 
Thätigkeit  gereizt  hätte  als  andere  Sceuen.  Femer  spricht  gegen  die  Zagehörig- 
keit zur  Rüdigersdichtong  die  Ausführlichkeit  der  Behandlung  eines  dfirfkigen 
Stoffes  und  die  üppige  Farbengebung.  Beides  gründet  sich  auf  die  Atiietesei 
in  der  Rüdigersdichtung,  besonders  das  zweite;  denn  in  den  Str.  1772  f.  1779. 
2184.  2149  f.  darf  man  auch  wohl  von  kräftigem  Colorit  reden;  anch  war  in  doi 
grinunigen  Kampf  unserer  Scene  viel  mehr  Gelegenheit,  grell  und  glänaeiid  n 
malen,  als  in  dem  Idyll  zu  Bcchelaren,  dem  Festessen  und  der  nnheiBliehai 
Nachtwache  oder  der  düstem  Scene  von  Rüdigers  Tod.  —  Auch  die  geringe 
Bedeutung  der  auftretenden  Helden,  die  unsern  Dichter  vom  Rüdigersdicktar 
unterscheiden  soll,  bietet  keinen  Anstoß;  der  Dichter  folgt  eben  der  Über- 
lieferung, und  Iring  kommt  ja  in  der  Thidrekssaga  vor.  —  Anch  von  das 
Dankwartsdichter  ist  der  Iringsdichter  verschieden,  obwohl  er  ihm  näher  «tekt 
Es  fehlt  ihm  das  dramatische  Element,  das  den  Dankwartsdichter  anssttchnek, 
welcher  sich  meist  in  Rede  und  Gegenrede  bewegt.  Der  Iringsdichter  hat  frgt 
gar  keinen  Dialog.  —  Allein  dieses  Resultat  ergibt  sich  erst  aus  der  Aihe' 
tierung  von  1966  f.  1969-- 1971.  1993  f.  2005.  2012,  in  welchen,  aiMnr 
in  2005,  inmier  Hagen  und  Volker  redend  auftreten.  Eben  diese  zwei  reden 
bei  dem  Dankwartsdichter  so  besonders  viel,  und  der  trotzige  Inhalt  ilutr 
Reden  ist  hier  und  dort  gleich.  Wir  haben  aber  gesehen,  daß  die  genannten 
Strophen  ganz  grundlos  weggeschafft  worden  sind.  Lassen  wir  sie  stehen ,  so 
kommen  in  unserer  Scene  auf  51  Strophen  14  mit  directer  Rede,  also  nieht 
ganz  Y3,  in  den  Kampfscenen  des  Dankwartsdichters,  die  doch  allein  ver- 
glichen  werden  dürfen,  1858^1916,  auf  59  Strophen  28  oder  29,  also  niekt 
ganz  die  Hälfte;  das  ist  wohl  ein  geringer  Unterschied.  —  Das  |,starke  Auf- 
tragen der  Farben^  ist  schon  erwähnt;  der  Dankwartsdichter  hat  daran  übrigens 
auch  seinen  Theil.  Auffallend  ist  allerdings,  was  W.  als  Einzelheit  eriHUint| 
daß  das  Funkensprühen  von  dem  Iringsdichter  viermal  erwähnt  wird  (1980,  2. 
1990,  4.  1999,  1.  2.  2009,  3),  von  dem  Dankwartsdichter  gar  nie.  Das  Motiv 
ündet  sich  sonst  noch  2212,  4.  2215,  1  (worauf  W.  an  einer  späteren  Stelle 
zu  reden  kommt);  und  in  den  von  W.  nicht  untersuchten  Partien  185,  3«  3. 
1552,  3.  Also  in  einer  Kampfscenc  viermal,  in  einer  zweimal,  in  zweien  je 
einmal  und  in  dreien  gar  nicht.  Das  ist  immerhin  ein  Unterschied ;  ob  aber 
für  sich  allein  von  Bedeutung,  fragt  sich*).  -^  Den  Vergleich  zwischen  Schwert 
und  Fiedelbogen  hat  der  Iringsdichter  gar  nicht.  Wir  wollen  etwas  genauer 
zusehen,  wie  weit  das  trifft.  Volker  kommt  im  Iringslied  vor  1969  f.  1977  f. 
2008  f.  2012.  Zur  Anbringung  des  Bildes  wäre  Platz  gewesen  in  (1970.) 
1978.  2008.  2012—2014;  also  nur  5  —  6  mögliche  Stellen.  Das  Bild  kommt 


*)  Den  viermal  (1978.  1980.  198%.  %(M%^  f^CkVkttxv«.ViV«i\  Ausdruck  mn  Un^  be- 
erst  später',  daher  s.  u. 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  315 

überhanpt  vor  an  folgenden  Stellen :  1723.1759.1903.1913.1939.1941.1943. 
1944  (ziemlich  verschieden  ist  2206  f.).  Alle  diese  Stellen  enthalten  entweder  eine 
allgemeine  Bezeichnung  des  Schwerts  als  Fiedelbogen,  oder  eine  ebenso  allgemeine 
Vergleich ung  des  Kampfes  mit  dem  Saitenspiel.  Thells  ist  das  Bild  hergenommen 
von  den  Tönen,  den  Leichen,  die  Volker  fiedelt^  theils  mag  man  auch  an  das 
Hinondherzncken  des  Schwertes  denken.  So  schön  und  glanzvoll  dieses  Bild  ist, 
so  lächerlich  wurde  es  sofort,  wenn  es  der  Dichter  da  verwenden  wollte  ^  wo 
Volker  auf  einen  bestimmten  Gegner  losschlägt;  hier  würde  sofort  das  Tertium 
fehlen.  Der  Dichter  war  Dichter  genug,  das  zu  empfinden,  und  hat  an  allen 
den  Stellen,  wo  er  Völkern  einem  bestimmten  Gegner  im  Kampf  gegenüber- 
stellte, das  Bild  weggelassen:  1826.  1936.  1958.  2214.  2222.  Und  nun 
zurück  zu  der  Iringsdichtung!  1969  f.  konnte  das  Bild  der  Fiedel  ohne  Zwang 
nicht  angebracht  werden;  1977  f.  2008  f.  hat  Volker  einen  bestimmten  Gegner 
vor  sich;  und  nur  2012  —  2014  wäre  Raum  für  das  Bild  gewesen.  Der  sehr 
scheinbare  Unterschied  erklärt  sich  also  von  selbst.  —  Aber,  kann  man  weiter 
fragen,  warum  hat  denn  der  Dichter  bei  dem  Kampf  im  Saal  seine  Schilderung 
so  allgemein  gehalten,  daß  er  das  Bild  verwerthen  konnte,  und  nachher  nicht 
mehr?  Im  Saale  stosscn  die  Burgunden  auf  keine  namhaften  Gegner,  alle  solche 
treten  erst  später  auf,  mit  Ausnahme  des  vorher  abgefertigten  Blödel.  Nur  den 
Heunen  stehen  sie  gegenüber,  und  unter  diesen  konnte  oder  wollte  der  Dichter 
keinen  besonders  erwähnen.  Anders  nachher,  wo  Iring,  Irnfrit,  Hawart,  Rüdiger 
und  die  aus  sonstiger  Sage  mit  Namen  bekannten  Amelungen  auftreten;  hier  handelt 
es  sich  um  Einzelkämpfe.  Natürlich  haben  —  und  es  ist  das  auch  immer 
erwähnt  —  alle  diese  Helden  namenloses  Gefolge  mit  sich.  Aber  der  Kampf 
mit  diesem  wird  immer,  wie  natürlich,  ganz  kurz  berichtet,  ebenso  der  mit  den 
dazwischen  hinein  wider  ausgesandten  Heunen  (2020 — 2022.  2065—2071). 
Nur  den  ersten  allgemeinen  Kampf  hat  der  Dichter  nicht  versäumt  ausftlhr- 
licher  und  mit  allen  Mitteln  poetischer  Ausschmückung  zu  schildern.  —  Das 
führt  uns  weiter.  Nach  W.  ist  der  Iringsdichter  arm,  er  reiht  willkürlich  und 
ohne  jemals  einen  lebhaften  Eindruck  zurückzulassen,  Zweikampf  an  Zweikampf, 
nur  um  alle  burgundischen  Helden  anzubringen.  Allein  die  Kämpfe  alle  nach 
dem  im  Saal  haben  an  dieser  Armuth  mehr  oder  minder  Theil,  und  der  be- 
sondere Charakter  des  Lringsliedes  läßt  sich  leicht  erklären.  Iring  muste  ange- 
bracht werden,  da  seine  Person  überliefert  war;  aber  viel  von  ihm  zu  sagen 
wüste  der  Dichter  nicht.  Es  ist  also  kein  Wunder,  wenn  seine  Darstellung 
wenig  Interesse  darbietet.  Irings  Kampf  ist,  im  Gegensatze  zu  dem  Dankwarts, 
eine  eigentliche  Aristie:  ohne  zwingenden,  sachlichen  Grund  tritt  der  eine  Held 
auf  die  Bühne  und  verschwindet,  ohne  etwas  Wesentliches  an  der  Sachlage 
geändert  zu  haben.  Wenn  man  will,  läßt  sich  also  leicht  annehmen,  daß  Irli 
Kampf  Gegenstand  eines  besonderen  Liedes  gewesen  sei.  Aus  einem  soll 
mag  der  Dichter  die  etwa  vorhandenen  besonderen  Züge  der  Scene  gesoP 
haben,  das  planlose  Hin-  und  Herrennen  Irings  (wenn  nicht  für  dieses  die  1 
losigkeit  des  Dichters  einem  unbedeutenden  Stoff  gegenüber  mit  mehr  Recht 
antwortlich  gemacht  wird),  das  viermalige  Funkensprühen  q 
noch  finden  mag*);    obwohl  kein  zwingender  Grund  für  so 

^)  Hennings  Vorbringen  (a.  a.  O.  68),  daß  das  Iringslied 
altertümliches  und  stilvolles,  das  Dankwartslied  em  ^^^«raa  vfifii 
\ehenäigereD  Vortrages  ausgerüstetes  Lied**  sei,  luim  \^  ^^^^ 
keine  Begräadang  dafür  beigebracht  hat,  aac^  k^ne  Y^^VnsXk'ftim 


31H  LITTERATUR:  ZUK  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

huiden  ist.  —  Warum  nehme  ich  aber,  könnte  ich  leicht  gefiragt  «erdca, 
nicht  lieber  mit  Lachmann  hier  ein  besonderes,  noch  Torhandenes  Lied  aa? 
Wir  wissen,  daß  die  Nibelungenaage  Gegenstand  yielfaeher  epiacher  Behaad- 
long  in  Deutschland  gewesen  ist,  gewöhnlich  wohl  in  kleineren,  einen  beatunintai 
Punkt  der  Sage  fixierenden  Liedern.  Geben  wir  nun  sn,  daß  im  K.  Ij.  sieh 
da  und  dort  Verschiedenheiten  der  Au£Rftssnng|  der  Darstellung,  des  To«es 
finden  —  im  Ganzen  gehen  sie  doch  bei  näherer,  auf  den  jeweiligen  €kgen* 
stand  eingehender  Prüfung  nahe  genug  zusammen  —  so  lassen  sich  diese  gar 
leicht  erklären  durch  die  verschiedenen  Lieder,  die  der  Dichter  kannte,  wmm 
großen  Theil  gewiß  auswendig  wüste.  Läge  uns  ein  Stoff,  von  dem  wir  wfistflBy 
daß  er  in  Deutschland  zuTOr  nie  bearbeitet  worden,  in  einer  Dicbtmig  vor, 
die  wesentliche  Unterschiede  zwischen  ihren  rerschiedenen  Theilen  zeigte,  so 
könnten  wir  kaum  anders ,  als  diese  rerschiedenen  Theile  verschiedenen  Yer* 
fasscm  zuschreiben.  Da  wir  aber  beim  N.  L.  Vielheit  der  Quellen  annehiaai 
dSrfcn,  aus  denen  der  Dichter  geschöpft  hat,  so  sind  wir  hier  zu  der  Annäht 
mehrerer  Dichter  noch  nicht  genöthigt.  Diese  Annahme  könnte  nur  gcetüiit 
werden  auf  fundamentale  Verschiedenheiten  des  Sprachgebrauchs ,  das  Bciiii 
und  anderer  elementarer  Dinge,  auf  welche  der  jeweilige  Stoff  und  also 
die  jeweilig  vorhandene  Quelle  ohne  Einfluß  oder  doch  nur  von  ganz 
ist:  solche  Merkmale  sind  es,  an  welchen  sonst  die  einzhlnen  mhd«  Dichter 
ziemlicher  Sicherheit  unterschieden  werden  können.  Man  weise  also  in  dii 
Dingen  eingreifende  und  beträchtliche  —  denn  bis  zu  einer  vhm.  hohen  Gi 
kann  Zufall  herrschen  —  Verschiedenheiten  nach^  und  man  wird  der  serlegendaa 
Kritik  eine  sichere  Handhabe  gegeben  haben.  Aber  dazu  sind  bis  jeiat  nar 
dürftige  Anläufe  gemacht  worden;  und  Bartsch'  Satz,  daß  in  allen  fonaellea 
Dingen  alle  Theile  des  N.  L.  sich  so  ziemlich  gleich  seien,  ist  bis  jetst  nicht 
widerlegt  worden.  Wilmanns  zieht,  wie  wir  sahen,  nur  höchst  selten  Derartiges 
herbei;  es  mibte  aber,  wenn  es  Beweiskraft  haben  sollte,  durchaus  and  con- 
sequcnt  geschehen.  Ich  bin  aus  dem  Satze  seiner  Vorrede  (S.  IV  f.)  bis  jetzt 
nicht  ganz  klar  geworden:  „Beobachtungen  des  Stils,  des  grammatischen  Qe* 
brauches,  des  Wortschatzes,  des  Versbaues  sind  nutzlich  und  notwendig,  m 
ein  lebendiges  und  treues  Bild  von  der  Art  eines  Dichters  zu  entwerfen;  aber 
man  kann  eolche  Beobachtungen  mit  Erfolg  erst  dann  anstellen,  wenn  das  Werk 
eines  Dichters  vorliegt;  wenn  man  kritiklos  zusammenraflft ,  was  verschiedenca 
Individuen  gehört,  sind  solche  Sammlungen  ohne  Wert.^  Man  rafft  eben 
nicht  kritiklos  zusammen,  sondern  stellt  methodisch  neben  einander;  und  daß 
man  auf  diesem  Wege  aus  dem  überlieferten  Complex  von  Werken  eines 
Autors  mit  Glück  Fremdes  ausscheiden  oder  aber  die  Zusammengehörigkeit  ge- 
sonderter Stücke  beweisen  kann,  dürfte  die  Geschichte  der  classischen  und  der 
modernen  Philologie  zeigen.  Warum  soll  also  nicht  der  dritte  denkbare  Schloß 
erlaubt  sein,  aus  dem  Mangel  an  Verschiedenheiten  (inneren  und  äusseren) 
innerhalb  eines  überlieferten  Gänsen   dessen  Einheit  zu  folgern? 

Wilmanns  hat  einen  Anlauf  zu  derartiger  Behandlung  genommen,  wenn 
er  sagt ,  daß  die  Reime  Hagent :  sagene  u.  ä.  von  dem  Dankwartsdichter  ge- 
braucht werden,  der  als  der  begabtere  weniger  Werth  auf  formelle  Glätte  gelegt 
habe,  nicht  aber  von  dem  Iringsdichter.  An  sich  hätte  letzterer  selbst  bei 
pedantischer  Peinlichkeit  diese  Reime,  die  als  klingende  bei  den  höfischen 
Epikern  erscheinen,  nicht  zu  vermeiden  gebrauch^  falls  er  nur  genau  reimte 


LITTERATÜR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  317 

Aber  die  ganze  Behauptung  beruht  nur  auf  der  Ausscheidung  der  Str.  1966. 
1993.  Der  Dankwartsdichter  hat,  wenn  man  die  interpolierten  Strophen  mit- 
rechnet, diese  Reime  12mal  in  209  Strophen  (1719.  1726.  1740.  1811. 
1825.  1855.  1862.  1889.  1891.  1896.  1916.  1942),  also  einen  auf  je 
35  Reime;  der  Iringsdichter  hat  sie  in  51  Strophen  2mal,  also  einen  auf  je 
51   Keime.     Ist  das  ein  erheblicher  Unterschied?*) 

Den  eigentlichen  Beweis  für  die  Verschiedenheit  des  Dankwarts-  und 
Iringsdichters  findet  aber  W.  in  derThatsache,  daß  keiner  von  beiden  das  Werk  des 
andern  gekannt  habe,  da  weder  der  erstere  die  Thüringer  und  Dänen  noch 
der  letztere  Dankwart  erwähnt.  Ich  habe  für  die  Ausscheidung  Ton  1815  f. 
keinen  Grund  gefunden.  Au£PaIlender  ist,  daiS  beim  Saalkampf  Thüringer  und 
Dänen  nicht  erscheinen,  da  doch  Dietrich  und  Rüdiger  beim  Essen  anwe- 
send sind.  Ich  halte  das  aber  nicht  für  genügend  zur  Trennung  der  beiden 
Abschnitte.  Rüdiger  und  Dietrich  entziehen  sich  absichtlich  dem  Kampfe;  des- 
halb muste  ihre  vorherige  Anwesenheit  erwähnt  werden.  Iring  und  die  Seinigen 
treten  erst  später  handelnd  auf;  und  der  Dichter  konnte,  ohne  daß  man  sie  Termißte, 
ihre  Anwesenheit  oder  Abwesenheit  unerwähnt  lassen.  Im  Saale  konnte  er  sie 
nicht  brauchen;  moste  er  aber  deshalb  ausdrücklich  sagen,  daß  sie  nicht  da 
gewesen?  Daß  er  aber  gar  ihre  Abwesenheit  begründet  hätte,  werden  wir 
nicht  von  ihm  verlangen  wollen.  —  Dankwart  wird  überhaupt  nach  dem  Kampf 
in  der  Herberge  und  im  Saal  wenig  mehr  erwähnt;  der  Mohr  hat  seine  Arbeit 
gethan.  Lachmann  hat  ja  deshalb  alle  Stellen  entfernt,  in  denen  Ton  ihm  noch 
die  Rede  ist,  und  ich  komme  später  auf  dieselben  su  reden.  An  sich  kann 
ich  die  Nichterwähnung  Dankwarts  hier  nicht  auffallend  finden. 

Auch  darin  findet  W.  einen  Unterschied,  daß  beim  Iringsdichter  wie  in  der 
Rüdigersdichtung  Hagen  und  Volker  an  der  Thür  stehen,  in  der  Dankwartsdich- 
tung  Dankwart  und  Volker.  Ich  frage,  ob  der  Dichter  sich  keine  solche  Abwechs- 
lupg  erlauben  darf  oder  ob  vielleicht  seine  Thätigkeit  bloß  darin  bestehen  soll,  das 
nämliche  traditionelle  Leitmotiv  zu  variieren  (oder  vielmehr  nicht  zu  variieren;  son- 
dern wiederzukäuen)  ?  In  der  Dankwartsdichtung  ist  die  Sache  zudem  naturgemäß 
begründet;  denn  Dankwart  steht  da  schon  an  der  Thür  und  muß  an  derselben 
stehen  bleiben.  —  Etzel  ist  in  der  Iringsdichtung  gar  nicht  da,  wie  in  der 
Rüdigersdichtung,  wo  Rüdiger  zum  Kampf  schreitet;  Kriemhild  veranlaßt  den 
Kampf,  sieht  aber  demselben,  wie  in  der  ältesten  Dichtung,  nicht  zu.  „Der 
Dankwartsdichter  brachte  beide  in  unmittelbare  Nähe  des  KampQ)Iatze8.*  Zum 
so  und  sovielten  Mal  wider  das  alte  unkritische  Verfahren,  Verschieden- 
heiten ,  die  im  Gegenstand  begründet  sind ,  auf  die  Person  des  Dichters 
überzutragen!  Natürlich  ist  in  der  Dankwartsdichtung  das  Königspaar  auf  der 
Stätte  des  Kampfes,  der  nach  der  Tradition  (cf.  die  Thidrekssaga)  beim  Essen 
beginnt;  aber  der  Dankwartsdichter  selbst  noch  hat  beide  entfernt;  und  wie 
1958  Etzel  sich  in  den  Kampf  begeben  will,  wird  er  zurückgehalten.  Kriem- 
hild ist  nach  1961  jedenfalls  so  nahe,  daß  sie  hören  kann,  was  vorgeht; 
das  Sehen  wird  in  dem  Gewühl  von  Kämpfenden  nicht  immer  möglich  sein,  es 
hat  also  wohl  Sinn,  wenn  sie  1991,  2  von  Hagens  Verwundung  hört.  Etzeln 
brauchte  der  Dichter  nicht;    er   tritt   überhaupt   nur   noch    in    den  Pausen  des 


*)  Ich  muß  auf  diese  Reime  bei  anderer  Gelegenheit. surüekkommeu. 


318  LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELÜNOEN. 

Kampfes  anf.  Auffallend  ist  aber  in  W.s  Munde  die  Behauptung,  daß  Kriem- 
hild  den  Kampf  veranlasse.  Sie  hat  Iring  nirgends  ausdrücklich  gebeten;  daft 
er  durch  sie  veranlaßt  werde  su  kämpfen,  kann  man  nur  dann  annehmen,  wen 
man  die  Zwischenscene ,  die  dem  Kampfe  vorausgeht,  dazu  nimmt.  Dann  ist 
Irings  Rüstung  veranlaßt  durch  Kriemhilds  Anerbieten  1962;  und  das  ist  sehr 
wahrscheinlich;  denn  wie  Iring  nur  davon  redet,  mit  Hagen  kämpfen  an  wolleDi 
so  hat  Kriemhild  ihre  Belohnung  für  Hagens  Tod  ausgesetzt*).  Aber  wie 
kann  W.  das  annehmen,  nachdem  er  behauptet  hat,  Iring  kämpfe  nur  um  der 
Ehre  willen?  —  Aus  1981  ff.  folgert  W.,  daß  Giselher  des  Dichters  Ldeblinga- 
held  sei;  aus  andern  Strophen  könnte  man  gerade  so  gut  dasselbe  für  Hagen 
folgern.  Daß  Volker  und  Hagen  ohne  den  ,|reckenhaften  Ubermuth^  encbeoMn, 
den  sie  beim  Dankwartsdichter  zeigen,  kann  nur  durch  die  Atheteae  von  1966. 
1970.  1993  f.  2012  aufrecht  erhalten  werden. 

Da  die  Iringsdichtung  den  Anschauungen  der  Rüdigersdiebimg  nirgends 
widerspricht,  so  folgt  daraus,  „daß  man  ebenso  wenig  wie  bei  der  Dnoewli- 
dichtung  irgend  welchen  Grund  hat  zu  der  Annahme,  es  sei  die  besproelMna 
Scene  nicht  von  vom  herein  dazu  bestimmt  gewesen  ein  Teil  jener  ftltesten 
Dichtung  zu  werden*.  Somit  sei  der  Iringsdichter  ein  Interpolator  der  Bftdi- 
gersdiehtung.  Zu  so  vorschnellem  Schluß  hatte  W.  eigentlich  bei  der  Dank* 
wartsdichtung  noch  mehr  Anlaß  und  Begründung  als  hier.  Denn  bei  j( 
hatte  er  doch  wenigstens  gefunden,  daß  der  Mangel  eines  selbständigen  SeUi 
darauf  hinweise,  daß  die  Er^Uilung  zur  Einfügung  in  ein  grösseres  Qanaea  be* 
stimmt  gewesen  sei.  Das  ist  hier  durchaus  nicht  der  Fall;  es  ist  also  fttr  W. 
gar  kein  Grund  vorhanden,  Lachmanns  Annahme  eines  selbständigen  Irings- 
liedes  zu  verwerfen. 

Wichtig  ist  aber  der  aus  den  bisherigen  Annahmen  ganz  richtig  ge- 
zogene, für  mich  natürlich  nicht  weiter  discutierbare  Schluß:  ,da  die  beiden 
Interpolationen  ganz  unabhängig  von  einander  entstanden  sind,  so  folgt  weünr, 
daß  unsere  Überlieferung  eine  Contamination  zweier  verschiedener  Bearbeitungen 
desselben  Gedichtes  ist**.  Wir  hätten  also  eine  Interpolation  Rüd.  4~  Dankw. 
und  eine  weitere  Rüd.  4~  ^^'t  ^°"  deren  Zusammensetzung  unser  Gedicht  ent» 
standen  wäre.  Wie  wir  aber  bei  der  Untersuchung  von  Str.  2072 — 2105 
sahen,  hat  die  Rüdigersdichtung  eine  dritte  Erweiterung  erfahren  dureh  die 
Dietrichsdichtnng.  Die  Spuren  dieser  Dichtung  und  der  Folgen  ihrer  Anschweiasong 
lernen  wir  in  den  folgenden  Abschnitten  kennen. 


Verwickelt  ist  die  Untersuchung  über  den  Bericht  von  dem  Saalbrand, 
Str.  2024 — 2071.  Vor  Allem  fällt  hier  auf,  daß  Etzel,  an  den  noch  (}emots 
Worte  2033  f.  gerichtet  sind,  in  Str.  2035  auf  einmal  verschwunden  ist,  ohne 
nur  zu  antworten;  statt  seiner  treten  die  Etzden  recken  und  nachher  Kriemhild 
auf.  Etzel  wird  auch  gegen  das  Ende  des  Abschnitts  erwähnt,  2061.  2066 
— 2068.  2071;  aber  diese  Stellen  sind  nach  W.  alle  unecht:  2061  ist  über- 
flüssig; 2065,  3  weist  schon  auf  2069,  1  hin,  was  noch  bezweifelt  werdoi 
kann,  obwohl  es  gar  nichts  auf  sich  haben  würde;  2071  „hat  Lachmann  schon 


*)  Damit  ist  auch  2005  (s.  o.)  noch  einfacher  verständlich;  wenn  Iring  selbst 
am  Goldes  willen  in  den  Kampf  gegangen  ist,  so  ist  es  ganz  natürlich,  daß  er  sagt: 
die  pdhe  $61  enphähen  iwer  deheinet  kamt. 


LITTERATÜR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  319 

ausgeschieden*',  ich  fuge  bei^  bloß  weil  sie  ^unbedeutend  ist  und  am  Ende 
eines  der  gewiß  erst  bei  der  letzten  Anordnung  beliebten  Abschnitte  steht*^ 
(Anmerk.  S.  255) ;  Wilmanns  wird  die  Strophe  eher  des  Constructionsüber- 
ganges  wegen  yerwerfen,  der  für  Lachmann  im  20.  Liede  kein  Grund  der 
Unechtheit  war.  —  Aus  dem  allem  schließt  W.  weiter,  daß  Etzel  nur  durch 
Interpolation  hereingekommen  sein  könne  und  zwar  erst  nach  und  in  Folge 
der  Einschiebung  der  Dankwartsdichtung,  deren  Ereignisse  nothwendig  machten 
ihn  zu  erwähnen.  Gegen  diesen  zweiten  Theil  der  Folgerung  muß  ich  mich 
entschieden  rerwahren.  Ich  kann  mir  gar  nicht  denken,  wie  irgend  eine  Dar- 
stellung der  Sage  Etzeln  während  der  ganzen  Katastrophe  hätte  unerwähnt 
lassen  können;  in  der  RUdigersdichtung  selbst  hat  er  1746  ff.  die  Gäste 
empfangen,  und  die  Ökonomie  des  Gedichtes  rerlangt,  daß  er  bei  Gelegenheit 
wider  erwähnt  werde,  wie  es  in  der  überlieferten  Dichtung  der  Fall  ist.  Etwas 
anderes  ist  die  Frage,  ob  es  nicht,  wenn  sonst  erwiesen,  denkbar  sei,  daß  der 
Dichter  Etzeln  gerade  in  der  vorliegenden  Scene  unerwähnt  gelassen  hätte.  Das 
wäre  schon  möglich,  müste  aber  begründet  sein.  Und  das  ist  es  nicht  genü- 
gend. Über  die  grundlose  Athetese  der  Str.  2061.  2066—2068.  2071  sage 
ich  nichts  weiter.  Scheinbarer  ist  die  Differenz  zwischen  2033  f.  und  2035. 
Allein  sie  läßt  sich  zurechtlegen.  Man  mag  in  den  EtzeUn  recken  den  König 
selbst  mitfinden;  die  Möglichkeit  dieser  Erklärung  hat  R.  Hildebrand  in  der 
schon  angeführten  Stelle  Germania  10,  189  ff.  und  Zeitschrift  für  deutsche  Phi- 
lologie 2,  469.  470  f.  nahe  gelegt.  Man  kann  aber  auch  das  Überspringen 
Yon  Etzeln  auf  seine  Recken  so  erklären,  daß  Etzel  2085  gewissermassen  als 
Unparteiischer  in  die  Mitte  gestellt  ist  zwischen  seine  Mannen  und  Kriemhild, 
80  daß  er,  da  diese  weiter  redet,  Terschwindet|  ohne  rermißt  zu  werden. 

Aber  nicht  nur  Etzel,  sondern  auch  Kriemhild  soll  ursprünglich  nicht  in 
persönliche  Berührung  mit  ihren  Brüdern  gekommen  sein;  ganz  entsprechend 
der  Darstellung  in  den  bis  jetzt  gefundenen  Bruchstücken  der  Rüdigersdichtung 
und  im  Iringsliede.  In  der  RUdigersdichtung  war  für  Kriemhild  lediglich  keine 
Veranlassung,  mit  ihren  Brüdern  in  Berührung  zu  treten;  und  in  der  Irings- 
dichtung  redet  1998  f.  Hagen  zu  ihr;  wie  schlecht  begründet  die  Ausscheidung 
der  beiden  Strophen  war,  haben  wir  gesehen.  Es  bandelt  sich  aber  Tor  Allem 
darum  ,  zu  sehen ,  ob  in  unserer  Scene  selbst  ein  Grund  ist ,  Kriemhilds  An- 
wesenheit als  unursprünglich  anzusehen.  W.  findet  einen  solchen  in  der  Unter- 
handlung Giselhers  mit  den  Hennen  2029  f.,  „die  auffallend  wenig  zu  den 
Anschauungen  der  umgebenden  Strophen  stimmt^;  warum,  gestehe  ich  nicht 
zu  wissen;  ich  finde  es  schön,  daß  neben  den  Verhandlungen  mit  Etzel  auch 
eine  Appellation  an  seine  Mannen,  gleichsam  an  die  vox  populi  stattfindet,  da 
diese  an  Kriemhilds  Racheplänen  jedenfalls  unbetheiligt  sind;  und  in  wessen 
Mund  wäre  diese  Appellation  besser  zu  legen  gewesen  als  in  den  Giselhers? 
Str.  2085,  3  soll  ebenfalb  auf  Kriemhilds  Abwesenheit  hindeuten,  womit  1991^  2 
▼erglichen  wird.  Aber  dax  gehSrte  kann  wohl  heissen  „hörte  mit  eigenen 
Ohren *",  was  1991,  2  nicht  der  Fall  ist;  es  war  aber  aller  Grund,  besonders 
zu  sagen,  daß  Kriemhild  das  2035^  1.  2  Gesagte  gehört  habe;  denn  die  Worte 
der  Mannen  Etzels  sind  nicht  an  sie  gerichtet,  sondern  unter-  und  durchein- 
ander geredet.  Wenn  nun  in  der  Scene  selbst  gar  kein  Grund  liegt,  Kriem- 
hild zu  entfernen,  so  fragt  sich  nur,  ob  die  überlieferte  Darstellung  mit  dem 
Vorhergehenden  übereinstimmt.  Und  das  ist  der  Fall.  Kriemhilds  Worte  1992 


320  UTTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNaEN. 

hat  Hagen  gehört;  sie  befindet  sich  also  in  solcher  Nähe  desKampfplataea,  daß 
aaf  beiden  Seiten  einander  hören  kann.  Wenn  sie  in  derselben  Strophe  Iringy  der 
leider  zuo  den  9inen  gekommen  ist,  selbst  den  Schild  abnimmt,  so  wird  nch 
das  so  am  besten  erklären,  daß  sie  sich  auf  der  andern  Seite  des  Hofet  tm 
Ausgang  eines  Hauses  befindet.  Dasselbe  kann  nach  1957  ff.  mit  Etsel  der 
Fall  sein,  der  ohnehin  am  naturlichsten  bei  Kriemhild  gedacht  wird.  2020 ~ 
2022  findet  der  Kampf  mit  den  20000  Hennen  sUtt;  auch  hier  hindert  nichti» 
das  Konigspaar  an  demselben  Orte  befindlich  zu  denken.  An  denselben  Plali 
werden  sich  beide  auch  an  der  Stelle  begeben  (2164  ff,)^  wo  sie  wegen  der 
langen  Stille,  die  auf  Rüdigers  Kampf  gefolgt  ist,  unruhig  geworden,  von  Yolkff 
belehrt  werden,  daß  Rudiger  gefallen  sei**).  Hin  und  her  rufen,  wie  Str.  1957  C 
1993  f.  2166  ff.,  kann  man  naturlich  über  den  Hofraum;  aber  in  nnserer  Seea^ 
wo  die  Burgundcn  eines  vride*  gern,  bitten  sie  naturlich ^  dos  mam  brakU  dm 
ktinie  zuo  in  dar,  und  er  kommt  auch  wirklich  mit  Kriemhild  so  ihnen.  Des 
ist  wohl  eine  ganz  ebene,  zufriedenstellende  Erzählung. 

Da  aber  die  ganze  Darstellung,  wie  sie  einmal  ist,  auf  Etaels  and  Kiics- 
hildfi  persönliche  Anwesenheit  gebaut  ist,  so  muß  es,  wie  auch  W.  angibt,  wm- 
möglich  sein,  genau  zu  ermitteln,  was  von  der  alten  Dichtung  in  unserer  Er 
Zahlung  erhalten  ist.  Unter  „der  alten  Dichtung*^  ist  natürlich  die  Bndigwr 
dichtung  zu  verstehen,  wie  immer;  allein  daß  gerade  diese  hier  m  GroBii 
liegen  soll,  ist  durch  nichts  bewiesen.  Wir  können  aber  die  Frage  Torerst  fBgU 
im  Anstand  lassen.  Wilmanns  will  so  viel  erkennen,  «daß  die  mite  Diehts^g 
einen  wesentlich  andern  Gang  nahm^  und  „warum  die  Überarbeitung  diät 
Bahn  verließt.  Hier  kann  ich  nicht  umhin,  ihm  in  Einzelnem  Recht  an  gibce, 
ohne  seine  Consequenzen  zu  theileii. 

Daß  die  Burgunden  (2033  f.)  bitten,  man  möge  sie  aus  dem  Saale  Uti. 
mochte  ich  trotz  des  t;<yT£pov  MQOtiQOv  2033,  3**)  weniger  bcanstandea, 
obwohl  es  mit  Stellen  wie  2012  f.,  wo  sie  die  Feinde,  eben  nm  sie  sichsfw 
zu  fcmichten,  in  den  Saal  lassen,  nicht  recht  übereinstimmt.  Auffiülender  sb 
dieser  Wunsch,  der  dem  Dichter  wohl  einmal  in  die  Feder  kommen  konate, 
ist  die  Thatsache,  daß  2047  die  Burgunden  in  das  Hans  getrieben  werdok 
Mit  allem  Recht  hat  W.  dagegen  daran  erinnert,  daß  doch  dieselben  bis  dahis 
immer  siegreich  gewesen  (ich  fuge  aus  den  von  ihm  nicht  berücksichtigtes 
Str.  2020  ff.  hinzu,  noch  soeben  mit  20000  Heunen  fertig  geworden)  sind. 
Das  ist  klar;  hier  ist  eine  Verwirrung  vorhanden,  die  Lachmann,  der  mit  20SS 
ein  neues  Lied  begann,  nicht  zu  entwirren  brauchte,  die  aber  W.  und  noek 
mehr  die  Verfechter  der  Einheit  des  Gedichtes  zu  entwirren  alle  Anffoide* 
rung  haben. 

Hier  muß  ich  mich  aber  gleich  gegen  W.s  Versuch  wenden,  mit  der 
Sache  fertig  zu  werden.  Wenn  die  Darstellung  unseres  Abschnitts  mit  der  dsi 
Dankwarts-  und  Iringsdicbters  nicht  übereinstimmt,  so   braucht  deshalb    nuNii- 


*)  Darf  ich,  gleichsam  als  Urtheil  von  Unparteiischen,  hier  die  DarsteUoi^cs 
der  bildenden  Künstler  anführen,  welche,  wie  Gomelins,  Schnorr,  Rethel  (in  der  Bea- 
demann-Hübnerischen  Prachtausgabe),  das  Konigspaar  den  Kämpfen  an  der  Stiege  des 
Saals  sowie  der  Vorzeigung  von  Rüdigers  Leichnam  aus  dem  Fenster  eines  benacb* 
harten  Hauses  zuschauen  lassen? 

**)  Vgl.  über   dasselbe    auHser  Rieger,  Zur  Kritik   der  Nib.  44,    und  Hofinsns, 
Zur  Textkritik  der  Nib.  82,  auch  noch  Müllenhoff,  Zur  Geschichte  der  N.  N.  96S. 


LITTERATÜR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNOEN.  321 

halb  des  Abschnitts  keine  Verwirrung  zu  sein.  Nur  wäre  freilich  kaum  glaub- 
lich,  daß  diese  beiden  Interpolatoren  in  ein  Gedicht,  das  die  Burgunden  als 
eingeschlossen  darstellte,  Abschnitte  eingeschoben  hätten,  welche  dieselben  durch- 
aus als  Sieger  schilderten.  Aber  auf  wie  schwachen  Füssen  die  Annahme 
steht,  daß  die  beiden  Dichter  Interpolatoren  der  Rüdigersdichtung  seien,  haben 
wir  gesehen.  Und  wenn  auch:  womit  ist  bewiesen,  daß  wir  hier  Stücke  oder 
auch  nur  Motive  der  Rüdigersdichtung  vor  uns  haben?  Nicht  mit  dem  Schatten 
eines  Beweises!  Statt  nun  aber  durch  die  Annahme  einer  ganz  andern  Dich- 
tung oder  durch  die  Verwerfung  des  Verhältnisses  zwischen  Rüdigers-,  Dank- 
warts-  und  Iringsdichtung  sich  zu  helfen,  hilft  sich  W.  auf  eine  Weise,  die 
gar  nichts  erklärt  oder  bessert.  Er  nimmt  an,  daß  der  Inhalt  von  2045  — 
2048  vor  2033  ff.  vorhergieng.  Wie  die  Burgunden  das  Haus  brennen  sehen, 
bitten  sie  hinausgelassen  zu  werden  (2033  f.);  die  Hennen  möchten  wohl  (2035), 
aber  Kriemhild  gibt  es  nicht  zu  (2036  f.).  —  Sieht  denn  W.  nicht,  daß  diese 
Annahme  ebenfalls  voraussetzt,  daß  die  Hennen  im  Stand  waren,  die  Burgunden 
in  das  Haus  zurückzudrängen  und  darin  festzuhalten,  und  zwar  einige  Zeit? 
Denn  mit  dem  Brande  kann  es  so  schnell  nicht  gehen,  daß  nicht  die  stets 
Siegreichen  noch  im  Stande  sein  sollten,  durch  die  vor  dem  Hause  Stehenden 
durchzubrechen.  Es  steht  also  die  scheinbar  sehr  plausibel  reconstruierte  Dar- 
stellung immer  noch  im  Widerspruch  mit  der  vorhergehenden  Erzählung,  und 
es  fällt  damit  jedes  Motiv  für  diese  Reconstruction  weg. 

Kann  man  also  der  Erzählung  nicht  aufhelfen,  ausser  indem  man  sie, 
wie  Lachmann,  vom  Vorhergehenden  trennt?  Ich  glaube  doch.  Mangelhafte 
Benutzung  abweichender  Quellen  hat  hier  die  Verwirrung  hereingebracht  Der 
Dichter  muste,  seiner  Quelle  gemäß,  erzählen,  daß  die  Burgunden  den  Saal 
während  des  Brandes  nicht  verlassen  haben,  und  konnte  das  mit  der  vorherigen 
Erzählung  nicht  genügend  vermitteln.  Er  erzählte  also,  wie  satt  sie  des  Kampfes 
gewesen  seien  (2024  f.),  und  dachte  damit  es  motivieren  zu  können,  daß  sie 
sich  in  den  Saal  zurücktreiben  Hessen  (2047).  Aus  der  zuletzt  angeführten 
Strophe  geht  dieses  Suchen  nach  einer  genügenden  Motivierung  ihrer  Ein- 
schliessung  deutlich  hervor,  zumal  aus  den  sonst  ganz  unerklärlichen  Zeilen 
2047,  3.  4;  daraus  aber  wird  die  Thatsache  erhellen,  daß  der  Dichter,  der  die 
vorherigen  Kämpfe  schilderte,  und  derjenige,  der  den  Saalbrand  geschildert  hat, 
eine  Person  ist.  Auch  hier  liegt ,  wie  öfters ,  die  Unebenheit  in  den  über- 
lieferten  Thatsachen  und  in  der  Benutzung  verschiedener  Quellen. 

Wilmanns  will  erklären,  wie  die  von  ihm  reconstruierte  Erzählung  in 
Verwinting  gekommen  sei.  Er  nimmt  dabei  einen  Anlauf  zu  ganz  ähnlicher 
Erklärung,  wie  ich  sie  soeben  gegeben  habe.  Wenn  man  frage,  warum  der 
Dichter  ein  so  furchtbares  Mittel  angewandt  habe,  das  doch  ohne  alle  Folgen 
bleibt*),  so  könnte  man,  sagt  er,  antworten,  daß  der  Dichter  die  Sage  schon 
vorgefunden  habe  und  ihr  treu  gefolgt  sei;  ähnlich  wie  in  der  Thidrekssaga 
könnten  verschiedene  Berichte  benutzt  sein,  und  die  unnatürliche  Sage  wäre  aus 
der  Vereinigung  der  widersprechenden  Angaben  hervorgegangen.  Das  wäre  dem, 
was  ich  eben  zur  Erklärung  beigebracht  habe,  ganz  ähnlich.  ,Im  vorliegenden 
Fall  aber  ist  es  so  gewiß  nicht  gewesen;    die    unnatürliche  Entwickelung    der 


*)  S.  übrigens  Henning  a.  a.  O.  66  und  besonders   das    dort   angezogene,    dem 
unsem  ganz  ähnliche  historische  Beispiel. 

GEBMAinA.  Neae  Reihe  ZU.  (XXIV.  Jahrg.)  ^\ 


322  LITTERATtnt:  ZUK  KRITIK   DER  NIBELUNGEN. 

Sage  liegt  nicht  vor  unserer  Dichtaug,  sie  hat  sich  iu  ihr  selbst  volliogeo.* 
Id  der  alten  Dichtung,  die  hier  zu  Orundo  liegt,  kamen  die  Burgunden  in  den 
Pluminen  um,  et  stand  also  der  Stmlbrftnd  am  Suhluege  de»  GaDzeo;  ,oad 
ilieeo  alte  Dichtung  nar  ohne  Frsgn  dieselbp,  auf  die  wir  im  Übrigen  al*  dir 
älteste  geituBflen  sind,  die  Rüdigers d i ch tang " .  Das  ist  eine  Enchleichung- 
DhÜ  die  Burguudeu  in  der  zu  Grunde  liegenden  Dichtung  iu  den  Flftrauien 
umgekommen  seien  (daß  es  einen  solchen  Bericht  gegeben  haben  katin,  will 
Ich  nicht  bestreiten),  ist  nur  gefolgert  ans  der  rorher  vorgenooimeuen  Um- 
stellung der  Strophen  und  folgt  aus  dieser  nicht  einmal  mit  Sicherheit.  Dil! 
aber  jene  Dichtuug,  die  mit  dem  Feuertode  der  Burgunden  geschlossen 
soll,  eben  die  Rüdigers  dichtuug  sein  mdise,  ist  mit  gar  nichts  enriesen. 
die  letKtere  sich  bis  jetzt  immer  als  die  ülteste  herausgestellt  habe,  kiinq 
kein  Bewejsgruud  gelten.  Denn  es  steht  nichts  der  Anunhme  entgegen 
die  suppouiertu  Dichtung  älter,  noch  auth,  daü  sie  Jünger  sei  als  die  Rüdigere- 
dichtungi  älter  ist  sie  nur  im  Vergleich  zu  dem  überlieferten  Teit.  Eine  aach- 
liche   Analogie  aber  iwischen   beiden   Dichtungen   läßt  sich   nicht  finden. 

Auf  diese  total  anf  Sand  gebaute  Hypothese  baut  aber  W.  gleich  eine 
neue  auf.  Wie  eu  Anfang  der  ganzen  Untersuchung  ausgeführt  wurde,  mII 
Dietrich  ursprünglich  nicht  um  Hudigers  und  seiner  eigenen  Mannen  Tod  lu 
rächen,  sondern  aus  Auftrag  Kriemhilds  In  den  Kampf  gegangen  sein.  RQ- 
digers  Tod  und  Dietrichs  Theilnahme  am  Kampf  können  bei  solcher  Darstelluag 
nicht  verbunden  gewesen  sein.  Das  Verlangen  nun,  den  Bericht,  na<:h  welchen 
Dietrich  die  Entscheidung  lierbciführte,  mit  der  Rüdigeradichtung  zu  vereinigen, 
hat  nach  W.  den  Saalbrand  »u  aeiner  jetzigen  Wirkungslosigkeit  herahgedrückt 
und  zugleich  dazu  getrieben,  denaclbcu  vurRUdlgers  Kampf  lu  stellen.  „Übrlgeni 
ist  fraglich,  ob  der  Dirhter,  welcher  unserm  Nibelungenliede  seinen  jetzigen 
Schluß  gab,'  diese  Umstellung  vornabu].  Ea  ist  sehr  wohl  möglich,  daß  er  die 
Sceae  ganz  ausschied  und  erst  ein  späterer  Bearbeiter  sie  wieder  hinein  bracht«.* 
Die  letztere  Frage  Ist  überhaupt  ganz  uneotscheiilbar  und  für  mich  vollendi 
gleichgiliig ;  ebenso  die  weiterhin  von  W.  aufgeworfene  Frage,  ob  wohl  Kriem- 
hild  In  der  ursprünglichen  RÜdigersdichtung  zum  Schluß  noch  aufgetreten  »et, 
wofijr   er   als   Beweis   der   Möglichkeit  die   Thidrekasaga,   Cap.    392,   aiifülirt. 

Ich  habe  die  Ansicht  von  einer  Dichtuug,  In  der  Dietrich  durch  Krie»* 
hild  in  den  Kampf  getrieben  worden  sei,  so  entschieden  lurückgewleseb ,  dafi 
leb  diese  ganze  Combination  nicht  weiter  zu  zergliedern  brauche.  Aber  inner- 
halb dieser  Combination  selbst  gebt  es  nicht  gana  xweifellos  richtig  zu.  Daß 
Rüdiger«  und  Dietrichs  Tbeilnahme  am  Kampf  nicht  ursprfiDglich  verbunden 
■ein  konnlen,  Ist  ganz  unbeweisbar;  angenommen,  Dietrich  tei  auf  Kriemhilds 
Bitten  eingeschritten ,  konnte  sie  nicht  beide  hinter  einander  in  den  Kampf 
treiben,  wie  sie  es  in  der  Überlieferung  mit  Blödel  und  Iring  macht  ?  Ist  es 
aber  mc^glich ,  daß  Dietrich  und  Rüdiger  neben  einander  von  Anfauj 
waren,  so  f^llt  alle  and  jede  Nötbigung  für  W.a  weitereu  SchluÜ  weg, 
glänzende,  mit  dem  Bewustsein  vollster  Sioherbut  vorgetragene  HvpotbQw 
in  sich  Ensammen. 

Mit  dem  zuletzt  gefundenen  Resultat  haben  wi 
von  W.S  Kritik  erscliupft.  Wir  fanden  oben,  daß 
Qeslalt  des  N    L.  eine    ' 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  323 

selben  ältesten  Dichtung:  1.  Rüd.  -|-  Ir.*),  2.  Rüd.  -|-  Dankw.  Da  nun  auch 
eine  Combination  Rüd.  -|-  Dietr.  angenommen  ist,  so  fragt  sich,  ob  diese  vor 
oder  nach  den  beiden  andern  Interpolationen  anzunehmen  ist.  Zweifelhaft  muß 
dies  bei  dem  Iringsdichter  bleiben,  da  dieser  keinen  Anlaß  hatte,  Dietrich  zu 
erwähnen.  Aber  der  Dankwartsdichter  kannte  Dietrichs  Freundschaft  mit  den 
Bnrgunden  (1811—1813.  1836—1838.  1920  ff.);  somit  hat  er  die  Combi- 
nation Rüd.  -|-  Dietr.  schon  vorgefunden.  Wir  hätten  also  anstatt  der  Formel 
Rüd.  +  Dankw.  einzusetzen :  (Rüd.  -|-  Dietr.)  -\-  Dankw.,  möglicherweise  auch 
statt  Rüd.  +  Ir.  die  Formel  (Rüd.  +  Dietr.)  +  Ir.  —  Auch  dieser  Schluß  ist 
gänzlich  yerfehlt.  Dietrichs  Freundschaft  mit  den  Burgunden  ist  in  der  Sage 
altbegründety  ygl.  die  Thidrekssaga ;  sie  konnte  also  der  Dankwartsdichter  ganz 
wohl  erwähnen,  wenn  er  auch  den  Schluß  des  Gedichts,  in  dem  Dietrich  ent- 
schied; nicht  vor  sich  hatte.  Es  wäre  also  die  Formel  (Rüd.  -['  Dankw.)  -|- 
Dietr.  eben  so  denkbar  und  demnach  auch  die  andere  (Rüd.  -|-  Ir.)  -}-  Dietr. 
Die  folgenden  und  letzten  Abschnitte  beschäftigen  sich  nun  weiter  mit 
der  Feststellung  des  Verhältnisses  der  Dietrichsdichtung  zu  den  drei  andern, 
wozu  die  Str.  2172 — 2316  untersucht  werden;  sowie  mit  der  Nachlese  der 
noch  übrigen  Abschnitte  1651—1695  und  1626  —  1650. 

Zunächst    kommt    also    zur  Untersuchung    der  Kampf  der  Amelunge 

gegen  die  Burgunden,  Str.  2172—2816. 

„Wenn  der  Dancwartsdichter  Dietrichs  Teilnahme  an  der  Handlung  schon 
kennt  und  berücksichtigt ,  so  läßt  sich  vermuten,  daß  der  Dietrichsdichter 
von  Dankwarts  Heldentaten  noch  nichts  wußte.  ^  In  dieser  Allgemeinheit 
kann  ieh  das  nicht  zugeben.  So  viel  ist  richtig,  daß,  wenn  in  der  Dietrichs- 
(bzw.  Rüd]ger8-)Dichtung  Dancwarts  Aristie  schon  mit  ähnlicher  Ausführlich- 
keit erzählt  war^  wie  sie  uns  vorliegt,  der  Dankwartsdichter  keinen  Anlaß  zu 
seiner  Thätigkeit  gefunden  haben  würde.  Allein  es  könnte  dasselbe^  was  wir 
jetzt  mit  der  höchsten  dichterischen  Ausschmückung  erzählt  finden,  in  der 
früheren  Dichtung  magerer  behandelt  gewesen  sein  und  dadurch  zur  Nach- 
dichtung gereizt  haben.  Oder  aber  —  das  werden  wir  Vertreter  der  Einheit 
annehmen  —  beide  Dichter  könnten  identisch  sein.  Wilmanns  zieht  diese  Mög- 
lichkeit in  Betracht;  meint  aber,  daß  alsdann  der  Dichter  die  beiden  letzten 
Aventiuren  früher  verfaßt  haben  müste  als  die  von  Dankwart  handelnden  Scenen; 
denn  die  Dank  wart  erwähnenden  Strophen  der  letzten  Aventiuren  seien  inter- 
poliert. 

W.  sucht  dies  ausführlich  nachzuweisen.  Seine  wesentlichen  Gründe 
sind  identisch  mit  den  von  Lachmann  (Anm.  Seite  255)  gebrauchten,  ^wenn 
sich  der  Dichter  Dankwarten  anwesend  dachte ,  so  muste  er  öfter  und  bedeu- 
tender auftreten.^  Ich  leugne  gar  nicht ,  daß  die  betreffenden  Strophen  (wo- 
bei ich  etwas  weiter  in  der  Dichtung  zurückgreife)  zum  Tbeil  ziemlich  verquält 


*)  Hier  hat  W.  noch  nachträglich    eine  Parallele  aus  der  Thidrekssaga  beige- 

braeht,  um  zu  beweisen,  daß  in  der  Iringsdichtong  wie  in  der  Rttdigersdichtnng  Etzel 

abweeend  gedacht  wurde;  Th.  S.  Cap.  386  wird  erzählt,  daß,  als  BlOdel  und  Iring  im 

K«         varan,  Etzel  nicht  dabei  war.    Abgesehen  davon,    daß   der  Kampf   überhaupt 

'""■  dargestellt  ist,  als  im  N.  L.,  will  die  Parallele  auch  sonst  nichts  besagen. 

'asupf  betheiligt  sich  Etzel  im  N.  L.  nicht,  er  sieht  lkl6<ibaNMQa  vi>  \K&i^T&5dDx 

rte  Th.  8.  nicht. 


324  LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

sind  and  daß  man  deutlich  fiiblt,  wie  ihr  Verfaiser  das  Bedfirfhia  hatte^  Dnk- 
warty  von  dem  er  in  seinen  Quellen  wohl  nichts  mehr  Torfknd,  ron  Zeit  n 
Zeit  anzubringen.  Am  meisten  wird  man  diesen  Eindruck  haben  bei  S091. 
2044,  während  die  Obrigen  Strophen  2151.  2162.  2217.  2228  niehta  Airf- 
fallendes  und  Erzwungenes  an  sich  haben.  Der  Dichter  hat  seineneit  Daak- 
warts  Vertheidigung  lebhaft  geschildert;  ob  ihm  dazu  eine  ausgeiahrte  Dii^tnf 
als  Quelle  vorlag  oder  ob  er  selbst  der  Erfinder  der  Scene  wmr,  Iftßt  ädi 
natürlich  niemals  entscheiden.  In  beiden  Fällen  aber  fand  er  spiter  mdli 
mehr  über  ihn  berichtet,  wenigstens  nichts,  was  neben  den  mit  Iringi  Aa& 
treten  anhebenden  Einzelkämpfen  hätte  Interesse  erregen  können.  Doeb 
er  das  Bedürfnis  gefühlt  haben,  aus  einem  gleichsam  statistiscben 
Dankwart  nicht  gänzlich  verschwinden  zu  lassen.  So  wird  sieb,  £alla 
einen  sehr  absoluten  Begriff  von  dem  Dichter  mitbringt,  die  spondiecbe 
zum  Theil  ungeschickte  Erwähnung  Dankwarts  leichter  erklären  laeaen  mls 
Athetese  der  betreffenden  Strophen:  der  Verfasser  von  Dankwarts  Ariatie 
wohl  mehr  Veranlassung,  ihn  noch  zu  erwähnen,  als  ein  Interpolmtor. 

Sehen  wir  aber,  wie  W.  die  Athetierung  der  einzelnen  Strophen 
det.  Die  zwei  unangenehmsten,  2021  und  2044,  sowie  die  Str.  2151 
2162,  gehören  nicht  in  unsem  Abschnitt.  —  Dankwarts  Tod,  2228,  durfte 
W.  nicht  so  kurz  erwähnt  werden,  falls  der  Held  ursprünglich  der  DicbtOig 
angehörte.  Oegen  diesen  Satz  könnte  ich  bloß  das  eben  Gksagte  wisderbekfr 
Wichtiger  ist,  daß  Hagen,  der  über  Volkers  Tod  sich  sehr  erbost  (9926  L). 
sich  um  Dankwarts  Fall  gar  nicht  kümmert.  Aber  die  Saehe  ist  einfiaeb. 
um  Volkers  Tod  an  Hildebrand  zu  rächen,  ist  Hagen  2227,  4  kammemdi 
gegangen:  er  sieht  also  den  Fall  seines  Bruders  gar  nicht.  Der  Diebter 
somit,  wenn  er  2228  nicht  Hagen,  sondern  Günther  und  Giselher  Dankwaita  FU 
beklagen  läßt,  ganz  richtig  in  der  Situation.  —  Übrigens  will  W.  auch  2225  mlslit0> 
polation  erkennen.  Es  soll,  wie  zwischen  2227  und  2228,  so  aueh  awia^ien  9221 
und  2225,  zwischen  2225  und  2226  der  Zusammenhang  fehlen;  Hagena 
um  Volker  und  seine  Drohung  sollte  auf  2224  folgen,  und  der 
wäre  ganz  correct,  wenn  die  Strophen  so  auf  einander  folgten:  2224.  922(. 
2227.  2225.  2228.  Das  wäre  eine  ganz  schöne  logische  Ordnaog,  gegen  die 
kein  Mensch  etwas  einzuwenden  fände;  so,  wie  die  Strophen  überliefeit  mai, 
ist  zwischen  Volkers  Fall  und  Hagens  Klage  darüber  die  Erwähnung  der  Tapier 
keit  der  Amelnngen  eingeschoben.  Aber  das  schadet  doch  nichts,  snmal  ii 
einer  wilden  Kampfsccne!  Wenn  nun  aber  mit  der  genannten  UmsteUmg  dir 
Str.  2225  so  gut  an  ihrem  Platz  ist,  warum  soll  sie  dann  unecht  sein?  Ledig- 
lich deshalb,  weil  auf  2227,  4  dn  gie  er  houtoende  dan  die  Worte  2299,  1  St 
wUe  gie  och  Wolf  hart  beidiu  wider  unt  dan  gut  passen;  also  dasselbe  MoliT. 
wie  schon  so  oft!  Übrigeos  hätte  W.  ohne  die  Umstellung  mit  der  alleinig« 
Athetese  von  2228  dieses  Resultat  auch  erzielt. 

Aus  der  Unechtheit  von  2228  folgt  die  von  2217.  Diese  und  die  tot- 
hergebende  Strophe  sollen  den  Zusammenbang  stören.  Bis  dahin  sind  laater 
amelungischc  Helden  als  thätig  erwähnt,  und  nun  treten  2216  f.  die  Bnrgvadfls 
auf,  aber  ohne  namhafte  Gegner.  2218  treten  die  Amelungen  wieder  herror. 
—  Der  Fall  ist  also  derselbe,  wie  soeben.  Ich  kann  es  nur  passend  finde% 
daß  nach  der  Erwähnung  der  Angreifer  der  Dichter  auch  auf  die  Angegiifleeei 
übergeht;  wenn  in  Str.  2216  f.  keine  Gegner   der  Burgunden  genannt 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  325 

so  ist  ja  das  uämliehe  von  der  andern  Seite  in  Str.  2218 — 2220  der  Fall!  — 
Weiterhin  wird  2219  für  interpoliert  erklärt,  weil  sie  zu  Hildebrand  und  Wolf- 
hart zurückkehrt;  daß  das  ^^sehr  Qberflüssig^  ist,  werden  wir  dem  nicht  so 
peinlich  sparenden  Dichter  zu  Gute  halten.  Aber  auch  hier  soll  Verwirrung 
in  der  Strophenordnung  sein:  die  interpolierten  2216.  2217.  2219  waren  nach 
W.  bestimmt,  auf  2218  zu  folgen.  Denn  Günthers  und  der  Seinigen  Erwäh- 
nung in  Str.  2216  passe  besser  nach  der  Aufeäblung  der  Amelnngen.  Warum 
hat  dann  W.  diese  Strophe,  statt  sie  zu  athetieren,  nicht  einfach  hinter  2218 
gesetzt?  Noch  wunderlicher  ist  die  Aufstellung,  daß  2219,  1  gut  auf  2217,  4 
passe;  also  gilt  das  Motiv  der  gleichlautenden  Strophenschlüsse  und  Stropben- 
anfänge  auch  für  die  Interpolatoren,  deren  Machwerk  sieb  doch  sonst  von  dem 
Echten  so  sehr  unterscheiden  soll! 

Wenn  nun  der  Dietrichsdichter  von  Dankwart  nichts  wüste ,  so  wird  er 
auch  Etzels  TheiLsahroe  an  den  Kämpfen  nicht  vorausgesetzt  haben,  welche 
erst  durch  die  Interpolationen  des  Dankwartsdichter  veranlaßt  wurde.  Unter 
der  „Theilnahme  an  den  Kämpfen^  ist  aber  nicht  active  Betheiligung  zu  ver- 
stehen, zu  der  es  auch  in  der  Überlieferung  nirgends  kommt,  sondern  die 
passive  Zuschauerschaft  nebst  solchen  Zwischenereignissen,  wie  sie  1958  f.  2020. 
2026  ff.  2082  ff.  erzählt  sind.  Wie  sollte  es  aber  möglich  sein,  daß  in  irgend 
einer  vollständigen  Erzählung  der  Katastrophe  Etzel  nicht  genannt  worden  wäre, 
der  doch  als  Wirth  und  Landesfürst  nothwendig,  wenn  auch  als  Statist,  dabei 
sein  muß  und  der  in  der  Büdigersdichtung  selbst  Str.  1746  ff.  erwähnt  wurde! 
—  W.  findet  aber  wirklich,  daß  in  unserem  Abschnitte  eine  Andeutung  von 
Etzels  bisheriger  Abwesenheit  enthalten  sei.  2173,  4  sagt  ein  Amelunge,  der 
den  Jammer  um  Rüdigers  Tod  gehört  hat:  ich  wcme  der  ktifUe  selbe  ist  zuo 
der  hoehgeante  kamen,  »Der  Dichter  der  diese  Worte  brauchte,  setzte  offenbar 
voraus,  daß  Etzel  bisher  an  der  hoehgetnU  noch  nicht  beteiligt  war.**  Ich  ver- 
stehe W.  nicht  ganz.  Das  ganze  Fest  überhaupt  kann  unter  der  höchgeiite 
nicht  verstanden  sein,  da  ja  Etzel  zu  Anfang  dabei  war  (1746  ff.).  Ist  aber 
unter  höchgezUe  mit  einer  etwas  sarkastischen  Wendung  das  zu  verstehen,  in 
was  die  höchgeztte  ausgeartet  ist,  der  Kampf,  so  steht  2173,  4  im  vollen  Ein- 
klang mit  der  sonstigen  Überlieferung.  Denn  Etzel  und  Kriemhild  sind  mit 
den  Amelungen  zusammen  fortgegangen,  und  was  sich  seither  ereignet  hat, 
können  diese  nicht  wissen;  sie  schliessen  nur  aus  dem  Wehklagen,  daß  etwas 
Besonderes  vorgefallen  sein  müsse,  daß  etwa  der  König  selbst  gefallen  sein 
könnte.  Das  letztere  wäre  nur  möglich,  wenn  er  activ,  ab  Kämpfer  zuo  der 
hochgexite  gekommen  wäre,  und  davon  erzählt  die  Tradition  nichts.  —  Übrigens 
konnte  W.  hier  ebenso  gut  oder  übel  wie  sonst  die  La.  von  A  verlassen  und 
mit  den  andern  Hss.  lesen  ich  wceti  der  kiinec  Etzel  ist  selbe  zuo  dem  schaden 
komen\  ich  habe  jedoch  keine  Nöthigung,  über  die  Vorzüge  der  einen  oder  der 
andern  La.  mich  zu  verbreiten. 

Wenn  aber  Etzel  von  Anfang  an  abwesend  gedacht  wurde  ^  so  hält  es 
W.  für  wahrscheinlich,  daß  ihn  der  Dichter  unseres  Abschnitts  auch  weiterhin 
nicht  auftreten  ließ,  da  durch  das  von  ihm  Erzählte  sein  Auftreten  nicht  mo- 
tiviert war.  Ich  bin  der  Ansicht,  der  Dichter  muste  den  König,  wenn  auch 
bloß  wie  schon  gesagt  als  Statisten,  zum  Schluß  noch  auftreten  lassen.  Das 
verlangt  in  so  traditioneller  und  formelhafter  Dichtung  die  Form;  nicht  der 
Inhalt,  für  den  Etzels  Person  überhaupt  sehr  gleichgiltig  ist.    Wenn  das  nicht 


326  LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

sehr  geschickt  geschehen  ist^  so  ist  es  kein  Wunder,  weil  ja  Etzel  nichts  m^ 
zu  thun  hat.  —  Ungenügend  sind  aber  jedenfalls  die  Gründe ,  mit  denen  W. 
ihn  wegschaffen  will.  —  2310,  4  will  er  statt  Etzel  vielmehr  DietHek  lesen. 
Daß  Etzel  vorher  nicht  erwähnt  wird,  ist  richtig,  aber  es  wird  sich  nach  dem 
Gesagten  zurechtlegen  lassen.  Was  Etzel  über  das  Verhalten  seiner  Frau  sagt, 
finde  ich  nicht  gerade  „seltsam^.  Daß  aber  Dietrich  „ganz  mit  Still eehweigei 
übergangen  wird^,  ist  nicht  Nachlässigkeit.  Er  hat  die  Gefangenen  an  Kriemhüi 
ausgeliefert  und  sich  damit  jedes  Anspruchs  auf  sie  begeben.  Es  ist  daher 
gute  höfische  Sitte,  wenn  er  zurücktritt,  nachdem  er  das  Nöthige  geleistet  hat 
Daß  nachher  Hildebrand  sich  darein  mischt  und  Kriemhild  erschlägt,  ist  en 
Durchbrechen  der  alten,  nicht  durch  ritterliche  Sitte  gezähmten  Heldenart,  das 
der  Dichter  wohl  nicht  ohne  Absicht  von  dem  ritterlichen  Dietrich,  der  in  der 
Thidrekssaga  und  noch  im  Anhang  zum  Heldenbuche  Kriemhild  tSdtet,  weg- 
gewälzt hat  auf  den  mehr  im  Dämmerlicht  alter  Heldensage  stehenden  Hilde- 
brand. Es  ist  somit  kein  Grund  vorhanden,  an  der  erwähnten  Stelle  Dietrieb 
an  Etzels  statt  einzusetzen,  sondern  eher  ein  Grund  dagegen.  —  Weiterhin  ist 
Etzel  noch  2814,  3  erwähnt.  W.  schafft  diese  Stelle  weg,  indem  er  2814, 
1.  2.  2815,  8.  4  verbindet.  Von  einer  Begründung  ist  nicht  die  Bede,  ausser 
daß  die  ausgeworfenen  Zeilen  2314,  3.  4.  2315,  1.  2  „die  Wirkung  der  Stelle 
nicht  erhöhen^.  Schöner  wird  die  Stelle  durch  die  Athetese  nicht;  denn  es 
folgen  damit  in  einer  Strophe  zwei  Reime  mit  i  aufeinander.  Das  wfirde 
weiter  nichts  schaden,  braucht  aber  ebensowenig  erst  künstlich  hergestellt  an 
werden ,  zumal  da  die  so  reconstruierte  Strophe  den  Schluß  des  ganzen  Oedicbts 
bilden  würde;  denn  2316  wird,  weil  sie  sich  „in  demselben  Gedankenkreise 
bewegt  wie  die  vier  ausgeschiedenen  Zeilen^;  ebenfalls  athetiert. 

Ausser  diesen  für  die  Geschichte  der  Dichtung  wichtigeren  Stellen  ent- 
fernt W.  noch  mehrere  Strophen  als  interpoliert. 

Zunächst  nur  eine  Umstellung.  2175  paßt  nach  W.  nicht  auf  2173  f., 
da  noch  niemand,  was  doch  Dietrich  2175,  2  voraussetzt,  hat  gdhen  wollen. 
Dagegen  würde  2175  nach  2183  gut  am  Platze  sein.  —  Es  gibt  aber  aoch 
die  überlieferte  Strophenordnung  keinen  Anstoß.  Dietrich  zeigt  sich  so  durch- 
aus besorgt  vor  unzeitigen  Streichen,  und  in  2073  f.  liegt  schon  indirect  die 
Hinweisung,  daß  man  hingehen  und  fragen  müsse;  beides  motiviert  die  vorsorg- 
lichen Worte  Dietrichs  genügend.  Die  Versetzung  von  2175  nach  2183  hat 
auch  das  Mißliche,  daß  Dietrich  auf  Wolfharts  ruhigere  Worte  2176  in  2177 
strenger  antworten  würde,  als  nach  2183  auf  die  dirccte  Erklärung  seiner  Kampf- 
bereitschaft. —  Wenn  es  weiter  heißt:  ,)daß  Dietrich  den  Burgunden  seinen 
Frieden  zugesichert  habe  ist  eine  Voraussetzung,  die  der  Dichter  der  beiden 
letzten  Aventiuren  ans  dem  abweichenden  Sagenbericht,  den  er  benutzte,  beibe- 
halten hat^;  so  maß  ich  bemerken,  daß  diese  Voraussetzung  sich  im  Wesent- 
lichen in  Str.  1929  und  1931  findet.  Denn  der  Friede  von  Seiten  Günthers 
involviert  doch  zugleich  den  von  Dietrichs  Seite;  wenigstens  kann  man  sich, 
wenn  man  keine  statistische  Genauigkeit  verlangt,  damit  zufrieden  geben  (8* 
a.  unten). 

Für;  die  Unechtheit  der  Str.  2200  und  2201  ^ 
ihre  „Erbärmlichkeit^  angeführt;  Wolfharto  nof^ 
gtaa  unmotiTiert.  Im  GegentheU,  gerade  die 


LITTERATÜR:  Züß  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  327 

Günthers  (W.  spricht  von  „mildem  Scbulmeisterton^,  das  Sententiöse^  Allgemeine 
der  Strophe  ist  aber  der  Verlegenheit  des  Redenden  ganz  angemessen)  reizt 
Wolfharten  zur  Ungeduld.  Daß  2202  an  2199  sich  anschliesse  wie  2183  an 
2182 y  ist  nicht  richtig;  man  müste  mindestens  statt  tcie  lange  ml  wir  flegen 
erwarten  une  lange  weit  ir  fligen  (vgl.  1930,  1).  Die  Ähnlichkeit  der  beiden 
Strophen  mit  1739  und  1793  f.  rührt  mich  nicht.  Wenn  aber  2201  echt  ist, 
80   muß  es  auch  2200  sein ,  wie  vor   allem  aus  dem  Worte  loenen  hervorgeht. 

—  Weiterhin  sind  2206  —  2209  athetiert.  Die  Worte  2210,1  sollen  nur 
nach  2205  am  Platze  sein,  nicht  nach  2209,  weil  2206—2209  nur  von  Wolf- 
hart handeln.  Weiter  fällt  W.  auf,  daß  Hildebrand  2208  Wolfharten  zurück- 
hält und  doch  2211  ihm  voran  in  den  Kampf  eilt.  Die  Erwähnung  von  Vol- 
kers Spielm  annikunst  lege  nah,  die  Strophen  dem  Dankwartsdichter  zuzuschreiben. 
Alle  diese  Gründe  sind  hinfällig,  der  letzte  für  mich  ohnehin.  Wenn  nach  W.s 
Herstellung  die  Beruer  durch  die  Strophe  2205  vil  ßSre  erziirtiet  werden,  die 
doch  gewiß  gegen  Wollhart  speciell  gerichtet  ist,  so  wird  ihr  Zorn  auch  nach 
den  vier  folgenden  Strophen  begründet  sein.  Wenn  aber  Hildebrand  2208  seinen 
Neffen  zurückhält,  so  ist  das  2210  nicht  mehr  möglich,  wo  ihm  die  andern  alle 
nachfolgen ;  es  liegt  aber  ganz  im  reckenhaften  Charakter  Hildebrands,  daß  er 
nunmehr  auch  der  erste  sein  will.  Durch  W.s  Athetese  sind  auch  wieder  ein- 
mal die  Reime  muot :  gtwty  gemuot :  guot  unmittelbar  an  einander  gerückt  worden. 

—  Der  Anfang  von  2286  unterbricht  die  Erzählung,  daß  Hildebrand  Wolf- 
harten  fallen  sah  und  zu  ihm  hineilte.  Diese  Unterbrechung  werden  wir  nicht 
sehr  schwer  nehmen.  Aber  nicht  ganz  verstehen  kann  ich,  was  W.  mit  der 
„engen  Beziehung  zu  Str.  2245^  will;  2245  wird  nicht  athetiert,  2239  müste 
also  ans  jener  Strophe  entlehnt  sein;  aber  zu  welchem  Zweck  denn?  Es  gab 
hier  weder  zu  glätten  noch  irgend  einen  Helden  anzubringen.  Wenn  W.  auf 
die  Hs.  C  hinweist,  in  der  die  Ähnlichkeit  zwischen  beiden  Strophen  noch 
grösser  sei,  so  ist  das  doch  recht  unkritisch.  —  Überflüssig  sind  2239  und  2240. 
„Die  erste  spricht  in  der  vierten  Zeile  einen  Gedanken  aus,  den  an  anderer 
Stelle  der  Dancwartsdichter  sehr  schön  verwertet  hatte  (1891).*'  Von  der 
Schönheit ,  die  an  der  angeführten  Stelle  nach  W.s  Kritik  noch  übrig  bleibt, 
habe  ich  schon  oben  geredet;  der  Gedanke  ist  2239  wohl  noch  schöner  aus- 
gedrückt und  besser  am  Platze.  Gegen  2240  gilt,  daß  sie  „von  den  Klagen 
des  Publicums  spricht  wie  die  interpolirten  Zeilen  2814,3 — 2315,2.^  Für 
mich  also  kein  Grund;  allein  das  Motiv  ist  an  beiden  Stellen  ganz  verschieden. 
In  den  Schlußstrophen  spricht  der  Dichter  mitfühlend  von  dem  Jammer  der 
Überlebenden;  hier  freut  sich  Wolfhart,  sein  Leben  theucr  verkauft  und  man- 
ches Weib  zur  Witwe  gemacht  zu  haben.  Ich  glaube,  das  sind  zwei  ver- 
schiedene Stimmungen!  —  Möglicherweise  sollen  aber  2236 — 2240  alle  unecht 
sein;  es  sei  wunderlich,  daß,  nachdem  2235  alle  Amelungen  schon  gefallen 
sind,  Hagen  Volkers  Rache  noch  hinausschiebe.  Die  Str.  2236 — 2240  sind 
aber  an  sich  schön  und  tadellos;  und  wäre  es  nicht  gegen  alle  ritterliche 
Sinnesart,  wollte  Hagen  seinem  Gegner  nicht  mehr  gestatten,  sich  mit  dem 
Btcrbeaden    abzugeben?  —   Weiter  werden   2251,  3.  4.   2252,  1.  2    athetiert; 

'  fotiton  Zeilen  sind  überflüssig  und  „die  genealogische  Bemerkung   in 
■uitfiriioh'^;  ich  meine,  im  mittelalterlichen  Geiste  ganz  natüriich 
8S6d  ist  nach  W.  überflüssig    und    unrichtig;   Hildebrand 
irii    erfahren,    wer  Rüdigetn  «c%^VA«b%«ii  V^^.    ^^^st  VX. 


328  LTTTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUV6EN. 

aber  die  Notiz,  wer  es  gethan  habe,  besser  angebracht  als  sie  es  in  d«m  Qe- 
spräch  2191  ff.  w&ro;  und  hätte  der  Dichter  hier  etwa  aosdrücklieh  «agei 
sollcD,  woher  Hüdebrand  die  Kunde  hatte,  wie  er  es  1865,  nicht  siim  Vei^ 
theil  der  Stelle,  gethan  hat?  — -  Str.  2256  ^sncht"^  syntaktische  Yarbindn« 
mit  2255.  Wen  das  genieren  würde ;  der  sollte,  statt  gleich  mn  atheüem, 
nach  des  gie  im  wcerltchen  not  einen  Punkt  setzen,  wie  der  in  diesem  Fall  ga- 
wiß  unparteiische  Zamcke  thut  (das  von  Bartsch  gesetzte  Semikc^ 
dasselbe).  Daß  2257  Dietrich  nochmals  als  Redender  genannt  wird, 
eher  für  2256;  er  ruft  rersweifelnd  aus:  »6  hat  mtn  got  vergeaMm^  wie  4m 
den  Schmerz  auslösende  Wort  gesprochen  ist^  gewinnt  das  Intereaae  die  Ob«- 
band,  zu  wissen^  wie  das  möglich  sei,  und  er  beginnt  von  neuem:  wim 
es  tich  gefUegeuj  sprach  aber  her  Dieirieh^  —  Str.  2258  «unterbricht  d 
liehen  Zusammenhang".  Wer  sich  genauer  in  den  Ideengang  des 
▼ersetzt,  wird  leicht  finden ,  daß  die  Stiophe  gut  motiriert  ist:  die 
mng,  wie  denn  die  streitmnden  Bargunden  die  Amelungen  alle  hätten 
können,  hat  sehr  natürlich  die  Frage  im  Gefolge,  ob  denn  von  den 
Jemand  am  Leben  geblieben  sei.  Die  Strophe  ist  übrigens  entbehrlieh  und 
wird,  da  sie  in  C  fehlt,  von  denen,  die  eine  gemeinsame  Quelle  too  *B  und 
*C  annehmen,  für  unecht  gehalten  werden ;  aber  Wilmanns  jedenüiüla  hmt  kei 
Grund,  das  Fehion  in  C  als  Motiv  zu  benutzen. 

Ohne  jeden  andern  Grund,  als  weil  sie  die  Wehklage  Dietrichs,  ^e 
den  unechten  Zeilen  2252,  1.  2  berichtet  war,  wiederholen,  werden  die 
2261,  8.  4.  2262,  1.  2  athetiert.  Hier  ist  es  dem  Kritiker  zum 
aufgefallen  ,  daß  die  dadurch  entstehende  Strophe  2261,  1.  2.  2262,  3.  4 
gleiche  Reime  hat.  Er  führt  dafür  1431.  1475.  1691.  1704.  2299  na  («o- 
▼on  1691  als  interpoliert  abgeht);  allein  das  zweimalige  Hüdehrami  wfizde  dod 
widerwärtiger  sein  als  das  zweimalige  man  1691.  1704.  Immerhin  kann  des  iwci- 
malige  Dietrich  2256  f.  verglichen  werden,  obwohl  dieses  sich  zwei  aof  Strophsi 
vertheilt;  aber  es  ist  gar  keine  Nothwendigkeit ,  eine  so  üble  Strophe  hem- 
stellen.  —  Str.  2268.  2269  enthalten  ,ein  müssiges  Bin-  und  Hergerede*. 
Diese  Behauptung  ist  weniger  wesentlich  als  die  andere:  „der  Anfang  tob 
Str.  2268  entspricht  nicht  einmal  dem  Zweck  Dietrichs;  er  will  den  Bargimdca 
ihr  Unrecht  gegen  die  Amelunge  Torhalten  und  erinnert  sie  dabei  an  den  Tod 
ihrer  Verwandten  und  Freunde,  die  doch  vorzugsweise  durch  die  Amelunge 
gefallen  sind.^  Es  entspricht  dem  milden  Sinne  Dietrichs  recht  wohl, 
er  zu  dem  Vorwurf:  was  habt  ihr  mir  da  gethan!  den  weitem  fugt:  nnd 
habt  ihr  euch  selbst  damit  geschädigt!  —  Noch  schlimmer  sind  2271.  227S. 
Die  Anfangs  werte  sind  unpassend  ^  denn  Hagen  hat  nichts  gesagt,  was  dem 
Bericht  Hildebrands  widerspräche;  dagegen  sind  weder  2271  noch  2272  der 
Wahrheit  gemäß.  Ein  psychologischer  Widerspruch  ist  jedoch  in  der 
ganzen  Stelle  nicht  vorhanden.  Aus  2270  schließt  Dietrich^  Hagen  wolle  die 
Amelungen  als  Ursächer  des  Streits  bezeichnen ;  er  redet  daher  von  dem  Spott, 
mit  dem  ihnen  begegnet  worden  sei.  Hildebrand  hat  wirklich  2250  ersihlt, 
daß  ihm  der  Leichnam  Rüdigers  versagt  worden  sei,  und  gespottet  ist  2203. 
2205.  2209  genug  worden.  2272  aber  nimmt  Günther  auf  sich,  was  2203 
Volker  gesagt  hat,  und  das  sowie  die  Ausrede  in  Zeile  3  wird  auch  keinen  Ansteft 
bieten.  Daß  die  Erörterung  durch  die  beiden  Strophen  noch  etwas  hingezofea 
wird,    kann    man    an   sich  nieht  beanstanden;  2270  hat  ja  nur  den  «nerteiti 


LITTERATUR:  ZÜB  KBITK  DER  NIBELUNGEN.         329 

gemachten  RechtfertigungsTersuch  enthalten.  —  „ Weniger  störend,  aber  doch 
auch  wohl  jünger**  sind  2276—2278.  Daß  das  Motiv  2276,  1  und  2279  das- 
selbe ist,  was  schadet  das?  Oder  schadet  es  etwas,  daß  2277  Dietrich  sich 
selbst  überbietet?  Er  hat  2274,  2.  3  gesagt  $6  wil  ich  heküeUn^  $o  ich  aller 
beste  katiy  daz  dir  hie  wen  Hiunen  niem/en  fdht  eintuoi\  hier  nun  sichert  er 
noch  ausdrücklicher  freies  Geleite  au.  Ist  aber  2277  nicht  zu  beanstanden, 
so  muß  auch  2278  stehen  bleiben;  daß  wir  mit  dieser  Strophe  wieder  auf 
demselben  Fleck  stehen  wie  2275 ,  liegt  in  der  Sache.  Übrigens  ist  Hilde- 
brande  Herausplatzen  2279  durch  seine  fast  geringschätzige  Erwähnung  in 
2278  veranlaßt;  so  daß  ich  aus  diesem  Grunde  die  drei  Strophen  nicht  missen 
möchte.  —  Str.  2286  ist  „entbehrlich^,  soll  aber  doch  echt  sein.  Sie  muß 
echt  sein;  denn  die  Partikel  euch  2287,  1  reiht  das  furchtbare  Schwert  Ha* 
gens  an  seine  furchtbare  Person  2286,  4  an.  Was  hätte  wohl  dieses  oueh  für 
einen  Sinn  nach  den  Worten  Nibelvnget  ewert  da»  guaU  vil  lüte  üf  Dieifieh 
erklancll  —  Dagegen  ist  2292  „sehr  verdächtigt.  Die  Bitte  Dietrichs.  Hagen 
zu  schonen y  komme  2301  an  passenderer  Stelle,  und  der  Trost  2292,  8  sei 
, seltsam^.  Dietrichs  Bitte  steht  aber  hier  gerade  am  rechten  Platze.  Er  geht, 
nachdem  er  Hagen  an  Kriemhild  ausgeliefert  hat,  gleich  wieder  fort,  um  mit 
Günther  zu  kämpfen.  Wie  lange  wird  der  Kampf  währen?  Könnte  er  nicht 
vielleicht  zu  seinen  eigenen  Ungunsten  ausschlagen?  Und  könnte  Kriemhild 
nicht  während  der  Zeit  Hagen  tödten  lassen?  Grund  genug,  ihr  die  Schonung 
des  Gefangeneu  anzuempfehlen«  2292,  3  hat  für  unser  modernes  Gefühl  etwas 
Widerwärtiges,  nicht  für  den  Dichter  des  N«  L. :  Kriemhilds  GManken  drehen 
sich  ja  vor  Allem  um  den  Hort,  und  diesen,  meint  Dietrich,  könnte  Hagen 
vielleicht  verrathen  wollen,  um  sein  Leben  zu  retten;  falls  er  es  nicht  selbst 
glaubt,  so  denkt  er  doch  durch  dieses  Motiv  auf  Kriemhild  einzuwirken.  — 
Str.  2295  wird  athetiert,  weil  « Günthers  Stärke  ganz  ungebührlich  hervorge- 
hoben wird**,  was  Geschmackssache  ist;  daß  die  Strophe  „die  Schilderung  des 
Kampfes  unterbreche'',  ist  nicht  wahr;  die  Erwähnung  der  Stärke  des  einen 
Kämpfers  bildet  doch  wohl  auch  einen  Theil  der  Kampfschilderung.  —  End- 
lich werden  2302.  2303  ausgeschieden,  weil  die  Strophen  nichts  Wesentliches 
enthalten,  wohl  aber  die  Angabe,  daß  Dietrich  geweint,  die  schon  zweimal  von 
lutcrpolatoren  gemacht  worden  war,  wiederholen.  Wenn  der  Dichter  dasselbe 
dreimal  erzählt,  und  zwar  nach  etwas  längeren  Zwischenräumen,  so  kann  man 
dagegen  nichts  sagen;  uns  kommt  es  etwas  langweilig  vor,  aber  die  mittelalter- 
lichen Dichter  sind  mit  dem  Berichten  solcher  Gefühlsäusserungen  freigebig. 
Aber  was  soll  man  von  der  Annahme  sagen,  daß  dieses  Motiv  in  eine  Dich- 
tung, die  dasselbe  noch  gar  nicht  enthielt,  dreimal  von  demselben  Interpolator 
eingeschmuggelt  worden  sei?  Übrigens  halte  ich  die  Strophen  für  nothwendig; 
wenn  man  sie  ausscheidet ,  erwidert  ja  Kriemhild  auf  Hagens  Bitte  gar  nichts, 
sondern  geht  ziemlich  flegelhaft  von  dannen. 

Wilmanns  wirft  nach  Vollendung  dieser  athetierendcn  Thätigkeit  die  Frage 
auf,  ob  der  Bearbeiter,  der  an  die  Rüdigersdichtung  das  Auftreten  Dietrichs 
anflickte,  eine  vorhandene  Dichtung  verwerthete  und  Stücke  aus  ihr  aufnahm 
oder  ob  er  die  ihm  vielleicht  in  einer  Dichtung  vorliegende  Sage  selbständig 
gestaltete.  Im  ersten  Fall  wäre  erwiesen,  daß  unabhängig  von  einander  zwei 
Gesammtdarstellungen  existiert  hätten,  eine  Rüdigers-  und  eine  Dietrichsdichtung ; 


330  LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGBK. 

was    für    die    Geschichte   der  Nibelungenstrophe  wichtig   wäre.     Vorent 
gelangt  diese  Frage  noch  nicht  zur  definitiven  Entscheid ong*). 

Mit  viel  ScharfBinn  hat  W.  in  unserem  Abschnitt  eine  Ansahl  ron  Panklei 
nachzuweisen  unternommen,  an  denen  eine  allmfthliche  Erweiterung  dea  Stoffei 
stattgefunden  habe.  —  Helfrichs  Sendung  ist  bedeutungslos,  denn  Hildelyraad 
kann  auch  keine  andere  Nachricht  bringen,  als  jener  schon  gebracht  hat.  — 
Hildebrand  greift  nicht  Völkern,  dessen  Worte  die  Amelungen  gereut  hmbea, 
sondern  Hagen  an.  In  dem  allgemeinen  Kampf  werden  versehiedene  Amehiegw 
mit  Namen  genannt ,  von  denen  doch  keiner  einen  der  burgondiaelMMi  HeMt 
erlegt.  Erst  der  Zweikampf  Volkers  und  Hildebranda  ist  wieder  weeeulliefc| 
und  die  Str.  2223  kehrt  somit  zu  der  Situation  zurQck,  die  2211 
ist**).  —  Hagens  und  Hildebrands  Kampf  ist  ohne  wesentliche  Folgen, 
letztere  konnte  schon  nach  2235  gehen.  Überhaupt  scheint  Hüdebreiid  w> 
sprünglich  an  der  Handlung  keinen  Antheil  gehabt  zu  haben;  sonst  bitte  der 
Dichter  ihn  einen  der  beiden  Überlebenden  bezwingen  lassen***).  Str.  2283 
greift  auf  2264  zurück,  es  hätte  daher  das  dazwischen  Liegende  fehlen  ktanenf). 
—  An  allen  diesen  Punkten  also  will  Wilmanns  eine  allmfthliche  Anahildnf 
der  Erzählung  erkennen;  es  sei  möglich ,  daß  ursprünglich  Dietrich  allein  dm 
Bnrgunden  gegenüberstand,  daß  er,  wie  in  der  Thidrekssaga ,  KriembiM  er- 
schlug, ohne  daß  Hildebrand  und  die  andern  Amelungen  aufgetreten  wim. 
„Aber^,  fährt  er  fort,  „wenn  diese  Entwickelung  stattgefunden  hat,  Tollsog  m 
sich  doch  nicht  in  unserer  Dichtung;  sie  muß  vor  ihr  liegen.**  Denn  alle  diaK 
Episoden  hängen  mit  einander  zusammen.  2199  setzt  Helfrichs  Sendung  rot- 
aus;  Sigestaps  Tod  ist  die  Voraussetzung  für  Hildebrands  Kampf  mit  Volk« 
und  dadurch  auch  mit  Hagen;  der  letztgenannte  Kampf  wird  Toraosgesetst 
durch  2812. 

Diese  weise  Mässigung  des  Kritikers  überhebt  mich  des  Amtes,  nach- 
zuprüfen, ob  an  allen  jenen  Stellen  auch  wirklich  Unebenheiten  Torliegce; 
einiges  haben  die  letzten  Anmerkungen  schon  berührt.  Aber  ob  wobl  dieK 
Mässigung  mit  W.s  sonstigem  Vorgehen .  auch  im  vorliegenden  Abschnitt,  in 
Einklang  steht? 

Im  Grossen  und  Ganzen  gesteht  W.  dem  Dichter  des  Abschnitts  die  Fä- 
higkeit zu,  ^durch  eine  zweckmässige  Reihenfolge  der  Ereignisse  das  InteresM 
des  Zuhörers  zu  steigern^.  Auch  daß  die  Darstellung  Anfangs  breiter  ist,  sa- 
letzt  Schlag  auf  Schlag  folgt^  ist  von  guter  Wirkung.    W.  bezweifelt  aber,  ob 

*)  Wir  werden  unteu  sehen,  daß  Wilmanns  sich  für  die  zweite  Möglichkeit 
entscheidet  Ist  es  die  Schuld  W.s,  der  sieb  nicht  ganz  zweifellos  ausgedrückt  hat. 
wenn  Schönbacb  a.  a.  O.  377  vielmehr  meint,  er  habe  die  erste  gewählt?  Oder  hat 
Seh.  die  weitere  Beantwortung  der  Frage  übersehen  und  nur  aas  dem  tlnscbendsB 
Wortlaute  dieser  Stelle  geschlossen?  S.  u. 

**)  Hier  verhält  sich  die  Suche  doch  anders.  Von  den  namhaften  burgua- 
discben  Helden  leben  noch  Ganther,  Hagen,  Giselher,  Dankwart  und  Volker  (ausser 
ihnen  tritt  Überhanpt  nar  Gemot  hervor).  Dankwart  fällt  in  der  nach  W.  freilich  inter- 
polierten Str.  2228,  Volker  2224,  Giselher  2231.  Der  Dichter  konnte  nicht  jedem 
namhaften  Amelungen  einen  eben  solchen  Burgunden  zum  Gegner  geben. 

***)  Ich  halte  es  doch  Hir  berechnete  Absiebt  des  Dichters  zur  Erhöhung  voa 
Dietrichs  Ruhm,  daÜ  er  ihn  allein  —  trotz  Hildebrands  Anwesenheit  —  beide  be- 
zwingen läßt. 

f)  Daß  dieses  Zurückereifen  in  der  Dichtung,  so  wie  sie  ist^  wohl  begrün- 
det ist,  habe  ich  gleich  za  Annmg  der  Untersuchung  nachgewiesen. 


LITTERATÜR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNOEN.  331 

das  letztere  beabsichtigt  sei.  Der  Dichter  könnte  auch  müde  geworden  sein. 
Dafür,  findet  W.  eine  Begründung  darin,  daß  die  Reime  auf  Hcigen«  von  2248 
an*)  vorkommen,  während  sie  vorher  fehlen.  Es  ist  übrigens  zu  bedenken, 
daß  diese  Reime,  wie  sie  in  den  73  Strophen  2172 — 2244  fehlen,  so  auch  in 
den  21  von  2249 — 2269  und  in  den  33  von  2284—2316  nicht  zu  finden 
sind;  man  wird  also  besser  thun,  hier  blossen  Zufall  anzunehmen. 

In  der  Auffassung  der  Personen  findet  W.  einen  Unterschied  zwischen 
unserem  und  den  früheren  Abschnitten.  Er  stellt  Ortliebs  Tod  und  die  Er- 
mordung Kriemhilds,  die  Stelle  1726  ff.  und  Rriemhilds  Gold-  und  Blutgier 
am  Schlüsse  des  Gedichts  einander  gegenüber,  um  zu  beweisen,  wie  viel  roher 
dieser  letzte  Abschnitt  gehalten  sei.  Statt  aber  „diese  wildere,  rohere  Auf- 
fassung der  Quelle  des  Dietrichsdichters  zuzuschreiben**,  werden  wir  besser  eine 
beabsichtigte  Steigerung  darin  erkennen;  abgesehen  noch  davon,  daß  Kriemhild 
schon    1677  ff.  Hagen  nach  dem  Horte  gefragt  hat. 

Zum  Schluß  des  Abschnitts  fragt  W«,  ob  derselbe  nicht  das  Werk  eines 
der  bisher  gefundenen  Dichter  sein  könnte.  Mit  dem  Iringsdichter  findet  er 
manche  Ähnlichkeiten.  Die  Art  der  Kampfschilderung  lasse  ich  unberührt,  sie 
liegt  beidemale  im  Gegenstand.  Ferner  findet  sich  der  Ausdruck  an  laufen^ 
der  in  unserem  Abschnittt  einmal  (2213)  vorkommt,  viermal  bei  dem  Irings- 
dichter (1978.  1980.  1982.  2008);  ebenso  das  Funkensprühen  (2212.  2215). 
Über  das  letztere  s.  o. ;  der  einmalige  Ausdruck  an  Umfen  hat  aber  doch  nichts 
Besonderes  an  sich.  Auffallender  scheint,  daß  ihn  der  Iringsdichter  viermal  ver- 
wendet, und  das  könnte  die  Annahme  von  der  Benutzung  eines  besonderen 
Iringsliedes  zu  verstärken  scheinen ,  zumal  da  das  Verhältnis  im  ganzen  N.  L. 
ähnlich  ist  wie  bei  dem  Funkensprühen ;  der  Ausdruck  findet  sich  ausser  der 
Iringsaristie  nur  fünfmal:  212.  466.  926.1551.2213;  aber  man  muß  hier  vorsich- 
tiger sein,  denn  das  unstäte  Hin-  und  Herrennen  Irings  hat  1978  und  1980  den 
Ausdruck  veranlaßt.  —  Daß  ausserdem  1976  mit  2172  und  2296  Ähnlichkeit 
hat,  ist  doch  zu  unbedeutend.  —  Wenn  der  Irings-  und  Dietrichsdichter  iden- 
tisch wären,  meint  W.,  so  müste  unser  Abschnitt  zuerst  verfaßt  sein  und  dem 
Dankwartsdichter  der  jüngere  über  Iring  noch  nicht  vorgelegen  haben ;  was  sich 
natürlich  nur  auf  die  Athetese  von  1815  f.  gründet.  Wahrscheinlicher,  meint 
aber  W. ,  sei  es ,  daß  der  Iringsdichter  unsem  Abschnitt  nachgeahmt  habe ; 
denn  seine  Auffassung  sei  eine  rein  äusserliche;  —  was  wieder  in  der  beide- 
maligen Situation  begründet  ist 

Eher  könnte  nach  W.  der  Dankwartsdichter  unsem  Abschnitt  ver- 
faßt haben,  jedenfalls  aber  dann  vor  seiner  Dankwartsdichtung ;  was  sich  auf 
Dankwarts  Ausmerzung  aus  den  zwei  letzten  Aventiuren  stützt.  Momente  für 
diese  Identität  findet  jedoch  W.  keine.  —  Interessant  aber  ist  es  zu  sehen, 
wie  hier  auf  einmal  die  grossen  Unterschiede,  die  ehemals  zwischen  dem  Dank- 
warts- und  Iringsdichter  da  waren,  verschwunden  sind.  Die  Dietrichsdichtung 
kann  nach  W.  sein:   1.  von  dem  Iringsdichter,  2.  von  einem,  den  der  Irings- 


*)  Vielmehr  schon  von  2246  an.     Wilmanns*  Zusammenstellung  ist  ungenau;   es 
steht  (nach  A) 

Hagene :  gademe  2248.  (2270.)  2280. 
Hagene :  degene  2246.  (2270.)  2276.  2283. 
Hagme :  tragene  2279. 
Hagene :  sagene  2278. 


332  UTTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBBLUNaEN. 

dichter  nachahmte;  3.  von  dem  Dankwartsdiehter ;  warum  können  alao  nichk 
4.  alle  diese  Dichter  einer  und  derselbe  sein?  Wosn  nor  noch  fehlen  w&dc^ 
daß  er  auch  Verfasser  der  RSdigersdichtnog  wäre. 


Noch  zwei  Abschnitte  sind  übrig;  die  das  bis  jetzt  (Gewonnene 
und  rervollständigen  sollen. 

Verwickelt  ist  die  Untersnehnng  fiber  die  Ankunft  der  BvrguildM 
im  Heunenlande,  Str.  1651—1695.  Die  Bewillkommnong  und  Warmmg  iter 
Bnrgunden  durch  Dietrich  bildet  die  Vorbereitung  zu  seinem  enteeheidendei 
Eingreifen  am  Schlüsse.  Es  könnten  also  beide  Abschnitte  rom  gleiten  Dichtar 
sein.  Nothwendig  ist  das  nicht;  denn,  was  wir  in  dieser  Allgememheit  den 
Kritiker  wohl  glauben  dürfen,  ,es  ist  sehr  wohl  denkbar,  daß  ein  Besibeitar 
eine  Dichtung  durch  neuen  Stoff  bereicherte,  ohne  alle  Consequenien  ma  siehsB 
und  die  Dichtung  so  umzugestalten,  daß  sie  alle  nötigen  Voraussetzungen  für  die 
Erweiterung  bietet"  *).  —  So  hat  Dietrichs  Wegbleiben  vom  Kampf  eeiafla 
Grund  darin,  daß  er  den  Bnrgunden  Frieden  entboten  hat,  2175.  2249.  Aber 
die  überlieferte  Dichtung  erzählt  daron  nichts,  auch  nicht  1929;  Tielmehr  iMt 
der  Dankwartsdiehter  selbst  in  der  Voraussetzung,  daß  zwischen  Dielrieh  xad 
den  Bnrgunden  Friede  geschlossen  war.  —  Ich  habe  oben  gesagt,  daß  das 
1929  und  1931  Gesagte  genüge  als  Voraussetzung  für  das  Spätere.  IGer 
ich  mich  gegen  die  sehr  scheinbare  Vermuthung  wenden,  daß  in  der 
1924  ff.  ein  schon  geschlossener  Friede  Torausgesetzt  sei.  Man  könnte  1998,1 
buote  unde  ntone  dafür  anfuhren;  allein  diese  kann  auch  versprochen  werden, 
wenn  kein  Friede  besonders  geschlossen  war.  Wenn  dies  der  Fall  wftre,  so 
müste  wolil  Günther  davon  reden,  ob  denn  Jemand  von  den  Seinigen  den  Frieden 
gebrochen  habe;  er  könnte  nicht  auf  die  verneinende  Antwort  hin  1981  ,ir- 
louben''f  daß  die  Ameluogen  gehen,  da  das  vielmehr  seine  Pflicht  wäre;  and 
auch  Wolfhart  würde  kaum  so  reden,  wie  er  1930  redet,  wenn  aosdrnek- 
lieh  schon  Friede  gemacht  wäre.  Vielmehr  bleibt  nichts  übrig,  als  die  obige 
Annahme,,  daß  1929  und  1931  wirklich  den  Abschluß  des  Friedens  bezeiehnei. 
Rüdiger  und  Dietrich  stehen  in  dieser  Scenc  den  Bnrgunden  beide  in  g^leidier 
Weise  gegenüber;  dem  erstem  aber  wird  1934  der  Friede  ausdrücklieh  ge- 
währt; also  findet  dasselbe  auf  Dietrich  Anwendung. 

Entschieden  kann  die  Frage,  um  die  es  sich  handelt,  ob  die  frühere  Be- 
gegnung Dietrichs  von  dem  Verfasser  der  zwei  letzten  Aventiuren  ist,  nur  werden 
durch  genr.uc  Untersuchung  des  ersteren  Abschnitts,  welche  W.  nunmehr 
unternimmt. 

Mit  1675,  wo  Lachmanns  siebzehntes  Lied  beginnt,  fängt  jedenfalls  ein 
neuer  Abschnitt  in  der  Erzählung  an,  1675 — 1687^  welcher  zunächst  unter- 
sucht wird.  Hier  werden  gleich  1678 — 1681  ausgeworfen.  1682  fahrt  „sn- 
sammenhangslos^  fort  und  paßt  nur  auf  Kriemhilds  Frage  1677:  sa^et  toat  tr 
mir  bringet;   der  Intcrpolator  wollte  statt  der  Andeutung  des  Nibelungenhortes 


*)  Als  ein  Beispiel  dafür  bringt  W.  bei,  daß  Hagen  durch  dns  Schwert 
frieds,  das  er  auf  dem  Zuge  mit  sich  führt,  das  Leben  verliert,  ohne  daß  irgendwo  ge- 
sagt wäre,  daß  er  sich  dasselbe  angeeignet  habe.  —  Der  Fall  ist  doch  sehr  leicht; 
Hagen  ist  ja  überhaupt  zum  Kauber  an  Kriemhild  geworden;  daß  das  Schwert  sieh 
wohl  nicht  im  Horte  befand,  hat  der  l>icbter  nicht  überlegt. 


LITTERATUB:  ZUR  KRITIK  D£R  NIBELUNGEN.  333 

denselben  deutlich  genannt  haben.  Das  einzige  an  dieser  Anfstellang,  was 
Widerlegung  verdient,  ist  die  n^QS&iDinenhangslosigkeit"  swischen  1681  und 
1682.  Der  Darlegung  des  Inhalts  nach  hat  W.  nicht,  wie  Lachmann,  1681 
vorneweg  ausgeschieden.  Lachmanns  Athetese  war  auf  den  Binnenreim  und 
die  y^Müssigkeit^  und  ^Unbestimmtheit^  der  Strophe  gegründet.  Heinrich 
Fischer  hat  S.  135  sehr  schlagend  entgegnet,  daß  1682  nach  der  La.  von  A 
ohne  1681  gana  unmöglich  seL  Wilmanns  bat  insofern  richtiger  gehandelt, 
indem  er  statt  der  einen  die  vier  Strophen  auswarf,  als  sich  wirklich  1682  an 
1677  gut  anschliessen  würde.  Aber  irgend  ein  Omnd  ist  zu  dieser  Athetese^ 
ausser  wenn  man  den  unschuldigen  Cäsurreim  in  1681  dafür  gelten  lassen 
wollte,  nicht  vorhanden;  denn  ich  bringe  iu  den  tiuvel  sehließt  sich  ganz  wohl 
an  tr  habet  ndrs  noch  vU  whdc  her  se  lamdt  braht  an.  Andererseits  w&re  das 
Gespräch  ohne  die  vier  Strophen  nicht  besser,  sondern  nur  abrupter  und  minder 
eindringlich. 

Die  Str.  1682 — 1687  werden  unbeanstandet  gelassen,  und  es  ist  nunmehr 
die  Frage  aufzuwerfen,  ob  die  Scene  1675 — 1687  von  dem  Verfuser  der  zwei 
letzten  Aventinren  gedichtet  sei.  Dafür  würde  die  gleiche  Behandlung  von 
Kriemhilds  Charakter  und  von  Dietrichs  Verhältnis  zu  den  Burgnnden  sprechen. 
Da  diese  beiden  Punkte  aber  in  der  Sage  begründet  sind,  so  beweisen  sie 
nichts.  Dagegen  aber  spricht  nach  W.  aufs  bestimmteste  die  Str.  1686.  In 
der  den  zwei  letzten  Aventiuren  zu  Grunde  liegenden  Sage  hat  Dietrich  Kriem- 
hild  als  seine  Königin  geachtet,  denn  auf  ihr  Geheiß  geht  er  in  den  Kampf*), 
und  demgemäß  begegnet  er  ihr  (2290— 2292.  2301)  mit  Ehrerbietung;  ebenso 
geschieht  es  beim  Dankwartsdichter  (1838  f.  1920  ff.);  in  unserer  Scene  aber 
„wetteifert  Dietrich  an  wegwerfendem  Trotz  mit  Hagen^.  Dadurch  werde 
wahrscheinlich,  daß  auch  der  Dankwartsdichter  unsere  Scene  noch  nicht  gekannt 
habe.  Auch  die  mit  1675  ff.  parallelen  Abschnitte  der  Dankwartsdichtong, 
1696  fi.  =  1675—1682  und  1799  ff.  =  1683  f.,  gewinnen,  fährt  W.  fort, 
ihre  Bedeutung  erst,  wenn  man  von  unserem  Abschnitt  absieht.  Denn  es  ist 
unnatürlich,  daß  Kriemhild,  nachdem  sie  auf  dem  Hof  mit  Hagen  zusammen- 
gerathen  ist,  wieder  aus  ihrem  Zimmer  hinuntersteigt,  um  nochmals  auf  dem 
Hofe  mit  ihm  anzubinden;  ebenso,  daß  die  Burgunden,  die  am  ersten  Tag  ihre 
Waffen  nicht  ablegen,  am  zweiten  erst  durch  Hagen  veranlaßt  werden  müssen, 
sich  zu  rüsten.  Wenn  also  der  Dankwartsdichter  unsere  Stelle  nicht  gekannt 
hat,  so  kann  sie  auch  nicht  des  Dietrichsdichters  Werk  sein. 

In  dieser  Beweisführung  läuft  Wahres  und  Falsches  unter  einander.  Wahr 
ist,  was  ich  schon  oben  zugegeben  habe,  daß  das  Motiv  der  feindseligen  Be- 
gegnung zwischen  Kriemhild  und  Hagen  sich  wiederholt.  Ich  habe  aber  eben- 
falls bemerkt,  daß  die  drei  Scenen  1675  ff.,  1696  ff.  und  1775  ff.  eine  gewiß 
beabsichtigte  Gradation  darstellen.  Schlimmer  für  W.s  Schluß  aus  dieser 
Wiederholung  ist  es,  daß  1775  ff.  sich  schon  in  der  Rüdigersdichtnng  befunden 
haben  sollen;  wie  kam  da  der  Dankwartsdichter  dazu,  seine  Scene  1696  ff. 
hinzuzufügen?  Und  doch  soll  er  es  gethan  haben!  —  Die  sachliche  Incongruenz 
zwischen  1675  ff.  und  1696  ff.  beschränkt  sich  darauf,  daß  Kriemhild  sich  in 
ihre  Zimmer    zurückzieht;    und  das  ist  eigentlich  auch  nichts  Unebenes.     Was 


*)  Über  dieses  für  W.s  Beweisführung  ziemlich  wesentliche  Moment   gehe   ich, 
dn  es  längst  erledigt  ist,  hier  ganz  hinweg. 


334  UTTERATUS:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

soll  sie  nach  Str.  1686  thun?  Sie  geht,  1687,  und  nan  wird  sie  neh  woU 
nicht  aaf  dem  Hofe  bei  ootergeordDeteren  Gästen  hemmtreiben ,  WMideni  m 
geht  gans  natürlich  in  ihre  Kemenate.  Darin  aber  liegt  nichts  Widersprechendes, 
daß  sie  nachher  mit  den  Hennen  doch  wieder  herunter  kommt.  Denn  Hagci 
und  Volker  sind  1698  Über  den  hof  vil  verre  fllr  einen  paku  wU  gegangen;  uid 
auf  diese  Absonderung  von  den  übrigen  Burgnnden  baut  Kriemhild  ihren  eralei 
Bacheplan.  W.s  Darstellung  verdreht  den  Sachbestand.  —  Minder  eben  ist, 
daß  die  Bnrgonden  am  ersten  Tage  schon  gewaffoet  bleiben  und  dennod 
Hagen  sie  am  zweiten  dasn  auffordern  muß;  noch  auffallender  ist,  dmß  Etiel 
sie  am  zweiten  Tage  fragt,  warum  sie  in  Rüstung  seien,  wenn  sie  doeh  aa 
ersten  Tag  schon  gerüstet  waren ;  sollten  sie  bei  dem  Abendessen  1 746  £  nieht 
ebenso  gut  in  Festkleidern  sein?  Und  hätte  also  Etzel  nicht  schon  hier  Anfaii 
zu  seiner  Frage?  Doch  das  ist  eine  Schwierigkeit,  welche  sich  doreh  das  Be- 
streben eines  Dichters,  parallele  Berichte  (oder  auch  fremde  Berichte  mit  ei| 
Erfindung)  zu  verbinden,  ebenso  natürlich  erklärt  wie  durch  Gent 
Konnte  denn  ein  Contaminator  nicht  auf  solche  Widersprüche  stossen?  da  dock 
ein  solcher  in  derartigen  Ausserlichkeiten  (falls  er  anders  gut  eontaminierte^ 
was  im  N.  L.  jedenfalls  der  Fall  sein  dürfte)  wohl  peinlicher  sein  mochte  ah 
der  frei  sich  seiner  Erfindungsgabe  überlassende  Dichter.  —  Die  Versehieden- 
heiten  in  Dietrichs  Auftreten  liegen  nur  auf  der  Oberfläche.  Sein  ritierlichei 
Benehmen  ruht  wesentlich  darin,  daß  er  in  den  Händeln  zwischen  Kriemhüd 
und  Hagen  immer  zurücktritt,  weil  ihn  die  Sache  nichts  angeht,  nnd,  narhdcn 
er  Günther  und  Hagen  an  Kriemhild  ausgeliefert  hat,  sich  zurücksieht.  Seine 
Worte  sind  mehr  als  einmal  scharf  genug.  Daß  er  2290  ff.  sich  ehrerbietig 
gegen  Kriemhild  zeigt,  entspricht  ganz  seiner  Rolle,  ob  man  nun  darin  die 
Absicht  finden  mag,  die  Königin  milde  zu  stimmen,  oder  vielleicht  richtiger 
eine  edle  Reservation,  die  es  verschmäht,  das  Benehmen  des  argen  Weihet  sa 
rügen.  Wilmanns  hat  aber  vergessen,  daß  er  2311  in  Dietrichs  Mond  legen 
wollte,  und  daß  diese  Strophe  doch  nicht  eben  höflich  wäre;  vor  Allem  aber, 
daß  auch  der  Dankwartsdichter  Dietrich  1839,  1  die  Worte  in  den  Mnnd  legt 
diu  bete  iuch  Ititael  eret.  Str.  1686  aber  hat  Dietrich  zu  seinem  im  smo,  si- 
^ofidtiiiie!  besonderen  Anlaß  durch  die  Worte  Kriemhilds:  und  wease  teil  «er 
daz  tcete^  ich  riete  im  immer  ätnen  tot.  —  Es  sind  also  zwischen  unserer  8eene 
und  der  übrigen  Dichtung  durchaus  keine  wesentlichen  Unterschiede  wahr> 
zunehmen. 

Wilmanns  fragt  weiter,  ob  die  Scene  wohl  aus  einer  selbständigen  Dich- 
tung aufgenommen  sei.  Rüdiger,  den  man  als  Vermittler  hier  erwarten  könnte, 
fehlt.  Eine  einheitliche  Dichtung  würde  ihn  hier  nicht  vergessen  haben;  wohl 
aber  kann  ein  Interpolator,  der  eben  nur  diese  Scene  und  Dietrichs  Auftreten 
einschieben  wollte,  ihn  darüber  vergessen  haben.  „FfSir  die  Annahme,  daß  neben 
der  Rüdigersdichtung  eine  Dietrichsdichtung  in  derselben  Strophenfonn  ezistiii 
habe,  fehlt  auch  hier  ausreichender  Orund^.  Nun  hat  W.  bei  den  zwei  lösten 
Aventiuren  durchaus  nichts  Positives  gegen  diese  Annahme  beigebraeht;  nach 
seiner  vorhin  verfolgten  Ausfuhrung  müste  aber  die  etwa  in  1676 — 1687  zu 
Grund  liegende  Dietrichsdichtung  eine  ganz  andere  sein  als  die  vielleicht  die 
Grundlage  von  2172  —  2316  bildende.  Somit  ist  eigentlich  die  Frage,  ob  2172 
— 2316  aus  einer  vorhandenen  Gesammtdarstellung  entnommen  oder  Ton  einem 
Späteren  ex  suo   der  Rüdigersdichtung  angeflickt    sind,    noch    gans    and    gar 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  335 

unentschieden  und  bleibt  es  aaeh  hinfort.  —  Für  mich  kommt  hinsiehtlich  der 
Abwesenheit  Rüdigers  nar  in  Betracht,  ob  dieselbe  in  dem  überlieferten  Zu- 
sammenhang begründet  oder  doch  erklärbar  ist;  und  das  ist  sie.  Rüdiger  fällt 
bei  Hof  nicht  auf;  er  ist  Etzels  Dienstmann  und  wird  sich  gleich  bei  seiner 
Ankunft  in  Etzeluburg  nicht  zu  den  Gästen  gestellt  haben,  sondern  mit  den 
Seinigen  in  seine  gewöhnliche  Herberge  gegangen  sein.  Nachher,  als  der 
feierliche  Empfang  stattfindet,  tritt  er  mit  Beoht  wieder  auf,  und  zwar  als  Ab- 
geordneter von  Etzels  Seite,  wie  Dietrich,  Imfrit,  Hawart,  Iring  und  Wolfhart 
(1742).  Welche  Rolle  in  unserer  Scene  muthet  ihm  auch  W.  hier  zu?  Eine 
sehr  jämmerliche;  zwischen  Rriemhild  und  Hagen  ist  keine  Versöhnung  mög- 
lich, und  seine  Vermittlerrolle  müste  sehr  kläglich  ausfallen.  Etwas  ganz  an- 
deres ist  es,  wenn  am  Schluß  der  siegreiche  Dietrich  Kriemhilds  Gnade 
erbittet;  er  hat  als  Sieger  das  Recht,  als  der  milde,  ritterliche  Held  die 
Pflicht  dazu. 

Wir  kommen  zu  der  Untersuchung  von  Str.  1688 — 1695.  Die  Strophen 
sind  bemerklich  durch  ihre  Erwähnung  der  Walthersage.  Diese  ist  auch  be- 
rührt in  2281 ;  und  da  der  Dietrichsdichter,  wie  hier  zwischen  1688  und  1689 
der  Fall  ist,  den  Constmctionsübergang  in  Str.  2221  f.  duldet,  so  könnte  man 
versucht  sein,  ihm  auch  die  vorliegende  Episode  zuzuschreiben.  Aber  die  Unter- 
schiede, meint  W.,  sind  dazu  doch  zu  groß.  2281  ist  kurz,  bestimmt  und  bei 
passender  Gelegenheit  angebracht;  unsere  Stelle  breit  und  leer,  aus  echter  Sage 
und  neuer  Zuthat  gemischt  und  ungeschickt  angebracht;  denn  statt  daß  Etzel 
sich  in  seinem  Zimmer  Hagen  zeigen  läßt,  hätte  die  Episode  ebenso  leicht  bei 
viel  passenderer  Gelegenheit,  etwa  beim  Mahle,  angebracht  werden  können; 
die  überlieferte  Scene  erweckt  das  Gefühl,  ^daß  Dietrich  nur  deshalb  Hagen 
die  Hand  reicht,  damit  der  König  fragen  kann,  wer  da  neben  Dietrich  stehe^. 
—  Aus  der  Ungeschicklichkeit,  mit  der  hier  die  Notizen  über  Hagens  Vergan- 
genheit angebracht  sind,  läßt  sich  allein  noch  kein  kritischer  Schluß  »eben. 
Während  die  Burgunden  auf  dem  Hofe  stehen  und  sich,  wie  Zamcke  in  seiner 
Receusion  Sp.  1666  richtig  bemerkt,  erst  zum  festlichen  Zuge  ordnen  müssen, 
hat  der  Dichter  mehrere  Zwischenfälle  sich  ereignen  lassen,  die  er  wohl  nicht 
besser  als  an  diesem  Ruhepunkte  anbringen  konnte.  Das  Verlangen,  daß  die 
Sache  an  passenderem  Orte,  mit  mehr  Illusion,  angebracht  sein  sollte,  ist  doch 
nur  hervorgegangen  aus  der  Kenntnis  geschickt  gemachter  modemer  Lustspiele 
oder  Erzählungen,  in  denen  derartige  Notizen  aus  der  Vergangenheit  der  han- 
delnden Personen  auf  derartige  Weise  untergebracht  werden.  Der  alte  Dichter 
ist  hierin  naiver.  Ganz  ähnlich  berichtet  ja  Hagen  über  Siegfrieds  frühere 
Thaten,  während  derselbe  zu  Worms  auf  dem  Hofe  steht,  Str.  87  —  102;  Laeh- 
mann  hat  allerdings  nur  die  erste  und  die  letzte  dieser  Strophen  stehen  lassen  (s. 
jedoch  Heiorich  Fischer  S.  32  f.),  aber  das  Motiv  bleibt  damit  doch  dasselbe 
wie  hier.  Richtig  ist  es  gewiß,  daß  1688  f.  nur  dem  Zweck  dienen,  Etzeln 
aufmerksam  zu  machen;  aber  damit  ist  kein  neues  Moment  gegen  unsere  Epi- 
sode gegeben.  Auch  daß  die  Walthersage  geschickter  und  vielleicht  richtiger 
in  Str.  2281  verwendet  ist,  bildet  nur  einen  Unterschied  der  Darstellung,  wie 
er  in  dem  Werke  eines  Dichters  oft  genug  vorkommt. 

Lachmann  hatte  gefunden,  daß  1689  nicht  ursprünglich  auf  1688  gefolgt 
sei.  Aber  aus  der  Str.  1688  allein  kann  Dietrichs  Rede  nicht  bestanden  haben. 
Vielmehr    muß,    meint  W.,    1688    den  Anfang   einer  Warnung  Hagens   durch 


336  LITTERATUR:  ZUR  KBSTIK  DER  NIBELUNGEN. 

Dietrich  gebildet  haben.  Was  aber  arsprünglieb  auf  1688  folgte,  iat 
worden,  da  Dietrich  schon  1662 — 1669  die  Barganden  gewarnt  hat.  —  Du 
beruht  aaf  einer  Verkennung  des  Inhalts  von  1688  f.  Dietrich  hat  die  Bv- 
ganden gewarnt;  es  ist  der  Auftritt  mit  Kriemhild  gefolgt;  was  ist  natilflickcr, 
als  daß,  nachdem  diese  gegangen  ist,  Dietrich  sa  Hagen  sagt:  i^ich  bedanc, 
daß  du  gekommen  bist,  wenn  Kriemhild  solche  Worte  hat  fallen  lasaen^.  Beüe 
reden  gewiß  noch  weiter  mit  einander,  und  das  kann  auch  aas  1689,  3  ge- 
schlossen werden;  aber  Dietrich  noch  einmal  ausführlich  seine  Befürcbtongci 
aussprechen  zu  lassen  vermied  der  Dichter,  eben  weil  er  schon  eine  Wamosg 
der  Burgunden  durch  Dietrich  erzählt  hatte*). 

Strophe  1688  und  was  ursprünglich  darauf  gefolgt  sei,  hält  W.  for  eiMs 
Theil  der  Dankwartsdichtung ,  weil  1696,  welche  su  dieser  gehört,  auf  1688 
Bezug  nimmt.  Ich  kann  diesen  Schluß  schon  an  sich  nicht  geltoa  lassen.  Nsck 
W.s  Ansicht  ist  doch  der  Dankwartsdichter  Interpolator  einer  älteren  Dichtnag; 
warum  sollte  nicht  ebenso  gut  seine  Interpolation  Oberhaupt  erst  mit  1696 
begonnen  haben?  Er  hätte  dann,  wie  ein  Interpolator  wohl  immer  thim  wiid, 
falls  er  überhaupt  denkt,  an  die  ihm  überlieferte  Scene  1688  jSl  angeknfipfl. 
—  Der  weitere  Grund,  womit  Wilmanns  seine  Ansicht  begründet,  ist  nieht  ge- 
nügend, obwohl  er  scheinbar  dünken  kann.  Er  findet  nämlich,  daß  ^m  mm  im 
Darstellung  des  Dankwartsdichters  rortreflnich  passe,  wenn  Hagen  allein  gewaiii 
worden  sei;  denn  die  Burgunden  ziehen  erst  auf  seine  Auffordenmi^  die  Rü- 
stungen an  (1790  ff.).  Die  Interpolation  von  1791  wird  dadurch  erkISrt;  im 
Verfasser  dieser  Strophe  wollte  durch  die  erste  Zeile  derselben  die  Dmrstdlatg 
der  Dankwartsdichtung  mit  der  Erzählung  in  Einklang  bringen,  nach  welelwr 
auch  die  andern  Burgunden  gewarnt  worden  waren  ^.  —  Daß  der  oben  gegcs 
1791  vorgebrachte  Beweis  gänzlich  unstichhaltig  war,  ja  daß  wir  positiven  Qnai 
haben,  die  Strophe  für  ursprünglich  zu  halten,  glaube  ich  erwiesen  an  habea. 
Es  könnte  sich  also  nur  um  die  erste  Zeile  handeln.  Und  hier  fragt  sieh:  iit 
die  Erzählung,  wonach  Hagen  die  Burgunden  auffordern  muß,  sich  an  waffiMi, 
mit  einer  früher  erfolgten  Warnung  an  alle  Burgunden  nicht  rielleieht  doek 
vereinbar?  Und  das  ist  sie,  wenn  man  den  Intentionen  des  Dichters,  der  ste- 
henden Rolle,  welche  Hagen  bei  ihm  spielt,  nachgeht.  Es  kümmert  den  Di^ 
ter  keineswegs,  ob  nicht  die  andern  Burgunden  von  sich  selbst  hätten  so  Uig 
sein  können,  sich  zu  waflben;  Hagen  steht  ihm  einmal  dnrchaos  im  Vorde^ 
grund  als  der,  welcher  antreibt,  den  Impuls  zu  Allem  gibt;  also  auch  hier.  Ick 
weiß  nicht,  ob  W.  diese  Erklärung  mit  seinem  Begriffe  von  einem  epis^es 
Dichter  vereinigen  kann;  mir  scheint  sie  dem  Verfahren  eines  Dichters  übe^ 
hanpt  und  speciell  des  unseren  vollständig  angemessen. 


*)  Sehr  wnnderlicb  ist  es^  daß  W.  sagt:  ^ans  den  Worten,  mit  denen  Dietridi 
seine  Hede  beginnt,  sieht  man.  daß  er  seine  Besorgnis  über  das  Verhalten  der  ITiimi 
hild  aussprechen  will**;  denn  dieses  Verhalten  ist  doch  eben  das  1676  ff.  berichtete. 
auf  welches  sich  1689,  1  deutlich  genug  besieht;  in  der  Athetese  von  1689  stimmt  aber 
W.  mit  Lachmaon  überein.  —  Daß  femer  Dietrich  mit  Hagen  allein  redet,  bedeutet 
nicht,  daß  er  ihn  allein  warnen  will,  sondern  ist,  wie  ich  ausgeführt  habe,  aus  dsr 
vorang^angenen  Scene  sehr  einfach  zu  erklären. 

**)  Auch  1738  wird  dadurch  nach  W.  aufs  Neue  verdächtig.  Daß  die  früheres 
Gründe  gegen  diese  Strophe  null  waren,  haben  wir  gesehen.  Dieser  neue  aber  filh 
mit  dem,  was  Ober  das  Verhältnis  zwischen  1790  ff.  und  1688  ff.  gleich  zu  sagen  ist 
von  selbst  hinweg. 


UTTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  337 

Wenn  nun  die  Scene  1688  (nebst  den  darauf  ursprünglich  folgenden^ 
jetzt  ausgeworfenen  Strophen)  und  die  unmittelbar  darauf  folgende  1696  ff.  dem 
Dankwartsdichter  angehören,  so  haben  wir  ausser  diesen  noch  die  Warnung  aller 
Burguudeu ,  1656 — 1669,  und  die  erste  Begegnung  zwischen  Kriemhild  und 
Hagen.  Wilmanns  nimmt  an^  daß  die  beiden  Warnungen  nicht  durch  Interpo- 
lation, sondern  wiederum  durch  Contamination  verbunden  worden  seien.  Ein  Inter- 
polator^  meint  er,  würde  nicht,  um  die  Warnung  aller  Burgunden  anzubringen^ 
die  Warnung  Hagens  ganz  ausgeschieden  und  eine  neue  Scene  gedichtet  haben; 
sondern  er  hätte  sich  damit  begnügt,  an  die  Warnung  Hagens  etliche  Strophen 
anzuhängen.  —  Diese  Beweisführung  wird  gegenstandslos^  sowie  man  meiner 
obigen  Ausführung  beipflichtet,  nach  welcher  die  erste  Scene  mit  Kriemhild 
und  das  Gespräch  zwischen  Dietrich  und  Hagen  ganz  correct  aufeinander  folgen. 
Denn  nunmehr  hat  das  letztere  nicht  den  Zweck;  Hagen  zu  warnen,  sondern, 
zunächst  wenigstens,  bloß  den,  ihm  Dietrichs  Bedauern  über  Elriemhilds  Be- 
nehmen ausdrücken  zu  lassen.  Eine  besondere  Warnung,  gleichviel  ob  an  Hagen 
oder  an  Alle  gerichtet,  hat  also  daneben  ganz  wohl  Platz.  —  Was  aber  W. 
aus  seiner  Annahme  einer  Contamination  weiter  folgert,  ist  noch  weit  boden- 
loser. «Die  Scene,  wo  Kriemhild  die  Ankommenden  insgemein  begrüßt  (1675 
— 1687)  und  Dietrichs  Warnung  vor  allen  Burgunden  geschieht,  werden  der 
Iringsdichtung  angehört  haben."  —  Giebt  es  denn  hier  nur  die  Wahl  zwischen 
den  vier  bis  jetzt  entdeckten  Dichtem?  Wir  haben  den  Iringsdichter  bis  jetzt 
nur  in  der  Schilderung  von  Irings  Kampf  gefunden,  und  was  würde  hindern, 
ihm  zunächst  nur  diese  zuzuweisen?  Ich  verlange  hier  einen  positiven  Grund, 
warum  er  die  beiden  in  Frage  stehenden  Scenen  gedichtet  haben  soll,  gleiche 
Motive ,  gleiche  Eigenthümlichkeiten  in  der  Form ,  wie  im  „Iringsliede^ ;  und 
ich  gebe  mich  mit  dem  nichtssagenden  Moment,  daß  die  Scenen  weder  von  dem 
Rüdigers-,  noch  von  dem  Dietrichs-,  noch  von  dem  Dankwartsdichter  sein 
können  —  auch  wenn  das  erwiesen  wäre,  was  es  nicht  ist  —  in  keiner  Weise 
zufrieden.  Ganz  unverständlich  ist  mir  aber,  was  W.  in  einer  Anmerkung  bei- 
fugt: „Damit  soll  nicht  behauptet  sein,  daß  Str.  1675 — 1687  denselben  Ver- 
fasser haben,  wie  die  Aventiure,  die  Irincs  Ritterlichkeit  verherrlicht."  Ich 
quäle  mich  vergebens  ab,  su  entdecken^  wie  das  zugehen  soll,  daß  etwas  zu 
der  Iringsdichtung  gehöre,  deren  einziger  bisher  entdeckter  Bestandtheil  die 
Aristie  Irings   ist,    und  doch  nicht  von  dem  Verfasser  dieser  Aristie  herrühre. 

In  der  Erzählung  der  ersten  Begegnung  zwischen  Dietrich  und  den  Bur- 
gunden, Str.  1656 — 1669,  findet  W.  mehrere  Anstösse.  Vor  allem  fällt  auf, 
daß  Dietrich  seine  Warnung  zuerst  an  Alle  richtet  und  dann  mit  den  Königen 
sunder  sprächen  geht,  ohne  hier  weiter  sagen  zu  können;  femer,  daß  Volker, 
der  doch  bei  dieser  letzten  Unterredung  nicht  gewesen  sein  kann,  1669  sich 
darein  mischt.  Das  erstere  haben  schon  die  Bearbeiter  von  B  und  C  als  miß- 
lich empfunden  und,  um  den  Anstoß  zu  mildem,  statt  w<iz  sol  ich  tu  sagen 
gesetzt  waz  sol  ich  iu  mere  sagen,  —  Zunächst  rede  ich  von  der  letztdtierten 
Instanz.  Nach  Bartschs  Variantenverzeichnis  hat  A  das  Wort  mire  auch,  und 
R.  V.  Muth  hat  in  seiner  mehrerwähnten  Collation  von  A  nichts  dagegen  vor- 
gebracht. Es  wird  also  sehr  gerathen  sein,  die  Hss.  hier  aus  dem  Spiel  zu 
lassen.  Übrigens  alteriert  das  Wort  mire  den  Sinn  nicht  weiter;  auch  ohne 
dasselbe  muß  vorausgesetzt  werden,  daß  Dietrich  wegen  irgend  einer  Angabe, 
die  er  zuvor  gemacht  hat,   des  näheren  gefragt  worden  ist.     Aber  auch  sacb- 

eSKMANU.  Neae  Beihe.  XII.  (XXIV.  Jahig.)  23^ 


338  UTTEBATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 


lieh  kann  ich  durchaos  keine  Unebenheit  entdecken.  Ein 
weder  in  der  änsserh'chen  Erzählung  noch  in  den  dichterischen  und 
logischen  Motiven  vorhanden.  Und  ob  die  Erzählung  eben  besonders 
und  vollendet  ist,  darauf  werden  wir  doch  so  grossen  Nachdrack  nieht 
wollen.  Einen  anderweitigen  Tadel  hat  aber  W.  nicht  finden  können, 
die  Einmischung  Volkers,  welche  auch  sehr  unverfänglich  ist,  da  wir  uns  Difll- 
richen  mit  den  Königen  durchaus  nicht  weit  entfernt  zu  denken  brauchen  wmk 
da  dieses  etwas  naseweise  Dreinreden  in  etwas,  das  ihn  gar  nichts  angeht,  gav 
in  Volkers  Art  ist  (cf.  1740  f.).  Wenn  wir  bedenken,  daß  Dietrich  wirkfid 
nicht  mehr  weiß,  als  daß  Kriemhild  beständig  klage  —  denn  erst  1685  ttCt 
sie  ihre  Absicht  deutlich  merken  —  so  werden  wir  in  unserer  Ersablo^ 
welche  ihn  zuerst  die  Thatsache  berichten  und  dann  sagen  läßt,  daß  er  mM 
mehr  wisse,  höchstens  eine  kleine  Ungeschicklichkeit  des  Ers&hleis  finden,  mit 
lässige  Breite,  die  ihm  auch  sonst  nicht  fremd  ist.  Wäre  die  ErsShlimg  die,  id 
Dietrich  1662.  1664  redete  und  auf  Günthers  verwunderte  Frage  (1665)  sofort  ol- 
gegnete  toaz  sol  ich  tu  mire  sagen  u.  s.  f. ,  so  würde  auch  W.  wahraehenlifk 
nichts  auszusetzen  finden.  Störend  ist  nur  das  umständliche:  ich  kan  «a  wd 
geraten f  hütet  iu  diu  mcere  hoM  wt  tiigene  u.  s.  f.  und  das  feierliche  d6 
iunder  sprächen  die  dri  kifnege  fichj  weil  man  bei  der  Resnltatlosi^keit 
Sondersprache  an  das  parturiunt  montes  zu  denken  nicht  umhin  kaim; 
solche  Umständlichkeit,  solche  Feierlichkeit  in  der  Behandlung  sehr 
Dinge  zeigt  der  Dichter  öfters;  vgl.  1949.  2053. 

Wilmanns  erklärt  die  nach  seiner  Ansicht  vorliegende  StomiiK  des  %t 
sammenhangB  wiederum  durch  Contamination.  Der  Contaminator  habe  die  W» 
nung  Hagens,  die  er  in  der  Dankwartsdichtung  vorfand,  „aber  an  ihrer  SlA 
nicht  beibehalten  durfte",  hier  mit  der  Warnung  der  Könige  venehoMbaa 
Ich  brauchte  nach  dem  schon  Gesagten  gegen  diese  These  weiter  nichli  ■ 
sagen,  muß  aber  doch  fragen,  wie  denn  nach  W.s  Meinung  der  Contaaumlv 
dazu  gekommen  sein  sollte,  aus  der  Warnung  Hagens  die^eine  Strophe  1688 
stehen  zu  lassen,  wenn  diese,  wie  W.  meint,  in  der  Uberiieferang  so  ■»• 
passend  dasteht  ?  Welchen  denkbaren  Grund  konnte  er  denn  haben,  nicht  aDti 
wegzuwerfen,  was  er  zur  Aufnahme  in  seine  Contamination  nicht  braodMi 
konnte?  Und  weiter  muß  ich  Verwahrung  einlegen  gegen  das  ^aber  an  ihm 
Stelle  nicht  beibehalten  durfte".  Warum  durfte  der  Contaminator  das  ni^? 
Warum  konnte  er  nicht  ebenso  gut  die  ihm  wfinsehenswerth  scheinenden  Strophet 
aus  der  allgemeinen  Warnung  in  die  Hagens  herübemehmen  ?  W.  wird  sages: 
das  ist  seine  Sache;  aber  um  eine  solche  Contamination  anzunehmen ,  sötte 
man  doch  unabweisliche  Motive  haben  ^  welche  den  Contaminator  getrieb« 
haben  müsten.  —  Da  nun  in  den  Strophen  1656 — 1669  Altes  und  Neues 
mengt  sein  soll,  so  macht  W.  einen  kleinen  Versuch,  die  Bestandtheile  di 
Mischung  zu  trennen:  „Str.  1663  kann  so,  wie  sie  überliefert  ist,  ans  te 
Dancwartsdichtung  beibehalten  sein;  Str.  1667  ff. ^  die  geheime  Besprcchoig 
der  Könige,  die  in  unserem  Nibelungenliede  unmotivirt  und  ganz  nnfrachtbtr 
bleibt y  kann  der  Dancwartsdichtung  nicht  angehört  haben;  sie  wird  also  tii 
Teil  der  andern  Bearbeitung,  der  Iringsdichtung  gewesen  sein«*'  Möglich,  wtas 
man  W.  bisher  beigestimmt  hat;  aber  nothwendig  auch  dann  nidit.  Str.  1663 
ist  ihrem  Johalti  ja  fast  dem  Wortlaut  nach,  wie  W.  selbst  früher  einmal  v 
wähnt  hat,  in  der  Thidrekssagai  Oap.  ^1^^  «ii^«\\eii\  «&  Vsl  «Iso  ^ar  kein  bt- 


LTTTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  339 

stimmter  Grund  vorhanden,  sie  gerade  dem  Dankwartsdicbter  zuzuschreiben,  am 
wenigsten  für  W.^  der  bisher  die  Übereinstimmung  mit  der  Thidrekssaga  nicht 
als  Eigenthümlichkeit  der  Dankwarts-,  sondern  der  Rüdigersdichtung  zu  erweisen 
gesucht  hat.  Richtig  ist  nur  die  Bemerkung  über  1667  £f.,  falls  man  W.s 
vorherigen  Annahmen  beipflichtet;  von  dem  aut-aut  Dankwarts-  oder  Iringsdich- 
tung  rede  ich  hier  nicht  weiter.  ,,Aber  auch  die  übrigen  Strophen  mögen  ein- 
zelne Zeilen  aus  den  altem  Vorlagen  bergen  z.  B.  1662,  4.  1664,  4;  man 
kann  das  nicht  wissen.^  Allerdings:  ebensowenig  aber,  warum  W.  gerade  diese 
zwei  Zeilen  gewählt  hat. 

Übrigens  weiß  W.  doch,  wo  die  Arbeit  des  Contaminators   beginnt.     Er 
findet  den  Anschluß  von  1661   an  1660  mangelhaft.     Es  würde,  da  1660  die 
Amelungen  in  der  Bewegung  den  Burgunden  entgegen  geschildert  sind,   1661,  1 
erwartet  werden :  do  si  der  künic  Cruniher  ffin  im  komen  tachj  statt,  wie  es  heißt, 
do  si  der  hirre  Dietrich  gm  im  komen  aach.     Da  aber  1658  f.  die  Burgunden 
aufgefordert  werden,  den  Amelungen  entgegen  zu  gehen,  so  sind  diese  beiden 
Strophen  als  die  Voraussetzung  für  1661,  1   ebenfalls  verdächtig.     Es  werden 
also,    folgert  W.,    1656.  1657.  1660  zusammengehört   und    einen    Theil   der 
Dankwartsdichtung  gebildet  haben;    „in  dieser  Bearbeitung  muß  Dietrich  nach 
der  Begrnssung  mit  den  Gästen  zu  Hofe  geritten  sein ;  die  Warnung  erfolgte  erst 
nach  der  Ankunft. **  Die  Str.  1658.  1659.  J661  f.  dagegen  sind  jünger.  —  Daß 
in  der  Dankwartsdichtung  die  Warnung  erst  nach  der  Ankunft  bei  Hofe  erfolgt 
sei,  geht,  wenn  man  W.  folgt,  theils  aus  dem  vorher  Gesagten,  theils  aus  dem 
gleich  Folgenden  hervor;    da    also  diese  Aufstellung  an  sich  gar  nichts  Neues 
enthält,    so    kann   ich    sie  unberücksichtigt  lassen.     Anders  die  Trennung  von 
1656.  1657.  1660  und  1658.   1659.  1661  f.     Schlechter  begründet  als    diese 
sind  nur  wenige  von  W.s  Behauptungen.     Im  Sachlichen    der  Erzählung   liegt 
jedenfalls  nichts  Anstössiges ;    daß  die  Burgunden ,  wie  sie  die  Amelungen  auf 
sich  zukommen  sehen,    ihnen  entgegen  gehen,    ist  doch  ganz  in  der  Ordnung. 
Der  einzige  Ausgangs-  und  Stützpunkt  von  W.s  Kritik  ist  ein  formaler.  1660, 
3.  4  sind  mit  si  die  Amelungen  bezeichnet,  1661,  1   dagegen  die  Burgunden. 
Da    aber   diese  1660,  4  ausdrücklich    genannt  waren,    so   konnte  der  Dichter 
füglich  voraussetzen,    daß  die  Beziehung   des  n  1661,  1   von  Jedermann  ver- 
standen würde.     Daß   dieser   schnelle  Wechsel   der  Besiehung   sehr   schön  sei, 
werden  wir  nicht  behaupten  wollen;  aber  wo  sonst  lediglich  nichts  Unpassendes 
zu  finden  ist,  müssen  wir  eine  so  geringfügige  Härte  ruhig  mit  in  Kauf  nehmen. 
Ein  Stück  der  Dankwartsdichtung  zwischen  der  Begrüssung  und  der  War- 
nung  findet  W.    in  1670 — 1674,    auf  welche    er   mit  Lachmann   unmittelbar 
1688    folgen   läßt.     Nur   scheidet  W.   zuvor  1671  als  jünger   aus,   wofür   er 
aber  keine  andere  Begründung  hat,  als  die  Überflüssigkeit  dieser  Strophe.  Diese 
wird  man  zugeben  müssen;  ebenso,  daß  1688  ohne  Anstand  auf  1674  folgen 
könnte.     Aber  nicht  um  das  Können^    sondern   um  das  Müssen  handelt  es 
sich.     Nachdem   wir  W.s  Auslassungen    über   die   Scene   zwischen  Hagen   und 
Rriemhild  sowie  über  die  nachfolgende  geprüft  und  grundlos  befunden    haben, 
fällt  auch  jeder  Grund  weg,  den  Zusammenhang  der  Erzählung  von  1670 — 1695 
zu  verdächtigen.    Denn  die  Erzählung  schreitet  hier   ganz  vernünftig  fort.    Die 
Burgunden    kommen   zu  Hofe;  Jedermann    möchte   gern  Hagen  sehen  (1670). 
Die  Begründung  dieser  Neugierde,    wie  sie  1671  gegeben  wird^  \fl  ^^  \^«l^^^ 
die  man  sich  denken  kann.     Hierauf  folgt  an  der  mtkÄ^XDi^ATk  ^X.^^  ^^  ^^~ 


340  LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

Schreibung  Hagens,  1672.'  Den  Dienstleuten  der  Burgunden  wird  ihre  Herbeqe 
angewiesen,  nach  der  sie  Dankwart  zu  fuhren  hat  (1673  f.).  Die  Konige  wd 
Ritter  werden  von  Rriemhild  begrüßt,  1675,  und  hiebei  kommt  der  eben  ge- 
schilderte Hagen  sofort  iu  Wortwechsel  uit  der  Königin,  1676  ff.  Daß  du 
Folgende  wohl  zusammenhängt,  ist  schon  auseinandergesetzt;  und  in  der  eba 
gegebenen  Erzählung  wird  niemand  einen  planvollen  Zusammenhang 
Vor  allem  läßt  sich  nicht  leugnen,  daß  die  Schilderung  Hagens  hier 
Stelle  steht,  nicht  nur,  was  auch  nach  W.  der  Fall  wäre,  um  Hageni 
tung  für  die  Vergangenheit  (1671,  2.  3)  und  für  die  Zukunft  ins  helLite  Lick 
zu  rücken  in  dem  Moment,  da  er  durch  den  Eintritt  in  Etzels  Bur^  sich  vaä 
die  Seinigen  dem  unabwendbaren  Verderben  preisgibt,  sondern  mnch 
um  die  gleich  folgende  Scenc  mit  Kricmhild  zu  illustrieren.  A^Uerdings 
man  sagen,  für  den  erstgenannten  Zweck  wäre  es  vortheilhafter,  wenn  die 
1689  ff.,  wo  Etzel  nach  Hagen  fragt  und  von  seiner  Vergangenheit  redet,  m- 
mittelbar  auf  1674  folgte;  W.  freilich  kaim  diesen  Einwand  nicht  machen,  h 
er  1689  ff.  als  interpoliert  ansieht.  Aber  die  Beantwortung  dieses  JBinwsaft 
zeigt  zugleich,  daß  der  Dichter  nicht  ohne  Plan  gedichtet  hat.  Es  war  not- 
wendig, zwischen  der  ersten  und  der  zweiten  Begegnung  Kriemhilds  und  Hagw 
eine  Ruhepause  zu  lassen.  Jeder  planmässig  arbeitende  Dichter  mnste  dai  tibn, 
und  der  unsere  hat  es  auch  später  gethan,  indem  er  zwischen  die  Scess 
1696—1739  und  1775—1786  die  Begrüssung  durch  Etzel  und  das  Abesd- 
essen  einschob.  Wie  dort  für  einen  Augenblick  alles  friedlich  und  ^ter  Dagt 
zu  sein  scheint,  damit  der  nächtliche  Überfall  um  so  wirksamer  erscheine,  m 
hier,  wo  nach  Kriemhilds  Wortwechsel  und  dem  offenen  Ausdruck  ihrer  Ab- 
sichten (ig 85)  Etzel  sich  an  das  frühere  freundschaftliche  Verhältnis  zu  Hsgn 
ennnert 

Wenn  wir  also  in  dem  Zusammenhang  der  Erzählung  nach  1670  kciie 
Unebenheiten  gefunden  haben,  so  ist  der  Zusammenhang  vor  1670  noch  a 
untersuchen.  Von  1656  — 1669  ist,  was  das  Verhältnis  zwischen  den  yin«f>»* 
Strophen  betrifit,  schon  die  Rede  gewesen.  Ich  fuge  hier  bei,  daß  die  Vcr 
bindung  von  1669  und  1670  nichts  zu  wünschen  übrig  läßt.  Die  Buigmdci 
thun  1670  das,  was  1669  Volker  ihnen  gerathen  hat;  ja  W.  hätte  nach 
sonstigen  Vorgehen  allen  Grund,  die  zwei  Strophen  für  ursprünglich  w 
gehörig  zu  halten;  denn  der  wörtliche  Gleichklang,  den  er  so  oft  durch  Atbe 
tierung  hergestellt  hat,  ist  hier  überliefert:  1669,  3  wir  nUn  ze  hove  rite; 
1670,  1  die  käenen  Burgonden  hin  ze  hove  riten'*).  —  Wie  steht  es  aber  bä 
den  Strophen  vor  1656?  Lachmann  hat  1653  — 1655  unmittelbar  mit  l€7il 
Tcrbunden.  W.  meint  anders.  Er  läßt  auf  1650  gleich  1656  folgen.  Bei^ 
Strophen  sollen  dem  Dankwartsdichter  angehören.  Auch  diese  ZusanunoistdliBe 
würden  wir,   trotz  der  vier  gleichen  Versschlüsse  {sant :  lant^  lant :  Hüdtbfwd). 


*)  W.  hat  über  den  Zusammenhang  der  Strophen  1669  und  1670  nichti  gf> 
sagt,  sondern  nur  im  Grossen  und  Ganzen,  doch  ohne  sonderliche  Begründung,  die  A^ 
schnitte  1656—1669  und  1670—1674  getrennt;  ich  habe  aber  de^alb  doch  nicb 
versäumen  wollen,  darauf  hinzuweisen,  daß  beide  Strophen  sich  wohl  an  einander  ftgci 
Die  atomistische  Kritik,  welche  hier  einen  Fetzen  von  5  Strophen  der  Dankwsit^- 
dort  einen  andern  der  Iriugsdichtung  zuwirft,  ist  in  diesem  Abschnitt  mehr  als  irgcs^ 

anderswo    der   elementaren    Aufgabe   xm^e^Xx^xi   ^«wox^vKi-.   d\Q   überlieferte  ErsiUof 

Strophe  für  Strophe  nach  ihrem  Ziusainmeii\i«ji%  tM  ^tü\«iiv. 


UTTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  341 

wenn  sie  überliefert  wäre,  nicht  beanstandco.  Aber  auch  hier  müssen  wir 
fragen,  was  den  Kritiker  genöthigt  habe,  die  fünf  dazwischen  liegenden 
Strophen  zu  entfernen.  W.  schließt  sich  an  Lachmann  an  in  der  Trennung 
von  1655  und  1656.  Sein  Grund  dafür  ist  der  Mangel  einer  Verbindung 
zwischen  den  beiden  Strophen.  Wäre  der  Dichter  beider  derselbe  oder  wäre 
1656  interpoliert,  so  würde  es  1656,  2  etwa  heissen:  do  gevriesch  ouch  diu 
nuere  der  alte  Hildehrant.  Der  überlieferte  Wortlaut  beweist  nach  W.,  daß  dem 
Dichter  von  1656  die  Strophe  1655  noch  nicht  vorlag,  daß  also  „die  Dank- 
wartsdichtung  von  der  Benachrichtigung  Etzels  durch  Boten  nichts  wußte".  — 
Ich  glaube  nicht,  daß  der  Dichter  irgendwie  genöthigt  sein  konnte ^  zwischen 
1655  und  1656  eine  Verbindung  herzustellen;  denn  mit  der  letzteren  Strophe 
wechselt  die  Scene,  was  die  Überlieferung  durch  den  Beginn  einer  neuen  Aven- 
tiure  anzeigt. 

Innerhalb  der  Str.  1651  — 1655  wird  aber  wieder  getrennt  und  geschieden. 
1651  und  1652  werden  von  den  drei  folgenden  Strophen  weggerissen.  „Str.  1653 
bedarf  keiner  Einleitung"  [falls  es  aber  dem  Dichter  gefallen  hätte,  eine  solche 
zu  geben,  was  würde  sich  dagegen  sagen  lassen?]  „und  die  kurze  fast  abgerissene 
Darstellung  dieser  drei  Strophen  sticht  merklich  von  der  behaglichen  Breite 
der  beiden  vorhergehenden  ab.**  Ich  weiß  nicht,  ob  Jedermann  diese  Ver- 
schiedenheit des  »Stils  wahrnehmen  wird.  Ebenso  wie  1653  die  Angabe,  daß 
die  Boten  zu  Kriemhild  gegangen  seien,  fehlt  (das  einzige  Merkmal  besonderer 
Knappheit  in  1653 — 1655),  ganz  ebenso  fehlt  1652  die  Angabe,  daß  Rüdiger 
Boten  abgeordnet  habe.  Von  der  in  C  ausgeglichenen  Discrepanz,  daß  1652 
von  einem,  1653  von  mehreren  Boten  die  Rede  ist,  hat  W.  hier  gar  keinen 
Gebrauch  gemacht;  weiter  unten  erwähnt  er  sie,  und  es  soll  dabei  von  der- 
selben geredet  werden.  —  Da  aber  1655  und  1656  nicht  zusammengehören, 
so  können  1653 — 1655  nach  W.  nicht  zu  der  Dankwartsdicbtung  gehören; 
sie  werden  also  aus  der  Iringsdichtung  sein,  zu  welcher  (1667.  1668.  1675 
— 1687)  auch  der  Stil  stimme.  Ich  rede  hier  nur  vom  Stil,  da  die  Begrün- 
dung des  ganzen  Schlusses  durch  meine  Ausführungen  schon  abgethan  ist.  Das 
Gemeinsame  in  dem  Stil  der  angeführten  Strophen  ist  jedenfalls  nichts  anderes 
als  die  „kurze  fast  abgerissene  Darstellung"  in  Str.  1653 — 1655,  von  der  wir 
eben  geredet  haben.  1653  hat  in  ihrer  Anlage  Ähnlichkeit  mit  1667  (warum 
aber  1668  angeführt  ist^  kann  ich  nicht  errathen),  und  auch  in  dem  Dialog 
1675 — 1687  ist  öfters  die  oratio  directa  ohne  Nennung  des  Redenden  gegeben. 
Aber  W.  hätte  zunächst  zu  beweisen,  daß  das  gerade  nur  dem  Iringsdicbter 
eignet  oder  ihm  in  ganz  besonderem  Masse.  Diesen  Beweis  ist  er  schuldig 
geblieben.  Seinen  alten  Rüdigersdichter  hat  er  hier  ganz  vergessen,  an  dem  er 
dereinst  (zu  1746  ff.,  Seite  49)  „den  knappen  Ausdruck,  den  einfachen  Stil, 
die  kurzen  schlagenden  Wendungen"   hervorgehoben  hatte*). 

Genauere  Betrachtung  und  schärfere  Kritik  verdient  die  weitere  Aufstellung 
W.s,  daß  auch  „die  Ähnlichkeit  mit  einer  Stelle  der  Thidrekssaga,  zu  der  auch 
Str.  1675 — 1687  in  einzelnen  Zügen  grosse  Verwandtschaft  zeigten^,  für  die  Zu- 
gehörigkeit von  1653 — 1655  zur  Lringsdichtung  spreche;  W.  meint  natürlich  die 


*)  Ich  werde  mich  wohl  des    sehr    leicht    zu    führenden  Nachweises  überhoben 
halten  dürfen,    daß   solche  Kürze,  wie  in  unsem  Strophen,   sich  m  «.^^n T^«\^\k.  ^%%> 
N.  L.  findet. 


342  LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 


Stelle  Thidrekssaga  Cap.  872.  Ich  hätte  kaum  nothwendig,  dieses  MotiT  amdrick- 
lich  SU  widerlegen;  es  würde  der  Hinweis  darauf  genügen^  daß  gerade  in  de 
Gegend,  in  der  wir  uns  befinden,  die  derDankwartsdichtung  sugewiesene  Str.  16C3 
ihre  Parallele  in  der  Thidrekssaga  findet  (s.  o.).  Aber  es  muÜ  herworgekobci 
werden,  daß  auch  in  den  Prämissen  der  W.schen  Kritik  keinerlei  BereehtigHf 
liegt;  Thidrekssaga  und  Iringsdichtung  in  Zusammenhang  za  setsen.  Wo  W. 
bisher  die  Thidrekssaga  herbeigezogen  hat,  ist  es  theils  direct  nun  Beleg  4er 
alten  Rüdigersdichtung  geschehen ,  theils  um  eine  der  Dankwartsdichtmig  u 
Grund  liegende,  von  ihr  zerstörte  ältere  Sagengestalt  zu  erweisen^).  Nur  m- 
mal,  S.  59  Anm. ,  hat  er  zwischen  der  Abwesenheit  Etzels  während  Imgi 
Kampf  und  der  Stelle  der  Thidrekssaga  (Cap.  386)  eine  Parallele  gesopif 
welche  von  einem  Kampf  redet  ^  in  dem  BlSdel  und  Iring,  nieht  aber  Etal 
zugegen  gewesen  sei.  Diese  Parallele  wird  W.  selbst  für  zu  anbedeatend  «• 
klären  müssen,  um  eine  engere  Beziehung  zwischen  Thidreksssf^  nnd  Lmp' 
dichtung  auf  sie  zu  gründen.  In  der  Erzählung  1675 — 1687  allerdings  kt 
W.  Züge  aus  der  Thidrekssaga  wiedergefunden,  und  diese  Ersfthlnng  soll  de 
Iringsdichtung  angehören.  Daß  aber  diese  Zutheilung  ohne  jede  positive  Mb- 
tivieruug  geschehen  ist ,  haben  wir  gesehen ,  und  ich  füge  nur  bei,  daß,  wot 
Dietrichs  Grobheit  gegen  Kriemhild  (1686)  die  Autorschaft  des  Dietridit-  w^ 
Dankwartsdichters  ausschloß  (wovon  übrigens  schon  die  Rede  war),  wenn  Ditf- 
richs  Erwähnung  überhaupt  die  des  Rüdigersdichters  undenkbar  machte ,  disR 
beiden  Instanzen  (was  ich  objectiv  von  ihnen  halte,  brauche  ich  wobl  wiM 
mehr  zu  entwickeln)  nur  auf  den  Schluß  der  Scenc  Anwendung  finden  koantv; 
die  Strophen,  welche  Anklänge  an  die  Thidrekssaga  zeigen,  enthalten  in  ad 
nichts,  was  ihre  Zugehörigkeit  zur  Rüdigersdichtung  undenkbar  machte.  Aber 
wir  haben  vorhin  schon  gesehen,  der  Rüdigersdichter  ist  von  W.  Tergewei 
worden:  einen  Grund,  warum  er  ihn  ausgeschlossen  sehen  will,  hat  er  nirgesdi 
angegeben. 

Da  nun  1653  — 1655  aus  der  Iringsdichtung  stammen,  1656  aber  v- 
sprünglich  sich  unmittelbar  an  1650  angeschlossen  hat,  so  fallen  1651  f.  duck 
das  kritische  Sieb  und  werden  dem  Contaminator  zugewiesen.  Das  „Hereii> 
ziehen  eines  unbeteiligten  Publicum»*'  (1652)  „ist  ganz  nach  der  Art  der  jö- 
geren  Bearbeiter^.  Was  es  mit  diesen  jungem  Bearbeitern  auf  sich  hat,  habet 
wir  gesehen,  und  wir  wollen  doch  gewiß  dem  Dichter  die  unschaldi^  Freude 
gönnen,  die  ihm  die  kurze  Erwähnung  gemacht  haben  wird,  wie  der  Bote  dnck 
Österreich  reitet,  den  Neugierigen  überall  erwünscht  als  Bring^r  angendine 
Botschaft.  Steht  nicht  zu  der  harmlos  heitern  Str.  1652  Kriemhilds  grimmige 
Freude  1654  in  wirksamem  Contrast?  —  Die  oben  erwähnte  Differenz,  diS 
1652  nur  ein,  1653  mehrere  Boten  erwähnt  werden,  rechtfertigt,  wie  W. 
meint,  die  Ansicht  noch  nicht,  daß  1651  f.  aus  einem  andern  Liede  stammfli 
sollten  (wie  Lachmann  gemeint  hatte).  W.  ist  hier  laxer,  als  er  sonst  so  seil 
pflegte.  Wer  ganz  unbedeutende  Differenzen  so  sehr  urgiert,  wie  er  seboi 
öfters  gethan  hat,  durfte  diese  nicht  so  leichten  Kaufs  drein  geben.  Er  moste 
sich  fragen:   wie    kam    ein  Interpolator ,    dem   die  Erwähnung  mehrerer  Botm 


*)  Das  erstere  s.  Seite  44  f.,  zu  1746  ff.;  S.  49,  desgl.;  8.  68  f.,  n  dem  ab 
möglich  angenonunenen  ursprünglichen  Ende  des  Saalbrandes;  letzteres  8.  S7  f.,  si 
1849;  S.  38  Anm.,  zu  1799  f. 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN  343 

vorlag,  dazu,  nur  Ton  einem  zu  reden?  Denn  wer  zwischen  zwei  Strophen 
eine  oder  ein  paar  neue  einschieben  will,  sieht  sich  doch  wohl  nicht  bloß  die 
Strophe  an,  die  seinem  Machwerk  vorausgehen;  sondern  auch  die,  welche  ihm 
folgen  soll!  Ich  kann  mich  aber  der  sachlichen  Erörterung  dieser,  wie  W. 
richtig  sagt,  kleinen  Incongruenz  fQglich  entschlagen.  Ist  es  möglich,  daß  1652 
zu  der  früher  vorhandenen  1653  hinzugefügt  wurde,  so  muß  auch  möglich 
sein,  daß  beide  das  Werk  desselben  Dichters  sind.  —  Ein  Übermaß  von  Scharfsinn 
hat  aber  W.  wieder  einmal  aufgewandt,  wenn  er  in  der  angenommenen  Ver- 
bindung der  Dankwarts-  und  Iringsdichtung  auch  das  Motiv  zur  Interpolation 
von  1702  findet;  „deren  zweiter  Vers  [w<m  vnr  iuch  niultehe  haben  vr6  ge- 
sehen] eich  auf  Str.  1655;  1  zu  beziehen  scheint.  **  Konnten  denn  die  Hennen 
Kriemhild  niemals  ftroh  —  wenigstens  scheinbar  —  sehen,  als  in  dem  durch 
1653 — 1655  bezeichneten  Moment?  Und  wenn  sie  1655  ihre  Freude  bemerkt 
haben,  die  sich  in  der  deutlichsten  Weise  auf  die  Realisierbarkeit  ihrer  Rache- 
gedanken bezieht,  wie  kommen  sie  dann  dazu,  1702  so  zu  fragen,  wie  sie 
thun?  da  doch  die  Frage  1702  nichts  andei*s  bedeuten  kann  als:  „wir  meinten, 
du  habest  dein  altes  Leid  vergessen*'.  Ebenso  will  W.  für  das  oder  in  1700,  4 
die  Begründung  in  1655  finden;  als  ob  nicht  Kriemhilds  Herz  zwischen  Freude 
und  Betrübnis  wahrscheinlich  heftig  genug  hin  und  her  schwankte!  Diese 
Beziehung  kann  ich  mir  Qbrigens  gefallen  lassen ;  denn  ich  bin  ja  der  Ansicht, 
(aß  1655  und  1700  von  demselben  Dichter  stammen,  der  aber  wohl  nicht  an 
D  peinliche  Beziehungen  zwbchen  den  verschiedenen  Strophen  seiner  Dichtung 
gedacht  haben  wird. 

Mit  Hilfe  der  Thidrekssaga  hat  W.  versucht,  die  Lücke  zwischen  den 
b«den  Theilen  der  Iringsdichtung,  1653—1655  und  1675  ff.,  auszufüllen.  Es 
misse  in  dieser  Lücke  vor  der  Warnung,  deren  Rest  1667  f.  ist,  die  Begeg- 
nug  der  Burgunden  mit  Dietrich  gestanden  haben,  und  dieser  könnte  leicht, 
wii  in  der  Thidrekssaga  Cap.  371  erzählt  wird,  von  Etzel  aufgefordert  gewesen 
seit,  die  Burgunden  zu  empfangen.  Über  die  vage  Möglichkeit  kommt 
abe  W.  nicht  hinaus;  und  sie  zu  erörtern  wäre  nach  den  Ergebnissen  unserer 
Kritk  sehr  überflüssig. 

Sehr  nöthig  dagegen  war  es,  daß  W.  am  Schlüsse  dieses  Abschnitts  die 
Resu'iate  zusammengestellt  hat;  zu  denen  er  in  demselben  gelangt  ist.  Ich  thue 
desglichen.  Dem  Iringsdichter  gehören  nach  W.  an:  1653 — 1655.  1667  f. 
1675-1687  (nach  Ausscheidung  der  interpolierten  Strophen);  dem  Dankwarts- 
diclit€:  1656—1660.  1670—1674.  1688.  1696  ff:  —  Erquicklich  ist  die 
Betradtung  dieses  Resultats  in  keiner  Weise,  ebensowenig  als  die  des  Wegs, 
auf  dei  CS  gewonnen  worden  ist.  Die  Kritik  hat  hier  gegen  das  Ende  hin 
nicht  E^hr  den  grossen  Zuschnitt,  den  sie  früher  hatte.  Es  wird  nur  noch  in 
kleinen  Portionen  jede  Partikel  in  die  schon  vorher  bereiten  Fächer  geschoben. 
Wie  erjirungen  die  Vertheilung  zwischen  Irings-  und  Dankwartsdichtung  ist, 
haben  t^>  gesehen;  Henning  hat  in  seiner  Recension  S.  68  ganz  richtig  be- 
merkt, dß  alles  übrige  ausser  Irings  Aristie  „nur  faute  de  mieux"  zur  Irings- 
dichtung geschlagen  sei,  und  von  den  Stücken  der  Dankwartsdichtung^  die  W. 
hier  find^  will,  gilt  dasselbe.  Ich  muß  die  Frage  wiederholen,  warum  der 
Rüdigersdhter  auf  einmal  verschwunden  ist.  Daß  ihm  die  Str.  1653—1655 
und  1675-1684  etwa  zagewiesen  werden  konnten,  haben  wir  schon  gesehen; 
bei  andemStellen  wäre  es  gleicbfaUs  nicht   anmöglich.     Aach  dem  Dietrichs- 


344  LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

dichter  hätte  gewiß  einiges  zugeschanzt  werden  können ;  warum  z.  B.  nicht  die 
Abschnitte  1656«  1669  (d.  h.  nach  W.s  Verfahren  irgend  welche  Theile  di- 
von).  1688  ff.?  Wo  die  Bestandtheile  zweier  Dichtungen  so  ineinander  verfifal 
sindy  wie  die  der  Dankwarts-  und  Iringsdichtnng  nach  W.  in  diesem  Abtduitt 
sein  sollen,  daß  immer  nur  Fetzen  von  1,  2,  3,  5,  höchstens  9  Strophen  bd 
einander  geblieben  sind :  da  können  gerade  so  gut  ebenso  grosse  Parük^  tob 
andern  Dichtungen  stecken.  Denn  daß  etwa  die  Motive  des  ganxen  Absdmitti 
von  1651 — 1695  weder  zu  der  Rüdigers-  noch  zu  der  Dietrichsdichtong  pastss 
würden,  davon  hnt  W.  kein  Wort  gesagt;  es  würde  ihm  wohl  aaeh  s^wer  ge- 
fallen sein,   etwas  derartiges  zu  erweisen. 

Mit  der  Betrachtung  des  letzten  Abschnitts  will  W.  „alle  wichtigeren  Ab- 
schnitte*' des  N.  L.  von  1606  an  untersucht  haben.   ,, Übergangen  sind  mehren 
Stucke,  welche  zur  Verbindung  der  ursprünglich  nicht  zusammengeh5rigen  Ab- 
schnitte  dienten:  Str.   1946—1964.    2016—2022.    2162—2171.      Die  Kritik 
dieser    Abschnitte,    die    mehrfach    auch    Bestandteile    verschiedenen  Ursprangi 
erkennen  lassen,  würde  zugleich  die  kleineren,  den  Hauptabschnitten  eingeigtes 
Interpolationen   in  ihr  Bereich  ziehen  und,  so  viel  als  möglich,  nach  ihren  ver 
schiedencn  Verfassern  sondern  müssen.  Aber  ich  will  auf  diese  schwierige  lad 
in  vielen  Punkten  sehr  unsichere  Untersuchung  hier  nicht  eingehen,  da  sie  fib 
die  Beurteilung    der  Hauptresultate    dieser  Abhandlung  kaum  von   Belang 
dürfte.^     Ich    habe    mich    schon    früher    gegen  diese  Vernachlässigung 
Partien  ausgesprochen;  wer  so  ins  Kleinste  eingeht  wie  W.,  dem  sollte  in  allei 
Fällen  auch  das  Kleinste  groß  genug  sein,  um  es  zu  berücksichtigen;  abgesehe 
davon,  daß  gerade  an  solchen  verbindenden  Stücken,  wie  die  drei    nicht-onte- 
suchten  sind,  im  Fall  einer  Zusammensetzung  aus  Bestandtheilen   verschieden' 
Ursprungs  die  Näthc  besonders  deutlich  sichtbar  sein  müsten. 


Nur  die  Str.  1626—1650,  welche  den  Abschied  der  Burgunden  vi 

Bechlaren  schildern,  hat  W.  noch  zum  Schluß  untersucht. 

Str.  1630  soll  sich  an  1629  mangelhaft  anschliessen,  da  1630,  1  scoa 
nach  dem  ersten  Satz  von  1629  stehen  sollte.  Ich  werde  nachher  davon  roen, 
daß  man  gerade  das  Untereinander  der  beiden  Motive ,  der  Abreise  und  der 
Beschenkung,  wenn  man  will,  charakteristisch  und  wohlberechnet  finden  luin. 
Aber  es  wird  kaum  nöthig  sein^  dazu  die  Zuflucht  zu  nehmen  ^  da  doc)  von 
einer  störenden  Verwirrung  in  der  Erzählung  nicht  die  Rede  sein  kann,  iben- 
falls  für  hinfällig  muß  ich  W.s  andern  Grund  für  die  Trennung  von  169  und 
1630  erklären.  „Während  nämlich  —  wie  es  am  natürlichsten  ist  —  in  Stri632. 
1633  und  auch  wohl  in  Str.  1629  der  Wirt  als  der  freiwillig  Bietenc»  die 
G^te  als  die  gern  Empfangenden  erscheinen,  werden  in  Str.  1630  di«6ftste 
als  die  Begehrenden,  der  Wirt  als  der  gern  Gewährende  dargestellt.^  Einen 
Widerspruch  kann  ich  aber  darin  nicht  finden;  sollte  nicht  der  Scknkende 
auch  manchmal  gefragt  haben,  was  sich  Jemand  wünschte?  Ziemlich  1er  Str. 
1630  entsprechend  geht  es  bei  Hagen,  1635  ff.;  wir  werden  freilich  scen,  daß 
W.  diese  Strophen  gleichfalls  verdächtig  findet.  Wem  meine  Erklärtg  nicht 
behagen  sollte,  dem  wird  schwerlich  etwas  im  Wege  stehen  können,  >es  iemen 
gerfe  nemtn  nicht  von  laut  ausgesprochenem  Verlangen ,  sondern  m  inner- 
lichem Wunsche  zu  verstehen;  cfaz  veradter  niemen  setzt  (als  negjver  Satz) 
ebenfalls    nicht    nothwendig    eine  ausdrückliche  Bitte  voraus;    obwo7  die  eiste 


UTTERATUK:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  345 

Erklärung  sicher  vorzuziehen  iat.  —  Zwischen  1629  (1630),  wo  die  Geschenke 
im  Allgemeinen  erwähnt,  und  1632 — 1645,  wo  sie  einzeln  aufgeführt  werden, 
drängt  sich  1631  ,,mit  ungehörigem  Inhalt''  ein.  Die  Erzählung  ist  aber  doch 
sehr  durchsichtig  und  anschaulich.  Die  lebhafte  Bewegung,  das  Durcheinander, 
man  möchte  sagen  das  Reisefieber  des  Aufbruchs  ist  vortrefflich  dadurch  ge* 
schildert,  daß  zwischen  die  Erzählung  von  den  Geschenken  hinein  die  auf  dem 
Hofe  vor  sich  gehende  Rüstung  zur  Reise  geschildert  ist.  —  W.  hat  aber  noch 
ein  anderes  Bedenken  gegen  den  Zusammenhang.  Da  ir  edel  ingeainde  1631,  1 
nur  die  Knechte  der  Bnrgunden  sein  können ,  so  müsse ,  meint  er ,  mit  tnl 
vremder  recken  (Z.  3)  das  Gefolge  Rüdigers  gemeint  sein.  „Aber  die  Einfuh- 
rung desselben  ist  überraschend  und  undeutlich,  da  Rüdigers  Absicht,  die  Bur- 
gunden  zu  begleiten  noch  gar  nicht  angedeutet  ist.  Erst  in  Str.  1646  erhält 
diese  Strophe  ihre  natürliche  Fortsetzung.''  —  Schadet  es  etwas,  wenn  schon 
hier  vorübergehend  davon  die  Rede  ist,  daß  Rüdigers  Mannen  mitgehen  wollten  ? 
Wenn  das  aber  den  Kritiker  geniert,  so  kann  er  auch,  wenn  er  will,  unter 
den  vremden  recken  die  burgundischen  Ritter  verstehen;  denn  1630.  1681. 
1632  sind  gleichzeitig  gedacht,  und  wir  können  uns  leicht  die,  welche  schon 
beschenkt  sind ,  abziehend  denken ;  das  Gefolge  wird  doch  ohnehin  das  Haus 
vor  den  Königen  verlassen.  Jedenfalls  sind  die  Anstösse  in  der  Erzählung  hier 
so  versteckt,  daß  man  sie  recht  mit  der  Laterne  suchen  muß.  —  Auch  daran, 
daß  Giselher  allein  leer  ausgeht,  nimmt  W.  Anstoß;  1632  weise  darauf  hin, 
daß  er  durch  Rüdigers  Tochter  abgefunden  sei;  „seltsam  genug**.  Es  ist  nun 
zwar  gar  nicht  noth wendig  anzunehmen,  daß  1632,  4  diesen  Zweck  hat;  diese 
Zeile  kann  ebenso  gut  die  dritte  Zeile  derselben  Strophe  erklären  sollen :  wer 
Giselhers  Schwäher  sein  will,  muß  schon  ein  reicher  Mann  sein.  Aber  ich  habe 
Grund,  W.s  Auslegung  beizustimmen,  einen  solchen  freilich,  der  gegen  W.s 
kritische  Schlüsse  spricht.  Der  Kritiker  hätte  sich  hier  ebenso  wohl  wie  ander- 
wärts an  seine  Thidrekssaga  erinnern  können ,  welche  in  Cap.  369  und  370 
neben  den  Geschenken ,  welche  die  andern  Burgunden  erhalten ,  ausdrücklich 
die  Jungfrau  als  die  Giselheren  zugedachte  Gabe  aufzählt*).  Somit  wird 
der  Gedanke  der  Zeile  1632,  4,  falls  er  je  als  ^seltsam '^  erscheinen  sollte, 
jedenfalls  als  echt  und  alt  anzusehen  sein;  die  etwas  fragmentarische  Form 
über,  in  welcher  dieser  Gedanke  im  N.  L.  ausgedrückt  ist,  erklärt  sich  sehr 
einfach.  In  der  Thidrekssaga  wird  Giselheren  seine  Braut  angeboten  zwischen 
den  Geschenken,  welche  die  andern  erhalten;  hier  erscheint  also  der  Gedanke 
auch  in  der  natürlichsten  Form  seiner  praktischen  Ausführung.  Im  N.  L.  da- 
gegen ist  die  Verlobung  —  und  zwar  nicht  in  Form  eines  Geschenkes 
Rüdigers**),  sondern,  s.  Str.  1619  ff. ,  in  Form  eines  beiderseitigen  Ver- 
trags —  schon  vor  etlichen  Tagen  vor  sich  gegangen;  das  Motiv  kann  also 
hier  nicht  mehr,  ohne  plump  zu  sein,  des  Breiteren  ausgeführt  werden.  Eb  ist 
somit  ein  altes  Motiv  durch  seine  Beibehaltung  in  einem  veränderten  Zusammen > 


'*')  Die  ganze  Frage  wird  dadurch  nicht  alteriert,  daß  Giselher  in  der  Thidreks- 
saga ausserdem  das  Schwert  Gram  erhält,  mit  welchem  er  später  seinen  Schwäher 
erschlägt.  Ich  habe  nichts  dagegen,  das  mit  Muth  (s.  o.)  als  die  echtere  Sagengestalt 
anzusehen;  aber  an  dem,  was  ich  hier  anführe,  ändert  es  nichts. 

**)  Eher  erscheint  K.  als  der  Begnadete,  Str.  1614,  6;   jedenfalls   geht  ja  hier 
der  Antrag  nicht  von  ihm,  sondern  von-  den  Burgunden  ans. 


346  LITTEBATÜR :  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

hang  yerkümmert,  wie   so   oft.     Die  „Seltsamkeit^  Ton  1632,  4  miiß  kb  «Im 
für  diese  Strophe  geltend  machen. 

Auch  an  der  Verbindung  von  1635  und  1686  hat  W.,  wie 
Anstoß  genommen.  Lachmanns  Grund  war  aber  ein  viel  besserer  als  der 
Nachfolgers*).  Jener  hatte  1634  wegen  des  Binnenreims  athetiert,  gegen  163S 
aber  gesagt:  „die  echte  Lesart  [d.  h.  die  von  AB  gegenüber  der  siditfith 
aus  pedantischer  Ängstlichkeit  entstandenen  von  C]  ^er  weigerte  neh  das  Ge- 
schenk anzunehmen  ist  spitzfindig  aus  dem  folgenden  mire  nikt  in  Hngene  Bede 
heraus  gedreht,  die  keiner  Einleitung  bedarf^.  Die  Beobachtung  Laehmanns  iit 
insofern  ganz  richtig,  als  die  Worte  mSre  mht  mit  der  Torhergehenden  Stiephs 
in  causalem  Zusammenhang  stehen.  Aber  das  Gkuiae  ist  ebouto  leidift  m  er- 
klären, wenn  man  1635  und  1636  demselben  Verfasser  lutfaeilt;  die  Spüi- 
findigkeit  ist  nicht  weit  her,  und  eine  Einleitung  zu  1636  zu  geben,  kann  dod 
dem  Dichter  nicht  verwehrt  werden.  Dagegen  behauptet  Wilmanns,  daA  HagM 
hier  „ganz  zusammenhangslos  als  ein  Heischender  eingeführt  werde^.  Man  wiid 
sich  über  diese  Behauptung  wundem,  da  Lachmann  gerade  die  gesnehte  Ver- 
bindung mit  dem  Vorhergehenden  gegen  1635  angeführt  hat.  W.  meint  es 
aber  so.  Die  Stelle  wäre ,  denkt  er  sich ,  in  Ordnung ,  wenn  der  TfirWndoniii 
Gedanke  ausgesprochen  wäre:  „jedoch,  sagte  Hagen  endlich,  wenn  da  mir  ek 
Andenken  geben  willst,  so  möchte  ich  nichts  anderes^  u.  s.  w.  Ich  begreife 
nicht,  wie  man  aus  dem  Fehlen  dieser  Wendung  dem  Dichter  einen  Vorwarf 
machen  kann.  1636  enthält  doch  unter  keinen  Umständen  Hagens  ganae  Bede; 
der  Dichter  hat  nur  ihre  Schlußworte  gegeben;  die  Ablehnung  des  AnerlneC^ 
ist  schon  in  1635,  4  ausgedrückt;  und  wäre  es  denn  unmüglich  an 
^nein,  ich  danke  für  deine  Gaben;  von  allem,  was  ich  je  gesehen  habe,  wäre 
mir  jener  Schild  am  liebsten?*^  —  W.  zieht  also  aus  der  schlechten  VerliiB- 
dung  von  1635  und  1636  den  Schluß:  1636  stand  ursprünglich  in  anderen 
Zusammenhang,  und  1635  (über  1634  werden  wir  unten  das  Nähere  hSrca) 
ist  gedichtet,  um  1636  in  den  jetzigen  Znsammenhang  zu  bringen.  Mit  der 
Athetierung  von  1634  f.  glaubt  aber  W.  nicht  auszukommen;  vielmehr  ist  iha 
1636 — 1645  von  einem  ganz  andern  Verfasser  als  das  Vorhergehende.  Sebea 
wir,  auf  welchem  Weg  er  dazu  gdangt.  Hagen  wird  von  Gotelind  beschenkt, 
1636—1639;  ebenso  Volker,  1643—1645.  Die  dazwischen  liegenden  Strophen 
sind  nicht  ursprünglich.  Über  1640,  die  Beschreibung  des  Schildes,  weiß  W. 
nichts  zu  sagen ,  als  daß  er  ^nicht  glaube'',  daß  sie  von  dem  Verfasser  von 
1636 — 1639  sei;  er  erinnert  an  1722,  zu  deren  Athetierung  er  aber  ebenfalls 
gar  keinen  Grund  beigebracht  hat.  —  Scheinbarer  ist  die  Athetese  von  1641. 
Die  Erwähnung  Dank  warte  findet  W.  unpassend  zwischen  die  zusammenge- 
hörenden Hagen  und  Volker  eingeschoben,  welche  auch  beide  von  Gotelbid 
beschenkt  werden.  Noch  deutlicher  werde  die  Unechtheit  der  Erwähnung  Dank- 
warts  dadurch  y  daß  er  2130 — 2144,  wo  Hagen  und  Volker  mit  Rüdiger  ver- 
abreden, nicht  gegen  ihn  zu  kämpfen,  keine  Erwähnung  gefunden  hat.  —  Zu- 
nächst sieht  das  ganz  wahrscheinlich  oder  wenigstens  sehr  möglich  aus,  ist  ab« 
bei  näherer  Betrachtung  sehr  unwahrscheinlich,  und,  wenn  ich  für  einen  Augenblick 
vorausgreifen  darf,  mit  W.s  Resultaten  wenig  in  Übereinstimmung.    Der  Inter- 


*)  Sehr  unrecht  hat  Heinrich  Fischer^  wenn   er  S.  134  behauptet,   daß   Lack- 
mann  gar  keinen  Qmnd  beigebraoht  habe. 


LTTTERATÜR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  347 

polator,  welcher  1641  Dankwart  angebracht  hat,  wird  doch  derselbe  sein,  der 

—  nicht  in  der  Episode  2130  ff.,  aber  —  öfters  in  den  letzten  ATentiuren 
eine  Erwäbnang  Dankwarts  eingeschoben  haben  soll;  denn  W.  hat  nirgends 
einen  Gmnd  beigebracht,  weshalb  wir  mehrere  solche  Interpolatoren  annehmen 
sollten.  Warum  hat  derselbe  alsdann  vergessen,  seinen  Helden  2180  ff.  anzu- 
bringen ?  Das  möchte  noch  sein ;  aber  die  Resultate  W.s  stimmen^  wie  erwähnt, 
zum  Obigen  nicht.  Es  wird  doch  ganz  natürlich  sein^  anzunehmen,  daß  die 
parallelen  Scenen  1686  ff.  und  2180  ff.  yon  demselben  Verfasser  seien  ^  wie 
man  auch,  W.s  bisherige  Ausführungen  zugegeben,  nothwendig  annehmen  wird, 
daß  die  beiden  Abschnitte,  in  welche  diese  Scenen  eingeschoben  sind,  von  dem- 
selben Dichter  herstammen.  Wir  werden  aber  finden,  daß  der  Abschnitt ,  in 
dem  wir  uns  befinden  (1626  ff.),  nicht  von  dem  Rüdigersdichter  sein  soll,  dem 
der  Bericht  vom  Kampfe  Rüdigers  angehört;  ebenso  werden  wir  finden ,  daß 
1636  ff.  der  Iringsdichtung  angehören  soll,  ohne  daß  W. ;  was  doch  zu  er- 
warten wäre,  hier  nachgetragen  hätte,  daß  demgemäß  auch  2180  ff.  ein  Stück 
der  Iringsdichtung  sei.  Die  Athetierung  von  1641  fußt  aber  ganz  wesentlich 
auf  der  Parallelisierung  von  1686  ff.  und  2180  ff.;  fällt  letztere  weg,  so  bleibt 
für  jene  kein  Grund  mehr  übrig;  denn  daß  ^Hagen  und  Volker  zusammenge- 
hören". Dankwart  aber  „nichts  zu  thun  habe^,  ist  an  sich  kein  Grund,  da  diese 
Zusammengehörigkeit  nach  W.  nicht  bei  allen  Dichtern,  die  am  N.  L.  bethei- 
ligt sind,  erscheint*).  Es  hat  aber,  wie  gesagt,  jene  Parallele  nur  einen  Sinn, 
wenn  1636  ff.  und  2130  ff.  von  einem  Verfasser  sind;  da  das  W.  nirgends 
ausgesprochen  hat  (ausser  am  Schluß  des  zweiten  Abschnitts,  S.  16,  ganz  an- 
deutungsweise), so  fällt  jeder  Grund  für  die  Athetese  von  1641  weg.  —  Ebenso 
natürlich  auch  für  die  Unechtheit  der  ,,reflectirenden  ganz  überflüssigen** 
Str.  1642,  welche  ohne  die  Athetese  von  1640  und  1641**)  wohl  unangetastet 
geblieben  wäre.  Ein  weiterer  Grund  gegen  1642,  sowie  gegen  die  schon  be- 
handelten 1634  und  1635,  welcher  zugleich  für  alle  denselben  VerfSasser  be- 
weisen soll,  ist  der:  „alle  drei  Strophen  sprechen  die  Verwunderung  aus,  daß 
so  hohe  Herren  sich  beschenken  lassen".  Ich  muß  zunächst  die  alte  Bemerkung 
wiederholen  :  es  ist  um  kein  Haar  wahrscheinlicher,  vielmehr  weit  unwahrschein- 
licher, daß  ein  Interpolator  —  was  nur  mit  bewuster  Absicht  geschehen  könnte 

—  so  kurz  hinter  einander  denselben  auflfallenden  Zug  dreimal  anbringe***), 
als  daß  der  Dichter  selbst  ohne  besondere  Absicht  ihn  etliche  Male  wiederhole. 
Weiterhin  aber  ist  zu  sagen,  daß  dieser  Zug  gar  nichts  Auffallendes  enthält. 
Er  wäre  nur  dann  auffallend,  wenn  man  darin  die  moderne  Anschauung  finden 
wollte,  daß  ein  nobler  Herr  sich  nichts  schenken  lassen  dürfe.  Das  wäre 
allerdings  gegen  den  Sinn  unseres  Epos.  Aber  so  ist  es  auch  nicht  gemeint. 
Vielmehr  soll  Rüdigers  Reichthum  dadurch^  wie  öfters,  hervorgehoben  werden: 
Günther  hat  noch  selten  eine  Gabe  empfangen  (1634,  3),  weil  er  ein  gar 
mächtiger  König  ist,  der  viel  häufiger  in  die  Lage  gekommen  ist,  selbst  zu 
schenken;    also  wird  er  vollends  von  einem  eilenden ^  wie  Rüdiger,    nur    dann 


'^)  Gerade  bei  dem  Iringsdichter,  dem  1686  ff.  angehören  sollen,  ist  ne  bisher 
nicht  erschienen. 

**)  W.  weist  alle  drei  Strophen,  1640—1642,  demselben  Interpolator  tu. 
***)  Übrigens   bezieht   sich  1636,  2  t^  si  der   künii  nam  so  deutlich  und  un- 
mittelbar auf  16S4,  daß  man  nur  von  zwei  Stellen,  1684  t  und  1642,  reden  kanu. 


348  LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN. 

etwas  aDnehmen,  wenn  dieser  anbedingt  im  Stand  ist  reichlich  xn  achenkeo.  Dio* 
selbe  Tendenz^  Rüdigers  Reichthum  in  helles  Licht  zu  rücken  —  was  ja  anck 
dem  etiketteknndigen  Hörer  und  Leser  gegenüber  nothwendig  war,  iub  GKsd- 
hers  Verlobung  nicht  als  Mesalliance  erscheinen  zu  lassen  —  yerfolgen  noch 
andere  Stellen,  wie  1620.  1628;  es  kann  also  nicht  verwundem,  dasselbe  avch 
ein  paar  mal  mit  anderem  Augenpunkt  ausgeführt  zu  sehen. 

In  einen  höchst  wunderlichen  Widerspruch  hat  sich  W.,  hier  mehr  db 
sonst  y  durch  die  Herbeiziehung  der  Thidrekssaga  verwickelt.  Er  will  asi 
Cap.  370  derselben  erschliessen,  „in  welchem  Zusammenhang  Str.  1636  ir> 
sprunglich  gedacht  war**;  obwohl  er  sagt,  daß  «an  eine  unmittelbare  Benetsoig 
des  einen  durch  das  andere  gar  nicht  zu  denken**  sei.  —  Hat  W.  oben  die 
Zusammenstellung  Hagens  und  Volkers,  sowie  ihrer  beider  Beaehenkiuig  dmtli 
Gotelind  als  charakteristisch  hervorgehoben ,  so  fehlt  Volker  in  der  Scene  der 
Thidrekssaga  gänzlich ,  und  Hagen  wird  von  Rüdiger  gefragt ,  was  er  ai^ 
wünsche,  also  wohl  eher  von  diesem^  als  von  Gotelind,  beschenkt.  Sieht  am 
aber  das  ganze  Capitel  der  Thidrekssaga  an,  so  findet  man^  daß  die  Ersfthlmig 
nicht  mit  der  Scene  1636  ff.,  sondern  mit  dem  ganzen  Abschnitt  voa 
1626  oder  1632  an  parallel  läuft;  mit  denjenigen  Verschiedenheiten ,  weMe 
beide  Gedichte  auch  sonst  zeigen.  Anstatt  also  die  Thidrekssaga  herbeiznaiehea, 
um  den  Abschnitt  1636  ff.,  der  in  Wesentlichem  von  ihr  differiert,  za  erkIi^a^ 
hätte  W.  dieselbe  vielmehr  benutzen  können  und  sollen ,  um  die  Darat^iug 
des  gesammten  Abschnitts  als  ursprünglich  zu  erweisen. 

W.  schließt  weiter:  ,,Wenn  nun  Str.  1636  ff.  in  unserer  Dichtung  der 
natürlichen  Voraussetzung  entbehren,  so  wird  man  wieder  zu  der  Annahme 
geführt ,  daß  sie  aus  einer  andern  Bearbeitung  als  die  vorher  benutste  an^- 
nommen  sind;  und  wenn  ferner  der  Contaminator  unseres  Nibelungenliedes  sieh 
veranlaßt  sah,  die  Beschenkung  Hagens  und  Volkers  aus  einer  andern  Beai^ 
beitung  aufzunehmen,  wenn  er  selbst  erst  die  Beschenkung  Dancwarts  aml 
Günthers  hinzufügte,  so  muß  man  daraus  schliessen,  daß  die  Bearbeitung ,  der 
er  vorher  folgte^  von  der  Beschenkung  der  einzelnen  Helden  nichts  erzählte.*' 
Auch  von  anderer  Seite  her  findet  W.  dies  wahrscheinlich.  yyDie  einaige  Gabe 
auf  die  es  ankommt  ist  das  Schwert,  das  Gernot  bekommt' ;  wie  W.  dasselbe 
auch  in  der  Erzählung  von  Rüdigers  Kampf  ausgeführt  hatte.  Weiter  sehlieftt 
er:  ,,Gab  es  aber  überhaupt  eine  Bearbeitung,  die  sich  auf  das  Notwendige 
beschränkte,  so  kann  die  Rüdigersdichtung,  die  unserem  Nibelungenliede  za 
Grunde  liegt ^  nicht  mehr  enthalten  haben. ^  Wir  werden  nachher  finden«  daft 
auch  wirklich  nach  W.s  Ansicht  der  Erzählung  1 626  ff.  der  Bericht  der  Rndi- 
gersdichtung  zu  Grund  liegen  soll,  und  das  Resultat  der  Untersuchung  wäxe  so 
ein  ganz  befriedigendes:  hier  und  in  der  Schilderung  von  Rüdigers  Kampf 
würde  die  Rüdigersdichtung  nur  Geniots  Schwert  erwähnt,  ein  Interpolator  aber 
Hagen  und  Volker  episodisch  eingeschoben  haben.  Wir  haben  vorhin  gesehen, 
daß  letztere  These  von  W.  gikr  nicht  einmal  völlig  ausgeführt  worden  ist,  und 
ich  kann  mich  zur  Zurückweisung  des  ersten  Theils  des  letzten  Satzes  aaf  die 
bisherigen  Resultate  meiner  Kritik  berufen,  nach  welchen  sowohl  die  hierher 
gehörigen  Ausscheidungen  aus  der  Erzählung  von  Rüdigers  Kampf  als  auch  die 
Athetese  von  1634  (von  1636  ff.  und  2130  ff.  noch  ganz  abgesehen)  ganz 
unbegründet  sind.  —  Aber  auch  der  letzte  Schluß  W.s  ist  in  sich  nicht  ohne 
Fehler.  Vor  allem  ist  zu  bezweifeln,  daß  es  „überhaupt  eine  Bearbeitung  gabt 


LITTERATÜR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  349 

die  sich  auf  das  Nothwendige  beschränkte.^  £b  wäre  an  und  für  sich  nicht 
gerade  in  der  Art  des  Dichters,  bloß  das  eine  an  Geraot  gegebene  Geschenk 
ausdrücklich  zu  erwähnen.  Ich  will  aber  zugeben,  daß  die  verhängnisvolle 
Bedeutung  des  Schwertes  seine  alleinige  Nennung  begründen  kann:  so  bleibt 
die  Unwahrscheiulichkeit  vun  einer  andern  Seite  her,  da  doch  die  Thidrekssaga 
die  einzelneu  Helden  alle  aufführt;  denn  wenn^  wie  dies  nach  W.s  Ansicht 
über  Thidrekssaga  und  N.  L.  anzunehmen  ist,  eine  ältere  Fassung  der  Sage 
existierte,  welche  die  Beschenkung  Aller  einzeln  aufführte,  so  ist  es  ganz  un- 
vereinbar mit  der  Art ,  wie  unsere  mittelalterlichen  Epiker  verfahren ,  anzu- 
nehmen, daß  aus  einer  solchen  breitem  Erzählung  der  Rüdigersdichter  mit  künst- 
lerischem Gefühl  des  für  die  Ökonomie  des  Ganzen  Wesentlichen  den  Bericht 
zurecht  gemacht  hätte,  den  ihm  W.  vindicieren  will.  Das  wäre  moderne  Art, 
von  der  bei  einem  mittelalterlichen  Dichter  das  genaue  Gegentheil  zu  erwarten 
sein  würde.  —  Eine  petitio  principii  ist  die  Behauptung,  daß  keine  andere 
als  gerade  die  Rüdigersdichtung  den  von  W.  herausgeschälten  kürzesten  Bericht 
habe  enthalten  können.  Wenn  ich  es  auch  nach  dem  soeben  Gresagten  für 
ganz  unwahrscheinlich  halten  muß,  daß  etwa  die  Rüdigersdichtung  einen  aus- 
führlicheren Bericht  enthalten,  ein  Bearbeiter  denselben  gekürzt  hätte:  so  kann 
doch  W.  die  Möglichkeit  nicht  ausschliessen ,  daß  ein  eben  so  kurzer  Bericht 
der  Rüdigersdichtung  von  einem  Bearbeiter  durch  den  ersetzt  worden  sei,  den 
er  hier  kritisch  herausgeschält  haben  will*).  Nur  die  Übereinstimmung  zwi- 
schen 1626  ff.  und  2106  ff.  konnte  —  alle  Prämissen  W.s  zugegeben  —  die 
Autorschaft  des  Rüdigersdichter  für  1626  ff.,  bzw.  die  in  diesen  Strophen  ver- 
arbeitete ältere  Erzählung,  beweisen.  —  Um  diese  Autorschaft  steht  es  aber 
von  anderer  Seite  her  mißlich  genug,  wenn  die  Thidrekssaga,  deren  nahe  in- 
haltliche Verwandtschaft  mit  der  Rüdigersdichtung  mehr  als  einmal  betont  wurde, 
hier  auf  einmal  einen  von  dem  der  Rüdigersdichtung  supponierten  sehr  ver- 
schiedenen Bericht  enthält. 

W.  findet  also,  wie  er  zusammenfassend  hinzufügt,  die  Theile  der  Bear- 
beitung, in  welche  1686  ff.  eingeschoben  worden  sind,  in  den  Str.  1626 — 1633. 
1646  — 1650^  nach  Ausscheidung  von  1630  und  1632.  Von  diesen  beiden  Strophen 
ist  schon  die  Rede  gewesen;  gegen  1680  bringt  W.  hier  noch  vor,  daß  das 
Verhältnis  zwischen  Geber  und  Empfängern  in  dieser  Strophe  dasselbe  sei  wie 
1636;  nachdem  wir  die  Ausscheidung  von  1636  ff.  als  unbegründet  erkannt 
haben,  muß  auch  1630  stehen  bleiben.  Str.  1632  wird  nun  noch  deswegen 
verdammt,  weil  die  Zeile  4,  die  Erwähnung  des  Giselheren  gewordenen  Ge- 
schenkes, nur  denkbar  sei,  wenn  auch  die  Geschenke  der  Andern  erwähnt 
würden;  ist  aber  gegen  1634  ff.  nichts  zu  erweisen,  so  ist  auch  das  Motiv 
1632,  4  ganz  richtig.  —  Die  Strophe  wird  aber  noch  weiter  verdächtigt.  Nach 
W.s  Ansicht,  von  der  schon  oben  die  Rede  war,  enthält  1631  ihre  natürliche 
Fortsetzung  in  1646;  und  da  er  die  Erzählung  von  der  Beschenkung  und  die 
von  den  Rüstungen  zur  Abreise  und  der  Abreise  selbst  getrennt  haben  will, 
bo  muß    er  weiter    schliessen,    daß    die  Beschenkung  vor  1631.   1646  erzählt 


*)  Was  ich  da  sage,  ist  eine  ganz  vage,  grundlose  Möglichkeit,  die  aber  an- 
gedeutet werden  muste,  einmal  weil  W.s  Schluß  ebenso  grun^os  ist,  und  dann  vor 
allem,  weil  wir  (s.  u.)  nach  seiner  Meinung  in  1626  ff.  wirklich  nicht  die  reine  Rüdi- 
gersdiclitung,  sondern  eine  Bearbeitung  vor  uns  haben  sollen. 


350  LTTTERATUR:  ZUR  KBITIK  DER  NIBELUNGEN. 

worden  sei;  d.  b.  er  stellt  die  Str.  1631  und  1633  um  und  erh&lt  dadui^: 
1626—1629.  1633  für  das,  „was  im  Hause  vor  sich  geht",  1631.  1646— 
1650  für  Aufbruch  und  Abreise.  Da  aber  1632  in  Z.  2  auf  den  Aafbm^ 
Bezug  nimmt,  so  folgt  für  W.  aueb  daraus  ihre  Unechtbeit.  —  Ich  werde 
nach  dem;  was  ich  oben  auseinandergesetzt  habe,  daß  die  Einatrcauiig  rm 
1631  zwischen  die  übrige  Erzählung  mir  gerade  recht  passend  and 
erscheine,  über  die  eben  erwähnten  Folgerungen  W.s  nichts  mehr  so 
brauchen. 

Die  Frage^  weshalb  denn  aber   1631   aus  ihrem  ursprünglichen  Zi 
menhang  genommen  und  umgestellt  worden  sei,  beantwortet  W.  höchst  nngenfigcnd. 

Wir  haben  gesehen,  daß  nach  W.  die  Erzählung  1636  ff.  Beziefanngca 
zur  Thidrekssaga  zeigen  soll.  In  dieser  aber  (Cap.  370  in.)  apricht  Bfidigv 
schon  vor  der  Auatheilung  der  Geschenke  von  seiner  Absicht,  mitzureiten.  la 
derselben  Weise,  meint  nun  W. ,  könnte  die  Erzählung  geordnet  gewesen  sda 
in  der  Bearbeitung,  der  1636  ff.  angehören,  und  daraus  würde  sich«  ericÜKB, 
daß  die  Strophen  in  der  Weise  untereinander  geworfen  sind,  wie  sie  sich  jettf 
zeigen.  —  Wir  haben  gesehen,  daß  die  Ähnlichkeiten  zwischen  1686  ff.  md 
der  Thidrekssaga  nicht  sehr  weit  her  sind;  aber  auch  abgesehen  dmvoa  Ht 
doch  die  blosse  Verschiedenheit  der  Anordnung  in  zwei  Erzäblnngen,  die,  wie 
Cap.  370  der  Thidrekssaga  und  der  Abschnitt  1626—1650  im  Ganzen,  ii 
allen  wesentlichen  Einzelheiten  des  Inhalts  übereinstimmen,  von  viel  an  wea% 
Belang.  Ich  nehme  hier  nochmals  diese  wesentliche  Übereinstimmnng  ßkr  dis 
ursprüngliche  Einheit  des  ganzen  Abschnitts  1626 — 1650  in  Anspruch. 

Ohne  die  Andentungen,  die  ich  ein  paar  mal  im  voraus  geben  mute^ 
würde  gewiß  jeder  der  Meinung  sein,  daß  W.  nun  die  Str.  1626—1629.  1633. 
1631.  1646 — 1650  als  Eigenthum  des  Rüdigersdichters  ansehen  werde.  Des 
ist  aber^  wie  gesagt,  nicht  ganz  so.  —  W.  geht  von  1636 — 1645  ans.  Kesi 
können  nach  allem  schon  Gesagten  nicht  der  Rüdigersdichtong  angehören.  Ebei- 
sowenig  aber  der  Dankwartsdichtnng;  denn  Dankwart  ist  1641  erst  doreh  Inter 
polation  angebracht  worden.  Also  werden  1636 — 1645  der  Iringadichtuf 
angehören.  Das  Übrige  muß  dann,  meint  W.,  der  Dankwartsdichtung  mngebörea» 
da  1627  f.  Dankwart  nseine  Bolle  spielt*  und  auf  1650  (s.  o.)  die  snr  Dank- 
wartsdichtung gehörige  1656  unmittelbar  gefolgt  ist.  Was  aber  von  dieses 
Strophen  der  Dankwartsdichtung  aus  der  vom  Dankwartsdichter  überarbeitete 
Rüdigersdichtung  stamme,  glaubt  W.  nicht  sicher  bestimmen  zu  können,  h 
1647,  welche  Z.  4  meinen  alten  Abschluß*  enthalte,  der  dem  in  Str.  3161 
entspreche,  will  er  das  Eigenthum  des  Rüdigersdichters  erkennen.  Sieher  oder 
doch  wahrscheinlich  dem  Dankwartsdichter  würden  1648 — 1650,  sowie  1627  L 
angehören;  „daß  sich  aber  der  Interpolator  auf  die  Einschaltung  dieser  beides 
Strophen  [1627  f.]  beschränkt  und  das  Umgebende  unverändert  gelassen  habe. 
wage  ich  nicht  zu  behaupten.* 

Es  wird  wohl  noch  andern  so  ergangen  sein  wie  mir,  daß  sie  ganz  andere 
Schlußfolgerungen  erwartet  haben,  als  W.  gezogen  hat  Die  Episode  1636 — 
1645  dem  Iringsdichter  zugetheilt  zu  sehen,  muß  jeden  frappieren.  Ein  posi- 
tives Moment  dafür  hat  W.  gar  nicht  beigebracht,  sondern  nur  das  negative, 
schon  mehr  beleuchtete,  daß  die  Episode  von  den  vier  bekannten  Dichtem  keinem 
andern  zugewiesen  werden  könne.  Aber  auch  dieser  Nachweis  ist  keineswegs 
gelungen.     Für  den  Dankwartsdichter  hätte  hier  alles  gesprochen,    was    in    so 


LITTERATUR:  ZUR  KRITIK  DER  NIBELUNGEN.  351 

wenigen  Strophen  gefunden  werden  kann.  Vor  allem  die  Nebeneinanderstellang 
Hagens  nnd  Volkers;  dann  die  Erwähnung  von  Volkers  Spielmaunskunst  (1648); 
von  beidem  weiß  der  Iringsdichter  nichts.  Auch  die  ausführliche  Darstellung, 
die  Einmischung  von  Reden  würden  weit  mehr  für  den  Dankwartsdichter  sprechen. 
Daß  1641  interpoliert  sei,  habe  ich  als  unerwiesen  verworfen.  Wenn  ich  es 
aber  auch  für  einen  Augenblick  zugebe ,  so  spricht  das  noch  gar  nicht  gegen 
den  Dankwartsdichter.  Er  könnte  in  der  Anbringung  seines  Helden  Dank  wart*) 
leicht  sparsamer  und  discreter  gewesen  sein  als  der  Interpolator  oder  Conta- 
minator,  der  Dankwarten  öfters  so  schlecht  angebracht  haben  soll;  —  und 
warum  sollte  der  letztere,  dessen  Existenz  ich  hier  unerörtert  lasse^  nicht  eben 
so  gut  in  die  Dankwarts-  als  in  die  Rüdigersdichtung  seine  Elaborate  eingestreut 
haben?  —  Ebenso  wenig  ist  ein  Grund  vorgebracht,  warum  1626 — 1633  und 
1646 — 1650  nicht  vom  Rudigersdichter  sein  könnten,  auf  den  doch  die  Pa- 
rallele mit  dem  Bericht  von  Rüdigers  Kampf  hinweisen  würde«  Daß  Dankwart 
in  der  Rüdigersdichtung  gar  nicht  vorkommen  dürfe,  ist  nirgends  gesagt  worden ; 
und  wenn  auch,  so  hat  W.  selbst  kurz  erwähnt,  daß  1624  und  1629  gut  an 
einander  passen  würden.  Also  könnten  ja  1625 — 1628  von  dem  Dankwarts- 
dichter oder  dem  andern  uns  bekannten  Verehrer  Dankwarts  herstammen,  der 
Rest  der  Erzählung  aber,  von  1629  an,  Eigenthum  des  Rüdigersdichters  sein. 
Den  andern  Grund ^  daß  1650  und  1656  zusammengehören ,  glaube  ich  oben 
genügend  zurückgewiesen  zu  haben. 

Ich  wollte  mit  der  Erörterung  dieser  Schlußfragen  |  die  ich  mir  nach 
Zurückweisung  aller  Prämissen  ganz  füglich  hätte  schenken  können,  nur  wieder, 
wie  schon  mehr  —  hier  freilich  vielleicht  an  einem  besonders  deutlichen  Bei- 
spiele — f  zeigen,  daß  man  von  Wilmanns*  Prämissen  in  einzelnen  Punkten 
auf  ganz  verschiedene  Resultate  kommen  kann,  ja  daß  das  von  ihm  gewonnene 
von  diesen  selben  Prämissen  aus  mitunter  als  das  minder  wahrscheinliche  sich 
herausstellt.  Und  noch  eins  kann  zum  Schluß  gezeigt  werden,  was  auch  schon 
gestreift  wurde:  wenn  es  trotz  aller  ehemals  zwischen  den  verschiedenen  Dich- 
tern gezeigten  Unterschiede  möglich  ist^  ein  in  nicht  unwesentlichen  Zügen  an 
den  Dankwartsdichter,  in  keinem  an  den  Iringsdichter  erinnerndes  Stück  doch 
diesem  letztem  zuzuschreiben,  eine  so  nackte,  jedes  dramatischen  Elements 
entbehrende  Darstellung  wie  1629.  1633.1631  dem  Dankwartsdichter:  so  muß 
der  ehedem  so  groß  gezeichnete  Unterschied  zwischen  den  in  Frage  stehenden 
Dichtercbarakteren  schließlich  als  recht  geringfügig  erscheinen  und  der  Vermu- 
thung  die  Thüre  weit  geö£fnet  sein,  welche  zu  erweisen  Zweck  meiner  Kritik 
war:  daß  alle  betrachteten  Abschnitte  am  Ende  doch  das  Werk  eines  Dich- 
ters sein  könnten,  dessen  Theile  sich  nicht  mehr  von  einander  unterscheiden, 
als  wir  dasselbe  auch  in  unbesweifelt  einheitlichen  Dichtungen  zu  finden  ge- 
wohnt sind.  HERMANN  FISCHER. 


*)  Von  der  ich  aber  seinerzeit  erwiesen  su  haben  glaube,  daß  sie  in  der  Sache 
und  nicht  in  einer  besondem  Vorliebe  des  Dichters  für  Dankwart  ihre  Begründung  findet. 


352  LITTERATÜR:  E.  WILKEN,  DIE  PROSAISCHE  EDDA. 

Die   prosaische  Edda   im  Aiuiuge   nebst  Yolsnngasaga   und  ■omgHli' 

thAttr.  Mit  ausführlichem  Glossar  herausgegeben  von  Ernst  Wilkei^ 
Theil  I:  Text  Paderborn  1877,  Schöniugh.  (CVIU,  264  S.  8®,)  A.  u.  d.  T.: 
ßiblioth<'k  der  ältesten   Deutschen  Litteratur- Denkmäler.   XL   Band*). 

Wilkeus  Ausgabe  enthält  von  der  Snorra-Edda  die  Gylfaginning,  Bngt- 
roedur  und  die  mythologischen  wie  sagengeschichtlicheu  Abschnitte  des  SkaU- 
skaparmal,  also  im  Wesentlichen  dieselben  Theile,  die  sich  in  Pfeiffers  Lieseba^ 
finden,  nur  daß  W.s  Sammlung  vollständiger  ist,  indem  die  Capp.  33,  34,  SS, 
45  und  64,  die  bei  Pfeiffer  fehlen,  und  ausserdem  die  Capp.  53  nnd  63  n- 
dem  Inhalts  aufgenommen  sind.  Eine  neue  Ausgabe  dieser  Theiie  der  Sn.  L 
wäre  an  sich  um  so  dankenswerther ,  als  das  Pfeifi'er^sche  Lesebuch  vergriffci 
ist.  Wir  würden  indessen  bei  einer  solchen  excerpierenden,  nur  für  Anfing 
bestimmten  Ausgabe  einen  einfachen  Abdruck  des  AMagn.  Textes  —  etvs 
mit  Berichtigung  einiger  weniger^  auf  keinen  Fall  su  billigender  Lesarta 
(wo  W  :=:  U  offenbar  besser  ist  als  r)  —  erwartet  haben ,  der  dnr^h  du 
Glossar  seinen  selbständigen  Werth  erhalten  hätte.  Wollte  der  Verf.  auch  ät 
Varianten  nach  der  AM.  mittheilen,  so  war  das  swar,  meiner  Ansicht  nadi, 
eine  unnöthige  Mühe,  aber  man  hätte  sich  das  sehr  wohl  gefullen  lassen  konoci. 
Ganz  anders  aber  steht  die  Sache,  wenn  Verf.,  von  andern  Ansichten  über 
das  Handschriftenverhältniss  ausgehend,  einen  ganz  neuen  Text  herstellen  wollte. 
Ich  habe  mich  schon  früher  in  dieser  Zeitschrift  (21,  442)  dahin  ansgesprocheir 
daß  die  Hs.  U  mehr  Berücksichtigung  verdiene**);  femer  halte  ich  für  ebe 
neue  Ausgabe  eine  neue  CoUation  der  Haupthandschriften^  namentlich  von  W. 
für  unerläßlich.  Da  ich  nun  des  Verf.*s  „Untersuchungen  zur  Snorra-Eddt* 
bisher  leider  vergebens  erwartet  habe,  so  muß  ich  eine  eingehendere  Bespreehom 
dieses  Punktes  mir  für  später  versparen :  weiß  ich  doch  nicht  einmal  ob  Wilkci 
für  seine  Ausgabe  die  Hs.  W,  die  er  zu  Grunde  legt,  hat  vergleichen  könnet; 
er  sagt  nichts  darüber  und  nach  der  Ausgabe  selbst  scheint  es  nicht  so  [ntdk 
Unters.  14  hat  W.  eine  erneute  Vcrgleichung  der  Haupthandschriften  nicht  for 
nöthig  gehalten].  Daß  W  gegenüber  r  den  Vorzug  verdiene,  ist  allerdin^ 
auch  meine  Überzeugung.  Doch  scheint  mir  nicht  nur  bei  einer  Ausgabe  da 
ältesten  kritisch  herstellbaren  Textes  der  Sn.  £.  überhaupt,  sondern  selbst  der 
Bearbeitung  rW  die  Hs.  U  weit  mehr  Berücksichtigung  zu  verdienen  als  m 
auch  bei  Wilken  gefunden  hat.  Unter  allen  Umstünden  hat  r  =  U  die  richtig 
Lesart  gegenüber  W,  wenn  die  Übereinstimmung  nicht  auf  gering^gige  Dingt 
sich  bezieht  und  daher  zufällig  sein  kann.  Zu  tadeln'*^*)  sind  also  unter  aUsi 
Umständen  in  Wilkens  Texte  Lesarten  wie  z.  B.  p.  5,  11  sür  häsceti^  at  f« 
var  statt  hdsceii  süry  var  (aus  rU  combiniert);  5,  Häv.  1,  4  a<  vi(a  r,  vUaÜ 


*)  Kurze  Zeit  nachdem  diese  Anzeige  der  Red.  der  Genn.  eingesandt  wir, 
erschienen  die  „Untersuchungen  zur  Snorra-Edda".  Ohne  die  Anzeige  noch  umarbeiteB 
zu  können,  habe  ich  nun  hier  und  da  in  [  ]  auf  die  „Unterss.**  verwiesen,  die  idk 
unmittelbar  nachher  besprechen  werde.   —  [Vgl.  Lit.  Centrbl.  1878,  Sp.  1448  ff.] 

**)  [Sie  ist  übrigens  von  W.  mehr  als  bisher  heranzogen.    Sie  einer  kritisdieE 

Ausgabe  zu  Grunde  zu  legen  hat  freilich  seine  grossen  Bedenken,    wie  W.  mit  Recht 

bemerkt  (Unterss.  28.  31  f.).  Man  mUste  eben  *rW  und  *U  neben  einander  druckea.] 

***)  [Auf  die  Griinde,  welche  W.  für  sein  Verfahren  vorgebracht    hat,    komae 

ich  noch  zurück.] 


LITTERATUR:  E.  WILKEN,  DIE  PROSAISCHE  EDDA.  353 

fehlt  fälschlich  in  W;  5,  15  svarar  st.  aeffir,  vita  st.  spyrja  .  .  •  p.  93|  ÜO  jäta 
hdnum  fylli  sinni  af  iixanum  (W^  aus  dem  vorhergehenden  wiederholt)  statt 
jdta  pvi  rU;  95,  9  at  statt  er  (r,  hvar  U);  94,  1  f.  pd  var  foat  hondin  vid 
sfongina,  en  annarr  endir  viä  hak  amarins  W  statt  pd  var  foat  atqngin  {»U  v, 
/.  U)  vid  hak  {kropp  r)  amariiUi  en  hendr  Loka  [v6ru  fastar  U]  vid  annan 
[st  an  gar  U]  enda.    Vgl.  die  Quelle  dieaer  Stelle  Hausfl.  7.  1  ff.  (AM.  I,  310). 

\ik  yard  fastr  vid  föstra  [ondurguds  =  riassa] 

farmr-Sigynjar-arma  [=  Loki]  .  .  . 

loddi  r4  vid  ramman- 

reimud-iotunheima  [=  Piassa] 

en  hoUs  vinar  Hoenis  [=  Loka] 

hendr  vid  stangar  enda. 
Geradezu  falsch  ist  die  aufgenommene  Lesart  von  W  p.  95,  16  Äagrin- 
dir  statt  Äagrindr  rU.  Ein  recht  arges  Versehen  ist  dem  Verf.  passiert,  indem 
er  aus  at  dkvedinni  [atundu  (atefnu  W)  AM.  I,  210,  15  at  atefnu  atundu  ge- 
macht hat  (p.  94,  10).  Im  Übrigen  ist,  so  weit  ich  nachgeprüft  habe,  der 
Text  (bezw.  die  Lesarten  von  W)  der  AMagn.- Ausgabe  ziemlich  getreu  wieder- 
gegeben, Kleinigkeiten  abgerechnet  und  einzelne  Fälle  wie  p.  6,  4  f.,  wo  zwei- 
mal er  fehlt  und  11,  10  wo  ok  in  den  Hss.  fehlt.  —  Bemerken  muß  ich  noch, 
daß  die  Hs.  U,  deren  Varianten  in  AM.  I  bekanntlich  sehr  unvollständig  sind, 
nach  dem  Abdrucke  in  AM.  II  vollständiger  hätte  herangezogen  werden 
sollen,  während  Verf.  sich  vielfach  auf  die  Varianten  in  AM.  I  beschränkt  hat, 
80  —  um  nur  einige  Fälle  zu  nennen  —  Cap.  56,  Anm.  35  fehlt:  hvar  U; 
Cup.  2,  Anm.  20  fehlt:  ok  aegir  U,  Anm.  34  fehlt:  segir  U,  Anm.  35  fehlt: 
spyrja  U;  Cap.  5,  Anm.  28:  vera  fehlt  auch  U;  Cap.  8,  Anm.  9  fehlt:  or  U, 
Anm.  11  fehlt:  norpra  avpra  U;  Cap.  9,  Anm.  4:  peir  auch  U;  9,  17  fehlt: 
pd  fehlt  U;  20  hdt\  er  U;  21:  statt  peira  cett  —  Äagard  «chreibt  U  peirri 
cett  er  aaa  <bU  er  hygpi  aagarp'^  p.  18,  Z.  15  fehlt  in  U  ok  fyrir  pvi  md 
kann  heita]  heitir  kann  U  u.  s.  w.  In  diesen  und  vielen  andern  Fällen  ist  die 
Lesart  von  U  nicht,  oder  doch  nicht  ausdrücklich,  in  AM.  I  angef&hrt. 

Nach  diesen  kurzen  Bemerkungen ,  auf  die  ich  mich  hinsichtlich  der 
Sn.-E.  hier  beschränken  muß,  wende  ich  mich  zur  Volsnngasaga  und  dem  Nor- 
nagests  ))4ttr.  Der  Abdruck  dieser  Stücke  war  wirklich  ein  Bedürfhiss,  da  die 
Bugge'schen  Texte  leider  in  Deutschland  nicht  leicht  zu  beschaffen  sind.  Auch 
hier  würde  ein  Abdruck  jener  Bugge*schen  Texte  meiner  Ansicht  nach  sich  am 
meisten  empfohlen  haben  und  ich  halte  daher  den  ziemlich  getreuen  Abdruck 
der  Volsnngasaga  für  ein  wirkliches  Verdienst  Wilkens,  da  nunmehr  diese 
hochwichtige  Saga  jedem  in  einem  guten  Texte  zugänglich  gemacht  ist  und 
durch  das  zu  erwartende  Glossar  auch  für  Anfänger  benutzbar  werden  wird. 
Es  weicht  nämlich  der  Text  der  VS.  —  abgesehen  von  durchgehenden 
graphischen  Änderungen ,  und  zwar  meist  Besserungen  —  nur  in  sehr  unbe- 
deutenden Dingen  von  dem  Bugge*s  ab,  auch  dabei  aber  sind  mehrfach  Bugge's 
spätere  Conjecturen  (in  den  Tillseg  og  Rettelser'  auf  dem  Umschlage)  benutzt. 
Freier  sind  nur  die  citierten  Strophen  behandelt  (Sigrdr.  5  hrynpinga  valdr 
=  Gg.,  Sigrdr.  21  flgja  statt  fleyja,  flosja).  In  Sigrdr.  17  ist  Vers  5  fort- 
gelassen,  was  ohne  die  entsprechende  Änderung  in  Vers  2  bedenklich  ist. 

Weniger  kann  ich  des  Verf.'s  Verfahren    bei    seiner  Ausgabe    des  Nor- 
nagests-Jsättr  billigen.  Die  Gründe,  welche  hier  den  Verf.  bestimmt  haben, 

GERMANIA.  Nene  R«ihp  XII.  (XXIV.)  Jahrg.  ^"^^ 


354  LITTERATÜR:  E.  WILKEN,  DIE  PROSAISCHE  EDDA. 

die  FlateyjarlMSk  der  von  Bugge  benutzten  Hb.  S  voraiizieheDy  kann  icii  duck- 
ans  nicht  billigen: 

1.  nämlich,  daß  S  mit  der  Lieder-Edda  meist  genaaer  stinimt  ab  F, 
wird  doch,  da  S  sonst  fast  immer  bessere  Lesarten  seigt*),  kaum  Jemand  nft 
dem  Verf.  auf  nachträgliche  Berichtigung  des  Textes  in  S  nach  der  Lieder- 
Edda  surückfuhren  wollen  —  und  nicht  vielmehr  auf  übereinatimoiend  riektwi 
Überlieferung  in  der  Quelle  von  SF  und  der  Lieder-Edda,  während  nur  in  F. 
wie  auch  sonst,  der  Text  entstellt  ist**).  Zum  mindesten  ist  ea  mir  nnerfindfick, 
wie  man  aus  diesem  Verhältnisse  von  F  und  S  zur  Lieder-£dda  einen  Gmi 
für  F  und  gegen  S  entnehmen  kann. 

2.  S  soll  kürzen  gegenüber  F.  Doch  ist  das  umgekehrte,  daß  F  erweitert 
hat,  mindestens  ebenso  wahrscheinlich.  Es  betrifft  dies  hauptaächlicsh  den  Anfing 
(und  das  Ende)  von  Cap.  1.  Hier  zeigt  sich,  wie  mir  scheint ,  die 
rung  in  F  noch  recht  deutlich  darin,  daß  es  235/236  in  F  heißt  ktnm 
tu  wmgr  eins  manna  er  par  Id  tUarliga  (iu  der  Hauptsache  anch  =  $)• 
als  ob  vorher  noch  gar  nicht  von  diesem  Fremden  die  Rede  gewesen,  wie  te 
thatsächlich  in  S  der  Fall  ist.  —  Diese  Annahme  findet  auch  in  dem  nom^dgm 
Verhalten  der  Flatejjarbök,  z.  B.  in  der  Hallfredarsaga,  eine  Bestatigong. 

Unter  diesen  Umständen  können  wir  es  nur  bedauern,  daß  ea  dem  VoC 
„geboten  schien,  in  F  (A  u.  w.)  die  altberechtigte  Vulgata  der  Überliefen^f 
anzuerkennen,  S  dagegen  nur  in  einzelnen,  wenn  auch  nioht  gana  lüttciti 
Fällen  zur  Correctur  heranzuziehen". 

Bei  diesem  principiellen  Widerspruch  gegen  den  Standpunkt  des 
gebers  denke  ich  auf  Einzelheiten  nicht  weiter  eingehen  zu  brauchen ; 
lieh  der  Helreid  Br.  kann  ich  auf  Germ.  23^  413  ff.  verweisen.  — 

Eingehender  als  mit  den  Texten  selbst  haben  wir  uns  nun  noch  mit  4» 
Einleitung  zu  beschäftigen;  denn  es  ist  in  derselben  gar  viel  enthalten,  m 
eine  Besprechung  erheischt,  zumeist  freilich  entschiedenen  Widerspruch 
fordert.  W.'s  Erörterungen  beziehen  sich  fast  durchweg  auf  VS.  nnd  N)>. 
auf  deren  Verhältniss  zu  einander  und  zur  Lieder-Edda,  sowie  an  dem 
ansauge  in  Ska]dskaparm41  (Sn.-E.).  Seine  von  der  herrschenden  Tollig  ik- 
weichende  Ansicht  läßt  sich  etwa  so  zusammenfassen: 

Die  Eddalieder  sind  nach  einer  altem  Sigurdssaga  (d.  i.  Volsnngasagi) 
gedichtet,  die  in  mündlicher  Überlieferung  —  nach  Zeugnissen  (p.  LXZXI) 
—  um  1000  bestand,  aber  „vermuthlich  noch  1 — 2  Jahrhunderte  höher  kii- 
aufreicht^  (p.  CHI).  Andererseits  sind  die  Eddalieder  in  einer  jüngeren 
sion  der  VS.  benutzt,  aber  nicht  nach  unserer  Sammlung,  sondern  naeh 
lieber  Tradition  (LXXI  f.).  Die  alte  Sigurds-  und  Volsungensaga «  die  QoeBe 
der  Eddalieder,  ist  auch  die  gemeinsame  Quelle  unserer  (jüngeren)  VS.,  der 
Capp.  39 — 42  von  Skaldskm.,  des  N)).  und  der  Prosa  der  Liedersanuninng  — 
z.  Th.  auch  der  l^s.  (p.  CIV).  Wo  diese  Texte  unter  sich  über^natinuMB. 
da  haben  wir  die  Sigurdssaga^  d.  h.  die  alte  Vplsungasaga ;  diese  gemeinssae 
Quelle  liegt  relativ   am    reinsten   in   der  ^kurzen  Skizze  der  Skalda  uns  vor'» 


1 


*)  Wie  W.  selbst  p.  LXXXVI  zugibt 

**)  Für  das  von  W.  angenommene  ^Ausgleichungsverfahren**  müßten  doch 
und  schlagendere  Beispiele  vorgeftlhrt  werden  als  73,  14,  W.  p.  256,  10,  7  f. 


LITTER^TUR:  £.  WILKEN,  DIE  PROSAISCHE  EDDA.  355 

Die  Gylfaginning ,  die  —  mit  dem  Prolog  [genauer:  mit  den  älteren  Theilen 
desselben,  Unterss.  153 — 159]  —  wahrscheinlich  im  12.  Jahrh.  geschrieben 
sein  soll'*'),  hat  schon  eine  literarbehe  Fixierung  der  VS.  benutzt,  aus  welcher 
im  Anfange  des  13.  Jahrhs.  eine  ^im  Ganzen  und  Grossen^  unserer  Recension 
der  VS.  entsprechende  Gestalt  der  Saga  entstand  (CVI).  Jene  Recension  ist 
wahrscheinlich  schon  in  dem  betr.  Abschnitt  der  Skalda  benutzt,  während 
unsere  Recension  (CVI,  Anm.  5)  doch  wieder  „spurweise '^  die  Skalda  be- 
nutzte. Weder  Sk.  noch  N}).  zeigen  Kenntniss  der  r idrekssaga ;  unter  anderem 
deshalb  soll  der  N)).  „um  (oder  bald  nach)  1250*^  verfaßt  sein*^).  Dagegen 
wird  Piodrekr  in  der  Prosa  der  Liedersammlung  (vor  Gndr.  U)  und  in  Gudr.  UI 
auf  Einfluß  der  rs.  zurückgeführt'***).  Daher  soll  die  Liedersammlung  um 
1260/70  entstanden,  N}).  aber  in  der  Liedersammlung  benutzt  sein  (!) ;  dagegen 
soll  sich  in  N}).  noch  keine  Spur  einer  Liedersammlung  finden  f).  Die  VS. 
BoU  sich  zu  den  Eddaliedern  verhalten,  ¥ne  die  Ps.  zu  den  Kämpeviser  (nach 
Storms  Auffassung,  der  sich  W.   bedingt  anschließt). 

Man  sieht  aus  dieser  (an  p.  CIII — CVIII  sich  anschliessenden)  Zusam- 
menstellung, daß  der  Verf.  geneigt  ist,  die  Verhältnisse  geradezu  auf  den  Kopf 
zu  stellen.  —  Zunächst  gilt  das  von  dem  Verhältniss  der  VS.  zu  den 
Eddaliedern,  die  nach  der  älteren  VS.  gedichtet  sein  sollen. 

W.  schließt  das  nämlich  daraus,  daß  bei  den  Skaldenliedem  das  gleiche 
Verhältniss  obwalte  ff).  Aber  abgesehen  davon,  daß  dies  nicht  richtig  istftt), 
hat  man  durchaus  kein  Recht,  was  von  skaldischer  Kunstdichtung  etwa  gelten 
könnte,  ohne  weiteres  auf  die  Entstehung  der  Eddalieder,  namentlich  deren 
besserer  und  älterer,  zu  übertragen. 

Was  das  Vorhandensein  einer  Sigurdssaga  vor  der  Eddasammlung  be- 
trifft, so  sehe  ich  (wie  ich  Germ.  23,  186,  Anm.  ***  angedeutet  habe)  keinen 
Grund,  diese  Möglichkeit  in  Abrede  zu  stellen.  Zunächst  könnte  man  die  von 
Wilken  angeführten  Zeugnisse  *t)  von  998  und  1030  —  wenn  man  auf  seine 
Ansicht  eingehen  wollte  —  nur  auf  eine  mündlich  fortgepflanzte  Volsunga- 
saga  beziehen.    Überhaupt  aber  müßte  eine  als  s(iga  Sigurdar  bezeichnete  Ge- 

*)  Die  Gründe  werden    die  „Untersuchungen    zur  Snorra-Edda''  bringen  [Un- 
terss.  p.  164—167]. 

**)  Nothwendig  ist  dieser  Schluß  durchaus  nicht:  die  wesentlichsten  Abwei- 
chungen der  {>s.  fallen  in  den  zweiten  Theil  der  Sage,  auf  den  ja  N]>.  nicht  ein- 
geht. Auch  würde  die  von  Maurer  (Altn.  p.  192)  angenommene  Abfassungszeit  der 
erweiterten  Olafssaga  Tr.  dem  widersprechen,  falls  nämlich  —  wie  W.  p.  LXXXVI 
meint  —  der  )>ättr  von  vornherein  nicht  selbständig,  sondern  nur  als  Episode  dieser 
Olafssaga  bestand  —  was  freilich  auch  fraglich  ist. 
*^  )  Mit  Unrecht,  vgl.  Germ.  23,  86  f. 
t)  Doch  ist  die  saga  Sigurdar  citiert,  womit  höchst  wahrscheinlich  der  be- 
treffende Abschnitt  unserer  Liedersammlung  gemeint  ist;  s.  u.  p.  361  ff. 

tt)  p.  LXXXVI,    Anm.  197   und    früher    schon    in    den    Gott.  gel.  Anz.  1877, 
Anz.  von  Rauzmann,  Niflunga  saga  [Unterss.  107]. 

ttt)  Eptir  peii*i  aogu  orti  N.  N.  bezieht  sieh  gewiß  in  den  allermeisten  Fällen  nur 
auf  den  Inhalt  der  Sage:  'diese  Geschichte  behandelte  N.  N.';  nicht  aber  ist  eine  uns 
erhaltene  Aufzeichnung  oder  eine  &ltere  Recension  derselben  gemeint.  In  dem  citierten 
{eptir  pesmm  sqgum  hafa  flui  skald  ort)  ok  tekü  ymsa  pdUu —woffir  W.  selbst  übrigens 
in  seinem  Text  liest  ok  tekü  vid  ynua  h&ttu  (p.  123)  —  kann  dem  Zusammenhange  nach 
pdttu  nur  meinen  *  Abschnitte,  Theile'  der  Sage,  wie  z.  B.  Brage  den  Fall  Sorles  und 
Hamdis  bebandelte. 

*t)  Ersteres  spricht  nur  fttr  Vorhandensein  der  Sage,  vgl.  die  vorige  Anm.. 


356  LITTERATITR  :  E.  WILKEN,  DIE  PR08AISCHE  EDDA. 

stalt  der  Saga,  wie  W.  anzunehmeD  gezwungen  ist  1.  ohne  die  etateo  8  Ci> 
pitel,  2.  ohne  dio  Kagnarssaga  existiert  haben.  Erateres  snebt  Verf.  p.  Xf 
bis  XXII  nachzoweisen,  indem  er,  gegen  Symons,  aof  die  Annahme  einer  iUeim 
in  den  rimur  benutzten  Recension  zurQckkommt.  Wesentlich  Neues  bmt  iedeaa 
W.  dafür  nicht  vorgebracht,  und  ich  meinerseits  kann  nicht  finden,  daß  fit 
Capitel  1 — 8  den  Eindruck  machen,  als  seien  sie  aus  einer  amffthriiiWiw 
Darstellung  verkürzt*).  Das  zweite  behauptet  gleichfoUs  Wilken**)  gC|gB 
Symons***)  dessen  Gründe  mich  wenigstens  überzeugt  haben.  AneH  fiadn 
sich  auffallende  Berührungen  in  Stil  und  Sprachgebranch  zwischen  beiden  SagpiL 
z.  B.  FAS.  I,  237^  7  heiGt  es  svd  bar  hiin  af  ollum  konum  «f /n  hjartr  af  othm 
dtfTum  —  dieselbe  Wendung  die  VS.  (FAS.  205)  aus  Guitr.  II  /  2  entnaki: 
3  Vögel  sagen  der  Kraka  Ragnars  Geheimniss  (256);  [239,  20  ok  e«nfir  m 
mikill  gnffr  f  hang  fjorbrofum,  at  skemman  »ktlfr  ^l  =  VS.  232,  28  f.  (FAflj 
md  mikill  gnifr  t^rd  i  hang  fjorhrottim,  at  undan  gengu  milur  i  küsmt  cktf» 
feil  hiisit  allt]:  256  f.  ok  hennar  nafn  man  uppi,  medan  veroldin  wUmdr  ^  V& 
205  hang  nafn  mau  aldri  fyrna$t^  medan  heimrinn  stendr ;  295,  5  mni  mikit  at  oy 
vissi  dftmi  til  hve  mikit  =  VS.  med  meira  geydngi  enn  dcemi  finncui  tii  167,  21: 
verra  enn  menn  viti  dosmi  til  222,  2  u.  s.  w. ;  gefa  at  nafn/eHi  258,  16  £  = 
VS.  136,  8  f.;  257,  9  saga  er  til  pess  =  VS.  151,  15;  lyngormr  237,  16  = 
VS.    151,  6.   159,  11  u.  s.  w. 

So  weit  zieht  auch  W.  die  Consequenzen  aus  seiner  Annahme.  Aher  ■■ 
müßte  dabei  noch  weiter  gehen  und  annehmen:  3.  daß  die  alte  Saga  mit  to 
Tode  Sigurds  und  Brvnhilds  abgebrochen  hätte,  also  mit  Cap.  31  (oder  M 
32);  auch  sollte  man  erwarten,  daß  Cap.  9  und  10  damals  nicht  daao  gckirt 
hätten:  auf  die  ganze  Erzählung  von  Cap.  9 — 52  dürfte  der  Titel  ^Sigorii- 
saga^  schlecht  passen.  Endlich  müßte  man  aber  auch  4.  annehmen,  daB 
alte  Vplsungasaga  vielfach  in  umfangreichen  Partien  wortlich  gleich  gi 
sei  der  uns  in  R  erhaltenen  Prosa  der  Liedersammlung.  Wenn  wir  aher 
Consequenzen  ziehen,  so  kommen  wir  nicht  mehr  auf  eine  „ältere  Volsogr 
saga*^,  sondern  eben  auf  das,  was  ich  mir  unter  der  saga  Sigrttrdar  dei^ 
nämlich  den  Abschnitt  der  Sammlung ,  der  speciell  von  Sigurd  handelt  ^  vd 
der  nach  meiner  Ansicht  höchst  wahrscheinlich  schon  vor  der  Laiedersanu^nf 
für  sich  bestand,  von  dem  Sammler  der  Lieder  aber  —  vielleicht  dnreli 
Schub  von  Liedern  und  Liedestheilen  vermehrt  —  als  Ganzes  seiner 
lung  eingefügt  ward.  Meine  Gründe  für  diese  Annahme  habe  ich  Germ.  21 
186  f.  angedeutet.  Daß  die  saga  Sigtirdar  weder  unsere  VS.,  noch  eine  itev. 
in  der  Hauptsache  aber  mit  derselben  übereinstimmende  Fassung  dervdbn 
meinen  kann,  werde  ich  unten  (p.  361  f.)  zu  zeigen  versuchen. 

Hinsichtlich  des  Verhältnisses  derVS.  zur  Sn.-E.  (Skalda)  hat  WO- 
ken,  in  Folge  irriger  Auffassung  der  Stellung  von  U  zu  rW,  die  wohlbegriiadcf' 


'")  Wären  wirklich  einzelne  Zöge  in  den  rimur  auf  eine  abweichende 
der  VS.  zurück zn führen ,  so  hraachte  dies  doch  nicht  nothwendig  eine  &ltere 
In  wieweit  die  nengefnndcno  Hs.  der  Volsunga-RagnnrsBaga  (vgl.  Storm,  Ragnar  Lo^ 
brok  p.  107)  Über  die  wir  von  ßngge  AafBchluß  zu  erwarten  haben,  einen  abweidMt* 
den  Text  bietet,  bin  ich  noch  nicht  in  der  Lage  anzugeben. 

**)  Cap.  43  ist  doch  auch  nach  ihm  als  „Anknüpfung  der  Ragnarasaga  aa  ^ 
VS.**  letzterer  angehängt. 

***)  Dessen  Ansicht  auch  Storm,  Ragnar  Lodbrok  p.  109  theilt. 


LITTERATUR:  £.  WILKEN,  DIE  PROSAISCHE  EDDA.  357 

Ansicht  Sjmons'  —  daß  nur  rW*)  =  U,  d.  h.  Cap.  39  [and  40 *J  eine  von 
der  Prosa  der  Liedersammlung  und  der  VS.  unabhängige  Darstellung  bieten, 
Cap.  40^  ff.  aber  eine  z.  Th.  auf  VS.  beruhende  Interpolation  ist  —  einfach 
abgewiesen  (p.  XV)  [ebenso  Unterss.  142],  und  doch  liegt  es  auf  der  Ehind, 
daß  der  erste  Theil  sich  wesentlich  anders  zur  VS.  und  R  stellt  als  der  zweite :  in 
orsterem  erscheint  R  (und  indirect  VS.)  abhängig  von  Sn.-E.,  während  in  letzterem 
umgekehrt  R  (und  VS.)  benutzt  ist.  Es  scheint  doch  nicht  überflüssig  noch 
einmal  näher  auf  diesen  Punkt  einzugehen. 

Was  den  ersten  Theil  betrifft,  so  kann  ich  nicht  umhin,  hier  Be- 
nutzung des  einen  Textes  im  anderen  anzunehmen,  und  zwar  scheint  nach  allem 
R  ein  Excerpt  aus  Sn.  >£.**),  yielleicht  nicht  aus  dieser  allein,  zu  bieten,  welches 
der  Sammler  (bezw.  Verf.  der  Sigurdssaga)  als  Erzählung  von  Regins  Vorfahren 
diesem  in  den  Mund  legte.  Dabei  mußte  er  dem  entsprechend  hier  und  da 
ändern,  was  jedoch  unbeholfen  und  unvollständig  geschah  und  erst  in  VS. 
besser  durchgeführt  ist. 

Die  wörtlichen  Übereinstimmungen  der  VS.  mit  der  Prosa  der  Samm- 
lung können  sich  nämlich  nur  aus  Benützung  des  ^inen  Textes  im  anderen 
ei  klären.  Da  nun  aber  die  VS.  die  Lieder  in  derselben  Reihenfolge  kennt 
(was  sich  freilich  allenfalls  auch  sonst  erklären  Hesse,  s.  Wilken  p.  LII)  und 
zwar  alle  benutzbaren  (s.  Symons,  P.-B.,  III,  217 — 219)  unter  ihnen  wirklich 
benutzt  hat,  andererseits  aber  keines ,  das  nicht  in  R  steht  oder  gestanden 
haben  wird  —  so  wird  die  Benutzung  gerade  unserer  Sammlung  (aber  nicht 
der  Hs.  R)  in  der  VS.  an  sich  höchst  wahrscheinlich,  vgl.  Germ.  23,  328, 
Anm.  *.  Dazu  kommen  bestimmtere  Gründe,  die  Sjmons  p.  210  f.  vorgebracht 
hat  und  die  ich  nicht  wiederholen  will. 

Namentlich  aber  ist  die  Anordnung  der  Prosa  in  den  sog.  Reginsmal 
beweisend.  Diese  erklärt  sieb  nämlich  aus  der  Tendenz  des  Sammlers  (oder 
des  Verfassers  der  Sigurdssaga):  in  der  Prosa  des  Sammlers  erkennen  wir  noch 
die  unvollkommene  Durchführung  der  dem  Regin  in  den  Mund  gelegten  Er- 
zählung, während  dies  in  der  VS.  schon  verwischt  ist.  Offenbar  hat  also 
letztere  den  jüngeren  Text,  d.  h.  hier  kann  nur  die  VS.  aus  der  Liederprosa 
geschöpft  haben,  nicht  umgekehrt,  weil  sonst  die  unvollkommenere  Ein- 
ordnung der  Vorgeschichte  des  Hortes  in  die  zusanmienhängende  Erzählung 
sich  nicht  erklären  liesse***).  So  heißt  es  in  R  (Hild.  p.  168^),  obgleich 
Regin  die  Worte  spricht:  Fdfnir  olc  Regin  krofdu  Hreittmar  nidgiodda  eptir 
Otr  hrodur  sinn  ...  })d  beiddisk  Reginn  at  hafct  fodurcurf  »inn  ...  ]ni  lei- 
tadi  Reginn  rdda  vid  Lyngheidi  syslur  sina  y  hvernig  kann  gkylds  heimta 
fodurarf  sinn.  Letzteres  (von  pd  leüadi  ab)  sowie  Str.  10 — 12  fehlen  in 
Sn.-E.f).     Diese  Stelle   schrieb    der  Verf.    der  VS.  offenbar   nach    und  merkte 

*)  Ich  meine  damit  immer  die  durch  r  und  W  repräsentierte  Handschriften- 
gruppe,  in  W  selbst  (und  756)  fehlt  der  ganze  Abschnitt,  auch  Cap.  39. 
**)  Das  zeit^t  sich  z.  B.  in  der  sofortigen  Schindung  des  Otters. 
***)  Gegen  W.  p.  XCU,  Anm.  17  ist  zu  bemerken,  daD  Niemand  behauptet, 
Str.  13/14  gehörten  ursprünglich  an  den  Anfang  unserer  sogen.  Reginsmal,  vielmehr 
daß  sie  mit  den  vorhergehenden  Prosazeilen  den  Anfang  eines  Reginsliedes  bildeten, 
und  dai^  da8  Vorhergehende,  einer  abweichenden  Sagenauffassung  folgend,  mit  jenen 
eigentlichen  Reginsmal  ungeschickt  verbunden  ist.   Vgl.  Germ.  23,  316,  Anm.  '*^*, 

t)  Auch    in  VS.     Vielleicht   kannte  VS.  audi   den    ersten,    echten  Theil  des 
Berichtes    der  Sn.-£.  und   ließ    die  Strophen  10-12  ab   dort   fehlend   aus  (vielleicht 


358  UTTERATUR:  E.  WILKEN    DIE  PROSAISCHE  EDDA. 

die  IncoDBequenz  zuerst  nicht:  er  schrieb  91'dan  drap  Fdfidr  f2^tur  «am,  l^ 
sann  sich  dann  aber  und  fugte  hinzu:  —  tegir  Beginn  —  wormnf  er  ferttti 
ok  ndda  ek  engu  af  finn. 

Ganz  anders  steht  es  im  zweiten  Theil  des  Sagenabriases  der  Skilii, 
der  nur  in  rW  enthalten  ist.  Benutzung  der  Lieders amnilnng^  ist  hier  gv 
nicht  abzuweisen.  Diese  ist  die  Hauptquelle  gewesen,  wie  denn  im  Allgeaeiati 
bei  wörtlichen  Berührungen  die  Sn.-E.  sich  genauer  an  R  als  mn  die  YS.  m- 
schließt*),  die  der  letzteren  eigenthümlichen  Züge  nicht  kennt *^  md  vich 
hat,  was  in  VS.  sich  nicht  findet  —  ich  verweise  beispielaweise  nur  aof  ie 
Zusammenstellung  unten  Anm   * 

Sjmons  hat  ausserdem  namentlich  Benutzung  der  VS.  in  8n.'£.  rW 
angenommen.  Dafür  könnte  zunächst  die  Übereinstimmung  in  einxelnen  W«lBi 
sprechen,  die  in  R  fehlen  oder  anders  lauten  f);  aber  wir  können  nicht  wiMii 
ob  VS.  diese  Nebendinge  nicht  aus  dem  von  ihr  benutzten  besseren  Teste  iv 
Sammlung  —  welcher  auch  wohl  der  Sn.-E.  rW  vorgelegen  haben  mag  — 
entnahm.  In  der  Partie,  welche  der  Lücke  in  R  entspricht,  finden  sieh  fkk 
wörtliche  Berührungen  mit  Sd.-E.,  aber  wir  können  nicht  wisscsn,  ob  nicht  genk 
diese  Stellen  wörtlich  ans  R  hernbergenommen  sind  —  wie  sie  denn  m^ifiMk 


aach  aus  einem  anderen  Grunde) ;  vgl.  guUU  er  Man  kallat  otrggioid  ok  her  dam  ^ 
iekm  (W.  175,  6)  mit  Skskm.  p.  114,  1  (Wilken);  116,  8.  So  auch  Wilken  XXX. 
▲nm.  61. 

*)  Ein  Beispiel  möge  genügen:  es  beißt  in 

H  (193*):  VS.  178  ff.  W: 

Signrdr  ok  Reginn  foru  upp  k  Gni-  Nu  nda  )>eir  Sigurdr  ok  Reginn  Ufif  * 
taheidi  ok  bittu  jmr  sl6it  Fafhis,  \>k  er  heidina  a  )>ann  farveg,  er  FAfnir  rar  rm 
hann  skreid  til  vatns.  par  gördi  Si-  at  skn'da,  er  hann  f6r  til  vatns  .. 
gurdr  grof  mikla  a  veginum,ok  gekk  [178,  34—179,6].  Signrdr  gerdi  grof  cisi. 
Sifcurdr  )>ar  1.  En  er  Fäfnir  »kreiä  ok  er  bann...  [Ztuatz  van  den  *S  On- 
[af  gollinn,  bl^s  hann  eitri,  ok  hraat  |>at  ben],  Ok  er  ormrinn  skreid  tili  ratai. 
fyr  ofan  hofud  Sigurdi.  En  er  Fäfnir  vard  sva  mikill  landskjalfti.  . .,  hann  fioifai 
9kreid\  yfir^grofna  )>a  lagdi  Sigurdr  eitri...  Ok  er  ormrinn  skreid  jfir  grofisi. 
hann  med  sverdi  til  hiarta.  l>a    leggr    Si<^irdr   sverdinu    oudir    bcexlit 

vinstra  etc. 

Der  Text  von  Sn.-E.  (1 17,  9  ff.)  lautet: 

Eptir  )>at  f6ru  )>eir  Sigurdr  ok  Regi  nn  k  Gnitaheidi;  |>a  grof  Signrir 
f^rof  k  veg  Fafnis  ok  settiz  l>ar  i.  En  er  Fafnir  skreid  til  vatus,  ok  Iiibb 
kom  yfir  grofna,  )>ä  lagdi  Sig^urdr  sverdinu  i  gögnum  hann  eCe. 

Man  sieht  leicht,  dati  Sn.-E.  sich  viel  genauer  au  R  als  an  VS.  anschließt  — 
[über  m  vatna  siehe  unten]  —  namentlich  im  Anfange.  Weiterhin  scheint  Sn.-£.  dorek 
Abirren  die  in  [  ]  gesetzten  Worte  übersehen  zu  haben  —  zugleich  ein  gewichtig« 
Grund  für  die  Prioriät  der  Prosa  der  Liedersammlung  (bezw.  der  VS.),  während  Wilken 
die  entgegengesetzte  Ansicht  vertheidigt,  ohne  doch  selbst  dem  Zugest&ndnisse  Be- 
nutzung der  jüngeren  VS.  in  Sn.-E.  sich  entziehen  zu  können  (CVI,  Anm.  5).  IIb 
beachte  namentlich,  daß  auch  in  Sn.-E.  Sigurd  an  Hjalpreks  Hofe  von  Regin  auf- 
gezogen wird  —  eine  Vermischung  zweier  verschiedener  Sagengestalten,  die  Temutih 
lieh  der  Sammler  (oder  Verf.  der  Sig^dssaga)  zuerst  herstellte.  Wenigstens  hat  diei 
Aufwachsen  bei  Hjalprek  nur  Sinn  im  Zusammenhange  mit  der  Vaterrache,  ron  d«r 
die  Sn.-E.  aber  nichts  erwähnt. 

**)  So  die  drei  Gruben  und  das  Auftreten  Odins;  femer  178,  33 — 179,  6  n.  s.w. 

••*)  Femer:  ok  lagdiz  al  sofa  117,  16  =  R,  fehlt  VS.;  hann  hugdi,  nt  fidU- 
teikt  mundi  117,  17  =  R,  fehlt  VS. 

t)  Z.  B.  117,  11  Hl  vatng  (s.  oben  Anm.  *),  wo  diese  Worte  wohl  aus  R  19S* 
Z.  8  entnommen  sind,  wie  auch  in  VS.  179,  13. 


LITTERATUR:  E.  WILKEN,  DIE  PROSAISCHE  EDDA.  359 

mit  denen  zasammentreffen,  bei  denen  ich  in  VS.,  Gripiaspa  (nnd  Sig.  sk.)  über- 
einstimmend getreue  Wiedergabe  in  der  Lücke  ausgefallener  Strophen  annehme 
(Germ.  23,  174,  Anm.  *  und  326—330). 

Die  fraglichen  Übereinstimmungen  sind  etwa  folgende: 

Sn.-E.  118,  16  (Wilken)  Gunnarr  ok  Hpgni  söruz  f  broedralag  Tid 
Sigurd  =  VS.  197,  35  peir  srerjaz  nü  i  broedralag;  vgL  Sig.  sk.  1,  5  ff. 
tok  vid  trygdum  tveggja  broedra,  seldusk  ei  da  eljunfroeknir.  —  118>17f6ru 
t)eir  Sigurdr  ok  Gjükasynir  at  bidja  Gnnnari  konu...,  Brynhildar, 
vgl.  Grip.  35,  3  Brynhildar  bidja.  .  Gnnnari  til  handa;  Sig.  sk.  3,  1  |>eir 
Brynhildar  bidja  f6ru,  svk  at  peim  Signrdr  reld  i  sinni.  —  118,  20  hdn  hafdi 
ptBB  heit  strengt,  at  eiga  ]}ann  einn  mann,  er  J>ordi  at  rida  rafrlogann,  vgL 
VS.  203,  16—23,  (^r  auch  R  204*,  19—21  (Hüd.).  —  118,  25  pk  skipta 
pek  litum=VS.  198,  28  vgl.  Grip.  37,  5  (38,  2  f.).  —  119,  4  dr6  bann  s?erdit 
Gram.  .  .  ok  lagdi  i  milli  pem  =  VS.  200,  5  Hann  tekr  sveiKlit  Gram  ok 
leggr  1  medal  })eira  bert,  vgl,  Sig.  sk.  4,  2 — 4  lagdi  srerd  nökkvit  ...  4 
medal  J>eira.  —  119,  8  Signrdr  reid  til  f^Jaga  sinna;  skipta  J>eir  pk  aptr 
litum  =  VS.  200,  10  f.  ridr  hann  ...  til  sinna  fölaga,  ok  skipta  l>eir  aptr 
litum,  vgl,  Grip.  43,  5  f.  —  119,  14  pk  6ä  Brynhildr  üt  4  4na  fr4  landi  :=: 
VS.  200,  28  pk  6&  Brynhildr  lengra  üt  4  4na.  —  119,  19  hann  y4  F4fni 
ok  Regln  ok  .  .  .  reid  vafrlogann,  vgl.  in  dem  entsprechenden  2kuammenhange 
201,  3  f . ;  vollständiger  aber  und  noch  genauer  entspricht  202,  2  ff.  {vgl,  meira  var 
))at  vert  =  ok  ))at  er  meira  rert)  —  gestützt  auf  eine  Strophe  ^  die  (unserer 
Vergleichung  nach)  in  VS*  vielleicht  in  unrirJUigem  Zusammenhange  ange- 
ftlhrt  ist.  —  119,  26  pk  })agnadi  Brynhildr  ok  gekk  heim  =  VS.  201,  7 
Brynhildr  för  heim  ok  m»lti  ekki  ord.  —  119,  30  hann  lagdi  Sigurd  sverdi  i 
gögnum  sofanda  vgl.  R  214^  5  (N)>.  253,  6).  —  Zu  120,  1  vgl.  VS.  209,  10, 
aber  auch  Sig.  sk.   22,  7  ff. 

Man  sieht,  daß  fast  überall,  wo  R  selbst  nicht  zu  vergleichen  ist  (wie 
118,  20;  119,  30  und  etwa  120,  1)  die  auf  den  verlorenen  Liedern  beruhende 
Grip.  und  Sig.  sk.  1 — 4  mit  ebenso  wörtlichen,  ja  wörtlicheren  Übereinstim- 
mungen zur  Seite  stehen.  Erwägen  wir  femer,  daß  mehrfach  Sn.-E.  die  rich- 
tigere*) oder  ausführlichere**)  Darstellung  hat,  so  werden  wir  die  Überein- 
stimmungen zwischen  VS.  und  Sn.-E.  (im  zweiten  Theil)  zunächst  auf  gemein- 
same Entlehnung  aus  dem  verlorenen  Thcil  der  Liedersammlung  erklären  und 
auch  hier  in  der  Sammlung  die  Hauptquelle  der  Sn.-E.  vermuthen. 

Dagegen  spricht  anderes  für  die  Benutzung  der  VS.  neben  der  Samm- 
lung. Wichtig  ist,  daß  Brynhild  und  Sigrdrifa  zusammengeworien  werden  und 
daß  Aslaug  als  Tochter  Sigurds  und  der  Brynhild  erscheint,  und  zwar  in  Ver- 
bindung mit  der  Bagnarssaga***),  was  nach  Symons*  Ausführungen,  denen  ich 
beipflichte,  nur  aus  der  Ragnarssaga  entnommen  sein  kann.  Sodann :  an  einer 
Stelle,  wo  VS.  ihrer  Tendenz  gemäß  die  Berichte  der  Akv.  und  Atlam.  ver- 
schmolzen hatf),  p.  225,  18—25,  gibt  Sn.-E.  (121,  3^5  djbetrrt  ndtt)  dieselbe 
Darstellung.  Ausserdem  scheint  der  Passus  120,  2 — 4  aus  VS.  212,  12 — 13. 
16   entnommen  zu  sein.  Auch  für  die  Jprmunrekssage  scheint  die  VS.  benutzt 

♦)  119.  6-8.  28—26  (vgl  Symons  a.  a.  O.  280  f.). 
**)  Z.  B.  119,  13—16.  **^)  ok  eru  padan  aUir  komnar  storar  123,  6. 

t)  Damach  ist  G^erm.  23,  418  *  an  streichen. 


360  LITTERATUR:  £.  WILKEIY,  DIE  PROSAISCHE  EDDA. 

zu    sein«     Für  BeDutznng    der  VS.    in  Sn.-E.    spricht    z.  B.  aaeh 
118,  5  f.  heißt  es  UDgewöhnlicher  Weise  Nii  er  sagt,  koer  $aga  er  til  put^ 
er  gulUt  er  kallat  htjl  eda  hygd  Fdfnis\  ähnlich  heißt  es  aber  in   der  V8« 
er  ^7  pess  173,  2  (=  Ragn.  257^  9).  —    Nach  allem  dem    glaube    ich, 
die  nar  iu  rW  erhaltene  Erweiterung  unsere  Liedersammlung  benatste, 
aber  auch  unsere  VplsungaRagnars-Saga  und  andere  Quellen^. 

Eine  cigeuthQm liehe  Stellung  nimmt  der  erste  Absatz  des  Cap.  40  (40')  di 
U  gibt  nämlich  den  Inhalt  desselben  ganz  kurz  wieder ,  doch  scheiiit  U  Ur 
gekürzt  zu  haben  ^.  Andererseits  hat  aber  der  Interpolator  ron  Cap.  40, 
Absatz,  und  Capp.  41  ff.,  d.  h.  von  p.  116,  25  ab,  in  r^A/  auch 
Cap.  40'  (p.  116,  10  —  24)  wesentlich  erweitert.  Namentlich  deatlieh  tritt  «i 
henror,  wenn  es  116, 13  ff.  beißt  y>a^  var  ordd peira  brcedrüf  at  ßeir  drdp% 
fydur  sinv  til  guUsint,  worauf  rW  fortfahren  pd  heiddin  Reginriy  ai  Fdfmir  «%ü 
skipta  gtillinu  r  helminya  med  peim,  Fdfnir  svarar  svdy  at  liUl  vdn  mt,  ^ 
hcmn  mundi  midla  gulUt  vid  brodur  «in»,  er  kann  drap  f^dur  minn  tu  ^■fl^ 
ifi«.  Hier  hat  nur  Fafhi***)  den  Vater  getödtet  und  verweigert  daher  dem 
Bruder  seinen  Antheil  am  Golde;  vorher  aber  hatten  ihn  beide  getödtet  Hier 
wird  also  die  Darstellung  der  Liederprosa  benutzt  sein  (vgl.  R  189%  1),  w 
Regln,  weil  der  Erzähler,  den  Vatermord  auf  Fafni  allein  schieben  mofile. 
Dagegen  zeigt  sich  wieder  Benutzung  des  rW  und  U  gemeinsamen  Stlckes  ii 
Rt)y  wo  erst  krofdu  steht  ("dann  aber  Fd/nir  lagdi  sverdi  Hreidmar  ttatf 
drdpu  rWU).  —  Ich  meine  also^  daß  der  Hauptinhalt  von  Cap.  40^  (116. 
10 — 24)  noch  in  der  gemeinsamen  Quelle  von  rW  und  U  stand,  etwas  air 
führlicher  als  in  U,  aber  kürzer  als  in  rW. 

Endlich  das  Vcrhältniss  zur  r  id  rekssaga  betreffend  hat  der  Verf. 
auch  ganz  eigenthümliche  Ansichten.  Indem  er  die  Nothwendigkeit  einer  Eis- 
wanderung  der  jüngeren  Sagengestalt  vor  der  Fs.ff)  ignoriert,  komait  er  dan 
in  der  Sammlung  Benutzung  der  rs.  anzunehmen,  und  zwar  (s.  Qött.  gcL 
Anz.  1878,  p.  86)  der  isländischen  Bearbeitung  AB^  also  Ps.  —  AB  —  Eddi* 
Sammlung?  rs.  aber  soll  wieder  die  VS.  benutzt  haben,  worin  W.  sich  der 
irrigen  Auffassung  Sjmons'  anschließt,  obwohl  auch  er  dessen  Irrthum  hin&ieht- 
lieh  des  Cap.  22  der  VS.  erkannt  hat.  —  Ich  denke  demnach  nicht  zu  viel  daaut 
gesagt  zu  haben^  daß  der  Verf.  hier  Neigung  und  Anlage  zeigt,  die  Verhilt- 
nissc  auf  den  Kopf  zu  stellen.  Zum  mindesten  scheint  er  mir  zm  seiner  xa- 
weilen  etwas  hämisch  hofmeistemden  Kritik  Symons  gegenüber  wenig  bereefati|:t 
zu  sein. 


*)  So    sicher    rlie  Kagii;ir>drajm  lAM.  1,  370  f.)  1,  7-8  in  121.  U   und  1,  1 
bis  4  in  122,  23  {o/ nött,  /»d  er  ftann  «va/ji  vgl.  Buggc,  Z.  f.  d.  Ph.  VII^  384. 

**)  Vgl.  116.  12  1".  Ht-eidiitarr    tumi  peim   entkis  penning's  (rW,    fehlt  l* 
mit  115,  3  f  kvad  hann  eigi  ikgldu  Iiafa  einn  penniny  (rW  =  U). 

***)  AusdrQc'klifli  gesagt  ist  das  freilich  nicht,  doch  läßt  die  Art,  wie  e: 
Kegins  Aii sinnen  zurück weiüit  darauf  »chliesen,  ebenso  die  folgende  Drohuni^  ha«1  üeym, 
fara  braut y  en  at  odrum  kosti  viuudi  hann  fara  »em  Hreidmarr  (d.  h.  auch  Ton  Fatsi 
getödtet  werden). 

f )  Die  Worte  Fd/nir  ok  lUyinn  beidditz    af  uokkurs    i    lr6dur*jjald     &iud     iE 
R  fast    wörtlich    su    wiedergegeben:    Fdfnir  ok   Beginn    krofdu...   nidgßalda  eptir... 
brddur  tinti. 

tt)  Vgl.  Germ.  23,  86  f.  und  386  f. 


LITTERATUR:  E.  WILKEN,  DIE  PROSAISCHE  EDDA.  361 

Während  eine  neae  Untersuchung  über  die  VS.  neben  der  von  Symona, 
und  zwar  gegen  diese  gerichtet ,  von  vom  herein  Bedenken  erwecken  maßte, 
wäre  eine  vorurtheilsfreie  Untersuchung  über  den  Nornage8t8-})4ttr  recht 
erwünscht  gewesen.  Leider  aber  leidet  des  Verf/s  Untersuchung  auch  hier  an 
den  gleichen  Fehlem.  Auch  hier  soll  der  N)).  älter  sein  als  die  Liedersamm- 
lung, was  ebenfalls  schon  durch  Hinweis  auf  den  Eingang  der  Reginsmal  sich 
als  unmöglich  erweist.  Auch  hier  liegt  die  wahrscheinlich  in  der  Liedersamm- 
lung (oder  Sigurdssaga)  zuerst  entstandene*)  seltsame  Verbindung  zweier  ver- 
schiedener Sagengestaltnngen  zu  Grunde ,  auch  hier  der  Einschub  der  Vor- 
geschichte des  Hortes,  die  hier  freilich  thatsächlich  ausgelassen**)  ist  and 
(242,  16  f.)  nur  angedeutet  wird.  Dagegen  Wilken  CVII,  Anm.  10,  der  geneigt 
ist,  die  wörtlichen  Übereinstimmungen  auf  Benutzung  des  Nj>.  in  der  Sammlung 
zurückzuführen,  so  daß  also  diese  die  VS.  und  den  Nt>.  nebeneinander  (vorher 
aber,  nach  p.  XIV.  XCVIII,  N}).  die  VS.)  benutzt  hätte.  —  Die  Benutzung  eines 
Textes  im  andern  ist  allerdings  zweifellos ,  aber  ebenso  klar  ist  es,  daß  die 
Abweichungen  des  N}).  von  der  Sammlung  durch  die  Einfuhrung  des  Norna- 
gest  als  Erzähler  veranlaßt  sind***).  In  vielen  Fällen  entspricht  übrigens  die 
VS.  nicht  t),  so  daß  N|>.  auch  nicht  etwa  durch  Vermittlung  der  VS.  auf  die 
Liedersammlung  zurückgehen  kann.  Einmal  steht  sogar  VS.  gegen  R  =  N|). 
(R  190',  8—13  =  NJ).  243,  5—8  =  Sn.-E.  117,  6—9  gegen  VS.  176,  3—6) 
und  in  vielen  anderen  Fällen  sind  abweichende  ft)  oder  ausführlichere  fff) 
Darstellungen  der  VS.  in  Nj>.  nicht  benutzt  Nur  an  zwei  Stellen  (Sp.  248,  6 
=  VS.  178,  8  scekir  Sigurdr  fram  [i  möti]  und  Nf).  244,  1  f.  asUar  at  herja 
fi  Hundings  aonu  =  VS.  176,  26  vüjum  vir  finna  H.  ».),  wo  der  N().  etwas 
ausführlicher  als  R  ist,  hat  VS.  neben  vielem  Abweichenden  ein  paar  geringe 
Ähnlichkeiten,  die  jedoch  wahrscheinlich  zufällig  sind.  Wo  sonst  VS.  und'  N(). 
an  gleicher  Stelle  den  Text  von  R  erweitern ,  geschieht  dies  in  der  Regel  in 
verschiedener  Weise,  z.  B.  VS.  198,  3  ff.  vgl.  mit  N}).  250,  9  ff.;  VS.  177,  16  ff. 
vgl.  mit  N)).  248,  1  ff.  Es  ist  also  gar  kein  Gründet)  vorhanden,  Benutzung 
der  VS.  neben  der  unzweifelhaften  Benutzung  der  Sammlung,  soweit  sie  die 
Sigurdssaga  umfaßt,  anzunehmen,  vielmehr  finden  sich  Differenzen  in  der  Dar- 
stellung (s.  auch  Wilken  XCVII  f.).  Wir  können  also  nicht  in  der  Sigurdar- 
Saga,  auf  die  Nf).  verweist,  die  VS.  vermuthen,  wie  denn  auch  Bugge  diese 
früher  (in  N}).  p.  80)  aufgestellte  Ansicht  in  N.  F.  XLIII  wieder  zurückge- 
nommen hat.  Ich  beziehe  wie  gesagt  mit  Bugge  die  Verweisung  auf  den  betr. 

n  Vgl.  p.  368,  Anm.  ^. 
**)  Weil  diese  fortgefallen,    ist  243,  9  nach   Fäfui    eingeschoben    brodur   siim. 
Der  Germ.  23,  316,  Anm.  **  betonte  Widerspruch  ist   hier   beseitigt,    s.  aber  die  fol. 
gende  Anmerkung. 

♦**)  Vgl.  z.  B.  242,  3  f  gegenüber  R  176,  26  f. ;  246,  ö— 7  (nach  .S)  und  249, 
15  f.;  244,  3—5;  177,  14,  vgl.  249,  6  f.  —  Die  Erzählung  von  Keglns  Verwandten 
ist  wohl  ausgefallen,  weil  Nornagest  jene  Dinge  nicht  miterlebt  haben  konnte  u.  s.  w. 
t)  Z.  B.  242,  22  ff.:  N}>.  Cap.  V  bis  Str.  18  incl,  wörtlich  ==  R,  fehlt  z.  Th. 
VS.;  —  N)).  246,  8  bis  Str.  25  mcL  ebenfalls;  —  Helreiü  Brynh.  fehlt  in  VS.  gänzlich. 
tt)  246,  15—246,  1  =  R,  gegen  VS.  177,  7—13;  —  249,  13  ff.  inhaltlich  = 
R,  anders  VS.   178,  18  ff. 

ttt)  Z.  B    242,  4-8,  10—12  —  R,    viel    ausführlicher    m  VS.;  —  244,  2-3 
=  R  gegen  VS.  176,  24—26.  27  ff. 

*t)  AuffaUend    ist   nur    das  Zusammenwerfen   Sigrdrifas    mit  Brynhild  250,  6. 
was  aber  aus  der  gedrängten  Zusammenfassung  sich  erklären  kann. 


362  LITTERATUR:  E.  WILKEN,  DIE  PR08AI8CHS  EDDA. 

Thcil  der  LiederBammlang^  der  schon  für  sich  bestanden  haben  wiid,  d 
in  die  Sammlang  aufgenommen  ward.  Unter  dieser  Voraassetnuig  wMi 
lieh  die  Folgerung  kaum  zu  umgehen  sein,  daß  entweder  N)i.  vordarft 
lung  entstand  —  was  nach  Obigem  unmöglich  ist  —  oder  aber,  dsl  ii 
gurdssaga  auch  nach  ihrer  Auftiahme  in  die  Sammlang  noch  Ar  skk  krf 
zum  mindesten  unter  eigenem  Titel  einen  eigenen  Abschnitt  der  2ami 
bildete. 

In  dieser  Hinsicht  ist  es  auch  höchst  beachtenswerth ,  daß  11)>.  m 
Liedersammlung  nur  das  kennt,  was  wir  als  Sigurdar  saga  xiuMmmak 
können.  Es  beginnt  nämlich  in  R  mit  176,  24  ff.  deutlich  ein  nmm,  imt 
hergehende  nicht  voraussetzender  Abschnitt  (s.  Genn.  23,  187,  Abb.)*  fci 
zur  Prosa  von  Hcireid  Brh.  reicht,  womit  die  ErzlEblung  abbricht*).  I 
Nomagcst  (ausser  der  Sage  von  den  LodbrokssÖhnen)  noch  die  S^ga  ■ 
Helge  Hund.,  von  SinQotle  u.  s.  w.  kennt,  beweist  nicht,  daB  ersieaaail 
Sammlung  kannte;  die  knappe,  nur  eben  andeutende  Enrähnnng 
Gegensatz  zur  wörtlich rn  Wiedergabe  des  Textes  der  Signrdasaga' 
dagegen.  Nur  innerhalb  der  Sigurdssaga  ist  Benutzung  der  Prosi, 
fast  immer  wörtliche  Benutzung  nachzuweisen.  Es  scheint  daher,  daft  iv^ 
des  N|).  überhaupt  keine  andere  Prosa  kannte.  Vielleiekt 
diesen  Theil  der  Sammlung  sogar  noch  in  einer  älteren  G^talt,  wieid*| 
Germ.  33,  186,  Anm.  **  als  einmal  vorhanJen  glaubte  erBchliessen  n 
Im  N|i.  ist  nämlich  242,  3-  10  =  R  176,  26—33;  dann  geht  N)>. 
Repinsmal  über:  242,  12—17  =  R  186,  2— 6**);  242,  17  &ßt  B'»| 
bis  Prosa  nach  Str.  12  kurz  zusammen;  [242,  18 — 21  gehört  der 
der  Erzählung  an];  242,  22  —  243,  10  und  Str.  15  =  R,  Prosa  aaeh  9tl 
Z.  3  bis  Str.  15;  244,  (1)  2—3  +  10  f.  =  R,  Prosa  nach  Str.  15,  HJ 
|244,  3— 5  gehört  der  Einkleidung  an];  242,  5—8(10)  irt  kamr 
aus  Sinfj.  R  175,  2  —  17  4-  24  f.***):  245.  10—12  =  R,  Pro»  maA 
3—5;  [245,  12—14  Erweiterung];  Str.  16—25  =  R,  nnr  daß  241, M 
Weiterung  ist,  desgl.  248,  1 — 249,  18  erweitert  ans  R,  Prosa  aaeh  9k.^ 
Str.  26  -  --  R  (249.  20  f.  Zusatz].  Dann  folgt  250,  1  C  ein  knn« 
F&fni^mal  ^  und  ',  ;uif  die  Prosa  nach  Fafn.  und  den  Anfang  tob  Sici^i 
OS  hrilJt:  ol:  fnnt  />ara  (Si^urds  und  Brjnhilds)  9kipH  ^em  Megir  { mm 
/o/nifbitmi',  250.  !»  252,  1  bezichen  sich  auf  den  bekannten  Autvaeki 
tvjrl.  VS.  19S.  2-4,  Aihim.  i>5  f.;  US.  183  f.  354;  Nordalh.  Stad.  I,lMl 
dorn  Sjirhhonkriogo  im  \L  entspricht  [252,  2 — 253,  2  gehören  sorBikW 
2r>;*i.  2  —  II  handeln  von  Sigurds  Tod,  darunter  Z.  6— »H  wortIick=L 
n:ieh  »rot,  Z.  i?— 14  [Z.  4—5  dieser  Prosa  entspricht  Nb.  253, 5 iH 
Nun  wird  sogleich  zu  Brynhilds  Tode  und  Bestattung  uberKenara  ä' 
^  R,  Prosa  n.*ich  Guitr.  I,  Z.  6  —  9  (kleine  Abweiehn^-S^A-irf  < 
-?.>.*.    14     f.    unmittelbar    die    Lmschreibung    ^on    Siff       k.    Sfr  *■' 

*>  Pio  woitoro  Tro*.!    bis  vor  Gudr.  III  halte    ick    ^ 
iMiTi'niliohi'u  Sictirilssa^.i    vjfl.  Gorm.  23.  334^.  ^^    ^"** 

*M  veiifi  Simrfi  r'.<f:r   ist  vielleicht  abMchtlick 
Hpnu-hv-»  O'iC^^ix  -iVi,  -J-i  if .  —   H   ISy'  Eir»%  dag  etc 

ist    evwoilorwvW  XvuVuXxTww-g..  ^** 


UTTERATÜR:  E.  WILKEN,  UNTERSUCHUNGEN  ZUR  8N0RRA-EDDA.     363 

253, 16 — 19  ist  eine,  nur  theilweise  wörtliche  Wiedergabe  von  R,  Prosa  vor  Helr«, 
Z.  1—7,  während  253,  22-24  ungefähr  R,  Z.  7—9  entspricht  [253,24 
bis  254,  4  sind  Ausschmücknngen,  wie  z.  B.  auch  245,  13  f.];  254,  4  f.  folgt 
das  Lied  ganz. 

Fassen  wir  also  zusammen,  was  N(>.  sicher  ron  der  Sigurdssaga  kannte, 
80  ist  es  dies:  der  auf  Sigurd  bezügliche  Schluß  des  SinQotlalok,  Reginsmal 
vollständig  in  der  Anordnung  des  Cod.  R,  Fafn.,  Sigdr.  (Anfang),  Besuch  bei 
Sigrdrifa  und  Brjnhild  (zusammengeworfen),  Sigurds  Vermählung  mit  Gudrun 
und  sein  Aufenthalt  bei  ihren  Verwandten ,  Sigurds  Tod  (nach  Sig.  sk.  ?)  und 
die  Prosa  hinter  dem  Brot,  dann  sofort  die  Prosa  vor  Sig.  sk.  und  von  diesem 
Liede  die  letzten  Strophen,  die  Prosa  vor  Helr.  und  dieses  Lied  vollständig.  — 
Darauf  folgt  unmittelbar  die  Erwähnung  der  Lodbrökaraynir^  woraus  W.  meiner 
Ansicht  nach  mit  Unrecht  schließt,  daß  unsere  V9lsunga-Ragnars-Saga  vorge- 
legen habe:  es  wäre  dann  wohl  etwas  von  Ragnar  selbst  und  nicht  nur  die 
beabsichtigte  Romfahrt  der  Lodbrokssöhne  erwähnt  worden. 

Wenn  ich  schließlich  leider  nicht  finden  kann,  daß  Wilken's  Unter- 
suchungen die  erörterten  Fragen  in  irgend  einem  wesentlichen  Punkte  gefor- 
dert haben,  so  hoffe  ich  dies  Urtheil  durch  die  voraufgehendc  längere  Be- 
sprechung ausreichend  begründet  zu  haben  und  kann  nur  bedauern,  daß  diese 
Arbeit,  auf  die  offenbar  viel  Fleiß  verwendet  ist,  sich  —  nach  meinem  Urtheil 
—  von  vornherein  in  verkehrter  Richtung  bewegt  hat. 

LEIPZIG,  im  Anfang  des  September  1878.  A.  EDZARDI. 


Unteren ehnngen  rar  Snorra-Edda.    Als  Einleitung  zur   „Prosaischen  Edda  im 
Auszüge""  von  E.  Wilken.  Paderborn  1878.  Schöuingh.  (296  S.   8^.) 

Nachdem  nunmehr  die  lange  erwarteten  „Untersuchungen  zur  Sn.-E." 
erschienen  sind,  lasse  ich  eine  kurze  Besprechung  dieses,  die  „prosaische  Edda" 
ergänzenden  Buches  der  obigen  Anzeige  jenes  Werkes  nachtragsweise  sich  an- 
sch Hessen.  Wenn  ich  hier  zunächst  auf  des  Verf. 's  Begründung  seines  tezt- 
kritiscben  Standpunktes  eingehe,  so  werde  ich  dabei  besonders  zwei  Punkte 
ins  Auge  fassen:  nämlich  1.  des  Verf.'s  Ansicht  von  U,  bezw.  die  Beur- 
thcilung  der  Stellen ,  wo  rU  der  Hs.  (oder  Gruppe)  W  gegenüber  stehen ; 
2.  die  Stellung  der  älteren  Fragmente  und  die  späteren  Hss. 

Was  ersteren  Punkt  betrifft,  so  ist  U  freilich  weit  mehr  herangezogen 
als  in  früheren  Ausgaben,  namentlich  ist  W  =  U  mit  Recht  in  den  Text 
gesetzt,  sofern  es  sich  nicht  um  wahrscheinlich  zufällige  Übereinstimmungen*) 
handelt.  Derselbe  Grundsatz  aber  hätte,  meine  ich,  auch  da  befolgt  werden 
sollen,  wo  rU  gegen  W  stehen  und  die  Übereinstimmung  von  r  und  U  nicht 
etwa  als  zufällige  —  bei  naheliegender  Änderung  oder  leichtem  Schreibfehler*^) 
—  gelten  kann,     Einselne  Stellen ,  wo  W  gegen  rU  offenbar   im  Unrecht  ist 


*\  ^  wo  die  falsche  Seitenzahl  der  AM.  428 

nicht  iv  ' 

«  "M,  s.  B.  haldast  statt  haUoit 

(g^  9S>^  *%  die  eigenartige,  übrigens 

hn  JBif  «nch  dem  Text  in  C  w 

GfHM  ^ 


364     LITTEKATUR:  K.  WITJCKN,  UNTERSUCHUNGEN  ZUR  SNORHJl-EDDA. 


und  trotzdem  in  den  Text  gesetzt  ist,  habe  ich  oben  (p.  352  f.)  notiert; 
der  Art  sind  z.  B.  diese:  bei  W.  p.  9,  Anm.  28:  vera  zu  streichen;  lO**  ■■■ 
statt  fRtmt;  11^  9egir  statt  avarar^  11'*  ist  die  Reihenfolge  Nordri  Smäri  = 
rU  herzostellen ;  11*''^  ist  aus  rU  herzustellen  [(  mitt  ginnungtt^p]  d  kmm 
büsdi  ofan  ok  nedan  (die  Wörter  in  [  ]  fehlen  bei  Wilken);  12^  ist  mit  rU 
fundu  peir  und  davor  Komma  zu  setzen.  Es  handelt  sich  bier  am  eine  pria- 
cipielle  Differenz,  indem  Wilken  es  für  unstatthaft  erklärt ,  von  einer  Gnppe 
rW  gegenüber  U  zu  reden,  was  ich  nach  den  Giundregeln  der  Textkritik  fir 
iiuthwendig  halte,  da  r  und  W  auf  eine  gemeinsame  Vorlage  *}  zturSck^ 
auf  welche  U  nicht  zurückgehen  kann. 

Daß  U  häufig  kürzt  und  ziemlich  nachlässig  geschrieben  ist,  ist 
richtig  und  auch  von  mir  schon  (in  dieser  Zeitschrieft  21 ,  443  ff.)  betoet, 
doch  ist  häufiger  noch  das  umgekehrte  der  Fall,  daß  nämlich  f\Af  erweitert  ki^ 
und  namentlich,  wo  es  sich  nicht  um  knapperen  Ausdruck  in  U  handelt,  aoodcni 
um  das  Fehlen  von  Sätzen ,  Capiteln  oder  längeren  Abschnitten ,  werden  vir 
meist  in  rW  Zusätze  zu  sehen  haben**).  Dies  Verhältniss  zeig^  sich  dentSdi 
auch  da,  wo  wir  die  benutzten  skaldischen  Strophen  noch  vergleichen  können***}. 
Im  Allgemeinen  stimmt  der  kürzere  Text  von  U  mit  der  Quelle  überein,  wik- 
rcnd  der  wortreichere  Text  rW  in  dem,  was  er  mehr  hat,  sich  seltener  mit 
der  skaidischen  Quelle  deckt.     Doch  kommen  auch  solche  Fälle    mehrfach  tw 

—  wo  dann  also  U  gekürzt  hat.  In  der  Regel  aber,  wie  gesagt,  entspricht 
U  der  Quelle  genauer;  in  diesem  Falle  hat  dann  rW  durch  seine  Text- 
erweiterung  sich  von  der  gemeinsamen  Vorlage  entfernt  oder  ansnahmsweiM 
auch  wohl  einmal  rW  gekürzt.  In  wiefern  Ähnliches  von  dem  Verhältniss  a 
den  benutzten  Eddastrophen  gelten  kann,  mag  hier  unerörtert  bleiben  f). 

*)  Auch  Wilken  erkennt  p.  40  da»  nenge  Vcrhältuisä  zwischen  heiden*  si 
und  hält  es  für  „iinahwoisbar,  eine  gemeinsame  Vorlage  anzunehmen**  (p.  43).  Wie  er 
sich  das  Verhältnisä  denkt,  siehe  auch  p.  62. 

**)  Eine    noch    ungedruckte    hiesige  Doctordissertation    von  £.  Mogk    Uaudeh 
eingehender  darüber. 

***)  In  dieser  Hinsicht  habe  ich  Germ.  23,  434  eini(;eä  angemerkt.  Ich  steDe 
alles  «US  jener  Vergleichung  mit  der  Ilusdr^pa  sich  ergebende  hier  zusammen :  ^l^lkss 
p.  72,  Z.  4  gein  um  (t/jir  r)  rW  ojcahofndU  rW,  btU  a  onglinvm  U;  Hüsdr.  gma^ 
Jiumjvm  raudhita  taugar  (das  ist  das  aU  Köder  benutzte  Ochsenhaupt)  =  Uj^m.  gm 
vid  agiii]  —  72,  7  üt  at  {d  r)  hord'mu  rW,  vid  hordimt  U;  Hüsdr.  ii/  cU  bordi;  — 
72,  14  sa-rinn  ßll  \ul  ok  rW]  imi  [o/nolkvan  (rW,  nokktit  ü);  Husdr.  tcMisk  ädr 
fodf)  atflausti  aw/*  lAiii;  —  l'i,  18  ok  aegja  »lenn,  ai..  rW,  fehlt  U  =r  Hüsdr 
hlaat  irmaii  »vo  vünnom  (^eiiau  in  demselben  Zusammenhange)?,    vgl.  Germ.  !i3,  42d: 

—  72,  21  reiddi  til  hnefann  ok  setr  ri(f  eyra  rW.  Unat  vid  eyra  l";  Uusdr.  te 
hne/a  akialla  vid  eyra.  —  Auch  bei  dem  Theil  der  Haustlpng,  welcher  von  Idon 
handelt^  zeigt  sich  in  BragaruMtnr  theilweise  enger  Anschloß  der  Prosa  an  die  Strophea. 
Hier  entspricht  Wilkiii  p.  93.  15  der  Hstl.  3.  3  t. ;  93,  16  der  Hstl.  S,  5—8  ixf\,  «ick 
/.u  93,  16  I  eikina  Y\>X\  G.  3  af  eikinitu)  —  dies  alles  fehlt  in  U;  93,  18  ^fifiu  wms 
[af  uxanvm  rW],  Junan  hltit  uf  hclgu  akutli  4,  1—4;  93.  23  rekr  (lautt  U)  d  inp- 
pinn  (rW,  cid  hak  r\  Hst).  6,  5  tf.  drwpi  medal  herila  entspricht  genauer  der  Fassung: 
in  U;  94,  Anm  11  viif  [stangtlV  V]  enda  =  Hstl.  7.  8  vi'f  stangar  &nda  (s.  oben 
p.  358);  94,  16  urdu  illo  t-i«/  klingt  au  Hnhi-al  hryggvir  (Hstl.  10,  1  f.)  an,  dies  wie  94. 
16  f.  (wörtlich  —  Hstl.  10.  5-8)  tchlt  I  ;  14,  9  ok  er  eigi  at  sinni  »ogd  ßeiri  Udmäi 
um  peira  ferd,  dtir  peir  konui  htim  cntsiiricht  thatsächlich  der  knappen  Darstelluiif 
in  Hstl.  9;  in  L'  fehlt  der  Sats  ebenso  wie  95,  8  drv  arnsAff  =  Hstl.  12,  5—9 
lagdi  anuAg,     {Genn.  24.  63:  AM.  II,  286,  27  und  287,  2  nur  U  —  HatL] 

t)  Über  dns  Verhältniss  der  H^hniskrida  zu  V  und  rW  s.  Germ.  23.  484. 


LITTERATUR:  E.  WILKEN,  UNTERSUCHUNGEN  ZUR  SNORRA-EDDA.     365 

Die  Untersuchungen  über  die  in  AM.  II  abgedruckten  Pergamentfrag- 
mente leß  (Fr):  p.  48  ff.;  748  (A)  und  757  (M):  54—57,  sowie  über  das 
Pergamentfragment  756  (W*):  47  f.;  die  Pergamenths.  S:  50  f.,  und  die  Pa- 
pierbs.  H:  51  ff.  —  für  letztere  drei  nach  dem  Arnamagn.  Apparat  —  sind 
geeignet,  nicht  sowohl  die  in  dieser  Hinsicht  bestehende  Lücke  auzsufüllen, 
als  vielmehr  zu  eingehenden  Specialuntersuchungen  anzuregen.  Von  lefi  meint 
Wilken  mit  Recht,  wie  auch  ich  (Germ.  21,  443.  446)  andeutete,  daß  diese 
Hs.  auf  eine  über  P  stehende,  vielfach  bessere  Hs.  zurückgeht;  für  die  beson- 
dere Wichtigkeit  von  W*  neben  W  (p.  47)  hfttten  aber  triftigere  Gründe 
vorgebracht  werden  müssen.  Die  Zusammenstellungen  über  das  Verhältniss 
von  S  zu  U  und  P  sind  interessant,  ein  sicheres  Urtheil  wird  man  sich  aber 
wohl  erst  auf  Grund  einer  vollständigen  Collation  der  Hs.  erlauben  dürfen; 
dasselbe  scheint  mir  von  H  zu  gelten.  —  Die  Fragmente  748  (A)  und  757 
(M),  mit  denen  es  freilich  eine  eigene  Bewandtniss  hat,  hält  Verf.  für  eine 
allen  anderen  Hss.  gegenüber  selbständige  Gruppe*),  wofür  sein  Beweisgrund 
freilich  nicht  ausreicht.  Hier  vor  Allem  hätten  wir  eine  gründliche  Untersuchung 
über  die  Stellung  der  interessanten  Fragmente  gewünscht,  während  W.  sich 
darauf  beschränkt  hat,  „nur  im  Allgemeinen  die  Stellung  derselben  zu  skizzieren'* 
(p.  56).  Hätte  Wilken  darin  Recht,  daß  AM  zu  einer  neben  der  Redaction 
pWU  selbständig  bestehenden  (Gylf.  und  Bragar.  ausschliessenden)  Redaction 
der  Skalda  gehörten,  auf  weiche  die  Überschrift  in  U  hinweise**)  —  so  daß 
also  nicht  etwa  AM  ein  Auszug  aus  der  über  PW  und  U  stehenden  Grund- 
form der  Snorre'schen  Skalda  wäre  —  so  würde  freilich  auf  die  von  ihm  an- 
genommene frühe  Zusammengehörigkeit  des  g^rammatischen  Anhangs  mit  der 
eigentlichen  Edda  (p.  43)  ein  neues  Licht  fallen.  Vorläufig  aber  behalte  ich 
meine  Bedenken  gegen  diese  Annahme  (vgl.  Germ.  21,  446). 

Die  schwierigen  Fragen,  welche  die  tintstehung  der  Edda  und  Snorre's 
Verfasserschaft  betreffen,  sind  von  Wilken  p.  129 — 220  eingehend  behandelt 
worden.  Er  kommt  zunächst  hinsichtlich  der  Gylf.***)  zu  dem  Resultat,  daß 
dieselbe  schon  vor  Snorrcf)  entstanden  sei  (etwa  um  1150),  und  zwar  mit 
dem  auch  in  U  überlieferten  ältesten  Theil  des  Prologs  (163  ff.).  Es  hängt 
diese  Auffassung  damit  zusammen,  daß  Wilken  „als  die  Haupttendenz  des 
Werkes  die  einer  Verständigung  zwischen  den  (wenn  auch  nur  heimlichen) 
Anhängern  der  Asa-Lchre  und  dem  Christenthume*'  auffaßt  (166,  vgl.  163). 
Wenn  ich  dpm  auch  nicht  beistimmen  kann,  so  glaube  doch  auch  ich  Spuren 
verschiedener  Schichten  der  Überlieferung  in  der  Gylf.  zu  erkennen tt)  «nd  bin 

*)  Nach  p.  199  soll  diese  Redaction  die  Gylf.  nicht  mit  umfaßt  haben,  dieselbe 
(mit  den  Hragarcedur)  vielmehr  (weisen  AM.  IL  582,  10  v.  u.)  als  ein  eigenes,  speciell 
.«Edda**  genanntes  Buch  eitleren.  Dies  ist  wohl  richtig;  mir  scheint  damit  aber  nicht 
iiusgeschlossen ,  daß  der  Verf.  des  Originals  von  748  nnd  7S7  eine,  auch  die  Skalda 
umfa.ssende  „Edda''  kannte  und  letztere  auszugsweise  benutzte. 

**)  Die  p.  64,  Anm.  102  citierten  Worte  beweisen  das  aber  nicht 
***)  Deren  eklektischen,    namentlich    alle  obscönen  Mythenstoffe  vermeidenden 
Charakter  er  betont  (162). 

t)  W.  denkt  wieder  an  Ssemunds  Verfasserschaft  (167  f.) 
ff)  Man  denke  z.  B.  nur   an    die,    neben    der  knappen  Darstellung  im  Allge- 
meinen etwas  fremdartig  erscheinende,  lange  und  behaglich  breite  Erzählung  von  Thors 
Fahrt  zu  Utgarda-Loke  und  an  die  Art,  wie   sie  eingeleitet  wird  (p.  65,  12—66,  18). 
Vgl.  noch  366,  Anm.  **. 


366     LITTERATITR:  E.  WILKEN,  UNTERSUCHUNGEN  ZUR  8NORBA-E00JL 

aach  geneigt,  die  ursprüngliche  Verbindung  mit  der  Skald«  sd  benreifdi, 
vielmehr  in  den  ältesten  Theilcu  der  Gylf.  eine  selbständige  —  vielleicht  sieht 
einmal  in  erster  Linie  für  skaidische  Zwecke  bestimmte  —  syslenuLtiadie  Zt- 
sammenfassung  der  wichtigsten  alten  Mythen  zu  sehen.  Ich  kann  mich  der 
Vermuthung  nicht  erwehren,  daß  dieser  älteren  Fassung  die  diaIog:i8che  Eife- 
kleidung  ursprünglich  abging  oder  doch,  ausser  am  Anfang  und  Schloß,  mehr 
zurücktrat  —  worauf  auch  die  Überlieferung  in  U  weist.  Stil  and  Wort- 
schatz in  den  dialogischen  Partien  sind  auffallend  einförmig  ^)  and  weichen  tw 
denen  der  Erzählung  selbst**)  mehrfach  ab***).  Wie  dem  anch  sei,  so  hat 
Verf.  doch  gewiß  darin  Becht,  daß  die  Bragar.  jünger  als  die  Qylfäg,  oad 
dieser  nachgebildet,  gewissermassen  auch  zu  ihrer  Ergänzung  bestimmt  sind. 
Anitprechend  ist  die  (übrigens  an  N.  M.  Petersen  anknüpfende)  Annahme^  daß  sie 
als  später  zugefügte  Einleitung  zur  Skalda  die  Verbindung  zwischen  dieser  osd 
der  Gylf.  herstellen  sollten  (p.  176).  Snorre  soll  nämlich  die  Gjrif. ,  d.  h.  dx 
schon  durch  einige  Interpolationen  erweiterte  (p.  220)  Gestalt  derselben  Torherf) 
mit  der  Skalda  verbunden  haben.  Von  letzterer  hat  Snorre  nach  Wilken  du 
H&ttatal,  d.  h.  auch  die  Prosa,  sicher  ff)  verfaßt,  die  'kenningar  aber  um 
einer  älteren  Gestalt  derselben  umgearbeitet  und  vielleicht  durch  Hinxalngiiif 
der  6kend  heiti  —  mit  Benutzung  der  nafna()ulur  —  ergänzt.  Verf.  koDBl 
nämlich  zu  der  Annahme  einer  vor  Snorre  entstandenen  älteren  Redaction  der 
kcnningar ,  weil  in  den  ökend  heiti  manches  für  Snorre*s  Verfassecschafi 
spreche  (193),  dieselben  aber  »ein  hauptsächlich  auf  die  6k.  heiti,  ▼idkennis- 
gar  und  sannkenn,  bezüglicher  Nachtrag  zu  einem  älteren,  die  eigentlichea 
kenningar  behandelnden  Ezposd  zu  sein  scheinen".  Freilich  war  verschiedeit- 
liche  Erweiterung  und  Überarbeitung  gerade  bei  den  kenningar  ebenso  leicht 
wie  natürlich,  und  in  der  That  zeigen  sich  in  Skaldskapann41  (vomehmlid 
bei    den    kenningar)    Spuren    von   Überarbeitung.     Ein    bestimmteres    Urth«l 


*)  So  kehren  in  den  verhältnissraässig  wenigen  dialogischen  Zeilen  folgendt 
Wendungen  und  Wörter  wieder :  pat  veU  triia  min  29,  2;  40,  4;  49,  10,  vgl.  51.  5;  — 
geysi-  22,  14;  29,  X;  50,  2.  13;  -  eiyi  er  par  Ulü  af  at  tegja  11,  2  f.;  wutrt  «r  cyTsC 
•egja  23,  1,  vgl.  81,  %\  —  atburdir  29  (3  mal);  52,  5:  56,  10;  —frödr  madr  6,  16;  26. 
21;  29,  ll;/^dtmcnn  70.  9; /Wrf^i^a  16,  6;  — Äa/cw/  al  6,  19;  11,  1;  17,  11;  29,  14; 
—  alimikUl  ist  häufig;  —  miklir  pykkja  nUr  pessir  fyrir  sir  34,  6;  vgl.  61,  12;  70, 
4.  6;  —  t^  muntd  Ju/a  40,  2  =  hana  mtmtu  wÜ  hafa  16,  8:  —  hverir  <Ubmrdit  üi 
hvers  nckfna  29,  3,  vgl  hvert  hverrar  bcenar  34,  7;  —  kurnia  9kyn\  29,  8;  34,  8;  — 
pd  er  MuMpeUs  tynir  herja  17,  8;  47,  16;  —  stör  merkt  22,  19;  störeirki  SO,  17; 
atortidmdi  29,  12;  —  vgl.  9,  3  mit  11,  2;  70,  7  mit  78,  7  u.  s.  w. 

**)  Eine  Ausnahme  macht  gerade  die  erwähnte  lange  Erzählung  Ton  Thor: 
P<U  veU  trüa  min  68,  1.  21*,  ajMiverfingar  68,  4  =  *4,  9;  endaak  (ausreichen  )  68, 10 
«=  ♦49,  6  [sonst  noch  48,  5];  —  litU  mark  66,  22  =  »47,  12;  meira  inarAr«60,  4  u.  s.w. 
Daß  die  äussere  Einkleidung  der  Gylf.  an  die  Situation  gerade  in  dieser  firalhlong 
auffallend  erinnert,  hat  auch  Wilken  (p.  170)  und  vor  ihm  schon  Bergmann  bemerkt 
***)  Viel  ist  natürlich  auf  Rechnung  des  dialogischen  Charakters  au  setseo. 
aber  lange  nicht  alles;  so  kommt  z.  B.  geyti-  in  der  Erzählung  selbst  meines  Wissens 
nicht  vor. 

t)  Man  könnte  sich  das  trotz  des  p.  185  geltend  gemachten  doch  gleichseitig 
und  Snorre  als  Verf.  der  Bragar.  denken. 

ff)  Ganz  neuerdings  hat  Stevers  (Beitr.  V,  461  ff.)  gewichtige  Gründe  dagegen 
geltend  gemacht.  Doch  bleibt  zu  erwägen,  ob  die  offenbar  in  die  Zeit  nach  Snorr« 
weisenden  Stellen  des  Commentars  nicht  etwa  erst  durch  eine  spätere  Überarbeitnof 
eines  älteren,  von  Snorre  verfaßten  Commentars  hineingekommen  sein  mOgen. 


LITTEBATUR:  E.  WILKEN,  UNTERSUCHUNGEN  ZUR  SNORRA-EDDA.    367 

möchte  ich  mir  bis  jetzt  weder  über  diese  schwierige  Frage  —  die  W.  wohl 
gefördert,  aber  keineswegs  zum  Abschluß  gebracht  hat  —  noch  über  den  frag- 
lichen Antheil  Snorres  an  der  Gjlf.  erlauben,  der  aber  unter  allen  Umständen 
über  ein  äusserliches  Nebeneinanderstellen*)  hinausgegangen  sein  wird. 

Von  beachtenswerthen  Einzelheiten  erwähne  ich  noch  Folgendes:  das 
Verzeichniss  der  entsprechenden  kenningar  in  den  verschiedenen  Überlieferungen 
(213 — 219)  ist  geeignet  die  Orientierung  zu  erleichtem,  was  man  von  der 
Zeichnung  zur  Veranschaulicbung  des  Handschriftenverhältnisses  (220)  weniger 
rühmen  kann.  —  Das  Verhältniss  der  einzelnen  Hss.  zur  Lieder-Edda  wird 
p.  57  ff.  erwogen  —  wobei  ich  nicht  unterlassen  will  auf  die  Bemerkungen 
zur  VoluspA  (63  f.)  hinzuweisen  —  und  p.  136  ff.  wird  die  Quellenfrage  für 
die  Gjlfaginning  erörtert. 

Die  übrigen  Theile  des  Buches  bieten  erstens  von  dem  Gegenstande 
weit  abschweifende  Excurse  —  über  den  Antheil  Norwegens  und  Islands  an 
der  norrönen  Literatur  (p.  221 — 262),  über  das  Verhältniss  von  mündlicher 
und  schriftlicher  Überlieferung  (262 — 273)  sowie  von  Poesie  und  Prosa  (274  ff.). 
Die  auch  hier  entwickelte  verkehrte  Ansicht  vom  Verhältniss  der  Eddalieder 
zur  (älteren  Gestalt  der)  VS.  habe  ich  in  obiger  Anzeige  eingehend  besprochen. 
—  Ferner  gibt  Cap.  3  eine  Überschau  über  den  „mythologischen  Standpunkt 
der  prosaischen  Edda*'  (p.  68 — 135),  in  der  sich  neben  manchen  annehm- 
baren**) auch  gar  manche  Ansichten  finden,  denen  ich  nicht  zustimmen  kann. 
Da  indessen  hier  eine  Menge  von  Fragen  nur  andeutungsweise  ***)  berührt 
sind,  kann  ich  diesem  Abschnitte  unmöglich  in  wenigen  Zeilen  gerecht  werden 
und  verzichte  daher  darauf,  weiter  auf  denselben  einzugehen.  Dasselbe  gilt 
von  dem  4.  Cap.  |,Die  nordisch -germanische  Heldensage  in  der  prosaischen 
Edda". 

Ich  freue  mich  die  „Untersuchungen^  besonnener  und  brauchbarer  ge- 
funden zu  haben  als  die  „Vorbemerkungen",  und  wenn  auch  im  Einzelnen 
sehr  Vieles  darin  nicht  Beifall  finden  wird,  so  dürfen  doch  die  Partien  über  die 
Entstehung  und  Überlieferung  der  Snorra-Edda  als  ein  dankenswerther  Beitrag 
zur  Lösung  dieser  schwierigen  Fragen  der  Beachtung  empfohlen  werden. 

LEIPZIG,  im  October  1878.  A.  EDZARDI. 


*)  »etja  Mdman  wird  auch  sonst  von  dem  Verfasser  eines  Prosawerkes  ge- 
braucht, vgl.  z.  B.  AM.  II,  427,  wo  Olaf  Thordarsons  Verhältniss  zu  seinem  vorher- 
gehenden Traktat  ebenso  bezeichnet  wird  (vgl.  auch  Keyser,  Efterl.  8kr.  I,  106). 

**)  Da  mehrfach  W.  mit  von  mir  in  dieser  Zeitschritt  (Beiträge  zmr  Gesdiichte 
und  Erklärung  der  Eddalieder)  geäusserten  Ansichten  zusammentrifft,  so  erlaube  ich 
mir  anzumerken,  daß  der  erste  bis  dritte  Theil  jener  „Beiträge**  schon  gedruckt,  der 
vierte  aber  in  druckfertigem  Mskr.  in  den  Händen  der  Redaction  war,  als  Wilkens 
„Untersuchungen"  mir  zugingen. 

***)  In  dieser  Hinsicht  ist  das  (auch  für  die  „Vorbemerkungen"  bestimmte)  Re- 
gister (290—92)  besonders  erwünscht. 


368  LITTERATUR:  H.  GERING.  FINNBOGA  SAGA  HTNS  RAUWL 

Finnboga  saga  hins  ramma.  HerausgegebeQ  von  Hngo  Gering.  Halle  a.  & 
1879.  WaisenhausbuchhandliiDg.  8.  XL,   116  S.  M.  3.60. 

Die  Finnboga  saga  lag  bisher  nar  in  der  grossen  Qaartaiisgabe  fsi 
1812  vor  ond  in  einem  isländischen  Drock  von  1860;  letiterer,  fStr  des  Qt- 
brauch  auf  Island  berechnet,  scheint  hiefur  zu  genügen,  aber  taogt  nickt  fii 
wissenschaftliche  Benützung;  die  ältere  Ansgabe  ist  schwer  zu  besehaffn  oii 
für  heutige  Ansprüche  nicht  mehr  ausreichend.  Eine  Lücke  war  somit  woU 
auszufüllen,  und  sie  ist,  wie  ich  gleich  bemerken  will,  durch  G«riii^  wirUiek 
ausgefüllt.  Es  fragt  sich  nur,  ob  denn  nicht  fühlbarere  Lücken  Torhandki 
sind,  und  ob  man  dem  deutschen  Publicum,  das  an  nordischen  Aasgaben  wak- 
lich nicht  reich  ist,  nicht  Besseres  hatte  aus  Kopenhagen  holen  seilen  ab  dk 
Finnboga  saga.  Für  eine  ebenso  sorgsam  vorbereitete,  handliebc  Ausgabe  iv 
Grettissaga,  Egilssaga  Sicallagrims  sonar,  Nj41a  oder,  wollte  derselbe  Goio 
benützt  werden,  der  V/gnglnms  saga  oder  Laxdaela  hätte  Gering  Tiel  ng^ 
theilteren  Dank  erwarten  dürfen.  Doch  wollen  wir  nicht  engherzig  sein  wi 
wünschen,  Gering  möge  das  Versäumte  recht  bald  nachholen. 

Die  Einleitung  gibt  zuerst  Rechenschaft  über  die  benützten  Codiesii 
zumal  Ober  AM.  132  fol.,  sec.  XIII/XIV,  der  durch  die  Fornsogur  ed.  G.  ¥j|* 
füsson  und  Th.  Möbius  bei  uns  weiter  bekannt  geworden  ist.  S.  V — XIX  iil 
Orthographie  und  Formenstand  dieses  Textes  dargestellt;  der  Grammatiker  wiid 
für  die  genauen  Sammlungen  dankbar  sein.  Einige  Bemerkungen  Geriap 
möchte  ich  hier  hervorheben ;  zunächst  was  über  das  wechselnde  Vorwalten  dei 
i-  und  des  u- Umlautes  im  Verbum  gora  gesagt  ist.  Ganz  merkwürdig  stiant 
nämlich  das  dreimal  belegte  prät.  gjord-,  gegenüber  den  Präs.  gera,  geri,  wSk 
neunordischem  gjorde  von  gjorre,  gjera  (o  in  gjorde  ist  lang  and  dumpf  frä 
==  ü).  Natürlich  geht  gjorda  zurück  auf  *giorv(ta,  und  da  o  in  unserer  Hschft- 
für  neuisländisches  ö  =  o  gebraucht  wird,  auf  *giarvda,  also  eine  Form  oIm 
i-Umlaut;  war  ehemals  hier  i  gestanden  ^giarvida,  so  muß  es  ausgefallen  icis. 
ehe  Umlaut  eintrat,  zu  jener  Zeit  also,  wo  die  kurzsilbigen  -ja-Verba  ihr  i 
einbüßten;  kurz  wäre  die  Form  *gar-i(ta  oder  vielmehr  gpr*ida  wo  t  schon  ii 
ältester  Zeit  beseitigt  worden  wäre;  gorida  wäre  dann  denselben  Weg  gegaagv 
wie  *talida.  Hiegegen  sprechen  nun  freilich  Verba  wie  bygda,  hrygäa,  tiygdt, 
die  ihr  v  über  die  Zeit  der  Differenzierung  der  lang-  und  kurzsilbigen  StibuM 
hinaus  als  Position  bildend  beibehalten  zu  haben  scheinen  und  mit  den  langal- 
bigen  Umlaut  zeigen.  Zu  vergessen  ist  nur  nicht,  daß  im  Präsens  überall 
neben  byggva  etc.  auch  byggja  etc.  (nicht  aber  byggvja)  vorkommt  und  diß 
dieser  Wechsel  nach  dem  altschw.  (byggja)  zu  schliessen  alt  ist,  daß  femer  hier 
im  Pft.  ursprünglich  (^auch  nach  Wegfall  des  v)  immer  noch  gg  Position  machte. 
—  Es  verlohnt  sich,  zur  Erklärung  etwas  weiter  auszuholen.  Gering  fokrt 
selbst  einige  weitere  altisländischc  Formen  an.  Ich  vergleiche  aus  dem  Ah- 
schwed.  (Rydquist,  Svensk.  spr.  lag.  I,  9G)  gaira  (=:  gera) :  gior)>i ;  gien: 
gierjii;  gora  i  =  gOra) :  gör|>i  und  gior))i;  giora  :  giorJ>u,  also  gior)>i  öfter  bd- 
abhängig  vom  Präsens,  gier|)i  nur,  wo  auch  dieses  keine  Einwirkung  des  t 
kennt.  Abweichende  Formen  gibt  Schlyter  noch  folgende:  giara,  gara,  gjn 
(=  gera);  gyr))i  findet  sich,  wie  es  scheint,  nicht.  In  neuschwed.  Dialekten 
heissen  die  uns  angehenden  infin.  präs.  und  ind.  prät.  gera :  gjol  (=  gjord}: 
gära  (:  ptc.  gftredur);  gar  :  gjorda;  göralgjole;    merkwürdig  ist  das  (fftlscUieb 


LITTERATUR:  H.  GERING,  FINNBOGA  SAGA  HINS  BAMMA.  369 

Participium  genannte)  Adject.  gor,  göl  neben  gjol.  Im  Pft.  also  anch  hier 
keine  Spur  von  i-Umlant,  im  Präsens  wenigstens  Formen  ohne  ihn  neben  solchen 
mit  ö,  e.  —  Im  Dänischen  finde  ich  für  die  alte  Zeit  bei  Lund  o  nur  im 
Particip. :  gorth  neben  garth;  Pft.  nar  gertha  (2  mal*);  Präsens  gdra;  neu 
dagegen  auch  hier  gjorde»  gjort;  in  neuen  Dialekten  finden  sich  die  präs.  göra, 
gor,  györ,  gyr;  die  pft.  und  ptcp.  gor,  gjor,  gjo,  gjore,  ganz  vereinzelt  gSr, 
vorwiegend  also  o,  ohne  i-Umlaut.  Färöisch  kann  ich  jetzt  nur  gjördi,  gjört 
zu  gjera  beibringen;  jedenfalls  Wirkung  von  v  im  Pft.,  von  i  im  Präs.  Um 
zum  westnordischen  noch  weitere  Belege  zu  geben  führe  ich  ans  den  norwe- 
gischen Dialekten  gjera,  göra :  gj6rde,  gjaaraa  an. 

Alle  bisher  betrachteten  Formen  zwingen  nun  durchaus  nicht,  an  eine 
Grundform  garyjan  zu  denken;  fast  nirgends  ist  a  erhalten.  Bedenken  wir  die 
grosse  Übereinstimmung  in  Setzung  des  j  in  den  verschiedensten  Theilen  des 
nordischen  Sprachzweiges,  so  muß  wohl  ein  Zweifel  sich  regen,  ob  denn  wirk- 
lich überall  bloß  —  wie  Gu(tbrandr  Vigfüsson  sich  ausdrückt  —  das  i  «pho* 
nctical  not  radical**  sei,  d.  h.  die  palatalc  Aussprache  bezeichnen  wolle.  Sonst 
ist  ia,  io,  10  Brechung  von  e,  warum  nicht  auch  hier?  Wir  hätten  also  folgende 
Formen :  mit  erhaltenem  e :  gera  etc. ;  eine  Form  mit  der  gewöhnlichen  Brechung 
vor  gedecktem  r  kommt  nicht  vor,  wohl  aber  mit  der  durch  v  veranlaßten  Trü- 
bung: gior))i  giÖrdi;  endlich  Trübung  des  e  (v-Umlaut)  durch  das  v  allein: 
in  gj&ra,  gdTj>i;  und  der  Infinitiv?  er  wäre  ursprünglich  gervan,  der  Prilsens- 
stamm  (ich  will  mich  auf  die  Frage  ob  Präsens  habai-  oder  haha-  nicht  weiter 
einlassen)  gervai-,  die  Conjogation  dieselbe  wie  in  hafa  —  hafda.  Sehen  wir  uns 
weiter  um,  zunächst  noch  auf  skandinavischem  Boden  in  der  Runensprache. 
Isländische  Inschriften  kommen  nicht  in  Betracht^.  Auf  norwegischen  (nach 
Djbecks  Ruua  II.  Saml.)  inf.  kera  (auf  demselben  Stein  e  für  ei,  i  für  den 
i-Umlaut  von  a),  das  pft.  kipru  (sL  kir))u)  und  kuiri)>i;  das  i  nach  r  entscheidet 
nichts,  nach  und  vor  liquid,  sind  parasitische  Vocale  nicht  selten,  vgl.  bnru- 
])ur;  die  Inschrift  ist  überdies  schlecht  geschrieben  (es  ist  Nr.  8).  Auf  schwedischen 
(ebd.  und  Runa  I,  Runurknnder  I  und  11) ;  kiara  (in  derselben  Inschr.  iftir  = 
eftir  und  bjam  als  accus.),  karva  (Umlaut  von  a :  i  in  iftiR) ;  freilich  auch  kira 
und  kir}>i,  daneben  kar})i,  kiar)>u;  ptcp.  einmal  kamt.  Auf  älteren  dänischen 
Steinen  (Thorsen,  D.  runemiodesm.)  ist  einmal  ein  zweifelhaftes  kirva,  sonst 
nur  karua,  kaurua  u.  s.  w.  Thorsen  kennt  kein  einziges  gesichertes  kirva  oder 
kerva.  Das  Präteritum  heißt  entsprechend  karl>i,  kapi,  kar})u,  ohne  daß  frei- 
lich immer  die  Geltung  des  a  völlig  genau  zu  erkennen  ist.  —  Den  Samm- 
lungen von  G.  Stephens  (North,  runic  monum.  II,  p.  1000)  entnehme  ich  für 
das  gesammte  skandin.  Gebiet  folgende  Zahlen  (vom  Unterschied  zwischen 
g  und  k  ,  e  und  i,  t  und  d  sehe  ich  ab):  präs.  Formen  mit  e:  10, 
mit  a  :  5  (davon  2  mit  an  und  m),  mit  ia:  14  (davon  3  mit  ru),  mit  ie:  2, 
mit  ru  im  Ganzen  8;  präterit.  mit  e :  13,  mit  a :  23,  mit  ia :  9,  mit  ie  :  1,  mit 
-ri}>-  2  auf  demselben  Denkmal,  einmal  mit  a,  einmal  mit  i;  nehmen  wir  nach 
dem  oben  angeführten  Erklärungsweg  e  und  ia  zusammen:  22  prät.  mit  ur- 
sprünglichem Stamm  gerv  gegen  23  mit  gar  (oder  garv?);  für  Präsens  und  Prät. 
zusammen  49  mit  e  und  ia,  25  mit  ia,  28  mit  a,  23  mit  e>    die   zumal   im 


*)  Wimmer,  Rnneskr.  opr.  p.  849  gibt  jedoeh  auch  giorthas  an. 
*•)  Vgl.  K.  Biaurer,  Germ.  XXIV,  p.  92. 

GERMANIA.  Nene  B«Ui«.  XII.  (XXIV.  Jaktg.)  ^^ 


370  LITTERATUR:  H.  GERING,  FINNBOGA  SAGA  HINS  RAMMA. 

Prüens  auch  als  i-Umlaut  aufgefaßt  und  zu  a  gezählt  51  ergeben  wfirdeB.  Ek 
Stamm  mit  a  ist  also  kaum  abzuweisen ;  soll  der  InfinitiT  garTJft(n)  ■iniiftiw 
sein?  Es  findet  sich  hier  keine  Spur  von  erhaltenem  j;  oder  ist  aach  ^gutth 
aufzustellen  ?  Einigen  Anhalt  gewährt  Tielleicht  der  Wechsel  im  AdjeetiTaB  idL 
gorr  und  gerr;  den  übrigens,  soviel  ich  sehe,  S.  Bugge  (Rocksten  p»  43  £ 
[sie!])  nicht  so  bestimmt  wie  Gering  au&ßty  auf  garvas  :  garvis  sufiekfibt 
auch  garvr :  gervr  konnten  die  nordischen  GrnndtTpen  gelautet  i*i^t-i  Ak- 
schwed.  heissen  die  Adject.  gor,  gjor,  garv^  neuichw.  ganr;  altdlniaeh  gsn^ 
norw.  nur  gjor.  Einen  Rest  des  alten  garva  könnte  man  in  Dorw.  gmrvm,  fjk- 
ben,  erkennen,  Aasen  hält  es  für  niederdeutschen  Import. 

Ich  gehe  zum  Angelsächsischen  über;  hier  finden  wir:  geamwiaD,  gev- 
wian  :  gearwad ,  gearwodon,  gegearvad^  gegearvod.  Daneben  gerraiiy  ginVi 
giervan,  gjrvan  (gegärwan)  :  gyrede  r=  gierede,  girede,  gegerede;  pte.  gcgp 
ved  ^  gegierved ;  weiter  das  Adjectivum  gearu,  das  Subst.  gear{w)a.  NmthiM 
brisch  (nach  Bouterweck)  georwia,  georwung  neben  gearwia  scheint  Inr  cm 
urspr.  Form  gerw-  zu  sprechen,  sie  ist  aber  nicht  völlig  gesichert,  da  im  Norfk 
ea  und  eo  nicht  selten  vertauscht  sind.  Wir  haben  im  Aga.  eine  BildHf 
garwai-  (gervai-?)  neben  garwj-  anzuerkennen,  auch  wohl  ein  EUn&beiacliwaikfl 
in  die  -oClasse.  Welche  die  ursprüngliche  war?  —  Altfriesisch  ist  weder  ht 
Verbum  noch  das  Adj.  belegt;  in  den  neufriesischen  Mundarten  habe  iA  u 
den  Sammlungen  von  J.  F.  Minssen,  von  Ehrentraut,  von  Saxild-Ljngbj  nidfe 
finden  können  ausser  im  Wangerogschen  das  adj-  gder  comp,  gderder  was  Mck 
oeld,  foer  =  ald,  fader  auf  gar  oder  garv  zurückweist.  —  Im  Altniederfir.  aai 
von  Cosiju  und  Heyne  belegt:  gegeruuot  (vgl.  irfullot,  generoda),  genuiai 
(vgl.  uuiskindero,  lastrindero),  geruuida,  geruuedod,  gereuuedos  etc. ,  cadU 
gigeroda.  Bei  solchem  Wechsel  ist  natürlich  die  Möglichkeit  zweier  Bildofgr 
arten  nicht  ausgeschlossen,  nur  kommt  ein  Hinüber-  und  Herüberschwaaktt 
in  den  betr.  Quellen  zu  oft  auch  sonst  bei  ganz  sicheren  Bildungen  vor,  ab 
daß  man  darauf  bauen  könnte;  dürfen  wir  daraus,  daß  in  den  Glowea  da 
infin.  geruuon  steht,  dies  als  normale  Form  erschliessen?  Das  Adj.  garo,  gan 
beweist  für  den  Stamm  garv,  holländisch  gerfkammer  gehört  hierher,  nieht  fl 
gerief  (s.  für  letzteres  gerif  bei  Schiller  und  Lübben,  Frommann,  Mandartea  T, 
526,  Nr.  564)  wie  hd.  gärbkammer  (s.  Schmeller)  mark,  garwkaom'r  (Danaeil 
p.  61)  etc.  beweisen,  eben  die  deutschen  Formen  lassen  an  Entlehnung  da 
umgelauteten  Wortes  im  hoU.  denken.  —  Alts,  bietet  Hei.  mon.  durchweg  in 
präs.  uod  ptc.  a :  garuuuian,  gigaruuuenne ,  gigarewid ;  im  prät.  nur  e :  geri- 
uuida,  gereuuida  u.  s.  w.,  im  cott.  dagegen  nur  Formen  mit  e  und  die  Goajr 
gation  wie  die  von  nerian;  der  Mangel  des  Umlautes  im  mon.  erinnert  an  dti 
ags.,  wir  haben  wohl  auch  hier  eine  Bildung  mit  ai  oder  6.  Die  kleinere 
Denkmäler  haben  nur  das  Adjectivum,  das  wie  sonst  a  hat:  gare  a.  ä. — Mad- 
hat  nur  noch  Verbalformen  mit  e,  im  adj.  allein  a. 

Es  bleibt  uns  das  Hochdeutsche.  Ahd.  nur  (garawjan?  und)  garaw^ 
kein  gerwan;  erst  mhd.  gerewen-garte ;  prät.  ahd.:  garawita,  garwita,  ganrts. 
karata,  gareta,  garta:  neuhd.  bloß  umgelautete  Form  im  Verbum^  bloß  a  «ic 
von  jeher  im  Adj.  —  Ob  Bildungen  wie  garta  wirklich  alt  sind  (analog  dea 
zalta  u.  a.)  lasse  ich  dahin  gestellt;  dürfen  wir  es  glauben,  so  wäre  für  nor- 
disches gar)>a  auch  sicherere  Erklärung  gefunden.  Es  hindert  uns  jedoch  niektii 


LITTERATUR:  H.  GERING,  FINNBOGA  SAGA  HINS  BAMMA.  371 

wenigstens  eine  nebenhergehende  Bildung  mit  -6n  aofsustellen  in  der  Form  gar- 
w^n  (biezu  auch  karata?). 

Kehren  wir  zum  Nordischen  zurück.  Die  hier  fibrig  gebliebenen  Fragen 
haben  nur  theilweise  Erledigung  gefunden ;  für  die  Bildung  ^gerrai-  war  nur  im 
North,  ein  schwacher  Halt  zu  entdecken;  im  as.  ist  wenigstens  die  Möglichkeit 
vorbanden,  e  so  zu  erklären.  Die  Ableitung  mit  ai  dagegen  läßt  sich  so  ziem- 
lich überall  wahrscheinlich  machen.  Wir  können  für  das  Nordische  nun  etwa 
folgendes  Resultat  gewinnen.  Ursprüngliches  Thema  mit  ai  ist  sicher,  ob  der 
Stamm  a  oder  e  (letzterem  analog  ahd.  etwa  melddn,  wem§n,  stechen,  werfdn, 
wentön,  brechön?)  enthielt  oder  neben  einander  beides,  wird  durch  die  An- 
nahme oder  Verwerfung  des  phonetical  i  in  giara  u.  ä.  entschieden.  Für  den 
Wechsel  zwischen  hellem  und  dunklem  Yocal  in  verschiedenen  Temp.  läßt  sich 
keine  Analogie  (höchstens  das  Gegentheil  im  as.  Hei.  mon.)  erbringen.  Gera- 
gjorda  (in  gjera,  z.  Th.  wohl  auch  in  dem  gjöra  der  Literatursprache  will  j 
nur  phonetical  sein)  sind  also  wohl  Formen  einerseits  ohne  und  andererseits  mit 
(hier  durch  den  Anschluß  von  d  begünstigter)  Brechung;  im  Schwedischen  ist 
die  Brechung  ea  ungleich  häufiger  als  z.  B.  im  isld.  (vgl.  seax :  sex),  hier 
ist  denn  auch  im  Präsens  giara  häufiger  als  irgendwo  anders.  (Daß  die  ia  schon 
großentbeils  die  Wirkung  des  v-Umlautes  in  sich  tragen ,  also  auf  dem  Weg 
zu  i^  sind,  brauche  ich  nicht  weiter  zu  berühren.)  Eine  weitere,  vielleicht  man- 
chem mehr  zusagende  Deutung  des  Wechsels  wäre  die:  neben  (gervai-  und)  garvai- 
gebt  (vgl.  ags.)  garvj-  her  präs.gerva  prät.garda  (oder  wie  Graff  ähnlich  für*8  ahd. 
vermutbct  garja,  gera :  garda?);  letzteres  nur  noch  in  wenigen  Beispielen  alter 
Zeit  erhalten,  hat  dem  gleichfalls  mit  gi  (g  ist  hier  durch  i  palatal  geworden,  wie 
im  präs.  durch  e)  anlautenden  giorda  Platz  gemacht;  im  Präsens  endlich  sind 
beide  Bildungen  meistens  zusammengefallen,  aber  nicht  immer.  Giöra  ist  viel- 
leicht als  giarva,  gera  ebensogut  als  gerva  wie  als  gar vja  aufzufassen.  Wollte 
man^  um  auch  dies  noch  kurz  zu  berühren,  der  Bildung  vom  adj.  die  eine,  der 
von  einem  starken  Yerbum  die  andere  Form  zuschreiben,  so  hätte  man  ein  Yer- 
bum  geran,  gar,  gärum  (gurwum),  gor(v)an  oder  gesan,  gas,  gftrum  (gurvum), 
zu  Grunde  zu  legen.  Ist  ahd.  jesan  wirklich  ursprünglicher  als  gesan  und  ist  die 
Bedeutung  auf  die  wir  von  Gischt  ans  kommen  nicht  erst  abgeleitet?  Oder  sind 
zwei  Stämme  zusammengeschmolzen,  das  Onomatopoetikon  jesan  und  das  Yerbum: 
gervan  ^gar  werden ',  von  letzterem  gerwe  Germ^  Hefe,  von  ersterem  Gischt, 
Gescht?  —  Ich  glaube  nicht  die  Frage  endgiltig  entschieden  zu  haben;  es 
genügt  mir  die  von  Gering  ausgegangene  Anregung  etwas  nachdrücklicher  weiter 
zu  verbreiten. 

Eine  zweite  grammatische  Erscheinung,  die  Besprechung  verdient,  ist  der 
von  Gering  (S.  XI)  beobachtete  Wechsel  von  t  und  d  im  Auslaut  (schwach- 
oder  unbetonter  Silben);  d  steht  nämlich  fast  ausschließlich  nur,  wenn  vor 
dem  Schlußvocal  t  steht:  also  litid,  aber  mikit.  Daß  hier  t  den  Wechsel  geradesa 
veranlaßt  habe^  ist  nicht  zu  denken;  es  wurde  eben  die  ohne  Zweifel  beste- 
hende Erweichung  des  t,  der  Unterschied  von  der  wirklichen  Tenuis,  bester 
fühlbar,  vielleicht  \iuch  etwas  stärker  markiert,  wo  ein  echtes  t  anmittelbar  vor- 
ausgieng ;  vgl.  übrigens  über  derartige  Erweichungen  Axel  Koehi  N^*^  ''^'^■Vr. 
f.  F.  o.  P.,  Band  lU  der  neuen  Reihe  1878,  p.  241—58,  wo 
eine  gründliche  Yerarbeitung  des  Materials  vermißt;  sie  wird 
bereits  von  Koch  selbst  vorgenommen  worden  sein« 

9 


372  LITTERATUR:  H.  GBKIKG,  FINNBOGA  SAGA  HINS  BAIOIA. 

Ob  der  p.  XIII  ausgesprochene  Satz  ^vor  g  ist  n  elidiert  in  |Mgil  3v^ 
44'*^  wirklich  so  zu  heisseu  hat,  oder  ob  nicht  etwa  )>angat  sein  n  too  Uipl 
entlehnte,  möchte  ich  näherer  Prüfung  empfehlen;  mir  scheint  die  Etyaolopi 
)>ann  veg  at  nicht  Tollkommen  sicher,  da  ich  nirgends  eine  Zwiseheoslifei 
etwa  |>annig  at  finden  kann;  ich  denke  an  pk  gata  (über  gats  vgL  anil 
Schlyter's  Glossar),  dessen  Schlußvocal  in  dem  adverbial  gewordenen  Compwilsi 
vor  dem  Eintritt  des  u-Umlautcs  abgefallen  wäre.  Ich  sehe  freilich  anck  his 
Schwierigkeiten.  Femer  möchte  ich  zu  Zweifeln  veranlassen,  ob  Inendka  wiik- 
lich  Verkürzung  von  fraendkona  sei  (Ger.  p.  XVII);  ich  erinnere 
Bninka  (Pferdsname). 

Von  p.  XIX  an  behandelt  Hsg.  die  Obrigen  benützten 
(hauptsächlich  ß  =  AM.  510.  4®)  und  kommt  zu  dem  Resultat,  dmft 
und  B  nur  ein  BruchstGck  C  =  AM.  162  ß.  fol.  kritischen  Werth 
Über  das  Verhältniss  von  C  zu  A  und  B  muß  ich  Gerings  Zweifel  theflei: 
während  nämlich  einzelne  Stellen  des  (pg.  XXI — XXIV  vollständig  mitgeÜwillBi) 
Fragmentes  wohl  ursprünglicher  sind  als  A  und  B,  wo  n&mlich  diese  ganz  iber- 
flüssige  Bemerkungen  einschieben  wie  (hefir)  bectit  |>eirar  konn  er  ek  Tilldi 
veita,  oder  Namen  statt  der  Pronomina,  Superlative  statt  der  FoeitiTe 
müssen  wir  doch  meist  in  der  Knappheit  der  Darstellung  von  C  Kfirsmg  tf* 
blicken.  Hervorgehoben  muß  übrigens  werden,  daß  C  oft  an  B,  A  gegenüber, 
anschließt,  also 

A  (57*^  ofdul:  B  und  C  ofbeldi 

A  (57*)  faerien  X:  B  und  C  en  tolf 

A  (Ö9^<^)  heilsadi  vel  Jokli:  B  ))eim  Jokli:  C  heilsadi  )>eini 

A  (62*)   (Grimr)  band  ])eim  Finnboga:  B  baud  hann  Finnboga  ebenstC 

Vgl.  femer:   62*®  fara  62"  halda  62«*  mikill. 

Direct  auf  ß  geht  C  freilich  auch  kaum,  wie  man  aus  A  62*  schliesMi 
mag,  wo  A:  ]>eir  bnedr  })orer  ok  |>orsteinn  B:  ]>orer  ok  |).  C  wieder:  |>eir 
|)or8teinn  zeigt;  entscheidend  ist  die  Stelle  nicht.  Ein  sicheres  Zeichen  jÜDgacr 
Überarbeitung  in  C  ist  die  Beseitigung  des  in  A  und  B  erhaltenen  inr.  lif. 
nppburflaminui.  Der  auf  p.  XXXI  gegebene  Stammbaum  scheint  für  C  tsD- 
kommen  richtig  zu  sein,  für  die  Unterbringung  der  Papierhandschriften  ist  wo 
Controle  nicht  möglich,  wohl  auch  kaum  nöthig. 

Der  Text  der  Ausgabe  beruht  auf  A,  Varianten  aus  B  gibt  der  mitlaufende 
kritiflf:h';  Apparat.  Der  Abdruck  ist  buchstabengetreu;  war  es  doch  Geriofs 
Hauptzweck,  d(>m  Grammatiker  ein  zu  Untersuchungen  über  Orthographie  isii 
Formenwechsel  hinreichend  langes  Muster  einer  wichtigen  Handschrift  sn  bietn. 
Die  Durchführung  grosser  Anfangdbuchstaben  bei  Eigennamen,  die  Interponktie- 
rung  kann  eine  grammatische  Änderung  nicht  genannt  werden,  leistet  aber  bei 
der  Lectürc  manchen  Vorschub.  Mögliebste  Genauigkeit  des  Abdruckes  scheint 
mir,  soviel  sich  eben  ohne  die  Handschrift  erkennen  läßt,  erreicht. 

Dem  Text  folgt  ein  Glossar,  das  eine  Ergänzung  zu  Möbius'  trefflickea 
Buch  bilden  soll,  freilich  auch  wieder  dieses  zur  Ergänzung  bedarf.  Ln  der 
Wiedergabe  der  Wortbedeutung,  zumal  bei  Compositis,  hätte  Refer.  fnr  eis 
Buch,  das,  wie  eben  das  Glossar  zeigt,  auch  fQr  Anfanger  im  Nordischen  be- 
stimmt scheint,  lieber  auf  schöne  deutsche  Ausdrücke  versichtet  als  auf  wwt- 


LITTERATUR:  H.  GERING,  FINNBOGA  SAGA  HINS  RAMMA.  373 

liehe  Übersetzung*).  Ferner  hätte  wohl  B  durchaus  berücksichtigt  werden 
sollen;  in  der  Art  etwa,  daß  Synonymen  aus  B  bei  den  Wörtern  aus  A  mit 
verzeichnet  worden  wären,  so  z.  B.  ofdul  =  ofbeldi  in  B  (und  C).  Auf  diese 
Weise  würde  am  leichtesten  reiches  Material  für  historische  Lexikographie 
gewonnen ;  in  der  Regel  dürfen  wir  ja  annehmen,  daß  ein  gewöhnliches  Wort 
für  ein  im  Aussterben  begriffenes  eingesetzt  wird,  so  wenig  natürlich  ein  einzelner 
Fall  für  sich  beweisen  kann,  so  sicher  werden  die  Resultate  bei  Yergleichungen 
mit  grösserem  Material ;  ich  führe  ein  Beispiel  an:  14*^  A:  aptan^  B  kvelld; 
in  der  That  ist  kvöld  heut  zu  Tage  das  Gewöhnliche  (s.  K.  Gislason,  Dönsk 
orctabok  s.  v.  aften),  ferner  19''  wo  B  älter  (d.  h.  der  Urhandschrift  getreuer) 
ist  und  das  seltene  9mbuna  zeigt^  Alauna;  17^^  aus  dem  Wechsel  von  var- 
ningr  und  vamadr  etwas  schliessen  zu  wollen,  wäre  natürlich  verkehrt. 

Das  angefügte  geographische  Register  hätte  G.  ohne  grosse  Mühe  für 
manchen  Leser  viel  nützlicher  machen  können,  wenn  gleichmässig,  wenigstens 
für  die  Hauptorte^  die  Lage  genauer  angegeben  worden  wäre.  Kalund  macht 
uns  geringe  Hoffnung  für  das  rasche  Vollenden  seiner  Topographie  von  Island  **) ; 
so  sind  anderweitige  Erleichterungen  in  dieser  Richtung  immer  willkommen. 
Es  hätten  Angaben  genügt  wie  etwa  Flateyjardalr  i.  Nordland,  zwischen  Eyja- 
fjordr  und  Skjdlfandi ;  Ljosavatn  südöstlich  hievon;  Modruvellir  an  der  Eyja- 
fardard  (nicht  am  fjordr  selbst,  wohl  aber  in  der  nach  ihm  benannten  Eyja- 
fjardarsyssla),  Vididalr  i.  Nordld.  südlich  vom  Hünafloi,  Bolstadarhlid  südöstl. 
vom  Hünafl.  Doch  sind  das  nur  specielle  Wünsche  des  Ref.  im  Interesse 
von  Lesern,  die  mit  den  Hülfsmitteln  minder  vertraut  sind. 

Was  den  Inhalt  der  Saga  betrifft,  so  hat  den  historischen  Kern  Gering 
selbst  von  p.  XXXIII  an  behandelt,  das  Urthcil  über  den  historischen  Werth 
ist  meines  Erachtens  auch  so  ziemlich  maßgebend  für  die  Würdigung  der 
Saga  überhaupt.  Erwähnen  möchte  ich,  daß  in  der  Porläkss.  11,  cp.  17 
BS.  I.  384  ein  Finnbogi  ^anz  ähnliches  Schicksal  hat,  wie  der  erste  Finn- 
bogi  unserer  Saga;  jener  muß  gegen  das  Ende  des   12  sec.  gelebt  haben. 

Die  Ausstattung  des  Buches  ist  gut.  Druckfehler  bemerkte  ich  nicht, 
ausser  in  dem  oben  berichtigten  Citat.  Nicht  verschweigen  will  ich,  daß  die 
Anwendung  der  Type  d  statt  des  ganz  ungehörigen  S  (warum  nicht  auch  b 
statt  d?)  wie  sie  hier  durchgeführt  ist,  anderwärts  Nachahmung  verdient. 
Scheut  sich  doch  niemand  b  drucken  zu  lassen. 

Ich  schliesse  die  Anzeige  mit  dem  Wunsche,  daß  der  ersten  Ausgabe 
nordischer  Werke  aus  Gerings  Hand  recht  bald  weitere  folgen  möchten. 

MÜNCHEN,  12.  Februar  1879.  OSCAR  BRENNER. 


*)  S.  bes.  s.  vv.  dragloka,  endemi,  filyndr,  fötsidr,  fridr,  gildi,  heimakona,  hp- 
fudbcnda  u.  a. 

**)  Nachdem  das  Manuscript  aus  meinen  Händen  war,  erschien  nun  danach 
ein  weiteres  tieft  dieses  vorzüglichen  Werkes  (eben  das  Nordland  umfassend)  mit  dem 
Kahind  im  Mai  d.  J.  promovierte;  hoffentlich  folgt  der  Schluß  recht  bald  nach. 


374     LITTERATUR:  LOOTEN8  ET  FEY8,  CHANT8  POPULA1RE8  FI.A1U1K 


Chants  popolaires  flamands  avec  les  aira  not^s  et  pönales  popolaim  4 
▼eraes  recueillis  k  Bmges  par  Adolphe  Lootens  et  J.  M.  £.  Feys. 
Bniges.  Imprimerie  claesiqae  de  St.-Aagastin.  Descl^e,  De  Broawer  &  C 
1879.  XI  und  309  Seiten  Octov. 

Die  beiden  Herausgeber  der  vorliegenden  Sammlung  sind  den  Lesen  te 
Germania  bereits  durch  eine  kleine  Anzahl  Märchen  bekannt,  die  sie  gieichfdi 
im  Brüggischen  Dialekt  im  Jahre  1868  herausgaben  und  ich  an  dieser  Sldk 
Bd.  XIV,  S.  84  fF.  besprochen  habe.  Zugleich  theilte  ich  einige  Proben  ds 
Volkslieder  mit,  welche  sie  bereits  damals  zu  sammeln  begonnen ,  und  a 
erfreut  mich  höchlich  die  Beendigung  dieser  mit  so  grosser  Ansdaner  fiMt* 
gefShrten ,  langathmigcn  Arbeit  mittheilen  zu  können ,  in  Besag  anf  wekk 
ich  aus  der  Vorrede  Folgendes  herausbebe. 

^Les  pi^ces  qui  composent  cc  volume  nous  ont  6tä  transmises  ptm» 
en  totalit^  par  une  seule  personne.  Elles  forment  ce  qu^on  poarrait  a^idv 
le  r^pertoire  d'une  dame  de  la  bonne  bourgeoisie  de  Bniges.  Cette  dase 
d*une  intelligence  remarquable,  douee  d*une  excellente  memoire,  poss^dait  k 
sentiment  de  la  melodie  et  du  rhjthme,  a  su  retenir  ä  pen  pr^  tont  ee  qi'dr 
a  entendu.  N^e  k  Bmges  en  1795  de  parents  bourgeois ,  eile  a  coaMni 
dans  son  souvenir  les  morceauz  que^  dans  son  enfance,  chantaient  soa  p^ 
et  sa  m^re  et  ceux  qui  ^taient  sans  cesse  r^pdt^s  dans  les  ^coles  deilrf' 
li^res.  On  peut  donc  afiirmer  que  nous  poss^dons  aujourd'fani  ces  morceiB 
tels  qu*il8  se  chantaient  k  Bruges  an  milieu  du  si^clc  demier.  Oatre  es 
piices  eile  en  a  appris  plus  tard  d*autres  qu^elle  a  entendnes  A  BmgM  d 
qui  sont  facilement  reconnaissables  k  leur  coupe  tonte  moderne.  Tel  ot 
proprement  le  fond  de  cette  publication.  Les  chants  recueillis  ailleoifi  Nrt 
peu  nombreuz  et  vicnnent  en  general  de  personnes  äg^es.  Encore,  atni 
de  les  admettre,  nous  sommes  nous  assur^s,  que,  par  la  tradition,  ils  a|ifv- 
tenaient  k  la  ville  de  Bruges.  Les  collections  imprim^es  n*ont  pas  ^te  waaa 
k  contribution.*' 

„Ce  volume  se  compose  de  deux  parties  bien  distinctes,  les  püw 
chant^es  et  les  poesies  diverses.  .  .  .  Des  notes  plac^es  apr&s  chaque  morecfi 
renvoient  k  ceux  des  auteurs  ou  des  recueils  consult^s  qui  donnent  des  pikft 
analogues.  En  g^n^ral  et  a  peu  d'exceptions  prfes  les  morceanz  d^A  pnbfiff 
aillenrs  ne  sont  repris  par  nous  ici  que  8*ils  offrent  des  differences  os  ötf 
▼ariantes  un  peu  notables.^ 

Die  erwähnten  Verweisungen  beschränken  sich  jedoch  anf  die  YlimiKbca 
und  die  bekanntesten  deutschen  Liedersammlungen ;  andere  als  diese  sii^ 
streng  ausgeschlossen,  und  auch  meine  Absicht  ist  es  nicht  das  hier  Fehlesdf 
zu  ergänzen,  vielmehr  geschieht  dies  nur  da,  wo  sich  ohne  längeres  Sud« 
StofF  dazu  darbot;  so  z.  B.  hatte  ich  zu  dem  German  a.  a.  O.  S.  93  mit- 
getheilten  Liede  Nr.  33  „De  Zavelboom^  vergessen  anzufahren  Svead 
Grundtvig,  Danmarks  Gamlc  Felke  viser  Nr.  66  'jomfruen  i  Linden*  I,  244  ff- 
und  dazu  11,  667.  III,  840.  —  Zu  Nr.  39  ^De  Gouverneur  van  ZeeUod* 
ist  es  den  Herausgebern  entgangen ,  daß  Shakespeare's  Measore  for  Measnv 
denselben  Gegenstand  behandelt^  obwohl  sie  nicht  unterlassen,  in  dem  Nsck- 
trag  zu  Nr.  50  (p.  296)  auf  dessen  Cymbeline   hinzuweisen.  —  Nr.  57  .Hft 


UTIERATITR;  LOOTKNS  ET  FEYS,  CHANTft  P0PÜLAIRE8  FLAMANDS.     375 

Brandmerk^  gehört  zu  der  Erzählungareihe ,  die  ich  hier  oben  S.  138  zu 
dem  schwedischen  Volksbuch  ^Djefwulen  och  Käringen  angeführt  Das  vlä- 
mische  Lied  endet  mit  folgender  (8.)  Strophe: 

^De  tooveresse  is  gekommen 

Bij  den  duivel  om  haar  geld. 

De  duivel  zei :    6ij  doet  mij  zeifs  schromen . 

En  hij  vluchtte  in  het  veld. 

Hij  riep  luidop:    Gij  doet  mij  zelfs  schromen^ 

'k  Ben  bevreesd  als  ik  u  zien! 

Hij  heeft  een  lange  pers  genomen, 

En  kwam  haar  't  geld  zoo  antebien.'* 

Hier  tritt  also  Geld  statt  der  sonst  gewöhnlich  vorkommenden  Schuhe 
ein.  —  Nr.  71  „De  Ganzetjes**  ist  der  aus  Boccaccio  Giom.  IV»  Ein- 
leitung bekannte  Schwank  oder  Parabel  über  die  Stärke  der  Frauenliebe, 
worüber  vgl.  mein  ^Zva  Volkskunde".  Heilbronn  1879.  S.  112  f.  Avadftna 
Nr.  27  *Le  roi  et  Telephanf.  —  Nr.  86  „De  Kloefmaker**.  Hier  schickt 
eine  Frau  durch  einen  Gauner  ihrem  verstorbenen  Manne  Geld  und  Kleider 
ins  Paradies;  so  hatte  sie  nämlich  verstanden,  während  jener  nur  gesagt,  er 
käme  von  'Paris .  Nachher  setzt  er  sich  auch  auf  listige  Weise  in  den*  Besitz 
eines  Pferdes,  auf  welchem  ein  Mann  ihm  war  nachgesandt  worden,  also  ganz 
wie  in  Ayrers  Forster  im  Schmalzkübel  (Nr.  61,  S.  3063  ed.  Keller);  s. 
hierüber  Reinhold  Köhler  in  der  'Literaturzeitung'  1878,  Artikel  298  zu  Nr.  25 
„Die  Sendung  in  die  Unterwelt^  in  Bernhard  Schmidt's  Griech.  Märchen ; 
fügo  hinzu  das  russische  Märchen  aus  Afanasief's  Sammlung  in  Gubematis's 
Thicre  in  der  indogerm.  Mythologie.  Leipzig  1874.  S.  155  f.  und  eine  eng- 
lische Version  in  Henderson's  Notes  on  the  Folk  Lore  of  the  Northern 
Counties  of  England  etc.  London  1866,  p.  319  'Jack  Hannaford  .  —  Nr.  92 
„Het  weeldig  Land"*  gibt  eine  vlämische  Schilderung  des  Schlaraffen- 
landes und  bildet  eine  Ergänzung  zu  Poeschers  Abhandlung  über  dieses  herr- 
liche Land  in  den  ^Beiträgen  zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache  und  Li- 
teratur Bd.  V,  Heft  2 ;  andere  Ergänzungen  aus  Italien  habe  ich  gegeben  in 
meiner  Anzeige  von  Guerrini^s  Vita  e  Opere  di  Giulio  Cesare  Croce .  Bo- 
logna 1879  in  der  Zeitschrift  für  roman.  Philol.  3,  121  ff.  —Nr.  151  ,Kol- 
1  emoei  e". 

„KoUemoeie  zat  achter  d'baag 

Met  hären  pottebezeme, 

Toen  kwam  mijnherre  de  kapelaan 

Met  zijnen  boek  al  lezene: 

'Kolle^  Kolle,  'k  heb  u  zoo  lief! 

—  *Ba  ja  je,  mijnheer,  j'en  geeft  mij  niets. 

Mijn  beere  deed  af  zijn  hoedje, 

En  Kollemoeie  deed  't  aan. 

Toen  zei  Kolle:  'k  Ben  de  man, 

'k  Heb  mijnheeres  beste  kleeren, 

*k  Heb  mijnheeres  hoedjen  aan!  ^ 

Dazu  ist  bemerkt:  |,Pour  les  couplets  suivanta  ou  substitue,  v^ 
11,  les  mots  pruikje,  schoentjes'  et  autres  semblables,  &  hoed 


376     LITTESATUR:  LOOTEN8  ITT  FEYS,    CHANT8  POPULAIRE8  FLAMin 

Bujeaud  s  Chants  et  Chansons  populaires  des  provinees  de  roaest  etc.  2oM 
1866.  II,  268  findet  sich  ein  Seitenstack  zu  diesem  Liede.  Es  nt  *» 
schrieben  Margoton  et  son  car6'  und  die  erste  Strophe  lautet:  ,Maigitw 
prend  son  panier,  —  S'en  va-t-aux  meures,  —  M*sieur  Teure  »'en  ▼a-t^m 

—  Lisant  ses  heares:  —  Margoton,  attends  me,  attends  me,  —  Maigotoa 
attends  me  donc.  —  M'sienr  i'cure,  je  nc  saurais,  . —  Si  n'donnez  qae!^ 
chose.'  —  M*sieur  Teure  prend  son  rabat  —  Et  le  lui  donne.  —  'En  vm 
r*merciant  Monsieur  Tcur^,  —  D'  m*avoir  si  bicn  enrabate,  —  Vooa  et*  n 
honnßte  homme'*'.  Die  siebente  und  letzte  Strophe  lautet:  «Margoton  prad 
son  panier ,  —  S'en  va-t-aux  mcures ,  —  M*siear  i*cur6  ß'en  va-t-apite  — 
Lisant  ses  heures:  —  ' Margoton ,  attends  me,  attends  me,  —  MargotOL 
attends  me  donc .  —  M'sieur  Teure ,  je  ne  saurais  —  Si  n'donnes  qnekpr 
chose.  —  M  sieur  Teure  tire  sa  chemise  —  Et  la  lui  donne.  —  'Eb  twi 
r'merciant,  Monsieur  Teure,  —  D'  m'avoir  si  bien  enrabate*,  —  D'  mareir 
si  bien  encalott^ ,  —  D*  m'avoir  si  bien  cnculott«^ ,  —  D'  m*avoir  ai  Im 
ensocquette ,  —  D'  m*avoir  si  bien  enchau8Sonne\  —  De  m'avoir  ai  Imi 
enchemisc  ,  —  Yous  ^t  un  honnßte  homme  **.  In  Bolza's  Canzoni  popokri 
comasche.  Vienna  1867  (Sonderabdruck  der  Sitzungsber.  der  Wiener  Aksi 
Philo8.-hist.  Classe,  Bd.  LIII)  findet  sich  (Nr.  40)  ein  Seitenatück  za  da 
vorstehenden  Spottliedcm,  wo  indeß  ein  armer  Teufel  von  LiandgendaiBa 
der  Gegenstand  des  Spottes  ist,  indem  man  ihm  nach  und  nach  alle  leiie 
Kleidungsstücke  wegnimmt,  obschon  man  sie  ihm  endlich  aus  purem  IfitkiJ 
wiedergibt.   —   Die    erste    der   fünf  Strophen    lautet:   »AI  povero    campagaob 

—  G'han  tolto  la  berrctta,  —  £  per  amöre  ghe  Than  tdmada  a  d&.  —  D«- 
berrettä!  —  E  per  amore  ghe  Than  töinada  a  da**.  Die  letzte:  |,A1  poTcn 
campagnolo  —  G^han  tolto  le  calzette  —  E  per  amore  ghe  i  hau  tdmsde  a 
di.  —  Desberretä,  —  Dcsperrüccä,  —  Desmarsinä,  —  DescalzönA,  —  Descil- 
zettä,  —  E  per  amöre  ghe  i  hau  tornude  a  d^".  —  Das  in  Bede  stehende 
vlämische  Lied  befindet  sich  unter  den  Kinderliedem,  ebenso  Nr.  160  |,Wi( 
zit  er  in  mijnen  toren^,  welches  wie  viele  andere  der  letzteren  bei  einea 
Kinderspiel  gesungen  wird.  Ist  letzteres  der  Fall,  so  ist  stets  die  Besckm- 
bung  desselben  beigefügt  und  so  ersehen  wir,  daß  das  Spiel  und  Lied  n 
denen  gehört,  welche  Mannhardt,  Germau.  Mythen  S.  491  ff«  besprockn 
hat*,  vgl.  besonders  S.  492,  Nr.  1.  Dies  ist  das  vorletzte  Lied  des  erstes 
Theiles  der  Sammlung,  welcher  die  fünf  Unterabtheilungen  NoSls  et  Cantiqaei 

—  Chansons  mystiques  et  moralcs  —  Chansons  narratives,  sagas,  balladei 
et  legendes  —  Chansons  comiques  et  satiriques,  chansons  d'amonr  —  und 
Chansons  d'enfants  enthält.  Über  den  zweiten  Theil  heißt  es  in  der  Vor- 
rede: ^Sous  le  titre  de  po^sies  diverses,  on  trouvera  un  certain  nombre 
de  pi&ces  connues  a  Bruges  sous  le  nom  gcudral  de  tellingcn.  On  appelle 
ainsi  des  po^sies  populaires,  dont  les  m^lodies  originales  sont  oubli^s  on 
perduesy  et  qui  sc  cbantcnt  k  peu  pr^s  toutes  sur  un  m€me  air  non  rhythme 
et  tr^s  monotone  ....  Les  tellingen  servaient  a  supputer  le  nombre 
des  mailies  faites  par  les  dentelli^res  dans  la  confectiou  de  la  dentelle  dite 
annouwsel,  tr^s-en  vogue  k  la  fin  du  si^cle  demier  et  au  commencemeot 
du  si^cle  actuel.  Pendant  le  temps  necessaires  k  la  recitation  d'un  yeis,  li 
dentelli^re  faisait  une  maille  et  la  maintenait  par  une  Ringle.  Le  nombre 
des  vers  d^bit^  d^terminait  ainsi  le  nombre    des    mailies    ou    des    ^pinglei. 


LITTERATUR:  L00TEN6  ET  FEY8,  CHANT8  POPÜLAmEB  FLAMAND8.     377 

Dans  les  ^coles  des  filenses,  les  tellingen  etaient  pareillement  chant^s,  pour 
rögler  sans  doute  les  divers  mouvements  du  rouet;  mais  dans  les  ^coles  de 
couture  et  de  tricot,  ils  servaient  de  distraction  pendant  le  travail  .  •  .  •  Nous 
avoBS  distribud  les  tellingen  en  qnatre  classes:  1®  un  r^cit  biblique ;  2°  les 
nombres;  3^  les  po^sies  narratives;  4®  les  tellingen  proprement  dits^  sur 
lesquels  nous  allons  donner  quelques  dclaircissements.  —  Au  premier  aspeet, 
ces  compositions  sont  d^une  bizarrerie  et  d'une  incoh^rence  inexplicables ,  et 
Ton  sc  demande  si  ce  n^est  pas  lä  une  espfece  de  defi  port^  au  sens  commun. 
Toutefoisy  apr^s  un  ezamen  plus  attentif,  on  reste  convaincu  que  ces  tellin- 
gen sont  un  assemblage  de  Fragments  r^unis  au  hazard,  et  provenant  de  pi6ces 
satiriques  ,  de  chansons  profanes ,  de  legendes  religieuses  ou  historiques, 
d'hymnes  de  TEglise  et  'de  croyances  superstitieuses  .  .  .  nous  j  avons  ren- 
contr^  beaucoup  de  fragments  de  chansons  qoi  fignrent  dans  la  premi^re  partie 
de  ce  volume.  C*est  pour  ce  motif ,  et  &  la  demande  expresse  de  plusieurs 
savants  que  nous  nous  sommes  decid^s  k  donner  ces  productions  singuli^res. 
Teiles  qu  elles  sont,  elles  remontent  par  une  tradition  non  interrompue,  jusque 
vers  1730^  sans  qu*aucun  changement  appr^ciable  y  ait  ^  apport^  depuis. 
Ces  tellingen  Etaient  repandus  dans  toute  la  Flandre  ...  De  Coussemaker 
a  publik  aussi  des  fragments  assez  ^tendus  qui  ont  ^tö  repris  par  Firmenich, 
dans  les  Germaniens  Yölkerstimmen  .  .  •  Firmenich  a  donn6  des 
chansons  analogues,  une  entre  autres  intitul^  Ellermann  Bellermann 
(III,  163)qu*il  appelle  un  Strange  amalgame^  compos^  de  fragments  de  chan- 
sons populaires  les  plus  diverses.*^  Gehen  wir  zu  den  einzelnen  Unterab- 
theilungen dieses  Theils  über^  so  bildet  der  'R^cit  biblique  in  der  ersten  ein 
Gedicht  'De  Schepping  von  111  Zeilen;  in  der  zweiten  *Les  Nombres  finden 
wir  deren  drei,  von  denen  besonders  das  erste  (p.  260)  zu  einer  Classe  von 
Liedern  gehört;  die  Reinhold  Köhler  in  Benfey's  Orient  und  Occident  2,  558  f. 
zu  dem  jüdischen  Osterliede  Eins  das  weiß  ich,  einig  ist  unser  Gott'  be- 
sprochen hat;  vgl.  mein  Zur  Volk«kunde'  S.  164  f.;  die  dritte  Unterabtheilung 
enthält  sechs  Gedichte  und  die  letzte  eilf  eigentliche  Tellingen.  Was  die 
Herausgeber  über  dieselben  gesagt  haben  und  oben  mitgetheilt  worden  ist, 
findet  sich  vollkommen  bestätigt.  Wer  Lust  und  Geduld  genug  besässe  diese 
Stücke  genauer  zu  durchforschen,  würde  mancherlei  Funde  machen  oder  doch 
Anspielungen  aller  Art  entdecken,  wie  schon  die  Herausgeber  bemerkt  haben. 
Hei  flüchtigem  Durchgehen  derselben  stieß  ich  z.  B.  p.  277  auf  die  Zeile 
(53):  „'k  Wil  dat  de  meeste  dief  van  Brügge  verhangen  ware^.  Hier  ist 
unbedingt  zu  lesen  meesterdief*;  denn  gemeint  kann  nur  sein  die  Geschichte, 
welche  das  altniederländische  Gedicht  *De  deif  van  Brugghe  erzählt,  heraus- 
gegeben in  Haupts  Zeitschrift  5,  385  ff.;  vgl.  Grimm  KHM.  Nr.  192.  —  Auf 
p.  289,  Z.  69  ff.  finden  wir  folgende  Schilderung  des  Genter  Ommegang: 

„Van  Gent  tot  (sie)  in  den  ommegang 

Daar  wandelt  een  reus  en  een*  reuzin  met  den  olifant. 

Z'en  wandelen  niet  alleene, 

Met  hunne  kinderen  kleene, 

Met  hunne  kinderen  wel  bewaard 

Van  't  ro8  Beiaard. 

*t  Ros  Beiaard^  't  ros  Beiaard^ 


378     UTTERATUR:  L    BOCK,  ÜBER  EINIGE  FÄLLE  DES  CONJUNCnVÜS. 

Was  't  Bchoone  peerd! 

Er  hangen  drie  bellen  aan  zgn  steert, 

En  een  flambeeuw  op  zijn  kop, 

Er  zitten  drie  eelmans  kinderen  op!^ 
Über   dergleichen   Aufzüge,   in   Flandern    Ommegang'  genannt ,  b.  meiB 
„Zur  Volkskunde"   S.   70. 

Pag.  290,  Z.   lU  ff.  heißt  es: 

„  Goen  Sint  Jan,  waar  is  uw  moeder? 

—    Mijn  moeder  is  in  den  hemel, 

Hooger  als  en  kemel, 

Hooger  als  een  bonte  koe.^ 
Also  auch  in  Brügge  kennt    man    eine     bunte  Kuh';    zweifelhufl    aber 
ist,    ob  die  nämliche ,  welche  Mannhardt,  Wald-  und  Feldculte  1,   190  (r^ 
195,  Anm.)  bespricht;  warum  wird  sie    als    hoch*  bezeichnet?    Und    endlick 
p.   291^  Z.    15  ff.  lesen  wir: 

„Als  al  mijn  noten  zullen  kraken. 

Als  wij  met  de  schelletjes  over  de  zee  zullen  geraken.'' 
Hier  wird  ohne  Zweifel  auf  den  Aberglauben  angespielt ,  nach  welchem 
die  Hexen  in  Schalen  über  die  See  fahren;  gewöhnlich  sind  es  freilich  Eier- 
schalen, weshalb  man  dieselben  auch,  wann  man  Eier  gegessen,  zerbrechen 
soll;  so  in  England,  s.  v.  d.  Hagens  Germania  oder  Jahrbuch  u.  s.  w.  7, 
438,  Nr.  31;  in  Holland,  s.  Notes  and  Queries  3,  387,  Nr.  9  (Choice  Notes 
from  N.  and  Q.  London  1859,  p.  7)  und  in  Portugal,  wie  ich  aus  einem 
portugiesischen  Gedichte  ersehe;  doch  glaube  ich  auch  statt  der  Eierschalen 
Nußschalen  bei  solchen  Seefahrten  der  Hexen  erwähnt  gefunden  zu  haben. 
Wir  sehen  also,  daß,  wie  bereits  bemerkt,  sich  bei  sorgfältiger  Durchforschung 
dor  Teilingen  mannigfache  Ausbeute  gewinnen  Hesse. 

Ehe  ich  die  vorliegende  verdienstvolle  Sammlung  verlasse,  die  durch 
Beigabe  der  Melodien  einen  um  so  höhern  Werth  erlangt  hat,  will  Ich  noch 
erwähnen,  daß  ausser  einem  sehr  vollständigen  Inhaltsverzeichniss  auch  ein 
alphabetisches  Verzeichniss  der  Liederanfänge  die  bequeme  Nutzbarkeit  dar 
Arbeit  bedeutend  erhöht,  während  andererseits  die  Abwesenheit  sprachlicher 
Erklärungen,  namentlich  der  dialektischen  Idiotismen,  sich  den  Nicht-Brttggem 
zuweilen  sehr  fKhlbar  machen  wird. 

LÜTTICH.  FELIX  UEBRECHT. 


Ludwig  Bock,  Über  einige  Fälle  des  Conjunctivus  im  Mittelhochdeutschen. 
Ein  Beitrag  zur  Syntax  des  zusammengesetzten  Satzes.  Straßburg  (Trübner) 
1878.  Vm  und   74  S.   8. 


Bei  der  Untersuchung  syntaktischer  Erscheinungen  kann  man  auf 
fache  Weise  zu  Werke  gehen.   Die  eine  Methode  möchte  ich  die  rlminijiÜH 
nennen^    sie    sagt   einfach:    zu    der  Zeit    tritt   die    und  die  ' 
daneben  jene  andere,  zu  einer  anderen  Zeit  wieder  ^^ 
Construction.     Der  zweite  Standpunkt  ist  der  hj 
einer  Construction  allmählich  eine  aadeie  wi** 
einselnen  Encheinungen   bis  in   ihve  ÜMi 


LITTERATITR:  L.  BOCK,  ÜBEB  EINIGE  FÄLLE  DES  CONJUNCTIVUS      379 

der  Arbeit  Bock's  gegenüber  auf  den  ersteren  Standpunkt,  so  können  wir  nicht 
umhin ,  ihr  ein  entschiedenes  Verdienst  zuzuerkennen.  Es  sind  zwar  meist  auf 
der  Hand  liegende  Dinge y  die  B.  feststellt:  die  Behandlung  des  Modus  nach 
Comparativ  und  Superlativ,  in  den  Nebensätzen  bei  ^Es  ist  Sitte,  es  muß 
sein  etc/,  in  den  Nebensätzen  bei  imperativischem  Hauptsatze;  der  Modus 
nach  negiertem  Hauptsatze,  nach  den  Begriffen:  „glauben,  überzeugt  sein*^. 
Allein  die  hier  geltenden  Regeln  sind  nirgends  mit  der  nöthigen  Klarheit  und 
Entschiedenheit  ausgesprochen,  deshalb  auch  vielfach  verkannt  worden ;  daher 
sind  die  hierauf  bezüglichen  Darlegungen  Bock's  sehr  nützlich  und  er- 
wünscht. Von  weniger  verbreiteten  Erscheinungen  erwähne  ich  die  Modi- 
ficationcn,  welche  eintreten,  wenn  der  regierende  Comparativsatz  hypothetisch 
ist,  den  Conjunctiv  nach  alle  und  den  Conjunctiv  im  Folgesatz  nach  posi- 
tivem Hauptsatz. 

Soweit  Bock's  Arbeit  in  Beziehnung  auf  den  descriptiven  Standpunkt. 
Wer  aber  höhere  sprachwissenschaftliche  Tendenzen  verfolgt,  der  kann  sich 
damit,  mit  der  Feststellung  der  Thatsachen,  nicht  begnügen,  der  muß  sich 
der  historischen  Behandlungsweise  zuwenden.  Und  diesen  Standpunkt  nimmt 
in  der  That  B.  in  seiner  Einleitung  ein.  Er  will  beobachten,  wie  in  der 
späteren  Sprache  der  Indicativ  weiter  vorruckt  und  wie  die  verschiedenen 
Arten  des  Gedankenausdrucks  miteinander  kämpfen ;  auch  in  den  Schluß- 
worten bewegt  sich  Bock  auf  den  Höhen  historischer  Betrachtung.  Aber  der 
eigentliche  Kern  der  Arbeit  will  dem  nicht  recht  entsprechen,  und  für  die 
Erkenntuit-s  der  historischen  Vorgänge  innerhalb  der  mittelhochdeutschen 
Periode  hat  der  Verfasser  viel  weniger  geleistet  als  er  bei  richtigerer  Methode 
hätte  leisten  können.  B.  gibt  seine  Beispiele  nach  Jahrhunderten  geordnet: 
gut.  Aber  nirgends  erfahren  wir  auch  nur  das  Geringste  darüber,  daß  im 
14.  Jahrhundert  der  Indicativ  im  Vergleich  mit  dem  Conjunctiv  zahlreicher 
geworden  ist;  es  ist  nicht  zu  ersehen,  ob  B.  das  überhaupt  sicher  erkannt 
hat.  Weiter  hat  B.  seine  Belege  danach  gruppiert,  ob  das  Verbum  finitum 
ein  Hülfsverbum  ist  oder  nicht.  Ob  er  den  Gedanken  von  Scherer  hat,  weiß 
ich  nicht;  jedenfalls  ist  es  ein  Scherer'scher  Gedanke  und  zwar  ein  beher- 
zigenswerther.  Aber  vergebens  befragen  wir  Bock,  ob  nun  wirklich  ein  Zu- 
sammenhang zwischen  dem  Häufigerwerden  der  Hülfsverba  und  dem  Zuiück- 
weichen  des  Conjunctivs  besteht.  Weiter  unterscheidet  B. ,  ob  bei  dem  Verbum 
eine  Partikel  steht  oder  nicht,  weil  er  die  Anschauung  von  Lidforss  billigt^ 
daß  möglicherweise  bei  gesetzter  Partikel  die  Modalität  durch  diese  schon 
hinlänglich  bezeichnet  sei,  und  daß  daher  die  Sprache  sich  mit  dem  blossen 
Indicativ  begnügen  könne.  Er  meint,  die  Beobachtungen  Lachmann's  über 
den  Gebrauch  und  die  Bedeutung  von  ie  und  iemerf  nie  und  niemer  hierher 
beziehen  zu  können,  während  doch  Lacbmann  gerade  das  Umgekehrte  gethan 
hat,  den  Einfluß  der  Modalität  des  Satzes  auf  diese  Partikeln  untersucht  hat. 
Und  schließlich  ist  das^  was  ß.  gibt,  nichts  anderes:  er  sagt,  in  dem  und  dem 
Satze  werden  jene  Partikeln  so  und  so  verwandt,  was  kaum  in  den  Bereich 
seiner  Untersuchung  hexeingehört.  Ein  letzter  Gesichtspunkt  fär  6 
seiner  Belege  ist  Bock  die  Frage,  ob  der  Modus  ein  präsentiflch 
präteritaler  ist.  Trotzdem  ist  es  ihm  entgangen,  daß  der  C 
Nebensatz  einer  Aufforderung  viel  häufiger  ist,  wenn  das  V^Aiwa. 
als  wenn  es  im  Präteritum  steht.     Auch    dadxxtcYi    \«X.    %^t 


38(^     LITTERATUR:  L.  BOCK,  ÜBER  EINIGE  FÄLLE  PKS   CONJUNCTTITW 

geworden ,  daß  von  seinen  Beispielen  des  Conjunetivs  Prftteriti  nach  Cob- 
parativ  fast  sämmtlichc  im  Reimo  stehen.  So  richtig  und  gut  gewiklt  il» 
an  sich  die  von  Bock  für  die  Eintheilung  verwertheten  Geaicfatspankte  siid. 
so  wenig  sind  sie  für  ihn  bezw.  für  die  Erweiterung  unserer  Kenntniaae  fiaek- 
bar  geworden ;  wenn  er  seine  Beispiele  nach  der  Zahl  der  in  ihnen  enW> 
tenen  Silben  eingetheilt  hätte,  wäre  der  Erfolg  nicht  anders  geweien.  Fir 
alle  die  aufgeworfenen  Fragen  heißt  es  einfach:  zählen  und  VerhftltniaaaUei 
geben.  Das  ist  von  Bock  nicht  geschehen;  auch  sind  aus  dem  von  ihm  ge- 
botenen Material  diese  Verhältnisszahlen  gar  nicht  zu  entnehmen.  Ich  htm 
daher  leider  dem  Berichterstatter  der  Augsb.  AUg.  Zeitung  nur  in  tehr  be 
schränktem  Masse  beistimmen,  wenn  er  Bock's  Untersuchang  als  eine  g^ 
diegene  Vorarbeit  för  eine  allgemeine  historieche  deutsche  Syntax  beseicluMt 
Wer  eine  solche  unternimmt,  muß  den  ganzen  Stoff  gerade  noch  eininal  dai^ 
arbeiten. 

Es  ist  begreiflich,  daß  dieser  Mangel  an  historischem  Sinn  sich  anek 
ffihlbar  macht,  wenn  Bock  die  einzelnen  syntaktischen  Erscheinnngen  zu  er 
klären  versucht.  Bezeichnend  für  seine  Anschauungen  ist  es,  daß  er  w«U 
von  der  Bedeutung  eines  Conjunctivs,  nie  aber  von  seinem  Ursprnif 
redet.  Von  einer  Herleitung  der  Modi  im  abhängigen  Satze  aus  denen  te 
unabhängigen  ist  nirgends  eine  Spur.  Wem  es  so  speciell  auch  nm  die  E^ 
klärung  der  Thatsachen  zu  thun  ist,  der  hätte  doch  etwas  mehr  darauf  Rflck- 
sicht  nehmen  müssen,  wie  Andere  dabei  verfahren ;  er  hätte  vor  allen  Dingn 
von  Erdmann  Vieles  lernen  können  far  seine  ganze  Auffassnngsweise. 

Unrichtig  ist  es,  wenn  er  den  Conjunctiv  nach  den  Begriffen  ,,glaiibeB. 
überzeugt  sein^  als  einen  Conjunctivus  der  Nothwendigkeit  auffaßt,  noch  n- 
richtiger  y  wenn  er  ihn  mit  dem  Conjunctiv  nach  ^es  ist  ist  Sitte  etc.^  lud 
dem  Conjunctiv  nach  imperativischem  Hauptsatz  identificiert.  Er  meint:  -die 
Kategorie  der  Möglichkeit  und  Nothwendigkeit  kann  nicht  nach  der  der  Wiii- 
lichkeit  erst  geworden  gedacht  werden".  Darauf  will  ich  nur  eines  erwiden: 
wenn  irgendwo,  so  gilt  für  die  Entwickelang  der  menschlichen  VorHtellungfi 
der  Satz  Humes,  daß  ein  propter  hoc  nur  die  Folge  eines  wiederholten  pn' 
hoc  sei ;  nur  nachdem  der  Mensch  Hunderte  von  Malen  die  Erfahrung  von  der 
Wirklichkeit  einer  Erscheinung  gemacht  hatte,  konnte  er  zn  der  VorsteDing 
ihrer  Nothwendigkeit  gelangen.  Wenn  B.  femer  meint,  es  habe  eine  Zeit 
gegeben,  y,wo  man  den  Indicativ  noch  nicht  fär  den  Ausdruck  der  Gewißheit 
^es  ist  habe  setzen  können'',  so  widerstreitet  das  einfach  den  Thatsachen  der 
indogermanischen  Syntax. 

Wie  dieser  Conjunctiv  nach  „glauben''  etc.  zu  erklären  sei,  scigf 
ich  Zeitfolge  der  abhängigen  Rede  im  Deutschen  p.  20  ff.  Der  ConjanctiT 
nach  „es  ist  Sitte"  etc.  entstammt  wohl  dem  selbständigen  Anffordeningt- 
satz.  Den  gleichen  Ursprung  hat  nach  meiner  Ansicht  der  Conjunctiv  in 
Nebensatze  des  Aufforderungssatzes.  Anschaulich  zeigt  das  noch  heute  dif 
parataktische  Redeweise  des  gemeinen  Mannes.  Der  Bauer  aa^^  s.  B.  n 
seinem  Sohne:  bring  mer  e  Messer,  *s  muß  awwer  scharf  aeiä.  Das  viit 
mhd. :  bring  mir  ein  mezzer :  daz  si  scharf.  Versetzen  wir  ona  noch 
weiter  in  die  Zeit  zurück,  wo  noch  die  Wortstellung  im  Hanptaatxe  mOgfiek 
war,  die  heut  zu  Tage  der  Nebensatz  zeigt,  so  erhalten  wir  „ein  nezier 
bring,    daz    scharf    si"  und  damit  die  firagliche  Constructiony  wie  ale  B.  ht- 


MISCELLEN.  3gX 

spricht.      Durch  diese  Entstehungsweise  erklärt  sich    auch,  weshalb    das  Prä- 
teritum   in    diesen  Sätzen  viel   seltener    im  Conjunctiv  steht  als  das  Präsens. 

Irrig  ist  auch  z.  B.  was  B.  zur  Erklärung  des  blossen  Indicativs  nach 
positivem  Comparativ  sagt.  Er  meint  unter  Anderem ,  daß  man  bei  Hülfs- 
zeitwörtem,  „wie  sie  denn  einmal  an  Gewicht  und  Ton  verloren  haben-, 
auch  bald  auf  die  Ausgestaltung  der  jedesmal  ganz  adäquaten  Form  weniger 
Rücksicht  genommen  habe^.  Das  müßte  sich  doch  vor  Allem  an  den  Hülfs- 
zeitwörtern  haben  und  sein  zeigen,  was  thatsächlich  nicht  der  Fall  ist. 

Nicht  billigen  kann  man  das  Verfahren  B.'s,  wenn  er  aus  der  ver- 
schiedenen Behandlung  zweier  Sätze  im  Neuhochdeutschen  auf  ursprüngliche 
principielle  Verschiedenheit  derselben  schließt.  In  der  älteren  Sprache  ist  es 
für  die  Consecutio  temporum  ganz  gleichgültig,  ob  der  Hauptsatz  positiv  oder 
negativ  ist;  und  doch  macht  das  Nhd.  hier  einen  Unterschied  (s.  meine  Zeit- 
folge der  abhängigen  Rede  im  Deutschen  p.  ß9). 

Zum  Schluß  noch  zwei  Einzelnheiten.  Wie  kommt  B.  p.  30  zu  dem 
Satze,  daß  beim  Conjunctiv  nach  Superlativ  stets  ie  oder  ifmtr  stehe,  wäh- 
rend er  selbst  p.  31  ein  Beispiel  anführt  —  Kehr.  1266  — ,  wo  dies  nicht  der 
Fall  ist?  Und  femer,  wie  vermag  B.  zu  entscheiden,  daß  gewunnen  Bari.  151, 
27  (p.  12),  wurden  Eckh.  400,  22  (p.  13),  künde  Veldccke  MF.  57,  22  (p.  17) 
Indicativ  und  nicht  Conjunctiv  ist? 

HEIDELBERG,  den  11.  August  1878.  OTTO  BEHAGHEL. 


MISCELLEN. 


Personalnotizen. 

Dr.  F.  Bechtel  hat  sich  an  der  Universität  Göttingen  für  Linguistik 
habilitiert. 

Der  Privatdocent Dr.  Aldabert  Bezzenb erger  an  der  Universität  Göt- 
tingen ist  zum  ausserordentlichen  Professor  ernannt  worden. 

Dr.  Wilhelm  Creizenach  hat  sich  an  der  Universität  Leipzig  für 
neuere  deutsche  Literatur  habilitiert. 

Dr.  Joseph  Seemüller  hat  sieh  als  Privatdocent  der  germanischen 
Philologie  an  der  Universität  Wien  habilitiert. 

Dr.  R.  M.  Wagner  hat  sich  an  der  Universität  Graz  ffir  deutsche 
Sprache  und  Literatur  habilitiert. 

t  8.  April  1879  Professor  Dr.  Alois  Lütolf  in  Bern  im  55.  Le- 
bensjahre. 

t  3.  Mai  1879  Joseph    Maria  Wagner   in  Wien   im  41.  Lebensjahre, 
t   IG.  Mai  1879  der  Rector  a.  D.  Georg  Schambach  in  Einbeck. 


382  MI8CELLEN. 


Zu  Oennania  XXTTT,  52. 

Freudhof  fOr  Friedhof    findet    sich  in  den    Vol ksm&h rchen    ron 
N.  Vogel,  Wien  1837,  S.  55  und  60.    Auch  anderwftrts  meine  ich  FrcadW 
schon  gelesen  zu  haben. 

WEIMAR.  BEINHOUD  KÖHLER. 


Sanct  Dorothea. 

Der  Druck  des  Gedichtes  von  Sanct  Dorothea,  welchen  SteiiUMTfr 
in  Wagners  Archiv  1873,  S.  232  flP.  beschreibt,  ist  in  den  Besitz  von  Ajitiqis- 
buchhäudler  Albert  Cohn  in  Berlin  übergegangen  und  in  dessen  Katälofe 
CXXV,   S.   62  für  180  M.  zum  Kauf  angeboten.  K.  BARTSCH. 


Zu  Otfrid. 

Piper  bemerkt  Otfrid  Einleitung  p.  45  Folgendes:  «zur  Aufhellang  ^ 
Geschichte  der  Hds.  P  könnten  noch  die  Worte  beitragen,  welche  nntoa  irf 
S.  90  n  eingekratzt  sind:  Kicila  diu  scoaza  (scolta?)  nuiz  filo^,  und  er  dedkt 
bei  Kicila  au  Gisela,  die  Gemahlin  Konrads  des  Saliers.  Seemfiiler  dagvgn 
(Anzeig.  V,  190)  will  scoaza  in  suaza  ändern;  nach  dessen  Meinung  ist  das  gme 
nichts  Anderes  als  ein  Zeichen  der  Erinnerung  an  eine  „sfiase  Gisela",  St 
ein  verliebter  Leser  statt  in  Baumrinde  in  das  Pergament  der  Hs.  kratite. 
Beweisen  läßt  sich  Piper's  Vermuthung  nicht;  diejenige  Seemfiller*s  iiK 
sicher  unrichtig.  Es  war  von  vornherein  zu  vermuthen,  daß  Piper  fdbck 
gelesen,  denn  eine  derartige  Randbemerkung  ist  doch  wohl  Autograph,  sieht 
Abschrift.  Und  so  ist  e.s  in  der  That;  es  steht  da:  Kitila ^  dann  in  neaei 
Zeile  diu  scona  min  filo\  darunter  noch  die  oberen  Reste  eines  l  and  y,  dt- 
zwischen  Raum  etwa  für  einen  Buchstaben^  der  mit  den  unteren  Theilen  da 
/  und  des  J  beim  Einbinden  abgeschnitten  worden.  Dieses  letzte  Wort  kav 
nur /o«  geheissen  haben.  Also:  ^Kizila  die  schöne  hat  viel  von  mir  gelesea'* 
sagt  das  Buch. 

HEIDELBERG,  Sl.  Mai  1879.  OTTO  BEHAGHEL. 


Deutsche   mittelalterliche  HandBchriften  der  Ffirst-Georgs-Bibliothek  n 

Dessau. 

(Fortsetzung.) 

9. 
Beschreibung  der  Seuchen  und  ihrer  Behandlung.   • 

Ein  in  zwei  (mit  gepreßtem  Pergament  überzogenen)  Pappdeckeln  feH 
gebundener  Folioband,  39  c.  hoch,  27  c.  breit,  sauber  geschrieben,  voizüf- 
lieh  gehalten  y  wahrscheinlich  der  2.  Hälfte  des  15.  Jahrb.  angehörig.  Cbff 
die  Provenienz  desselben  gibt  eine  handschriftliche  Bemerkung  eines   firftlMn 


MI8CELLEN.  383 

Besitzers  auf  der  InneDseite  des  vordem  Deckels  einigen  Aufschloß:  »Dis  buch 
habe  ich  graff  Hans  albrecht  von  Mansfeldt  deme  durchleuchtigen  hochgebomen 
Furststen  und  Hern  Hern  Jochim  Ernsten  Furststen  zu  Anhalt,  Gräften  zu  asca- 
uien  Hern  zu  Zerbst  vnd  Bemburk^  den  30.  Januarij  zu  Dessau  . . .  ge- 
schenkt vnd  den  5.  Februarij  geschikt  a.  1525^.  Der  Codex  besteht  aus 
274  beschriebenen  Blättern,  welche  in  Lagen  zu  12  Blättern  liegen.  Diese 
12  Blätter  sind  in  den  ersten  4  Lagen  je  10  Papierblätter,  um  welche  sich 
gleichsam  als  Umschlag  2  Pergamentblätter  legen.  Von  Lage  5  an  bestehen 
sämmtliche  Lagen  ausschließlich  aus  Papier.  Das  Papier  trägt  als  Wasser- 
zeichen  eine  Krone  über  einer  einem  gothischen  Majuskel-M  ähnlichen  Figur. 
Die  Lagen  waren,  wie  es  scheint,  ursprünglich  sämmtlich  signiert  (jedesmal 
auf  der  ersten  Seite  unten),  doch  sind  die  meisten  Signaturen  beim  Einband 
abgeschnitten  worden,  nur  auf  Bl.  25,  181  und  229  finden  sie  sich  noch, 
auf  Bl.  265  zeigt  sich  noch  der  obere  Rand  einer  alten  Signatur.  Eine  alte 
Paginierung  zeigt  der  Codex  von  Bl.  13 — 24,  doch  ist  dieselbe  durchaus  fehler- 
haft. Custoden  hat  die  Handschrift  nicht.  Die  ursprüngliche  Handschrift  reicht 
bis  Bl.  271.  Dann  folgen  Bemerkungen  einer  zweiten  und  auf  Bl.  273  einer 
dritten  Hand.  Den  beschriebenen  Blättern  gehen  drei  leere  Papierblätter  voraus 
und  ebenso  sind  die  beiden  letzten  Blätter  der  letzten  Lage  leer  (nur  daß 
auf  der  letzten  Seite  des  Codex  von  einer  vierten  Hand  ein  Medicament 
gegen  „den  worm  der  pferd^  verzeichnet  ist).  Die  Seiten  sind  zweigespalten, 
die  Spalten  haben  40 — 42  Zeilen,  der  beschriebene  Raum  ist  jedesmal  von 
4  Linien  eingefaßt  und  liniert.  Überschriften,  Capitelbezeichnungen  u.  dgl. 
sind  roth,  die  Anfangsbuchstaben  der  Capitel  bald  roth,  bald  blau.  Im  Texte 
sind  viele  grosse  Anfangsbuchstaben  durch  einen  rothen  Strich  hervorgehoben. 
Leere  Partien  im  Codex  weisen  darauf  hin,  daß  man  denselben  wohl  mit 
kunstvoll  ausgeführten  Initialen  und  Ahnlichem  auszustatten  beabsichtigt  hatte. 
Das  Werk  zerfällt  in  zwei  grosse  Hälften,  von  denen  die  erste  von  Bl.  1 
bis  132  in  sieben  Büchern  die  Krankheiten,  die  zweite  von  Bl.  133 — 271 
in  fünf  Rüchern  deren  Behandlung  beschreibt.  Den  Büchern  2 — 7  der  ersten 
Hälfte  sind  Register  vorausgeschickt  Der  Codex  beginnt:  „In  dißem  buche 
wirt  be  |  schrebin  eyne  igliche  aewche  |  vnd  gebrechin  dy  ok  möge  |  werden 
an  des  menscbin  leibe  |  von  dem  houpte  biß  an  dy  |  fuße^  vnd  werdin  in 
dißem  |  buche  dy  krangheit  adir  aewche  I  adir  gebrechin  geschrebin  |  laty- 
nisch  vnd  daz  latyn  vorbas  ym  |  duczschen  wirt  ergintlichin  vßgeleit  |  ynand 
mit  langin  reden  ynand  mit  |  knrczin  uff  das  man  is  dester  baß  |  möge  wissen 
vnd  irkennen  ym  gemeyne  |  was  dy  sewche  adir  gebrechin  syn  |  an  dem  leibe 
des   menschin**   u.  s.  w  W.  HOSÄUS. 


Bratmisse. 

Wenn  eyne  Bruthmisse  gesungen  wert,  schal  me  den  köstern  to  lü- 
dende geven  VIU  ßl.  sundisch  unde  den  Pulsanten  up  den  Thom  e3rne  Mölye. 

Rostocker  Hochzeitsordnung  des  15.  Jahrhunderts  in  Selecta  jurid. 
Rostoch.  I  (1741),    128.     Das  Wort  fehlt  im  mnd.  Wörterbuch. 


384  MI8CELLEN. 

Dteikönigibildchen. 

Ein  altes  Mirakelbfichlein  von  den  bl.  Dreikönigen  &•  1722  wieder 
aufgelegt,  besagt  S.  25:  y^Von  Hex-  und  Zauhereyen  dtrtn  $eind  wol  taummd- 
mal  durch  dergleichen  Bilder  oder  Pfenningen  vertrieben  und  verhindert  worden. 
Also  wirst  du  mit  diesen  (Dreikönigs-)  Bilderen  auf  Otteren  und  BasOiskeD 
geben  und  zertrennen  Löwen  und  Dracben  nämlieb  Zauberer  und  deren  Un- 
holden und  Nacheteliungen'^ ,  (Collen  zu  bekommen  in  der  Mutter  Grottes 
Capellen  im  Hoben  Tbumb  bei  denen  zeitlicben  Herren  Offizianten  daselbst 
Qüldenes  Handbücblein.)  A.  BIRLINGER 


Meister  Hemmerlin  =  Teufel. 
Zum  D.  WB.  IV,  2,  3J7  (Heyne). 

Wie  sieb  aber  diser  scbamloss  Menscb,  dieser  unbestandbaftiger  wan- 
kelmüthiger  Lutber  bemacb  als  er  mit  seinem  Tiscbgesellen  mit  deme  er 
mebr  als  ein  Salzscbeuben  auffgefressen  mit  deme  er  aucb  bei  der  Nacht 
disputiert  und  von  yme  dem  Meister  Hemmerlin  gelemet  Meß  balten,  in 
bessern  kuntschaft  geraten  ist,  sieb  selb  Lüg  gestrafft,  ins  Maul  geschlagen 
dasselbig  zu  einer  Tascben  und  Lügenberg  gemacbt  bab.  (Leicbpredigen  t. 
J.  Feucbtius,  Colin   1601,  S.   195.)  A.  BIRUNGER, 


8.  Johannes  Danti  Anno  1874. 

Diese  Zeit  erbub  sieb  ein  Firlefautz 
hieß  man  Sanct  Johans  Dantz 
Junge  und  alt  sein  gelauffen 
mit  Buberey  zu  bauffen 

So  heißt  es  in  der  „Reimchronik  der  Stadt  Nieder  Wildungen  von  Veit 
Weinberg  Stadt  Schreiber  zu  N.  Wildungen",  vom  J.  1575,  die  bis  dahin 
noch  nicht  herausgegeben  ist.  Welcher  Tanz  mag  gemeint  sein?  Ist  an  das 
Schwärmen  böser  Geister  in  der  Johannisnacht  zu  denken,  an  das  Sachen 
versunkener  Schätze  (Gr.  M.  922  ff.  Simrock  Hdb.  2.  Aufl.  585.  Birl.  I, 
228)?  Zur  Zeit  des  Veit  Weinberg  (f  12.  Jan.  1580)  muß  der  , Sanct 
Johans  Dantz"  noch  bekannt  gewesen  sein,  da  der  Chronist  die  einlache 
Notiz  ohne  jegliche  Erklärung  gibt,  was  sonst  nicht  seine  Weise  ist. 

PARCHIM.  A.  FRETBE. 


Asohenpüater. 

Nostratesy  denotaturi  hominem  obscumm  et   misanthropum    eandem  per 
ludibrium  appellant  eenen  Aschenpüster. 
Selecta  jurid.  Bostoch.  3,  24. 


VON  DEN  ZWEI  SANGT  JOHANNSEN. 


Id  dem  Oedicht  Heinzeleins  von  Eonstanz  von  den  zwein  Sanct 
Johansen  wird  bekanntlich  erzählt,  wie  zwei  Nonnen  eines  Klosters 
darüber,  welcher  von  den  beiden  Johannes,  der  Täufer  oder  der  Evan- 
gelist, der  größere  Heilige  sei,  mit  einander  auf  das  heftigste  und  so 
lange  stritten^  bis  eines  Nachts  jeder  von  ihnen  ihr  bevorzugter  Hei- 
liger erschien,  ihr  wegen  ihres  Streites  Vorwürfe  machte,  die  Vorzüge 
des  andern  Johannes  auseinandersetzte  und  ihr  befahl  sich  mit  ihrer 
Gegnerin  zu  versöhnen,  worauf  am  Morgen  beide  zur 'Meisterin  (Äbtissin, 
Priorin)  kamen,  ihr  Alles  erzählten  und  dann  einander  zu  Füßen  fielen 
und  um  Verzeihung  und  Buße  baten. 

Es  wird  vielen  Lesern  unbekannt  sein,  gleichwie  es  den  bis- 
herigen Herausgebern  des  Gedichts  ^)  unbekannt  gewesen,  daß  Cäsarius 
von  Heisterbach  (gestorben  im  viei^ten  Decennium  des  13.  Jahrhunderts) 
in  seinem  Dialogus  miraculorum  (Distinötio  VUI,  cap;  LI)  ganz  das- 
selbe und  zwar  als  zu  seiner.  Zeit  in  einem  Nonnenkloster  der  Diöcese 
Trier  vorgefallen  berichtet').     Seine  Erzählung  lautet  also: 

Duae  sanctimoniales  fuere,  et  adhuc  sunt  ut  puto  in  Lutere  mona- 
sterioDioecesisTreverensis'),  exqnibus  una  specialiter  diligebat  sanctum 
Johannem  Baptistam,  altera  vero  sanctum  Johannem  Evangelistam. 
Quae    quotiens    conveniebant,    inter  se  de  illorum    majoritate    conten- 


,•')  Docen  im  Müseum  f&r  altdeutsche  Literatur  und  Kunst  II,  80  ff.,  Oraff  in 
seiner  Dintiska  11,  240  ff.,  von  der  Hagen  in  seinen  Minnesingern  III,  408  ff.  und 
F.  Pfeiffer  in  seinem   Heinzelein  von  Konstanz'. 

i''  ')  Es   ist  wohl    kaum   nOthig   Aber  Cfisarins   auf  die  treffliche  Schrift  von  Ale- 

xander Kaufmann,  CSsarius  von  Heisterbaeh,  2.  yermehrte  Auflage,  COln  1862,  su  ver- 
weisen. 

■  *>.  *)  Lutere  (Lutra,  Fraulautem),  nobilium  monialinm  coenobina  ordinis  B.  Augu- 

.'.  stinl  D.  Treverensis,  iuxta  oppidum  Saarlonls.  Index  in  Caesarii  Heisterbacensis  Dia- 

.    lognm.  Confluentiae  1857,  S.  26. 

GERMANIA.  Nene  Ri^iho  XII.  (TXIT.  Jskrg.)  26 


386  R.  KÖHLER 

debanty  ita  ut  magistra  quandoque  vix  posset  eas  compescere.  IIU 
omnia  dilecti  soi  praevilegia  in  medium  proponebat,  cui  ista  sui  dilecti 
praerogativis  v  alide  satis  obviabat  Nocte  quadam  ante  matutinas  sanc- 
tus  Johannes  Baptista  suae  dilectrici  in  somnis  apparens,  sie  ait: 
^Soror,  noveris  sanctum  Jofaannem  Evangelistam  me  majorem.  Non- 
quam  homo  castior  fuit  iilo,  mente  simul  et  corpore  virgo^).  Ipsom 
Christus  ad  Apostolatum  elegit;  ipsum  ceteris  Apostolis  plus  dilezit*); 
ipsi  gloriam  suae  transfigurationis  ostendit.  Ipse  beatissimus  in  pectore 
Jesu  in  Coena  recubuit^;  ipse  morienti  astitit^);  ipsi  virgini  Christus 
yirgo  matrem  virginem  commendavit »).  Ipse  ceteris  Evangelistis  altios 
volans^)  et  oculos  mentis  in  rotam  divinitatis  plenius  defigens,  Evan- 
gelium suum  sie  exorsus  est:  In  principio  erat  Verbum,  et  cetera. 
Scripsit  et  Apocalypsim,  qua  nihil  in  coelestibus  figuris  obscurius  est*). 
Plurima  etiam  pro  Christo  passus  est  tormenta,  flagella,  fervens  oleum'), 
exilia.  Ecce  propter  ista  et  alia  multa  sua  praevilegia  major  est  me 
et  dignior.  Mane  ergo  voces  sororem  tuam  ante .  magistram ,  et  pro- 
cidens  ante  pedes  illius  pete  ut  ignoscat  tibi,  quod  totiens  eam  ex- 
acerbasti  mea  causa.'  Quae  ad  signa  matutinalia  expergefacta  de  tarn 
clara  visione  cogitare  coepit.  Dictis  vero  matutinis,  cum  se  alten 
sopori  dedisset,  sanctus  Johannes  Evangelista  per  visum  affiiit,  et 
sub  sensu  verborum  herum  suam  allocutus  est  dilectricem:  'Soror, 
scias,  beatum  Johannem  Baptistam  longo  majorem  esse  me.  Inter  naloi 
mulierum^  teste  Christo,  non  surrexit  major  illo*).  Ipse  Propheta  est 
et  plus  quam  Propheta'®).  Ab  angelo  est  annunciatus^'),  a  sterili  matie 
contra  naturam   conceptus '') ,    in  utero  supra  naturam  sanctifieatos  ^ 


*)  Vgl.  Heinzelein  Str.  47,  1. 

*)  Heins.  48:  [Got]  in  üs  der  swelfboten  schar  ie  sonderlichen  meindo. 

')  Heins.  49:  d6  er  üf  gotes  brOste  . . .  entsUef. 

*)  Heins.  63—64:  [dd]  in  die  jonger  über  al  gar  flflhtecliche  lieien:  D6  wollt 
Ton  im  scheiden  niht  Jdhannes  der  vil  guoter. 

^)  Heins.  64:  Got  im  enpfalch  in  sine  pfliht  die  sine  sarte  maoter. 

*)  Heins.  48 — 49 :  ich  wene  niht  das  ie  kein  ar  sd  hdhen  flog  ertweinde  Alsaa 
der  werde  SSwangelist. 

^)  Vgl.  Heins.  55  and  56. 

*)  Heins.  61 :  Dd  in  Domici&nns  sties  in  wallende  Ql  semAle  . . . 

*)  Heins.  26:  Got  sprichet  selber,  das  nie  wib  den  sinen  gends  gebwe. 
'*)  Heins.  31 :  ob  den  proph§ten  ist  sin  nam  genennet  und  gerfiemet. 
**)  Heins.  23:  jA  wart  durch  Gabridles  mont  sin  name,  sin  leben  gekündet 
**)  Heins.  27:  Er  kam,  dar  an  man  wnnder  spürt,  von  nnberiuifteiB  stamB«. 
**)  Heins.  27 :  er  wart  geheiüef^oX  ^aiL^«  ^%\&cl  la  ainer  maoter  Wamme. 


VON  DEN  ZWEI  8ANCT  JOHANNSEN.  387 

in  heremo  sine  omni  peccato  conversatus  ^).  Quod  de  nie  diei  non 
potesty  qui  lucris  inhians  inter  saeculares  saeculariter  vixi.  Salva- 
toreniy  quem  in  utero  agnovit*),  inter  turbas  ad  se  venientem  digito 
demonstravit  et  in  Jordane  sacris  manibus  baptizavit^).  Ipse  coelos 
vidit  apertos,  Patrem  audiens  in  voce,  Filium  videns  in  homine,  Spiri- 
tum  sanetum  in  speeie  columbae*).  Tandem  pro  justitia  martyrizatus 
est^).  Ergo  me  major  est.  Unde  hodie  vocare  debes  sororem  tuam 
ante  magistram  tuam,  et  prostemere  te  pedibus  illius,  sieque  eam 
rogare  ut  tibi  ignoseat,  quod  totiens  illam  exaeerbasti,  me  contentiose 
Praecursori  Domini  praeferendo.'  Mane  singillatim  ad  magistram 
veniunt,  quid  viderint  exponunt.  Tunc  simul  se  prosternentes,  et  ab 
invicem,  ut  eis  jussum  fiierat^  veniam  postulantes,  mediante  matre 
spirituali  reconciliatae  sunt,  monente  illa  ne  de  cetero  de  meritis 
sanetorum  contenderent,  quae  soli  Deo  nota  sunt. 

Vergleicht  man  diese  Erzählung  des  Cäsarius  mit  Heinzeleins 
Gedicht,  so  weichen  beide,  was  den  erzählenden  Theil  betrifft,  nur  ganz 
unwesentlich  von  einander  ab,  insofern  nämlich  bei  Cäsarius  zuerst 
die  Erscheinung  Johannes  des  Täufers  und  dann  die  des  Evangelisten 
berichtet  wird,  bei  Heinzelein  aber  es  umgekehrt  ist,  zweitens  insofern 
bei  Cäsarius  Johannes  der  Täufer  'ante  matutinas',  der  Evangelist 
'dictis  matutinis'  erscheint,  Heinzelein  aber  ausdrtlcklich  (Str.  41)  an- 
gibt, daß  beide  Heilige  ihren  Verehrerinnen  ganz  zu  derselben  Zeit 
eines  Nachts  erschienen  seien,  und  endlich  insofern  bei  Cäsarius  die 
Heiligen  den  Nonnen  im  Schlaf,  bei  Heinzelein  im  Wachen  erscheinen. 
Was  aber  die  Reden  der  beiden  Heiligen  betrifft,  so  legen  Cäsarius 
und  Heinzelein,  wie  man  aus  den  oben  unter  dem  Text  des  Cäsarius 
gesetzten  entsprechenden  Citaten  aus  Heinzelein  sieht,  dem  Evangelisten 
fast  ganz  dieselben  Grflnde  für  den  Vorrang  des  Täufers,  nur  in  ab- 
weichender Folge,  in  den  Mund,  während  dagegen  Johannes  der  Täufer 


*)  Heinz.  28:  Er  s6ch  sich  Irüeje  von  der  strfts  se  walde  tod  den  Unten. 

')  Heinz.  26:  J6haunes  in  der  mnoter  Itb  erkante  sinen  schOpfore. 

')  Heinz.  29:  Oot  selber   in    sich   tonfen   iiez   und    ander   in   sich  neigte,    der 
n  ouch  agnns  dei  hiez  und  üf  in  vingerzeigte. 

*)  Heinz.  80:  Er  hdrt  den  rater  in  dem  ddn  and  sach  des  sones  bilde, 
den  beilegen  geist,  geformet  sehdn  in  einer  tüben  wilde,  oach  sach  er  offen  stftn 
den  trdn. 

^)  Heinz.  31—32:  die  marter  h&t  er  oach  alsam   mit  ^em   blaote    geblüemet 
Man   sach   in   darch   der  warheit   kip   den   kflng  Herddes   strftfen,    dd   er   bi   stnes 
braoder  wip  süntliohen  wolte  slAfen,  d&  von  den  tagentberaden  lip  eralao«  4»»  >ii^:BAr 
ges  wftfen. 


388  R-  KÖHLER 

fbr  den  Vorrang  des  Evangelisten  bei  Heinzelein  noch  mancherlei  vor- 
bringt, was  bei  Clisarius  fehlt  ^). 

Heinzelein  erklärt  selbst  (Str.  9),  daß  das  Märe  nicht  erdacht 
sei,  sondern  daß  er  es  in  einer  Schrift  gelesen  und  daraus  in  Rdne 
gebracht  habe: 

Daz  selbe  m»re  ist  niht  gestift, 
daz  ich  iu  hie  betihte, 
ez  h4t  ze  lagin  keine  trift, 
noch  ist  erd&ht  von  nihte: 
ich  las  ez  eben  üz  der  schrift 
als  ichz  ze  rime  rihte. 
Daß  nun  der  Dialogus  des  Cäsarius  die  von  Heinselein  benutste 
Schrift   gewesen    sei,    scheint   mir  recht  wohl    möglich,  und    die  Ab- 
weichungen   und  Zusätze   Heinzeleins   würden    dann    sein   EigoithiiiD 
sein.    Freilich   ebensogut  kann  Heinzelein  aus  einem  andern  Bach  ge- 
schöpft haben,  denn  die  Geschichte  von  den  beiden  Nonnen  wird  wdü 
mehrfach  aufgezeichnet  gewesen  sein. 

Aber  nicht  allein  von  zwei  Nonnen  wurde  erzählt,  daß  sie  Aber 
den  Vorrang  der  beiden  Johannes  gestritten  hätten,  bis  die  Heiliga 
selbst  durch  ihre  Erscheinung  den  Streit  beilegten,  auch  von  zw« 
Klerikern  oder  von  zwei  Magistern  der  Theologie  wurde  dasselbe  ei^ 
zählt,  worüber  ich  folgende  bis  jetzt,  so  viel  ich  weiß,  noch  nidit 
zusammengestellte  Mittheilungen  machen  kann. 

Thomas  Cantimpratanus  erzählt  in  seinem  1263  vollendeten  Bonim 

universale  de  apibus^  —  Buch  II,  cap.  XXIX,  §.11  —  Folgendes. 

Tempore  beatac  memoriae  magistri  Petri,  quondam  cantoris  Pari* 

siensis^),  duo    cleriei  vita  et  opinione  probati,  fuisse  dicuntur,  qoonni 


*)  Nemlich  daß  Johannes,  *^te8  muomen  bam',  *den  man  heiaek  den  himd 
(Str.  45),  um  Qottes  Willen  Vater  und  Freunde  Terließ  nnd  von  seineB  Waiba 
(Str.  46),  daiS  Qott  selber  bei  seiner  *brütloaft'  sagegen  war  nnd  da  ana  Waaaer  Wdi 
machte  (Str.  47),  daß  Jobannes,  als  er  auf  Gottes  Bmst  eingeschlafen  war,  die  fEm- 
melchöre  dnrchmaß  (Str.  49,  50),  daß  er,  als  ihn  Domitianos  in  *  wallendes  öl'  stiti 
davon  nicht  su  leiden  hatte  (Str.  51),  daß  tddtliches  Gift  an  ihm  keine  Wirining  ukk, 
daß  er  aber  die  an  dem  Gifte  Gestorbenen  vom  Tod  erweckte  (Str.  5S),  eodfieh  id 
Gott  selbst  ihn  kurz  vor  seinem  Tod  zu  seinem  Tisch  einlud  (Str.  67)  —  lantcr  be 
kannte  Überlieferungen  der  heiligen  Schrift  und  der  Legende. 

')  Man  vergleiche  darüber  die  verdienstliche,  der  Jenaer  philoeopliiaelien  Fi* 
cultät  vorgelegte  Dissertation  von  Paul  Kirsch ,  Des  Thomas  Yon  ChantiBipi^  Bv^ 
der  Wunder  und  denkwürdigen  Vorbilder,  Gleiwita  1875. 

')  Über  den  1197  gestorbenen  Petrus  Cantor,  den  Thomas  auch  I»  19»  |.  8,  Q.  t 
§.  19,  und  30,  §.  12,    erwähnt,  seh«  man  Colvener*8  Aasgabe  dea  Bomui  »m^^*— 1^ 
Duaci  1627,  Notae.   p.  23  f.,  und  OrasM:«  \A\«tix%«&<^\<^\A  \V  %^  S61,  nach. 


VON  DEN  ZWEI  8ANCT  J0HANN8EN.  389 

unus  Joannem  Baptistam,  alius  Joannem  Evangelistam  miro  venera- 
batur  affectu,  ita  quod  zelo  nimio^  quo  suum  quisque  praeferrety  dissi- 
debaDt;  ergo  gloriosam  vero  virginem  Christi  matrem  tarn  mirabili 
devotione  fervebant,  ut  cum  quis  eos  in  disputationibus  irritare  volebat, 
matrem  Christi  nequaquam  assumptam  cum  corpore  contenderet;  et 
hoc  frequenter  risum  sociis  excitabat,  et  per  hoc  taedium  cordis  ex 
sincerissima  simplicitate  saepius  sustinebant.  Ergo  ubi  solemnitas  glorio- 
sissimae  assumptionis  instabat,  dicti  clerici  jejuniis,  vigiliis  et  orationi 
vacabant,  rogantes  sanctos  suos,  Baptistam  dico  et  Evangelistam  Joan- 
nem, et  obnixius  Christi  matrem,  quatenus  per  Signum  aliquod  evidens 
suam  verecundiam  relevarent  in  repressionem  contrariae  opinionis,  qua 
Mariam  assumptam  cum  corpore  praedicabant.  Quid  igitur?  Numquid 
apud  summum  judicem  erat  justorum  simplicitas  deridenda?  Absit, 
cum  sit  cum  simplicibus  sermocinatio  ejus.  Ergo  ubi  quilibet  per  se 
in  conclavi  orationibus  insistebat,  Ulis  singillatim  Joannes  Baptista  et 
Joannes  Evangelista  apparuerunt,  dicentes:  'Exaudivit  dominus  preces 
vestras,  et  nunc  vobis  primo  dicimus,  ne  pro  praerogativa  meritorum 
nostrorum  ulterius  contendatis,  cum  nos  in  caelo  de  pari  meritorum 
privilegio  concordemus.  Gloriosam  vero  Christi  matrem  assumptam  cum 
corpore,  nullus  ambigat  christianus,  et  hoc  signum  omnibus,  qui  vos 
noverunt:  imum  ex  vobis  naturaliter  imbarbem  barbatum  reddimus, 
alium  vero  calvum  penitus  restituimus  copiosissime  recrinitum.'  His 
dictis  disparentibus  sanctis  mane  revelationis  effectus  apparuit  in  am- 
bobus,  et  se  magistris  quibusdam  et  dericis  in  argumentum  testatissimae 
veritatis  quanto  gratius,  tanto  humilius  ostenderunt. 

Aus  einer  gemeinsamen  älteren  Quelle  müssen  die  beiden  folgen- 
den Stellen  geflossen  sein,  von  denen  die  eine  in  dem  1284  vollendeten 
Rationale  divinorum  officiorum  des  Guillaume  Duranti ')  im  42.  Capitel 
des  7.  Buches,  welches  Capitel  die  Festtage  des  h.  Stephanus,  des 
Johannes  Evangelista  und  der  Unschuldigen  Kindlein  bespricht,  die 
andere  im  86.  'de  nativitate  sancti  Johannis  Baptistae'  handelnden 
Capitel  der  Legenda  aurea  des  1298  gestorbenen  Jacobus  a  Voragine^ 
sich  findet.  Beide  Stellen,  sowie  die  unmittelbar  vorausgehenden,  uns 
hier  nicht  berührenden  Sätze  stimmen  zum  Theil  wörtlich  überein. 

')  Vgl.  über  G.  Daranti  die  vortreffliche  Abhandlung  Ton  V.  Le  Giere  in  der 
Histoire  litt^raire  de  U  France,  XX,  411—97.  Eine,  wie  es  scheint,  wenig  bekannt 
gewordene,  mit  werthvollen  Noten  and  Excursen  ansgeetattete  französische  Obersetsang 
des  Bationale  hat  Ch.  Barth^lemy  (Rational  oa  Bianael  des  divins  offiees  de  0.  Du- 
rand, Paris  1854,  5  Bände)  geUefert. 

^)  Vgl.  den  Artikel  *  Jacob  von  Varaggio*  von  F.  Wächter  in  der  Erscli-  unsl 
Oraber'scheu  Encyklopädie. 


390  S-  KÖHLER 

Die  Stelle  des  Rationale  lautet:  ....nam  non  esBe  de  ipBomm 
[Joannis  Baptistae  et  Joannis  Evangelistae]  majoritate  dispatandnm 
divinitos  est  ostensum.  Cum  enim  duo  magistri,  quorum  unus  Baptistam, 
alter  praeferebat  Evangelistam,  solennem  ad  hoc  indixissent  disputatio- 
nem,  et  quilibet  valde  solicite  investigasset  autoritates  et  rationes  effi- 
caces,  quibus  suum  Joannem  praeferre  posset,  tandem  die  disputationis 
adveniente  quilibet  sanetorum  aemulatori  apparuit  dicens:  ^Bene  oon- 
cordes  sumus  in  celis,  de  nobis  non  disputetis  in  terris.'  Tunc  illi  aibi 
invicem  et  omni  populo  visionem  publicaverunt  et  dominum  bene- 
dixernnt. 

In  der  Legenda  aarea  (S.  363  der  Grässe'schen  Ausgabe)  lesen 
wir :  ....  non  enim  decens  est ,  quis  major  sit  eorum ,  disputare. 
Quod  etiam  quodam  exemplo  divinitus  est  ostensum.  ESrant  eitam, 
ut  legitur,  duo  doctores  theologi,  quorum  unus  Johannem  Baptistanit 
alter  vero  Johannem  Evangelistam  praeferebat.  Tandem  super  hoc 
sollemni  disputatione  indicta  quilibet  valde  soUicitus  erat  auctoritates 
et  efficaces  rationes  invenire,  quibus  suum  Johannem  posset  praeferre, 
adveniente  autem  disputationis  die  quilibet  sanetorum  aemulatori  sqo 
apparuit  eique  dizit:  'Bene  concordes  sumus  in  coelis,  de  nobis  noa 
disputetis  in  terris.*  Tunc  illi  sibi  ad  invicem  et  omni  populo  visionem 
publicaverunt  et  dominum  benedixerunt 

Nur  des  Streitens  zweier  Meister  von  Paris  über  die  beiden  Johannes, 
nicht  aber  auch  der  Erscheinung  der  beiden  Heiligen  gedenkt  Bmd« 
Berthold  in  seiner  Predigt  'von  dem  hSren  kriuze'  mit  folgenden  Worten 
(S.  537  f.  der  Pfeiffer'schen  Ausgabe):  Wan  es  kriegent  die  meister 
von  Parts  etewenne,  welich  heilige  der  höhste  in  dem  himeliiche  ei 
unde  von  weihen  tugenden  einer  hoeher  s!  danne  der  ander;  unde  der 
selbe  kriec  ist  ein  nützer  kriec  und  ein  guoter  kriec  und  ein  liutsieliger 
kriec  ....  Ez  kriegeten  zw6ne  meister  mit  einander.  Da  kriegete  einer, 
sant  Johannes  baptiste  wsere  hceher  da  ze  himel.  Dft  kriegete  ein«*, 
sant  Johannes  dwangeliste  der  wsere  hoeher,  unde  sie  erzalten  ietweders 
liebe  unde  minne,  die  got  an  ir  ietwederm  hete  begangen.  Der  eine 
der  jach,  daz  sant  Johannes  baptiste  d&  von  billiche  ze  himelriche 
hoeher  solte  stn,  daz  er  heilic  w»re  in  siner  muoter  libe.  Dö  sprach 
der  ander:  'da  entslief  aber  dirre  üf  unsers  herren  brtlsten  und  unser 
herre  liez  in  trinken  den  brunnen  der  wfsheit  siner  gotelichen  süese- 
keit.  Und  also  kriegeten  sie  mit  einander,  unde  was  der  kriec  dodi 
liutsslic.  Und  als  ie  der  eine  von  disem  eine  tugent  vant,  sd  vant 
der  ander  ein  ander  tugent  von  dem  den  er  d&  lobte.  Und  also  siat 
eie  Ane  mkze  hdch  inUmelTtcW 


VON  DEN  ZWEI  8ANCT  J0HANN8EN.  891 

Obige  Stelle  Bertholds  hatte  auch  Jacob  Ghrimm  in  seiner  Anzeige 
der  Eling'schen  Berthold-Ausgabe  in  den  Wiener  Jahrbtlchem^  Bd.  32 
(1825)  ausgehoben  und  dazu  an  Heinzeleins  ^hübsches  Lied  über  die 
beiden  Johannse'  erinnert,  sonst  aber  nichts  weiter  zu  dem  Streit 
über  die  beiden  Heiligen  beigebracht.  Aber  in  dem  Wiederabdruck 
der  Anzeige  im  4.  Band  der  ^Kleineren  Schriften  J.  Grimm's  finden 
sich  (S.  326,  1.  Anm.)  zu  unserer  Stelle  folgende  Nachträge,  die  sich 
Orimm  notiert  hatte:  'des  Streits  über  die  Johannese  gedenkt  Lorrich 
zu  Ovid  p.  m.  291.  Auch  Caesar,  heisterb.  8,  ÖL  Tross  besitzt  ein  lat. 
gedieht  des  scholaster  France  aus  Meschede  vom  j.  1330  (dem  pabst 
Johann  22  gewidmet)  über  diesen  gegenständ.' 

Mit  'Lorrich  zu  Ovid'  ist  die  Auslegung  der  Metamorphosen  von 
Oerhard  Lorich  aus  Hadamar  gemeint,  welche  der  Wickram'schen  Um- 
arbeitung der  Metamorphosen-Übersetzung  Albrechts  von  Halberstadt 
beigeftlgt  ist^).  Was  'p.  m/  bedeuten  soll,  weiß  ich  nicht.  Mir  liegt 
nur  eine  der  späteren  Ausgaben  der  Wickram'schen  Metamorphosen 
vor,  nämlich  die  von  Sigmund  Fejerabendt  zu  Frankfurt  am  Main 
1681  herausgegebene.  In  ihr  findet  sich  S.  113  —  in  Lorioh's  Aus- 
legung der  Fabeln  von  Meleager,  Proteus,  Erisichthon,  Perimele,  Phile- 
mon  und  Baucis  —  folgende  Stelle: 

'Superstitio  ist  ein  falscher  Gottesdienst  und  Aberglaab.  Als 
dann  ist,  so  sich  die  Gelehrten  zanken,  ob  Joannes  der  Täufer  mehr 
im  Himmel  Verdiensts  hab  dann  Joannes  der  Evangelist,  und  ob 
unser  liebe  Frauw  gnediger  sei  zum  Grimmen  Thal,  daselbst  sie  umb 
ein  Vorbitt  zu  erbitten,  dann  in  einer  jeden  Pfarrkirch.' 

Von  dem  Gedicht  des  Franco  ist  mir  nichts  bekannt. 

WEIMAR,  Mai  1879.  REINHOLD  KÖHLER. 


')  In  der  ersten  Aasgabe  der  Wickram*Boben  Metamorphosen  (Mains  1646)  ist 
Lorieh's  *Zti8chreibang  sampt  dem  Berieht  der  poetischen  Art'  datiert:  *datam  za 
Meyntz  im  Augustiner  Kloster,  Anno  auf  Dinstag  nach  Bartholomei,  Anno  1646 ,  and 
unterzeichnet:  'Der  Kirchen  Christi  vnwirdiger  Priester  Ewer  Ehmaesten  gutwilliger 
Gerhardt  Lorich  von  Hadamar/  8.  K.  Bartsch,  Albrecht  Ton  Halberstadt  S.  CXXXII  : 
—  In  seinem  Aufsatz  über  *  Albrecht  Ton  Halberstadt'  erwähnt  J.  Grimm  die  *  alberne 
theologische  Auslegung*  Gerhard  Lorich's  (Haapt's  Zeitschrift  VIII,  399). 


392  A.  NAGELE 


WALTHER  UND  WOLFGER  VON  PASSAU. 


Gegenüber  den  Aasfflhrungen  Winkelmanns  in  dieser  Zeitschrift 
23,  236  ff.y  wo  derselbe  die  Ansieht  vertritt,  es  sei  die  Stelle  in  den 
Rechnongen:  Sequenti  die  apad  Zeize(muruni)  Walthero  Cantori  de 
Vogelweide  pro  pellicio  V.  sol.  longos  nicht,  wie  Zingerle  annimmt, 
dem  Jahre  1203  angehörig ,  sondern  auf  das  Jahr  1199  zu  beaeheOf 
sucht  Zamcke*)  neuerdings  die  fiühere  Ansicht  festzuhalten  und  in 
gelehrter  und  scharfsinniger  Weise  zu  begründen.  Zamcke  erUiit 
a.  a.  O.  S.  32:  Durch  eine  abermalige  Discussion  der  in  Betracht 
kommenden  BIfttter  habe  ich  mich  von  Neuem  tiberzeugt ,  daß  Zia* 
gerle's  Entscheidung  für  das  Jahr  1203,  nach  allen  Regela 
der  Wahrscheinlichkeit,  nicht  anzufechten  ist. 

Und  zum  Schlüsse  seiner  Erörterung  sagt  er:  Aus  dem  Ange- 
fbhrten  geht,  wie  mir  scheint,  mit  Sicherheit  hervor,  daß  wir  keiim 
andern  Tag  als  den  12.  November  des  Jahres  1203  als  den  Tag  an" 
zusehen  haben,  an  welchem  Walther  von  der  Vogelweide  in  Zeiasl- 
mauer  vom  Bischof  Wolfger  5  Solidi  fElr  den  nunmehr  „hiatoriseh 
gewordenen'^  Pelzrock  empfing. 

Wenn  ich  nun  in  meinen  beiden  Aufsätzen  in  der  Germania 
XXIV:  zur  Chronologie  der  Sprüche  Walthers  von  der  Vogelweide 
noch  immer  an  der  Ansicht  Winkelmanns  festhalte ,  so  will  daa  aaf 
irgend  eine  Weise  gerechtfertigt  sein. 

Diesem  Zwecke  ist  die  folgende  Untersuchung  gewidmet,  in  der 
ich  Zamcke's  Ausführungen  Schritt  für  Schritt  folgen  und  ihre  Be- 
rechtigung prüfen  werde. 

Ich  stimme  zunächst  der  Behauptung  Zarncke's  auf  S.  33  voll- 
ständig zn^  daß  nämlich  die  Blätter  IX  und  X  nicht  zu  den  öbrigen 
gehören**).    Zamcke  f&hrt    dann    fort:    „Über   die  Blätter  IV— VIH 


•)  Berichte  der  k.  sSchs.  Gesellschaft  der  Wissensehaften,  Phaologiaeh-Hkle- 
rische  Classe  1878  8.  32  ff.  ,mar  Waltherfrage*"  (SiUong  Tom  13.  ICiim  187S). 

**)  Auf  beiden  Blltteni  erscheinen  nor  die  Orte  Moedefeadorf  (Ifaatendoff? 
im  Longaa)  8.  61,  7,  S.  62,  12  and  8.  63,  10  (Mederendorf),  sowie  St.  Veit  und  Kls- 
g^nfdrt  als  Aofenthaltsststionen  der  Jugdgesellschaft  angegeben.  In  Mantemdorf  (?) 
hielt  sieh  die  Gesellschaft  9  Wochen,  in  St  Veit  3  Wochen  and  4  Tage,  in  Klages- 
fort  Tom  19. — 30.  Jinner  aaf,  weil  es  heißt:  Expense  domini  facte  in  Clagefart  a  n- 
giliM  Saocti  Sebastiani  aaqne  in  feriam  qaintam  post  prandiam  prozimam  poal  eonfW' 
monem  Saocti  Pauli  ad  XU  ^leea  et  iko«\«sT\l.   ISvvm^  ki^aM^jÜMn  ^ohen   offsater 


WALTHER  UND  WOLFGER  VON  PA88AU.  898 

herrscht  ÜbereiDstimraung.  Sie  haben  eine  Reise  Wolfger's  nach  Italien 
zum  Gegenstände^  die  am  1.  April  1204  in  Neustadt  bei  Wien,  also 
mit  dem  Austritt  aus  seiner  Diöcese  begann  und  Mitte  Juli  mit  seiner 
Rückkunft  nach  Passau  endete.^  In  der  Anmerkung  zu  diesem  Absätze 
bemerkt  dann  Zarncke  weiter:  „Wenn  Winkelmann  sagt,  die  Daten 
des  italiänischen  Itinerars  seien  ebensogut,  was  Zingerle  übersehen 
habe,  auf  das  Jahr  1199  zu  beziehen  wie  auf  das  Jahr  1204,  doch 
sei  das  letztere  allerdings  vorzuziehen,  so  begreife  ich  diese  Behaup«" 
tung  nicht.  Allerdings,  daß  die  Vigilia  St.  Johannis  auf  einen  Mittwoch 
und  der  Tag  Petri  et  Pauli  auf  einen  Dienstag  fiel^  das  paßt  sowohl 
auf  1199  wie  1204,  aber  die  von  Ostern  abhängigen  Feste  sind  allein 
dem  Jahre  1204  eigen,  wo  Ostern  auf  den  letztmöglichen  Tag,  auf 
den  25.  April,  fiel.  Da  wir  es  mit  einem  so  gut  wie  vollständigen,  Tag 
für  Tag  aufPahrenden  Itinerar  zu  thun  haben,  so  ist  die  Concurrenz 
der  beweglichen  und  unbeweglichen  Feste  genau  zu  controlliren.  So 
sind  die  Reisenden  (S.  54,  12)  in  octava  pentecostes  in  Inns- 
bruck, die  dann  folgende  feria  quarta  wird  vigilia  sancti 
Johannis  genannt;  war  also  der  Tag  vor  Johannis  (d.  23.  Juni) 
ein  Mittwoch,  so  war  der  Sonntag  nach  Pfingsten  in  dem  Jahre  unserer 
Reise  d.  20.  Juni,  und  dies  kann  nur  stattfinden,  wenn  Ostern  auf 
den  25.  April  iUUt.  Das  war  nun,  wie  angegeben^  im  Jahre  1204 
der  Fall;  vorher  erst  1109  und  nachher  erst  wieder  1451.  Das 
Jahr  1204  ist  also  nicht  bloß  „vorzuziehen'',  sondern  allein 
möglich. 

Dieser  Behauptung  Zarncke's  vermag  ich  nun  nicht  mehr  zu- 
zustimmen; ich  weiche  aber  auch  von  Winkelmann  insofeme  ab,  daß 
ich  nachweise,  daß  das  Jahr  1199  nicht  nur  neben  1204  ins  Auge 
gefaßt  werden  könne,  sondern  daß  das  Jahr  1199  allein  mög- 
lich ist. 

Ich  will  zunächst  zur  leichtern  Uebersicht  und  Vergleichung  die 
drei  Itinerare,  die  uns  vorliegen,  in  Bezug  auf  die  Route  von  Inns- 
bruck nach  Augsburg  (Rückreise  des  Bischofs  von  Rom  nach  Passau) 
neben  einander  setzen. 


voratiB  die  a  vigilia  Epiphaniae  ad  XIIU  dies  ooto  Tenatoribns  gemachten,  also  in 
der  Zeit  vom  5. — 19.  Jäaner  und  wohl  ebenfalls  in  Klsgenfart^  jedoch  vor  Ankunft 
„des  Herrn''  —  veniente  domino  ad  Clagefort  in  vigilia  —  wenn  wir  dazu  Sancti 
0^>aBtiani  erginaen  dürfen.  Wir  haben  mithin:  expense  domini  und  expeose  vena- 
tonim  vorliegen. 


\.V 


394 


A.  NAOELE 


S.  31,  4—12  (BI.  IV  b) 

Aput  Insprucken 
Apnt  Barthenkirchen 
Aput  Widengowe :  (ul- 
tra statutam  elemosi- 
nam  8ol.  schongo- 
w  e  r  e)  Aput  Thiglisgen 
Apnt  Aagustam 


S.  59,  27  (VIII*) 

Aput    SehoDgowe 
Aput  Augustam 


S.  54,   11—55,   15 

(Bi.  vn  b) 

In  octava  pentecostes 
nocte  aput  Insprurchen 
feriaBecunda  aputZirle 
Nocte  aput  Barthin- 
kirchen feria  qointa 
aput  Withingowe  (noc- 
te in  coquinam  VII  sol. 
Bchongoven.  monete) 
—  pro  ferramentis  et 
pilliis  XX  vn  den.  feria 
quarta  vigilia  Sancti 
Johannis  aput  Thiglin- 
gen  Ibidem  in  die 
sancto  Nocte  et  feria 
sexta  aput  AuguBtam 
pro  lerramentis  et 
parandis  sellis  etc.  V. 
Bol.  et  VI.  den. 

Das  reichBte  unter  den  drei  Itineraren  ist,  wie  man  leicht  sieht 
das  mittlere^  das  auf  BI.  VII  b  verzeichnete.  Damach  ist  Wolfger  am 
1.  Sonntag  nach  Pfingsten  in  Innsbruck,  am  Montag  darauf  bei  Ziri, 
Nachts  bei  Partenkircfaen,  am  Donnerstag  nachher  bei  Withingowe  und 
erst  am  Mittwoch  in  der  darauffolgenden  Woche  in  Thiglingen.  Dieser 
Mittwoch  ist  als  Vigilia  sancti  Johannis  bezeichnet,  daher  der  23.  Juni; 
der  Donnerstag  vorher,  der  Tag,  an  dem  Wolfger  in  Withingowe  sicli 
aufhielt,  ist  dann  der  17.,  der  Sonntag  vor  demselben  der  13.  Juni, 
mithin  fiel  der  Pfingstsonntag  auf  den  6.  Juni  und  ist  das  Jahr  der 
Reise  unbedingt  das  Jahr  1199. 

Wo  die  Orte  Withingowe  und  Thiglingen**)  gelegen  sind,  vermag 
ich  bei  dem  Mangel  der  nöthigen  Hilfsmittel  freilich  nicht  zu  bestim- 
men, allein  schon  der  Name  Thiglingen  weist  mit  voller  Bestimmtheit 


*)  Das  dritte  Itinerar  enthält  nor  diejenigen  Beisestationen ,  in  welchen  Geld 
eingewechselt  wnrde.  Eine  solche  Station  ist  nun  zwischen  Verona  und  An^Bbuf 
nor  der  Ort  Schongan ^  am  linken  Lechofer,  eine  Station,  die  in  den  beiden  andeni 
Itineraren  nicht  Torkommt 

**)  Daß  die  Beisenden  snerst  nach  Withingowe  and  dana  erst  nach  Thi|^iiigw 
kMm0D,  das  ergibt  sich  wohl  aueb  daraus,   daß   die  Reihenfolge  In  beidin 
dietelbß  ist 


WALTHEB  UND  WOLFGER  VON  PASS  AU.  905 

auf  Schwaben,  auf  das  Gebiet  jenseits  des  Lech.  Daranf  deutet  auch 
eine  Stelle,  die  unter  den  Rechnungen,  die  aput  Withingowe  zu  Stande 
kamen,  sich  findet  S.  55,  4  ff.:  Cuidam,  qui  ad  explorandum  in- 
feriorem Lici  pontem  de  nocte  cucurrit,  sol.  august. 

Daß  die  Reise  wirklich  in  nordwestlicher  Richtung  von  Parten- 
kirchen verlief,  geht  auch  daraus  hervor,  daß  Schongau  auf  der  Reise- 
route von  Partenkirchen  nach  Augsburg  berührt  wurde,  wie  das  dritte 
Itinerar  nachweist.  Und  es  ergibt  sich  aus  dem  Umstände^  daß  bis 
Winthigowe  unter  den  Geldsorten  stets  sol.  veron.,  in  dieser  Station 
aber  zuerst  sol.  schongoven.  vorkommen,  daß  die  Reisenden  zuerst 
nach  Schongau,  wo  eben  die  Einwechslung  vorgenommen  wurde,  dann 
erst  nach  Withingowe  kamen. 

Daß  die  feria  quinta  bei  Withingowe  nicht  identisch  sein  kann 
mit  dem  Fest  des  hl.  Johannes  ergibt  sich  schon  daraus,  daß  es  aus- 
drücklich heißt:  Ibidem  (Thiglingen)  in  die  sancto  undNocte  et  sexta  feria 
aput  Augustam  und  aus  anderem. 

Wir  haben  hier  offenbar  ein  mangelhaftes  Itinerar  und  es  ist  nicht 
unwahrscheinlich,  daß  wir  es  hier  mit  einem  kleinen  Abstecher  ins 
Schwäbische  zu  thun  haben. 

Vielleicht  kann  auch  die  oben  citierte  Stelle  bezüglich  der  Lech- 
brücke  einen  Anhaltspunkt  geben,  die  ziemlich  bedeutende  Verzögerung 
der  Reise  von  Schongau  nach  Augsburg  zu  erklären'*'). 

Doch  sei  dem,  wie  ihm  wolle,  das  Eine  steht  fest,  daß  diese  Reise 
ausschließlich  auf  das  Jahr  1199  paßt. 

Ich  gehe  nun  über  auf  die  Bestimmung  der  2.  Gruppe  der  Rech* 
nnngen,  die  sich  auf  den  Blättern  I — III  verzeichnet  finden  und  ver- 
folge die  Zarncke'schen  Ausführungen,  die  Einleitung  dazu  vorläufig 
ausser  Acht  lassend,  wie  sie  sich  S.  35  ff.  vorfinden.  Bezüglich  des 
Einnahmenverzeichnisses  stimme  ich  mit  Zamcke  ganz  überein;  ebenso 
mit,  der  Reconstruction  des  ersten  Ausgabenverzeichnisses  (B).  Es 
ergibt  sich  darum  Air  B  die  Zusammengehörigkeit  folgender  Partien: 
S.  2,  10-4,  17,  dann  S.  7,  16— lOfin.**);  ferner  5,  14—7,  15,  weiter 
4,  18-5,  13. 

*)  Bemerkenswerth  ist  fibrigens  Doch  der  UmsUmd,  daß  Wolfger  durchweg 
in  den  Rechnungen  als  episcopus  erscheint,  so  noch  am  11.  Juli  (S.  58,  12),  nachdem 
schon  am  24.  Juni  ihm  die  Annahme  der  Wahl  vom  Papste  gestattet  und  eine  acht« 
tigige  Frist  sich  zu  entscheiden  angegeben  wurde.    Auch  das  paßt  zu  1204  nicht. 

**)  Hier  ist  dann  die  Reise  Ton  Mautem  nach  Weidra  anzuschliessen,  auf  den 
ersteren  Ort  weist,  wie  auch  Zamcke  8.  36  anfahrt,  die  Stelle  8.  10,  Anm.  2  Hu- 
glino  etc.  verglichen  mit  8.  16,  1 — 8;  auf  den  letsteren,  was  Zamcke  nicht  boiAsh.* 
sichtigt,  die  Stelle  auf  8.  7,  Anm.  6  Apud  Widra  de.  ^ett^\e\i«ci  timX  ^.  \^>  ^^  ^- 


396  ^  NAOELE 

Dazu  gehört  nun  noch,  was  Zamcke  nicht  erwähnt,  die  Steik 
auf  S.  7,  Z.  11—15,  wie  ein  Vergleich  derselben  mit  der  betreffen* 
den  Stelle  in  C,  dem  zweiten,  im  Ganzen  vollständigeren  Veraeich- 
nisse  derselben  Reiseroute,  ersichtlich  macht  Die  Stelle  findet  sidi 
S.  18,5-9. 

Diese  Reise  dauert  nun  vom  22.  September  bis  1.  Januar,  be- 
ginnt in  Göttweih  und  endet,  was  wohl  zu  beachten  ist,  nicht  in  Passau, 
sondern  in  Engelhartszell*). 

Nach  diesen  Rechnungen  findet  sich  zu  B  ein  Zwischenraum,  wie 
die  Ausgabe  S.  7,  Anm.  4  nachweist;  offenbar  sollte  da  noch  eine 
Ergänzung  folgen  und  was  liegt  bei  solchem  Bewandtniss  näher,  als 
daß  wir  wiederum  das  Verzeichniss  von  C  nachschlagen,  um  diese 
Ergänzung  kennen  zu  lernen. 

Und  in  der  That  erhalten  wir  da  auch  den  gewünschten  Auf- 
schluß. Es  finden  sich  nämlich  in  C,  freilich  ohne  Datierung,  die  Orte: 
Aschacb,  Ebelsberg,  Kremsmttnster,  Garsten,  Lunz  angereiht;  von  Luni 
erfolgte  dann  wieder  die  Rückreise  über  Garsten,  Efferding,  Neukirchen 
nach  Passau**). 

Diese  Ergänzung  in  C  findet  sich  nun  aber  auch  fUr  B  vor,  freilich 
anderswo,  als  dort,  wo  der  Zwischenraum,  der  sich  eben  als  zu  klein 
herausgestellt  haben  mag,  gelassen  war,  nämlich  auf  Blatt  III.  Es  ist 
die  ganze  Partie  auf  S.  23,  6 — 16***)  und  dazu  gehört  auch  noch  ab 
Ergänzung  S.  23,  16—24,  10. 

Daß  die  Reise  wirklich  von  Engelhartszell  über  Aschach  weiter 
gieng,  beweist  ein  lapsus  memoriae  des  Aufzeichners,  der  aber  glOek- 
lieh  gehoben  wurde.  Es  steht  nämlich  S.  23,  6  Apud  Ascha  Engil- 
harscellen,  wobei  Ascha  getilgt  ist.  Es  erinnerte  sich  nftmlich  der 
Schreiber,    daß    der   betreffende  Aufwand  nicht  in  Aschach,    sondern 

*)  Daß  die  Reise  nicht  in  der  Weise  endete,  ist  w.ohl  klar;  wir  haben  daher 
2^  Partien  zu  sondern ;  n&mlich  die  Reise  Ton  Göttweih  bis  Passan  Tom  22.  Sep- 
tember bis  Weihnachten.  Nach  Weihnachten  begann  die  zweite  Reise  und  da  be- 
finden sich  die  Reisenden  am  1.  Januar  in  Engelhartszell. 

**)  Zamcke  sagt  S.  38  bezüglich  dieser  Reise:  „Die  Niederschriften  nuehea 
hier  den  EUndmck,  als  handle  es  sich  hier  nur  um  die  Reise  von  Boten;  such  der 
Ausdruck  cum  ad  Archiepiscopum  iremus  stimmt  dazu  (?!):  von  dem  Bischof  oad 
seinem  Gefolge  ist  nirgends  eine  Spur  zu  finden. '^  —  Allein  dies  trifft  nicht  sm  Die 
Angaben  sind  überhaupt  knapp  und  zudem  findet  sich  eine  Ausgabe,  die  auf  das  Bei- 
sein des  Bischofii  deutet:  Cuidam  ceco  XUI  den. 

***)  Der  Umstand,  daß  nimlich  hier  die  Schrift  kleiner,  die  Zeilen  enger  werdea, 
ßcbmdet  dieaen  Theil  der  üdedetac^biiSl  ^om  ^«tanB^^«iA«^. 


WALTHER  UND  WOLFOER  VON  PAS8AU.  ^97 

früher,  nämlich  noch  in  fingelhartszell,  gemacht  wurde.  Daß  die  zweite 
Partie,  nämlich  S.  23,  16 — 24,  10  hieher  gehört,  geht  schon  aus  der 
Stelle  S.  24,  3  ff. :  Engilschalco  cum  equis  descendenti  X  den.  verglichen 
mit  S.  23,  7  ff.:  Niwenkirchen  equis  descendentibus  ad  redemptionem  pi- 
gnorum  X  den.,  weiter  aus  der  Stelle  S,  24,  4  ff.:  Equis  camere  .IIIj. 
den.,  quando  versus  Ebbilzperch  descendimus  verglichen  mit  S.  18,  11 
hervor.  Da  wir  nun  den  Bischof  am  1.  Januar  in  Engelhartszell  finden, 
die  letzteren  Ausgaben  aber  als  Datum :  In  illa  septimana,  in  qua  fuit 
festum  Sebastiani  apud  Novum  Castrum  führen,  so  haben  wir  diese 
Ausgaben  entweder  auf  die  Rückreise  des  Bischofs  nach  Passau  zu 
verlegen,  oder  wir  müssen  annehmen,  daß  sich  derselbe  bald  nach 
seiner  Ankunft  auf  sein  Schloß  Neuburg  begeben  habe.  Zamcke  hat 
daher  vollständig  Recht,  wenn  er  den  Zusammenhang  zwischen  dem 
2.  Theile  von  Blatt  III  mit  Blatt  I  und  II  betont  —  aber  damit  hat 
er  noch  in  gar  keiner  Weise  nachgewiesen,  daß  ein  Zu- 
sammenhang zwischen  dem  1.  und  2.  Theil  von  Blatt  III, 
die  durch  die  Verschiedenheit  der  Niederschrift  thatsäch- 
lich  auseinander  gehalten  werden,  besteht,  oder  daß  ein 
solcher  zwischen  dem  1.  Theil  von  Blatt  III  und  Blatt  I 
und  II  vorhanden  ist.  Daß  Wolfger  bei  so  bewandten  Verhält- 
nissen am  3.  Jänner  nicht  in  Passau  gewesen  sein  kann,  braucht  wohl 
kaum  betont  zu  werden.  Die  Einleitung  S.  33  und  34  erledigt  sich  so 
von  selbst.  Zamcke's  Ausführungen  sind  daher  auch  nach  dieser  Rich- 
tung hin  abzulehnen. 

Die  Rechnungen  auf  S.  19,  14—20,  3  und  20,  4—22,  2,  von 
denen  die  letztere  Partie  uns  eine  Reise  des  Bischöfe  bis  Croissenbrunn 
vorführt,  entbehren  jeglicher  Datierung^  daher  hat  die  Vermuthung, 
die  Zarncke  über  die  Zeit,  in  die  sie  etwa  gehören  könnten,  aus- 
spricht, nachdem  seine  beiden  Ansichten  über  die  Blätter  IV — VIII 
und  I — III  sich  als  nicht  stichhaltig  erwiesen  haben,  keinen  wei- 
teren Werth. 

Die  Abschwächung  der  von  Winkelmann  gegen  die  Annahme 
des  Jahres  1203/4  vorgebrachten  Gründe  S.  39  ff.  hat  an  und  für 
sich  wohl  nicht  viel  Propaganda  flir  die  Zingerle-Zamcke*sehe  An- 
sicht zu  machen  gewußt.  Der  Name  Winkelmann  bürgt  hinreichend 
dafUr,  daß  die  Gründe  nicht  leichtsinnig  beigebracht,  sondern  wohl 
erwogen  waren. 

Zum  Schlüsse  sei  mir  noch  eine  zwar  ganz  unnöthige  aber  doch 
nicht  unnütze  Erwägung  gestattet     Man   bringt   den  Aoio^i^dDAS^.'^^- 


398      A.  NAGELE,  WALTHER  UND  WOLPOER  VON  PA88AU. 

ther's  in  Wien  zum  Jahre  1203  stets  mit  dem  Hochzeitsfeste  Herzog 
Leopolds  des  Glorreichen,  das,  wie  Wackemell*)  ganz  bestimmt  weifi 
jfBm  Beginn  November  des  Jahres  1203  in  Wien  gefeiert^  wurde,  zu- 
sammen. An  diesem  Hochzeitsfeste  durfte  nattlrlich  auch  Wolfger  nickt 
fehlen  „und  wirklich  finden  wir  auch  ihn  nach  seinem  Aufschreibebudie 
um  diese  Zeit  in  Wien  und  nicht  etwa  nur  auf  einer  Vorbei- 
reise einen  Besuch  machend,  sondern  wir  sehen  ihn  direet 
dahingehend. . .  —  Senftenberch  —  Zeizemurum  —  Wiennam,  wo  der 
Zielpunkt  seiner  Reise  war**)^. 

So  Wackemell.  Anders  freilich  die  Reiserechnungen.  In  ,B* 
finden  wir  die  Stelle:  Feria  tercia,  quando  ivimus  de  Zeizemuro 
Svabedorf,  apud  Wiennam***)  etc.  In  „C^  kommt  vorf):  Postes» 
cum  essemus  apud  Svabedorf  etc.  und  in  derselben  Reihe  später: 
Postea,  cum  per  Wiennam  transiremus  et  episcopus  in  dont 
decani  pranderet.     Also  das  gerade  Gegentheil. 

Es  wäre  übrigens  höchst  sonderbar,  wenn  Walther  an  diesoi 
Hochzeitsfeste  in  Wien  mit  Wolfger  zusammengetroffen,  den  Pelxrod 
aber  in  Zeiselmauer,  also  nach  den  Wiener  Festlichkeiten  erhahci 
hätte.  Nicht  minder  sonderbar  müßte  erscheinen,  daß  der  Dichter, 
der  nach  der  gewöhnlichen  Annahme  bei  L.  25,  26:  Ob  ieman  spre^ 
der  nü  lebe  die  übergrosse  Freigebigkeit  Leopolds  bei  diesem  Feste 
gepriesen  haben  soll,  die  auch  auf  ihn  sich  erstreckte:  als  wir  « 
Wiene  haben  dur  6re  enpfangen,  nöthig  hatte,  nach  Zeiselmauer  si 
pilgern,  um  durch  Wolfgers  Geschenk  zu  einem  warmen  WinterkkUe 
zu  kommen. 

Es  ergibt  sich  nun  auch  aus  vorliegender  Erörterung,  daß  meiie 
Ausführungen  im  zweiten  Aufsatze  über  die  Chronologie  der  Sprüche 
Walthers  Germania  XXIV,  daß  nämlich  der  Dichter  nach  1199  nick 
mehr  nach  Wien  gekommen  sei,  eine  neue  Unterstützung  erfaaltai 
haben.  Der  Tag»  an  welchem  Walther  den  „historischen  Peizrod^ 
erhielt,  ist  also  der  12.  November  1 199.  Die  italienische  Reise  dauerti 
vom  25.  März  bis  Mitte  Juli  1199.  Die  Datierung  der  Reisen,  die  wi 
S.  19,  14—20,  3  und  S.  20,  4—22,  2  verzeichnet  sind,  ist  noch  iuik> 
stimmt.  Die  Ausgaben,  die  auf  Blatt  lU  S.  22,  3 — 23^  5  vorkomiiMir 
scheinen  ins  Jahr  1200  zu  gehören. 


*)  Walther  v.  d.  V.  in  Österreich.  Imuibrack  1877.  S.  29. 
**)  Wackemell  S.  76  und  77. 
^**)  ReiserechnTing«!!  8.  %,  %Z  €. 
t)  SeiaereelmimgQQ  B.  \%,  1  Tin^  VI  ^. 


E.  WELLER,  NACHLESE  ZU  0ÖDEKE8  OBUNDRISS  etc.  399 

Wenn  ich  nun  auch  die  Resultate,  zu  denen  Zamcke  in  seinem 
Aufsatze  gelangt  ist,  nicht  billigen  konnte,  so  gestehe  ich  doch  sehr 
gerne  zu,  daß  es  erst  durch  die  Erörterungen  Zarncke's  mög- 
lich war,  zum  obigen  Ergebniss  zu  kommen*). 

BRUNN,  am  8.  Mai  1879.  ANTON  NAGELE. 


NACHLESE  ZU  GÖDEKES  GRÜNDRISS  UND 

WELLERS  ANNALEN. 


Was  ich  hier  dem  forschenden  Publicum  biete,  ist  gering,  aber 
bei  den  mancherlei  literarischen  Entdeckungen  und  der  Bekanntstellung 
der  meisten  Bücherschätze,  war  eine  reichere  Ausbeute  nicht  gut  denk- 
bar. Von  grösseren  Sammlungen  sind  seit  1870  auf  dem  Felde  des 
XV.  und  XVI.  Jahrhunderts  nur  Weigels  Thesaurus  (Leipzig  1870), 
Häberlins  Bibliothek-Katalog  (Frankfurt  a.  M.  1877)  und  Haydinger's 
sowie  W.  y.  Maltzahns  Bibliotheken  zum  Vorschein  gekommen.  Von 
diesen  enthielt  hauptsächlich  letztere  unbekannte  poetische  Erzeugnisse. 

Ich  stelle  hier  das  in  Katalogeo  Zerstreute  und  einiges  sonst  Auf- 
gefundene chronologisch  zusammen. 

1.  Ain  maget  ain  maget  gieng  zu  dem  prunnen,  durch  vnser  sei 
heyl  sy  hat  vnß  Freud  gewunnen ,  vmb  diser  cristenhayt  da  wirt  jr 
nit  versagt  das  himelreich  so  breit,  o.  O.  u.  J.  Querfolioblatt  7  Strophen. 

—  List  und  Francke's  November- Auction  1869.  Nr.  504. 

2.  Das  deutsch  Bendicite.  Das  deutsch  Gracies.  numnberg  von 
Hanns  Hoff  1490.  Großfolioblatt  mit  Holzschnitt.  Zweispaltiges  Gedicht 

—  Ebd.  Nr.  510. 

Beit  in  deines  drones  Testen 
▼erliech  den  kvnden  vnnd  den  gesten 
den  segen  deiner  rechten  hant. 

3.  Mein  Kind  verstee  ynd  merck  gar  eben 
Vill  gntter  1er  wil  ich  dir  geben 

Wie  du  zn  tisch  vnd  au£F  der  Strassen 
Dich  aller  vnxucht  mugest  maassen 


*)  Ich  spreche  hier  lugleich  den  Herren  Professoren  Dr.  Fr.  Zarneke  and  Dr. 
J.  V.  Zingerle  für  die  freund  liehe  Übersendung  des  Aufsatees  resp.  der  Ausgabe  meinen 
innigsten  Dank  aus. 


400  £•  WELLER 

,0.  O.  a.  J.  Folioblatt.  Zweispaltiges  Gedicht  —  Ebd.  Nr.  525.  Andere 
Gedichte  über  Kinderzucht  s.  meine  „Annalen''  I,  S.  312  und  347. 

4.  Der  clug  nar.  o.  O.  u.  J.  Folioblatt  mit  2  Holzsch.  —  In  WietL 

Abged.  in  Wagners  Archiv  1873.  S.  213. 

Ein  piflchof  eins  zu  tische  saß 
Mit  all  seim  hofgesind  er  da  aß 

Ist  nur  ein  anderer  Druck  des  mit  gereimtem  Titel  erschieneoen 

und  in  Panzers  Zusätzen  S.  14  beschriebenen  Gedichts. 

5.  Der  Bremberger.  Am  Ende:  Getruckt  zu  Strasburg,  o.  J. 
(c.  1510).  8  Bl.  8.  —  Im  Besitz  des  Antiquars  Wulkow  in  Magdeburg. 
Abgedruckt  in  Birlingers  Alemania  III,  S.  240. 

Ich  sah  sie  an,  die  vßerwelte  frawe  zart 

6.  Ain  liedt  von  dem  von  Wirttenperg  wider  den  punt  o.  O.  u.  J. 
(1519).  Folioblatt.  16  Str.  —  In  Berlin.  Abged.  bei  v.  Liliencron  III, 
S.  202. 

Zum  ersten  well  wir  loben 
den  fürsten  hochgenant, 
Du  sitzst  nit  auff  dem  kleben 
den  man  dir  hett  anfFgcspantt. 

7.  Dyalogus. 

I   Frembden  glauben. 
Von  l   Glauben  der  kirchen. 
(  Tauff  der  Kinnder. 

Jetzundt  new  außgangen.  M.  D.  XXvij.  o.  O.  36  Bl.  (letztes  leer). 

8.  Gespräch  zwischen  Prosper  und  Felix.  —  In  Zürich. 

8.  Ein  schön  new  Lied  genant  frisch  auff  inn  Gottes  namen  da 
werde  Teütsche  Nation  etc.  o.  O.  u.  J.  (1540).  4  Bl.  8.  6  Str.  Theil- 
weis  gegen  die  Türken.  —  In  Frankfurt  a.  M.  Abged.  bei  v.  Lilien- 
cron IV,  S.  156. 

9.  Drey  hübsche  Lieder,  Das  erst,  Es  hct  ein  Byder  mann  ein 
weyb.  Das  ander,  An  dem  Reyn  stram  ein  Mülner  saß,  In  des  Schulen 
Hoffthon.  Da»  dritt.  Die  bulschafft  hat  sich  wohl  bedacht  etc.  Am 
Ende:  Gedruckt  durch  Hans  Guldenroundt.  o.  J.  (Nürnberg  c.  1540). 
4  Bl.  8.  m.  Titelholzsch.  —  Das  erste  mit  6,  das  zweite  mit  9  Str. 
abged.  in  Birlingers  Alemannia  III,  S.  170  und  171. 

10.  Geistliche  Lieder  durch  H.  Andream  Moldner  gemacht  M. 
D.  XL.  lU.  o.  O.  (Kronstadt).  12  BL  8.  mit  Titel wappen.  In  An- 
tiqua gedruckt.  Acht  Lieder.  Der  Verf.  war  evang.  Prediger  in 
Stadt  (Siebenbürgen).  —  Trausch,  Schriftsteller-Lexikon  ^ 
bürger  Deutschen  II,  S.  439. 


NACHLESE  ZU  GÖDRKES  QRUNDRI88  UND  WELLERS  ANNALEN.     401 

11.  Ein  Comedi,  die  sich  wol  dem  Sprichwort  vergleicht,  so  gc 
sagt  wirt.  Ein  betrug,  betreugt  den  andern,  Dauon  dise  Comedi.  Johann 
Betz.  1546.   Am  Ende:  Gedruckt  zu  Nürmberg  durch  Georg  Wächter. 
28  Bl.  8.   mit  Titelholzsch.     Zuletzt  Druckerzeichen.    Datum   Nürem* 
berg  den  vj.  Aprilis,  Anno.  M.  D.  xlvj.  —  In  W.  v.  Maltzahns  Besitz. 

12.  Drey  Schoner  Lieder,  Das  erst,  Mein  Fleiß  vnnd  mhtt,  ich 
nie  hab  gespart.  Das  ander.  Die  Sonn  die  ist  verplichen  etc.  Das  drit, 
So  wolt  ich  Gott  das  es  geschech  etc.  Am  Ende:  Gedruckt  zu  Nürm- 
berg, durch  Friderich  Gutknecht,  o.  J.  (c.  1550).  4  Bl.  8.  mit  Titel- 
holzsch. 3,  9  und  5  Str.  -—  Ebd. 

13.  Petzelt,  Joh.  (aus  Schweidnitz),  Ein  Christliches  Einderge- 
sprech  von  dem  Ampt  vnd  Befelh  der  Eltern.  Am  Ende:  Gedruckt 
zu  Leipzig  durch  Wolff  Günter  M.  D.  LL  71  Bl.  8.  m.  Mel.  —  Ebd. 

14.  Petzelt,  Joh  ,  Ein  Christlich  kinder  gespreoh  von  jrem  Ampt 
und  bevehl..  Am  Ende:  Gedruckt  zu  Leipzig,  durch  Jaoobum  Her- 
waldt  o.  J.  56  Bl.  8.  m.  Mel.  —  Ebd. 

15.  Dialogus.  Ein  Gesprech  zweyer  Personen  nemlich  eines  rechten 
Christen  vnnd  Widerchristen  oder  Widertäuffers,  Von  der  waren  Kirchen 
Christi,  daß  bey  den  ersten  Menschen  Adam  vnd  Heua  angefangen  hat. 
Durch  M.  B.  vnd  G.  F.  Getruckt  zu  Pfortzheim  1558.  76  Bl.  8.  — 
T.  O.  Weigels  Auctionskatalog  vom  22.  Mai  1868.  Nr.  3778- 

16.  Ein  hübsch  new  lied,  von  Zweyen  Juden,  vnd  einem  Kind, 
zu  Sappenfelt  newlich  geschehen,  Im  thon,  Es  geht  sich  gegen  der 
sumer  zeit,  etc.  Oder  im  thon.  Ich  weyfi  nit  was  der  gylgen  brist 
o.  O.  u.  J.  (c.  1560).  4  Bl.  8.  mit  Titelholzsch.  19  Sit.  —  In  W.  v. 
Maltzahns  Besitz. 

ACH  Gott  inn  deinem  höchsten  thron 

17.  Ein  hüpsch  New  Lied,  Schürtz  dich  Gredlein  schürtz  dich  etc. 
Ein  anders  Lied,  Feins  Lieb  ich  muß  dich  meyden,  ist  alles  des  iUaf- 
fers  schuldt.  Am  Ende :  Getruckt  zu  Augspurg,  durch  Mattheum 
Franchen  o.  J.  (c.  1560).  4  Bl.  8.  mit  Titelholzsch.  15  und  5  Str. 
—  Ebd. 

18.  Ein  gar  schon  new  Lied,  vom  Adelger.  Im"  Thon:  Es  royt 
gut  Reütter  vber  das  Ried,  er  sang  etc.  Zu  Augspurg,  truckts  Mattheus 
Franck  o.  J.  4  Bl.  8.  mit  Titelholzsch.  30  Str.  —  Ebd.  Das  zweite 
abged.  bei  ühland  Nr.  74. 

19.  Ein  schöns  Lied,  Der  groß  Fresser  genandt.  Im  firischen 
thon  Hans  Vogel.  Ein  anders  Lied:  Der  Bawr  mit  dem  Saffran.  Im 
Spiegel  thon  Frawen  ehren  porten.  Am  Ende:  Getruckt  zu 

OEBMANTA.  Ntue  Reihe  XH.  (XXIT.  Jaltff.)  26 


402 


£.  WELLER 


durch  Matlheuin  Francken  o.  J.  4  Bl.  8.  mit  Titelholzsch.  3  und  3  Str. 
-  Ebd. 

1.  FRisch  war  eins  maU  der  winter  zeyt 

2.  ZV  Oangkhofeii  im  Ba^rerlandt  gar  späte 

20.  Zwey  schöne  Lieder,  Das  erst^  Es  steht  ein  Lindlein  in  disem 
Thal.  Im^  thon,  So  reüff  so  reüff  du  kühler  thaw.  Das  ander,  Jungk- 
frftwlein  sol  ich  mit  euch  gähn,  inn  ewem  Rosen  garten,  etc.  Am 
Elnde:  Oedruckt  zu  Augspurg,  bey  Agatha  G^eglerin  o.  J.  (c.  1560). 
4  BL  8.  mit  Titelholzsch.  10  und  9  Str.  -  Ebd.  Abged.  bei  Uhland 
Nr.  27  und  52. 

21.  Zwey  schöne  newe  Lieder:  Das  Elrst,  Ich  sach  mich  vor 
eim  Walde,  ein  ein  feines  Hirschlein  stan.  Das  Ander.  Entlaubet  ist 
vnns  der  Walde  etc  Inn  einem  hohen  thon  zu  singen.  Am  Ende: 
Getruckt  zu  Augspurg,  durch  Mattheum  Francken  o.  J.  4  Bl.  8.  mit 
Titelholzsch.  6  und  12  Str.  —  Ebd.  Das  zweite  mit  3  Str.  abged.  bei 
Uhland  Nr.  68. 

22.  Zwey  newe  Lieder.  Das  Erst:  Hertzlieb  laß  dich  erbarmm^ 
mein.  Im  Thon:  Ich  stund  an  ainem  Morgen,  haymlich.  Das  Ander: 
Kaiu  Lust  hab  ich,  deß  frew  ich  mich.  Im^  Thon:  Brinnende  Liebe  da 
haysser  flam ,  etc.  Am  Elnde:  Zu  Augspurg  truckts  Mattheus  Frmnck 
o.  J.  4  Bl.  8.  mit  Titelholzsch.  8  und  4  Str.  —  Ebd. 

23.  Zwey  schöne,  newe  Lieder,  Das  6rst :  Scheyde  mich  krSnckt 
wen  ich  der  Lieb.  Das  ander.  Ich  hab  mir  ein  statten  Buhlen  zwar  etc 
Am  Ende:  Gedruckt  zu  Augspurg,  durch  Mattheum  Francken  o.  J. 
4  Bl.  8.  mit  Titelholzsch.  9  und  5  Str.  —  Ebd.  Das  zweitelabged.  btf 
Uhland  Nr.  61. 

24.  Drey  Hüpscher  newer  Lieder.  Das  Erst:  Beschaffen  Olfk^ 
ist  ynuersampt^  etc.  Das  Ander:  Es  solt  ein  Mädlein  frü  auffstehn»  etc. 
Das  Dritt:  Vngnad  beger  ich  nicht  von  jhr,  etc.  Am  Ende:  Getruckt  sa 
Augspurg  durch  Mattheum  Francken  o.  J.  4  Bl.  8.  mit  TitelholzaGh. 
3,  17  und  3  Str.  —  Ebd.  Das  zweite  abged.  bei  Uhland  Nr.  93. 

25.  Drey  schöne  neüwe  Lieder :  Das  erst^  Mir  ist  ein  feins  braoitf 
Mägetlein  etc.  Das  ander:  Auff  gnad  so  will  ichs  heben  an.  Das  dritt: 
Ach  Mäydlein  reyn  etc.  Am  Elnde:  Gedruckt  zu  Augspurg,  durcb 
Mattheum  Francken  o.  J.  4B1.  8.  mit  Titelholzsch.  5,  7  und  3  Str. — Ebd. 

26.  Piscator,  Chilianus,  Dialogus  sacer,  Oder  Eün  Geistlich  ge- 
Sprech,  auff  das  Buchlein  M.  T.  Ciceronis  vom  Alter  geschrieben,  ge- 
richtet, . .  Laugingeu;  E.  Saltzer  1564.  14  Bog.  4.  —  Weigel,  Thesaa- 
ms  Nr.  2163. 


NACHLESE  ZU  QÖDEKES  GRUNDKISS  UND  WELLERS  ANNALEN.  403 

27.  Zwey  seltsame  Wunder ,  so  sich  in  disem  jetzigen  LXVI. 
Jare  in  dem  Dor£fe  Werringschleben  in  Eines  Erbarn  Rathe  der  Stadt 
Erffurt  Gebiete  zugetragen  hat.  Durch  Joan  Gölitzen  Pfarrherm  der 
gemeine  Gottes  zu  Werringschleben  beschriben.  Am  Ende:  Gedruckt 
in  Mülhausen  in  Düringen  durch  Georgium  Hantzsch  o.  J.  (1566). 
4  Bl.  4.  mit  Titelholzsch.  —  In  Wolfenbttttel. 

28.  Ein    schön   new  Lied^    von    dem  Krieg  inn  Franckreich  vnd 

aller  handlung  was  sich  zwischen  dem  König  vnd  Printzen  von  Conde 

verloffen  vnd  zugetragen  hat,  Im  1568.  Jar.  o.  O.  u.  J.  (1568).  4  Bl.  8 

mit  Titelholzsch.  28  Str.  —  In  W.  v.  Maltzahns  Besitz. 

NVn  wölln  wir  aber  heben  an, 
wol  vo  der  Frantzösischen  krön 

29.  Ein  kurtze  vnd  fast  lustige  Satyra,  oder  Bawrenspili  mit  fllnff 
Personen,  von  einer  Mttlnerin  vnd  jren  Pfarrherr,  Reymeu  weiß  gestellet, 
Vnd  inn  Ftlnff  Actus  (Der  ein  jeglicher  nur  zwo  Scenas  hat.)  Durch 
dementem  Stephanum,  von  Buchaw,  vnnd  Innwoner  zu  Eger.  1568. 
Am  Ende:  Gedruckt  zu  Nürmberg,  durch  Nicolaum  Kuorrn.  24  Bl. 
8.  mit  Titelholzsch.  —  Ebd. 

30.  Ein  gar  Schön  new  Lied,  Von  der  jetzigen  Welt  Sitten ,  Art 
vnd  wesen,  wie  es  menigklich  vor  äugen  siliet;  etc.  Im  thon,  Ewiger 
Vatter  im  Himmelreich.  Getruckt  zu  Tübingen,  bey  Alexander  Hock. 
1569.  4  Bl.  8.  14  Str.  —  Ebd. 

O  Reicher  Gott  in  deinem  thron, 
Sih  du  den  grossen  jamer  an 

31.  Erschröcklicher  Mördt  drey,  so  zwen  Paum  an  der  Rom. 
Kay.  May.  Leyb  Trabanten  Michel  Harnisch,  sampt  seinem  Weyb  vnd 
Kind,  zwischen  Poln  vnd  Teutschen  Prod,  den  7.  tag  Decembris  des 
verschinen  69.  Jars  jämmerlichen  verbracht  haben.  Augspurg,  Hans 
Zymmerman  o.  J.  (1570).  8  Bl.  4.  mit  Titelholzsch.  —  Weigel,  The- 
saurus 1870.  Nr.  1996. 

32.  Ein  Newes  leid  (sie !)  vonn  dem  erschrecklichen  geschieht  so  ge- 
schehen ist  ein  meil  wegs  vonn  Saltzburg  de  10.  tag  Jenner  1571.  Jar. 
Im  Thon  Inßpruck  ich  muß  dich  lassen,  o.  O.  u.  J.  (1571).  4  Bl.  8.  — 
Weigel,  Catalogue  (1872).  Nr.  9791. 

33.  Newe  Zeittung :  Ein  Warhafitiges  newes  Lied,  vnd  erbermliche 
geschieht,  so  sich  begeben  hat  zu  Liser  an  der  Mosel ,  ein  Meil  von 
Bergkessel,  daselbs  ein  Man  genent  GKllde  Hans,  der  ein  Wirth  ge- 
wesen, welcher  fünff  seiner  leiblichen  Kinder  vmbbracht  hat,  "V 

er  auch  zu  Bergkessel  gericht  ist  worden,  den  drey  vnd  zwei 
tag  Octobris,  im  1573.  Jar.  Im  Thon  Hilff  Gott  das  mir  geli 

26» 


404  ^-'  WBLLER 

Gedruckt   zu  Schweinfiirt  o.  J.  (1573).  4  Bl.  8.   19  Str.  —  In  W.  t. 
Maltzahns  Besitz. 

Hört  20  jr  Beich  vnd  Armen 

35.  Ein  Warhafftige  Geschieht,  von  dem  schröcklichen  Wunder- 
Zeichen,  welches  den  vierzehenden  Nouemb.  im  1574.  Jar  geschehen, 
vnd  an  vilen  orten  ist  gesehen  worden.  In  Gsangsweiß  gestellet,  durdi 
Hans  Winckler  von  Bayreüt.  Im  Thon:  Eompt  her  zu  nur  spricht 
Gottes  Son,  etc.  o.  O.  u.  J.  (1574).  4  Bl.  8.  24  Str.  —  In  W.  v.  Mah- 
zahns  Besitz. 

MAu  hat  nu  ein  lange  zeit 

34.  Newe  Zeitung^  Von  Ltlpolt  Juden  ELandlung  vnnd  vnmensdi- 
liehen  tahten,  so  er  an  vnschuldigem  Christen  blut  begangen  hat,  vnnd 
wie  er  zu  Berlin  ist  gericht  worden,  den  xxviij.  Jenner,  in  disem  1573. 
jar.  Hieneben  wirt  auch  angezeigt,  anderer  Juden  Tjranny  was  die 
selben  allenthalben  gehandlet,  wie,  was  vnnd  wo  dasselbig  geschehen, 
wirt  hierinn  auUtrucklich  gemeldet,  etc.  Getruckt  zu  Vlrn,  durch  Johani 
Vlhart.   1573.  4  Bl.  4.  mit  Titelholzsch.  —  Im  Germ.  Museum. 

OB  du  gern  wüßtest  fromer  Christ, 
Was  diß  för  Gmäldt  td  Bildwerck  ist, 
So  merck  das  nackend,  vnd  angsicht 
Zeigt  Lupolt  Jud  den  Ertsbößwicht 

36.  Kreidweiß,  V.^  Ein  trewe  Warnnung  vnd  gatthertzige  Ver- 
manung  zur  Büß,  an  die  allgemeine  Christenheit,  vnd  sonderlich  Hoch 
Teutschland,  vber  das  schröckliche  Wunderzeichen,  den  Cometeu,  oder 
Pfawenschwantz ,  der  jetzt  eine  gutte  Zeitlang  am  Bommel  ist  gesdiea 
worden.  Tübingen,  A.  Hock  1578.  12  BL  4.  —  Weigel,  Thesaoms 
Nr.  1212. 

37.  Zway  schöne  Lieder.  Das  Erst:  Wo  soll  ich  mich  hin  keren, 
ich  thumes  BHlderlein,  etc.  Das  ander  Lied.  Nur  Närrisch  sein  ist  meia 
manier,  die  zubehalten  ich,  etc.  Am  Ende:  Getruckt  zu  Augspurg, 
durch  Mattheus  FraDcken  Erben  o.  J.  (c.  1580).  4  Bl.  8.  mit  Titel- 
holzsch. 11  u.  11  Str.  —  In  W.  V.  M&ltzahns  Besitz. 

38.  Drey  schöne  Lieder,  Das  Erste,  Ich  hab  dich  lieb  wie  dn 
wol  weist,  Gott  weiß  wie  du  mit  Namen  heist,  Im  Thon:  Es  ist  aaff 
Erden  kein.  Das  Ander,  Adelich  vnd  firomb  meines  Hertsen  m 
Eron,  etc.  Das  Dritte.  Es  war  ein  mal  ein  junger  Knab,  er  freyt 
eins,  etc.  Am  Ende:  Gedruckt  zu  Nürnberg,  durch  Valentin  Fuhr- 
WMD   o.  J.  (c.  1580).  4  Bl.  8.  mit  Titelholzsch.  12  (von  IL  S.)*  8  und 

9  Str.  —  Ebd. 


NACHLESE  ZU  GÖDEKES  GRUNDRISS  UND  WELLERS  ANNALEN.     405 

39.  Gründlicher  Bericht,  Von  dem  Oewaltigen  zom  Gottes,  so  er 
aus  hat  gehen  lassen  an  der  frantzösischen  Grentze,  den  1.  Junij  dis 
81.  Jahrs,  wie  alldo  Fewer  vom  Himel  gefallen,  vnd  etliche  Stedt, 
Märckt  vnd  Flecken,  auch  Menschen  vnd  Viehe,  elendiglich  verbrunnen. 
Im  thon,  Kompt  her  zu  mir  spricht  Gottes  Sohn,  etc.  Am  Elnde: 
Gedruckt  zu  Basel,  bey  Samuel  Appiario.  Anno  1581.  4  Bl.  8.  mit  Titel- 
holzsch.  22  Str.  -*  Ebd. 

ACH  Gott  in  deinem  höchsten  Thron 

40.  Ein  schön  vnd  Newes,  vor  nie  in  Druck  ausgangen.  Wunder- 
liches Lied,  was  von  dem  71.  Jar.  Biß  auff  das  80.  Sich  für  Wunder 
vnd  geschieht  haben  zu  getragen. .  Anno  M.  D.  LXXXj.  Ist  in  der 
Melodey,  Ewiger  Vatter  im  Himelreich,  oder  wie  man  das  Lied  vom 
Hertzog  Ernst  singt.  Gott  allein  die  Ehre.  S:  R:  Am  Schlüsse:  Ge- 
stelt Anno  1581.  Durch  Samuel  Reischlein  T:  P:  Gott  allein  die  Ehr. 
Gedruckt  zu  Augspurg,  durch  Josiam  Werlj.  8  Bl.  8.  20  Str.  —  Ebd. 

NVN  hört  jhr  Christen  offenbar 

41.  Ein  schönes  Christliches  newes  geistlichs  Liedt,  wieder  des 
Bapstes  vnd  seines  vnchristlichen  hauffens  vnd  anhangs  Verfolgung, 
Wütens  vnd  Tyrannisiren,  ..  Durch  Philippum  Agricolam  Eißleben. 
Im  Thon.  HilflF  Gott  das  mirß  Gelinge,  . .  o.  O.  4  Bl.  4.  18  Str.  Titel 
steht  auf  2.  Blatte,  auf  1.  ein  lateindeutscher  Spruch  und  Jahrzahl: 
Anno  M.  D.  L.  XXXVT.  —  Ebd. 

ZV  lob  der  Göttlichen  Ehre 

42.  Newe  zeytung  Vnd  Beschreybung  Von  einem  JilngHng  18  Jar 
alt  Philipp  Jhan  sein  Vatter  ist  der  Juncker  von  Roghausen  zu  Eurch- 
scheidiDgen  Fischer  ein  viertel  mcil  von  dem  statt lin  Lauchaw  wie  die 
bemelten  Junckern  disen  Jtlngling  mit  einem  Schreiben  zu  dem  Haupt- 
man  gen  Freyburgk  geschickt  vnd  wie  es  ihme  ergangen  den  23.  May 
1589.  Die  ander  Newe  Zeytung  aus  dem  Landt  Westualen  aus  der 
Statt  Osenbruck  allda  hat  man  den  9.  Aprill  inn  dem  1589.  Jar  auff 
einen  Tag  Hundert  vnd  drey  vnd  dreißig  Zauberin  verbrendt.  Jena, 
o.  J.  (1589).  4.  —  Stargardt,  Bibl.  typ.  1873.  Nr.  497. 

43.  Drey  Schöne  Newe  Lieder.  Das  Erste,  Ein  schöner  Brera- 
berger.  Ich  hab  gewacht  die  liebe  lange  nacht  . .  Am  Ende:  Gedruckt 
zu  Hamburch  durch  Bans  Binder  o.  J.  (c.  1590).  4  Bl.  8.  —  Lappen- 
bergs Bttcherschatz  Nr.  1886  (wo  nur  2  BL). 

44.  Ein  Denckwttrdiges  Gespräch  wer  zu  lieb  hat  Ehr  vnd  zeitlich 
Guth,  Deß  endt  wird  nimmer,  oder  selten  gut.   o.  O.  u.  J.  (e.  1590). 
4  BL  8.  Gespräch  zwischen  Gott,  Teufel,  Mensch  und  Engel.  • 
Haydinger  Nr.  975. 


406  S.  WELLER,  NACHLESE  ZU  6ÖDEKEB  QBUMDRIS8  ete. 

45.  Der  Uaußradt  biu  ich  genannt 
Mengem  gnten  Gesellen  wobi  bekannt. 

Basel  1591.  4  Bl.  8.  —  Butsch,  Cat.  59.  Nr.  358. 

46.  Teubleins  Natur  vnd  Eigenschafft.  Welcbes  eine  Schöne  Be- 
deutung vnd  Fürbild  ist,  frommer  ynd  eintrechtiger  Ehlente  . .  Dordi 
Oregorium  Marpachium  R.  Pfarner  zu  Vorsfelde,  im  Werder.  Zu  Magde- 
burgk,  bey  Johan  Francken,  im  Jar  1591.  Am  Ende:  Gedruckt  lo 
Magdeburgk,  durch  Wilhelm  Roß,  Im  Jar  1591.  8  Bl.  4.  m.  'Htel- 
holzsch.  —  In  W.  v.  Maltzahns  Besitz. 

QOtt  hat  all  ding  also  gemacht 

47.  Ein  gute  Caluinische  Karten,  inn  welcher  einem  jeden  Caliii> 
nisten  ein  Blat  zugeeignet  wirdt,  fein  lustig  vnnd  kurtzweilig  sulesen. 
A.  T.  D.  S.  S.  T.  S.  Gedruckt  zu  Schlappershaosen,  Da  die  Hunde 
thun  mausen,  Bey  Matz  Gurge  Flederwisch,  Vber  der  thdr  steht  ein 
Caluinischer  Fisch  o.  J.  (1592).  7  Bl.  8.  mit  Titelholzsch.  49  Str.  —  EM 

NAchdem  Pentzer  der  ehrloß  Man 

48.  Ein  Newe  Karte,  Darinnen  angezeigt.  Was  es  in  der  Gemein 
zu  Wittenberg  für  Caluinisten  hat.  Dafflr  sich  dann  ein  jeder  zu  httttoi 
weiU.  Reimweise,  fein  lustig  vnd  kurtz  gestellet.  Anno  M.  D.  XCII- 
o.  O.  8  Bl.  8.  48  Str.  —  Ebd. 

In  dieser  Karten  der  Anfang  ist 

49.  Christliche  Teutsche  Reimen,  Zu  Ehren,  Dem  Durchlauchtig- 
sten, Hoohgebomen,  Fürsten  vnd  Herrn,  Herrn  Joachimo^  Friderico 
Postulirten  Administratorn,  deß  Primats  vnd  Ertzstiffts  Magdeburgk,.. 
Gestellet  Durch  Eliam  Cfarysilippum  von  Eisenberg.  Gedruckt  im  Jahr, 
M.  D.  XCII.  o.  O.  4  Bl.  4.  —  Ebd. 

50.  Ein  Netlwes  Vogelgesang  Von  dem  jetzigen  zustand  im  Lande 
Saxen ,  vnd  Meyssen ,  Nach  seligem  absterben  deß  . .  H.  Christiani 
Hertzogen  in  Saxen,  vnd  Churftlrsten,  etc.  Getruckt  zu  Kleinen  Franck- 
reych.  1592.  7  Bl.  8.  24  Str.  —  Ebd. 

Einsmahl  thet  ich  spacieren 

51.  Dil  bäum,  Sam.,  Quadripartita  Historia  anni  1593.  Histo- 
rischer Kalender  inn  welchem  die  fämembste,  glaubwirdigiste ,  vnd 
denckwirdigiste  Historien,  auff  das  kürzest  erzelet  werden  . .  Augsporg 
1594.  4.  —  In  Berlin. 

52.  Christlicher  Vnterricht,  Aus  vielen  Zeitungen,  so  jüngst  ab- 
gelauffonen  93.  Jahrs,  Anfangs  mit  dem  Grausamen  Elrbfeind,  dem 
Trrcken^  in  Crabaten,  auch  in  Ober  vnd  Nieder  Vngem  fllrgefallen :  . . 

Oestelletf  Durch  Wolffgangum  Ot^VieWnim^  B^^r  vn  Teutschen  Schrei- 


R.  BECH8TEIN,  „WARUM  BETRÜBST  DU  DICH  MEIN  HERZ-.         407 

ber,    zu  Znaym,    im  Margraffthamb  Mährem  . .  M.  D.  XCiiij.    o.  O. 
4  Bl.  4.    -   In  W.  V.  Maltzahns  Besitz. 

Wie  die  Schrifft  zeugt  am  selben  ort 

53.  Sinan  Bassa^  deß  Jetzt  Regierenden  Türckischen  Kaisers  Suldan 
Mahumet  Prineipal  Oberster.  Bey  Hans  Clemens  Koler  in  Nftmberg 
zu  erfragen,  o.  J.  (1595).  Folioblatt  m.  Holzsch.  (Brustbild).  Zwei- 
spaltiges Gedieht  —  Catalogue  hongrois  de  List  &  Francke  Nr.  1951. 

Sinan  Bassa,  der  Türckiscbe  Hundt 

54.  *  Ohne  Überschrift.  Der  Alchimist  Görg  Hanower  in  Stutt- 
gart am  Galgen,  o.  O.  u«  J.  (Köln  1597).  Qnerfolioblatt  m.  Holzsch. 
Rechts  Brustbild.  Gedicht  von  J.  B.  —  Drugulins  Bilderatlas  II.  S.  85 
Nr.  977,  wo  unter  Nr.  976  noch  eine  zweite  Ausgabe  mit  französischer 
Übersetzung  yerzeidmet 

Hie  hengt  der  Boßwicht  wol  bekant 

55.  Newe  Zeitung.  Erinnerung  vnd  was  etwa  vor  1563.  Jaren 
Deutschlande  in  der  Himelischen  Cantzeley,  auff  sein  Sttndlich  Leben 
vor  ein  abschied  gegeben  worden,  vnd  es  nu  mehr  demselben  nach, 
gewißlich  zuerwarten  hat.  Heinrichstad  1597.  12  Bl.  4.  Als  Dichter 
nennt  sich  Zacharias  Kempe.  —  T.  O.  Weigel,  Katalog  1875.  II. 
Nr.  7623. 

56.  Dyalogus  oder  gespräch  von  dreyen  Personen  nämlich  Pas- 
quillus,  Landtsknecht  vnnd  Gterichtschreyber.  o.  O.  u.  J.  11  Bl.  4.  — 
Asher  &  Co.,  Cat.  CV.  Nr.  493. 

NÜRNBERG.  EMIL  WELLER. 


„WARUM  BETRÜBST  DU  DICH  MEIN  HERZ^ 


Früher  galt  bekanntlich  das  Lied  „Warum  betreibst  du  dich, 
mein  Herz^  allgemein  als  eine  Schöpfung  von  Hans  Sachs.  Auch  heute 
noch  ist  in  den  evangelischen  Gesangbüchern ,  wenn  sie  auf  die  Namen 
der  Liederdichter  Rücksicht  nehmen,  Hans  Sachs  als  Autor  genannt 
In  Philipp  Wackemagers  deutschem  Earchenliede  vom  Jahre  1841  war 
es  auch  unter  Hans  Sachsens  Namen  aufgenommen,  und  somit  stand 
für  Viele  diese  Verfasserschaft  unantastbar  fest.  Aber  trotz  der  Auto- 
rität WackemageFs  wurden  Zweifel  laut.  Ich  vermag  nicht  nachzu- 
kommen, wer  zu  allererst  sein  Bedenken  geäußert  hat,  aber  Qoedeke 
war  es  wohl,  der  zum  erstenmal  das  Lied  genauer  in  Erwägung  zog 
in  seinem  Grundrisse  1,  340  (das  betroffende  H<ift  ^t^^Vääw  ^^Ss^^.^  ^^^ 


408  R.  BECHSTEIM 

flinfSriger  Jahre).  Goedeke  macht  mit  Recht  geltend,  daß  die  Uii|^ 
naaigkeit  der  Reime  kaum  auf  Hans  Sachs  weise,  dem  der  Gesang 
erst  spät  beigelegt  werde.  Anklänge  fiinden  sich  an  einzelne  Stellei 
bei  Hans  Sachs,  aber  außer  diesen  sehr  schwachen  Spuren  fiihiieD  alle 
tlbrigen  von  ihm  ab.  Auch  in  seinen  Handschriften  sei  das  Laed  meht 
nachgewiesen. 

Mit  aller  EIntschiedenheit  erklärte  sich  auch  Karl  Bartsch  ein- 
mal gelegentlich  gegen  die  Autorschaft  des  Hans  Saehs,  und  zwar  sind 
seine  GrOnde,  wenn  er  sie  auch  nicht  nennt  und  entwickelt,  spradi- 
liehe  und  metrische.  In  seiner  Recension  der  kleinen  Sammlimg  voi 
Hopf  (Nürnberg  1856);  der  das  Lied  zwar  aufnahm,  aber  im  Inhalti- 
verzeichnisse  die  schüchterne  Bemerkung  machte:  „Ob  dies  Lied  toi 
Hans  Sachs  sei,  wird  von  Manchen  bezweifelt^,  sagt  Bartsch  (Germ. 
3,  382;  1858):  „Daß  es  nicht  von  ihm  sei,  hätte  der  Herausgeber, 
wenn  er  der  kritische  Herausgeber  war,  für  den  er  sich  ausgibt,  wissen 
müssen,  da  die  Zeichen   der   Unechtheit  sehr  auf  der  Hand   liegen.' 

Später  brachte  Goedeke  auch  noch  einen  speciellen  bibliogra- 
phischen Beweis  bei  und  zwar  in  der  Einleitung  zum  ersten  Tbeil 
seiner  Ausgabe  der  Dichtungen  des  Hans  Sachs  (Leipzig  1870)  S.  XL 
Anmerkung.  Beiläufig  will  Goedeke  hier  bemerken,  „daß  Hans  Saehi 
das  bekannte,  ihm  fast  überall  beigelegte  Lied  „Warum  betrübst  di 
dich  mein  Herz?**  im  Gesammtregister  seiner  Lieder  nicht  nennt,  wu 
ein  neuer  Grund  ist,  ihm  die  Urheberschaft  abzusprechen,  freilich  aaeh 
kein  entscheidender,  da  er  auch  die  beiden  Lieder  der  gegenwärtigen 
Sammlung  22  und  23  nicht  nennt. ***)  Hier  sei  zugleich  auf  Goedeke'i 
später  gegebene  urkundliche  Mittheilung  dieses  Verzeichnisses  in  Wag- 
ner's  Archiv  1^  67  ff  (1874)  hingewiesen. 

In  der  fünften  Auflage  von  Koberstein's  Grundriß  (Loipztg  1872) 
1,  322,  43  heißt  es  mit  Verweis  auf  jene  Recension  von  Bartsch :  ^das 
Lied:  „Warumb  betrübst  du  dich,  mein  Hertz^  ist  jedoch  wohl  nicht 
von  ihm."  In  der  vorhergehenden  vierten  Auflage  ist  davon  noch  nicht 
die  Rede. 

Besonders  gespannt  durfte  man  sein,  wie  sich  nach  solchen  Stim- 
men wohl  Philipp  Wackemagel  in  seiner  neuen  großen  Sammlung 
entscheiden  würde,  nachdem  er  doch,  wie  bemerkt,  früher  der  allge- 
meinen Tradition  gefolgt  war.  Er  änderte  seine  Meinung,  reihte  das 
Lied    im    zweiten    und    dritten  Bande  (1867.  1870)  nicht    unter  Hans 


*)  22.  Die  aelui   gebot:   Qot  hat  ubb  geben  die  gebot    83.  OlanbenabekeaBk- 
jum:  Wir  ghuhtn  all  an  einen  %ot. 


„WARUM  BETRÜBST  DU  DICR  MEIN  HERZ-.  409 

Sachs  ein,  sondern  brachte  es  erst  im  vierten  Bande  (1874)  unter  keinem 
bestimmten  Autor,  und  rechtfertigte  sein  Verfahren  ausführlich  S.  129. 
Offenherzig  imd  selbstlos  bekennt  er:  „Es  ist  Sitte  geworden ^  dieses 
Lied  Hans  Sachs  zuzuschreiben,  und  ich  bin  selber  in  der  ersten  Aus- 
gabe meines  Werkes  vom  Jahre  1841,  Seite  182  so  schwach  gewesen, 
derselben  ohne  Weiteres  Folge  zu  leisten.^  Dann  beweist  Wacker- 
nagel, daß  der  Urheber  dieses  Irrthums  der  Prediger  und  Professor 
Johann  Michael  Dilherr  zu  Ntümberg  gewesen  sei,  der  in  seinem  Ge- 
sangbuche vom  Jahre  1654  hinsichtlich  der  Autoren-Bezeichnung  auch 
noch  viele  andere  Fehler  begangen  und  schlimme  Verwirrung  ange- 
richtet hat.  Schließlich  sagt  Wackemagel  in  Bezug  auf  das  Formale, 
Dilher  und  die  ihm  nachgefolgt  hätten  neben  Anderem  bedenken  sollen, 
daß  ein  Lied  mit  so  freier  Versbildung  (hier  ftlhrt  W.  beweisende 
Stellen  an)  uicht  von  einem  silbenzählenden  Meistersänger  herrühren 
könne.  Der  unreinen  Reime  ^  wie  sie  Hans  Sachs  unmöglich  gewählt 
hätte,  gedenkt  Wackernagel  nicht. 

Das  gewonnene  Resultat  hat  auch  schon  thatsächlichen  und  er- 
freulichen Erfolg  gehabt  Während  es  wohl  erst  nach  und  nach  durch- 
gesetzt werden  wird,  Hans  Sachsens  Namen  bei  dem  gedachten  Liede 
in  den  gangbaren  Gesangbüchern  wegzulassen,  finde  ich  doch  den 
Anfang  gemacht  in  einer  dem  freiwilligen  Gebrauch  anheimgegebenen 
nicht  ofiiciellen  Liedersammlung,  in  dem  „Auszug  der  bewährtesten 
Lieder  aus  dem  Rostocker  Gesangbuch  nebst  einer  Anzahl  anderer 
Kemlieder^  (Rostock  1877),  den  mein  College,  der  Professor  der  Theo- 
logie Johannes  Bachmann  anonym  herausgegeben  hat.  Das  Lied  ist 
aufgenommen,  aber  ohne  Verfassemamen,  nur  mit  der  Bemerkung  am 
Schlüsse  „Um  1550^.  Auch  in  der  sehr  anerkennenswerthen  populär- 
wissenschaftlichen Schrift  über  ,|Da8  kirchliche  Volkslied  in  seiner 
geschichtlichen  Entwickelung  von  J.  Knipfer^,  Stiftspfarrer  in  Alten- 
burg (Bielefeld  und  Leipzig,  1875),  ist  bei  Besprechung  der  Leistungen 
des  Hans  Sachs  auf  dem  Gebiete  des  eigentlichen  Kirchenliedes  in 
einer  Note  ausdrücklich  bemerkt,  daß  Wackernagel  das  Lied  „Warum 
l^etrübst  du  dich,  mein  Herz*^,  welches  nach  ziemlich  allgemeiner  An- 
nahme von  Hans  Sachs  herrühren  sollte,  demselben  neuerdings  abge- 
sprochen habe.  Um  so  mehr  muß  es  Wunder  nehmen,  daß  ein  anderer 
Geistlicher,  Dr.  Th.  Krabbe,  Pastor  zu  Roggendorf  in  Mecklenburg- 
Schwerin,    in    seiner  Abhandlung   über  Hans  Sachs '^j  noch    ganz  auf 

*)  Aus  deutscher   Vergangenheif.    Ein  Dreigestirn  von  Liederdichtem  Walth<*r 
Ton  der  Vogelweide,  Hans  Sachs,  Simon  Dach.    Nach   ihrem  Leben   und  Liederr 
kennaeicbnet.     Qätersloh  1878. 


410  H.  BECHSTEIN 

dem  alten  Standpunkte  steht.  Er  beruft  sich  den  Zweiflern  gegmitlber 
auf  Wackemagel,  natürlich  auf  die  erste  Ausgabe  seiner  Sanunlmi^ 
weil  er  von  Wackemagek  neuem^  allein  noch  maßgebendem  Budie 
keine  Kenntniss  genommen  hat,  wie  er  doch  hätte  thun  sollen«  — 
Selbst  in  Lehrbüchern  der  Literaturgeschichte  wie  bei  Pischon-Palm  imd 
Kluge  ist  bereits  die  Fraglichkeit  der  Verfasserschaft  des  Hans  Sacb 
angedeutet.  Wenn  übrigens  Kluge  in  der  neuesten  (10.)  Auflage  sein« 
Buches  S.  74  das  formale  Bedenken  Wackemagels  wörtlich  citierti  so 
hätte  er  auf  dieses  zwingende  Argument  hin  das  Lied  überhaupt  nidt 
mehr  zu  den  Schöpfungen  des  Hans  Sachs  rechnen  sollen.  Vorsicht 
ist  schon  gut,  zumal  in  Lehrbüchern,  aber  sie  hindert  auch  die  wissea- 
schaftliche  Wahrheit  auf  ihrem  Gange,  und  hier  haben  wir  es  wahifiek 
nicht  mit  einer  Hypothese  zu  thun. 

Auch  in  der  neuesten  großen,  höchst  werthvoUen  Liedersamm- 
lung, in  Franz  M.  Böhme's  ^Altdeutschem  Liederbuch^  (Leipaig  1877) 
ist  diese  Autoren-Frage  zur  Sprache  gebracht.  Böhme  theilt  S.  748  %. 
zwei  Melodien,  beziehungsweise  drei  Melodien  mit  und  bemerkt  das«: 
„Das  noch  bekannte  Trostlied:  „Warum  betrübst  du  dich*  ist  ent- 
schieden nicht  von  Hans  Sachs,  dem  es  ohne  Grund  zugeachridMS 
ward.  Die  ältesten  Drucke  wissen  nichts  von  dieser  Verfassersdufi» 
und  ist  das  Lied  auch  nicht  unter  seinen  zahlreichen  Qedichten  ge- 
funden worden."  Formale  GrtLnde  gibt  Böhme  nicht  an,  besieht  skb 
auch  nicht  auf  Wackernagel.  Von  Interesse  ist  seine  Auseinander 
Setzung  über  die  verschiedenen  Melodien^  die  auch  verschiedenen  lie* 
dem  untergelegt  sind.  Literarisch  von  Bedeutung  scheint  dann  noch 
ein  Zusatz  zu  sein,  den  Böhme  zu  jener  von  mir  wörtlich  angefthrtai 
Bemerkung  macht  Es  heißt  nämlich:  „Ein  sonst  ganz  unfaNekannter 
Dichter  Oeorgius  Aemilius  Oemler*)  hat  es  verfaßt  nach  einer  v(H^ 
handenen  weltl.  Weise.*  Hier  also  begegnet  uns  zum  ersten  Mal  dtf 
Name  eines  anderen  Verfassers.  Woher  hat  Böhme  diese  Kunde?  Ohne 
allen  Zweifel  aus  Wackemagel^  den  er  nicht  citiert;  aber  leider  hat 
Böhme  hier  einen  Flüchtigkeitsfehler  begangen.  Weder  Hildebrand  is 
seiner  Recension  des  Böhme'schen  Werkes  in  Schnorr's  von  CarolsfeM 
Archiv  8;  147  ffg.,  noch  Bartsch  in  der  seinen  in  der  Germania  83^ 
115  ffg.y  sind  auf  das  in  Rede  stehende  Lied  zu  sprechen   gekommen, 


'*')  8o  nnbekaimt  ist  doeb  Oemler  nicht.  Er  nannte  sieb  in  der  Begel  Geofgi» 
Aemilios  (geb.  1517  f  1569).  Er  war  Theologe,  sogar  Wittenberger  Doetor  der  Tlie»* 
logie,  Gener alsnperintendent  sn  Stollberg   am  Harz,   verfaßte   Yerschiedene  Schrift« 

Mucb   iateiniflche  Qedichte,  seichnete   sich   in   der  Botanik  aoa.    VgL  JSoher   eoaf 

Ge/eLrten-Lezicon  49.  Allgem.  d.  B\of;c«.^Vv\e^  \,  Wl. 


„WARUM  BETRÜBST  DU  DICH  MEIN  HERZ'.  411 

deshalb  muß  ich  den  Ursprung  dieses  neuen  Irrthums  nachweisen.  Böhme 
ist  nämlich  durch  ein  Druckversehen  bei  Wackernagel  irre  geführt 
worden.  Das  Lied  „Warum  betrübst  du  dich"  ist  in  Wackemagers 
Sammlung  Nr.  190  und  steht  auf  Seite  128.  Darauf  folgen  zwei 
niederdeutsche  Fassungen  Nr.  191.  192  Seite  129—131.  Es  folgt  der 
Dichter  Cunrad  Michael;  der  zunächst  vorhergehende  Dichtemame  ist 
Georgius  Aemilius  Oemlor  Nr.  181—184  Seite  119—122.  Fataler  Weise 
ist  nun  die  Columnenüberschrift  Georgius  Aemilius  Oemler,  die  für  die 
Seiten  119 — 122  richtig  und  nöthig  war,  auch  weiterhin  gesetzt,  er- 
streckt sich  auf  die  folgenden  ebenfalls  autorlos  überlieferten  Gesänge 
(ö  an  der  Zahl)  und  geht  weiter  über  die  drei  Fassungen  unseres 
Liedes  hin  bis  zu  Seite  130,  bis  dann  auf  Seite  131  richtig  als  Colum- 
nenüberschrift Cnnrad  Michael  steht.  Wackernagel  hat  auch  diesen 
Fehler  corrigiert.  Auf  Seite  1184  am  Schlüsse  des  Bandes  steht  unter 
den  „Berichtigungen^  gleich  obenan:  Seite  123 — 128  sind  die  Colum- 
nentitel  zu  tilgen.  Ganz  correct  ist  aber  diese  Berichtigung  nicht: 
statt  128  sollte  stehen  130.  Im  alphabetischen  Verzeichniss  der  Dichter 
und  ihrer  Lieder  sind  unter  Oemler  S.  1173  richtig  nur  die  vier  ihm 
zukommenden  Lieder  verzeichnet,  und  im  alphabetischen  Verzeichniss 
der  Lieder  ist  der  Liedanfang  ,, Warum  betrübsta  dich  mein  herz" 
Seite  1165  ohne  Verfassemamen  gesetzt.  Böhme  hat  sich  also  durch 
die  fehlerhafte  Columnenüberschrift  täuschen  lassen.  Wir  wollen  nun 
zu  verhüten  suchen,  daß  auf  Grund  und  Autorität  des  altdeutschen 
Liederbuches  der  Name  Oemler's  als  des  Verfassers  des  Liedes  „Wa- 
rum betrübst  du  dich^  in  die  Literaturgeschichte  gelange.  Denn  solche 
Fehler  sind  leichter  gemacht  und  verbreitet  als  ausgerottet. 

Wer  der  wirkliche  Verfasser  ist,  vermögen  wir  nicht  zu  er- 
gründen. Er  mag  vielleicht  später  durch  einen  Zufall  an  das  Licht 
kommen.  Daß  der  hochdeutsche  und  nicht  der  niederdeutsche  Text 
der  ursprüngliche  ist,  das  ergeben  die  Reime  in  consonantischer  Be- 
ziehung, doch  kommen  einzelne  Reime  vor,  die  vocalisch  besser  nieder- 
deutsch wären  wie  glot:rot  hd.  gl%i;t  9,  4.  bcm:kam  {Jcom)^  hd.  bäum 
7,  1.  Indessen  bei  der  sonstigen  Unreinheit  der  Reime  können  solche 
verwandte  Vocale  unbeanstandet  bleiben.  Dafür  reimt  auch  wieder  gut : 
Habaeuek  7,  4.  Daß  der  Dichter  sich  der  Reichssprache  bedient, 
beweist  der  Reim  zeit :  Seligkeit  12,  4.  Wie  das  Lied  in  metrischer 
Gestalt  vorliegt,  ist  es  offenbar  vielfach  verderbt.  Der  Charakter 
des  Liedes  in  seiner  Gesammtheit  ist  volksthttmlich  trotz  der  bestimmten 
biblischen  Anspielungen  und  alterthümlicher  als  die  Überlieferung. 

ROSTOCK,  M&z  1879.  RE^lKiLOVI^  ^"EJ^SOSS^^eS^S^. 


412  C.  M.  BLAA8 


VOM  UNZUFRIEDENEN  WOLF. 

Märchen  aus  dem  Böhmerwald. 


Es  war  eimnal  ein  Wolf;  der  schlief  in  seiner  Höhle  und  hatte 
einen  recht  angenehmen  Traum.  Es  träumte  ihm  nämlich,  er  werde 
heute  eine  sehr  gute  Mahlzeit  halten  und  als  er  erwachte,  fineate  er 
sich  schon  auf  das,  was  er  nun  finden  werde.  Er  verließ  daher  waae 
Höhle  und  es  dauerte  nicht  lange,  so  fand  er  einen  grossen  Laib  Brot 
Er  sah  ihn  an,  drehte  ihn  mit  der  Pfote  um  und  roch  daran.  Obwohl 
er  das  Brot  recht  gut  fand;  ließ  er  es  dennoch  liegen  und  gieng  daycMi: 
denn  er  dachte  etwas  besseres  zu  finden,  weil  ihm  von  einer  gutei 
Mahlzeit  geträumt  hatte.  Nach  einer  Weile  fand  er  einen  grossen 
Laib  Käs.  Das  ist  besser,  meinte  er  und  machte  es  mit  ihm,  wie  nk 
dem  Brot.  Er  hoffte  aber  noch  etwas  besseres  zu  bekonunen  umi 
wanderte  wieder  weiter.  Diesmal  dauerte  es  bereits  ein  wenig  läogor, 
ehe  er  etwas  finden  konnte  und  zudem  bekam  er  Hunger.  EndUck 
fand  er  einen  grossen  schönen  Schinken.  Schon  ireute  er  sich  darflbsr 
und  machte  es  mit  ihm,  wie  mit  dem  Brot  und  dem  Käs.  Weil  er 
jedoch  immer  wieder  etwas  besseres  gefunden  hatte,  ließ  er  auch  dei 
Schinken  liegen  und  ging  abermals  weiter.  Darauf  wanderte  er  lange 
Zeit  fort,  suchte  kreuz  und  quer;  konnte  aber  nichts  mehr  finden  vad 
der  Hunger  quälte  ihn  schon  sehr.  Daher  entschloß  er  sich  umzakehrcDf 
um  wenigstens  den  Schinken  zu  fressen.  Als  er  jedoch  an  die  Stelle  kam. 
wo  der  Schinken  gelegen  hatte,  war  von  diesem  nichts  mehr  zu  sehea 
Da  meinte  er:  ist  doch  der  Käs  auch  gut  und  wanderte  noch  weiter 
zurück.  Allein  auch  der  Käs  war  verschwunden  und  ebenso  gieng  es 
ihm  mit  dem  Brot.  Er  hoffte  aber  noch  immer,  sein  Traum  werde  ii 
Erfüllung  gehen  und  schlug  einen  anderen  Weg  ein. 

Nach  einiger  Zeit  kam  er  auf  eine  Wiese,  wo  zwei  Ziegenböcke 
lustig  herumsprangen.  Diese  gewahrten  den  Wolf  jedoch  erat,  ab  er 
schon  ganz  in  ihrer  Nähe  war  und  zu  ihnen  sagte:  einer  von  ihnen  müsse 
sich  fressen  lassen,  denn  ihn  plage  der  Hunger  und  ihm  habe  getrium^ 
daß  er  heute  eine  gute  Mahlzeit  bekommen  werde.  Die  Ziegenböcke 
aber  suchten  sich  durch  eine  List  zu  retten  und  sagten  zum  Wdf: 
sie  wären  gerne  bereit  dieses  Opfer  zu  bringen,  wenn  er  vorher  einet 
Streit  zwischen  ihnen  schlichten  wolle.  Ihr  Vater  habe  ihnen  nftmlieb 
diese  Wiese  zu  ganz  gleichen  Theilen  vermacht  und  sie  könnten  bei 
der  TJieüiiDg  nicht  ämg  wetdoxi.  ^x  %^Mk!&  «.vok  daher  in  die  lütte  der 


VOM  UNZUFRIEDENEN  WOLF.  413 

Wiese  Btelleu  uud  sie  würden  dano;  jeder  von  einem  anderen  Ende 
derselben,  zu  gleicher  Zeit  auf  ihn  loslaufen.  Hernach  möge  dem- 
jenigen, der  zuerst  bei  ihm  ankomme,  der  bessere  Theil  der  Wiese 
gehören  und  den  später  ankommenden  könne  er  fressen.  Der  Wolf 
war  damit  einverstanden  und  glaubte  seine  Mahlzeit  sei  gesichert.  Die 
Ziegenböcke  gingen  hierauf  auf  ihre  Plätze  und  rannten  dann  in  mäch- 
tigen Sprüngen  auf  den  Wolf  los.  Sie  kamen  jedoch  zugleich  bei  ihm 
an  und  stiessen  von  beiden  Seiten  so  heftig  auf  ihn  ein^  daß  er  vor 
Schmerz  laut  heulte  uud  sie  bat,  sie  möchten  nur  aufhören  zu  stossen, 
er  wolle  ihnen  gerne  das  Leben  schenken.  Die  Ziegenböcke  hörten 
wohl  auf  zu  stoBsen,  aber  bis  sich  der  Wolf  wieder  erholte  waren  sie 
längst  verschwunden. 

Nun  bereute  der  Wolf  seine  Ungenügsamkeit  und  zog  von  Hunger 
gequält  wieder  weiter.  Nachdem  er  einige  Zeit  gewandert  war,  sah 
er  eine  Stute  mit  einem  Füllen  auf  der  Weide.  Da  dachte  er,  jetzt 
bekomme  ich  endlich  doch  eine  gute  Mahlzeit,  gieng  sogleich  auf  die 
Stute  los,  erzählte  ihr  seinen  Traum  und  sagte  zugleich,  daü  sie  ihm 
das  Füllen  zum  Fressen  überlassen  müsse.  Die  Stute  sagte  darauf,  er 
könne  das  Füllen  haben,  allein  sie  mache  die  Bedingung,  daß  er  ihr 
früher  aus  dem  Hinteriusse  einen  Dorn  herausziehe,  den  sie  sich  ein- 
getreten habe,  als  sie  über  einen  Zaun  gesprungen  sei.  Als  jedoch 
der  Wolf  den  Fuß  der  Stute  untersuchen  wollte,  schlug  diese  mit  beiden 
Hinterfüssen  so  stark  gegen  ihn  aus,  daß  er  ein  gutes  Stück  weg  flog 
und  ganz  betäubt  liegen  blieb.  Die  Stute  aber  sprang  mit  dem  Füllen 
eiligst  davon. 

Nachdem  der  Wolf  wieder  zur  Besinnung  gekommen  war,  schleppte 
er  sich  nur  langsam  weiter  und  kam  so  zu  einer  Mühle,  bei  der  er 
eine  Sau  mit  zwölf  Jungen  bemerkte.  Er  gieng  ganz  traurig  zu  ihr 
hin,  erzählte  auch  ihr  seinen  Traum  und  bat  sie  nur  um  ein  Ferkel, 
am  seinen  Hunger  zu  stillen.  Die  Sau  sagte,  er  könne  eines  von 
ihren  Jungen  haben,  nur  müsse  er  ihr  dieselben  zuvor  baden  helfen, 
sie  seien  dann  besser  zum  fressen.  Dem  Wolf  war  dies  recht  und  er 
stellte  sich  hiezu  auf  die  Wasserrinne  des  Mühlbachs.  Statt  ihm  aber 
nun  ein  Ferkel  zu  reichen,  gab  ihm  die  Sau  einen  Stoß  und  er  fiel  in 
die  Rinne.  Da  riß  ihn  das  Wasser  fort  über  das  Mühlrad  hinunter 
und  er  hatte  Mühe,  daß  er  nicht  ertrank. 

Darauf  gieng  er  ganz  matt  den  Bach  entlang  und  traf  da  einen 
Mann  beim  Fischen.  Den  bat  er  nur  um  ein  Fischl,  weil  er  so  Hunger 
habe.  Der  Mann  aber  sagte,  er  solle  ihm  zuerst  beim  Fischfangen 
helfen.    Da  stieg  der  Wolf  in  das  Wasser  ^  wo  vbm  dst  ^^dSQk\i  €>a^<s^ 


414         C-  ^    BLAA8,  ZU  KONRAD  VON  MEQENBERO. 

Weidenkorb  an  den  Schwanz  band;  den  maßte  der  Wolf 
und  der  Mann  gab  dann  statt  Fische  so  viele  Steine  in  den  Koih, 
daß  der  Wolf  nicht  mehr  weiter  konnte.  Da  rief  der  Mann  mehrat 
Bauern,  die  in  der  Nähe  waren,  herbei  und  diese  schlagen  den  Wdl^ 
bis  er  liegen  blieb. 

Ab  sich  der  Wolf  wieder  etwas  erholt  hatte  und  nar  mOhtaa 
fortschleppte ,  sah  er  auf  einem  Holz&pfelbaum  einen  Mann ,  der  die 
sauem  Holz&pfel  abnahm.  Zu  diesem  gieng  er  hin  und  bat  ihn  redil 
inständig;  er  möge  ihm  nur  einen  Apfel  geben,  weil  er  sonst  verlm* 
gern  müsse  und  dabei  hob  er  die  Vorderpfoten  bittend  in  die  Wk^ 
Der  Mann  aber  glaubte,  der  Wolf  wolle  zu  ihm  auf  den  Baom  aleigei 
und  wohl  gar  ihn  selbst  fressen;  daher  warf  er  die  Hacke,  weldie  m 
bei  sich  hatte,  nach  dem  Wolf  und  traf  ihn  damit  auf  den  Kopf  und 
der  Wolf  war  todt  — 

Dieses  Märchen  verdanke  ich  einer  Mittheilung  des  Tljftlurigeii, 
aus  Oberplan  im  Böhmerwalde  gebürtigen  Hrn.  J.  Pranghofer  (d.  Z. 
Verwalter  in  St.  Martin  bei  Linz),  welcher  es  in  der  Jugendzeit  von 
seiner  Großmutter  erzählen  hörte.  Das  Märchen  hat  fibrig^is  Ähn- 
lichkeit mit:  'Der  Traum  des  Wolfes*  in  J.  W.  WolPs  ^Deut.  Hans- 
märchen  S.  419,  ist  aber  viel  reichhaltiger  und  wohl  auch  älter.  Zu 
vgl.  sind  auch  die  Abenteuer  des  Wolfes  im  ^Reinardus  vulpes*  und 
'Reinecke  Vos'. 

STOCKERAU  in  NiederOsterreich  im  Mai  1879.  C  M.  BLAAS. 


ZU  KONRAD  VON  MEGENBERG. 


1.  Konrad  von  Megenberg  sagt  in  seinem  'Buch  der  Natur'  ed. 
Pfeiffer  S.  228:  'in  dem  winter  ist  er  (der  Wiedehopf)  verporgen  ood 
ist  ain  stumm,  aber  in  dem  sumer  und  in  dem  lenzen  so  ist  er  gar 
ungesttlem  mit  seim  geschrai  und  hat  neur  ain  gesank  und  ain  stimflUt 
wan  er  singet  neur  hoz  hoz  hoz,  sam  der  gaueh  singt  guck  gudu 
ich  h&n  auch  dick  gemerkt  ze  Megenperch,  d6  ich  ain  kindel  was, 
daz  die  zw§n  vogel  zuo  cnander  s&zen  und  sungen  mit  aim  wdlsd, 
der  gauch  vor,  der  widhopf  nach,  und  wand  ich,  der  widbopf  wer 
des  gauches  roz  (in  der  Stuttgarter  Hss.  ^rujßf^)  und  daz  si  st»tes  pei 
aioander  wasren/  —  Diese  Mittheilung  erinnert  auffallend  an  die  in 
iViecferJeutschland  weitveibreit^t/^  ^L\lsc^ll^%X^«C^^^d\uA'^Rheinweinliedf 


TH.  GELBE,  EIN  KINDERSPIEL  AUS  DEM  ELSASS.  415 

allbekannte  Formel:  'der  Kukuk  und  sein  Küster".  Nach  Simrock 
(Mytb.  IV.  Aufl.  S.  460)  ist  zwar  die  Auffassung  des  Wiedehopfs  als 
des  Kukuks  Küster  im  Volksglauben  nicht  gegründet.  J.  GMmm  (Myth. 
in.  Ausg.  646}  bemerkt  jedoch  bei  Erwähnung  der  betreffenden  Formel: 
'unter  diesem  Küster  wird,  nach  Brem.  Wb.  2,  858,  der  Wiedhopf  ge- 
meint, ein  Vogel,  der  gleichfalls  durch  Verwandlung  seine  Qestalt  erhalten 
haben  soll.  Näher  vermag  ich  die  Fabel  vom  Kukuk  und  Wiedhopf 
nicht  anzugeben,  singt  dieser  jenem  vor?'  (Vgl.  Döbel,  I,  c.  68,  Bech- 
stein,  Naturgesch.  der  Vögel  I,  1071  und  Alpenburg,  Myth.  u.  Sag. 
386^).  Der  Kukuk  wird  übrigens  (nach  Wuttke,  Volksabergl.  116)  in 
den  Kinderliedem  mit  „Gottesknecht^  angeredet  und  nach  Mannhardt 
(in  Wolfs  Zeitschrift  für  deutsche  Mythologie  III,  340)  heißt  die  sog. 
Pfaffenbinde  (arum  maculatum)  engl,  cuckoopint. 

2.  Bei  Megenberg  a  a.  O.  heißt  es  femer  S.  178:  'Cuculus  faaizt 
ain  cukuk  oder  ein  gauch.  der  verändert  sein  stimm  niht,  er  singt  neur 
cukuk ,  cukuk ,  dar  umb  spottent  sein  diu  kint/  —  Sollte  darauf  der 
folgende  (mir  aus  Wien  mitgetheilte)  Kinderspruch  Bezug  haben? 

Kukuk  hat  er  g 'schrien, 

kukuk  schreit  er  noch, 

kukuk  wird  er  schreien, 

weil  er  anders  nit  kann. 
In  Niederösterreich   sagt  man  überdies:  Venu  man  den  Kukuk, 
da  er  schreit,  nachspottet,  so  bekommt  man  'Gugascheggn'  (Sommer- 
sprossen. —  S.  Qerm.  XXII,  353). 

STOCKERAU  in  Niederösterreieh  im  Mai  1879.  C.  M.  BLAAS. 


EIN  KINDERSPIEL  AUS  DEM  ELSASS. 


Durch  Vermittelung  eines  Freundes  gieng  mir  von  einem  in  Elsaß 
garnisoniercnden  sächsischen  Ofiiziere  folgendes  Spiel  zu,  welches  in 
Schlettstadt,  Straßburg  und  anderen  Orten  des  Elsaß  von  den  Kindern 
aufgeführt  wird,  und  welches  des  darin  erwähnten  Königs  von  Sach- 
sen wegen  Aufinerksamkeit  erregt. 

Die  Kinder  treten  in  eine  Reihe  und  halten  sich  gegenseitig 
bei  den  Händen ;  ihnen  gegenüber  steht  der  zuvor  gewählte  „Högscht^ 

*)  [Im  MeklenbnrgiBchen  ist  der  Name  'Kukuksköster  für  den  Wiedehopf  be- 
kannt.    Vgl.  meine  Mekl.  Sagen  2,  179,  Nr.  868.    K.  B.\ 


416  TH.  GELBE.  EIN  KINDERSPIEL  AUS  DEM  EL8A86. 

(der  Höchste).     Auf   diesen    bewegen    sie   sich    unter  AbBingang   des 
Versehens 

Kari,  Karo,  wir  stehn  auf  der  l^e*)  Kapelle, 

wir  haben  den  Schlüssel  verloren 
zu  wie  beim  Contretanz   und  wie  bei   dem   in  dieser  Zeitschrift  Jahr- 
gang 1877,  S.  307,  Nr.  175  erwähnten  Verschen.     Vor  diesem  ange- 
langt, fällt  die  Schar  mit  den  Worten 

Wir  fallen  auf  die  Knie 
auf  die  Knie   und   faltet  die  Hände.     Hierauf  verläßt  einer  von  ihneo 
die  Reihe  und  sucht  den  vor  Beginn  des  Spieles  versteckten  SchlllsteL 
Sobald  er  diesen  gefunden  hat,  singt  der  Högscht 

Stehet  auf,  stehet  auf,  ihr  jungi  Leit! 

Wir  haben  den  SchlQssel  gefunden: 
und  reicht  dem  Schlüsselfinder  die  beiden  Hände ,    unter  welchen   die 
übrigen  unter  Absingung  der  Zeilen 

Sperret  auf,  sperret  auf,  die  Thore  auf, 

der  König  von  Sachsen  wird  kommen 
durchkriechen;  die  beiden  letzten  werden  abgefangen  und  übernehmen 
die  Rolle  des  Högscht  und  des  Schlüsselftlhrers  fUr  das  nächste  Spiel- 
Die  Schlußthätigkeit  erinnert  lebhaft  an  das  a.  a.  O.  S.  308,  Nr.  186 
erwähnte  Spiel.   An  diesem,  von  den  Kindern  nach  den  beiden  ersten 
Worten  Kari  Karo  Spiel  genannten  Spiele  ist  die  Erwähnung  des  Kö- 
nigs von  Sachsen  sehr  aufikUig;    erstens,  weil   ausser  dem  etwas  mj* 
steriösen    ..Kaiser    Fifilatus^,    anstatt    dessen    man    oft   genug    ^heisa 
fifilatus^  hört,    ein  gekröntes  Haupt  meines  Wissens  nicht  vorkommt: 
femer,  wie   kommt  gerade   der  König  von  Sachsen  in  den  Mund  der 
Elsasser  Jugend?    Die  Losung   dieser  Frage  wird    noch    dadurch   er- 
schwert, daß  dies  Spiel,  wie  ich  auf  nochmaliges  Anfragen  von  meinem 
Gewährsmann    erfuhr,    älter    ist    als    das  jetzige  Königthum  Sachsen. 
Sehr  alte  Personen  in  Straßburg  haben  ihm  versichert,  das  Lied  sei 
sehr  alt,    ja  einige  Laben  behauptet,    es  reiche  mehrere  100  Jahre  (?) 
zurück.     Dürfte  man  vielleicht  an  den  Marschall  von  Sachsen,  der  ja 
für  Straßburg  wichtig  war,  denken,  oder  etwa  gar  an  einen  Ottonen? 
STOLLBERG.  THEODOR  GELBE. 

*)  leze  =  falflcb,  cf.  ahd.  lezsi. 


A.  JEITTELE8,  ZU  GERMANIA  84,  81  ff.  417 


ZU  GERMANIA  24,  21  ff. 


Einen  kleinen  Nachtrag  zu  den  von  Felix  Liebrecht  a.  a.  O.  aus 
deutschen  Volksliedern  mitgetheilten  Belegen  fbr  die  krachende  Bett- 
statt kann  ich  aus  meiner  reichhaltigen  Sammlung  steiermärkischer 
Volkslieder,  die  wie  anderes  längst  vorbereitete  in  den  nächsten  Jahren 
bei  besserer  Muße  zur  Veröffentlichung  gelangen  soU^  liefern.  Das  be- 
treffende Liedchen,  ein  sogenannter  Vierzeiliger,  lautet: 

Mei  Mneter  hat  gsagt, 
i  soUs  krachen  laß*n; 
wann^s  Bettstattl  bricht; 
wird  sie's  machen  laß'n^). 

Eine  Art  Analogen  zur  ^krachenden  ist  die  sich  wendende 
Bettstatt,  fbr  welche  ich  aus  derselben  Sammlung  gleichfalls  hiemit 
ein  Beispiel  biete. 

Wie  scheint  der  Mond  so  wnnderschoen ! 
ich  Solls  zu  meim  Deanderl  gehn. 
Zu  meim  Deanderl  soll  is  gehn, 
bei  ihrm  Fenster!  soll  is  stehn.  :/: 

'Wer  is  denn  draußen,  wer  klopfet  an^ 
der  mich  so  leise  aufwecken  kann? 
Steh  nur  auf  und  laß  mich  eini, 
's  wird  der  rechte  Bae  schon  sein*  :/: 

(ch  steh  nit  aaf  und  laß  mer  an  Fried, 
denn  aufmachen  das  thuer  ich  nit, 
denn  das  Bettstattl  hat  sich  gwendt: 
unser  Liebschaft  die  hat  an  End/  :/: 


*)  Nacbträglicb  ersehe  ich  aus  der  jüngst  in  2.  Auflage  erschienenen  Sammlung 
'Deutsche  Volkslieder  ans  Kärnten.  Gesammelt  von  Dr.  V.  Pogatsehnigg  und  Dr. 
Em.  Herr  mann*.  Band  L  Graz,  Leykam- Josefsthal  1879.  Nr.  1827,  daß  das  Lied  mit 
gans  geringer  Abweichung  und  mit  der  Zusatzstrophe 

Is  Bettstattl  is  brocben 
Um  BwOlfe  ba  der  Nacht, 
Der  Tischlerbue  is  kemen, 
'*''^  Hal*s  glei  wieder  gemacht 

'"'^^Bniren  wird.  —  Die   genannte  Sammlung   erb&lt   einen   weiteren 
1826,  nemlich: 
11  hat  g'Ucht, 
'  Battirtatt  hat  kracht, 
*i  ii  mir  a  Ding, 
~  gaet  fieg*n! 

Tshii.)  Tl 


418  R*  SPRENOEB 

Einen  Thaler  den  gib  it  dir, 
wannst  mich  schlafen  laßt  heat  Nacht  bei  dir. 
Gehalt  dein  Thaler,  saaf  dir  an  Rausch;*) 
such  dir  an  anders  schoens  Deanderl  ans.*  :/: 

Du  wirst  oft  traurig  sein^  du  wirst  oft  weinen, 
du  wirst  oft  weinen  über  mich; 
du  wirst  aach  denken  über  mich: 
hersigs  Bürscherl,  o  hfttt  ich  dich*^!  :/: 

Das  Lied,  welchem  eine  anziehende  Weise  eigen  ist^  gehM  u 
den  gangbarsten  steierischen  Volksliedern  und  wird  in  Ghras  sehr  hia% 
in  mehrstimmigem  Chore  gesungen. 

INNSBRUCK.  A.  JEITTELJB8. 


KLEINE  KRITISCHE  BEITRÄGR 


1.  Zu  den  Predigten  aus  St.  Paul. 

87,  6  dar  chom  unser  herre,  daz  diu  ture  doch  geaperret  vxmb,  wcmd  iß 
eüiu  dtnc  offen  sint  und  ouch  unser  säe  nach  der  urstende^  fnaeh  A 
swä  er  wiL  Zu  dieser  Stelle  bemerkt  der  Herausgeber  nur:  mach  m 
'abermals  fehlt  das  pronominale  Subject\  Von  dieser  Bemerkung  sagt 
F.  Bech  in  seiner  Recension  des  Buches  (Zeitschrift  ftlr  deutsche  Flii- 
lologie  X,  238  ff.),  'daß  er  nicht  wisse,  was  der  Herausgeber  sich  dabei 
gedacht  habe'.  Er  bemerkt  ferner,  daß  das  Komma  nach  ursimide  des 
Zusammenhang  störe,  schlägt  daher  vor,  dasselbe  zu  tilgen  and  statt 
unser  sSle  zu  setzen  unser  Itp.  Wir  würden  dann  allerdings  ebm 
passenden  Sinn  erhalten,  aber  die  Änderung  von  sele  in  2^  ist  dock 
zu  stark:  man  sieht  nicht  ein  wie  der  Schreiber  diese  Worte  soDte 
verwechselt  haben.  Die  Interpunction  wie  sie  ist  und  auch  sele  kuB 
bestehen  bleiben,  wenn  wir  unser  sele  ab  Dativ  fassen,  wogten  Cor 
mell  nichts  zu  erinnern  ist,  denn  der  Abfall  der  Flexion  im  gen.  asi 
dat.  sing,  und  im  gen.  plur.  findet  sich  bei  dem  Pronomen  unser,  wie 
sonst,  auch  in  unserer  Hs.  öfter  (s.  Anm.  zu  19,  24).  Eine  Ändenmg 
wird  allerdings  nöthig  sein,  aber  nur  eine  geringe:  die  von  swä  er  is 
swä   ez.    Ich   übersetze    dann   folgendermassen :  Da  kam  unser  Herr. 

*)  Variante:  kanf  dir  a  Hans. 
**)  Variante  der  letzten  Strophe: 

DvL  wirst  dich  krftnkeu  oft  um  mich 
and  wirst  anch  denken  oft  auf  mich; 
du  wirst  dicYk  kriLuken,  wirst  oft  denken: 
hermliebstes  B^ebe\,  o  \A.\X  \t^  ^«^X 


KLEINE  KRITISCHE  BETTBÄGE.  419 

obgleich  die  Thür  verschlossen  war^  weil  ihm  alles  offen  steht  nnd 
auch  unserer  Seele  nach  der  Auferstehung,  mag  (es)  sein,  wo 
es  wilL  Die  Formel:  *es  mag  sein,  wo  es  will'  ist  noch  heute  ge- 
bräuchlich fbr  'überall'.  Jeitteles  hat  demnach  mit  seiner  Bemerkung 
dennoch  recht:  wir  brauchen  den  Ausfall  des  pronominalen  Subjects 
ez  um  so  weniger  zu  bezweifeln,  als  er  sich  noch  heute  in  den  dubi- 
tativen  Formeln  'mag  sein,  kann  sein  findet  Daß  9U)d  er  nicht  mOg- 
lieh  war,  mußte  er  allerdings  bemerken.  Unter  sele  ist  hier  das  nach 
der  Auferstehung  mit  einem  feineren,  geistigeren  Leibe  versehene  Wesen 
verstanden  (s.  die  s^^en  in  L.  Alezander  6888,  die  doch  eine  Art  Leib 
haben  müssen,  da  sie  sogar  slahea  unde  stozen  mit  grdzem  unginne). 
Hierbei  erinnere  ich  mich,  daß  EQldebrand  in  einer  Leipziger  Vorle- 
sung ausführte,  wie  die  Seele  vielfach  in  volksthümlicher  Vorstellung 
als  etwas  körperliches  genommen  wurde. 

2.  Zu  Freidank. 

12,  7  manc  hundert  slahte  bluomen  st&nt 
die  ungeliche  varwe  hfint 
deheiner  slahte  grüene  ist  gar 
geliche  der  andern;  nemt  es  war. 

grüene  soll  nach  Bezzenberger  das  Ghrün  der  Pflanzen  sein.  Aber 
abgesehen  von  dem  ungewöhnlichen  Ausdruck,  ist  es  auffallend,  daß  in 
der  Aufzählung,  bei  der  offenbar  vom  Menschen  ausgegangen  wird,  dann 
die  Thiere  und  drittens  die  Blumen  genannt  werden,  das  dritte  Natur- 
reich ganz  vergessen  wird.  Ist  es  doch  auch  bei  Wemher  vom  Nieder- 
rhein 4,  27  in  gleichem  Zusammenhange  nicht  vergessen.  Wir  werden 
also  wohl  eine  geringe  Verderbniss  anzunehmen  und  zu  schreiben  haben: 

deheiner  slahte  grien  ist  gar 
geltch  dem  anderen 

Orund  der  Verderbniss  war  wohl,  daß  grien  (woftlr  das  gebräuchlichere 
griez)  nicht  allgemein  gebräuchlich  war. 

19,  21  der  aller  geschepfede  meister  ist 
den  irret  niemens  kunst  noch  Ust 

Wenn  es  auch  im  Eirchenliede  heißt:  'dein  Werk  kann  Niemand 
hindern',  so  paßt  hier  dieser  Gedanke  kaum  in  den  Zusammenhang. 
Ich  schreibe  dagegen: 

den  irrächet  niemens  kunst  noch  list 
'den   kann  Niemandes  Weisheit  und  Verstand   ergründen'.    So   ij&t 
auch  der  Zusammenbang  mit  den  folgenden  Ta^^^tl  \kft\^^VS^>  ^^sc^k^ 


420  R-  SPRENOER,  KLEINE  KRITISCHE  BEITRXGE. 

der  Dichter  denkt  sich  offenbar  Gottes  Wesen  besonders  auch  deshaft 
so  schwer  zu  ergründen,  weil  er  alle  Gestalten  annehmen  kmnn.  Wk 
aus  irrechet  (statt  des  gebräuchlicheren  erreeket)  irret  werden  konnte 
ist  leicht  einzusehen. 

50,  6.  7  swer  zwein  herren  dienen  sol 
der  bedarf  gelttckes  wol. 
Daß  gelücke$  nicht  paßt;  hat  schon  Sandvoß  mit  Recht  bemerkt,  di- 
gegen  kann  ich  mich  mit  seiner  Vermuthung  gdiegenes  nicht  befriedi(|t 
erklären.  S.  verweist  selbst  zur  Vergleichung  auf  Hartmanns  2.  BficU. 
193  (wenn  wir  darin  auch  wohl  nicht  Freidanks  Quelle  zu  sudies 
haben) :  er  bedarf  nnmuoze  woly  swer  zwein  Herren  dienen  sol.  Ganz  den- 
selben Sinn  erhalten  wir^  wenn  wir  in  unserer  Stelle  schreiben:  der 
bedarf  gezogenes  wol;  d.  h.  *der  bedarf  wohl  Eilens^.  Daß  gezogens  oder 
wie  wohl  ursprünglich  in  der  Hs.  stand:  gezogis,  ein  immerhin  nidit 
häufiges  Wort;  in  gehiges  (gelückes)  entstellt  werden  konnte,  ist  leick 
einzusehen.  Dem  ursprtinglichen  am  nächsten  steht  die  Lesart  von  E: 
getrawens,  die  wohl  aus  gezawens  (s.  über  diese  Nebenform  von  ft 
touwen,  das  mit  zogen  synonym  ist:  Lezer  I;  1000,  1006*)  entstellt  iit 

3.  Zur  Erzählung  von  zwei  Kaufleuten 
ed.  Haupt,  Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  VlI,  6ö— 90. 

623  d6  diz  ir  vater  gar  vemam, 

er  sprach  'ach  lieber  Bertram^ 

und  wser  min  tohter  Irmengart 

wol  gesunt  üf  dirre  vart; 

daz  si  daz  guot  gewünne 

e  denne  ez  ir  entrttnne. 
Diese  Vei^se  scheinen  mir  auch  in  Haupts  Recension  noch  keines 
passenden  Sinn  zu  geben.  Schon  v.  d.  Hagen  nahm  an  gesunt  An- 
stoß und  vermuthete  daftlr  gesint^  was  aber  ebensowenig  paßt  V.  62& 
hat  die  Hs.  (nach  Altd.  Wälder  I;  55)  wer-^  V.  628  uns  (so  auch  r. 
d.  Hagen)  statt  ir.    Danach  wird  der  Text  so  herzustellen  sein: 

do  daz  ir  vater  gar  vemam; 

er  sprach  'ach  lieber  Bertram, 

unt  wser  mm  tohter  Irmengart 

baz  gesornt  üf  di^e  vart^ 

daz  si  daz  guot  gewünne 

e  denne  ez  uns  entrünne. 

^)  Auch  im  Alflfelder  P«saional  1074  ist  übrigens  zeugen,  wie    der  R«ira  fimw« 
seigt,  in  zawen  sa  ändern. 


K.  BARTSCH.  GEDICHT  ÜBER  HEINRICH  DEN  LÖWEN?  421 

D.  h. :  £b  wäre  gut,  daß  meine  Tochter  Irmengart  auf  diese  Fahrt  ge- 
sendet würde  (dieses  unternähme),  damit  sie  uns  das  (gelobte)  Ghit  ge- 
wönne, als  daß  es  uns  entgienge. 

Sänimtliche  Verderbnisse  sind  Schreibfehler  leichtester  Art  mit 
Ausnahme  von  wol  statt  haz,  die  sich  daraus  erklärt,  daß  man  die 
comparativische  Bedeutung  von  beiz  nicht  mehr  itlhlte. 

Zu  V.  1 — 3  vgl.  proverb.  29,  11  totum  suum  spiritum  profert  stultus. 

NORTHEIM.  R.  8PREN6ER. 


GEDICHT  ÜBER  HEINRICH  DEN  LÖWEN? 


In  einer  Handschrift  der  Bibliothek  des  Lord  Ashburnham;  die 
G.  Waitz  im  Neuen  Archiv  der  Gesellschaft  für  ältere  deutsche  Ge- 
schichtskunde 4  (1879);  S.  614  f.  erwähnt;  finden  sich  altdeutache  Ge- 
dichte. Es  ist  eine  Papierhandschrift  des  15.  Jahrhunderts.  Das  erste 
Gedicht  beginnt 

^n  birtzoch  waz  zu  Binuienczwich 
In  grossen  eren  unde  rijch 
Beyde  gnyt  unde  yom  landC; 
Unde  stoet  allet  yn  syner  bände, 
Avemen,  Frankrieb  unde  Brabant, 
Myssen,  Dorringben,   Sayssenlant; 
Er  waz  gotforticb  unde  wijse 
Unde  von  alder  worden  grijsze 
Bij  den  vyerwerffeyrtzicb  jaren, 
Er  waz  milde  gelijcb  den  arn, 
Aller  eren  waz  er  gewann, 
Er  hatte  eynen  jungen  sdn 
Von  21  jaren  wyse  unde  frede. 

Schluü : 

Dez  gunne  uns  allen  samen 

Dye  bemelsche  konigynnen.  Amen. 

Jesus  Maria  Johannes. 

Nach  der  beigefügten  Verweisung  auf  Goedeke's  Mittheilung  über 
Reinfrid  von  Braunschweig  sollte  man  an  eine  Handschrift  dieses  Ge- 
dichtes denken.  Wir  haben  offenbar  hier  eine  stark  niederfränkisch 
gefärbte  Dichtung  vor  uns^  die  vielleicht  die  Geschichte  Heinrichs  des 
Löwen  behandelte.  Nähere  Mittheilung  wäre  sehr  erwünscht. 

K.  BABT.SCH. 


J — •».:* 


i»i 


.*.-.-_ 


la.^   ■  ü  ^üE^KifOUTi^Bni. 


LUTERaIOl 


»:ni»r    '.  ir«»mu'.niiiii{'    i;wr    tirt    ÜMii-aiiiii   -fUL 

■in    L     iLuTmii     loii    LlTiui    ^ünmuic    1 
7  "iiifwr  ^   '^vnn     1  ? '  i    Tl   I  i  t  .. 

u»tm^n     u:T.    utff    ^A    £uMiMiiMä««i  Zjssaiizui  bmitadiat 
^'•^rbWT.wtr  ijtr.  i  <i:t   tif>?  izi*iti;  **f""^  »giu^  &t  CTwEUHhmu^ 
vuiüi«!    ItM  r^^nta   Uli   i:u  ^frx  rrotExr 
u   Ms'.i«*r   T  i   «^  vs.     i3ilufi>»afi*fi.  ^Xisran  ^ 

ji^y%^ff  Art  t-,4  fr^ii-^ävra.    c.i*  wfciCfsu 

» ".•<   Ä'^sf   .Ä    vür.^MJuai*?  W»{*t  A'^fK^Jii 

^.twvVtAv«^    ^r.-i    Kt\:\^,    'hot^fAk^   Gyn 

»//^  ».•.   \'Arx^js^*^A^,  Grak'ieik  videri«^    SodftBB 

li:*/,^*«./,f.»;.'.  jt',fjp«^hrt-  »i^IcLe  ron  den  Ciso-Jani 

W^/»'.Jtjf *'/*'.■   '»•rfz^i':>.fi*:t  sr.d  beipHcbt  derec  23.  Mit 

i,.*:t  ':^f'/*^.t,:u.  ^  vi«;  ':.>>.<:  Gedicbte  irch  ftümihlicli  cntvickeb  kiä^.   ü  ^ 

G/'K/.'St'r/*.  u*^XhiStifi  ii^.w'A^n  i^in  müise.  und  wie  sie  uc^  ScäSbahtm  z  «^ 

«/,/.j«-/!<rf«»,fj    G«$r^'j«:rj    und    za    rertchiedenen    Zeiten 

O«;/  v^lux^,  \,'t*}i%X  \uX':ftMikXi\H  Abaehoitt   gehört 


smiiins-  L.te|!i 


^/jt  ^«ftxt  liU:/  *amh  O&ttrjng  von  Gedichten  gesagt  worden  ist. 

Wm  hurj  d«:rf  Tf.xX  dr:9  Namenbaches  selber  betriflt,  no  soü  msf  Ab 
nih'.f  triniftif'An^'ttt  wr;rdr:n.  Pickel  hat  ihn  ans  der  ehemaligen 
$ik^t,'Ur\inH  und  'liufim  wabnicheinlich  nm  1530  ervehieneacn 
'//fittiui«;rt.  I^fjdftr  ihI  die  Handschrift  selber  beim  Brande  der  BASiAb  ^ 
ytrUiff-ti  i'i-.i'untt/'.n^  ho  daß  der  Heransgeber  sich  nur  an  di 
A'/'Jf<i'k  in  df:n  i5f;iträ;;en  zur  deutschen  Literator  und 
'ati  M^trnunrM  Vcr^l';ichung  von  Handschrift  und  Druck  in  d« 
JiiUt\tUt:\ittu  \iii\Uiu  könnt«.  Weder  die  Handschrift  aber  noch  dK  S^ 
»-hUitrh-M  itstv.U  fli;r  Annahrno  Pickels  S.  2  genaa  der  nrknndli^ 
i*,l,tt-t}ivn'itn:  t\t'.H  Dichters.  Zur  bequemeren  Vergleichiing  and 
«Ifn  'VfKit'.H  wijrdf.  i'H  jedenfalls  vicieu  Lesern  erwünscht  gewesen 
M«'fitii«i^«li<'.r  Nirli  Ii(!rb(!igclii8scn  hätte  einige  der  von  Dangkrotshoi 
fff.it'.iUifU-.u  \\tV\\w\\\\\  iu  der  Einleitung  oder  in  dem  Anhange 

rio  diink«'.unw('.Tl\\  <V\o.  Ci^m  "Y^xXa  \^^\^^^^ViQnen  Anmerkongen  in 


LITTERATTTR:  K.  PICKEL,  KONRAD  VON  DANGKROTZHEIM.         423 

and  da  noch  etwas  im  Reste  verblieben,  das  sich  bis  jetst  nicht  hat  aufklären 
lassen.  Die  Interpretation  war  in  der  That  nicht  überall  eine  leichte.  Aosser- 
dem  enthalten  die  Anmerkungen  einige  Auffiissungen,  die  nach  Ansicht  des 
Rec.  theils    einer  Berichtigung,    theils    einer  weiteren  Beglaubigung    bedürfen. 

V.  26  ist  fluckenbelge  vom  Herausgeber  gewiß  richtiger  erklärt  als  von 
J«  Grimm  im  D.  Wörterbuch  III ,  1836,  der  fluchen  als  Adjectiv  gefaßt  und 
darin  einen  alten  Beleg  für  die  Bedeutung  plumatus  plumeua  gefunden  hat; 
ähnliche  Zusammensetzungen  sind  fltuskengewant ,  fluckentuoch  in  der  Germania 
XIX,  49.  —  Zu  der  Form  bauwelröcke  vergleiche  ich  aus  den  Glossen  zu  Henrici 
Summarium  in  der  Germania  IX,  27,  Z.  2  von  unten:  Ixnnbycina  tunica  bo' 
welenroch, 

V.  58  Santua  Paului,  der  bekirer  {:  lirer).  Dazu  die  Anmerkung:  ,,Hat 
unser  Dichter  des  Reimes  wegen  aus  der  bekerte  ein  bekerer  gemacht  oder  hat 
hekerer  die  Bedeutung  bekert'i'*  Das  erstere  ist  sicher  nicht  der  Fall.  Neben 
der  gewöhnlichen  Bezeichnung  des  betreffenden  Kalendertages:  St.  Paule  tag 
aie  er  bekirt  warty  oder  St.  Paule  bekirunge  oder  bekirde  oder  bekSre,  findet 
■ieh  schon  früh :  an  St.  Paule  tage  dee  bekirer^  so  im  Urkundenbuche  des  Be- 
aadiktinerstifies  Seitenstetten  ed.  Raab  S.  149  (a.  1312);  femer  S.  170 
{m.  1320)  an  St.  P.  tage  dee  u)eeherer\  und  im  Urkundenbnch  des  Stiftes 
Klostemeuburg  ed.  Zeibig  S.  262  an  St,  P.  tag  dee  becherer  (a.  1337). 

V.  93  und  iet  diehalb  dee  meree  eee  \  in  tiUechen  landen  kein  euMfbotte 
mi.  Die  Verbindung  von  meree  ei  wird  eine  auffiillende  genannt;  gleichwohl 
ist  sie  nicht  wohl  erst  vom  Dichter  gemacht,  sondern  schon  aus  viel  älterer 
Zeit  nachweisbar.  So  heißt  es  im  Reinfrid  von  Braunschweig  19320:  von 
dee  tiefen  meree  ei  \  bräM  mit  im  der  fürete  dar  \  noch  ein  wunderlicher 
eckar;  vgl.  dazu  das  gotische  marieaive  und  die  Bemerkung  Jäniokes  zu  Wolf- 
dietncb  A  561. 

V.  95  Damach  kumpt  une  die  kraft  dee  Merzen.   Hierzu  heißt  es  in  der 
Anmerkung:  „kraft  dee  Merzen j  wie  338  wlnee  krafty  eine  vielleicht  dem  grie- 
'  ebiBchen  und  lateinischen  nachgeahmte  Umschreibung,    die  bei  mittelhochdeut- 
^  aehen  Dichtem  sich  nicht  selten  findet."  Allein  hierbei  scheint  übersehen,  daß  kraft 
'  «in  specifisch  calendarischer  Ausdruck  ist ;  so  wird  in  dem  mehrfach  vom  Her- 
ausgeber citierten  Elsässischen  Kalender  aus  dem  14.  Jahrhundert  (=  Haupts 
Zeitschrift  VI,  350  folg.)  zum  14.  Februar  vermerkt:  Sant  VeiUne  tag.  Mertzen 
hroft»  Die  eunne  gdt  in  die  vieche*^  zum  15.  März:  die  eunne  gdt  in  den  wider. 
Des  abereilen  kraft \  zum   14.  April:    dee    maien    kraft,    ünde  gdt  die  ewme  in 
dm  etier\    ähnliche  entsprechende   Veihnerke  stehen    beim  16.   Mai,  14.  Juni, 
16.  Juli,  15.  August  u.  8.  w.,    vgl.  darüber  den  Heransgeber  jenes  Kalenders 
8-  366.     Dangkrotzheim    kann    hier   aus  einem  solchen  Kalender  seinen  Aus- 
dmck  entlehnt  und  auf  seine  Monatszählung  übertragen  haben. 

V.   148 — 149.  Im  Mai,  gegen  Walpurgis,  sol  man  die  st<  oder  laeeen  \ 
med    der    do    wü    gen  Baden  (?)  voren.     Pickel  meint ,    der  Dichter   habe  hier 
mUeicht  an  ein  bestimmtes  Bad,  Badenbaden,    gedacht,   das   sowohl   das  zu- 
aichstgelegene  wie  das  besuchteste  Schwarzwaldbad  war.  Zu  dieser  Vermuthong 
ihn  die  Präposition  gen  verleitet  haben*).  In  Bezug  aufs  Bad  hieß  es  aber 


*)  [In  denselben  Fehler  verfällt  auch  Wackeraagel,  Kirchenlied  2,  633,  Nr.  821 
wei  uff  im  geiit  gon  Baden,  wo  man  übrigens,  da  gon,  nicht  gen  steht,  baden  als  V«t> 
Iram  nehmen  wird.     K.  B.} 


424         LITTERATUB:  K.  PICKEL,  KONRAD  VON  DAN6KROTZHEI1L 

ehemals  nicht  selten  gen  had^  gen  baden,  wo  wir  heute  ins  B«d,  svm 
sagen.  So  in  dem  S.  61  (Vers  16)  mitgetheilten  Cisio-Janns ;  in  Ad.  vas 
Kellers  Ers.  ans  altd.  Handschriften  1 56;  1 7  Gci  gelegen  enek,  frowj  sei  mmf 
gen  pad'y  192,  11m  ging  cnn  alat  weib  gen  päd;  im  Stadtbach  Ton  Avgsbvf 
ed.  Meyer  S.  242  (13.  Jabrh.)  es  sd  auch  ain  iegliek  braut  smroit  /ihrf" 
mU  %r  gen  bad  /Aren;  S.  243  es  eol  auch  ain  iegUchiu  braut  uhen 
ir  gen  bad  füren  und  niht  mSr;  endlich  eine  Stelle  aus  Mumers  NarrenbeKhr.  f\ 
welche  Zamcke  m  Brants  Narrenschiff  S.  294^  angemerkt  hat:  Der  mßdi 
wol  nemen  ein  groeeen  schaden,  Der  mr  hellen  fort  gen  baden.  Und  dar  m  iss 
der  selben  hitwen  Leib  und  sHe  gant»  verechwitMen*).  Der  Aasdmek  gen  %mim, 
bei  Dangkrotsheim  wie  bei  Mnmer,  besagt  also  weiter  nichts  als  ad  aqmmif  n 
die  Bäder  oder  ins  Bad;  in  unseren  mhd.  Wörterbuehem  ist  xwar  mis  Fluni 
▼on  bat  nur  beder  angegeben,  das  ist  aber  nicht  genau.  Der  alte  Plural  dfa 
bat,  Datiy  den  badun,  wie  ihn  Graff  III,  47  verseichnet,  hat  sieh  Doch  \k 
und  da  bis  in  die  späteste  Zeit  erhalten.  Nach  dem  Stadtbuch  Ton  Augsbnf 
S.  186  hat  der  Vogt  kain  reht  iemen  se  phenden  uwh  kein  laeubiin  uf  im 
Leehe  noh  umb  kein  kuolhue  vor  den  baden^  d.  i.  den  Badehänsem;  fShmst 
8.  58  die  Juden  van  der  Hat  ze  Auepureh  eint  uns  lange  angelegen  «nl 
betf  diu  tptr  in  erlaubten  ein  badhous  te  maehai,  da  ei  und  iriu  ekimi 
geeinde  intu  batten  ewan  es  tu  fugte,  doM  ei  une  niht  umgemaeh  taetem  m 
baden  und  ehain  gemaine  da  mit  uns  heten  (a.  1290);  Nürnberger  Polixäoidi. 
ed.  Baader  275  man  hat  aMch  gesetset,  das  d^aine  pader  an  dehainem  frejfagt 
kttine  pade  furbas  mer  h<iben  sol;  Martina  164,  92  s6  man  diu  btad  Äs  gimz 
Joh.  Rothes  Chron.  c.  199  die  bad  wu  Wessebaden',  bei  Schmeller-Fromi 
I,  209  der  Plural  edele  volpade.  Zum  Überfluß  sei  noch  erinnert  an 
Stellen,  aus  denen  herrorgeht  welchen  Werth  die  Alten  legten  auf  das 
im  Monat  Mai:  Histor.  Volkslieder  ed.  Ton  Liliencron  I,  193,  2094  eie 
in  kein  meienbetd,  es  was  im  homungej  drumb  es  m  flM  gehmge^  und 
blfit  in  den  Altd.  Blättern  I,  404  sagt  zum  Wein:  du  sHesses  megenpad 
»mgenl 

y.  817.  Bei  suckersMbe  wird  vermerkt ,  daß  darunter  wohl  die 
schabe  gemeint  sei;  ein  süsses  Gebäck ,  tragema,  das  Kindern  sumal  behagH 
war  es  gewiß !  aber  warum  gerade  PfeffersAeibe  ?  ygL  miekerseheifelein  bei  ViAtA 
U,  169*  und  Schmeller-Frommann  II,  384;  auch  euekeneabe  im  Mhd.  Wdite- 
bueh.  —  Die  regelsbir,  welche  gleichfalls  in  der  Anmerkung  hier  hraprochl 
werden,  finde  ich  noch  in  Grimms  Weist  IV,  136,  wo  es  in  einer  Aii£Mich- 
nung  aus  dem  Dinghof  von  Submatt  im  Elsaß  heißt:  damodk  sol  «0 
iegU^em  geben  wido  regelsbiren^  eine  raw,  die  ander  gebroten,  ob  man  «fi  ns* 
den  magk, 

V.  319  ist  in  der  Handschrift  sulmili^,    im  alten  Druck  swrmfiekWk&t- 
liefert   Das  Wort  sürmileh  findet  sich  bei  Diefenbach  404^  s.  v.  oxiffoUa  mi 


*)  Nicht  hierher  gehört  badeneart  bei  Lexer  I,  112  aus  den  Urkunden  des  (S- 
sternenserstiftes  Heiligenkrens  2,  298:  an  unser  vrawen  abend  se  der  pademvarij  kk 
denke  an  boCenvartj  und  damit  kann  die  annuntiatio  Markte  gemeint  sein ;  TgL  MStt.  IB. 
239*  (7)  und  woU  er  toerben  ein  botvarl  (hs.  botwart),  er  muoz  u>aerUeh  an  die  wsst 
Die  Form  bäte  {bade,  pate)  =  böte  ist  sonst  nur  auf  mitteld.  Sprachgebiete  anaotreffm, 
findet  sieh  aber  auch  öftcor  bei  Beheim  in  seinem  Buehe  von  den  Wienern,  s.  B.  IMI 
18;  138,  3. 


LITTERATUR:  K.  PICKEL,  KONRAD  VON  DANGKROTZHEIM.         425 

im  Urbarbach  des  Klosters  zn  Sonnenbarg  ed.  Zingerle  (14.  Jahrh.)  85,  17 
ain  sauriu  müeh'^  ebenso  36;  10  und  101,  3  in  WuoUnpaeh  von  den  awain 
hlfven  . . .  .  s6  unter  frawen  tult  sw6  aaure  milch ;  bei  Hans  Folz  in  den 
Fastnachtsspielen  1218:  ein  saure  milch  zu  dem  geproten  kan  mtxn  pein  geiten 
hart  geroten.  Von  sulmileh  wird  sich  schwerlich  eine  zweite  Stelle  nachweisen 
lassen.  —  Statt  sli,  gumpott  in  demselben  Verse  hat  man  wohl  tlSgumpost 
oder  sUhegumpost  als  ^in  Wort  zu  lesen,  vgl.  elehengumpoet  bei  Lexer  H,  966, 
wo  zwei  Beispiele  davon  angeführt  werden;  etwas  ähnliches  wird  tUmentschier 
gewesen  sein  im  J.  Titnrel  599,  2  ed.  Hahn,  wenn  nicht  dort  hlämenttchier 
zu  lesen  ist. 

V.  879  folg.  Damoch  to  kumet  der  wü^enahtobent,  das  erber UUe  euo  hont- 
gift  gobent^  einig  latwerigCy  einig  lebekuchtn^  fär  einig  bietet  die  Handschrift 
etmcy  der  alte  Druck  etme;  wenn  das  doppelte  einic  richtig  ist,  dann  kann  man 
es  hier  kaum  anders  fassen  als  im  Sinne  von:  der  eine  —  der  andere,  aHua 
^  alius^  als  unflectierten  Singular,  zurückgehend  auf  das  ahd.  einic,  vgl.  das 
Glossar  zu  den  Chroniken  der  fränkischen  Städte  II;  545*  s.  v.  ciniehy  einch^ 
einig  sowie  Germania  18,  269  und  Weigand  D.  W.  3.  Aufl.  s.  v.  einig.  Als 
Adverbium,  wie  die  Anmerkung  will  ohne  es  näher  zu  bestimmen,  kenne  ich 
einig  nur  in  der  Bedeutung  unicCy  allein,  nur,  was  doch  kaum  in  den  Zusam- 
menhang der  vorliegenden  Stelle  passen  würde.  Wie  hier,  so  heißt  es  auch 
weiter  unten  V.  466:  Einig  gibe  ich  kom  9uo  emen,  dem  andern  gelt,  dem 
dirttn  epec;  auch  hier  hat  der  alte  Druck  eime  statt  des  handschriflliehen 
eimCf  welches  nach  meiner  Auffassung  hier  gar  keinen  Sinn  gewährt.  Ich 
glanbe,  daß  an  beiden  Stellen  der  Schreiber  der  Handschrift  einic  verlesen  hat 
statt  eime. 

V.  416 — 17  du  muost  das  usgen  »chiiben  \  das  ich  verspende  jores  ins 
hu€.  Hierzu  wird  in  der  Anmerkung  gesagt,  daß  sich  verspenden  nur  noch  in 
Pfeiffers  Ubungsbuche  vorfinde.  Das  Wort  ist  aber  nicht  so  selten  als  man 
glaubt.     Man   hat   vielmehr   hierher   zu   ziehen  auch  Nie.  v.  Jeroschin  19926 

keUhe,    mesgewite nam  der  ungenhne  u,  in  ungetSme  übunge  er  vorspente-^ 

25812  und  alle  daz  geritt  —  —  in  lastir  er  vorspente  (:  sacramente)  ]  Job. 
Marienwerder  im  Leben  der  heiig.  Dorothea  S.  249  so  pflog  her  sy  zcu  be- 
seholdegen,  das  sie  vil  almosen  gegeben  hette  und  im  syne  gute  vorspent  hette» 
Von  Pfeiffer  freilich  in  seinem  N.  v.  Jeroschin  S.  260  und  demnach  auch  von 
den  mhd.  Wörterbüchern  sind  diese  Formen  auf  verspenen  zurückgeführt; 
dieses  könnte  aber  doch  eigentlich  nur  die  Bedeutung  von  verlocken  oder  ver- 
wöhnen haben,  nicht  die  von  pertrahere  dispergere,  vergeuden;  auch  von  dem 
einfachen  spenden  sind  ja  die  Formen  spente  (prät.)  und  gespent  (partic.)  nichts 
Ungewöhnliches.  Dasselbe  gilt  von  Nie.  v.  Jeroschin  23586,  14204,  26305, 
von  wo  ebenfalls  die  Wertformen  zuspente  und  zuspent^  im  mhd.  Wörterbuch 
II**,  477*  unter  zerspenen  aufgeführt,  mit  Frisch  II,  297^  vielmehr  von  einem 
Infinitiv  zuspenden  =:  pertrahere  distribuere  dispergere  abzuleiten  waren  gleich 
wie  das  im  Alexius  ed.  Maßmann  107,  227  stehende  zespente^  vgl.  mhd.  Wör- 
terb.    II^  492^   17. 

V.  423  und  ein  Schilling  umb  karrich  wecken ;  im  alten  Drucke  r  kan  ich 
wecken;  daß  ein  Backwerk  unter  karrich  wecken  gemeint  sei,  vermuthet  auch  der 
Heransgeber;  aber  welches?  Mir  fiel  dabei  die  Stelle  im  König  vom  Odenwalde 
U,  109  ein:  eiermüeser^  karchel,  mutzen,  der  erdarf  man  dd  nÜU  tutzen,  wo  von 


326         UTTERATUR:  K.  PICKEL,  KONRAD  VON  DANOKROTZHEDf. 

dem  HeraoBgeber  K.  y.  Bahder  das  seltene  karchel  unerklärt  gelaseen  vbL  Ick 
denke  an  das  Gebäck  krekeUnf  kracherlenj  niederl.  cratckdingh  bei  Komelhis  D 
ed.  Hasselt  321'',  bei  Hildebrand  im  D.  Worterb.  s.  v.  hrackMun^  frans,  ert- 
qutUn^  dasselbe  welches  beim  König  vom  Odenwalde  VII ,  125  aaeh  ^rott- 
Wdn  heißt,  vgl.  noch  Maller  und  Weits  Idiot,  von  Achen  125  kraduHarWAt, 
krakröUchtj  ein  kleines  hartgebackenes  Weiaenbrötchen. 

V.  429  tB  vergeeie  (d.  i.  vergaeMe)  mir  likt  ein  p/enfdng  umb  be§enf  d.  L 
ieh  vergisse  leicht,  mir  entfiele  leicht  u.  s*  w.  Za  dieser  eigenthSmliehei 
Construction  des  Verbums  verlesen,  die  sonst  nicht  gerade  häufig,  im  HstI 
aber  gewohnlich  gewesen  zu  sein  scheint,  lassen  sich  ans  elsäsdschen  QaeOei 
ausser  Heinrich  dem  Glicheser  1596  noch  andere  Beispiele  anfuhren,  so 
aus  Nicolaus  von  Basel  ed.  Schmidt  238  ieh  befant  so  vU  unspreekaUieim' 
firöideriy  dat  tnir  an  steile  rehte  aües  mim  wies  und  miner  erbeU  verlas;  an 
den  Gottesfireunden  im  14.  Jahrhundert  S.  77:  ich  heUe  ueh  gar  gerne  dk 
ding  in  uwer  spräche  geachriben,  alee  ich  auch  wol  künde,  und  tootte  et 
getan  haben  ^  ^aho  vergae  ee  mir  gar  vil^  und  habe  uwer  eproche  und  mnmr 
spräche  underenafider  geschriben\  aus  einer  dem  Mamer  beigelegten  Strophe  der 
Kolmarer  Liederhandschrift  bei  Strauch,  Der  Mamer  S.  133  ein  kUitUM  wert 
mac  wol  erzamen  einen  biderman,  daz  im  doch  nimmermi  verginei*  Jndetssa 
mag  die  Ausdrucksweise  nicht  ursprünglich  hier  heimisch  gewesen  sein;  öe 
ist  wohl  aus  dem  benachbarten  ripuarisch-fränkischen  Sprachgebiete  tän^ 
wandert ;  sie  findet  sich  s.  B.  auch  im  Karlmeinet|  vgl.  darüber  Bartsch  S.  888 ;  ii 
der  Kölkiischen  Weberschlacht  (Chron.  der  D.  Städte  Xu)  270  ein  dml  dm 
IcirrCj  der  mich  vergas]  bei  Janota  Übers,  der  Psalmen  S.  41  mich  «t  per- 
gessen  myn  broit  zo  essen  •:=.  Ps.   101   oblitus  sum  comedere  panem  meum. 

V.  454  vierzehn  pferminge  umb  limhelleder  {ifeder);  letzteres  wicd  fib 
Leder  zum  Ausbessem  der  Schuhe  erklärt,  von  limbel^  Schuhfleck;  axifh.  &m 
bei  Hermann  von  Bibra  ed.  Kirchhoff  S.  114  (355)  vorkommende 
Hesse  sich  hierherziehen,  falls  es  aus  limmel-leder  contrahiert  wäre. 

V.  457  wo  salzy  wo  smalz,  wo  würze,  wo  pinf^  in  der  Handschrift 
im  alten  Druck  spint     Letzteres  würde  ich  vorziehen,    da  eine  Zosamnu 
hung  pint  aus  pigment  sich  nicht  nachweisen  läßt. 

V.  464  do  heischet  der  trösch,  do  gip  dem  meder.  Zu  dem  seltaMi 
Worte  tröschSf  Drescher,  war  zu  vergleichen  Berthold  ed.  Pfeiffer  90,   13  mtk 

$6  sie  daz  umbe  dich  verdienet  hdnt als  dieme  unde  knehte  oder  kirte  wM 

sime  Stabe  oder  tresche  mit  shne  flegd, 

V.  469  do  umb  wellen,  do  umb  pfrimen  \  hie  oppfergelt,  do  meeee  iiiBmsi 
Hier  ist  die  Bedeutung  von  pfrimen  fraglich.  Der  Herausgeber  denkt  m 
Schubmacherpfrieme.  Diese  Bedeutung  paart  sich  aber  nicht  gut  mit  dem  vir 
hergehenden  wellen.  Ich  vermuthe  daher,  daß  auch  hieranter  eine  Hols-  oim 
Strauchart  gemeint  ist,  also  das  bei  Lezer  IF,  264  und  Weigand  U,  342  m- 
zeichnete  pltrimme,  Pfriemenkraut,  über  welches  besonders  Nemnicb  s.  v.  gh 
nista  und  spartium  nachzusehen  ist,  aus  welchen  Stellen  man  zugleich  omiiH 
daß  dieses  Strauchgewächs  für  die  Wirthschaft  mannigfachen  Nutzen  gewmliite^ 


*)  Auf  mein  ausdrückliches  Befragen  haben  mir  mehrere  mit  der  Botanik 
traute  ElsSsser  vta-Rasel  die  dankenswerthe  Ifittheilung  zugehen  lassen,  daß  das 
timn  seeparium  in  ihrer  Heimat  nicht  selten  angetroffen  und  noch  heute  zum  StiwMi 
ood  Heizen  sowie  zu  Besen  verwendet  werde. 


LITTERATUR:  L.  SCHULZE,  PHILIPP  WACKERNAOEL.  427 

Das  Beimwort  der  folgenden  Zeile  lautet  im  alten  Drucke  frymm,  in  der 
Handschrift  firymmm ;  ebenso  schreibt  es  eine  Straßbnrger  Urkunde  aus  dem 
Jahre  1418  bei  Schilter  so  Koenigsho?en  S.  1089:  1  pfenming  tu  pftymen 
(i.  e.  fiMsse  vrwnm)  und  1  pfenning  su  opfern  den  Heiligen  geben, 

y.  471  ist  kintUmf  gedruckt;  in  der  Handschrift  kintdöff^  im  a.  Dr. 
küntdöff]  warum  ist  die  umgelautete  Form  hier  Tcrworfen,  dagegen  getöimet: 
geiröimet  in  V.   13^14  beibehalten? 

y.  482  Do  heiackei  der  goldemid^  do  der  enider.  \  üß  der  buoche  kan  ich 
nit  kumen.  Besser  wohl  ein  Komma  nach  enider;  üß  der  huoche  ist  dann: 
ans  deren  Buche;  vgl.  echvUhuock  bei  Lexer  11,  814«  An  ein  Femininum 
buoche  wie  es  in  mitteld.  Schriften  zuweilen  auftritt  (z.  B.  auch  in  der  Elisa- 
beth ed.  Bieger  2465)  braucht  man  hier  nicht  zu  denken. 

ZEITZ  KoTomber  1878.  FEDOB  BECH. 


Philipp  Wackemagel  nach  seinem  Leben  and  Wirken  fdr  das  deutsche  yolk 
und  die  deutsche  Eorche.  Ein  Lebensbild  von  Ludwig  SchulzCi  D. 
der  Theologie  und  Philosophie,  und  ord.  Prof.  an  der  UniTcrsitiit  zu 
Bestock.  Mit  einem  Bildniß  Wackemagers.  Leipzig,  Dörffling  und  Franke. 
1879.  Xn  UDd  316  S.  gr.  8. 

In  der  letzten  Sitzung  der  deutsch-romanischen  Section  auf  der  Philologen- 
yersammlung  zu  Wiesbaden  im  Jahre  1877  lenkte  der  Vorsitzende,  der  in- 
zwischen auch  abgeschiedene  Professor  Theodor  Creizenach  aus  Frankfurt  a.  M. 
die  Aufmerksamkeit  auch  auf  die  verstorbenen  Fachgenossen  des  letzten  Jahres 
hin^  auf  Philipp  Wackernagel  und  Ludwig  EttmüUer.  Es  war  kein  lange  vor- 
bereiteter Vortrag,  denn  Creizenach  holte  erst  auf  meine  kurz  vorher  gegebene 
Anregung  in  letzter  Stunde  nach,  wozu  er  in  der  ersten  Sitzung  nicht  gelangt 
war.  Aber  es  war  ein  Vortrag,  der  nicht  nur  seinem  Gegenstande  völlig  ge- 
recht wurdcj  sondern  der  in  seiner  frischen  Unmittelbarkeit  auch  das  Herz 
bewegte.  Es  war  bewunderungswürdig,  wie  treffend  Creizenach  diese  beiden 
Männer,  die  einander  so  unähnlich  waren,  charakterisierte.  In  kSrzesten,  genial 
hingeworfenen  Zügen  schilderte  er  ihr  Wesen,  ihre  Ziele,  ihre  Leistungen, 
ihre  Vorzüge  und  Mängel.  Die  Berichte  über  die  Wiesbadener  Versammlung 
(Germania  22,  507,  Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  9,  109)  skizzieren  diesen 
Vortrag  inhaltlich  in  angemessener  Weise,  aber  von  dem  tiefen  und  nachhal- 
tigen Eindruck,  den  er  hervorbrachte,  weiß  nur  der  zu  sagen,  der  das  Glück 
hatte,  ihn  aus  Creizenach's  Munde  zu  hören.  Das  ist  aus  unseren  Kreisen 
eigentlich  die  einzige  Stimme  gewesen,  die  sich  über  Ph.  Wackemagel  und 
Ettmüller  vernehmen  ließ.  Denn  weder  die  Germania  noch  die  Zeitschrift  für 
deutsche  Philologie  brachten  eigene  Nekrologe.  Über  beide  ist  überhaupt  nach 
ihrem  Tode  recht  wenig  geschrieben  worden.  Mehr  über  Wackemagel,  und 
dies  meist  in  theologischen  Organen.  Denn  die  Theologen  der  strengen  Bieh- 
tung  sahen  in  Wackemagel  einen  Genossen  und  Mitstreiter,  dessen  Verlust 
sie  tief  empfanden.  Und  so  ist  auch  die  erste  Biographie  Wackeraagel's  aus 
theologischen  Händen  hervorgegangen. 

Ich  glaube  meinen  Fachgenoszen  einen  Dienst  zu  leisten,  wenn  ich  sie 
auf  das  vorliegende  Werk  meines  Bostocker  CoUegen  hinweise.     Die  Tendenz 


428  LITTERATUR:  L.  SCHULZE,  PHILIPP  WACKERNA  GEL. 

des  Baches  ist  eine  allgemein  biographische,  es  wird  uns  ein  Lebensbild  ge- 
boten; zugleich  aber  war  der  Verfasser  bestrebt,  nach  der  biogtiqihisdien  Dar 
Stellung,  die  er  in  zehn  Capiteln  gibt,  die  verschiedenen  Richtungen  und  Gebiete 
Wackemagels  noch  einmal  zusammenzufassen  und  im  Einseinen  an  veifolgei 
und  darzulegen.  Wackemagers  Leben  war  anfanglich  ein  viel  bewegtes.  Die 
Schilderung  der  Jugendzeit  fuhrt  uns  auch  auf  das  Wiedererwachen  des  deut- 
schen Alterthums  und  in  die  Anfange  der  zu  eigentlicher  Wissenschaft  heraa- 
reifenden  Grermanistik.  Auch  für  seines  Bruders  Wilhelm  Wackemagel  Bio- 
graphie sind  einzelne  Züge  aus  Philipp^s  Leben  anziehend  und  wichtig.  Weai 
una  das  eilfte  Capitel^  in  welchem  uns  Wackemagel  als  Naturforscher ,  insbe- 
sondere als  Mineralog  entgegentritt,  vielleicht  materiell  weniger  berührt,  lo 
werden  wir  doch  an  dieser  Vielseitigkeit  Wackemagers  Interesse  nehmen  oad 
an  seiner  sinnigen  Naturbetrachtung  unsere  Freude  haben.  Waekemagel*t 
Wirken  als  Pädagog  (zwölftes  Capitel)  hängt  schon  aufs  engste  mit  seines 
deutschen  Studien  zusammen.  Ihm  verdanken  seine  verschiedenen  Leaebueker, 
vor  allen  auch  seine  ^ Edelsteine*^  ihre  Entstehung.  Das  nächste,  dreiseliBte. 
Capitel  ist  für  uns  das  wichtigste;  der  VerfEMser  schildert  hier  die  hymnokh 
giache  Thätigkeit  Wackemagels  und  verweilt  namentlich  bei  seinem  Lebem- 
werke,  der  großen  fünf  Bände  umfassenden  Sammlung,  deren  Vollendung  Wacker- 
nagel  leider  selbst  nicht  mehr  erleben  sollte.  Mit  seinem  „deutschen  Kirchenlied* 
bat  W.  nicht  blol>  der  Germanistik,  sondem  auch  der  Theologie  einen  unver- 
gänglichen Dienst  geleistet.  Auch  der  andern  in  das  gleiche  Gebiet  einaeUa- 
genden  zum  Tbeil  wissenschaftlichen,  zum  Theil  praktischen  Bucher  gedenkt 
Prof.   Schulze  in  eingehender  Weise. 

Sehr  willkommen  ist  eine  bisher  nicht  veröffentlichte  Zugabe  an  diesea 
biographischen  Werke,  nämlich  Wackeraagel's  Vorschläge  für  die  Abfaanag 
eines  allgemeinen  deutsch-evangelischen  Gesangbuchs,  die  er  der  Veraammlimg 
des  Kirchentags  zu  Bremen  im  Jahre  1852  in  längerer  Rede  entwickelte.  Irt 
der  Zweck  auch  ein  praktischer,  so  gründen  sich  doch  die  vorgetragenen  Ab- 
sichten  auf  eine  tiefe  Kenntniss  der  geschichtlichen  Entwickelung  imserai 
Kirchenliedes^  und  in  sofern  sind  sie  literarhistorischer  und  philologischer  Katar 
und  bieten  reiche  Belehmng.  In  der  Darlegung  der  Gründe,  weshalb  die  altai 
Lieder  des  16.  Jahrhunderts  der  Veränderung  und  Verschlimmbesserung  natcr- 
lagen  y  vermissen  wir  wohl  die  Hervorhebung  zweier  wichtiger  Anläeae,  der 
unaufhaltsam  fortschreitenden  Sprachentwickelung,  der  selbst  die  conaervaüfsle 
Bewahrung  des  alten  und  treu  gehegten  Besitzes  weichen  muß,  und  sodann  der 
neuen  metrischen  Gesetze,  die  gebieterisch  zur  Regelung  der  überkoaam« 
Dichterworte  führten,  zumal  wenn  die  Lieder  nicht  für  den  Gesang  der 
sondern  auch  für  die  Hausandacht,  für  das  stumme  oder  laute  Leaen  dii 
sollten.  Ein  drittes  Moment  ist  dann  bekanntlich  der  Rationalismus,  über  des 
Wackemagel  sich  mit  einschneidender  Schärfe  ausläßt.  Neu  aber  wird  lir 
viele  sein,  die  diese  Dinge  nur  literarisch  zu  betrachten  gewohnt  waren,  diff 
„die  ersten  Angriffe  auf  den  evangelischen  Kirchengesang  nicht  von  Seite  dei 
Wortes,  sondem  der  Weise  geschahen^.  Wackemagel  belehrt  uns  hier  genaaer 
über  diese  musikalischen  Verhältnisse,  über  den  Einfluß  des  kirchlichen  Kvwt- 
gesangs,  über  das  Eindringen  des  italienischen  Geschmacks  und  über  die  dt- 
dnrch  erzeugte  Verweltlichung  des  evangelischen  Kirchengesanga.  Freilieh  siad 
Mueb  diese  Belehrungen    nur   andeutender  Natur.     Sie    erwecken    den  Wm^ 


LITTERATUR:  B.  BERGKMANN,  DAS  HÖFISCHE  LEBEN  etc.  429 

Dach  eingehenderer  Beweisführang  und  Demonstration  durch  Notenhei spiele. 
Die  Bemühungen  Wackemagers,  wenn  ihm  auch  principiell  beigestimmt  wurde, 
blieben  doch  erfolglos.  Auch  heute  ist  noch  kein  allgemein  deutsch-evange- 
liflches  Gesangbuch  geschaffen  und  eingeführt.  Wenn  aus  theologischen  Kreisen 
aufs  Neue  das  begonnene  Werk  in  Angriff  genommen  werden  soll,  dann  werden 
zur  Erreichung  dieses  Zieles  auch  wieder  germanistisch  geschulte  Kräfte  heran- 
gezogen werden  müssen,  wie  eine  solche  in  Philipp  Wackemagel  Terkörpert 
war.  Aber  schwerlich  wird  sich  ein  Mann  finden ,  der  wie  er  das  literarische 
Interesse  mit  der  tiefen  und  eifrigen  Liebe  zur  Kirche  vereint. 

ROSTOCK,  den  18.  MIrz  1879.  R.  BECH8TEIN. 


Das  höfliche  Leben  nach  Gottfried  von  Straßbnrg.    Inaugural-Dissertation 

von  Bernhard  Bergemann.  Halle  1876  (in  Commission  bei  Ernst  Kam* 
Iah  in  Berlin).   51   Seiten  8. 

Diese  kleine  Schrift  ist  schon  längere  Zeit  erschienen ,  auch  bereits  von 
Bartsch  in  der  Bibliographie  von  1876  (Germ.  22,  S.  474)  unter  Nr.  480 
eingereiht.  Sie  ist  mir  erst  ziemlich  spät  zu  Gesicht  gekommen.  Ich  hoffe, 
es  wird  auch  heute  noch  nicht  zu  spät  sein,  diesen  Beitrag  zur  Gottfried- 
Literatur  in  der  Germania  anzuzeigen.  Ich  mochte  es  thun,  einmal  weil 
solche  Dissertationen  leicht  unbeachtet  bleiben  und  sodann,  weil  der  Verfasser 
auch  öfters  Gelegenheit  nimmt,  sich  mit  meinen  Erklärungen  des  Gottfriedischen 
Tristan  zu  beschäftigen.  Es  ist  dies  ganz  in  der  Sache  begründet.  Denn 
wenn  die  Schrift  sich  auch  den  Realien  im  Tristan  zuwendet,  so  fußt  sie  doch 
auf  dem  Verständniss  der  einzelnen  Stellen  und  muß  daher  je  nach  Umständen 
zur  eigenen  Erklärung  schreiten,  sobald  anderweit  gegebene  HülfBmittel  fehlen 
oder  in  die  Irre  zu  fuhren  scheinen.  Der  Verfasser  hat  sich  freilich  nicht 
darauf  beschränkt,  sachlich  zu  interpretieren,  sondern  er  zieht  auch  Stellen 
heran,  deren  Erklärung  in  das  allgemeine  Gebiet  der  Hermeneutik  gehört. 

Zunächst  aber  will  ich  meine  Freude  darüber  bezeugen,  daß  der  Ver- 
fasser sich  dieses  sehr  nützliche  und  anziehende  Thema  gewählt  hat.  Der- 
artige Einzelstudien  scheinen  mir  sehr  förderlich.  Nicht  bloß  die  eigentlichen 
Zeitgedichte  wie  der  Frauendienst  und  der  Meier  Helmbrecht  bieten  reichen 
Stoff  für  die  Culturgeschichte ,  sondern  mehr  oder  weniger  alle  Epen^  ja  auch 
die  Lyrik,  wenn  man  zwischen  den  Zeilen  zu  lesen  versteht,  gibt  uns  mitunter 
schätzenswerthe  Andeutungen  in  Bezug  auf  unsere  Alterthümer.  Daß  der 
Tristan  Gottfried*s  eine  besonders  ergiebige  Ausbeute  gewährt,  weiß  jeder,  der 
nur  einigermaßen  sich  mit  dem  Gedichte  vertraut  gemacht  hat.  Darum  ist 
er  auch  schon  nach  verschiedenen  Gesichtspunkten  hin  ausgenutzt  worden,  wie 
z.  B.  von  Jacob  Grimm,  von  Wilhelm  Wackemagel,  von  Weinhold,  von  Jacob 
Falke.  Aber  eine  zusammenfassende  Darstellung  haben  wir  noch  nicht.  Eine 
völlig  erschöpfende  bietet  auch  Bergemann 's  Schriftchen  nicht;  er  beschränkt 
sich  auf  das  höfische  Leben,  läßt  also  künftigen  ähnlichen  Versuchen  noch  gar 
mancherlei  zur  Nachlese  und  Ergänzung  übrig.  Bergemanns  kleine  Arbeit  ist 
recht  hübsch  gruppiert  und  wir  können  dem  Verfasser  das  Lob  ertheilen,  daß  er 
mit  Fleiß  gesammelt  und  verständnissvoll  dargestellt  hat.  Auch  ist  auf  andere 
Dichtungen  derselben  Zeit  Bedacht   genommen  und  auf  die  gelehrte  Literatur, 


430  LITTERATUR:  B.  BERGEMANN,  DAS  HÖFISCHE  LEBEN  etc. 

Boweit  sie  dem  jugendlichen  Verfasser   bekannt  und    zugänglich  war,    im    da 
Anmerkungen  hingewiesen. 

S.  2— 19.    L  Die  Erziehung  des  Ritters.  —  S.  3  macht   der  Verfasser 
zu  den  Versen  2056  fg.  (58^  19  fg.)  dcu  er  wol  rede  und  auch  gebär   vermemm 
künde  und  oueh  vemam  unter  dem  Texte  eine  Bemerkung  „fiber  das  für  m 
schwierige  von  Bechstein  nicht  erklärte  vememen^  mit  Verweis  auf  Grimms  Wb. 
5,  538  und  Vers  3686  fg.  (92,  38  fg.).  Stunde  verneinen  allein  mit  rede,  daai 
würde  die  Erklärung  nicht  unterblieben  sein;  da  gebär  dabei  steht,  wird  wokl 
jeder  aufmerksame  Leser  es  selbst  finden,   daß  unser  „vernehmen"  nicht  pa&t 
und  nicht  ausreicht,  sondern  daß  , verstehen"  zu  übersetzen  ist.    Für  Y.  363S 
war  eine  Erklärung  vollends  nicht  nöthig.     Ich  bin  indes  nicht    abgeneigt,  is 
einer   etwaigen   neuen  Auflage   für  V.  2057  das  Versäumte   nachziüiolen ,  hb 
dann  aber  auch  auf  den  Vorwurf  gefaßt,  ich  erkläre  zu  viel.  —  S«  8.  Zu  der 
Stelle:  mich  Urten  BrUOnaUe   .  .  .  rehte  Rren  unde  sambiiU  3678  ff.  (98,  40  £) 
macht  Bergemann  unter  dem  Texte  die  Bemerkung :  ^Es  scheint  mir  hier  pas- 
sender, ^efi  nicht,  wie  Bechstein  will,  als  infinitivus,  sondern  wegen  des  fol- 
genden  Substantivs   eambiiU  als  accusativus  von  dem  schwachen  femininum  fire 
aufzufassen.  Über  ick  Ure  mit  dopp.  acc.  vgl.  Gr.  Gr.  4,  621.  643.^    SoU  die 
letztere  Verweisung  auf  Grimm's  Syntax  ein  Beweis  sein  ?  Nun,  ich  denkei  mm 
Ihren  Infinitiv   ist,    dann  ist  es  auch  ein  Accusativ.     Ich  habe  auch  daran  ge- 
dacht, ob  nicht  Itren  acc.  subst.  sei,  habe  aber  diesen  Einfall  Terworfen,  od 
zwar  wegen  des  Adv.  rehtCy  und  daran  hat  Bergemann  nicht  gedacht.  UbrigeM 
steht   kurz   vorher  3674  ffg. :   tnich   Urten  Parmen^en  videln    und    «ymp&eat«, 
harphen  unde  rotten  daz   Urten  mich  Gdlotten;   also   lauter   substantivische  Ir 
finitive.     Die   Verbindung    eines    verbalen    Substantivs    mit    einem 
macht  selbst  heutigen  Tages  keine  Schwierigkeit;  und  daß  Gottfiried,  der 
substantivischen  Infinitiv  sehr  bevorzugt,  solcher  Ausdrucksweise  nicht  ans 
Wege  geht,  zeigt  im  Folgenden  der  Vers  3722:  (du  kernst)  jctgen^  etpräcke, 
spi7?    Ist  jagen   etwa   auch   acc.  eines  schwachen  Femininums  diu  jagtl  Hil 
Bergemann  vielleicht  in  rehU  nicht  das  Adverbium,  sondern  das  AdjectiTim  st 
Ure   gesehen,    die   rechte  Leier?  —  S.  10  wäre  in   der  Anmerkong,    die  aif 
gelehrte  Literatur   Ober   das   Schachspiel   hinweist,  Wackemagel's  Abhandhag 
Kl.  Sehr.  1,  107  zu   nennen   gewesen,   um   so  mehr,   als  der  Verfasser  aoaik 
das  Buch  citiert.  —  S.  12  sucht  der  Verfasser  meine  Erklärung  von  V.  4819  %. 
(122,  21  fg.)  zu  widerlegen.  Um  mich  hierüber  mit  ihm  auseinander  xa 
bedürfte  es  einer  längeren  Erörterung,    einer    allzulangen    für    dies 
deshalb  verspare  ich  sie  auf  eine   andere  Gelegenheit.  —  S.  14  ist    die  Bede 
von  der  Reitkunst,  die  ein  nothwendiges  Erfordemiss  des  Ritters  war.  Es  ioUl 
in  höfischen  Gedichten  nicht  an  Verspottung  der  Nichtreiter;   so  sei  jedenftDi 
auch  die  scherzhafte  Bemerkung  Gottfried*s  über  den  verirrten  Tristan  sn 
stehen,  V.  2563 — 65  (66,  5 — 7):   mit  sCnen  füezen  wegeUr^   mit   stneit 
stegeter :  er  reit  sCn  arme  und  sCntu  bein*    Dann  folgt  der  Machtsprach :   ,Boe^ 
stein's  Erklärung   von    rUen  s.  v.  a.  gewaltsam    bewegen    ist    unrichtig.*     Aa 
Verspottungen  fehlt  es  allerdings  nicht,  darum  sind  die  beiden  folgenden  CStali 
aus  Heinrich^s  Tristan  ganz  gut,    nur  erklären  sie  nicht  unsere  Stelle.     1km 
in  ibnen  ist  doch  ausdrückUeh  vom  Füllen  und  vom  Pferd  die  Rede,  nicht  vss 
Annen  und  Beinen.     Die  Stek\e  axia  \3\T\^%TmVaxi\^^%^  d\A  Ber^emann  aa- 
fiibrt,   der  ritter  »tne  /Ueze  reU  \al  v\ft\\cv<i\i\.  ^OsiWTJtv^V  ^öotäwvN.  ^  ^^^  ^^j^  ^ 


UTTERATUK:  B.  BERGEMANN,  DAS  HÖFISCHE  LEBEN  etc.         431 

wartete  Pferd  nicht  da  war;  doch  ist  sonst  das  Scherzen  nicht  gerade  Ufarich's 
Sache.  Auch  kann  der  Ausdrack  durch  jene  Stelle  bei  Gottfried  beeinfloßt 
sein.  Das  Reiten  der  Füße  läßt  sich  noch  denken,  aber  auch  das  der  Arme 
würde  doch  ein  allzudrastischer  und  sehr  geschmackloser  Scherz  sein,  den  der 
sonst  so  gerne  zum  Scherz  geneigte  Gottfried  gerade  hier  nicht  angewandt 
haben  würde,  wo  er  uns  die  klägliche  Situation  Tristan's  schildern  will*).  Ich 
bleibe  doch  bei  meiner  Erklärung.  Bergemann  mag  in  den  beiden  mhd.  Wör; 
terbüchem  sich  über  die  allgemeine  Bedeutung  Yon  riten  belehren,  welches  erst 
später  ausschließlich  die  Fortbewegung  zu  Pferde  erhielt  An  unserer  Stelle 
kann  nur  diese  allgemeine  Bedeutung  gelten.  —  S.  15  steht  nach  Erwähnung 
des  Unterrichts  im  Fechten  und  Sperwerfen:  ,yFür  dieses  schirmen  2111  (54, 
33)  Yom  französ.  escrimer  haben  wir  nicht,  wie  Bechstein  behaupteti  das  fremde 
^parieren^  eingeführt.  Es  hat  vielmehr  schirmen  sehr  häufig  wie  hier  die  ganz 
bestimmte  Bedeutung  «fechten"  angenommen^.  Darauf  folgen  beweisende  Stellen 
aus  der  Kudrun.  Die  letzte  Bemerkung  Bergemann's  ist  eine  gute  Correctur, 
die  einzige,  die  er  bietet;  ich  nehme  sie  dankbar  an.  Es  ist  richtig,  hier  hat 
schirmen  in  der  That  die  verallgemeinerte  Bedeutung.  Deshalb  aber  ist  meine 
Angabe,  daß  wir  für  schirmen  das  fremde  ^parieren''  eingeführt  haben,  noch 
nicht  hinfällig.  Denn  schirmen  beißt  unzähligemal  im  Mhd.  auch  das,  was  wir 
eben  heute  mit  „parieren*'  bezeichnen.  Bergemann's  Etymologie,  daß  unser 
eehirmen  von  franz.  escrimer  komme,  wird  kaum  auf  Beifall  rechnen  können. 
Soviel  mir  bekannt,  ist  das  Umgekehrte  der  Fall;  vgl.  Diez  roman.  Wb. 
1»,  870. 

Es  folgt  S.  19—24  n.  die  Schwertleite;  S.  25 — 30  III.  die  Erziehung 
der  Frau;  S.  30—34  IV.  die  Vermählung;  S.  34—42  V.  der  König.  Auf 
eine  feine  Bemerkung  des  Verfassers  möchte  ich  hinweisen,  die  S.  36  zu  dem 
Gebrauche,  bei  jeder  wichtigen  Angelegenheit  die  Freunde  und  Verwandten  um 
Bath  zu  fragen,  erläuternd  gemacht  ist,  daß  aus  dieser  Auffassung  vielleicht 
die  bei  dem  Verbum  raten  in  mittelalterlichen  Gedichten  so  häufige  Personi- 
fieation  gewisser  Abstracta  wie  irnftne,  triuwe,  muot  u.  s.  w.  herrühre. 

Ein  besonders  wichtiges  und  interessantes  Capitel  ist  das  sechste  von 
der  Musik  (S.  42 — 46).  Bergemann  bespricht  erst  die  Instrumente,  dann  die 
Sangarten.  Die  Sammlung  der  Stellen  ist  fleißig,  die  materielle  Erklärung 
lißt  freilieh  zu  wünschen  übrig.  Hier  sind  die  gelehrten  Forschungen,  die 
Qiiz  von  Wilhelm  Hertz  in  den  Anmerkungen  seiner  neuen  Bearbeitung  von 
Gottfried's  Tristan  geboten  sind,  natürlich  weit  ergiebiger. 

Das  letzte  siebente  Capitel  (S.  46 — 51)  über  das  Leben  am  Hofe  ist 
etwas    skizzenhaft    behandelt.     Die  Jagd    ist    mit   einer  halben  Seite  erledigt, 


*)  Simrock  hat  wirklich  dem  schlechten  Witze  in  seiner  Übersetzung  eine 
Stätte  bereitet:  «Er  ritt  die  eigenen  Arm  und  Beine".  Geschmackvoll  sachte  Kurz 
einen  Ifittelweg,  indem  er  setzte:  „Statt  Bosses  nahm  er  Arm  und  Bein  zusammen*'^ 
aber  auch  gegen  diese  Anff^song  erklärte  ich  mich  ausdrücklich  in  meiner  Anmer- 
kung. Hertz  nimmt  richtig  ein  Verbum  der  subjectiven  Bewegung:  „So  klettert  er 
auf  Arm  und  Bein*'.  Dieses  Klettern  ist  enger  als  riten^  aber  der  Nachdichter  wählte 
es  der  Situation  angemessen,  weil  Tristan  emporklimmt.  Bfir  scheint  es  allerdings  zu 
eng,  denn  wenn  man  auch  beim  Steigen  öfters  auf  allen  Vieren  zu  kriechen  gezwun- 
gen ist,  so  haben  auch  die  Arme  noch  ein  anderes  Geschäft  des  ato^etw»^  ^^^^^^i^- 
bahnens,  nämlich  das  Auselnandeniehmen  der  entf^e^enaV^\i«iv^«ivlA'«vA^'Q^^^^^'^^*^ 


432  LITTERATUR:  B.  BERGEMANN,  DAS  HÖFISCHE  LEBEN  etc. 

w&hrend  von  ihr  ein  ganzer  Abschnitt  bandeln  könnte.  Auch  die  Sitte,  u 
der  Hand  zu  fuhren,  wird  erwähnt  (S.  50).  Bergemann  belehrt  ont,  daA  • 
im  Mittelalter  in  Deutschland  nicht  Sitte  gewesen  sei,  am  Arm  za  fahren  stitt 
an  der  Hand,  und  verweist  auf  die  bekannte  Notiz  von  Hildebrand  Genn.  10, 
180,  die  ich  auch  bei  Besprechung  von  V.  3328  (85,  10)  angesogen  hatte. 
Nach  Anführung  eben  dieser  ganzen  Stelle  fährt  Bergemann  fort:  „Schwerücb 
wohl  kann  man,  wie  Bechstein  thut,  daraus,  daß  Gottfried  diese  ^ine  SteDe 
nicht  der  deutschen  Sitte  gemäß  umgeändert  hat,  schließen,  daß  das  Fuhi« 
am  Arm  auch  schon  in  Deutschland  bestehender  Brauch  gewesen  sein  mnft." 
Hier  hat  Bergemann  nur  mit  den  Augen  gelesen  und  mich  arg  mißverstaDda. 
Meine  Anmerkung  lautet:  „under  armen ,  zwischen,  an  den  Armen.  Das  iil 
französische  Sitte  ^  die  aber  zur  Zeit  des  Dichters  schon  eingeführt  geweses 
sein  muß,  sonst  hätte  er  gegen  die  Vorlage  die  Situation  geändert.*  Wcm 
dieses  Fähren  am  Arm  thatsächlieh  geschah,  so  war  es  eben  eingeführt.  AWr 
wo  habe  ich  denn  gesagt,  daß  dieser  Gebrauch  allgemein  und  hemehend  gt- 
wesen  sei?  Das  an  der  Hand  Fähren  ist  ja  bei  Gottfried  überaoa  häufig,  aksr 
sollte  ich  etwa  deshalb  gar  nicht  bei  V.  3338  auf  den  neaen  Gebrmiieb,  aif 
diese  Ausnahme  aufmerksam  machen?  Ohne  mich  wäre  doch  Bergemmim  wahr 
scheinlich  nicht  auf  diese  Stelle  gekommen,  an  die  überhaupt  noch  niemand 
gedacht  hat.  Wenn  es  auch  nur  eine  einzige  Stelle  ist,  so  beweist  sie  dodi 
entschieden  den  Anfang  des  fremden  Brauchs  in  Deutschtand.  Über  den  Ge- 
brauch des  Führens  sollte  einmal  eine  Untersuchung  angestellt  werden,  die  snk 
aber  nicht  nur  auf  die  Literatur,  sondern  auch  auf  Bildwerke  stStsea 
Es  werden  da  sicher  auch  Unterschiede  nach  den  Landsehaften 
Wenn  nun  Gottfried  zuerst  der  fremden  Sitte  gedenkt,  so  darf  man 
vergessen,  daß  seine  Heimath  dem  Einfluß  des  benachbarten  FrankreidM 
ausgesetzt  war  ab  entferntere  Länder.  Wenn  Hildebrand  an  jener  Stelle 
aufrnerksam  macht,  daß  heute  noch  an  den  Höfen  das  Führen  an  der  Bmi 
üblich  sei,  so  ist  dies  durchaus  richtig.  Aber  an  den  Höfen  wird  aneh  am  Am 
gefuhrt.  Es  kommt  nur  darauf  an,  bei  welcher  Gelegenheit  Das  eine  « 
das  andere  hat  seine  Regel*). 

Die  lehrreiche  kleine  Schrift  Bergemann*s  würde  gewonnen  haben,  was 
der  Verfasser  in  seinen  Emendationen  etwas  vorsichtiger  zu  Werke 
wäre.  Mit  den  zunehmenden  Jahren  wird  auch  bei  ihm  die  Besonnmilieit 
sen.  Möge  er  bei  künftigen  wissenschaftlichen  Arbeiten,  die  wir  Ton  um  i^ 
hoffen,  sich  befleißigen,  schon  vorhandene  Erklärungen  erst  recht  an  prffB 
und  in  ihr  Verständniss  einzudringen ,  ehe  er  sie  verwirft  und  gegen  sie  po- 
lemisiert. 

ROSTOCK,  März  1879.  R.  BECHSTEIN. 


*)  Bei  dieser  Gelegenheit  sei  es  mir  gestattet  ein  störendes 
berichtigen,  welches  in  meinem  kleinen  gegen  Sprenger  gerichteten  An&alB  GsrmSi 
9  ff.  stehen    geblieben   ist,  welches   aber   aufmerksame  Leser   gewiß    seihet   | 
haben  werden.    Seite  11,  Zeile  17  von   oben   maß    es  statt  dne  f(»i  natfirÜdi 
dne  »in  (mit  Absicht  steht). 


BIBLIOGRAPHISCHE  ÜBERSICHT 

DKB 

ERSCHEINUNGEN  AUF  DEM  GEBIETE  DER  GERMANISCHEN 

PHILOLOGIE  IM  JAHRE  1878. 

▼OH 

KARL  BARTSCH*). 


I.  Begriff  and  Geschichte  der  germanischen  Philologie. 

1.  Paal,  H.,  Nibelangenfrage  und  philologische  Methode. 
Panl  und  Braune,  Beitr^e  5,  428-447. 

2.  BarUoh,  Karl,  I.  II. 

Rostoeker  Zeitung  1878,  Nr.  60  f. 

3.  Creiianach,  Theodor.    Von  Karl  Bartsch. 
Die  €kgenwart  1878,  Nr.  6. 

4.  Diei.  —  Brejmann,  H.,  Friedrich  Diez,  sein  Leben,  seine  Werke 
ond  deren  Bedeatang  für  die  Wissenschaft.  Vortrag,  8.  (32  S.)  Manchen  1878. 
Ackermann.  60  Pfg. 

Vgl  Lit.  Centr.  1878,  Nr.  22;  Archiy  f&r  Literatur-Geschichte  8,  3;  Alma 
Mater  23. 

5.  Sachs,  K.,  Friedrich  Diez  and  die  Romanische  Philologie.   Vortrag. 

8.   (16  8.)  Berlin  1878.  Langenscheidt.  M.  0,  60. 
Vgl  Alma  mater  23. 

6.  Friedrich  Diez. 

Magaxin  für  die  Literatur  des  Auslandes  1878,  Nr.  39.  Anknfipfend  an  Breymann. 

7.  BttmfUlery  Ludwig.  Von  R.  Wülcker. 

Anglia  I,  653—655. 

8.  Oemnns.  —  Zeller,  Ed.,  Vorträge  und  Abhandlangen.  2.  Samm« 
long.   8.  Leipzig  1877.  Fues. 

Enthilt  einen  AufMits  über  Gerrinus. 

9.  Chräter.  —  Fisch  er,  H.,  ein  angedruckter  Brief  Yon  J.  6.  Fichte  an 
D.  F.  Gräter. 

Germania  23,  505—507. 

10.  Grein.  —  Wfilcker,  R.,  über  Greins  Nachlaß. 
Anglia  I,  556 — 560. 

11.  Grimm.  —  Frenndesbriefe  von  Wilhelm  and  Jacob  Grimm. 
Mit  Anmerkongen  herausgegeben  von  Alexander  Reifferscheid.  Mit  einem  Bild- 
nia«  in  Lichtdruck  von  Wilhelm  und  Jacob  Grimm.  8.  (X,  256  S.)  Heilbronn 
1878.  Henninger.  4  M. 

Vgl.  Anseiger  f.  d.  Alt  5,  221  ff.  (Steanmeyer);  Europa  1879,  Nr.  3;  Allgem. 
Zeitung  1878,  Beilage  838  (Dfintzer);  Pick,  Monatsschrift  5,  76  ff.  (Dttntaer);  Deutsche 
Rundschau  1879,  BfaL 

*)  Mit  UnterstatKung  von  K.  Gislason  in  Kopenhagen^  Th.  M?Sbvti&  vel  ^S!iSL^^iXk> 
dervall  in  Lund. 

GEBMASU.  JKiM  JUks  JUL  (ZXIY.)  Jakif .  ^2S^ 


434  BIBUOORAPHIE  VON  1878. 

12.  Hoffioiann  von  Fallersleben.  —  In:  Strodtmann^  A.«  Dichter- 
profile. Literaturbilder  aus  dem  19.  Jahrhundert.  1.  Bd.  8.  (V,  292  S.)  Statt- 
gart  1879.  Abenheim. 

13.  Leo.  —  Heyne,  M.,  Heinrich  Leo. 
Englische  Studien  U,  284  f. 

14.  Heinrich  Leo. 

Die  Gegenwart  1878,  Nr.  19.   'Halensis'  nnterseichnet. 

15.  Heinrich  Leo. 

Illustrirte  Zeitung  Nr.  1820  (1878). 

16.  Heinrich  Leo. 

Neue  evangelische  Kirchenzeitung  20.  Jahrgang,  Nr.  24. 

17.  Erinnerungen  an  H.  Leo. 

Allgemeine  eyangelisch-lutherische  Kirchenzeitnng  1878,  Nr.  2t. 

18.  Eydqviflt.  —  Maurer,  K.,  Johan  Erik  Rydqvist. 
Germania  23,  373—378. 

19.  Linder,  N. ,  Johan  Erik  Rydqvist.  Miunesteckning.  Ur  Ny  Dia- 
strerad  Tidning  1878,  med  ändringar  och  tilläg.  12.  (22  S.)  Stockholm  1878. 

20.  Simrook.   —  Wackemell^  J.  C,  Cari  Simrock. 
Literaturblatt  von  Edlinger  II,  6.  6  (1878). 

21.  Spann,  Anton  Ritter  von. 

Wurebach,  Biograph.  Lexikon  36  (1878),  S.  71--75. 

22.  Syv.  —  Hörn,  F.  W.,  Peder  Syv.  En  literaerhistoriak  Studie. 
Samfundet  til  den  danske  Literaturs  Fremme.  8.  (190  S.)  Kopenhagen  1878. 
2  kr.  40  ö. 

23.  Ph.  Wackernagel.    —    Schulze,    L.,    Philipp  Wackernagel    oaek 

seinem  Leben  und  Wirken    für    das    deutsche  Volk  und  die  deutsche  Rireke. 

Ein  Lebensbild.    Mit  einem  Bildniss  Wackernagels.     8.  (XII,  316   S.)  Leipiig 

1879.  Dörffling  und  Franke.  6  M. 

Vgl.  GOtting.  Gel.  Anzeigen  1879,  14  (Dasterdieck) ;  Theol  Literaturroitung  10; 
Jahrbucher  f.  Phil.  u.  Pidag.  1879,  März. 

24.  Philipp  Wackernagel. 

Nene  evangel.  Kirchenzeitung  XX,  62  (1878). 

25.  Weigand.   —  B(irlinger),  A.,  Friedrich  Ludwig  Karl  Weigand. 
Kölnische  Zeitung  1878,  Nr.  197,  1. 

26.  Karl  Weigand. 
Illustrirte  Zeitung  Nr.  1837  (1878). 

27.  WitZfChel.  —  Weniger,  L.,  August  Witsschel. 
Germania  23,  378-381. 

28.  Woeste.  —  Crecelius,  W.^  Friedrich  Woeste.  Nekrolog  (Sonden 
abzug  aus  der  Zeitschrift  des  Bergischen  Geschichtsvereins.)  Düseeldoif  (1878). 
8.  (18  S.). 

29.  Koppmann^  K.,  Friedrich  Woeste. 

Jahrbuch  des  Vereins  für  nd.  Sprachforschung  1877,  8.  166  fS. 

SO.  Thomas  Wright 

Unsere  Zeit  1878,  10.  Heft,  S.  793  f. 

31.  Heinzerling,  Bericht   über   die  Verhandlung    der   deutsch-romaoi- 

sehen  Section  der  32.  Philologen  Versammlung  zu  Wiesbaden. 
Zeitschrift  f&r  deutsche  Philologie  9,  104—109. 

32.  Neu  mann.  F.,  Bericht  über  die  Verhandinngen  der  deotteh- ro- 
manischen Section  der  XXXIfl.  Philologenversammlung  an  Gera. 

Zeitschrift  für  deutsohe  Philologie  10,  121—128. 


n.  HANDSCHBIFTENKUNDE  UND  BIBLIOGRAPHIE.  435 


II.  Handschriftenkunde  und  Bibliographie. 

33.  Lucht,  M.  J.  F.,  Nachrichten  über  die  Bibliothek  des  Qjmnasiams 

und  die  in  derselben  befindlichen  Handschriften.  I.    Altona  1878.    4.  (22  8.) 

Programm  des  Christinianeums. 

8.  19  wird  eine  niederd.  Handschrift  des  14./16.  Jahrh.  (Kalender  und  Gebetbuch) 
erwIUmt. 

34.  Cremans,  Dr.,  Verzeichniss   der   alten  Drucke   und  Urkunden  der 

Bibliothek  des  Gymnasiums  zu  Düsseldorf.  Programm.  Düsseldorf  1878.  4. 
Enthält  einiges  an  niederdeutschen  Sachen. 

35.  Schmidt,  6.,  die  Handschriften  der  Gjmnasialbibliothek.  4.  (38  S.) 

Programm  des  Gymnasiums  zu  Halber^tadt  1878. 

Darin  verachiedene  Handschriften  und  altdeutsche  Sachen,  namentlich  nieder- 
deutsches. 

36.  Bericht  über  die  Bibliothek  des  Waisenhauses.    4.  Programm  der 

lateinischen  Hauptschule  in  Halle  1877. 

Nr.  1 — 16**  der  Handschriften  'Deutsche  und  lateinische  Gedichte  meist  religiösen 
Inhalts*. 

37.  Catalogus  codicum  manuscriptorum  in  bibliotheca  monasterii  Cre- 
mifanonsis.  Edidit  H.  Schmidt.  T.  I,  fasc.  2  (S.  65—128).  Linz  1878.  Eben- 
hoch.  M.  1.  60. 

38.  Catalogus  der  bibliotheek  van  de  maatschappij  der  Nederlandsche 
letterkunde  te  Leiden.  1*  gedeelte.  Handschriften«  8.  (S.  1 — 76).  Leiden 
1877.  Brill.  compl.  7  f.  75  c. 

39.  Dittmar,    die  Handschriften    und    alten  Drucke    des  Dom-Gymna- 

siams.  4.  (51  S.)  Magdeburg  1878.  Programm. 
Enthftlt  einiges  Deutsche. 

40.  Knaut,  Dr.  K. ,  Verzeichniss  der  Handschriften  und  alten  Drucke 
der    Bibliothek.    Programm    des    Pädagogiums    U.    L.   Frauen    in    Magdeburg 

1877.  4. 

Enthält  einiges  Deutsche. 

41.  Catalogus  codicum  latinorum  bibliothecae  regiae  Monacensis  Tomi  II 
pars    III    Codices    num.    15121 — 21313    complectens.    8.    (343    S.)    Monachii 

1878.  Palm. 

42.  Ktthlenbeck,  Rudolf,   die  Bibliothek  des  Rathsgymnasiums ,    ihre 

Handschriften  und  alten  Drucke.    1.  Abtheilung.  4.  (19  S.)  Osnabrück  1878. 

Programm. 

Enthält  namentlich  niederd.  Handschriften  zur  Osnabrück.  Geschichte. 

43.  Hempel,  Dr.  Hermann,  Mittheilungen  über  die  Handschriften  und 
alten  Drucke  der  Gymnasial bibliotbek.  Programm  des  Gymnasiums  zu  Salz- 
wedel 1878.  4.  (S.  1—15). 

Enthält  u.  a.  in  Abschrift  ein  Gedicht  yon  Konemann  *Du  grundelose  wysheyt*. 

44.  Kuhnke,  R.,  Bericht  über  die  auf  der  Bibliothek  des  Gymnasiums 

2U  Stargard  i.  P.  Yorhandenen  Handschriften  und  alten  Drucke.  Programm  1877. 
Von  deutschen  Sachen  nur  eine  nd.  Kirehenordnnng  von  1558. 

45.  Curtze,  Max,  die  Handschriften  und  seltenen  alten  Drucke  der 
Gymnasial-Bibliothek  zu  Thorn.  2.  Theil.  Das  XVI.  Jahrh.  und  Nachträge.  4. 
(IV,  46  S.)  Leipzig  1878.  Quandt  und  Händel.  2  M. 

2Ä* 


4S6  BIBLIOQRAPHIK  VON  187a 

4(>.   HartHch;   K.,   Bibliographische    Übersicht    der    Encheinangen  aof 

dum  Gobicte  der  gormaiiischcn  Philologie  im  Jahre   1877. 
Oemoanla  S8,  449— 60ß. 

47.  Bibliographie  des  Jahres  1876,    zusammengestellt  von   der  6e 

»ellsohaft  fllr  deatscho  Philologie  zu  Berlin. 

Zeitiohrift  fllr  doutscho  Philologie  9,  110—128. 

48.  Bibliographie  des  Jahres  1877 ,    zusammengestellt  yod    der  6^ 

sollsohaft  fllr  deutsche  Philologie  zu  Berlin. 

ZeiUohrift  fUr  douUthe  Philologie  9,  847-881.  Mit  Nachtrag  aar  BibUograpUf 
d.  J.  1876.  R.  881  f. 

40.  Bibliothoca  germanica.  Verzeichniss  der  vom  Jahre  1830  \» 
Kndo  1875  in  Deutschland  erschienenen  Schriften  über  altdeutsche  Sprache  und 
Literatur  nobst  verwandten  Fttchem.  Herausgegeben  von  C.  H*  HerrmuB. 
Hobluaheft.  Hallo  1878. 

ßO.  Trautmann,  M.,  Bibliographie  fUr  das  Jahr  1876. 

Auglia  II,  1,  Beilage.  Für  das  Englische  Gebiet. 

ßl.  Bibliothoca  philologica  von  W.  Müldencr.  31.  Jahrg.  1.  Heft  1878. 

III.  Sprachwissenschaft  und  Sprachvergleichung. 

59.  MUllory  Friedr.,  Grundriß  der  Sprachwissenschaft.  2.  Band.  1.  ib- 
theilung.  B.  (170  S.)  Wien  1879.  Holder.  M.  3.  60. 

58.  Whitnoy,  William  Dwight,  Toal  en  Taalstndie.  Voorletingeii  om 
de  grondeu  der  wotenschRppelijke  taalbeoefening.  Volgens  de  derde  «iigiie 
voor  Nt^dorlandors  bowerkt  door  J.  Beckering  Vinckers.  1*  serie.  8.  (4,  XTl 
486  a.)  lUarlom   1877.  Bohn.  4  f.  80  c. 

54.  Ascoli,  G.  J.,  Kritische  Studien  lur  Spraehwisaenschall.  Autorisirtc 

Üb«r«<>t«ung  von  Hoinh.  Mondorf,  tu  Ende  geführt  von  B.  Mangold.  8.  (VIE 

XXXVII,  417  8.)  Woimar  1878.  Bohlau.  10  M. 
V|tl  GMt  nti»K  An«.  1979,  18  (Beuenberger). 

55.  llovtflacquo,  Abel,  et  Julien  Vinsou.  ^tndes  de  liiigwsliq«e  et 
dVthniHrr«pHi<^*   ^^*  Will.  378  S.)  Paris  1878.  Reinwaldt.  4  fr. 

56.  n^lbos«  T^ron,  Chapters  on  tbe  science  of  langoage.  8.  Load« 
18TB.  Williams  and  Norpite.  3  eh. 

57.  Falco.  Frftno«»co.  11  lingoaggio:  aladio.    8.  (SO  S.*>  L^cca  18«^ 

58.  Farrar,  F,  W.,  languagt^  and  langnagea:  betn^  ehaf^aa  «■  Iv 
|tua|Et«  and  fkmilic«  of  »pcech.  S.  London  1878.  LongMaBa.  G  ah. 

M^.  Oaiuot .  le  p:i>gre«  dxns  IVtndo  des  langnes.  8.  (S4  &)  Bana»  18«$- 

60.  Lalham.  K.  G„    outliues    of  g^nertl   or 
indtfxion.  8.  ^^06  S.^  London   ISTS,  Lcngman«.  4  sb.  6  d. 

61.  Kialle.  Girard  d^,  la  ibeorie  et  TevolatiaB  de  la 

6d«  Biad^^'iK  Dr.  Uemr.  Erwt«  AbbaMÜvag«»  xar 
ipW^^lK^ftdea  $prft<i)l<*t)are,  L  PbiiTi<ilope  der  Stnoa*  mi  SpaaMUmta.  IL  t^ 
di^  xvTM'bKNi^'sesi  Btjw  üana^an  giKu  des  G«i«s  ni  dem  "Tiiashija  ^  TU- 
A««^.  8,  vXlV.  6$:  :>.   Leipdir  J5^$>  1818.  CsuLisMmiii  Mi  TUfcsan^  i:  1 

6:^.  La  Calle.  Aatettk»   de,   La   p^TM^ope  da   laifsagii.     CImAmh* 
sM«tUK|«<»    doMM^    ^    rUsuv^nür  de  Ge^ere.     1.  et  t.  lai—a.    ^    4^  ^ 
OtiM  18;$.  Gtet^ 


III.  SPRACHWISSENSCHAFT  UND  SPRACHVERGLEICHUNG.  437 

64.  Lack,  F.,  Lettre«  et  hi^roglyphes ,  origine  et  d^veloppement  des 
diff^rentes  sortes  d*  ^critures  et  des  diverses  langues  de  notre  globe  etc. 
!"•  et  2*  parties.  2  vol.  4.  (184  S.)  Paris  1878. 

65.  WatsoD,  George,  The  universe  of  language:  uniform  notatioo  and 
Classification  of  vowels.  Adapted  to  all  languages.  Edited  by  bis  daughter 
E.  H.  Watson.  12.  (348  S.)  New  York  (London)   1878.  7  s.  6  d. 

66.  Peuka,  Sprachwissenschaftliche  Streitfragen.  8.  (22  S.)  Wien  1878. 
Holder. 

67.  Benfey,  Theodor^    einige  Woi*te   über  den  Ursprung  der  Sprache. 
Nachrichten   von    der   k.  Gesellschaft   der  Wissenschaften   in   Göttingen  1878, 

Nr.  2,  S.  46-66. 

68.  Carri^re,  M.,  Wesen,  Ursprung  und  Entwicklung  der  Sprache. 
Deutsche  Revue  2  (1878;^  Juli,  S.  101—107.  Anknüpfend  an  Lasarus,  Steinthal, 

Geiger  und  Noirä. 

69.  Janku,  Job.  Baptist,  der  Ursprung  der  Sprache  nach  dem  Stand- 
punkte der  vergleichenden  Sprachwissenschaft.  Vortrag. 

CarinthU  68.  Jahrg.  (1878). 

70.  Wirth,  Ch.,  die  Frage  nach  dem  Ursprung  der  Sprache  im  Zusam- 
menhang mit  der  Frage  nach  dem  Unterschied  zwischen  der  Menschen*  und 
Thierseele.  8.  (XVI,  88  S.)  Wunsiedel  1877.  Nehring.  M.  1,  80. 

71.  Krause,  die  Ursprache  in  ihrer  ersten  Entwickelung.  2.  Theil.  4. 
(25  S.)  Programm  des  Gymnasiums  zu  Gleiwitz   1878. 

72.  Wild,  P.y  Sprache  und  Schrift.  Programm  des  Gymnasiums  zu 
Amberg  1877.  8.  (52  S.) 

73.  Kriiek,  Wenzel,  die  Völker-  und  Sprachstamme  der  Erde.  Genea- 
logische Klassification  derselben.  (Lith.  u.  color.)  Imp.  fol.  Tabor  1878.  Jansky. 
M.  4,  40. 

74.  Samland,  Franz,  Methode  der  sprachwissenschaftlichen  Etymologie. 
4.    (39  S.) 

Programm  des  Gymnasiums  in  Neustadt  (Westpreußen)  1878. 

75.  Rudolf  V.  Raum  er    über   den    genealogischen  Zusammenhang  der 

indogermanischen  und  semitischen  Sprachen. 
Das  Ausland  1878,  Nr.  12. 

76.  Osthoffy  H.,  und  K.  Brugman,  morphologische  Untersuchungen 
auf  dem  Gebiete  der  indogermanischen  Sprachen.  1.  Theil.  8.  Leipzig  1878. 
Hirzel.  7  M. 

Vgl.  Germania  24,  243  ff.  (Paul);  Jen.  Lit.  Zeitung  1879,  18  (G.  Meyer);  Riv. 
di  filologia  1879^  S.  354—375  (Giacomiuo);  Gott  Gel.  Anzeigen  Nr.  21.  22  (Beszen- 
berger). 

77.  Bezzenberger,  A.,  Allerlei. 

Bezzenberger,  Beiträge  2,  268  ff.  Die  indogerm.  Personalendungen  -mä,  -tft, 
vä;  ags.  leid;  mhd.  16t;  abd.  karg;  an.  ]}rüder. 

78.  Masing,  Ferd.,  das  Verhältniss  der  griechischen  Vokalabstufiing 
zur  sanskritischen  nebst  Einleitung  über  die  Frage  nach  dem  Ursprung  und 
dem  Wesen  der  Vokalabstufung  im  Lidogermanischen.  8.  (101  S.)  Leipziger 
Dissertation  1878. 

79.  Saussure,  F.  de,  Memoire  sur  le  systdme  primitif  des  voycUes 
dans   les  langues  indo-europäennes.  8.  Leipzig  1878.  Trübner. 

80.  CoUitz,  H.,  über  die  Annahme  mehrerer  grundsprachlicher  a- Laute. 
Bezzenberger,  Beiträge  2,  291—306. 


438  BIBLIOGRAPHIE  VON  1878. 

81.  Pick,  A.,  europ&isches  ä  und  6. 
Beizenberger,  Beiträge  2,   193—214  (1878). 

82.  Müller,  F.,  die  Guttural -Laute  der  indogermanischen  Sprachen 
8.  (16  S.)  Wien  1878.    Gerold   in  Comm.  M.  0,  30.    Nachtrag    ebenda  8  S. 

M.  0,  25. 

Aus  den  Sitzungsberichten  der  Akademie. 

83.  Penka,  die  Nominalflexion  der  indogermanischen  Sprachen.  8.  (XII 
305  Sj  Wien  1878.  Holder. 

Vgl.  Jen.  Lit.  Zeitung  1878,  Nr.  16  (Meyer);  Lit.  Centr.  32;  Zeitschrift  für  die 
österr.  Qynmas.  29,  6  (Schweizer-Sidler) ;  Anzeiger  f.  d.  Alt.  5,  125  ff.  (Bechtel). 

84.  Hillebrandt,  A.,  zur  Lehre  von  den  starken  nnd  schwachen  Casu. 
Bezsenberger,  Beiträge  2,  305—335. 

85.  Schmidt,  Joh.,    die    ursprüngliche  Flexion    des  Optativs    und   der 

auf  ä  auslautenden  Präsensstämme. 

Kuhns  Zeitschrift  N.  F.  IV,  3  (1878). 

86.  Mi  stell,  Franz,  einiges  zur  Casuslehre. 
Zeitschrift  f.  Völkerpsychologie  X,  121—183  (1878). 

87.  Benfey,  einige  Derivate  des  indogermanischen  Verbums  anbhn=nabh. 

4.  (67  S.)  Göttingen  1878.  Dietrich.  M.  3,  60. 

Aus  den  Abhandlungen  der  kgl.  Ges.  d.  Wissensch. 

88.  Osthoff,  Hermann,    das    Verbum    in    der  Nomiualcomposition   im 

Deutschen,  Griechischen,  Slavischen  und  Romanischen.  8.  (XVI,  372  S.)  Jena 

1878.  Costenoble. 

Vgl.  Oermania  24,  78  ff.  (Schlüter);  Jenaer  Liter.  Zeitung  1878,  Nr.  10  (Del- 
brück); Lit.  Centr.  20;  Anseiger  f.  d.  Alterthum  22,  433  ff.  (Bock);  Zeitschrift  f.  l 
Gymnas.  1879,  Mai. 

89.  Fick,  A.,  Etymologien. 

Bezzenberger,  Beiträge  2,  187  ff.  an.  ausa;  got.  stiviti;  an.  erta;  an.  kefja  etc. 

90.  Fröhder,  F.,  lateinische  Etymologien. 
Beztsenberger,  Beiträge  2,  335  ff.  Darin  got.  mel;  germ.  raipa. 

91.  Culmann,  F.  W.,  Etymologische  Aufsätze  und  Grundsätze.  I.  Um- 
schau auf  dem  Gebiete  der  Bewegung.  8.  (66  S.)  Leipzig  1878.  Fleischer. 
II.  Umschau  auf  dem  Gebiete  der  Wurzel  jü  =  ju.   1879.  M.  1^  80. 

92.  Weise,  0.,  die  Farbenbezeichnungen  der  Indogermauen. 
Bezzenberger,  Beiträge  2,  273—290. 

93.  Brinkmann,  Friedrich,    die  Metaphern.     Studien    iibcr    den  Geist 

der  modernen  Sprachen.   1.  Band.  Die  Thierbilder  der  Sprache.  8.  (VII,  600  S.) 

Bonn  1878.  Marcus.  9  M. 

Vgl.  Kölnische  Zeitung  1878,  Nr.  191,  1;  Academy  10.  Mai  1879  (Sayce). 

IV.  Grammatik. 

94.  Grimm,  J.,  deutsche  Grammatik.  Neuer  vermehrter  Abdruck ,  be- 
sorgt durch  W.  Scherer.  Zweiter  Theil,  zweite  Hälfte.  8.  (XIV  S.  und  S.  385 
bis  991).  Berlin  1878.  Dammler.  9  M. 

95.  Koberstein,  A.,  Laut-  un(}^  Flexionslehre  der  mittolhoehdentschen 
und  der  neuhochdeutschen  Sprache  in  ihren  Grundzugen.  4.  Auflage,  Ton  0. 
Schade.  8.  (VI,  83  S.)  Halle  1878.  Waisenhaus.  M.  1,  20. 

96.  Martin,  E.,  mittelhochdeutsche  Gnimmatik.  8.  Auflage.  8.  (103  S.) 

Berlin  1878.  Weidmann.   1  M. 

Vgl.  Jen.  Lit  Zeitung  1879,  21  (Henrici). 


lY.  GRAMMATIK.  439 

97.  Schulz y  Bernhard)  Leitfaden  beim  Unterricht  in  der  Laut-  und 
Flexionslehre  der  mittelhochdeutschen  Sprache.  8.  (III,  120  S.)  Paderborn 
1878.  Schöningh.   1  M. 

98.  Frommann,  Carl  M.  G.,  Versuch  einer  grammatischen  Darstellung 

der  Sprache  des  Hans  Sachs.   1.  Theil:  Zur  Lautlehre.  8.  (71   S.) 
Programm  des  Gymnasinms  zu  Nflraberg  1878. 

99.  Gall^e,  J.  H.,  altsächsische  Laut-  und  Flexionslehre.  1.  Theil. 
Die  kleineren  westfälischen  Denkmäler.  8.  (VIII,  76  S.)  Haarlem  1878.  Bohn. 
(Leipzig,  Harrassowitz). 

Vgl.  Korrespondenzblatt  des  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  3,  82;  Jen.  Liter. 
Zeitung  1879,  21  (Henrici). 

100.  Wilken,  E.,  eine  Münstersche  Grammatik  aus  der  Mitte  des  XV. 

Jahrhunderts. 

Jahrbuch  des  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  1877,  S.  36—66.  nd. 

101.  Ehlers,  Ludwig,  die  germanischen  Elemente  des  Altfranzosischen. 
4.   (12  S.)  Hanau  1878. 

Programm  der  Realschule  U.  Ordnung. 

102.  Vigelius,  einiges  zar  Charakteristik  des  Holländischen  im  Ver- 
gleich mit  dem  Hochdeutschen.  4.  (19  S.)   Frankfurt  a.  0.   1878. 

Programm  des  Friedrichs-Gymnasiums. 

103.  Moltzer,  H.  J.,  de  historische  beoefening  der  Nederlandsche  taal. 
Toespraak  gehouden  9.  Oct.  1877.  8.  (32  S)  Groningen  1877.  Wolters.  25  c. 

104.  Symons,  B. ,  over  de  wetcnschappelijke  beoefening  der  moderne 
talen.  Toespraak  bij  de  opening  zijner  lessen,  27.  Sept  1878.  8.  (35  S.) 
Groningen  1878.  Schierbeek.  50  c. 

105.  Verdam,  J.,  de  wetcnschappelijke  beoefening  der  Nederlandsche 
taal  in  verband  med  het  nieuwe  doctorat.  Toespraak  gehoudon  den  13.  April 
1878.  8.  (29  S.)  Leiden   1878.  Brill.  40  c. 

106.  Roch,  C.F.,  historische  Granmiatik  der  englischen  Sprache.  2. Band. 
2.  Aufl.  besorgt  von  J.  Zupitza.  8.   (XLI,  550  S.)  Cassel  1878.  Wigand.  10  M. 

107.  Körner,  Karl,  Einleitung  in  das  Stadium  des  Angelsächsischen. 
Grammatik,  Text,  Übersetzung,  Anmerkungen,  Glossar.  1.  Theil.  Angelsäch- 
sische Formenlehre.  8.   (VIII,  67  S.)  Heilbronn  1878.  Henninger.  2  M. 

Vgl.  En^l.  Stadien  2,  229  ff.  (KOIbing);  Jen.  Liter.  Zeitung  Nr.  14  und  Kömers 
Entgegnung,  Heilbronn.  8.  (14  S.);  Zeitschrift  f.  d.  Realschulwesen  IH,  4. 

108.  Cosijn,  P.  J.,  de  taalvormen  van  Aelfreds  Pastoraal. 
Taalkandige  Bijdragen  2,  lld--158.  Naschrifc  S.  209  f. 

109.  K  not  he,  Edwin,  Angelsächsisch  oder  Englisch?  8.  (41  S.)  Greifs- 
wald 1877.  Dissertation. 

110.  Gostwick,  english  grammar,  historical  and  analytical.  8.  (482  S.) 
1878.   10  s.  6  d. 

111.  Weisse,  John  A.,  Origin,   Progress   and  Destiny   of  the   Englbh 

language  and  literature.  New- York.  J.  W.  Bouton. 
Vgl.  Academy  3.  May  1879. 

112.  Nygaard,  M.,  Oldnorsk  Grammatik  til  Skolebrug.  Anden  Udgaye. 
Bergen  1878.  Giertsen.  1  kr.  20  ö. 


113.  Scherer,  W.,  zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache«  2*  Ausgabe. 
8.   (XXIII,   660  S.)  Berlin  1878.  Weidmann.  10  M. 

Vgl.  Jen.  Lit.  Zeitung  1879,  22  (Paul);  Beitr&ge  s.  Kunde  d.  indog.  Sprachen 
III,  3  (Zimmer). 


440  BIBUOQRAPHIE  VON  1878. 

114.  Scherer,  Schriftsprache  des  elften  Jabrhanderts. 
Zeitschrift  ftbr  deutsches  Alterthnm  22,  321  f. 

115.  Bechstein,  Reinh.^    die  Alterthümlichkeiten   in   unserer 
Schriftsprache.    8.  (48  S.)  Rostock  1878.  Werther.  1  M. 

116.  Edwards^  Thomas,  a  short  historj  of  the  English  langnage.   12. 
(88  S.)  Calcutta  1878.  Thacker.  2  sh.   6  d. 

117.  Marshall,  William,  the  past  present  and  future  of  Englands  lin- 
gaage.  16.  (XI^   132  S.)  London  1878.  Longmans.  3  s.  6  d. 

118.  Leffler,  L.  F.,  Bidrag  tili  SYcnsk  spräkhistoria.    1.  UppkooMten 

af   konjunktionen   um  {am).    2.  Landskäpslagarnes    oZ/i  {half),    8.  Gntalageu 

taki  kuau,  firi  heptcdaun»» 

Antiqyarisk  Tidskrift  för  Sverige  V,  216—288. 

119.  Tamm^  Fr.,  Trännc  tyska  ändelser  i  svenskan.     8.  (83  S.)  Göte- 
borg 1878.  75  öre. 

Göteborgs  Vetenskaps-  och  Vitterhets-Samhftlles  Handlingar.  Nj  TidsfSljd  XTL 

120.  Bartsch,  K.,  Kleine  Mittheilungen.  I.  Kindersprache. 
Oermania  23,  192.    Mit  Nachtrag  von  £.  Lohmeyer  S.  383. 


121.  Sievers,  £.,   zur  Accent-  und  Lautlehre  der  germanischeD  Spra- 
chen. 8.  (123  S.)  Halle  1878.   Niemeyer.  3  M. 

Aus  den  Beiträgen  von  Paul  und  Braune.  Vgl.  Bibliographie  1877,  Nr.  86. 

122.  Kock^  Axely    spräkhistoriska  Undersökningar    om  Svenak  Akce&t 

8.  (VlII,  211   S.)  Lund  1878.  Gleerup.  4  M. 
Vgl.  Lit.  Centr.  1878,  Nr.  60  (Edsardi). 

123.  Hoefer,  Albert,  zur  Laut-,  Wort-  und  Namenforschung.  XLII— L 
Germania  23  (^1878),  8.  1-24.  Mit  Nachtrag  su  L.  S.  189-190. 

124.  Sattler,  W.,  cur  englischen  Grammatik.  I.  II. 
Englische  Studien  II,  1 — 18. 

125.  Brink,  B.  ten,  Beiträge  zur  englischen  Lautlehre. 
Anglia  I,  612-653. 

126.  Brinky  B.  ten,   zu   den  Beiträgen   zur   englischen   Lautlehre  (Ij 

517  ff.). 

AngUa  2,  177  f. 

127.  Schneider,    über  die  Aussprache   der  englischen  Vocale  im  IS. 

Jahrb.  und  vordem;    die  Fortentwickelung   derselben  im   14.   16.   17.  und  18. 

Jahrb.  bis  zur  endgültigen  Feststellung  ihrer  Aussprache.  4.  (15  S.)  Frankfort 

a.  M.   1878. 

Programm  der  Wöhlerschule. 

128.  Edzardi,  A.,  Nachtrag  (zu  IV,   144—152). 
Paul  und  Braune  6,  690.  Über  den  altn.  Umlaut 

129.  Stratmann,  F.  H.,  sb  in  Layamon. 
Englische  Studien  2,  118. 

130.  Crnlly  F.^  die  Buchstaben  &  und  ^  in  Wismarischen  Stadtbfiehen 
des  14.  Jahrhs. 

Jahrbuch'  des  Vereins  für   nd.  Sprachforschung  Jahrgang  1877  (Bremen  1878), 
S.  1—7. 

131.  Koppmann,  K.,  zum  mnd.  gh. 
Ebenda  S.  7. 

132.  Schillinge    die  Diphthongisierung  der  Vokale  ü,  iu  und  L     Ein 
Beitrag  zur  Geschichte  der  nhd.  ^c\iT\£te^taAhe.  4.  (36  S.) 

Progtuam  der  Bealaohoie  ^.  Oi^nii%  VaN9«t^M^  \^*\^. 


IV.  GRAMMATIK.  441 

138.  Möller,  B.  P. ,  Künong    eines    langen   Vokals    in    offener   Silbe 

(s.  III,  27). 

Korrespondenzblatt  des  Vereins  fttr  nd.  Sprachforschung  1878,  41  f. 

134.  Kock,  Axel,  Ljudförsvagning  i  akcentlösa  ord. 
Nordisk  Tidskrift  for  Filologi  N.  B.  ni,  4. 

135.  Mnrraj,  J.  A.  H.y  6rimm*s  Law  I.  IL 
The  Academy  1878,  28.  Februar,  2.  März. 

186.  Saintsbury,  George^  Grimmas  Law. 
The  Academy,  9.  März  1878. 

137.  Nicol,  Henry,  Grimm's  Law. 
£benda  16.  März  1878. 

138.  Tanger,  Gustav,  über  die  Natur  der  alt-  und  neuenglischen 
Consonanten.  Ein  Beitrag  aur  englischen  Lautlehre.  8.  (50  S.)  Dissertation. 
HmHo  1878. 

139.  Hoffory^  Julius,  tonloses  1  und  n  im  Altnordischen. 
Zeitschrift  für  deutsches  Alterthum  22,  374—379. 

140.  Möller,  Hermann,  Epenthese  von  k- Lauten  im  Germanischeu  als 
Wirkung  des  velaren  oder  palatalen  Charakters  des  Wurzelauslauts.  8.  Wei- 
mar 1878. 

Sonderabdmck  aus  dem  24.  Band  der  Zeitschrift  f.  vgl.  Sprachforschung. 

141.  Behaghely  Otto,  einige  Fälle  von  Dissimilation. 
Germania  23,  82—34. 

•    142.  Brink,  B.  ten,  eode. 

Zeitschrift  f.  d.  Alterthum  23,  65—67. 

143.  Hähnel,  Karl,  die  Nominal-  und  Verbalflexion  bei  Logau  yer- 
glichen  mit  dem  heutigen  Sprachgebrauch. 

Archiy  für  das  Studium  der  neueren  Sprachen  60  (1878),  101  —  120. 

144.  Meyer,  Leo,  zur  Lehre  von  der  deutschen  Adjectivflexion. 
Zeitschrift  ffir  deutsche  Philologie  9  (1878),  1—16. 

145.  Witte,  über  das  neuangelsächsische  Pronomen. 
Eugliflche  Studien  2,  121-141. 

146.  Warnke,  K. ,  on  the  formation  of  english  words  by  means  of 
Ablaut.  A  grammatical  essay.  8.  (54  S.)  Halle  1878.  Niemeyer.  M.  1,  20. 

147.  Sievers,    Eduard,    kleine    Beiträge    zur    deutschen    Grammatik. 

IV.   Das  NominalsufiFix  tra  im  Germanischen. 

Paul  und  Braune,  Beiträge  6,  619—538   (1878). 

148.  Meyer,  Leo,  die  deutsche  Abstraktbildung  auf  ung. 
Bezzenberger,  Beiträge  III,  2. 

149.  Laien dorf,  F.,  die  Deminutiva  der  niederdeutschen  Ausgabe  von 
Agricola*s  Sprichwörtern. 

Jahrbuch  des  Vereins  f.  nd.  Spraehforschuug  1877,  S.  101 — 108. 

150.  Afzelius,  R.,  von  den  Zusammensetzungen  der  deutschen  Verben 
mit  den  Präpositionen  durch,  über,  um  und  unter.  8.  (19  S.)  Jönköping 
1878.  30  ö. 

151.  Scherer,  W.,  Schriften  zur  deutschen  Grammatik.  HL  Zur  Syntax. 
Zeitschrift  f.  d.  Österreich.  Gymnasien  1878.  16  S.  8. 

152.  Bernhardt,  E.,  zur  gotischen  Syntax. 
Zeitschrift  f.  d.  Phüologie  9,  883—884. 

153.  Bost|  Job.,  die  Syntax  des  Dativus  im  Althochdeutschen  und  in 
den  geistlichen  Dichtungen  der  Übergangsperiode  zum  Mittelhochdeutschen. 
1.  Thdl.  Der  eigenUiche  Dativus  beiVetbf«i.  ^.  ^%^Ä^.'^^Äsö\'^  V^^^.X^aä'w^»^^^^ 


442  BIBLIOGRAPHIE  VON  1878. 

154.  Bock,  L.y    über    einige  Falle   des  ConjunctiTB  im  Mittelhoehdeat- 

sehen.   8.  (74  S.)  Straßburg  1878.  Trübner.  M.  1,  60. 

Quellen  und  Forschungen  XXVIL  Vgl.  Germania  24,  3  (Behaghel);  Ameigcr 
f.  d.  Alterthum  4,  342—351  (Erdmann). 

155.  Hennicke,  0. ,  der  Conjanctiv  im  Altenglischen  and  seine  Um- 
schreibung durch  modale  Hilfsverba.  8.  (60  S.)  Göttiugen  1878.  Peppmüller 
in  Comm.   1  M. 

156.  Tob  1er,  L.,  Conjunctionen  mit  mehrfacher  Bedeutung.  Ein  Bei- 
lrag zur  Lehre  vom  Satzgefiige. 

Paul  und  Braune,  Beiträge  5,  358-388. 

157.  Erdmann,  0.,   über  got.  ei  und  ahd.  (hat. 
Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  9,  43-53. 

158.  Schwartz,E.,  cm  oblika  kasus  och  prepositioner  i  fornsvenskau  fnn 

tidcn  före  ar   1400.     8.  (144  S.)  (Upsala  Universitets  Arsskrift  1878).  2,  75. 

159.  Sattler,  W.,  Beiträge  zur  Präpositionslehre  im  Ncuenglischen. 
Anglia  U,  73-134. 

160.  Flebbe,  Dr.,  der  elliptische  Relativsatz  im  Englischen. 
Archiv  f.  d.  Studium  d.  neueren  Sprachen  60  (1878),  85—100. 

161.  Behaghel,  Otto,  die  Zeitfolge  der  abhängigen  Rede  im  Deut- 
schen. 8.  (85  S.)  Paderborn  1878.  Schöningh.  M.  1,  50. 

Vgl.  Germania  24,  83  ff.  (Tobler);  Lit.  Centr.  1878,  Nr.  43  (Paul). 

162.  Di  ring  er,  Josef,  die  Periode  oder  der  Gliedersatz  in  der  deut- 
schen Sprache.     8.  (60  S.)   Programm  des  Gymnasiums  zu  Eichstätt  1877/78. 

163.  Abel,  Carl,  die  englischen  Verba  des  Befehls.    8.  (82  S.)  Berlin 

1878.  Liepmannssohn.   2  M. 

Vgl.  Literaturblatt  U,  9;  Yolkszeitung  83;  Köln.  Zeitung  109;  Engl.  Studien  X 
232  ff.  (Asher). 

V.  Lexicographie. 

1 64.  Grimm,  Jacob ,  und  Wilhelm  Grimm,  deutsches  Wörterblick. 
Fortgesetzt  von  M.  Heyne,  R.  Hildebrand  und  K.  Weigand.  4.  Bd.  1.  Abth. 
10.  Liefg.  Bearbeitet  von  R.  Hildebrand  (Sp.  1969—2152).  6.  Bd.  2.  Liefg. 
Bearbeitet  von  M.  Heyne.  (Sp.   193--384).  Leipzig   1878.  Hirzel.  &  2  M. 

165.  Schade,  Oskar  ^  altdeutsches  Wörterbuch.  2.  umgearbeitete  und 
vermehrte  Auflage.    6.  Heft.  (S.  801  —  960).   Halle  1878.    Waisenhana.    3  M. 

166.  Wackernagel,  Wilhelm,  Altdeutsches  Handwörterbuch.  5. Auflage. 

Lex.  8.  (VIII,  409  S.)  Basel  1878.  Schweighauser.  8  M. 
Vgl.  Alma  roater  1878,  18. 

167.  Lexer,  Matthias,  mittelhochdeutsches  Handwörterbuch.  Zogleicli 
als  Supplement  und  alphabetischer  Index  zum  mittelhochdeutschen  Wörterbuch 
von  Benecke-Müller-Zarncke.    17.    18.  Lieferung,  gr.  8.  Leipzig   1878.  HirzeL 

Enthält  Schluß  und  Nachträge.  Vgl.  Liter.  CentralblaU  1879,  Nr.  22. 

168.  Lexer,  M. ,  mittelhochdeutsches  Taschenwörterbuch  mit  grammt- 
tischer  Einleitung.    16.  (XXIH,  314  8.)  Leipzig  1878.  Hirzel.  4M. 

Vgl.  Lit.  Centralblatt  1878,  47;  Allgem.  Zeitung  Beilage  6.  M&rs  1879. 

169.  Weigand,  F.  L.  K.,    deutsches  Wörterbuch.    3.  Aufl.   2.  Halbd. 
8.  Gießen   1878.  Ricker.  Compl.  34  M. 

Vgl  Allgem.  Liter.  Correspondens  III,  28  (Kolbe), 


V.  LEXICOGRAPHIE.  443 

170.  Gombert,  A. ,  Remerkungen  und  Erganzangen  su  Weigands 
deutschem  Wörterbuch.  4.  (24  S.)  Programm  des  Gymnasiums  zu  Gr.  Stre- 
Htz  1878. 

171.  Schiller,  K. ,  und  A.  Liibben,  mittelniederdeutsches  Wörter- 
buch.   20. — 23.  Heft.  8.  Bremen  1878.  Kühtmann.  &  M.  2,  50. 

172.  Zum    mittelniederdeutschen  Wörterbuch.     Von  Krause,    Koppmann^ 

Latendorf,  Crecelius  etc. 

Korrespondenzblatt  des  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  3,  90—93. 

173.  Latendorf,  Fr.,  kleine  Bemerkungen  zum  niederdeutschen  Wör- 
terbuch mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  Sprichwörterlitteratur. 

Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  9,  193—196. 

174.  Oudemans,  A.  C,  Bijdrage  tot  een  Middel-  cn  Oudnederlandich 
woordenboek.  Afl.  S.   2.  gr.  8.  (2  S.  und  S.  289—714).  Arnhem   1878. 

175.  Jager,  A.  de,  Woordenboek  der  frequentatieven  in  het  Neder- 
landsch.    2  Dln.  8.  (XVI  S.  1010  Sp.;  4  S.   1294  Sp.)  Qouda  1878.    f.  25. 

176.  Stratmann,  F.  H. ,  a  dictionary  of  the  Old  English  language 
compiled  from  writings  of  the  XII.  XIII.  XIV.  and  XV.  centuries.  3.  edition. 
4.  (X,  659  S.)  Krefeld  1878.  Gehrich  und  Co.  in  Comm.  30  M. 

177.  Müller,  Eduard,  etymologisches  Wörterbuch  der  englischen  Sprache. 

2.  umgearbeitete  Auflage.  I.  Theil.   1.— 3.  Lieferung.  8.  (S.  1—288).  Cöthen 

1878.  Schettler. 

Vgl  Lit.  Centr.  1878,  Nr.  43  (Wülcker). 

178.  Johnson,  S. ,  dictionary  of  the  english  language^  in  which  the 
words  are  deduced  from  their  Originals,  and  illustrated  in  their  different  signi- 
fications  by  ezamples  from  the  best  writers.  To  which  are  prefized  a  history 
of  the  languages  and  an  English  grammar.  8.  (1370  S.)  London  1878.  Reeres 
and  Turner.  10  eh.   6  d. 

179.  Wedgwood,    Hensleigh ,    a    dictionary    of    English    etymology. 

3.  edition.  8.  (820  S.)  London  1878.  Trübner.  21  sh. 

180.  Porkelsson,  J6n,  neues  Supplement  zu  isländischen  Wörter- 
büchern: 'Äauki'  —  'bönarmadr.  8.  (48  S)  (Noch  ohne  Titelblatt.)  Reyk- 
javik 1878. 

181.  Diez,  Friedr. ,  etymologisches  Wörterbuch  der  romanischen  Spra- 
chen. 4.  Ausg.  Mit  einem  Anhang  von  Aug.  Scheler.  8.  (XXVI,  820  S.) 
Bonn  1878.  Marcus.   18  M.  

182.  Andresen,  K.  G.,  über  deutsche  Volksetymologie.  3.  stark  ver- 
mehrte Auflage.  8.  (YIII,  270  S.)  Heilbronn  1878.  Henninger.  5  M. 

Vgl.  Zeitschrift  f.  d.  österr.  Gymnas.  29,  10  (Petters);  AUgem.  Liter.  Korre- 
spondens  1879,  Nr.  41  (Bechstein). 

183.  Mackay,  Charles,  gaelic  etymology  of  the  languages  of  Western 
Europe  and  more  especially  of  the  English  and  Lowland  Scotch,  and  of  their 
slang,  cant  and  colloquial  dialects.  8.  (636  S.)  London  1878.  Trübner.  2  L.  2  s. 

184.  Sprenger,  zum  mittelhochdeutschen  Wortschatz. 
Beszenberger,  Beitrage  3  (1878),  82—86:   hSr;  tief;  maz;  bmnnen  sw. ;  zttlöse; 

mds;  nagel. 

185.  Birlinger,  A.,  und  F.  Wein  kauf  f,  zur  Wortforschung.  X. 
Alemannia  VI  (1878),  42-^48. 

186.  Behaghel,  0.,  die  neuhochdeutschen  Zwillingswörter. 
Germania  23,  267—293. 


444  BIBLIOGRAPHIE  TON  1^T^. 


187.  Woeste.  F.,  Behiige 

ZäU€knh  ftr  «colKke  Pkiiolope  %  9»— lOft.  21»— SS7.  Ali 

16S.  KorretpondeasbUtt  des  Tereii»  für  nd.  Spff«cUbncb«is  Inlft 
Embih  Tide  kkücr«  Bcitiis«  kxieafisckcr  Alt.  ^^ 

189.  Vries,  M.  de.  Woofdrc^larin^. 
Tulktudice  Bqdnftm  2.  1-€1  (1878). 

190.  Straf raana,  F.  H.,  xm  «hengiiachea  WoiteiiMcke. 
EngfiAcke  ScndicB  3.^19  t 

191.  Mallarme,  Etieaae,  ks  nM>to  anglais.  Paris  1878.  TkveliT. 

192.  Bagge,  S.,  «fmielige  opljiBinger  om  Ord  i  gsnle  aoidiake  U«. 
I.  Svenske  ord. 

Kordisk  Tidskrift  Ibr  FOologi  N.  R.  m,  4. 


193.  Walther,  C,  Abeee,  Abecete,  Abe. 
Korrespoodcosblatt  d.  Yernns  t  od.  Spncldbnchiiiig  S,  93— 915. 

194.  Hofmaan,  K.,  Hibentbeae. 
ZeitMhrift  1  d.  Altertinun  23,  208. 

195.  Beszenberger,  A.,  Hvaiva. 
Bcuenberger,  Bcitrige  III,  1  (1878). 

196.  Regel,  K.,  Mittelbd.  Uer,  litroL 
Zeitochrift  for  deutsche  Philologie  9,  77->82. 

197.  Nygaard.  M.,  BetTdoingen  og  Bmgen  af  Verbel  omnii. 
Aarböger  for  nordisk  Oldkjndighed  1878,  S.  259—303. 

198.  LichteDstein,  Franz,  za  Frommanps  Mundartoi   7    485 
Zeitschrift  för  deutsches  Alterthom  22,  326  C  Über  miid.  näleo  'nahen 

199.  Woeste,  F..  Nüchtern. 

KorrespondenzbUtt  d.  Yereins  f.  nd.  Spracht  m,  3  (1878)  und  in  diesem  Watt 
eine  Menge  von  nd.  Wörtern,  deren  Verzeichniss  am  Schloß  jedes  Jahnmires. 

200.  Wilken,  £.,  Njkrat.  k«»«. 
Germania  23,  446—7. 

201.  Seh  er  er,  pflegen. 

Zeitschrift  fär  deutsches  Alterthom  22,  333—325. 

202.  Cosijn.   F.  J.,  pniz,  pnez.  —  proz^  somir.  —  thr^ffian  nlkM. 

Taalknndige  Bijdragen  2,  210—312.  ® 

203.  Frommann,  Reien-reiisch. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  472  f. 

204.  Lehmannn,  August,  Luthers  Lieblingtwörtchen  Und. 
Archiv  für  das  Studium  der  neueren  Sprachen  59  (1878),  61  —70.* 

205.  Franck,  Job.,  vertijen,  -tiden. 
Taalkundige  Bijdragen  2,  169—170. 

206.  Fischer,  H.,  kleine  Mittheilongen.  L  Friedhof  —  Freadhof 
Germania  23,  52. 

207.  Bartsch,  K.^  der  fntzlin. 
Germania  23,  344. 

208.  Becker,  M.  A^,  über  Ortsnamen. 
Das  Ausland  1878,  36. 

209.  Boßler,  L.,  die  Ortonamen  des  Ober-Elsaß. 
Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  9,  172—184. 

210.  Boßler,  L.,    die  Ortsnamen    im   Unter-Elsaß.    (Zsaftftse    and  Er- 
gänzungen.) 

Ebenda  9,  184^186. 


VI.  MUNDARTEN.  445 

211.  BirliDger,  A.,  die  Hohenzollerischen  Orts-,  Flur-  und  Waldoamen 

(Fortsetsung). 

AlemannU  VI  (1878),  S.  1-42.  129-168. 

212.  Strnadt,  Julius,  EtymoIogiBches  aus  dorn  Salzkammergut. 

Das  Vaterland  1878,  28.  Mai.  Nachweis  daß  der  ChranabitSattel  nrspr.  Chreim- 
hiltsatel  gebeissen. 

213.  Stechele,  U.,  die  von  700  bis  900  yorkommenden  thüringischen 

Ortsnamen.     Ein  Beitrag  zu  einer  historischen  Karte  Thiiringens,  besonders  in 

der  karolingischen  Zeit. 

Zeitschrift  des  Vereins  f.  thüring.  Geschichte  N.  F.  I  (1878). 

214.  Flurnamen.  Von  F.  Latendorf  und  K.  Koppmann. 
Korrespondenzblatt  d.  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  III,  8.  69 — 71. 

215.  Dolch^  Umwandlung  geographischer  Eigennamen  in  Gemeinnamen. 
Jahresbericht  des  Vereins  für  Erdkande  in  Dresden  14  (1878). 


216.  Schad,  die  Dinkelsbühler  Familiennamen.  8. 
Programm  der  Realschule  in  Dinkelsbühl  1878. 

217.  Koch,  E.^  Saalfelder  Familiennamen. 

Zeitschrift  des  Vereins  f.  thüringische  Geschichte  N.  F.  I,  1.  2  (1878).  Auch 
im  Programm  der  Realschule  zu  Saalfeld. 

218.  Namen-Büchlein,  Wienerisches.  Ein  Beitrag  zu  einer  humo- 
ristischen Bevölkerungsstatistik  der  k.  k.  Reichs- Haupt-  und  Residenzstadt  Wien. 
1.  und  2.  Heftchen.  16.  (16  S.)  Erfurt  1878.  Kömer.  k  10  Pfg. 

219.  Namen-Büchlein,  Erfurtisches.  Anhang  zu  dem  Erfurter  Adreß«* 
buch.  Ein  Scherz.   16.   (7   S.)  Erfurt  1878.  Kömer.  5  Pfg. 

220.  Brons,  Bernhard,  Friesische  Namen    und  Mittheilungen    darüber. 

8.   (161  S.)  Emden  1878.  Haynel.  3  M. 

Vgl.  Lit.  Centr.  1878,  Nr.  48  (Braune);   Weserzeitung  11235;    Kordwest  I,  17. 

221.  Walther,  C,  über  den  Namen  Störtebeker. 
Mitthcilnngen  d.  Vereins  f.  Hamburg.  Geschichte  1878,  S.  89 — 94. 

222.  Aasen,  Iv.,  Norsk  Na?nebog  eller  Sämling  af  Mandsnavue  og 
Kvindenayne.  (II,   108  S.)  Kristiania  1878.   1  k.  20  ö. 

223.  Scriptores  Reram  Danicarnm  medii  aevi.  Tanus  IX.  (XII^  832  S.) 

fol.  Hauniae  1878. 

Vgl.  Jen.  Lit.  Zeitung  1879,  Nr.  25  (Schirren).  Registerband.  Personen-  und 
Ortsnamen.  Realregister. 

224.  Heinze,  über  die  Fremdwörter  im  DeuUchen.  8.  (32  S.)  Berlin 
1878.  Habel. 

225.  Klein paul,  Rudolf,  über  die  Aufnahme  von  Fremdwörtern. 
Die  Gegenwart  1878,  Nr.  1.  2. 

VI.  Mundarten. 

226.  Kräuter,  J.  F.,  Zwölf  Satze    über  wissenschaftliche  Orthographie 

der  Mundarten. 

Germania  23,  117—126  =  Anzeiger  f.  d.  Alterthum  4,  299—809. 

227.  Michaelis,  G.,  Thesen  über  die  Schreibung  der  Dialekte  auf 
physiologischer  Grandlage.  2.  erweiterte  Bearbeitung.  8.  (32  S.)  Berlin  1878. 
Barthol  u.  Co.  M.  0,  60. 

VgU  Anzeiger  f.  d.  Alterthum  6,  48—68  (Kr&uter). 


446  BIBUOORAPUIE  VON  1878. 

228.  Seiler,  G.  A.,  die  Basier  Mundart  Ein  grammatisch-lcadkaliMher 
Beitrag  zom  schweizenBchen  Idiotikon,  zugleich  ein  Wörterbuch  für  Sdiile  oad 
Haus.  Mit  einem  Vorwort  von  M.  Heyne.    Basel  1878.  Bahnmaier.  M.  6,40. 

Vgl  Jen.  Lit.  Zeitung  1879,  Nr.  21  (Winteler). 

229.  Schädel,  Oberlehrer  Dr.,    der   Unterricht    der  Heimatsknnde  u 

der  städtischen  Realschule  zu  Straßburg.  4.   (50  S.)  Programm. 
EnthiÜt  8.  47—60  einiges  über  els&ssische  Mundart 

230.  Hü  her,  Nik.,  die  Literatur  der  Salzburger  Mundart.  Eine  biblio- 
graphische Skizze.  8.   (31   S.)  Salzburg  1878.  Dieter  in  Comm.  1  M. 

Vgl.  Ldteraturblatt  II,  9. 

231.  Titzeuthaler,  über  Gottschee  und  einige  ältere  literarische  Er- 
scheinungen in  Gotscheer  Mundart. 

Jahresbericht  des  Vereins  fEür  Erdkunde  zu  Dresden  13  (1878). 

232.  Wolff,  J.,  J  für  G  im  Anlaute. 

Korrespondenzblatt  des  Vereines  für  siebenbürg.  Landeskunde  1878,  Nr.  8. 

233.  Keissenb erger,  K.,  ser  für  nhd.  sich. 
Korrespondenzblatt  für  siebenbürg.  Landeskunde  1878,  April. 

234.  Bückert;  H.,  Entwurf  einer  systematischen  Darstellaog  der  schle- 

sischen  Mundart    im   Mittelalter.    Mit    einem   Anhang,    enthaltend  Proben  alt- 

schlesischer    Sprache.    Herausgegeben    von    Paul    Pietsch.     8.  (Vllly  266  und 

90  S.)  Paderborn  1878.  Schöuingh.  6  M. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  25  (Braune);  Schlesische  Presse  326;  Zeitschnft 
f.  d.  Philol.  9,  491  ff.  (Kinzel). 

235.  G opfert,  Ernst,    die  Mundart   des  Sächsischen  Erzgebirges   nach 

den   Lautverhältnissen  y    der  Wortbildung    und   Flexion    dargestellt.     8.  (VIII, 

116  S.)  Leipzig  1878.  Veit  und  Co.  M.  2,  60. 
Vgl.  Liter.  Centr.  1879,  Nr.  16. 

236.  Pasch,  E.,  das  Altenburger  Bauer udeutsch,  eine  sprachliche  Studie. 
8.  (114  S.)  Altenburg  1878.  Schnuphase.  2  M. 

237.  Wegeuer,  Philipp,  zur  Charakteristik  der  niederdeutschen  Dialekte, 

besonders  auf  dem  Boden  des  Nordthüringgaues. 

GeschichUblätter  f.  Stadt  u.  Land  Magdeburg  18  (1878),  1.  und  2.  Heft. 

238.  Uülsse,  Fr.,    das  Zurücktreten    der    niederdeutschen  Sprache   in 

der  Stadt  Magdeburg. 

Geschichtsblätter  f.  Stadt  u.  Land  Magdeburg  13  (1878),  2.  Heft 

239.  Der  richtige  Berliner  in  Wörtern  und  Redensarten.  8.  (IV,  46  8.) 
Berlin   1878.  Hermann.   1  M. 

240.  Schulze,  W.,  der  Vocalismus  der  westfälisch -märkischen  Mundart 
auf  Grundlage  des  Gotischen  und  Altsäclisischen  und  mit  möglichster  Berück- 
sichtigung der  ihr  angehörenden  mittelniederdeutschen  Literatur. 

Beiträge  zur  Geschichte  Dortmunds  und  der  GrafiBchaft  Mark  von  K.  RftbaL 
II.  in.  (1878),  8.  1-80. 

241.  Humpert,  über  den  sauerländischen Dialekt  im Honnethale.  2. Hieil. 
4.  (35  S.)  Programm  des  Gymnasiums  in  Bonn  1878. 

242.  List,  a  bibliographical^  of  the  works  that  have  been  publisked  or 
are  known  to  exist  in  Ms.  illustrative  of  the  various  dialectB  of  England.  Com* 
piled  by  members  of  the  English  dialect  Society.  Part  3.  Edited  by  J.  H- 
Nodal.  8.  London  1878.  Trübner.  4  s.  6  d. 

243.  Storm,  J.,  det  norske  Maalstraev. 

Nordisk  Tidskrift  fSr  Vetenskap,  Konst  og  Industri  1878,  8. 407—480.  526—660. 


VI.  MUNDARTEN.  447 

244.  Freudenthal,  Axel  Olof,  über  den  Närpesdialect.  8.  (160  8.) 
Helsingfors  1878.  Dissertation. 

245.  Hintner,  V.,  Beiträge  zur  tirolischen  Dialektforschung.  4.  (Schluß-) 

Heft.  8.  (VIII  S.  u.  S.  145—271).  V^ien  1878.  Holder.  M.  3,  70.  (cpl.  8  M.) 
Vgl.  Zeitschrift  f.  d.  Philol.  10,  381  f.  (Henrici). 

246.  Schneller,  Chr.,  Anton  Falger  und  das  Lechthal. 
Zeitschrift  des  Ferdinandeums  3.  Folge.  21.  Heft.  ^ 

247.  Schmellery  J.  A.,  bayerisches  V^örterbuch.  2.  mit  des  Verf. 
Nachträgen  vermehrte  Ausgabe  von  K.  G.  Frommann.  13.  (SchluO-)Lieferung. 
hoch  4.  (Bd.  2,  XXIV  und  S.  1234—1265).  München  1878.  Oldenbourg. 

248.  Pick^  R.,  und  J.  Wolff,  niederrhein.  und  siebenbürg.  •  sächs. 
Bezeichnungen  für  Schwein. 

Korrespundenzblatt  f.  siebenb.  Landeskunde  1878,  4. 

249.  V^olffy  J.,  keip,  kip,  käp,  kap  =  Schornstein. 
Korrespondenzblatt  des  Vereins  f.  sieben  bürg.  Landeskunde  1878,  Nr.  5. 

250.  Wolff,  J.,  mittelhocbd.  wan  im   Siebenbürgischen. 
Korrespondenzblatt  f.  sieb.  Landeskunde  1878,  Nr.  11. 

251.  Berghaus,  Dr.  Heinrich,  Sprachschatz  der  Sassen.  Wörterbuch 
der  plattdeutschen  Sprache  in  den  hauptsächlichsten  ihrer  Mundarten.  2. — 4. 
Heft.  8.  Brandenburg  1878.  Müller,  ä  M.  1.  50. 

Vgl.  Zeitschrift  f.  d.  Philologie  10,  246  ff.  (Lübben). 

252.  Doornkaat-Koolmann,  J.  ten,  Wörterbuch  der  ostfriesischen 
Sprache.  Bd.   1.  8.-6.  Heft.  (S.   193—480).   Norden   1878.  Braams.    ä  2  M. 

253.  Woeste,  F.,  Südwestfalische  Schelten. 

Jahrbuch  d.  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  1877.  S.  110—126. 

254.  Winkler^  Johan^  Koiern. 

Korrespondenzblatt  d.  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  lU,  3  (I878j. 

255.  Schröer,  K.  J.,  die  Sprache,  die  man  mit  den  Thieren  redet. 
Boseggers  Heimgarten  8.  Heft,  S.  633  ff. 

256.  Freudenthal,  A.  0.,  Bidrag  [tili  ordbok  öfver  Närpesmilet.  8. 
(110  S.)  Helsingfors  1878. 

257.  Noreen^  A.,  ordbok  üfver  Fryksdalsmilet  samt  en  ordlista  frln 
Värmlands  Alfdal,  utarbetade  och  pl  bekostnad  af  Värmlands  naturhistoriska 
och  foruminnesförening  utgifna.  8.  (YHI ,  148  S.)  Upsala  1878.  Akad. 
bokh.  3  kr. 

258.  Ur  Västmanlands-Dala  landsmllaförenings  Samlingar  tili  en 
ordbok  öfver  landsmSlet:  Västmanland  och  Dalarne.  L  8.  (15  S.)  Upsala  1877. 


259.  MoltkC;  M.,  Blüthenstrauß  deutscher  Dialektdichtung.  Ausgewählt 
und  mit  wörtlicher  deutscher  Übersetzung  begleitet.  64.  (157  S.)  Leipzig  1878. 
Lenz.  M.  0,  75. 

260.  Stutz>  Jakoby  die  neue  Eva.  Lustspiel  in  2  Aufzügen  nach  einem 
Gedicht  von  Langbein.  In  Zürcherischer  Mundart.  8.  (24  S.)  Bern  1878.  Jenni. 
50  Pfg. 

261.  Mangold,  J.,  Colmerditschi  Komedi.  8.  (128  S.)  Colmar  1878. 
Barth.  2  M. 

262.  Heinrich  Bullinger's  alemannische  Gedichte.    Nach   der  He.    des 

Verf.  herausgegeben  von  Dr.  König. 

Freibnrger  DiOcesan-Archiv  XII.  Bd.  (1878). 


448  BIBLIOOKAPHIE  VON  1878. 

268.  Hagen,  Caspar,  Dichtungen  in  alemannischer  Mundart  ans  Yortri- 
berg.  1.  SammloDg,  2.  vermehrte  Auflage.  8.  (DI,  447  S.)  Innsbruck  1878. 
Wagner.  M.  4. 

264.  Hermann»  Anton,  e  Maje  us  em  Oberland.  16.  (IV,  110  8.) 
Lahr  1878.  Schauenburg.  M.  1,  50. 

265.  Weitzmaun's,  C,  sämmtliche  Gedichte  in  schwftbischer  Mundart 
Vollständige  Ausgabe.  3.  Auflage.  t6.  (IV ,  212  S.)  Stuttgart  1878.  Gnti- 
kow.   1  M.  ^ 

266.  Priem,  Joh.,  Konrad  Grübe!  und  seine  Nachfolger  in  der  nun- 
bergischen  mundartlichen  Dichtung.  Eine  Auswahl  numberg^her  Gedichte 
mit  bibliographisch -biographischen  Notizen  fiber  die  Dichter.  2.  Auflage.  8. 
(XVI,  229  8.)  Nürnberg  1878.  Ebner.  M.  2,  50. 

267.  Motz,  Paulus,  Gedichte  in  Henneberger  Mundart  I.  2.  Auflage. 
16.  (IV,  90  S.)  Saalfeld  1878.  Wiedmann.  M.  1. 

268.  Gumppenberg,  Karl  Freiherr  von ,  Bergamaeln.  Dicbtonges 
in  oberbayerischer  Mundart.  8.  (IV,  162  S.)  München  1878.  Finsterlin  is 
Comm.  3  M. 

269.  Stiel  er,  Karl,  Um  Sunnawend\  Neue  Gedichte  in  oberbairtseher 
Mundart.  8.  (XII,  148  S.)  Stuttgart  1878.  Meyer  und  Zeller.  3.  M. 

270.  Märzroth,  Bitt  gar  schö*-  singa  lass'n!  GMichte  in  Salzhurger 
Mundart  16.  (IV,  75  S.)  Sabsburg  1878.  Dieter.  M.  1,  60. 

271.  Capilleri,  Wilhelm,  Zeitlichtln.  Gedichte  in  oberosterreichiseher 
Volksmundart.  3.  Auflage  8.  (180  S.)  Wien  1878.  Martin  in  Comm.  M.  4. 

272.  Innbach,  F.,  Baurnleut.  Gedichte  in  oberösterreichischer  Mundart 
8.  (VII,   112  S.)  Wien  1878.  Rosner.  M.  1,  60. 

273.  Kaltenbrunner,  K.  A.,  oberösterreichische  Gedichte.  Aus  dem 
Nachlaß  herausgegeben  von  Hedwig  von  Radics- Kaltenbrunner.  8.  (VI,  137  S.) 
Linz  1878.  Fink.  M.  1  ,60. 

274.  KogI,  Gedichte  in  oberösterreichischer  Mundart  3.  und  4.  Serie. 
16.   (76  und  50  S.)  Linz   1878.  Ebenhöch.  60  und  50  Pfg. 

275.  Zwölf  komische  Original-Solo-Vorträge  im  Wiener  Dialekte. 
8.  (46  S.)   Wien  1878.  Neidl.  M.  1,  20. 

276.  Schnadahüpfeln,  600,  G'stanzeln  und  Vierzeilige.  16.(128  8.) 
Wien  1878.  Neidl.  M.  0,  90. 

277.  KäisenmarkyL.  E.  von,  Fartblihndijer  Zepserscher  Liederposcheo. 

2.  Auflage,  mit  angehängtem  Glossar.  Budapest  1878.  Grill.  2  M. 
In  Zipser  Mundart. 

278.  Zedtwitz,  Graf  C,  As  da  Haimat.  Humoristiscbe  Gedichte  io 
Egerländer  Mundart.   8.  Prag  1879.  Dominicus.  1  M. 

279.  Schütz,  Rafael,  Der  Deifel  soll  de  Därken  hol'n!  Eine  Humoreske 

im  sächsischen  Dialekt. 

In:  N.  illustr.  Volkskalender  fl!r  1878.  Dresden,  Dietrich. 

280.  Schulze,  Georg,  Ewerbarzische    Zitter.    Harziscbe    Gkdichte   nu' 

Grammatik  und  Glossar.  Mitgetheilt  von  H.  Pröhle. 

Archiv  f.  d.  Studium  d.  neueren  Sprachen  60  (1878),  888 — 448. 

281.  Ulbrich,  W.,  Thüringer  Wald-Klänge.  Gedichte,  Lieder,  8^9 
und  Märchen  aus  den  thüringer  Bergen.  16.  (VI,  108  S.)  Saalfeld  1878. 
Viese.  1  M. 


VI.  MUNDARTEN.  449 

282.  Sommer;  Ant.,  Bilder  ond  Klänge  aus  BudoUtadt  in  Volkemond- 
art.  1.  Bändchen.  10.  Auflage  und  8.  Bändchen.  16.  (128  und  IV,  92  S.) 
Kudoktadt  1878—79.  ä  1  M. 

283.  Schneyer,  Joh. ,  Gedichte  in  Hildburghäuser  Mundart.  Heraus- 
gegeben von  M.  Werner.  2.  Auflage  mit  dem  Porträt  des  Verfassers.  16.  (64  S.) 
Hildburghausen  1878.  Kesselring  in  Comm.  1  M. 

284.  Heß,  6.,  Kirch weihfreuden.  Dichtung  in  hessischer  Mundart  16. 
(44   S.)  Darmstadt  1878.  Schlapp.  60  Pfg. 

285.  Geibel;  F.,  humoristische  Gedichte  in  Wetterauer  Mundart.  8, 
(128  S.)  Friedberg  1878.  Scriba.  1  M. 

286.  Erlebtes  en  Geheertes,  allerlä.  Marburger  Geschichten  und  Anec- 
doten.   16.  (IV,  52  S.)   Marburg  1878.  Elwert.  M.  0,  60. 

287.  Host  er,  M.  H.,  Kölsch  Lewe.  Humoresken.  2  Abtheilungen.  1. 
bis  3.  Auflage.   16.  (96  S.)  Köln  1878.  Kreuder.  1  M. 

288.  Brauch  art,  A.,  Herbarium  van  Oecher  Blomme.  Gedichte  in 
Aachener  Mundart.  3.  Aufl.   16.  (408  S.)  Aachen  1878.  Cremer  in  Comm.  4  M. 

289.  Boor,  Friedrich,  humoristische  Gedichte  in  Hunsrücker  Mundart.  16. 
(VIII,  80  S.)  St  Johann-Saarbrücken   1877.  Bock  und  Seip.   75  Pfg. 

290.  Cloos,  W.,  In  de  Sommer.  Een  Gedicht  in  ons  Goch*se  Moder- 
taal.  8.  (4  S.)  Cleve  1878.  Knipping  in  Comm.  M.  0,  15. 

291.  Cloos,  W.,  In  de  Wenter.  Een  Gedicht  in  ons  Goch'se  Moder« 
taal.  8.  Ebenda.  (4  S.)  M.  0,  15. 

292.  Cloos,  W.,  een  Vertellzel  van  den  alden  Dokter  Rademaker  en 
van  een  mooij  Stökske,  dat  öm  met  'neu  Buur  passirt  es*  In  ons  Goch'se  Mo- 
dertaal.  8.   (24  S.)  Cleve  1878.  Knipping.  M.  0,  50. 

293.  Jellinghaus,  H.,  zwei  plattdeutsche  Possen  von  H.  Lauremberg. 
Jahrbuch  des  Vereins  fUr  nd.  Sprachforschong  (Bremen  1878)  S.  91 — 100. 

294.  Sackmann*Sy  weil.  Pastor  Jobs,  plattdeutsche  Predigten.  8.  (112  S.) 
Celle   1878.  Literar.  Anstalt   1  M. 

295.  Heine,  H.,  wilde  Heckenrosen.  Humoristische  und  satyrische  Ge- 
dichte in  plattdeutschen  Mundarten.  8.  (60  S.)  (Leipzig)  Berlin  1877.  Koch 
in  Comm.   1  M. 

296.  Bockel^  F.,  ausgewählte  plattdeutsche  Gedichte.  8.  (VI,  142  S.) 
Hamburg  1878.  J.  F.  Richter.  M.  1,  20. 

297.  Deumeland,  H.,  Hapütjen  ut  mieiien  Blaumenjahren.. Plattdeutsche 
Erzählungen.  8.  (VIII,  428  S.)  Celle  1878.  Schubse  in  Comm.  4M. 

298.  Eichwald,  Karl,  he  socht  sjm  Swyn.  Läuschen.  8.  (4  S.)  Bremen 
1878.  Tanner  in  Comm.   10  Pfg. 

299.  Eichwald,  Kari,  Tabacks- Monopol.  Läuschen.  L  ü.  8.  (k  4  S.) 
Bremen  1878.  Tanner  in  Comm.  &  10  Pfg. 

300.  Gedichte,  plattdeutsche ,  zum  Declamiren.  2.  Auflage.  8.  (Uly 
176  S.)  Hamburg  1878.  J.  F.  Richter.  M.  1,  20. 

301.  Plattdütsche  Husfründ.  3.  Jahrgang  (1878).  fol.  52  Nrn.  Leipzig 
1878.  Koch.  4  M. 

302.  Keller,  E.,  der  Rausch  des  Küsters  oder  Unkel  Bräsig  in  dnsend 
Aengsten.  Genrebild  mit  Gesang.  8.  Leipzig  1878.  C.  A.  Koch  in  Comm« 
M.  0,  60. 

GERMANIA.  Nene  Seihe.  lÜ.  (XXIV.  Jakrflr)  29 


4fiO  BIBUOQRAPHIE  VON  1878. 

303.  MaalS,  C.«  StömmiDg  WaUke.  Ne  plattdatsche  Gesiebte.  l.Bd. 
8.   (ist;  8.)  Leipii^  1878.  Ehrlich.  M.  2,  25. 

304.  MähK  Joachim,  Reineke  Voß.  Ut  frier  Hand.  8.  (XIL  2iS  3.) 
atuttgrart   1878.  Cotta.  3  M. 

305.  Meyer,  Joh.,  plattdeatscher  Hebel.  Eine  freie  Cbertctzog  ier 
lI««b«Uchoii  aleuianuischen  Gedichte.  2.  Auflage.  8.  (VII,  290  S.)  Hiabiig 
1878.   Hkhtt^T.  4  M. 

306.  rolliti,  W.,  Ünuer  de  Suldaten.  Biller  at  de  Kriegstid  Ton  1870. 

1.  Deol.    16.  (155  S.)  Altoua  1878.  Härder.  2  M. 

307.  Kehder,  Fraua^  Twee  Lustspeel'n.  De  forsche  Peter  oder  Wort 
uitttt  mau  horii.  Vm  so  n  ol  Petroleumlamp*.  £n  lätt  Lebensbild  in  een  Optog. 
8.   (54  S.)  Ki«^l   1878.  Lipsius  und  Tischer.  1  M. 

308.  Keusch»  F.,  Unkel  BrIUig!  Komische  pUttdeutsche  Origi]li]g^ 
dichte.   1.    Thoil.  (V,  89  S.)  München  1877.  Schi&fer.  1  M. 

309.  Scharbusch,  F.,  lustige  Qeschichten,  plattdütech  in  Yenen  i. 
Kinicls  vertoUt.  8.  i^XVl,  207  S.)  Leipsig  1878.   Femaa  in  Comm.  M.  tSO. 

310.  Sc  hui  manu  y  L.»  dat  Bodekerlted.  5.  Uplag.  8.  (8  S.)  HanBorer 
1878.  Knicp.  M.  K\  10. 

311.  Vcreeus- Blatt,  plattdütsches.  Organ  for  de  Interessen  tu  de 
gesainmtou  plattdUtschen  Vereeue.  1.  Johrgang  1878.  2.  Johigang  lS79. 
Leipsig   1878—79.  Koch.  M.  1,  20. 

31^.  Vogel.  Otto,  Russelbl&der.  £n  Strämel  PUttdOtscb.  8.  (155  S.) 
Leipsig  1878.  U.  Wigand.  M.  1,  75. 

313.  Oiese,  Frans,  Frans  Essink.  Sin  Leben  un  Driben  as  olt  Mis- 
storsch  Kind.  3.  AuHage.  Mit  einem  Vorwort  von  Klans  Grotb.  8.  (Vn,  282  3.) 
Hraunschweig  1878.  Bruhu.  3  M. 

314.  Urimme,  F.  W.,  Schwanke  und  Gedichte  in  sanerländischer  Miisd- 
art.  1.  Sprickeln  un  Sp^ue.  II.  Spargitsen.  Mit  einer  Einleitung  über  die  Eigts- 
thttmlichkeiteii  des  sauerliindischen  Dialektes  und  einem  Glossar.  7.  Teimebite 
Auflage.  8.  (226  8.)  Paderborn   1878.  SchSningb.  M.  1,  50. 

315.  Pape,  J.,  iurm  Siuerlanne.  8.  (214  S.)  Paderborn  1878.  Scbo 
ningh.  M.  1,  35. 

316.  Nürsk  Tu  ig!  Jut  dem  Noelote  vom  Kristejon  Dollromes.  Plttt- 
duitske  Schnacke  u.  Streiche  iut  em  Patterbürnsken.  2.  Auflage.  16.  (86  S.) 
Werl  1878.   Stein.  30  Pfg. 

317.  Poppe^  Frans«  Marsch  und  Geest  Gedichte  humoristischen  ssd 
ernsten  Inhalts  in  oldenburg-uiederdeutscher  Mundart.  16.  Oldenburg  W^- 
Bültmann  und  Geiriets.  4  M. 

318.  Schriefer,  Heinrich,  Aus  dem  DQwelsmoor.  Skiuen  und  Gedickte- 

2.  Auflage.  8.  (84  S.)  Oldenburg  1878.  Schulse.  M.  1,  20. 

319.  Fehrs,  Job.  Heinr.,  La^*  Hinnerk.  £n  plattdfltsche  Geschieht  8. 
(98  S.)  Itsehoe  1878.  Nusser.   1  M.  50  Pfg. 

320.  Gaederts,  Karl  Theodor,  Julklapp!  Leeder  un  Läoscheo.  HH 
8  Originalgedichten  von  Klaus  Groth,  Th.  Storm  und  Tb.  Soncbay.  8.  (X. 
141  S.)  Hamburg  1879.  Richter.  3  M. 

321.  Schacht,  Heinr.,  Hamburger  Polterabend-Gedichte.  Nenn  Origtsil- 
gedichte  und  Scherze  in  Platt-  und  Hocbdeutseb.  4.  Auflage.  8.  (VI,  90  S.' 
Hamburg  1878.  Kramer.   1  M. 


VII.  MYTHOLOGIE.  451 

322.  Reute r,  Fritz,  sämmtliche  Werke.  Volksaasgabe  in  7  Bänden  oder 
28  Lieferungen.  9.-28.  Lieferung.  Wismar  1878.  Hinstorff.  k  75  Pfg. 

323.  Reuter,  Fritz,  Ut  mine  Stromtid.  Neue  illustrirte  Pracht- Ausgabe. 
4.   (530  S.)  Wismar  1878.  Hinstorff.  27  M. 

324.  Marwedel,  H.,  Fritz  Reuters  Himmelfahrt  oder:  Wat  sick  Sündag, 
den  12.  Juli  1874,  inn  Himmel  todrägen  däh.  8.  4.  Auflage.  Varel  1878. 
Bültmann  in  Comm.   M.  0,  10. 

325.  Quitzow,  W.  A.,  MekeInbÖrger  Geschichten.  Verteilt  for  Jung  un 
olt.  3.  Band.  Hanne  Möller  un  sin  Mudder.  2.  Theil.  8.  (242  S.)  Leipzig 
1878.  C.  A.  Koch.  M.  2,  40. 

326.  Geschichten,  söß  plattdutsche,  van  ollen  Radmake  Martin.  Her- 
ausgegeben von  L.  Wagtsmitgott.  8.  (IV,  103  S.)  Stavenhagen  1878.  Be- 
holtz.   1  M. 

327.  Hoefer,  £.,  Pap  Kuhn,  'ne  Geschieht  ut  de  oll  plattdütsch  Tid. 
8.   (VIII,  342  S.)  Stuttgart  1878.  CotU.  5  M. 

328.  Ut  min  Dischlad.  Dit  un  dat  in  nige  Vertellzels.  Von'n  olln  Nü- 
märker.   2.  Band.  8.  (155  S.)  Leipzig  1879.  Koch.  M.  1,  60. 

329.  Dijkstra,  Waling,  Haitskemoai  op  'e  tentoanstelling  fen  Frysce 
aldheden  to  Leauward  yn  1877.    8.  (18  S.)  Frentsjer  1878.    Telenga.  15  c. 

330.  Ger  des,  £.,  Witske.  En  teltsje.  Forfriske  troch  R.  Zijlstra.  8. 
(4,   95  S.)  Leaward  1877.  Bokma.  90  c. 

331.  Meulen,  T.  G.,  van  der^  It  hirdsllen  op  s^  bj  Harns.  Op  de 
foarste  dei  fen  simmermoane   1877.  8.  (40  S.)  Harlingen  1877.  40  c. 

332.  Meulen,  T.  G.,  Lftn-geanne  to  feankleaster  de  25ste  fen  Hei- 
moane   1877.  8.   (50  S.)  Harns  1877.  Faber.  45  c. 

333.  Meulen,  T.  G.,  Riucht  en  sliucht,  of  oarsom.  Bljspil  in  ien  be- 
driou.  8.  (79  S.)  Frjentsjer  1877.  Telenga.  50  c. 

334.  Zijlstra,  R.,  Willem  en  Kes.  In  teltsje  üt  de  Fr&nske  tiden.  8. 
(47   S.)  Frjentsjer  1877.  Bosman.  30  c. 

335.  Swanneblommen.  Jierboekje  fort  it  jier  1878.  8.  (XII,  80  S.) 
Hearrenfean   1878.  Hingst.  30  c. 

336.  Skalle-Laust,  Faaklaaring  aa  Beskryuels  euer  et  faalae  villelae 

Gild.  6*  Oplag.  8.  (36  S.)  Viborg  1878.  Christensen.  25  öre. 
In  jütlSndischer  Mundart 

Vn.  Mythologie. 

337.  Grimm,  J.,  deutsche  Mythologie.  4.  Ausgabe.  3.  Band.  Nachtrage 

und  Anhang,  herausgeg.  von  £.  H.  Meyer.    8.  Berlin   1878.  Dümmler.   12  M. 
Vgl.  Germania  24,  248  f.  (Bartsch);  Jen.  Liter.  Zeitung  1879,  Nr.  20  (Pfannen- 
schmid). 

338.  Simrock,  K.,  Handbuch  der  deutschen  Mythologie  mit  Einschluß 
der  nordischen.  5.  verbesserte  Auflage.  8.  (XU,  648  S.)  Bonn  1878.  Mar- 
cus. 9  M. 

339.  Bratnschek,  Ernst,  germanische  Göttersage.  2.  Auflage.  (VIJJ, 
330  S.)  Leipzig  1878.  Richter.  3  M. 

340.  Falch,  E.,  deutsche  Gtöttergeschichte.    Der  deutschen  Jugend  ge^ 

widmet.  8.  (IV,  56  S.)  Leipzig  1878.  Teubner.   1  M. 

Vgl  Deutsche  Allg.  Zeitung  1878,  91;  Beilage  s.  bayer.  Lehreneitung  1878,  28. 

29* 


452  BIBUOORAPHIE  VON  187a 

341.  Naveaa,  Th.,  das  Wissenswertheste  aus  der  nordischen  Mythologie. 
2.  Aufl.  16.  (IV,  75  S.  mit  4  Steintaf.)  Stuttgart  1878.  Hofiinann.  M.  1.  SO. 

342.  Bernard,  M"*  Lanre,  les  mythologies  de  toos  les  penples.  11* 
Edition.   18.  (II,  362  S.)  Paris  1878.  Didier.  2  fr. 

343.  Cox,  George  W.^  the  mjthology  of  the  Aiyan  nationa.    New  ed. 

2  Tols.  8.  London  1878.  28  sb. 

344.  Crabbe,  George,  Mythologj  of  al]  nations.  12.  London  1878. 
Blackwood.  2  sh. 

346.  Gill,  H.,  illustrirte  Mythologie,  Göttersagen  und  Koltasfonnen  der 
Hellenen,  Römer,  Aegypter,  Inder,  Perser  und  Germanen.  4.  Auflage.  8. 
(X,  400  S.)  Leipzig  1879.  Spamer.  4  M. 

346.  Minckwitz^  Job.,  illustrirtes  Taschenbuch  der  Mythologie  aller 
Völker.    5.  Auflage.   16.  (620  S.  mit  Holzschn.)  Leipzig  1878.    Arnold.  4M. 

347.  Minckwitz,  Job.,  der  Tempel.  Die  Mythologien  der  vonugUch* 
sten  Cultunrölker  bis  zum  Christenthum.  Mit  Abbildungen.  8.  (VI,  834  S.^ 
Leipzig  1878.  Oehmike.  1  M. 

348.  Petiscus,  A.  H. ,  der  Olymp  oder  Mythologie  der  Griechen  lud 
Römer.  Mit  Einschluß  der  ägyptischen,  nordischen  und  indiachen  Götterlehre. 
18.  Auflage.    Mit  89  Abbildungen.  8.  (VII,  454  S.)  Leipzig  1878.   Amehmg. 

3  M.  50  Pfg. 

349.  Much,  Dr.  M.,  über  die  Kosmogenie  und  Anthropogenie  des  ger- 
manischen Mythus. 

Mittheilungen  der  anthropologischen  Gesellschaft  in  Wien.  Bd.  8  (1878)l  Vgl 
Das  Ausland  1879,  Nr.  17. 

350.  Müllen  hoff,  K.,  Irmin  und  seine  Brüder. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Aitorthum  23  (1879),  1—23. 

351.  Müllenhoffy  K.,  Tanfana. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  23—26. 

352.  Müllenhoff,  K.,  ein  gotischer  Göttemame? 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  43—46. 

353.  Raßmann,  August,  Gungnir. 

Ersch  und  Gmber,  Encyclopädie  L  SecUon,  97.  Band  (1878),  S.  281—286. 

354.  Blaas,  C.  M.,  Sif  und  das  Frauenhaar. 
Germania  23,  156 — 168. 

355.  Stephens,  Geo.,  Thunor  the  Thunderer,  canred  on  a  scandiai- 
vian  fönt  of  about  the  year  1000.  The  first  yet  found  god-fignre  of  cor 
Scando-Gothic  forefatbers.  4.  (58  S.) 

356.  Stephens,  Geo.,  Tordneren  Thor,  fremstillet  pa    en  akandinarisk 

e 

Dahefont  fra  omtrent  Ar  1000.  Det  eneste  hidindtil  fundne  Gndebillede,  efter- 
ladt  OS  af  vore  Scando-gotiske  forfsedre.  4.  (58  S.) 

357.  Dahn,  Felix,  über  Skepticismus   und  das  Leugnen  der  Götter  ia 

Norden  Tor  dem  Eindringen  des  Christenthums. 

Deutsche  StudienblStter  von  R.  Roltsch  3,  13  (1878). 

358.  Lundgren,  M.  F.,  Sprikliga  intyg  om  hednisk  gudatro  i  Srerige. 

8.  (86  S.)  Göteborg  1878.  1  kr.  50  öre. 

Göteborgs  Vetenskaps-  och  VitterhetsSamhäUes  Handlingar.  Ny  Tjrdslbljd  XVI. 
Vgl.  Liter.  CentralbUtt  1879,  28  (Edsardi). 

359.  Blind,  K.,  neue  shetländer  Funde  zum  germanischen  Aten-GUuibeB. 
Die  Gegenwart  1878,  33. 


Vn.  MTTHOLOQIE.  453 

360\  Maller,  Nath.,    die  Mythen  des  Beövalf  in  ihrem  Verhält niss  Eur 

germanischen  Mythologie  betrachtet« 

Deatsche  8tadienbl£tter  von  R.  Roltsch  3,  13. 

360^  Müller,  Nathanael,    die  Mythen    im  Beömlf.     8.  Leipzig   1878. 

Heidelberger  Doctordissertation.     Auch   abgedruckt  in  des  Verf.  ,|KnoBpen  and 
Blüthen**.  Gedichte  von  Irmin.  2.  Auflage  (Leipzig  1878)  als  Anhang. 

361.  Pfannenschmidy  H.,  germanische  Erntefeste  im  heidnischen   und 

christlichen  Cultns,  mit  besonderer  Beziehung  auf  Niedersachsen.    Beiträge  zur 

germanischen  Alterthumskunde  und  christlichen  Archäologie.  8.  (X2CX,  710  S.) 

Hannover  1878.  Hahn.   10  M. 

Vgl.  Blätter  f.  liter.  Unterhaltung  1879,  Nr.  21  (Bartsch). 

362.  Heidnische    und    christliche  Flurprocessionen    in    der  Himmel- 
fahrtswoche. 

Europa  1878,  Nr.  23.  Nach  Pfannenschmid. 

363.  Laistner,  Ludwig,  Nebelsagen.  8.  (VHI,  366  S.)  Stuttgart  1879. 
Spemann. 

364.  Pölzig,  A.,    unsere  Pflanzen  in  der  deutschen  Gotterlehre.    1.    2 
Die  Natur  N.  F.  4.  Jahrg.  (1878),  Nr.  21.  22. 

365.  Sagenhaftes  und  Mythologisches  aus  dem  Rhöngebirge. 
Globus  1878,  Nr.  19,  S.  301—303. 

366.  Rollett,  H.,  die  Volksmythen  Niederösterreichs. 

Blätter  des  Vereins  für  Landeskunde  von  NiederGsterreich  N.  F.    12.  Jahrgang. 
Wien  1877—8- 

367.  Hexen  und  Zauberer  in  Reval  1615 — 1618.    Von  0.  von  Riese- 
mann. 

Beiträge  cur  Kunde  Ehst-,  Liv-  und  Kurlands  II,  3  (1878). 

368.  Steinmeyer,  £.,  Segen. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  246  f 

369.  Schönbach,  A.^  ein  Segen. 
Ebenda  22,  248-250. 

370.  Bosch,  Hans,  Wundsegen. 

Anzeiger   fOr  Kunde    der  ideutschen  Vorzeit  1878,  Sp.  67.    Aus   dem    german. 
Museum. 

371.  Lucae,  K.,  zum  Weingartner  Reisesegen. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  94. 

372.  Dümmler,  £.,  Beschwörung. 

Anzeiger  fOr  Kunde  der  deutschen  Vorzeit  1878,  Sp.  48.  Lateinisch  *pro  porcis*. 

373.  Blaas,  C.  M.,  Trudenspruch. 

Anzeiger  f.  Kunde  d.  d.  Vorzeit  1878,  360.  Aus  Stockerau. 

374.  Toischer,  W.,  Segensformeln. 

Mittheilungen  des  Vereins  f.  Geschichte  der  Deutschen  in  Böhmen  XVI,  8  (1878). 

375.  Hofmann,  Konrad,  Johannesminne. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  242^245. 


376.  Rialle,  Girard  de,  la  mythologie  comparde.  T.  L  16.  (XII,  363  S.) 
Paris  1878.  Reinwald. 

377.  Zur  vergleichenden  Mythologie. 
Das  Ausland  1878,  Nr.  48. 

378.  Mannhardt,  W.,  Übereinstimmungen  deutscher  und  antiker  Volks- 
überlieferungen. 

Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22  (1878),  1—18. 


4M  BlBUOGEäFHIE  TOS   1879. 

370.  Wormf  tall,  Joseph,  Heiperieii.  Zur  LöniBg  des  reügiot-gcaeliidit* 

fidien  Problems  der  alten  Weh.  8.  (80  3.)  Trier  1878.  Lmlz. 
Vf^.  Liter.  Centralbijtt  1879,  Nr.  27  (Baraan). 

980.  Sehwartz,  J.  L.  W.,  der  UrvpntDg  der  Slaaiii-  md  Groadimgi- 

Mfe  SiHBa  oater  dem  Keflex  indogermanischer  Mythen.  8.  (2  BL,  50  8.)  Jesi 

1878.  Costenobie. 

TgL  Ltt.  Centr.  1878,  9r.  41;  r^  Sp.  1584;  Anslaad  1879,  17. 

Yin.  Märehen  and  Sagen. 

381*  Grimm,  J.  nnd  W.,  Kinder-  nnd  Hansmarehen.  Grosse  Aosgtbe. 
U.  Auflage.  8.  (XX,   704  S.)  Berlin  1879.  Besser.  6  M. 

382.  Grimm,  J.  and  W.,  Kinder-  nnd  Hansmarehen.  Kleine  Aasgabe. 
24.  o.  25.  Aaflage.   16.  (lY,  311  8.)  Berlin  1878—79.  Dämmler.  eart.  1.  50. 

383.  Grimm,  Contes  choisis.  Tradoits  de  Tallemand  par  Fr^i^c 
Baodry.    Noorelle  Edition.    18.  (XI,  323  S.)  Paris  1878.  Hachette.  fr.  2.  25. 

384.  Contes  popalaires  tir^  de  Grimm,  Masaas,  Andersen,  Herder 
et  Liebeskind  (Feoilles  de  palmier),  et  pabli^  avec  des  notiees  sor  les  aatean 
et  des  Dotes  en  fran^ais  par  D.  E.  Scherdh'n.  3*  ^tion.  16.  (Vm,  467  S.) 
Paris  1878.  Hachette.  3  h, 

385.  Linz'Godin,  A.,  Märchenbach.  Aaszag  aas  dem  Märchenbach 
▼on  A.  Godin.  8.  (225  S.)  Glogaa  1878.  Flemming.  3  M. 

386.  Möldener^  Rad.,  Märchen  aas  Sfid  and  West  Mit  HlastrationeB. 
4.  Auflage.  8.  (200  S.)  Langensalza   1879.  Schalbachhandlang.  M.  1,  50. 

387.  Märchen,  zehn,  aas  Österreichs  Bergen  and  Thälem. 
ObentranU  Jngendbibliothek  Nr.  22.  Wien  1878.  Mana.  80  P%. 

388.  Grandtvig,  danske  Folke •  aevent jr ,  fimdne  i  Folkemande  og 
gjenfortalte.  Nj  Samh'ng.  8.  (240  8.)  Kopenhagen  1878.  kr.  1,  50. 

389.  Grandtvig,  Svend,  dänische  Volksmärchen.    Nach    bisher   ange- 

drackten  Qaellen  nacherzählt.  Übersetzt  von  Willibald  Leo.    8.  (XV,  328  S.) 

Leipzig  1878.  Barth.  4  M. 

Vgl.  Grenzboten  1878,  Nr.  1;  Europa  Nr.  2;  Kökiische  Zeitung  1878,  Nr.  SM; 
Schles.  Presse  900;  Weserzeitung  11114;  Über  Land  und  Meer  39,  21;  Lehmamii 
Magazin  1878,  17.  

390.  Pfeil,  Heinrich,  Deutsche  Sagen.  Für  die  deutsche  Jagend  and 
onser  Volk  wiedererzählt.  8.  (VIU,  308  S.)  Leipzig  1879.  Spamer.  4  M. 

391.  Tharaa,  Hans,  die  schönsten  Sagen  der  deutschen  Heimat.  Der 
Jagend  wiedererzählt.  8.  (IV,  220  S.)  Halle  1878.  Schweischke.  3  M. 

392.  Deutschlands  Geschichten-  und  Sagenbach.  1. — 18.  Heft  16.  Statt- 
gart 1877.  Brachmann,  k  40  Pfg. 

393.  Sc  hone y  G.,  griechische,  römische  und  deutsche  Sagen.  4.  Aaflage. 
8.  (44  S.)  Iserlohn  1878.  Bädeker.  M.  0,  50.  [5.  Auflage  1879.] 

394.  Schlägel,  Max  von,  das  deutsche  Wallis  im  Spiegel  seiner  Sagen. 
Über  Land  und  Meer  1878,  40.  Bd.,  Nr.  39—43. 

395.  Doli,  K.,  und  A.  Birlinger,  Volksthumliches ,  Sagen  and  Aber- 

glauben. 

Alemannia  6,  161-178. 

396.  Sagen  aus  Tirol  erzählt  Ton  Math.  Gleirscher.  16.  (76  S.)  Wien 

1878.  Pichler. 

^terrrioh«  Volks-  and  Jngendbibliothek  16.  Bdchn* 


Vm.  IfÄKCHEN  UND  SAGEN.  455 

397.  Der  Sagenschats  des  Bayernlandes.  1.  B&ndchen.  Kreis  Unter- 
franken.  2.  3.  Lieferung.  8.  (S.  65— 192).  Wärzbnrg  1878.  Staudinger.  k  60  Pfg. 

398.  Obentrauty  Ad.  Ritter  von,  zwölf  Sagen  und  Märchen  aus  unseren 

Alpen.   16.   (76  S.)  Wien   1878.  Manz.  M.  0^  80. 
Jugend-Bibliothek  für  Knaben  Nr.  12. 

399.  Laber,  M.,  Salzburger  Sagen.  Für  die  Jugend  und  das  Volk  aus- 
gewählt.  16.  (68  S.)  Wien  1878.  Pichler.  70  Pfg. 

Österreich.  Volks-  und  Jugendbibliothek  13. 

400.  Oben  traut;  Ad.  Ritter  von,  der  Untersberg.  16.  (68  S.)  Wien 
1878.   Manz.  80  Pfg. 

401.  Ivanetiö,  F.,  Sagen  vom  wilden  Mann. 
Carinthia  68,  8.  1878. 

402.  Ivanetiö,  F.,    eine  Sagennotiz  von   der  St.  Sebastianer  Gegend. 
Carinthia  hsg.  v.  Jabomegg  68,  3  (1878). 

403.  ProBchko,  J.,    Geschichte    und   Sage    aus  Mähren.     8.  (173  S.) 

M.  1,  20. 

Österreich.  Volks-  und  Jagendschriften  Nr.  9.  Wien  1878.  Manz. 

404.  H übler y  Friedr.,  Sagen  aus  dem  südlichen  Böhmen.  21. 
Mittheilungen  d.  Vereins  f.  Geschichte  d.  Deutschen  in  Böhmen  16,  4  (1878). 

405.  Peter,  Volksthümliches  aus  Österreichisch- Schlesien.  Öl.  8.  (V, 
178  S.)  Teschen  1878. 

406.  Kruspe,  H.,  die  Sagen  der  Stadt  Erfurt.  2  Bändchen.  16.  (VI, 
119  und  95  S.)  Erfurt  1878.  Kömer.  &  1  M. 

407.  Heine,  H.,  die  schönsten  Sagen,  Märchen  und  Bilder  aus  dem 
Harze.  Nach  alten  Legenden  und  mundartlichen  Überlieferungen  frei  bearbeitet. 
16.  (144  S.)  Leipzig  1878.  C.  A.  Koch.  M.  1,  60. 

408.  Hohnstein,  0.,  die  Harzburg.  Nach  Sage  und  Geschichte  dar- 
gestellt. 8.  (32  S.)  Braunschweig  1878.  Bruhn.  M.  0,  80. 

409.  Schneegans,  W.,  geschichtliche  Bilder  und  Sagen  aus  dem  Nahe- 
thal. 16.  (VI,  341  S.)  Kreuznach  1878.  Schmithals.  3  M. 

410.  Baskerville,  Alfred,  Legends  of  the  Rhine.  8.  Bonn  1878.  Max 
Cohen. 

411.  Hartmann,  H.,  Sagen  aus  dem  Osnabrückischen. 
Mittheilungen  des  historischen  Vereins  zu  Osnabrück.  11.  Bd.  1878. 

412.  Wagenfeld's,  F.,  Bremer  Volkssagen.  Herausgegeben  von  K.  Eich- 
wald. 2.  Auflage.  8.  (387  S.)  Bremen   1878.  Tannen.  M.  4,  50. 

413.  Weichelt,  Herm.,  Hannoversche  Geschichten  und  Sagen.  4.  und 
5.  Buch.  (S.   153—248).  CeUe  1878. 

414.  Harlan  d,  A.,  Sagen  und  Mythen  aus  dem  Sollinge. 
Zeitschrift  des  historischen  Vereins  f.  Niedersachsen  1878,  S.  76—103. 

415.  Deecke,  E.,  lübische  Geschichten  und  Sagen.  2.  Auflage.  8.  (XVI, 
319  S.)  Lübeck  1878.  Dittmer.  M.  3,  50. 

Vgl.  Liter.  Centr.  1879,  21. 

416.  Säve,  Ukems  sagor.  Spridda  dag  ur  odlingsbäfdema  och  folklifVet 
pl    Gotland.  4.  (140  S.)  Stockholm  1877.  kr.  1,  50. 


417.  Warncke,  Fr.,  Pflanzen  in  Sitte,  Sage  und  Geschichte.  Für  Sehale 
und  Haus.  8.  (VH,  219  S.)  Leipzig  1878.  Teubner. 

Vgl.  Die  Natur  1879,  16;  Magazin  für  Pädagogik  13. 

418.  Berg,  W.  v.,  deutsche  Volkssagen  in  Besiehung  auf  Waldbäume. 
Wiener  Abendpost  1878,  Nr.  224  f. 


456  BIBUOGRAPHIE  VON  187a 

419.  Blaasy  C.  M.,  die  Edelsteine  im  Mittelalter. 
Wiener  Abendpost  (BeiUg^e)  1878,  Nr.  300. 

420.  Allerhand  sagenhafte  deutsche  Steine. 
Europa  1878,  Nr.  46. 

421.  Grundtvig,  F.  L. ,  Lösningostenen.    Et  sagnhistorisk  Studie.   8. 
(Xl^   176  S.)  Kopenhagen  1878.  Schönberg. 

Vgl.  Liter.    Centr.    1878,   33  (Edzardi).    Sagen   von   zauberkraftigen   Stttnen. 
Krifte  der  edlen  Steine. 


422.  Wagner,  W.,   die  Nibelungen.    Nach    nordischer    und    deutscher 

Dichtung  erzählt    8.  (XII,  186  S.)  Leipzig  1878.    Spamer.   2  M.    Pracbtau- 

gäbe.  8  M. 

Erweiterter  Abdruck  aus  *  Deutsche  Heldensagen . 

423.  Osterwaldy  K.  W.^  Erzählungen  aus  der  alten  deutschen  Wdt 
2.  Theil.  Siegfried  und  Knemhild.  5.  Auflage.  (199  S.)  8.  Halle  1878.  Wai- 
senhaus. M.  2.  50. 

424.  Keck,  K.  H.,  Iduna.  Deutsche  Heldensagen  dem  deutschen  Volk 
und  seiner  Jugend  wiedererzählt.  3.  TbeiL  Die  Sage  von  Wieland.  8.  (116  S.) 
Leipzig   1878.  Teubner.  M.  1.  35. 

425.  Hagen,  Hermann,  der  Roman  von  Konig  Apollonius  Ton  Tyriand 
in  seinen  verschiedenen  Bearbeitungen. 

Sammlung  gemeinverst  wiss.  Vorträge  Heft  303.    Berlin  1878.  Habel.  8.  (33  S.) 

426.  Paris,  G.,  la  Inende  de  Trajan. 

M^langes  publi^s  par  T^cole  des  hautes  ^tndes  1878,  S.  261 — 298. 

427.  Dung  er,  Hermann,  Dictjs-Septimius.    Über  die  araproogliche  Ab> 

fassung  und  die  Quellen  der  Ephemeris  belli  Trojani.  Separatabdrnck  aus  dem 

Programm  des  Vitzthumschen  Gymnasiums.  Dresden   1878.  4.  (54  S.) 

Vgl  Lit.  Centr.  1878,  Nr.  19;  Zeitschrift  f.  rem.  Phüol.  3,  107  (Ludwig). 

428.  Kressner,  Adolf,  Sanct  Nicolaus    in    der  Tradition    and    in   der 

mittelalterlichen  Dichtung. 

Archiv  f.  d.  Studium  der  neueren  Sprachen  59  (1878),  33 — 60. 

429.  Hei  big,  Fr.,  Judas  Ischarioth    in  Legende,  Sage    und  Oichtung. 
Allgem.  Liter.  Correspondenz  H,  6.  7  (1878). 

430.  Zarncke,  Nachtrag  zu  'zwei  neue  lateinische  Redactionen  dei 
Presbyterbriefes . 

Berichte  der  k.  sächs.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  1878,  IS.  Min.  Eine 
altengL  Obersetzuug. 

431.  Röhricht,  B.,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Krenzsuge.  2.  Band. 
8.  (Vni,  452  S.)  Berlin  1878.  Weidmann.  M.  10. 

Enthält  8.  392—400  eine  Zusammenstellung  von  Sagen  über  deutsche  Kren- 
&hrer.  Vgl.  Lit  Centr.  1878,  1403  f.;  MittheU.  ans  d.  histor.  Lit  VII,  2. 

432.  Kraußold,  L.,  die  Sage  vom  heil.  Gral  und  PareeraL  Yoiiraf. 
8.  (32  S.)  Erlangen  1878.  Deichert  M.  0,  50. 

433.  Paur,  Th.,  einiges  von  Merlin  in  Sage  und  Dichtung. 
Neues  Lausitz.  Magazin  54,  1  (1878). 

434.  Darme  steter,  A.,  de  Floovante,  vetustiore  Grallico  poemate,  et 
de  Merovingo  Cyclo  scripsit  et  adjecit  nunc  primum  edita  OlaTiaiuun  Floveati 
sagae  versionem  et  excerpta  e  Parisiensi  codice  „il  libro  de  HoiaTaiite^.  (VUL 
191  S.)  Paris   1877.  Vieweg. 

Vgl  Zeitschrift  t  rom.  PhiloL  2,  332  ff.  (Stengel). 


IX.  VOLKS-  UND  KINDERLIEDER,  SPRICHWÖRTER  etc.  457 

435.  Galiffe,  Teil  et  Gkßler,  selon  la  tradition  et  selon  rhistoire. 
Bibliothäque  universelle  et  Revue  SuiMe  1878,  S.  386—425. 

436.  Poeschely  J.,  das  Märchen  vom  Schlaraffenlande. 
Paul  und  Braune,  Beiträge  5,  389—427. 

437.  Liebrecht,  F.,  ein  altengliecher  Schwank. 
Englische  Studien  2,  20—27. 

X.  Volks-  und  Kinderlieder,  Sprichwörter^  Sitten  und  Gebräuche. 

438.  The  songs  of  Germanj:  a  collection  of  one  handred  and  two 
Volkelieder.  With  German  and  English  words,  the  latter  by  Miss  M.  X.  Hayes. 
Edited  by  J.  A.  Kappy.  8.  (192  S.)  London  1878.  2  8.  6  d. 

439.  Fischer,  H.,  kleine  Mittheilungen.  lU.  Ein  historisches  Lied  des 
XVL  Jhs. 

Germania  23,  67 — 58. 

440.  Ein  schön  kurtz  üed  von  Johann  Friedrich  Churfürsten  und  Philips 

Landgraffen  zu  Hessen  1546.  Mitgetheilt  von  W.  Crecelius. 
Archiv  för  Literaturgeschichte  VII,  277  f.  (1878). 

441.  Lied,  ein  schön,  vomVrsprong  vnd  Herkommen  der  alten  Schweitze- 
ren,  insonderheit  des  Lands  Hassle  in  Wejssland.  Aas  alten  Chroniken  ge- 
zogen. Nach  der  Ausg.  von  1665  neu  herausg.  von  F.  Vetter.  8.  (16  S.) 
Thun  1878.  Stämpfli.  35  Pfg. 

442.  Schlossar,  A.,  Bergwerkslieder  der  Steiermark.  1.   2. 
Wiener  Abendpost  1878,  Beilage  293. 

443.  Westfälische  Volkslieder  in  Wort  und  Weise   mit  Olavlerbeglei- 

tung   und    liedervergleichenden    Anmerkungen    herausg.    von    AI.  Reifferscheid. 

Heilbronn  1878.   Henninger.  8  M. 

Vgl.  AUgem.  Zeitung  1878,  Beilage  338  (Düntzer);  Korrespondensblatt  f.  nd. 
Spracbf.  HI,  82  f.-,  Literaturblatt  von  Herbst  1879,  Nr.  3;  Pick,  Monatsschrift  5,  76  f^ 
(Düntzer). 

444.  Zwei  niederdeutsche  Volkslieder  nach  der  Aufzeichnung  von 
E.  M.  Arndt. 

Korrespondenzblatt  des  nd.  Vereins  (1878),  O,  71  ff. 

445.  Mielck,  W.  H.,  and  andere,  zum  Verwunderangsliede. 
Korrespondenzblatt  des  Vereins  für  nd.  Spraehforschung  HI  (1878),  Nr.  2. 

446.  Stolberg,  Botho  Graf,  der  Pflaumen  pflückende  Fuchs  oder  Wolf. 
Korrespondenzblatt  des  Vereins  für  nd.  Sprachforschung  HI  (1878),  Nr.  2. 

447.  Frischbieri  H.^  Schlemmerliedlein. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  213—219. 

448.  Bondeson,  A.,  Visor  pl  Ätradalens  bjgdemll.  12.  (56  S.) 
Upsala  1878.  Virgin  &  K.  50  öre. 

449.  Folkeviser,  Danmarks  gamle^  udg.  af  S.  Grandtvig.  V,  2.  8. 
(198  S.)  Kjöbenhavn  1878.  1.  80. 


450.  Blaas,  C.  M.,  ein  Kinderspraoh  aus  dem  15.  Jahrhundert. 
Germania  23,  343. 

451.  Woeste,  F.,  Kinderspiele  in  Südwestfalen. 
Jahrbuch  des  Verdns  £.  nd.  Sprachforschung  1877,  103—109. 

452.  Meyer,  G.,  Ostfriesiscjie  Kinder-  and  Volksreime. 
KoirefpondensblatI  des  Vereins  t  nd.  Sprachforschung  8  (1878),  54—60. 


458  BIBUOGRAPHIE  VON  1878. 

453.  Kamp,  Otto,  Frankreichs  Kioderwelt  in  Lied  und  Spiel.  In 
deutscher  Übertragung.  8.  (XV,  144  8.)  Wiesbaden  1878.  Bergmann. 
M,  2,  40.  

454.  Bartsch,  Karl,  getheilte  Spiele. 
Germania  23,  244.  Räthselfragen. 

455.  Frisch bier,  H.,  die  Pflanzenwelt  in  Volksräthseln  aus  der  Pro- 
vinz Preussen. 

Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  65  —  77. 

456.  Wander,  K.  F.  W. ,  Deutsches  Sprichwörterlexikon.  64  hii 
66.  Lieferung.  5.  Bd.  (Sp.  385—768).  Leipzig  1878.  Brockhaus,  k  2  M. 

457.  Wunderlich,  G.,  deutsche  Sprichwörter  volksthümlich  erklart  and 
gruppiert.  1.  Bändchen.  3.  Auflage.  (VIII,  72  S.)  2.  Bändchen.  2.  Auflage. 
8.   (VIII,  79  S.)  Langensalza  1878.  Schalbuchhandlung,  ä  75  Pfg. 

458.  Latendorf,  Fr.,  der  literarische  Einfluß  von  Agrieola's  Sprich- 
wörtern ;    mit     besonderer    Beziehung    auf  seine    500    neuen    Sprache    vom 

Jahre  1548. 

Anzeiger  f.  Kunde  d.  deuUchen  Vorzeit  1878,  Sp.  180—182. 

459.  Frischbier,  H.,  Sprichwörtliches  aus  Hss.  mitgetheilt 
Wissensch.  Monatsblätter  1878,  Nr.  7—12. 

460.  Birliuger,  A.,  und  K.  Doli,  Sprüche  und  Inschriften. 
Alemannia  VI,  87—89. 

461«  Crecelius,  W.,  und  A.  Birlinger,  alte  gute  Sprüche. 
Alemannia  6,  158  —  161. 

462.  Wein  kauf  f.  F.,  Mundus  vult  decipi. 
Alemannia  6,  48  f. 

463.  Frischbier,  H.,  Vergleiche  mit  Thieren. 
Korrespondenzblatt  d.  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  3,  49 — 54  (1878). 

464.  Sutermeister,  0.,  der  Schulmeister  im  deutschen  Sprichwort. 
Vortrag.  8.  (26  S.)  Aarau  1878.  Sauerländer.  M.  0,  40. 

465.  Röhricht,  B.,  Löwe  und  Hund. 

Zeitschrift  f.  d.  Philologie  9,  473  f.  Zu  dem  Sprichwort:  den  Hund  Yor  den 
Löwen  schlagen. 

466.  Höhlbaum,  K.^  und  P.  Strauch,  up  der  hut  werpen. 
Korrespondenzblatt  d.  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  3,  88. 

467«  Mjliusy  C.  F.,  Aus  Volkes  Mund.     Sprichwörtliche    Redensarten. 

Citate  aus  classischen  Dichtungen,  aus  der  Oper,  aus  der  Bibel.  Jüdiach-dentsch. 

8.  (VII,  235  S.)  Frankfurt  a.  M.  1878.  Jaeger.  M.  3,  50. 

468.  Büchmann,  Q.,  Geflügelte  Worte.  Der  Citatenschata  des  deut- 
schen Volks.   11.  Auflage.  Berlin  1878.  Haude  und  Speuer.  M.  4,  50. 

469.  Sperber- Niborski,  L.,  des  Volkes  Rede.  Eine  Sammlang  est* 
prenssischer  Ausdrücke  und  Redensarten.  8.  (46  S.)  Löbau  in  WeetprensRn 
1878.  Skrzeczek.  M.  1,  20. 

470.  Spruchbuch    der   jungen    Pfalzgräfin  Anna  Sophia    nachherigen 

Äbtissin  von  Quedlinburg,  vom  Jahre  1630.  Mitgetheilt  von  C.   Schalle. 
Archiv  für  das  Sta£um  der  neueren  Sprachen  69  (1878),  S.  819—388. 

471.  Mau,  E. ,  den  dansk  Ordsprogskat  eller  Ordsprog,  Skjaemtesprog. 
Rimsprog,  Mundheld,  Talemaader,  Tankesprog  etc.  Efter  trykte  og  ntrykte  kildff 
samelde,  ordnede  og  udgivne.  1. — 5.    Heft.   8.  Kopenhagen   1878.   k  1  kr. 


n.  VOLKS-  UND  KINDERLIEDER,  SPRICHWÖRTER  etc.  459 

472.  Simrock,  Karl,  die  deutschen  Volksbücher.  Gesammelt  und  in 
er  ursprünglichen  Echtheit  wiederhergestellt.  2.  Auflage.  3. — 6.  Band.  8. 
inkfurt  a.  M.  1878.  Winter. 

473.  Schwab,  G.,    die    deutschen  Volksbücher.    Neue   illustrirte  Aus- 

)e  in  4  Theilen.     8.  (VIII,  232,  235,  244  und  216  S.)  Gütersloh    1878. 

rtelsmann.  ä  M.  2,  50. 
Auch  in  Einzelansgaben. 

474.  Roch  holz,  £.  L.,  deutsche  Volks-  und  Helden bücher  neu  erzählt. 
b  Holzschnitten.  2.  Ausgabe.  8.  (VIH,  233  S.)  Leipzig  1878.  Löwe, 
t.  3  M. 

475.  Simrock,  K. ,  ein  kurzweilig  Lesen  von  Till  Eulenspiegel  etc. 
cb  den  ftltesten  Ausgaben.  Mit  Bildern.  8.  (XX,  182  S.)  Frankfurt  a.  M. 
78.  Winter.  M.  1,  50. 

476.  Tyll  Eulenspiegels  Schnurren,  Schwanke  und  Streiche.  Ein 
^tzliches  Büchlein  für  lachlustige  Leute.    Aufs  neue  dem  Volke  erzählt.  8. 

I  S.)  Altötting   1878.  Lutzenberger.  M.  0,  25. 

477.  Das  Volksbuch  vom  Doctor  Faast.  Abdruck  der  ersten   Ausgabe 

587).  8.  (XXI,   140  S.) 

Neudracke  deutscher  Literaturwerke  des  XVI.  und  XVH.  Jahrh.    Nr.  7  und  8. 

II  e  1878.  Niemejer.  M.  1,  20.  Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  Nr.  26. 

478.  Doctor  Faust,  sein  Leben  und  seine  Himmelfahrt.  8.  Altötting 
78.    Lutzenberger.   25  Pfg. 

479.  Fortunatus  und  seine  beiden  Söhne.  8.  Urfahr-Linz  1878. 
außlich.  M.  0,  20.  —  Ebenda:  Die  weisse  Frau.  Volkssage.  Rolands  Knappen. 
Iineewittchen.  Siegfried  der  gehörnte  Ritter.  Die  sieben  Schwaben,  ä  20  Pfg. 


480.  Mannhardt,  W.,  die  praktischen  Folgen  des  Aberglaubens. 
Deutsche  Zeit-  und  Streit-Fragen  Heft  97.  98  (1878). 

481.  Simar,  Th.,  der  Aberglaube,  2.  Auflage. 

Vereinsschriften  der  Görrea- Gesellschaft  1877.  I.  Cöln  1878.  Bachem.  M.   1,  20. 

482.  Köbner,    Hugo,    über    medicinischen    Aberglauben.    8.    (15    S.) 

eslau  1878.  Köbner. 

Sammlang  gemeinfaßlicher  Vorträge  4.  Heft. 

483.  Heller,  Dr.  A.,  über  Volks-  und  Geheimmittel. 
Schriften  des  naturwissensch.  Vereins  f.  Schleswig-Holstein  lU,  1  (1878). 

484.  Woeste,  F.,  Aberglaube  und  Gebräuche  in  Südwestfalcn. 
Jahrbuch  d.  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  1877,  S.  127-151. 

485.  Silberstein,  A.,    das  Perchfenlaufen    oder   der  Perchtenberg  im 
ixburgischen  Pinzgau. 

Ober  Land  und  Meer  39.  Bd.  Nr.  14  (1878). 

486.  Stöcklow,  Jos.,    die  Scharfeier    bei  Tachau  —  ein   altdeutsches 
inen  wendfest. 

llittheilungen    des  Vereins    für  Geschichte    der   Deutschen    in    Böhmen  XVI,  8 
8). 

487.  Wegen  er,  Phil.,  Hochzeitsgebräuche  des  Magdeburger  Landes. 
Geschichts-BUtter  für  Stadt  und  Land  Magdeburg  XIU,  3  (1878).    14,  1  (1879) 

tsetsung. 

488.  BenekO;  0.,  Hamburgische  Osterfeuer. 
Mittheilnngen  d.    Vereins  f.  hamb.  Geschichte  I  (1878). 

489.  Voigty  F.,  Osterfeuer  und  Osterwasser. 

Mittheilungen   d.  Vereins  f.  hambnrg.  Geschichte  2.  Jahrgang.    Hamburg  1878. 


460  BIBUOGRAPHIE  T05  1«;^ 

490.  8a]chow,  H.,  der  DonnenUg  in  Sae«  vad  ColtoKfadkiidte. 
Die  GartenUobe  1878,  Sr.  36. 

491.  HaberUnd.  C.  AUjongfenuchickul  auk  dem  Tode. 
Globiu  84,  13  (1878^ 

492.  SchnmaDD,  C,    die  Thiere    im  Giaabcs    umem  Toc&kRi  ni 

den  Volkes.   1.   2.  3.   4. 

Die  Natqr  187«,  Nr.  1  ff. 

493.  Bodin,  Th.,  die  Thiere  im  VoUugUabem. 
Die  Natur  1878.  Nr    41  ff. 

494.  Der  Basilisk  im  Volksglaol>en. 
Karopa  1878,  Nr.  30. 

495.  Freand  Langbein  im  Volksmnnde  und  Volkigfanben. 
Europa  1878,  Nr.  24. 

49G.  Haberland,  C.^  das  Ei  im  Volksglauben.   1.  1. 
Olobos  34.  4—',, 

497.  Bodin.  Tb.,  der  Hagel  im  Volksglauben. 
Die  Natar  1878,  Nr.  8. 

498.  8pec,  J.,  der  Flachs. 

Jabrbacb  d.  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  1877,  152  fL 

499.  Dyer,  T.  F.  Thiselton,  Englisfa  folk-lore.  8.  (Vm,  290  S.) 
London   1878.  Hardwicke  and  Bogue.  5  sh. 

500.  Djer,  british  populär  customs,  present  and  pait,  illutrating  tbe 
social  manners  of  the  people.  Arranged  according  to  the  caleadmr  of  the  yeir. 
12.  6  sh.  (1878). 

501.  Broberg,  J.  F.,  Bidrag  frln  vir  folkmedidns  Tidskepelier  tili 
kännedomen  om  T^ra  äldsta  tider.  Förra  afdelningen.  8.  (114  S.)  Stockholm 
1878.  Bamson  &  Wallin.   8  kr. 

502.  Engel,    C,    deutoche    Pappenkomödien.    VH.    Glückaaäekd   uid 

WQnschbut.  Rosa  von  Tannonbnrg.  8.  (48  8.)  Oldenburg  1878.  Sehulse. 

Vgl.  Saturday  ReTiewll25;  Sonntagsbeilage  sor  N.  Prenß.  Zeitong  1877,  Nr.  IS. 

503.  Creizonach,  Wilhelm,  Versuch  einer  Geschichte  des  Volksschaa- 

Spiels  vom  Doctor  Faust.  8.  (XVI,  192  S.)  Halle  a.  S.  1878.  Niemejer. 

Vgl.  Anzeiger  f.  d.  Altortbam  6,  89  ff.  (Werner);  Allgem.  Zeitung  1878,  Bei- 
lage 101 ;  Külniscbe  Zeitung  128. 

X.  Alterthümer  und  Culturgeschicbte. 

504.  Henne  am  Rhyn,  Otto,  allgemeine  Kulturgeschichte  von  der 
Urzeit  bis  auf  die  Gegenwart.  4. — 6.  Band.  2.  Auflage.  Leipzig  1878.  0.  Wi- 
gand.   &  9  M.  Register  über  alle  6  Bde.  (l02  S.)  1879.  2  M. 

505.  S  c  h  e  r  r ,  Johannes,  Germania.  Zwei  Jahrtausende  deutachen  Lebens. 
Kulturgeschichtlich  erläutert.  Mit  Bildern.  12.-33.  (SchlttlS-)Liefierung.  8. 
(S.  287—371).  Stuttgart  1878.  k  M.  1,  50. 

506.  Taciti,  Com.,  Opera  quae  supersunt,  ex  accuratissimis  editionibu 
repetiit  concisa  adnotatione  etc.  Fr.  Dubner.  12.  (XXV,  500  S.)  Paris  1878. 
Lecoffre. 

507.  Taciti,  C,    de   situ   ac  moribus  Germaniae  liber,  F.  Kriferii  ss- 

"oUtione    illustratus.     4.    ed.  cur.   W.  Hirschfelder.     8.  (XVIII,   94  S.)  Berlin 

\  Weber.  M.  1,  80. 
Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878.  Nr.  18. 


X.  ALTERTHÜMER  UND  CULTURQE8CHICHTE.         461 

508.  Tacitiy  Cornelii^  de  origine  et  situ  Germaoorum  liber.  Recentuit 
Alfred  Holder.  8.  (56  S.)  Leipzig  1878.  Teuboer.  2  M. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  187»,  Nr.  6;  Blätter  f.  d.  bayer.  Gjmnas.  1879,  3. 

509.  Tacitus,  La  Germanie.  Traduction  enti^remeiit  nouvelle,  texte 
latin  en  regard,  avec  un  succinct  commentaire  historiqae,  critiqae  et  ane  ^tude 
pr^liminaire  par  £.  P.  Dubois-Gucban.  18.  (XXXVI,  143  S.)  Paris  1878.  Liseuz. 
3  fr.   50  c. 

Vgl.  Revue  critique  1878,  Nr.  12. 

510.  Hueraer,  J.,    über  eine  Wiener  Handscbrift  zum  Dialog  und  sur 

Germania  des  Tacitus  und  zu  Sueton's  Fragment  de  gramm.  et  rhet. 
Zeitschrift  f.  d.  Osterr.  Gymnasien  XXXI,  11(1878). 

511.  Ortmann^  Dr.,  zu  Tacitus  Germania. 
Zeitschrift  f.  d.  Gymnasialwesen  1878,  Mai,  S.  306—819. 

512.  Dederich,  A.,  über  die  Nabalia  des  Tacitus. 
Picks  Monatsschrift  1878,  Heft  4  f.  Zu  Histor.  6,  26. 

513.  Poeschly  Theodor,  die  Arier.  Ein  Beitrag  zur  historischen  An- 
thropologie. (Vm,  238  S.)  Jena  1878.  Costenoble.  5  M. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  Sp.  1221  ff. 

514.  Mehlis,  Dr.  C,  der  Grenzfluß  Obringa  und  die  Eintheilung  Ger- 

maniens.  Ein  Beitrag  zur  alten  Topographie  der  Rheinlande. 

Correspondenzblatt  des  Gesammtvereins  d.  d.  Alt.  Vereine  1878,  6. 

515.  Ulrici;  Alb.,  Gothen,  Aisten  und  Slaven  an  der  Ostsee. 
Programm  der  hohem  Bürgerschnle  in  Eilenburg  1878. 

516.  Much,  Dr.  M.,    die  Alanen    als  Verfertiger    der    bechertragenden 

Steinbilder  in  den  Pontusländern  und  in  Spanien. 

Mittheilungen  der  anthropolog.  Gesellschaft  in  Wien  VII,  11.  12  (1878). 

517.  Bachmann^  die  Einwanderung  der  Baiem.  8.  (80  S.)  Wien  1878. 
Gerold. 

518.  Hölzermann,  L.^  Lokal  Untersuchungen  die  Kriege  der  Römer  und 
Franken,  sowie  die  Befestigungsmanieren  der  Germanen,  Sachsen  und  des 
späteren  Mittelalters  betreffend.  4.  (VIU^  123  S.)  Münster  1878.  Regens- 
berg. 6  M. 

519.  Pohl,  Jos.,  Reiferscheid  =  Ripuariergrenze. 
Monatsschrift  f.  d.  Geschichte  Westdeutschlands  4.  Jahrgang,  4. — 6.  Heft. 

520.  Müll enh off;  K.,  die  Sugambem  und  Sicambern. 
Zeitschrift  f.  d.  Alterthum  23,  26-43. 

521.  Obermüller,  W.,  Saken  und  Sachsen.  Der  „ Hessen •  Völker ** 
2.  Bd.  Historisch-sprachliche  Forschungen.  4.  5.  Heft.  8.  (k  96  S.)  Wien 
1878.  Eurich.  &  1  M.  50  Pfg. 

522.  Steenstrup,  Vikingetogene  imod  vest  i  det  9.  Aarhundrede.  8. 
(406  S.)  Kopenhagen  1878.  EJein. 

Vgl.  Jen.  Liter.  Zeitung  1878,  Nr.  61  (Maurer). 

523.  Die  Alterthümer  unserer  heidnischen  Vorzeit.  Nach  den  in  öffent- 
lichen und  Privatsammlungen  befindlichen  Originalien  zusammengestellt  und 
herausgegeben  von  dem  römisch -germanischen  Centralmuseum  in  Mainz  durch 
dessen  Conser?ator  L.  Lindenschmit.    3.  Band  7.  und  8.  Heft.    gr.  4.  (28  S. 

mit  10  Steintaf.  und  2  Chromolith.)  Mainz  1878.  y.  Zabern.  &  4  M. 
Vgl.  Liter.  Centralblatt  1879,  2. 

524.  Heidnische  Funde  von  der  Schwedenschanze  bei  Oswitz. 
Schlesiens  Vorzeit  87.  Bericht  1878. 


462  BIBUOGRAPHIE  TON  18T& 

625.  MiebeUea,  A.  L.  J.,  tob  Tor^ratfi^CB  Calturtittai  n 
Heimmtb.    Eine  mntjqoariMbe  Hhtbeihnig.    8.  (32  S.)  Scbleswig  1878.  Bogis. 

Tgi  Ufcc  Ccatralblatt    187d,   Hr.   10  (H.  ILj.    ErUiraic   der   IbsbU  Oome 
(Germ.  40)  auf  AImb. 

526.  Wortmae,  J.  J.  A.,  Norden«    foibistone   efter   samtidige  UM» 


Nordiik  Tidskrift  för  Vctcoikap,  Kout  ocb  iDdutri  I87d,  &  20—45,  97—121 
197—233. 

527.  Woraaae,  J.  J.  A.,  die  Vor^eKbiebte  de«  Norden«  nacb  gioc^ 
zeitigen  Dfakmilem.  Ins  Deot«cbe  fibertngen  Ton  J.  Mestorf.  8.  (128  S..' 
Hamburg  1878.  Meißner.  3  M. 

Vgl  Herbst  Literatnrblatt  1879,  Nr.  6  (San  Harte). 

528.  Friede!,  Ernst,    die    Stein-,  Bronie-  und    Eisenseit  in  der  Mul 

Brandenburg.  8.  (43  S.)  Berlin  1878.  NleolaL 

Vgl  Anseiger  f.  Knnde  d.  d.  VorMit  1878,  8p.  154. 

529.  Tbe  Age  of  Bronse. 

The  Edinburgh  Beriew  1878,  April,  &  437—474.  Anknfipfend  an  mebrcte  nnat 
Pablicationen  in  Fnmkreicb,  Italien,  England. 

530.  Vedel^    E.,    nyere    Underaagelaer    angaaende    Jemalderen   pu 

Bombolm. 

AaibOger  for  nordisk  Oldkyndigbed  1878,  a  73—258. 

531.  Rygb,  0.,  om  den  yngre  Jemalder  i  Norge. 
AarbOger  for  nordisk  Oldkyndigbed  1877. 

532.  Keller,  Jacob,  unsere  Vorfüiren.  Bede.  4.  Mains  1878.  Program 
der  Realscbule  I.  und  U.  Ordnung  in  Mainz,  S.  27 — 33.  Scbfldening  der  altes 
Germanen. 

533.  Freytagy  G.,  Bilder  ans  der  deutseben  Vergangenbeit.  1.  Bta^ 
Ans  dem  Mittelalter.  11.  Auflage.  8.  (VI,  555  S.)  Leipzig  1878.  HineL 
M.  6,  75. 

534.  Essenwein,  A.,  kunst-  und  kulturgescbicbtücbe  Denkmale  da 
germanisch en  Museums.  Eine  Sammlung  Ton  Abbildungen  berrorragender  Werke 
aus  sftmmtlicben  Grebieten  der  Kultur  zusammengestellt.  120  Tafeln  in  Hok- 
scbnittcD.  Folio.  Frankfurt  a.  M.   1877.  Bär. 

535.  Falke,  Jacob  yod,  zur  Kultur  und  Kunst.  Studien.  8.  (VI,  353  S. 

mit  Illustrationen).  Wien  1878.  Gerold.  M.  9,  20. 
Vgl.  Liter.  CentralbUtt  1878,  86. 

536.  Freybe,  A.,  altdeutsches  Leben.  Stoffe  und  Entwürfe  zur  Dir 
Stellung  deutscher  Volksart.  1.  Band.  8.  (415  S.)  Gütersloh  1878.  Bcrtdr 
mann.   4  M. 

Vgl.  Europa  1878,  20;  Liter.  Centralblatt  1878,  24;  Pomm.  Bl.  20;  Bev.  erit 
1878,  40. 

537.  Eichter,  A.,  Bilder  aus  dem  deutschen  Bitterleben.  2  Theilf. 
Gcschicbts-Bilder  for  Jugend  und  Volk.  XU.  XHI.  8.  (111  und  112  S. 
Leipzig  1878.  Hirt,  k  M.  1,  20. 

538.  Denkwürdigkeiten  von  Hans  Yon  Schweinichen  berausgegebei 
von  Hermann  Oesterley.  8.  (XVIII,  558  S.)  Breslau  1878.  Kobner. 

539.  Kraus,  X.,  Urkundliches  zur  elsässiscben  Kunst-  und  Cultaig«* 
schichte. 

Bulletin  de  la  soci^t^  pour  la  conservation  des  moouments  historiques  d'Alsi^ 
X,  l,  1878. 


X.  ALTERTHÜMER  UND  CULTURGE8CHICHTE.         463 

540.  H  an  au  er  y  Stades  dconomiqaes  aar  l'Alsace  ancienDe  et  moderne. 
8.  (616  S.)  Paris  1878. 

Vgl.  Allgem.  Zeitang  Beilage  vom  1.  Mars  1879. 

541.  Paulus,  E.  von,  die  Alterthümer  in  Württemberg.  Stuttgart  1878. 
Lindemann.  3  M. 

Sonderabdmck  aus  den  Würt.  Jahrbüchern  f.  Statistik. 

542.  Mayer,  A.,  Geschichte  der  geistigen  Cultur  in  Niederösterreich 
von  den  ältesten  Zeiten  bis  zur  Gegenwart  1.  Band.  Der  Cultus.  Unterricht 
und  Erziehung.  Die  Wissenschaften.  4.  (XIV,  435  S.)  Wien  1878.  Seidel. 
28  M. 

543.  Pleyte,  Dr.  W.,  nederlandsche  oudheden^  van  de  vroegste  tijden 
tot  op  Karel  den  Grooten.   2.  3.  Afl.   gr.  4.  Leiden   1878.  Brill.   10  fl. 

544.  Kellen,  van  der,  Le  moyen  &ge  et  la  renaissance  dans  les  Pays- 
Bas.  Choix  d'objets  remarquables  du  Xir  au  XVir  si^cle.  9'  et  10*  livr.  4. 
(4  S.   10  Tafeln).  La  Haye  1878.  Nijhoff.  &  2  fl. 

545.  Rosen  berg,  C,  Nordboernes  Aandsliv  fra  Oldtiden  til  vore  Dage. 
I,  2.  8.  (204  S.)  1878. 

546.  Fortidsminder  og  Oldsager  fra  Egnen  om  Bomholm  af  F.  Sehe  - 
sted  de  Broholm.  4.  (360  S.  mit  Abbildungen).  Kjöbenha?en  1878.  (Leipzig, 
Brockhaus). 

Vgl.  Correspondensblatt  d.  d.  Gesellschaft  f.  Anthropologie  1879,  S.  29  ff. 
(Undset). 

547.  Montelius,  0.,  Om  lifvet  i  S?erige  under  hednatiden.  2  uppl. 
8.  Stockholm   1878.  Norstedt  &  Söner.   1  kr. 

548.  Worsaae,  J.  J.  A.^    la  conservation  des  antiquit^s  et  des  monu- 

ments  nationauz  en  Danemark.  (r=  Bibliographie  1877^  Nr.  487). 

M^moires  de  la  Soci^te  royale  des  Antiqnaires  du  Nord  1877,  8.  343—360. 

549.  Undset,  Universitetets  Sämling  af  nordiske  Oldsagar.  8.  (96  S.) 
Chrfstiania  1878. 

550.  Müller^  L. ,  det  saakaldte  Hagekors's  Anvendelse  og  Betydning  i 

Oldtiden.  Avec  un  resum^  en  fran^ais.  4.  (114  S.) 

Vidensk.  Selsk.  Skrifter  6  Raekke.  Bist,  og  philos.  Afh.  V,  1. 

551.  Hildebrand,  H.,  Pilgrims  marken  frSn  Vadstena. 

Vitterhets  Historie   och  Antiqvitets  Akademiens  Mjbadsblad  1878,  S.  685-  687. 

552.  Voßy  Hünenbetten  bei  Klemmen,  Pommern. 
Zeitschrift  f.  Ethnologie  10.  Jahrgang  1878. 

553.  Sonntag,  W.,  die  Todtenbestattung.  Todtencultus  alter  und  neuer 

Zeit   und    die  Begräbnissfrage.     Eine   culturgeschichtliche  Studie.    8.  (292  S.) 

Halle  1878.  Schwetschke.  3  M. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1879,  19. 

554.  Irlet,  alamanuische  Gräber  bei  Twann. 
Anseiger  t  schweizer.  Alterthumskonde  1878,  Nr.  2. 

555.  Boye,  Vilhelm,  les  tombeaux  de  Tage  de  la  pierre  en  Danemark. 
4.  Mit  12  Abbildungen.  Kopenhagen  1878.  Host  und  Sohn. 

556.  Engelhard  t,  C,  Les  cercueils  en  ch6ne  de  Borum-Ajhoei. 
M^moires  de  la  Soci^t^  royale  des  Antiqnaires  du  Nord  1877,  S.  361—872. 

667.  Schrader,  O.y  die  älteste  Zeittheilung  des  indogermanischen  Volkes, 
^«■mloiig  gemeinverst.  wissensch.  Vorträge  296.  (66  S.)    Berlin  1878.    Habe!. 

^•renberg,  Ackerbau  der  Germanen. 
Vr  Stimölogie  9.  Jahrgang  1877. 


464  BIBLIOGRAPHIE  VON  187^ 

559.  Mach,  M.,  über  den  Aekerbaa  der  Gknnaoen. 
Mittlieilongen  der  anthropolog.  Gesellsehaft  in  Wien  VIIL  Bd.  1878. 

560.  Nehring,  A.,  Liebten  ni  Cäsar«  Zeiten  Rennthiere  im  herejniseben 
Walde  ? 

GlobuB  1878,  Nr.  34. 

561.  Jähnsy  Max,  Atlas  sur  Gescbichte  des  Kriegswesens  Yon  der  Ur- 
zeit bis  som  Ende  des  16.  Jahrhunderts.  Bewaffiiang,  Marsch-  und  Kampf- 
weise, Befestigung,  Belagerung,  Seewesen.  Zu  seinen  Voriesungen  an  der  L 
Kriegsakademie  ausammengestellt  Lieferung  1.  Leipzig  (1879).  Gmnow.  10  Ttf. 

fol.  S.   1—48  Text.  Lex.  8.  M.  3,  50. 

Vgl.  Liter.  CentralbUtt  1879,  Nr.  7. 

562«  Bastian  und  Voß,  die  Bronzeschwerter  des  kgL  Masemns  za 
Berlin,  gr.  fol.  (XVI,  79  S.   116  Tafeln).  Berlin  1878.  Weidmann.  20  M. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  Nr.  49. 

563.  Friedel,  Schwerter  und  Dolche  nebst  einem  Ifiniatur-Hohlcelt  tos 
Bronze  aus  dem  märkischen  Museum. 

Zeitschrift  f.  Ethnologie  10.  Jahrgang  1878. 

564.  Der  Bogen  im  Alterthnm  und  Mittelalter. 
Sonntagsblatt  von  Elcho  1878,  Nr.  1. 

565.  Woeste,  F.,  Verfertigung  metallner  Schildrander,  ein  rhdnfrin- 
kischer  Gebrauch  des  9.  Jahrhunderts. 

Zeitschrift  des  Bergischen  Geschichtsvereins  1878.  Auch  hinter  CreeeEof  N^ 
krolog  von  F.  Woeste. 

566.  Suttner,  G.  Freiherr  y.,  der  Helm  von  seinem  Ursprünge  bu 
gegen  die  Mitte  des  17.  Jahrhunderts.  2. — 8.  (Schluß OLieferung.  4.  Wien 
1878.   Gerold  in  Comm.  &  8  M. 

567.  Der  sogenannte  Leoben  er  Helm  im  Joanneum  zu  Gbaz.  Ali 
Manuscript  gedruckt.  4.  (8  S.  2  Tafeln)  Graz  1878. 

Vgl.  Jen.  Liter.  Zeitimg  1879,  24  (Ilwof). 

568.  Der  Pranckher  Helm  aus  Stift  Seckau.  Als  Manuscript  ge- 
druckt. (Von  F.  G.  y.  M.)  4.  (24  S.  2  Tafeki).  Graz  1878.  Verlag  des  Jo- 
hanneums. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1879,  Nr.  8;  Jen.  Liter.  Zeitung  34  (Ilwof). 

569.  Bartsch,  Karl,  mittelalterlicher  Sattel  mit  Inschrift. 
Germania  28,  49. 

570.  Heune  am  Rhjn,  0.,  ein  mittelalterliches  Schützenfest. 
Illnstrirte  Zeitnng  Nr.  1831  (1878). 

571.  Leonhard,  A.,  das  Leben  der  Spielleute  im  12.  Jahrhundert. 
Sonntagsblatt  Ton  B.  Elcho  1878,  27—28. 

572.  Schuster,  H.  M.,  das  Spiel,    seine  Entwicklung    und  Bedmitosg 

im    deutschen  Recht.    Eine    rechtswissenschaftliche   Abhandlung    auf    sitteng«* 

schichUicber  Grundlage.  8.  (IV,  240,  XIV  S.)  Wien  1878.  Gerold.  M.  7,  20. 
Vgl  Liter.  Centralblatt  1879,  Nr.  1:    Kritische   Vierteljahraschrift  1879,  218  l 

(Maurer). 

573.  Bond,  E.  A.,  History  of  Plajing-Cards. 
Athenaeum  Nr.  2621,  S.  87  f 

574.  Voß,  Rudolph,  der  Tanz  und  seine  Gkscbichte.  Eine  cultnrhisto- 
risch-choreographische  Studie.  Mit  einem  Lexikon  der  Tänze.  8.  (402  S.' 
Erfurt  1878  (Titelauflage).  Bartholomäus. 

575.  Cserwinski,  A.^  die  Tänze  des  16.  Jahrb.  und  die  alte  frtf* 
^sche  Tanzschule  ?or  Einführung  des  Menuett.  8.  (Vm,  140  S.)  Dann; 
f8.  Saunier  in  Comm.  15  M. 


X.  ALTEBTHÜMER  UND  CULTUBGESCUICUTE.         465 

576.  Foichtinger,  J.,  die  Geschichte  der  Falkenjagd.  8»  Leipzig 
1878.  Schmidt  und  Günther. 

In:  Bibliothek  för  Jäger  und  Jagdfreonde  8.  153—192. 

577.  Thiele,  R.,  die  deutsche  Frau  im  Mittelalter.  Eine  kulturhistorische 

Skizze.  Vortrag.  8.  (35  S.)  Bochum  1878.  Stumpf.  M.  0,  60. 
Vgl  Deutsches  Liter.  BUtt  1878,  Nr.  6. 

578.  So  hm,  R.,  die  Stellung  der  Frau  im  deutschen  Recht. 
Deutsche  Rundschau  1878,  Januar,  S.  92 — 102. 

579.  Hei  big,  Fr.,  deutsches  Frauenleben  im  Mittelalter. 
Die  Gartenlaube  1878,  27  ff. 

580.  Franck,  Joh.,  Weib  und  Frau. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  28,  85—87. 

581.  Krause,  0.,  eine  Greifswalder  Hochzeitsordnung  Yom  Jahre  1569. 
Baltische  Studien  28.  Jahrgang  (1878). 

582.  Eine  fränkische  Gewanduadel  mit  Runenschrift,  gefunden  bei  Ems. 
Correspondensblatt  des  Gesammtvereins  d.  deutschen  Geschichts-  und  Alt.-y er- 
eine 1878. 

588.  Schneider,  F.,  die  Gestaltung  des  Ringes  vom  Mittelalter  bis  in 

die  Neuzeit.  Lex.  8.  (7   S.)  Nürnberg  (Mainz,  y.   Zabern)  1878.   IM. 
Aus  'Kunst  und  Gewerbe*  abgedruckt 

584.  Nüscheler-Usteri,    A. ,    das    zürcherische    Wohnhaus    im    16. 

Jahrhundert. 

Zürcher  Taschenbuch  auf  das  Jahr  1878.  N.  F.  2.  Jahrgang. 

585.  Gripps,  old  english  plate,  ecdesiastical,  decorati?e  and  domestic: 
its  makers  and  marks.  With  improved  tables  of  the  date  letters  used  in  Eng- 
land, Scotland  and  Ireland,  founded  upon  the  papers  and  tables  of  C.  Octa- 
Yius  S.  Morgan.  With  illustrations.  8.  (432  S.)  21  s. 

586.  Mandelgren,  N.  M.,  Atlas  tili  S?eriges  odlingshistoria.  Afdel- 
ningen:  Bostader  och  husgerad.  H.  1 — 2.  (Atlas  de  l'histoire  de  la  civilisation 
en  Suöde.  Section  des  habitations  et  du  mobilier.  Fase.  1 — 2)  4,  (IV,  38  S. 
und  20  Tafeln.)  Stockholm  1878.  20  kr. 

587.  Pohl,  Jos.,  hausinschrifiliche  Sprüche  im  Rheinlande. 
Pick,  Monatsschrift  (1878),  lY,  4—6. 

588.  Mülle nhoff,  K.,  Geräthinschriften. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  47—49. 

589.  R(iegel),    H. ,    die    aus    dem   hiesigen    Kreuzkloster   stammenden 

Stickereien  im  Herzoglichen  Museum. 

Braunschweigische  Anzeigen  1878,  Nr.  174.  Büt  Darstellungen  aus  der  Ge- 
schichte Ton  Moses,  Salomon  und  aus  Wolframs  Parzival. 

590.  II g,  A.,  der  mittelalterliche  deutsche  Name  des  Electrums. 
Mittheilungen  des  k.  k.  Osterr.  Museums  für  Kunst  und  Industrie  XUI,  Nr.  164. 

Wien  1878. 

591.  Hofmann,  K.,  Hunnische  Trauben. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  207  f. 

592.  y.  Renz,  das  Püchlein  von  allen  paden,  die  älteste  deutscbe  ge- 
schriebene Balneologie. 

Deutsches  ArcUy  f.  Geschichte  der  Medicin  I,  1  (1878). 

598.  Nordhoff,  J«  B.,  Streiflichter  auf  die  altdeutschen  Goldschmiede. 

I— IV. 

Allgemeine  Zeitung  1878,  Nr.  82  Beilage,  84  Hauptblatt,  87  Beilage,  89  Beilage. 

eKBMAHU.  Hm«  Balha  XIL  (ZUT.  Jalurg.)  30 


466  BIBUOGRAPHIE  VON  1878. 

594.  Mating- Sammler,  Alfred,  zur  Geschichte  des  Handwerks  d& 
Lein-  nnd  Zeugweber  in  Frankenberg  i.  S.  Programm  der  Beabchale  in  Fob* 
kenberg  1878.  4.  (21   S.) 

595.  Haber,    L.,    ein    Beitrag    zur    Geachichte    der   Zünfte    der  Stidt 

Lanenburg    in    Pommern.     Programm    des    Prog3rmna8ium8.     4.  (8  S.)  Laoen* 

borg  1878. 

Niederdentsche  HandwerkspriTilegien. 

596.  Frey,  J.,  Beiträge  zar  G^acbichte  dea  deutschen  Scfaolweaens  in 
Mittelalter.  4.  (23  S.)  Programm  des  Gymnaaiums  zu  Rössel   1878. 

597.  Zimmermann,  Dr.  Otto,  zur  Geschichte  der  deutschen  Büiger- 
schule  im  Mittelalter.    Programm  der  Realschule  H.  Ordnung  in  Lieipzig  1878. 

4.  (30  S.) 

598.  Zur  Geschichte  der  Verbreitung  der  Lesekunst  im  Mittelalter. 
Von  G.  y.  d.  Ropp  und  K.  Koppmann. 

MittheiloDgen  des  Vereins  f.  hamb.  Geschichte  1878,  8.  112— 116. 

599.  Li  sehe,  Oberlehrer,  Pädagogische  Berürungspunkte  zwiachen  den 
Brüdern  vom  gemeinsamen  Leben  und  A.  H.  Franke.  4.  (20  S.)  ProgramD 
der  Realschule  zu  Stollberg  1878. 

600.  Dümmler,  E.^  zur  Sittengeschichte  des  Mittelalters. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Altertbum  22,  256—258.  Über  Knabenlieba. 

601.  Birlinger,  A.,  Sittengeachichtliches. 
Alemannia  6,  284—288. 

602.  Kinzel,  K.,  Notizen  über  daa  Lebensalter. 

Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  474—6.    Die  Helden  in  der  Poesie. 

XI.  Kunst. 

608.  Kunst  und  Künstler  des  Mittelalters  und  der  Neuseit.  Biogra- 
phien und  Charakteristiken.  Unter  Bütirirkung  von  Fachgenosaen  herausgegeben 
von  R.  Dohme.  44 — 59.  Lieferung.  4.  Leipzig  1878.  Seemann. 

604.  Grueber,  B.,  die  Kunst  des  Mittelalters  in  Böhmen.  4.  ThdL 
Die  Spätgothik.   1 — 4.  Lieferung,  gr.   4.  Wien   1878.  Gerold  in  Comm. 

605.  Mit  hoff,     Kunstdenkmäler    und     Alterthümer    im    HannoTersches 

5.  Bd.  4.  (202  S.)  Hannover   1878.   Helwing.  M.  14. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  Nr.  52. 

606.  Wernickc,  £.,  Urkundliche  Beiträge  zur  Künstlergeachicfate  Schle- 
siens in. 

Anzeiger  f.  Kunde  d.  deutschen  Vorzeit  1878,  Sp.  75-80.  97—104.  165—1^ 
200—207.  298-800.  389—892. 

607.  Wernieke,  £.,  Bildende  Künstler  des  Mittelalters  in  Liegnitz. 
Schlesiens  Vorzeit  87.  und  38.  Bericht.  1878. 

608.  Graf,  Dr.  Hugo,  opus  Francigenum.  Studien  zur  Frage  nach  dea 
Ursprünge  der  Gothik.  Mit  9  authogr.  Tafeln.  Lex.  8.  (VH,  122  S.)  Stuttgtit 
1878.  Witt  wer.  4  M. 

609.  Friis^  F.  R.,    Samlinger    til    dansk    ßjgnings-    og    Kunathistorie. 
,  7.  und  8.  Heft.  8.  (48+48  +  56  S.) 

610.  Laffler,  J.  B.,  Kirkene  i  Altenkirchen  og  Schaprode  paa  Ejgca. 
AarbOger  for  nordisk  Oldkjndighed  1878,  S.  319—337. 

611.  Petersen,  Henry,  les  pierres  sculpt^es  de  Danemark. 
M^moirea  de  la  Soci^te  royale  des  Antiquaires  du  Nord  1877,  &  880— S42. 


XI.  KUNST.  467 

612.  Das  Psalter inm  anream  von  St»  Gallen.  Ein  Beitrag  znr  Qe- 
scbichte  der  karolingischen  Miniaturmalerei.  Mit  Text  von  J.  R.  Rahn.  Heraus- 
gegeben vom  historischen  Verein  des  Kantons  St.  Gallen,  gr.  fol.  (XVIII  Tafeln 

und  32  Holzschnitte;  67  S.)   St.  Gallen  1878.  Huber.  20  M. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  Nr.  48;  Gott.  Gel.  Anzeigen  1879,  Nr.  6. 

613.  Das  Buch  der  Malerzeche  in  Prag.  Herausgegeben  von  Math. 
Pangerl.  Mit  Beiträgen  von  A.  Woltmann.  8.  (149  S.)  Wien  1878.  Brau- 
müller. 

Quellenschriften  zur  Kunstgeschichte  XIH.  Vgl  Liter.  Centralblatt  1878,  Nr.  42; 
xmd  E.  Martin  in  den  Mittheilungen  des  Vereins  zur  Geschichte  der  Deutschen  in 
Böhmen  17,  52—64. 

614.  Das  Buch  der  Prager  Malerzeche   1348-1527.  Vollständiger 

Text    nebst    kritischem  Commentar    zu    der    von   Prof.    Pangerl   veranstalteten 

Aasgabe   dieses   Buches.    Herausgegeben   von   Patera    und  Tadra.     8.  (97   S.) 

Prag  1878.  Otto. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  Nr.  42. 

615.  Grenser,  Alfred;  Hans  Baidung  genannt  Grien  und  seine  heral- 
dische Thätigkeit.  20  Wappen-Entwürfe  des  Meisters  im  Besitze  der  „Alber- 
tina^  zu  Wien  beschrieben  und  erläutert.  Mit  20  Heliogravüren  von  A.  Franz. 
4.  (16  S.)  Wien  1878.  Braumüller  in  Comm.  M.  4,  80. 

616.  Vögelin,  F.  S.,  Wandgemälde  im  bischöflichen  Palast  zu  Chur 
mit  den  Darstellungen  der  Holbeinischen  Todesbilder.  4.  Zürich  1878.  Grell, 
Füßli  und  Co.  in  Comm.  7  M. 

617.  Zingerle,  J.  V.>  zu  den  Bildern  in  Runkelstein. 
Germania  28,  28—80. 

618.  Schloß  Rankelstein  und  seine  Wandgemälde. 
MittheiluDgen  der  k.  k.  Centralcommission.  N.  F.  IV,  1.  Wien  1878. 

619.  Kuhn,  Dr.,  zur  Geschichte  der  Glasmalerei  im  Mittelalter. 
Kunst  und  Gewerbe,  Wochenschrift.  XH.  Jahrgang  (1878;. 

620.  Liebenau,  R.  v.,  Verzeichniss  der  Glasmaler  von  Luzern. 
Anzeiger  f.  schweizer.  Alterthumskunde  1878,  8. 

621.  Zur  Geschichte  der  Glasmalerei. 
Ebenda. 

622.  Hildebrand,  H.,  Mllningama  i  Valö  kyrka  i  Roslagen. 
Vitterhets  Historie  och  Antiqvitets  Akademiens    M&nadsblad  1878,  S.  599—607. 

623.  Hildebrand,  H.,  Njfunna  medeltidsmilningar. 
Ebenda  S.  694—700. 

624.  Schultz,  Alwin,  die  Legende  vom  Leben  der  Jungfrau  Maria 
und  ihre  Darstellung  in  der  bildenden  Kunst  des  Mittelalters.  8.  (80  S.)  Leip- 
zig 1878.  Seemann. 

Als  erstes  Heft  von  Lübke*s  Beiträge  zur  Kunstgeschichte.  Vgl.  Liter.  Central- 
hlatt  1879,  Nr.  18;  Anzeiger  f.  Kunde  d.  deutschen  Vorzeit  1878,  228  f.;  Grenzboten 
1878,  31. 

625.  Förster^  Ernst,  il  trionfo  della  morte  e  la  danza  Macabra« 
Allgemeine  Zeitung  1878,  Beilage  Nr.  8. 

626.  Ambro  s,  A.  W.,  Geschichte  der  Musik.  4.  Band.  Geschichte  der 
Musik  im  Zeitalter  der  Renaissance  von  Palästrina  an.  Fragment.  8.  (XVI, 
487   S.)  Leipzig  1878.  Leuckart.   12  M. 

Vgl  Lit.  Correspondenz  JII,  1 ;  Lit  Centralblatt  1878,  61 ;'  Lit.  Randsehun  V,  1. 

627.  Straeten,  £dm.  van  der,  La  Musique  auz  Pays-Bas  avant  le 
XlX^siöde.  DocnmVDte  <-*'^«»«  et  aonot^s.  Tom.  IV.  Brüssel  1878.  vanTrigt.  10  M. 


468  BIBLIOGBAPHIE  VON  1878. 

628.  Wasielewski,  W.  J.  ▼.,  Gkschichte  der  Instramentalmnstk.  Mh 

Abbildangen   von  Instramenten   und  Musikbeilagen.    8.  (VII,   170  und  95  S.) 

Berlin  1878.  GuttenUg.  10  M. 

Vgl.  Deutsche  Rundschau  1879,  Juli;  Westermann's  Monatshefte  1879,  Julu 

629.  Schubiger,  P.   Ans.,  über  Hucbald's  Werk  „De  Musica*^. 
Monatsschrift  f.  Musikgeschichte  X,  2  (1878). 

630.  Bäumker,  W.,  Orlandos  de  Lassos,  der  letzte  grosse  Meister  der 

niederländischen  Tonkunst. 

Sammlung  histor.  Bildnisse  4.  Serie.  IV.  8.  Freiburg  1878.  Herder.  60  Pfg. 

XII«  Rechtsgeschichte  und  Rechtsalterthümer. 

631.  Kariowa,  Otto,    über    die    Reception    des    römischen    Rechts   is 

Deutschland,    mit    besonderer    Rücksicht    auf    Churpfals.     4.    (39    S.)    Heidel* 

berg  1878. 

Prorektoratsrede. 

632.  Planck,  J.  W.,  das  deutsche  Gerichtsyerfahren  im  Mittelalter.  Nach 
dem  Sachsenspiegel  und  den  verwandten  Rechtsquellen.  1.  Band.  1.  Hälfte.  8. 
(Vni,  422  S.)  Braunschweig  1878.  Schwetschke.   8  M.  [2.  Hälfte.   8  M.] 

633.  Untersuchungen  zur  deutschen  Staats-  ond  Rechtsgeschichte. 
Herausgegeben  von  0.  Gierke.  L  Heft :  Winter,  Geschichte  des  Rathes  in  Straß- 
burg bis  zum  Statut  von  1263.  II.  Heft:  Jastrow,  Zur  strafrechtlichen  Stellong 

der  Sklaven  bei  Deutschen  und  Angelsachsen.   Breslau  1878.  Köbner. 

Vgl.  Liter.  CentralblaU  1879,  Nr.  12;  Englische  Studien  2,  476  (Maurer). 

634.  Waitz,  George    die  deutsche  Reichs  Verfassung  von    der  Ifitte  des 

9.  bis  zur  Mitte    des  12.  Jahrhunderts.     4.  Bd.  8.   (VII,  548  S.)   Kiel  1878. 

Homann.  13  M. 

Deutsche   Verfassungsgeschichto   8.  Band.     Vgl.    Liter.    Centralblatt    1879,  17 

(Laband). 

635.  Gareis,  C,  das  salische  Recbt  und  ein   „Hünengrab^  bei  Giessen. 
Correspondenzblatt    des  Qesamrotvereins    der    deutschen  Qesehichta-  und  Alter- 

thumsvereine  1878. 

636.  Hiltl,  G. ,  der  Roland  von  Berlin,  fol.  (28  S.  mit  eingediockten 
Holzschnitten.)  Berlin  1878.  Weile.  M.  1,  50. 

637.  Schwöibel,  L.,  Deutzer  Rechtsalterthümer. 
Annalen  des  histor.  Vereins  f.  den  Niederrhein  32.  Heft  (1878). 

638.  Leding,  Dr.   Okko,    die  Freiheit   der  Friesen   im  Mittelalter  mit 

den  Versammlungen  um  den  Upstallbom.  8.  (57  S.)  Emden  1878.  Hajoel.  M.  1. 
Vgl.  Liter.  Centralblatt,  1878,  8p.  1534. 

639.  Andreae,  S.  J.  Folkema,  Gronden  vor  de  beoefening  der  Off- 
maansche  rechtsgeschiedenis.  Rede  den  28*^''  Nov.  1877  oitgesproken.  8. 
(31   S.)  Leiden  1877.  Doesburgh.  40  c. 

640.  Maurer,  Konrad,  udsigt   over   de  nordgermaniske  Retskilders  Fi- 

storie.  Udgivet  af  den  norske  historiske  forening.  8.  (213  S.)  Kristiania  1878. 
Vgl.  Histor.  Zeitschrift  41,  368. 

641.  Maurer,  Konrad,  die  Freigelassenen  nach  altnorwegischem  Rechte. 
Sitzungsberichte  der  k.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften,  philo8.-lii8t.  Clstf« 

1878,  I,  1,  S.  21-87. 

642.  Leffler,  L.  F.,  Hedniska  edsformulär  i  äldre  Vestgotalagen. 
Antiqvarisk  Tidskrift  för  Sverige  V,  149—160. 


XIII.  LITTERATURGESGHICHTE  UND  SPRACHDENKMÄLER.  469 

643.  Bob  er  tag,  G.,  die  Recbtsbandschrifiten  der  Stadt  Breslau. 
Zeitschrift  d.  Vereins  f.  Geschichte  Schlesiens  XIV,  1. 

644.  Bisoboff,  über  eine  steiermärkiscbe  Landrechtshandscbrift. 
Beitrüge  s«  Kunde  steierm.  Geschichtsquellen  16.  Jahrgang  (1878). 

645.  Riezler,  Siegmund,  das  Überlinger  Stadtrecbt. 
Z.  f.  d.  Gesch.  d.  Oberrh.  29,  294-322  (1877). 

646.  Meyer,  J.,  das  Stadtbucb  von  Schaffhausen  (Schluß). 
Alemannia  6,  228—283. 

647.  Lorsch,  Hugo,  ein  verschollenes  Aachener  Stadtrechtsbuch. 
Annalen  des  histor.  Vereins  f.  d.  Niederrh.  32.  Heft  (1878). 

648.  Frensdorff,  Ferdinand,    über   das  Alter  niederdeutscher  Bechts- 

aofseichnungen. 

Hansische  GeschichtsblStter  VI,  97—142. 

649.  Hol  scher,  Uvo,  zur  Einfuhrung  in  das  Studium  der  altfriesischen 
Becbtsquellen.  4.  (24  S.)  Bützow  1878.  Programm. 

650.  Grimm^  J.^  Weisthümer.  7.  Theil.  Namen-  und  Sachregister  ver- 
faßt von  R.  Schröder.  Herausgegeben  durch  die  histor.  Commission  bei  der 
k.    Akademie    der   Wissenschaften.     8.  (IV,    418  S.)  Göttingen  1878.    Diete> 

rieb.  10  M. 

Vgl.  liiter.  CentralbUtt  1879,  Nr.  17. 

651.  Inama- Sternegg^  K.  Tb.  v.,  Bericht  über  Weisthümer-Forschun- 

gen  im  k.  baicr.  allgemeinen  Reichsarchive  zu  München.  8.  (14  S.)  Wien  1878, 

Gerold  in  Comm.  80  Pfg. 

Ans  den  Sitzungsberichten  der  Akademie. 

652.  Bischoff^  F.,  dritter  Bericht  über  Weisthümer-Forschungen  in 
Steiermark.  8.  (50  S.)  Wien  1878.  Gerold  in  Comm.  80  Pfg. 

653.  Weisthümer   der  Stadt  St  Vith   und   des   Hofs  Neundorf.     Von 

Dr.  H.  Loersch. 

Publications  de  la  seotion  historique  de  Tinstitut  de  Luzembourg  1877.  Lux. 
1878.  8. 

654.  Kern,  H.,  uit  de  friesche  Wetten. 
Taalkundige  Bijdragen  2,  171—209. 

655.  Maurer,  Konrad,  Gulathingslög. 

Ersch  und  Gruber,  Encyclopftdie  I.  Section,  97.  Band  (1878),  S.  1—74. 

656.  Richert,  M.  B.^  om  den  rätta    betydelsen    af  Västgotalagens    ind- 

lednings-  och  slutord. 

Nordisk  Tidskrift  for  Filologi  N.  R.  4,  1—28  (1878). 

Xin.  Litteraturgeschichte  und  Sprachdenkmäler. 

657.  Wackernagel,  Wilhelm,  Geschichte  der  deutschen  Literatur. 
Ein  Handbuch.  2.  vermehrte  und  verbesserte  Auflage,  herausgegeben  von 
Ernst  Martin.  1.  Band.  3.  Lieferung.  (S.  209—288).  Basel  1878.  Schweig- 
hauser.  2  M. 

658.  Vilmar,  A.  F.  C. ,  Geschichte  der  deutschen  National- Literatur. 
19.  Auflage.  8.  (XII,  556  S.)  Marburg   1879.  Elwert.   7  M. 

659.  Kurz,  Heinrich,  Leitfaden  zur  Geschichte  der  deutschen  Literatur. 

5.   Auflage,    nach    des  Verfassers  Tode   überarbeitet    und  erweitert  von  G.  E. 

Bartbel.  8.   (XX,  856  S.)  Leipzig  1878.  Teubner. 

Vgl.  Anzeiger  f.  d.  pädagog.  Literatur  VI,  12;  Hallisches  TageblaU  1879,  Nr.  76, 


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(VII     ^'1''^    ■'^')    ri>'i<'il""i>     IKVH.    .Srlifiniii(.li.    •'(  M. 

07*1.  I'uniinliuii,  (liiiii  (Jliu'oiiH»,  Slnriii  ^'ciiorali*  della  letteratn» 
tedeSGft.  Vol.  I.  iMilln  oiiHini  hIiio  nl  I7r»0.  VI.  (t>;J2  S.)  Torino  1878.  Lc^ 
•eher.  9  LIr«  50  n. 

674t  Pttll.  W.,  OluTMirlit  iliT  (Ir.M'hii'lito.  dor  deiitsclioii  Literatur:- 
yfik  "  itimiiNtnlli'"  V.  AiilliiK«»  V..11  K.  W.  roniads.  8.  (110  §.)  Leipzi: 
«r.  M.  0,  HO. 

VIlliM.   NV   ,    l.iltMiiliirkiiiiilo,    rii(li:iItoiid   AbrilS     der   Poetik   ^-^ 
f  ilmiUoliiMi   TiHMHo.   l».    Aiitla^o.   S.  (VllI,    *J08  S.)   Freibnr;  i.  ?■ 


Xm.  LTTTEBATUBGESCmCHTE  UND  SPRACHDENKliiLER.  471 

676.  Schiller^  K.,  Einführang   in  die  deatscbe  Metrik  und  Litteratar. 
"Sr.  Auflage.  8.  (VHI,  136  S.)  Wien  1878.  Gerold.  M.  2,  40. 

677.  Schwarz,  C.  W.  6.  Ed.,  Abriß  der  deutschen  Literaturgeschichte 
'  Bebst  Einleitungen    und    erklärenden  Zugaben    zu    klassischen  Dichtungen.     8. 

(4,  XVI,    130  S.)  Sneek   1877.  Pyttersen.  1  fl. 
*  Abdrack  ans  s.  literarhistorischen  Lesebuch«  3.  Theil. 

>  678.  Seinecke,  F.;  Lehrbuch  der  Geschichte  der  deutschen  National- 

bteratur.     Nach    dem  Tode   des  Verfassers   herausgegeben  vou  H.  Dieckmann. 
^8.  Auflage.  8.  (Vm,  255  S)  Hannover  1878.   Schmorl  und  Seefeld.  8  M. 

679.  Sonnenburg,  Ferd.,  Grundriß  der  Geschichte  der  deutschen  Li- 
'  teratur.  8.  (VE,  190  S.)  Braunschweig  1878.  Bruhn.  M.  1,  80. 

680.  Wirth,  G.,  Leitfaden  für  den  Unterricht  in  der  Geschichte  der  deut- 

■ehen  Nationalliteratur,    für  höhere  Lehranstalten  bearbeitet     8.  (IV,  20 i  S.) 

Berlin  1878.  Wohlgemuth.  2  M. 
Vgl.  Herrig  60,  231  ff. 

681.  Wolff,  Emil,  die  Literatur  in  der  Mittelschule.  Ein  Lembuch 
für  die  Hand  der  Schüler.  2.  Auflage.  8.  (56  S.)  Gütersloh  1878.  Bertels- 
mann. 40  Pfg. 

682.  Zehender,  Übersicht  der  deutschen  Literaturgeschichte  von  den 
Utesten  Zeiten  bis  zur  Gegenwart.  2.  Auflage.  8.  (Vlil,  194  S.)  Winterthur 
1878.  Westfehling.  M.  3,  20. 

683.  Driou  X,  histoire  abr^g^e  des  littdratures  ätrangöres  anciennes  (grecque 
et  latine)  et  modernes  (Italic  et  Espagne,  Angleterre  et  Allemagne).  8*  Edition. 
12.  (Vin,   184  S.)  Paris  1878.  Belin.  fr.  1,  60. 

684.  Hofdijk,  W.  J. ,  Geschiedenis  der  Nederlandsche  letterkunde. 
6*  druk.  8.  (8  und  380  S.)  Amsterdam   1878.  Kraj.  2  fl.  50  c. 

685.  Zeegers,  L.  Th. ,  Geschiedenis  der  Nederlandsche  letterkunde. 
5*  druk.  8.   (134  S.)  Amsterdam  1877.  Meijer.   75  c. 

686.  Huberts,  W.  J.  A.,  W.  A.  Elberts  en  F.  J.  P.  van  den  Bran- 
den; Biographisch  Woordenboek  der  Noord-  en  Zuid  -  Nederlandsche  letter- 
kunde.   8.  (6,  XX,  756  u.  LXI  S.)   Deventer  1878.  Sigtenhorst.   12  fl.  36  c. 

687.  Taine,  H.,  Histoire  de  la  litt^rature  anglaise.  Nouvelle  Edition. 
T.  L  18.  (XLIX,  416  S.)  Paris  1878.  Hachette.  3  fr.  50  c.  T.  4.  4*  ^tion. 
18.  (488  S.)  3  fr.  50  c. 

688.  Taine,  H.,  Geschichte  der  englischen  Litteratur.  Deutsch  bear- 
beitet und  mit  Anmerkungen  versehen  von  L.  Katscher.  2. — 15.  Lieferung. 
(1.  Band  XLS  und  S.  97—730.  2.  Band  503  S.  3.  Band  S.  1—96)  Leipiig 

1878.   Günther. 

Vgl.  D.  Rundschaa  1879,  Juni. 

689.  Arnold,  T. ,  Manual   of  English    literature.    4th   ed.    8.    London 

1878.  Longmans.   7  sh.   6  d. 

690.  Nicholson,  E.,  chronological  guido  to  English  literature.  8. 
(212  S.)    London   1878.  Remington.  3  s.   6  d. 

691.  Mensch,  H.,  Characters  of  English  literature.  8.  (164  S.)  Cöthen 

1879.  0.  Schulze.  M.  1,  80. 

Enthält  n.  a.  Chancer,  Gower,  Origin  of  the  Drama. 

692.  Ström,  T.,  dansk  Literaturhistorie.  Anden  omarbejdede  og  meget 
forbedrede  Udgave.    Med  en  Oversigtstabel  over  Forfatlerne.  8.  (322  S.)  "^ 
penbagen   1878.  4  kr. 


472  BIBUOGRAPHIE  VON  1878- 

698.  Erikteil,  A,  E.,  Dantk  og  norsk  Literatanhbtorie  tfl  8k<4ebnur. 
Kopenhagen  1878.  2  kr.  ^^ 

694.  Allgemeine  deutsche  Biographie.  7.  und  8.  Band  Um- 
zig  1878.  *^ 

Enthält  Ton  größeren  Artikeln:  Fischart  ▼on  E.  Schmidt  7  81—47-  K.  Fleck 
▼on  Steinmeyer  7,  111—112;  8.  Franck  von  F.  Weinkanff  7.  214— 219-'  J  L^wA 
Frisch  von  Eckstein  8,  98-96;  Nie.  Frischlin  von  öcherer  8,  96-104-  Hwhortroi' 
Fritelar  von  Bartsch  9,  117^118;  Hermann  von  FritaUr  von  Bechstein  9  118-119- 
K.  Fr.  Fulda  von  J.  Franck  8,  192;  J.  FunkeUn  von  Scherer  9  203-204-  K  tob 
FuDeshrunnen  von  Steinmejer  8,266—266;  ü.  Ffiterer  von  Bartsch  9  271  -  H.  C  tob 
der  Gabelenta  von  Leskien  9,  286—288;  E.  Tb.  Gaupp  von  H.  Sehuiae  9*  426-4»- 
Qeiler  von  Kaiserberg  von  liartin  9,  609—618;  P.  Gengenbach  von  Bartsch  9,  666-W 

695.  Obrist,  J.  Q.,  Tirors  Antheil  an  der  Literatur  des  deutsches 
Volkes.  1.  2. 

Literatnrblatt  von  Edlinger  II,  4.  6  (1878). 

696.  Pichle r,  A.,  Tirol's  Antheil  an  der  deutschen  NatioDalliterator. 
Literatnrblatt  von  Edlinger  2.  Jahrgang  28—24.  Heft. 

697.  Bartels,  Beiträge  zur  ostfriesischen  Cultur-  und  Literaturgeschichte. 
Jahrbuch  der  Gesellschaft  f.  bildende  Kunst  au  Emden  3,  1  (1878). 

698.  Arndt,  Otto,  über  die  altgermanische  epische  Sprache.  Tfibin« 
Dissertation.  8.  (53  S.)  Frankfurt  a.  0.  1878. 

699.  Muth,  R.  v.y  Untersuchungen  und  Excurse  aur  Oeachichte  und 
Kritik  der  deutschen  Heldensage  und  Volksepik.  8.  (34  S.)  Wien  1878.  Ge- 
rold in  Comm.  50  Pfg. 

Aus  den  Sitzungsberichten  der  Akademie. 

700.  Schmidt,  6.,  die  naturlichen  Bedingungen  für  die  formalen  Ge- 
gensätze im  Kunstepos  und  Volksepos  des  Mittelalters,  aufgezeigt  am  Nibelongeo- 
liede  und  Hartmann's  Iwein.  4.  (21  S.)  Programm  der  Realschale  L  Ordnuie 
in  Ludwigslust  1878. 

Vgl  Herrig  61,  866. 

701.  Elsener,  die  Beziehungen  zwischen  der  deutschen  and  der  fran- 
zösischen Poesie  im  Mittelalter.  8.  1878.  Programm  des  Gymnaaiams  in  Zu. 

702.  Schönfeld,  F.,  über  die  kulturgeschichtliche  Bedeutung  der  älteres 
religiös-ethischen  Dichtungen  in  der  deutschen  Litteratur.  4.  (40  S.)  Dara* 
Stadt  1878. 

Programm  der  Realschule. 

708.  Beck;  Karl  Aug.,  Geschichte  des  katholischen  Kirchenliedes  tob 
•einen  ersten  Anfangen  bis  auf  die  Gegenwart.  8.  (VII,  288  S.)  Cöln  1878. 
Du  Mont-Schnuberg.  M.  8. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1879,  Nr.  14.  Beweis  des  Glaubens  Nr.  4. 

704.  Franck,  Dr.,  Geschichte  des  evangelischen  Kirchenliedes  in  Pos* 
mern.  2.  Auflage.  8.  (39  S.)  Demmin  1878.  Freund.  1  M. 

705.  Krabbe,  Th.;  aus  deutscher  Vergangenheit.  Ein  Dreigeatim  tob 
Liederdichtern:  Walther  von  der  Vogelweide,  Hans  Sachs,  Simon  Dach.  Nach 
ihrem  Leben  und  Liedern  in  Vorträgen  gekennzeichnet.  8.  (205  S.)  Gütenloli 
1878.  Bertelsmann.  2  M. 

Vgl.  Blätter  f.  liter.  Unterhaltung  1879,  27. 

706.  Baumann,  F.,    über    die    städtische  Chronik  Ton  Kempten.    Eis 

^trag   zur  Geschichte   des  Allgftuer  Bauernkriegs    und    des   Meistergesaaget. 

der  Zeitschrift  des  histor.  Vereins  f.  Schwaben  und  Neabars  (lY,  i98  S.) 
Vgl  Q6tt.  Gel  Anzeigen  1878,  20.  »  ^     i 


XnL  LTTTEBATUBGESCHICHTE  UND  SPRACHDENKMÄLER.  473 

707.  Söpet,    le   drame    ohr^tien    au    moyen    &ge.    12.  (XII,    296  S.) 
Paris  1878. 

708.  Tan    Vloten,    het    nederlandsche   klachtspel   van   de   14.   tot    de 
18.  eenw.  2.  vermeerderde  drnck.   1.  deel.  8.  (4  und  216  S.)  Haariem  1879. 

709.  Stecher,  J.,    la    Sottie    fran9ai8e    et    la   Sottemie    flamande.     8. 
(44  S.)  Bmxelles  1877. 

Extrait  des  Bnlletms  de  rAcademie  royale  de  Belgique  2°*  s^rie  t.  XLOLI,  nr.  4. 
Vgl  Herrig»  Archiv  60,  222. 

710.  Gen^e,  die  englbchen  Mirakelspiele  und  Moralitäten  als  Vorläufer 

des  englischen  Dramas.  8.  (82  S.)  Berlin  1878.  Habel. 
Sammlong  gemeinverstfindlicher  wissensch.  Vortrage  306. 

711.  Binz,  C,  der  Ring  des  Dr.  Ypocras. 

Jahrbücher  des  Vereins  v.  Alt.  im  Rheinlande  62  (1878),  S.  119—121.   Z«  altd. 
Sehanspiel. 

712.  Geiger,   Ludwig,    deutsche    Satiriker    des   16.   Jahrhunderts.    8. 

(40  S.) 

Sammlung  gemeinverständlicher  wissenschaftlicher  Vorträge   296.    Berlin    1878. 
Habel.  M.  0,  76.  Vgl.  Jenaer  Liter.  Zeitung  1879,  19  (Brenning). 

713.  Bach  toi  d,  J.,  zwei  Berner  Romanschriftsteller  des  XV«  und  XVI. 
Jahrhunderts, 

Bemer  Taschenbuch  1878.  Über  Thüring  von  Ringoltingen  und  Wilhelm  Ziely. 

714.  Moll,  W.|  Bijdrage   tot   de   geschiedenis  der  middel-nederlandsche 
bijbelvertaling. 

Verslaagen   en   mededeelingen   der  kgl.  Akademie  van  Wetenschapen.  8.  1878. 

715.  Müllen  hoff,  K.,  altdeutsche  Sprachproben.  3.  Auflage.  8.  Berlin 

1878.  Weidmann.  3  M. 

Vgl.  Jenaer  Liter.  Zeitung  1879,  21  (Henrici). 

716.  Wattenbach,  W.^  Deutschlands  Geschichtsquellen  im  Mittelalter 

bis    zum    13.   Jahrhundert.    2.    Band.    4.  Auflage.    8.  (447  S.)  Berlin  1878. 

Besser. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  29. 


717.  Janker,  Karl,  und  Heinrich  Noe,  mittelhochdeutsches  Lesebuch 
fOr  Oberrealschulen.  8.  (VIIF,  98  S.)  Wien  1878.  Graeser.  M.  1,  60. 

718.  Pütz,  W.,  altdeutsches  Lesebuch  mit  Sprach-  und  Sacherklärungen. 
5.  Auflage  verbessert  und  vermehrt  von  Conrads.  8.  (VIII,  184  S.)  Leipzig 
1878.  Bädeker.  M.  1,  80. 

719.  Di  et  lein,  W.,  Perlen  deutscher  Dichtung  von  den  ältesten  Zeiten 
bis  zur  Gegenwart.  Ausgewählt.  2.  Auflage.  8.  Altenburg.  Pierer.  M.  3,  75. 

720.  Paldamusy  F.  C.^  Handbuch  zur  Einfuhrung  in  die  deutsche 
Literatur.  Proben  deutscher  Poesie  und  Prosa.  3.  Auflage  herausgegeben  von 
E.  Scholderer.  8.  (XL,  626  S.)  Frankfurt  a.  M.   1878.  Diesterweg.  4  M. 

721.  Schauenburg,  E.,  und  R.  Hoche,  deutschet  Lesebuch  für  die 

Oberklassen  höherer  Schulen.    1.  Theil;  bearbeitet  von  R.  Hoche.    3.  Auflage. 

8.  (Vm,  319  S.)  Essen  1878.  Baedeker.  M.  3,  20. 
Vgl.  Zeitschrift  f.  d.  Philologie  9,  490  f.  fErdmann). 

722.  Schulz,  Bernhard,  deutsches  Lesebuch  für  höhere  Lehranstalten. 
2.  Theil.  Für  die  obem  Klassen.  Zur  Geschichte  der  deutschen  Literatur. 
2.  Abtheilung.  8.  (VI,  S.  301—998).  Paderborn  1878.  Schöningh.  4  M.  60  Pfg. 

Vgl.  Blätter  f.  d.  bayer.  Gymnas.  16,  132. 


474  BIBUOORAPHIE  VON  1878. 

723.  Veldermann,  G.,  litenuriiches  Lesebuch.  Auswahl  chanktemti- 
scher  Proben  aas  den  yerschiedenen  Perioden  der  dentschen  Literatiir  fv 
Schule  und  Haos  sosammengestellt.  1.  Theil:  Poesie.  8.  (XII,  384  S.)  An- 
heim  1877.  Rinkes.  1  fl.  75  c. 

724.  Weber,  G.,  Lesebach  aar  Geschichte  der  deutschen  Litentor 
alter  und  neuer  Zeit.  4.  revidirte  und  yermehrte  Auflage.  8.  (XXIII,  566  St) 
Leipzig  1878.  Engelmann.   3  M. 

Vgl.  BlStter  f.  d.  bajer.  Gjmnas.  16,  36  f. 

725.  A  Poetry  Book  of  Songs  and  Sonnets^  Ödes  and  Idylls.  Rrit 
Series.  The  Eider  Poets.  Selected  and  arranged  by  A.  B.  Edwards.  Leipxig 
1878.  Tauchnitz. 

Vom  Anfang  des  14.  Jahrhs.  bis  Ende  des  18.  Jshrhs. 


726.  Sauer,  A.,  über  den  fanfl&ßigen  Jambus  Tor  Lessings  Natfass. 
8.   Wien   1878.  Gerold  in  Comm.  M.  1,  80. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1879,  Nr.  8  (Zamcke). 

727.  Scherer,  Wilh.,  über  den  Hiatus  in  der  Heueren  deutschen  Metrik. 
(Abdruck  aus  den  xu  Ehren  Th.  Mommsens  herausgegebenen  philoL  Abbsnd- 
Inngen.)  4. 

Vgl.  Jenaer  Uter.  Zeitung  1878,  Nr.  60  (Scholl). 

728.  Rosen thal,  F.,  die  alliterierende  englische  Langzeile  im  XIV 
Jahrhundert.  8.   (46  S.)  Halle  1877. 

Leipziger  Dissertation  =  Anglia  I,  414 — 469. 

729.  Traut  mann,  M.,  über  Layamons  Vers. 
AngUa  2,  163—173. 

730.  Edzardi,  A.,  die  skaldischen  Versmaße  und  ihr  VerhältDiss  inr 
keltischen  (irischen)  Verskunst. 

Paul  und  Braune  6,  670-689. 

731.  Sievers,  Eduard,  Beiträge  zur  Skaldenmetrik. 
Paul  und  Braune,  Beiträge  6,  449—618. 

A.  Gotisch. 

732.  Friedr.  Ludw.  Stamm's  Ulfilas  oder  die  uns  erhaltenen  Desk- 
mftler  der  gothischen  Sprache.  Text,  Grammatik  und  Wörterbuch.  Neu  heraof- 
gegeben  von  M.  Heyne.  7.  Auflage.  8.  (XII,  440  S.)  Paderborn  1878.  Schö- 
ningh.  5  M. 

Bibliothek  der  ftltesten  deutschen  Litteratur-Denkm&ler  1.  Band. 

733.  Henrici,  Ernst,  zur  Ulphilasbibliographie. 
Zeitschrift  Hir  deutsches  Alterthum  22,  96. 

734.  Franck,  Johannes,  zum  Pariser  Nachdruck  des  Ulfilas. 
Zeitschrift  für  deutsches  Alterthum  22,  327. 

735.  Schulte,  J.  W.,  Gothica  minora. 
Zeitschrift  für  deutsches  Alterthum  23,  61—64. 

B.  Althochdeutsch. 

736.  Baracky  K.  A.,  althochdeutsche  Funde. 

Zeitschrift  f.  d.  Alt.  23,  209-216.  I.  Ezzos  Gesang.  U.  Memento  mori  (tob  Nokfirl 

737.  Cosijn,  P.  J.^  de  runeninscriptie  van  den  Bneharester  ring. 
Verslaagen  en  MededeeUngen  der  kgl.  Akad.  van  Wetensehapen  1878.  8. 


Xm.  B.  ALTHOCHDEUTSCH.  C.  MITTELHOCHDEUTSCH.  475 

738.  Bachholtz^  Herrn. ^  zq  den  Eiden  Tom  Jahre  842. 
Archiv  f.  d.  Stadium  d.  neueren  Sprachen  60  (1878),  343— S60. 

739.  Arndt,  W.,  Glossen  zu  den  Canones. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  95—99. 

740.  Du  mm  1er,  E.^  Glossen  zu  Walahfried. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  266. 

741.  Samhaber,  Eduard,  die  Sprache  im  Ludwigslied.  8.  (XIY  S.) 
Freistadt  in  0.  Ö.  1878. 

742.  Henrici;  E.,  die  Quellen  von  Notkers  Psalmen.  Straßburg  1878. 
Trübner.  8  M. 

Quellen  und  Forschungen  XXIX.  Vgl.  Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  10, 
228  ff.  (Seiler);  Anzeiger  f.  deutsches  Alterthum  6,  216  ff.  (Steinmeyer). 

743.  Henri  ei;  Ernst,  zum  Wiener  Notker. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  226—231. 

744.  Schädel,  B.,  der  lieber  gät  in  lUun. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  93—99. 

745.  Otfrids  Evangelienbuch.  Mit  Einleitung,  erklärenden  Anmerkungen 
und  ausführlichem  Glossar  herausgegeben  von  Dr.  Paul  Piper.  1.  Theil:  Ein- 
leitung und  Text.     8.  (292  und  696  S.)  Paderborn   1878.    Schöningh.    15  M. 

Bibliothek  der  ältesten  deutschen  Litteraturdenkmäler.  9.  Bd.  Vgl.  Anzeiger  f. 
deutsches  Alterthum  6,  186—216  (Seemüller);  Zeitschrift  fdr  das  Gjmnasialwesen  32, 
788—741  (Kinsel);  Sonntagsbeilage  der  N.  Preuß.  Zeitung  1878,  Nr.  22;  Kölnische 
Zeitung  Nr.  191,  1. 

746.  Schulte,  J.  W.,  zu  Otfrid. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  406—409. 

747.  Henrici,  Ernst,  Otfrids  Motter  und  Orms  Bruder. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  231->233. 

748.  Heliand  und  Otfrid. 

Neue  evangel.  Kirchenzeitung  1878,  Nr.  28  f. 

749.  Willirams  deutsche  Paraphrase  des  hohen   Liedes.  Mit  Einleitung 

und  Glossar  herausgegeben  von  Joseph  Seemtlller.  8.  (XIV,  147  S.)  Straßburg 

1878.  Trübner. 

Quellen  und  Forschungen  XXVIII.  Vgl.  Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  10, 
214—227  (Pietsch);  Anzeiger  f.  deutsches  Alterthum  5,  264  ff.  (Wagner). 

750.  Zingerle,  0.,   Bruchstück  des  Williram. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  156—161. 

C.  Mittelhochdeutsch. 

751.  Bartsch^  Karl,  Bruchstücke  mittelhochdeutscher  Diohtungen. 
Germania  23,  47—48. 

752.  Reifferscheid,    AI.,  Mittheilungen    aus    Handschriften.    A.    Aus 

Handschriften  des  Freiherm  A.  von  Arnswald. 

Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  187 — 193.  1.  Die  gprosse  Tageweise  Peters 
von  Arberg.  2.  Geistliches  Wächterlied.  3.  Augustinkens  heilige  Dreifaltigkeit. 

753.  Bruchstücke  aus  der  Sammlung  des  Freiherrn  von  Hardenberg. 

Von  Freiherm  vom  Hardenberg. 

Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  396—443.  Aus  Wolframs  Parzival  und  Wille- 
halm, Eckenlied,  dem  Hohenburger  Hohen  Lied,  Reim-  und  Historienbibeln. 

754.  Hruschka,  Alois,  über  eine  Handschrift  in  Privatbesitz. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  76—82.  Geistlichen  Inhalts. 

755.  Bech,  F.,  aus  Zeitzer  Handschriften.  Zeitzer  Gloeseu. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9  (1878),  136—149. 


476  BfBUOQRAPHIE  VON  1878. 

756.  Bartsch,  K.,    kleine   MittheiloDgen.    5.  Priester   Johanm   Land. 

6.  Zam  Gedicht  an  Graf  Wilhelm  von  Holland. 
Germania  23,  448. 

757.  Ackermann.  —  Knieschek,   Joh. ,    das  Verhältniss    des  Acke^ 

mann  zam  Tkadleöek  und  die  Hypothese  einer  gemeinsamen  Vorlage. 

Mittheilnngen   des  Vereins   f.    (beschichte    der   Deutschen   in    Böhmen   XYI ,  4 
(1878). 

758.  Anno.  —  Kettner,  £.,  Untersuchungen  über  das  Annolied. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  257-337  (1878).    Auch   als  hallische  Dis- 
sertation. 

759.  Beichte.  —  Czerny,  Albin,  Mittheilnngen  aus  S.  Florian.  II. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  836  f.    Deutsche  Beichte  von  1421. 

760.  Berthold.    —    Strobl,    J.,    Berthold    Ton    Begenaburg    und   der 

Schwabenspiegel.  8.  (20  S.)  Wien  1878.  Gerold  in  Comm. 

Aus  den  Wiener  Sitzungsberichten  1878,  Juli.  Vgl.  Jenaer  Liter.  Zeitung  1879, 
24  (Henrici);  Archiv  f.  kathoL  Kirchenrecht  1879,  2.  Heft. 

761.  Biterol£  —  Symons,  B.,  Naschriffc  op  Deel  1,  309  f. 
Taalkundige  Bijdragen  2,  113  ff.  209. 

762.  Mnth,  Rieh,  v.,  Biterolf  and  Nibelunge. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  382-7. 

763.  Das  Buch  von  geistlicher  Armnth,  bisher  bekannt  als  Johann  Tan* 

lers  NachfolgUDg  des  armen  Lebens  Christi.  Unter  Zogrundelegong  der  ältesten 

der  bis  jetzt  bekannten  Hss.  zum  ersten  Male  vollständig    hersansgegeben  von 

H.  S.  Denifle.   8.  (LIII,  212  S.)  München  1877.  M.  Huttier. 

Vgl.  Anseiger  f.  deutsches  Alterthum  4,  367—374  (Sch5nbach);   Liter.  Centril- 
blatt  1878,  43  (Lassen?);  Zeitschrift  f.  d.  österr.  Gymnasien  29,  8—9  (Werner). 

764.  Chroniken,  die^  der  niederrheinischen  Städte.     Cöln.    3.  Band.    8. 

(XII,  CCLXVI1,'S.  641—1036).  Leipzig  1877.  Hirzel.  16  M. 

Vgl.  Jenaer  Liter.  Zeitung  1878,  9;    Hans.  Geschichtsblatter  1876;  Liter.  Gen- 
tralblatt  1878,  26. 

765.  Dalimil.  —  Fontes  rerum  Bohemicarum  Tomas  III.    Prag  1878. 

Dalimili  Bohemiae  Chronicon. 

Vgl.  Academj  8.  June  1878;  Revue  critique  Nr.  12.  Enthält  auch  den  deut- 
schen Text. 

766.  Dangkrotzheim,  R.,    das  heilige  Namenbuch.     Herausgegeben  von 

K.  Pickel. 

Elsässische  Literaturdeukmäler  aus  dem  XI  v''.  —  XVH.  Jahrhundert.  Heraus- 
gegeben von  E.  Martin  und  E.  Schmidt.    1.  Band.    8.  Straßburg  1878.    Trübner.  3  U. 

767.  Ein  elsässischer  Reimkalender  des  15.  Jahrhunderts. 
AUgem.  Zeitung  1878,  Beilage  216. 

768.  David  von  Angsburg.   —   Preger,    der  Tractat    des    David   voo 

Augsburg  über  die  Waldesier.  4.  (55  S.)  München   1578.  Franz  in  Comm. 
Aus  den  Abhandlungen  der  Akademie. 

769.  Eokhart.  —  Lasson,  A.,  zum  Text  des  Meister  Eckbart. 
Zeitschrift  f.  dent^cbe  Philologie  9,  16-29. 

770.  Eilhart  von  Oberge.  Zum  ersten  Male  herausgegeben  von  Frtni 
Lichtenstein.  8.   (CCV,  475  S.)   Straßburg  1878.  Trübner. 

Quellen  und  Forschungen  XIX.  Vgl.  Germania  23,  346—361  (Bartach);  AXlf' 
Zeitung  1878,  Nr.  108  (E.  S.);  Liter.  Centralblatt  1878,  26  (Bartsch);  Anzeiger  t. 
deutsches  Alterthum  5,  227—238  (Strobl). 

771.  Fabri.  —  Keller,  A.  von,  zu  Felix  Fabri. 
Germania  23,  383. 


XIH.  C.  MITTELHOCHDEUTSCH.  477 

772.  Freidanks  BescbeideDheit.    Aus  dem  Mittelbochdeatscheo  übersetzt 

n  Karl  Pannier.  (192  S.) 

RecUm's  Universalbibliothek  1049—50.  Leipzig  1878.  M.  0,  80. 

773.  Friedrich  von  Sonnenblirg.     Herausgegeben  von  Oswald  Zingerle. 
(116  S.)  Innsbruck  1878.  Wagner. 

Ältere  Tirolische  Dichter  2.  Band. 

774.  Zingerle,  0.,  über  Friedrich  von  Sonnenburgs  Leben  und  Dich- 

ng.  Linsbruck  1878.  8.  (48  S.) 
ErUnger  Dissertation. 

775.  Sievers,  Ed.,  zu  Friedrich  von  Sonnenburg. 
Paul  und  Braone  6,  539—544. 

776.  Gedicht.   —   Gerss^  F.^  Bruchstück  eines  niederrheinischen  Lehr- 
sdichtes  des  13.  Jahrhunderts. 

Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  210—213.    Aus  dem  Archiv  zu  Düsseldorf. 

777.  Zingerle,  J.  V.,  zur  Spruchdichtung  des   15.   Jahrhunderts. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  82—93. 

778.  Müller,  Job.,  mittelalterliche  Schreibersprüche. 
Anzeiger  f.  Kunde  der  deutschen  Vorzeit  1878,  Sp.  65 — 67. 

779.  Latendorf,  F.,  mittelalterliche  Schreibersprüche. 
Anzeiger  f.  Kunde  der  deutschen  Vorzeit  1878,  Sp.  214. 

780.  Wysa,  A.,  die  Limburger  Inschrift. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  233  f. 

781.  Schepfsy  deutsche  Kleinigkeiten  aus  Maihinger  Handschriften. 
Anzeiger  f.  Kunde  d.  deutschen  Vorzeit  1878,  Sp.  88  (Verse). 

782.  Gottfried  von  Straßbarg.  —  Steinmeyer,    eine    neue   Tristan- 
mdschrift. 

Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  112.   In  Modena.  15.  Jh. 

783.  Behaghel,  0.,  Gottfrieds  von  Straßburg  Tristan  und  seine  Quelle. 
Germania  23,  223—229. 

784.  Lobedanz,  Emil,  das  französische  Element  in  Gottfrieds  von  Straß- 

urg  Tristan.  Schwerin  1878.  8.   (45  S.) 

Rostocker  Dissertation.  Vgl.  Herrig  61,  338  f. 

785.  Hadamar  von  Laber.  —  Stejskal,  Karl,  zu  Hadamar  von  Laber. 

Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  263—299. 

786.  Hartmann  von  Aue.  —  Kocian,  Franz^  die  Bedeutung  der  über- 

rbeiteten  Handschriften  B*  und  B^  und  der  St.  Florianer  Bruchstücke  für  den 

ext  des  armen  Heinrich.  (29  S.) 

Programm  des  Gymnasiums  in  Budweis  1878. 

787.  Naumann,    E. ,    über    die    Beihenfolge    der    Werke    Hartmanns 

)Q  Aue. 

Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  26—74. 

788.  Sievers,  Ed.,  mhd.  selpwege. 
Paul  und  Braune  5»  644—547. 

789.  Heinrioh  von  Veldeke.  —  Lambel^  H.,  zu  Veldekea  Senratins. 

Germania  23,  190—191. 

790.  Hesse  von  Binach.  —  Aebi,  J.  L.,  Burg  Hinter-Binach. 
Anzeiger  fdr  schweizer.  Geschichte  IX,  1  (1878). 

791.  Klage.  —  Muth,  R.  v.,  zur  Klage.    Varianten  aus  der  Hs.  A. 
Zeitschrift  für  deutsches  Alterthum  22,  75—77. 

792.  Zarncke,  F.;  zur  Collation  der  Hs.  A  der  Klage. 
Zeitschrift  für  deutsches  Alterthum  22,  816—819. 


478  BIBUOQRAPHIE  VON  187& 

793.  KSnig  yom  Odenwald,  Qedichte.  Von  K.  yoii  Bahder. 

Germania  28,  292—314  ygl.  8.  384. 

794.  Bahder,  K.  von,  der  König  vom  Odenwalde. 
Germania  23,  193 — 222.  Aach  als  Heidelberger  Diasertation. 

795.  Priester  Konrads  deutsches  Predigtbuch.    Von  Johann  Schmidt  8. 

(20  S.)  Wien  1878.  Verlag  des  Verfassers. 
Vgl.  Gennania  24,  113  f.  (Bartsch). 

796.  Kudnin.  —  Gudrun.    Ein   altdeutsches  Heldengedicht,  übersetxt 

von  G.  L.  Klee.  8.   (179   S.)  Leipzig  1878.  Hirzel.   2  M. 
Vgl  Revue  critique  1878,  Nr.  36. 

797.  Kümbarger.  —  Riezler,  S.,  zum  Kümberger. 
Forschungen  zur  deutschen  Geschichte  1878. 

798.  Kurtzmann.  —  Schönbach,  A.,  Mittheilungen    aas    altdeutschen 

Handschriften.    1.  Stück.    Über   Andreas  Kurtzmann.    8.  (70  S.)  Wien  1878. 

Gerold  in  Comm.  1  M. 

Aus  den  Sitzungsberichten  der  Akademie. 

799.  Apelt,  0.,  zu  des  Landgrafen  Ludwig  Kreuzfahrt. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  209-210. 

800.  Marienklage.  —  Milchsack,  Gustav,  Unser  vrouwen  klage. 
Paul  und  Braune,  Beiträge  6,  193—357. 

801.  Manier.   —   Strauch,  Philipp,  zum  Mamer. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  254  f. 

802.  Drei  Meisterlieder.  Von  K.  Bartsch. 

Germania  23,  49—52. 

803.  Minnesinger.  —  Deutsche  Minne  aus  alter  Zeit.  Ausgewählte 
Lieder  der  Minnesänger  des  Mittelalters.  Frei  übertragen  von  K.  Ströse.  2.  Auf- 
lage.  16.  Leipzig  1878.  Barth.  2  M. 

Vgl.  Blätter  f.  liter.  Unterhaltung  1879,  21  (Bartsch). 

804.  Ströse^  K. ,  altes  Gold.  Sprüche  der  Minnesänger  des  Mittel- 
aliers.  Frei  übertragen.  2.  Auflage.  16.  (XIII,  80  S.)  Leipzig  1878.  Btrtk. 
M.  4,  50. 

805.  Kastropp,  6.,  Minnelieder  und  Sprüche. 
Deutsche  Studienblätter  m,  17—19  (1878). 

806.  Mönoh  von  Salzburg.  Von  J.  V.  Zingerle. 

Germania  23,  30—31. 

807.  Mystiker.  —  Denifle,  P.  Fr.  Heinr.  Seuse,  das  geistliche  Lebea 
Eine  Blumenlese  aus  den  deutschen  Mystikern  des  14.  Jahrhunderts.  2.  sa- 
gearbeitete  Auflage.  8.   (XVI,  504  S.)   Graz   1879.  Moser.  M.  4,  50. 

808.  Der  Hibelonge  Hoth  und  die  Klage.  Nach  der  ältesten  Über 
lieferung  mit  Bezeichnung  des  Unechten  und  mit  den  Abweichungen  der  g^ 
meinen  Lesart.  Herausgegeben  von  K.  Lachmaun.  5.  Ausgabe.  8.  (XU,  370  S.' 
Berlin   1878.  Reimer.  M.  3^  50. 

809.  Proben    einer    neuen  Übersetzung    aus    den    echten  Theilen   dtf 

Nibelunge  not.    Zwanzigstes  Lied.  Von  Dr.  Ludwig  Freytag.     4.   Beriin  187$ 
Programm  des  Friedrich-Wilbelmgymnasiums. 

810.  The  Nibelungen  Lied.  The  laj  of  the  Nibelungera.  Tranilste^ 
ioto  english  verse  after  C.  Lachmann's  collated  and  corrected  text  bj  Joif 
than  Birch.   2*  edition.  8.  (266  S.)  MuDchen  1878.  Ackermann.  M.  3. 

811.  Zarncke,  zu  den  Heptaden. 

Preußische   Jahrbücher   1878,  Januar,   S.  108 -- 109.  —  Hennings  EntMüM- 
BbendA  &  109—110. 


Xm.  C.  MITTELHOCHDEUTSCH.  479 

812.  Müllen  hoff,  K.,  die  alte  Dichtung  von  den  Nibelungen. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  113—173. 

813.  Math,  R.  v.,   über  eine  Schichte  älterer,    im  Epos  nachweiabarer 

Nibelungenlieder.    Excorse    über    die    innere  Geschichte   des  XIV.  Liedes    mit 

einem  Anhang  über   das  Linzer  Bruchstück.    8.  (42  S.)  Wien  1878.    Gerold 

in  Comm.  60  Pfg. 

Aus  den  Sitzungsberichten  der  Wiener  Akademie  89.  Band.  1878.  Vgl  Zeit- 
schrift f.  d.  Gymnasial wesen  1879,  243  ff.  (Löschhorn)« 

814.  Über  den  mythologischen  Hintergrund  des  Nibelungenliedes. 
Europa  1878,  Nr.  42—45. 

815.  Esser^  über  die  Form  der  Periode  im  Nibelungenlied.    4.  (8  S.) 

Weissenburg  i.  £.  1878.  Programm. 

818.  Hanke,  B.,  ein  kleiner  Beitrag  zva  Nibelungen- Literatur. 
Literaturblatt  Yon  A.  Edllnger  U,  7.  8  (1878). 

817.  Brandes^  H.^  Gundahari. 

Ersch  und  Gruber,  Encyclopädie.  I.  Section,  97.  Band  (1878),  S.  108-111. 

818.  Mehlisy  C.^  zum  Brunhildisstuhl. 

Das  Ausland  1878,  S.  199  f.  Erwiderung  auf  Hennings  KriUk  im  Anseiger  f. 
deutsches  Alterthum. 

819.  Stammhammer,  J.,  die  Nibelungen-Dramen  seit  1850  und  deren 
Verhältniss  zu  Lied  und  Sage.  8.  (VlI,  168  S.)  Leipzig  1878.  Wartig. 
M.  2,  80. 

820.  Die  Offenbarungen  der  Adelheid  Langmann,  Klosterfrau  zu  Engel- 

thaL   Herausgegeben  von  Philipp  Strauch.  8.  (XLU,  119  S.)  Straßburg  1878. 

Trfibner. 

Quellen  und  Forschungen  XXYI.  Vgl.  Germania  24,  249  ff.  (Bartsch);  Liter. 
Centralblatt  1878,  25  (Bech);  Anzeiger  f.  deutsches  Alterthnm  6,  259  ff.  (Denifle); 
Liter.  Bundschau  75,  5  (Denifle). 

821.  Ortnit.  Ein  Heldengedicht.  Aus  dem  Mittelhochdeutschen  bearbeitet 

von  K.  Pannier.  (93  S.) 

Reclams  UniversalbibUothek  Nr.  971  (1878). 

822.  Hummel,  Franz,    das  Verhältniss   des  Ortnit  zum  Huon  de  Bor- 

deanx. 

Archir  f.  d.  Studium  d.  neueren  Sprachen  60  (1878),  295—342. 

823.  Predigten,    altdeutsche^    aus    dem    Benedictin erstifte  St.  Paul    in 

Kärnten.  Herausgegeben  von  A.  Jeitteles.  8.  (XLUI,  188  S.)  Linsbruck  1878. 

Wagner. 

Vgl.  Germania  24,  111  ff.  (Bartsch);  Jenaer  Liter.  Zeitung  1878,  19  (Paul); 
Gott.  Gel.  Anz.  88  (Dtisterdieck) ;  Theo).  Quartalsobr.  60,  4;  Anzeiger  f.  deutsches 
Alterthum  5,  1—40  (Schönbach);  Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  10,  288  ff.  (Bech). 

824.  Schönbach,  Anton,  Predigtbruchstücke.  HI. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthnm  22.  235—237.  Aus  Admont. 

825.  Strobl,  Joseph,  zu  den  Fundgruben  I,  70  ff. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  250  f. 

826.  H[older,  A.,  zwei  Predigten  des  Lesemeisters  Hugo  von  Constanz. 

Mitgetheilt 

Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  29—43. 

827.  Psalmen.  —  Bartsch,  Karl,  Bruchstücke  einer  Psalmenüber- 
setzung. 

Germania  23,  58—62. 

828.  Schulte,  H.,  Bruchstücke  einer  Psalmenübersetzung. 
Germania  23,  62-70. 


480  BIBLIOGKAFHIB  VOH  1878. 


829.  Birhw T  TM  Snisr.   fiiie  Htermr-historiBche  Stadie  Ton  Dr.  Bo- 

Plesebke.  (16  S.) 
^To^nMum  der  Staato-Bealtehflc  Brmm  1878. 

830.  Rotte.  —  BecktteiBv  R^  xwt  neueren  Literatur  über  Johumei 

Rolhe. 

ZättchxHi  dee  Teraa»  f.  thOrm^.  Gesciliehte  N.  F.  Bd.  DL.  259-867. 

831.  Bsdolf  TOn  Sbs.  —  Söhnte  Frmnx,  dai  HandschrifteDY^hältniii 
in  Rodolfo  tod  Eat  Barium.  8.  (86  S.)  Erlangen  1878. 


832.  Zacker,   J.,    die    Wemig«roder   Handschrift   von    Radolfii   Welt- 

ckitmik. 

ZeitMlirift  t  dastMlie  Pkilolofie  9,  461—472. 

833.  Regel y  K.,  YerlilltniM  der  Ton  Hardenbergischen  Bmchstacke  <a 

den  Gothaer  ReimbibelhandschiilleB 

Zötsckrifl  t  dentsche  PhUolofie  9,  444—460. 

834.  Hirxel,  Lndvig,  ein  Bmchstock  der  Christherrechronik. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Ahertkoa  22,  142—144.  Ans  Bern. 

835.  SalOHO.  —  Scherer,  W.,  Literator    des    zwölften  Jahrhunderts. 

5.   Salomo  und  der  Drache. 

Zeitschrift  f.  deutKkcs  Alteitiiam  22,  19—24. 

836.  SeeuidVft.  Von  Ph.  Stzanck. 
Zeitsckrift  f.  dentsches  Aheitham  22,  389—406. 

837.  Der  adle  crUB.  Von  G.  Mikhsack. 
Paul  und  Branne,  Beitiige  5,  548—569. 

838.  SÜTester.  —  Roediger.  Max,  Trierer  Bruchstücke.  HI.  Silrester. 
Zeitschrift  t  dentsches  AUeithom  22,  145—209. 

839.  Steinhöwell  Prolog  mm  ApoUonins.  Von  W.  Scherer. 
Zeitschrift  f.  dentsches  Alterthom  22,  319  t 

840.  Bartsch,  K.,  das  Akrostichon  in  Steinhowels  Apollonias. 
Germama  23,  381—383. 

841.  Stricker,  die  Streiche  des  Pfafien  Ameis.  2.  Auflage.  (79  S.) 
Beclams  CmTersal-BibUothek  658.  1878.  20  P%. 

842.  Saehenwirt.  —  Friess,  Gjmn.  Prof.  G.  E.,  fünf  onedirte  Ehm- 

reden  Peter  Snchenwirts.  8.  (30  S.}  Wien  1878.  Gerold  in  Comm.  M.  0,  50. 
Ans  den  Sitzongsberichten  dtf  Wiener  Akademie. 

843.  Der  Minnesanger  Tannbftnier  und  die  Tannh&usersage. 
SoDDtagsblatt  Ton  R.  Elcho  1878,  Ni.  5—7. 

844.  Tauler.  —  Nobbe,  U.,   über  das  Haoptthema  der  Predigten  Jo- 
hannes Tanlers. 

Zeitschrift  f.  d.  gesammte  hithtf.  Theologie  1878,  S.  426-487. 

845.  Ulrich  von  Esehenbaeh.  —  Köhler,  Beinhold,    zu    einer  SteDe 

in  Ulrichs  Yon  Eschenbach  Wilhelm  von  Wenden. 
Germania  23,  24—27. 

846.  Zu  Ulrichs  von  Lichtenstein  Büchlein.  Von  M.  Roediger. 
Zeitschrift  f.  dentsches  Alterthnm  22,  380 — 2. 

847.  Zu  Walther  Ton  der  Vogelweide.  Von  H.  Paul. 

Panl  and  Braune,  Beiträge  5,  447-448. 

848.  Zarncke,  zur  Waltherfrage. 

Berichte   der   k.  sacbs.  Gesellschaft   d.  Wissenschaften  1878,  Mlrm,  8.  4S— 40- 
Datirnngsrersnch  der  orkondlichen  Erwähnung  Walthers. 

849.  Egger,  J. ,  Walther    von    der  Vogelweide.    L  H.    (6  und  10  S.) 
4.  Bozen,  Druck  yon  Fenan,  Innsbruck,  Wagner. 


Xm.  C.  lUTTELHOCHDEUTSCH.  4gl 

850.  Fasching,  J.,  Beiträge  zar  Erklärung  der  religiösen  Dichtungen 
Walthers  von  der  Vogelweide  (Schloß). 

Germania  23,  34—46. 

851.  Reinhardt,  Fr.,  Walther    ron    der  Vogelweide   and  Fridank.    4. 
(24  S.)  Programm  der  Realschule  I.  Oidnung  zu  Aschersleben  1878. 

Vgl.  Herrig  61,  366  f. 

852.  Ein  Weihnachtslied  Walthers  von  der  Vogelweide. 
Europa  1878,  Nr.  52. 

853.  Wernher  der  Gartenaere.  —  Rudioff,  A.,  Untersuchungen  zu  Meier 

Helmbrecht    von    Wernher   dem  Gartenäre.    8.  (71   S.)  Rostock  1878.  Dissert. 

854.  Wigamnr.  —  Werner,  R.M.,  Fragmeute  einer  Perg.  hs.  des Wigamur. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  100—111. 

855.  Wimt.  —  Schönbach,  A.,  zum  Wigalois.  I. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  337—366. 

856.  Wolfram    von    Eschenbach.  —  Lichtenstein^    F.  ^    Weimarer 
Bruchstücke  von  Wolframs  Parzival. 

Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  366—374. 

857.  Lück^  R.,  über  die  Abfassungszeit  des  Parzival.  8.  (32  S.)  Halle 
1878.  Dissertation. 

858.  Bai  er,  A.,  zur  Chronologie  von  Wolframs  Parzival  u.  Hartmanns  Iwein. 
Germania  23,  448. 

859.  Dom  an  ig,  Karl,  Parzival-Studien.    I.  Heft:  Über  das  Verhältniss 
von  Wolframs  Titurel  und  Parzival.  8.  (64  S.)  Paderborn  1878.  Schöningh. 

860.  Kant,  K.,  Scherz  und  Humor  in  Wolframs  von  Eschenbach  Dich- 
tungen. 8.  (132  S.)  Heilbronn  1878.  Henninger.   3  M. 

Vgl.  Gott.  Gel.  Anz.  1879,  19  (Wilken).    Ein  Theil  (37  S.)  auch  als  Leipziger 
Dissertation« 

861.  Lucae,  K.,  über  den  Traum  der  Herzeloyde  im  Parzival. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9  (1878),  129—135.     Vgl.  auch  oben  Nr.  689. 

862.  Toischer,    W.,    Bruchstück   einer  Hs.    von  Wolframs  Willehalm. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  237—242.  Aus  Prag. 


868.  Altdeutscher  Schwank  und  Scherz  aus  dem  16.  und  17.  Jahr- 
hundert.   Zusammengestellt  vom    Verfasser   des    „Altdeutscher  Witz   und   Ver- 

stand"*.  16.  (XVI,  202  S.)  Bielefeld  1878.  Velhagen  und  Klasing. 
Vgl.  N.  Preuß.  Zeitung  1877,  Nr.  294. 

864.  Ayrer,  J.,  Process  Lucifers  wider  Jesum,  darumb,  daß  er  ihm  die 

Höllen  zerstöhrt  (1597). 

In:  Strodtoianns  Dichterprofile  1.  Band.  Stuttgart  1879. 

865.  Fischart.  —  Crecelius,  W.,  zur  Bibliographie  Fischarts. 
Alemannia  6,  127. 

866.  Wendeler,  Camillus,  zur  Lebensgeschicbte  Fischarts. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  262 ->  259. 

867.  Wendel  er,  Camillus,  zu  Fischarts  Bildergedichten. 
Archiv  f.  Literaturgeschichte  VH,  306—378  (1878). 

868.  Flezel,  Lienhard,  das  grosse  Rottweiler  Herrenschiessen   1558. 
Alemannia  6,  201—228. 

869.  Franok.  —  Weinkauff,  F.^  Sebastian  Franck  von  Donauwerd.  II. 
Alemannia  VI,  49—86. 

870.  Frisohlin.  —  Fischer,  H.,  Gedichte  von  Frischlin   und  Crusius. 
Vierteljahrshefte  f.  württemb.  Geschichte  1878,  Heft  2.  8. 

OERMANU.  Nene  Reüia  XH.  (XIIY.)  Jahrg.  31 


482  BIBLIOGRAPHIE  VON  1878. 

871.  Geiler  de  Kaitenberg,  J.,  wie  man  sich  halten  aol  M  einem 
sterbenden  Menschen.  1482.  Facsimile  avec  nne  introdaction  par  L.  Dacheox. 
8.  Paris  et  Francfort  1878.  Baer.  8  M. 

872.  Geiler  ron  Kaisersberg. 

Historischpolitisehe  Blätter  82.  Band.  1.  Heft  (1878). 

873.  Zwei   anbekannte   deutsche   geistliche  Lieder   aus   dem    16.  Jahrb. 

Monatshefte  f.  Musikgeschichte  10  (1878),  4.  5. 

874.  Lindener.  —  Wendeler,  Camillus^  Michael  Lindener  als  Ober 
setier  Savonarolas  und  Heransgeber  theologischer  und  historischer  Schriften. 

Archiv  f.  Literaturgeschichte  VH  (1878),  434—484. 

875.  Luthers  vermischte  Predigten.  2.  Band.  Herausgegeben  von  £.  L. 
Enders.  2.  Auflage.  Frankfurt  a.  M.   1878.  Heyder  und  Zimmer.  4  M. 

876.  Grosse,  E.,  Martin  Luthers  Sendbrief  vom  Dolmetschen.  4.  (26  S.) 

Memel  1878. 

Programm. 

877.  Weiß,  Josef,  Luthers  Einfluß  auf  die  deutsche  Literatur.  (35  S.) 

Programm  des  Gymnasiums  in  Cilli  1878. 

878.  Latendorf,  F.,  Anfrage  über  vermeintliche  Lutherspruche. 

Germania  23,  126  f.  =  Anzeiger  f.  Kunde  d.  deutsehen  Vorsait  1878,  Sp.  16l 

879.  Hiklans  Manuel    herausgegeben   von    J.  Baechtold.    8.  (CXXIII, 

467  S.)  Frauenfeld  1878. 

Bibliothek  älterer  Schriftwerke  der  deutschen  Schweiz  H.  VgL  Allgemeine  Zei- 
tung 1878,  Beilage  268;  Lehmanns  Magazin  Nr.  48  f.;  Zeitschrift  f.  deutsche  Philolofie 
10,  248  ff.  (Vetter);  Grensboten  1879,  17. 

880.  Sachs,   Hans,    herausgegeben    Ton   A.   von  Keller.     11.  Band.   8. 

(475  S.)  Tubingen  1878. 

136.  Pnblication  des  litterarischen  Vereins. 

881.  Sammlung  altdeutscher  Werke  in  neuen  Bearbeitungen.  L  Spruch- 

gedichte  you  Hans  Sachs.  Ausgewählt  und  sprachlich  erneuert  mit  E&ileitimg 

und  Anmerkungen  versehen  von  A.  Engelbrecht.   16.  (113  S.)  Naumburg  1879. 

Faßheber.  1  M. 

Vgl.  Allgem«  Liter.  Correspondens  1879,  Nr.  35. 

882.  K4bdebo,  Heinrich,  die  poetische  Literatur  der  Stadt  Wien  vom 

Beginne    des   XVI.  bis    zum  Schlüsse  des  XVIII.  Jahrhunderts.  I.  Band:  Die 

Dichtungen  des  Hans  Sachs    zur  Geschichte    der  Stadt  Wien.  8.  (X,  111  S.) 

Wien   1878.  Faesy  und  Frick.  1  fl.  50  kr.     2.  Auflage  1878.  4  M. 
Vgl.  Allgem.  Liter.  Correspondenz  1879,  35. 

883.  Goetze,  Edmund,  Hans  Sachs  als  Gegner  des  Markgrafen  Albreeht 

Alcibiades. 

Archiv  f.  Literaturgeschichte  VH,  279—303. 

884.  Salat.  —  Bächtold,  J.,  zu  Hans  Salat. 

Anzeiger  f.  schweizer.  Geschichte  IX,  8  (1878). 

885.  Soliauspiel.  —  Scher  er,  W.,  lateinische  und  deutsche  Schanspide. 
I.  Pammachius.  II.  Esther. 

Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  190—199. 

886.  Sohwarserdty  Georg,  Pfalzische  Reimchronik  von  1536 — 1561. 
Mitgetheilt  von  J.  Wiirdinger. 

Collectaneen-Blatt  fOr  die  G^chicbte  Bayerns,  42.  Jahrgang,  1878. 

887.  Tenerdank.  Herausgegeben  ron  K.  GU>edeke.  8.  (XXXXV,  297  S.) 

Deutsche  Dichter  des  16.  Jahrhunderts.  10.  Band.  8.  Leipzig  1878.  Broekhstt 
M.  S,  50.  Vgl.  Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  10,  251  ff.  (Peteni) ;  BUtter  f.  Ktcr- 
ITntefiuütnng  1879,  16;  Rundschau  1879,  Juni. 


Xm   D.  ALTSlCHSISCH.  E.  MITTELNIEDERDEUTSCH.  488 

888.  Tttnger,  Angnttiii.  Von  A.  t.  Keller. 
Anseif^  f.  Kunde  d.  dentschen  Voneit  1878,  Sp.  186  f. 

889.  Wiekram.  —  Kraus,  F«  X.,  Familie  Wickram. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  28,  205  f. 

D.  Altsächsiscb. 

890.  Heliand  herausgegeben  ron  E.  SieTen.  Lex.  8.  (XLIV,  542  S.) 
Halle  1878.  Waisenhaus.  8  M. 

Germanistiflehe  Handbibliothek  herausgegeben  Ton  J.  Zacher  IV.  Vgl.  Jenaer 
Liter.  Zeitung  1878,  22  (Behaghel);  Liter.  CentralblaU  25  (Braune);  Key.  crit.  40; 
Blitter  f.  liter.  Unterhaltung  1879,  21  (Bartseh);  Anzeiger  f.  deutsches  Alterthum  5, 
267—289  (Bödiger). 

891.  Bartsch,  Karl,  zum  Codex  Cottonianus  des  Heiland. 
Germania  28,  408—406. 

£.  Mittelniederdeutsch. 

892.  Zimmermann,  Paul,  zu  Bruns  altplattdeutschen  Gedichten. 
Germania  28,  70—73. 

893.  Jahrbuch  des  Vereins  für  niederdeutsche  Sprachforschung  (Jahr- 
gang 1877,  Bremen  1878):  Koppmann,  K.,  Liebesgruß.  S.  8.  —  Wehr- 
mann,  C,  Lebensweisheit.  —  Walther,  C,  das  Fastnachtspiel  Henselin 
oder  Ton  der  Rechtfertigkeit.  S.  9 — 36.  —  Schmidt,  G.,  djt  ys  dj  erfin- 
dnnge  und  Wunderwerke  des  billigen  sacramentes  tho  der  Wilsnagk.  S.  57 — 60. 
—  Schmidt,  G.,  Niederdeutsches  in  Handschriften  der  Gymnasialbibliothek 
zu  Halberstadt.  U.  S.  60—67.  —  Koppmann,  K.,  Bnmmeldens  (Lied)  S.  67 
bis  70.  —  Walther,  C,  Braunschweigische  Füudlinge.  S.  70—74.  — 
Krause,  K.  £.  H.,  capnt  draconis  und  die  Kreuzwoche.  S.  75 — 82.  —  Man- 
telsy  W.,  Krude.  S.  83—86.  —  Jellinghans,  H.,  das  Muhlenlied  S.  86—93. 

894.  Fischer,  H.,  Fragment  eines  mnd.  Arzneibuches. 

Germania  28,  52—56.  Dazu  Lübben,  A.,  zu  Germania  23,  58  f.  Germania 
23,  341  f. 

895.  Bartsch,  K.,  die  Sprache  Bertholds  von  Holle. 
Germania  28,  507  f. 

896.  Beeh,  F.,  zur  Braunschweigischen  Chronik. 
Germania  28,  142—155. 

897.  Winter,  F.,  £ike  von  Bepgow  und  der  Sachsenspiegel. 
Fersohungen  zur  deutschen  Geschichte  XVIH,  380—384  (1878). 

898.  Woeste,  F.,  zu  dem  Gedichte  über  die  Gründung  der  Abtei 
Altenberg. 

Zeitschrift  des  Bergischen  Geschichtsrereins  13.  Band  (1877). 

899.  Koppmann,  Dr.,  zum  Schmähgedicht  Tom  Jahre  1458. 
Mittheilungen  des  Vereins  f.  hambnrg.  Geschichte  I  (1878). 

900.  Gerhard  von  Minden.  Von  W.  Seelmann.  (Niederdeutsche  Denk- 
mäler.   Herausgegeben    Ton    dem  Verein    für    niederdeutsche  Sprachforschung. 

Bd.  IL)  8.  (XLVIII,  206  S.)  Bremen  1878.  Kühtmann. 

VgL  Jenaer  Liter.  Zeitung  1878,  22  (Henrid) ;  Anzeiger  f.  d.  A.  5, 239  ff.  (Straueh). 

901.  Gedichte,  drei  mittelniederdeutsche  des  15.  Jahrhunderts,  mit 
kfitiaehen  Bemerkungen  herausgegeben  von  Ph.  Wegener.  8.  (42  S.)  Magde- 
burg 1878.  Baensch.  M.  1,  60. 

Programm  des  Pädagogiums  z.  Kloster  U.  L.  Fr. 

81* 


484  BIBLIOGRAPHIE  VON  1878. 

902.  Henncke  Knecht,    mit    Anmerkangen    tod    F.  F(ren8dorfi).  8. 
Göttingen   1878. 

Nicht  im  Buchhandel. 

903.  Lübben,  A.,  Henneke  Knecht,  Str.  10. 
Germania  23,  445. 

904.  Latendorf,  F.,  zum  niederdeutschen  Kalender. 
Korrespondenzblatt  d.  Vereins  f.  nd.  Sprachforschung  UI  (1878),  42^44. 

905.  Je  Hing  hau 8,  H.,  eine  Aoegabe  des  Koker. 
Korrespondenzblatt  f.  nd.  Sprachforschung  III,  7  (1878). 

906.  Hoefer,  A.,  zu  Pfeiffers  Abdruck  aus  H.  Körner,  Grerm.  IX,  257  £ 
Germania  23,  229—236. 

907.  Behaghel,  C,  das  niederdeutsche  Lanzelotfragment. 
Germania  23,  441—444. 

908.  Sello,  G.  K.,  Woldenberger. 

Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  49  f.  Zur  Magdeb.  Schöppenchronik  S.  i 

909.  Kleemann,  M.,  ein  mittelniederdeutsches  Pflanzenglossar. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  196—209. 

910.  Das  Danziger  Schöffenbueh.     Herausgegeben   von  Dr.  M.  Toeppen. 
4.  (51   S.)  Programm    des  Gymnasiums  zu  Marienwerder  1878. 

911.  Schott,  Emser^s  niedersächsisches  Neues  Testament  Rostock  1530. 
Petzholdts  Anzeiger  f.  Bibliographie  1878,  12.  Heft. 

912.  Mummenhoff,  Heilmittel  für  Pferde.   16.  Jahrhundert. 
Anzeiger  f.  Kunde  d.  deutschen  Vorzeit  1878,  Sp.  182—4. 

913.  Schnitze,  Mart.,    plattdeutsche  Übersetzungen    alter    lateiniicher 

Documenta  des  St.  Jürgen-Hospitals  I.  4.   (7   S.) 

Programm  der  höheren  Knabenschule  in  Oldesloe  1878. 

F.  Mittelniederländiseh. 

914.  Vries,  M.  de,  middelnederlandsche  Verscheidenbeden. 
Taalkundigc  Bijdragen  2  (1878),  62-104. 

915.  Vau   enen  manne    die    gheme   cnollen  vercoopt  enc  goede  boerde. 

Door  E.  Verwija.   8.   (70  S.)  *8  Gravenhage   1878.  Nijhoff. 
Vgl.  Anzeiger  f.  deutsches  Alterthum  4,  411  f.  (Franck). 

916.  Jacob  van  Maerlant,    kleine  Gedichten^    med    inleiding,    toe- 

lichting   en  bijlagen  van  J.  van  Vloten.  8.  (112  S.)  Haarlem   1878.   de  Gnf. 
Vgl.  Anzeiger  f.  deutsches  Alterthum  4,  396—411  (Franck). 

917.  Jacob  vanMaerlant,  Naturen  bloeme,  nitgegeven   door  E.  Ver 

wijs.   Deel  I.   8.  (345  S.)  Groningen   1878. 

Bibliotheek  van  Middel-nederlandsche  letterkunde  Aflev.  21. 

918.  H(ellwald),  F.  v.,  Jacob  van  Maerlaut  ein  Culturbild    des  13.  Jbs. 
Allgemeine  Zeitung  1878,  Beilage  13.  15. 

919.  Behaghel,    0.,    zwei    deutsche    Übersetzungen    der    Offenbarung 

Johannis. 

Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  97—142.  Mnl.  und  md. 

920.  Franck y  Job.,    kleine    Bemerkungen    zar    mnl.    Obersetzang   d«r 

Offenbarung  Johannis. 

Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  84  f. 

921.  Rottmanner,    M. ,    eine    niederländische    SchachhaDdseliiift  dci 
15.  Jahrhunderts. 

Zeitschrift  f  deutsches  Alterthum  22,  409-421. 


Xm.  6.  ANGELSÄCHSISCH.  H.  MITTELENGLISCH.  485 

922.  Seghelijn  van  JberuBalem  naar  het  Berlijnschc  handschrift  en 
den  oaden  druk  ran  wege  de  Maatschappij  der  Nederlandscbe  letterkande  nit- 
gegevcn  door  Verdam.  8.  (XII,   184  S.)  Leiden  1878.  f.  3,  50. 

Vgl.  Anzeiger  f.  deutsches  Alterthnm  5,  70—84  (Franck). 

G.  Angelsächsisch. 

928.  Facsimiles  of  Anglo-Sazon  Manuscripts^    photographed    by  com- 

mand     of   the  Queen    on    the    recommandation    of  the  Master   of  the  roUs  by 

General  Cameron,  Director  of  the  Ordnance  Snrvey^  with  translations  by  Basevi 

Sanders.  (25  plates  imp.  fol.)  1878.  2  L.  6  s. 
Vgl.  Academy  3.  Mai  1879. 

924.  Grein,  Chr.^  Aelfrics  Bach  der  Richter. 
Anglia  H,  141—162. 

925.  Zupitza,  Julius,  über  den  Hymuus  Cädmons. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  210—223. 

926.  Gospel  according  to  St.  John  in  Anglo-Sazon  and  Northumbrian 
Venions^  synoptically  arranged,  with  collations  ezhibiting  all  the  readings  of 
all  the  mss.     Edited  by  W.  W.  Skeat.   4.  (218  S.)  Cambridge  1878.   10  sh. 

927.  Codex  aureus  sive  Quattuor  evangelia    ante  Hieronymum    latine 

translata.  Ed.  Jo.  Belsheim.    8.  (LVI,  348  S.)   Christiania  1878. 

Aus  einer  Stockholmer  Hs.,  die  Bl.  U  angelsächsisches  enth&lt.  Vgl.  Liter. 
Centralblatt  1878,  29;  Theolog.  Liter.  Zeitung  15. 

928.  Wülcker,  R.,  über  den  Dichter  Cynewulf. 
Anglia  I,  483-507. 

929.  Holder,  A.,  die  Bouloneser  angelsächsischen  Glossen  eu  Prudentius. 
Germania  28,  383-403. 

930.  Zupitza,  J.,  zu  den  Kentischen  Glossen  Zs.   21,   1   ff. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  223—226. 

931.  Krebs,  H.,  die  angelsächsische  Übersetzung  der  Dialoge  Gregors. 
AngUa  n  (1878),  65—70. 

H.  Mittelenglisch. 

982.  Böddeker,  K.,  altenglische  Dichtungen  des  Ms.  Harl.  2253.  Mit 
Grammatik  und  Glossar  herausgegeben.  8.  (XVI,  463  S.)  Berlin  1878.  Weid- 
mann. 8  M. 

Vgl.  Anglia  2,  607  ff.  (Schipper);  Englische  Studien  2,  499  (Rölbmg). 

933.  Zupitza,  J.,  Verbesserungen    und    Erklärungen    zu    altenglischen 

Schriftstellern. 

Anglia  I,  468—483. 

934.  Stratmann,  F.  H. ,  Verbesserungen  zu  altenglischen  Texten. 
Englische  Studien  2,  119—120. 

985.  Zupitza,  J.^  zu  R.  Morris^  an  old  english  Misccllany  pp.  156 — 159. 
Anglia  I,  410—414. 

986.  Alexander  and  Dindimus:  or,  the  letters  of  Alexander  to  Diu- 
dimus  ,  king  of  the  Brahmans,  with  the  replies  of  Dindimus;  being  a  second 
fragment  of  the  alliterative  romance  of  Alisaander.  Translated  hom  the  latin 
about  a.  d.  1840—50;  re-edited  by  W.  W.  Skeat  8.  (XXXVI,  98  S.)  London 
1878.  Trübner.  6  sh. 

Early  EngHah  Tnt  Söoiety» '•      .    /.  .<.  iv.i     • 


486  BIBUOGBAPHIE  VON  1878. 

937.  AlexiQslieder  Ton  Dr.  Carl  Hontmann. 
ArehiT  f.  cL  Stadium  d.  neneren  SprmcheD  59  (1878),  71—106. 

938.  Boddeker,  K.,  Versifizirte  Benediktinerre§^  im  unorthem  dialeetV 
EngliBche  Stadien  8,  60—98. 

939.  Horstmann,  C,  ein  Beitrag  lu  Celestin. 
AnglU  I  (1878),  390-392. 

940.  Chaacer;  Oeoffroy^  Poetical  works  with  poems  formerlj  piinted 
with  bii  name  or  attributed  to  him.  Edited,  with  a  memoir,  bj  BelL  Befiied 
edition  in  4  yoIb.  with  preliminaiy  essaj  by  W.  W.  Skeat  Vol.  3  and  4. 
12.  London  1878. 

941.  Koeh,J.,  über  die  neuesten  YeroffentUchangen  der^Chaneer-Soeietf. 
Anglia  II,  632—646. 

942.  Lindner,  F.,  The  tale  of  Qamelyn. 
Englische  Stadien  2,  94—114.    Zu  Chaaeer  Cant  t 

943.  Köhler,  B.,  an  Chancer'a  Milleres  Tale. 
Anglia  II,  136—6. 

944.  S(keat),  W.  W.,  the  Coort  of  Love. 
Academy  3.  Aagost  1878,  8.  116-117. 

945.  Caraor  Mnndi  (The  Corsor  of  the  world).  A  nortbnmbriaa  poea 
of  the  XIV^  centory.  Edited  by  R.  Morris.  Part  V.  8.  (6  BI.  und  &  1361 
bis  1675).  London  1878.  Trabner.  25  sh. 

Early  English  Text  Society. 

946.  Adam  Davy's  5  Dreams   aboat  Edward  11.     The   lifB  of  St  Ak- 

zios.  Solomon's  Booc  of  Wisdoom.   St.  Jerome's  15  Tokens  before  Doomsdiy. 

The  Lamentation    of  Souls.    Edited  {by  F.  J.  FumiTalL    8.  (122  S.)  Londoo 

1878.  Trübner.  5  sh. 

Early  English  Text  Sodetj. 

947.  The  history  of  the  Holy  Grail,    englisht,    about  1450  a.  d.  bj 

Harry  Lonelich.    Be-edited   by  F.  J.  FnmiTall.    Part  IV.  8.  (S.  209— 36r. 

London  1878.  Trübner.  15  sh. 

Early  English  Text  Society.  Extra  Series  XXX. 

948.  Kohler,  R.,    zu  einer  Stelle  des  altengliaehen  GMichtes  tob  der 

Kindheit  Jesu. 

Englische  Stadien  2,  116—116.  Nachtrag  Ton  E.  Kölbing  S.  117—8. 

949.  Horstmann^  C,  Sammlung  allenglischer   Legenden   groAtentiieOi 

nun  ersten  Male  herausgeg.  8.  (227  S.)  Heilbronn  1878.  Henninger.  IL  7,  20. 
Vgl.  Liter.  Centralblatt  1879,  Nr.  7  (Wfilcker);  Wiss.  Monatsbl.  1879, 1  (Schob). 

950.  Zupitza,  J.,  zwei  mittelenglische  Legendenhandsehxifken. 
Anglia  I  (1878),  392-410. 

951.  The  libell  of  english  policye.  1436.  Text  und  metriaeke  Über 
Setzung  von  Wilh.  Hertzberg.  Mit  einer  geschichtlichen  Einleitung  nm  B.  Paifi- 
8.  (120  S.)  Leipzig  1878.  Hirzel.  4  M. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  60;  Histor.  Zeitschrift  41,  360  ff.;  Engliaehe  Sta- 
dien 2,  488. 

952.  Varnhagen,  H.,  zum  Gedichte    Long  Life. 
Anglia  II,  71—72. 

953.  Varnhagen,  H.,  Beitrage  zur  Erklärung  und  Textkritik  von  Dts 
Michel's  Ayenbite  of  Inwyt. 

Englische  Studien  2,  27—69. 

954.  Konrath,  M.,  Beiträge    zur   Erklärung    und   Textkritik    des  WS- 
Ton  Schorham.  8.  (63  S.)  Berlin  1878.  Weidmann.  M.  2,  40. 

Vgt  Anseiger  f  deutsches  Altarthum  6,  267—9  (Vanihagen). 


L  ALTNORDISCH.  487 

I.  Altnordisch. 

955.  Edda,  die ^  die  ältere  und  jüngere >  nebst  den  mTtbischen  Ersäh- 
lungen der  Skalda,  tibersetzt  Yon  K.  Simrock.  7.  Auflage.  8.  (VII^  482  S.) 
Stuttgart  1878.  Cotta.  8  M. 

956.  Bergmann,  F.  W.,  Allweise^s  Sprüche,  Thrynis- Sagelied,  Hjrmis- 
Sagelied,  und  Loki*s  Wettstreit.  Vier  eddische  Oedichte  des  Thdr-Cyclus  kri- 
tisch hergestellt,   übersetzt  und  erläutert.    8.  (VIII,  304  S.)  Straßburg  1878. 

Trübner.  7  M. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1879,  84  (Edzardi). 

957.  Das  Lied  von  Hamde  übersetzt  von  Rosa  Warrens. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  338-341. 

958.  Edzardi;  A.,    kleine  Beiträge  zur  Geschichte  und  Erklärung  der 

Eddalieder. 

Germania  23,  168—188.  314—341.  406—440. 

959.  Sijmons,  B.,  Uit  de  Edda. 
Taalkundige  Bijdragen  2,  105—113. 

960.  Die    prosaische    Edda    im    Auszuge    nebst    Volsungasaga    und 

Nornagests-th&ttr.  Mit  ausführlichem  Glossar  herausgegeben  von  Ernst  W  i  1  k  e  n. 

Th.  I:  Text.  (CVIU,  264  S.)  Paderborn  1878. 

Vgl.  Germama  24,  362  ff.  (Edzardi);  Liter.  Centralblatt  1878,  44  (Edsardi). 

961.  Wilken,  £. ,  Untersuchungen    zur    Snorra    Edda.    Als  Einleitung 

'rar  prosaischen  Edda  im  Auszuge.    8.  (296  S.)  Paderborn  1878.  Schöningh. 
Vgl.  Germania  24,  368  ff.  (Edzardi);  Liter.  Centralblatt  1878,  44  (Derselbe). 

962.  Bugge,  S.,   Tolkning    af  Runeindskriften    pl  Rokstenen   i  Oster« 

götland.  Ett  bidrag  til  kundskab  om  svensk  sprog,  skrift  og  skaldekunst  i  old 

tiden.  8.  StockhoUn  1878. 

Aus  Antiqvarisk  Tidskrifk  för  Sverige  V.  Vgl.  Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie 
9,  478  ff.  (Moebins). 

963.  Stephens,  G.,  Om  Rokstenen. 
Antiqvarisk  Tidskrift  fÖr  Sverige  V,  161—180. 

964.  Rygh,  0.,   og  Bugge,  Sophus,    en  i  Norge  funde  Spsende  med 

Runeindskrift  fra  Mellemjemalderen. 

Aarböger  for  nordisk  Oldkjndighed  1878,  S.  69—72. 

965.  Henning,  R.,  die  Ranen  auf  der  Spange  von  Vimose. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22.  311—316. 

966.  Hildebrand,  H.,  Kronologiska    anteckningar   om  vira  runstenar. 
Vitterhets  Historie  och  Antiqvitets  Akademiens  Minadsblad  1878,  S.  710-713. 

967.  Stephens,  G.,  Pilgardarunstenen  i  Böge  socken  pa  Gotland. 
Vitterhets  Historie  och  Antiqvitets  Akademiens  Mänadshlad  1878,  S.  693—598. 

968.  Wimmer,  L.  F.  A.,  sproglige  iagttagelser  fra  en  runologisk  reise 

i  Sklne  i  sommeren  1876. 

Separatabdruck  aus  kort  udsigt  over  det  filologisk-historiske  samfunds  virksom- 
hed  i  1876—78.  8  8.  8. 

969.  Stieda,  L.,  über  einen  unechten  Runenstein  in  Schweden. 
Sitzungsberichte  der  gelehrten  estnischen  Gesellschaft  zu  Dorpat  1877.    Dorpat 

1878.  8. 

970.  Isländska  sagor.  I  svensk  bearbetning  för  alimän  läsning. 
LNials'saga.  Öfters,  af  A.  U.  B££th.  8.  (VIÜ,  356  S.)  Stockholm  1878—79. 
Seligmann.  4  kr. 

971.  Sturlesön,  Snorre,  Norge  konge-krönike  fordansket  ved  N.  F.  S. 
Gmndtvig.  Tredie  Udgave.  1.  og  2.  Hefte.  8.  (352  S.) 


488  BIBLIOGRAPHIE  VON  1878. 

972.  Forosögur  Saarland a.  Isländska  bearbetoingar  af  främmande 
romaner  fran  medeltiden.  Efter  gamla  handskrifter  utgifna  af  G.  Ceder- 
schiöld  (Bserings  saga.  Fiovents  saga).  4.  (S.  85 — 168.) 

Lands  UnlTersitets  Arsskrift  1877—78. 

973.  Storm  Gast.,  kritiske  Bidrag  til  VikiDgetidens  Historie  (I.  Ragnar 

Lodbrok  og  Gange-Rolv).  8.  (218,   1  S.)  Kristiania  1878. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  Nr.  26  (Edzardi);  Jenaer  Liter.  Zeitung  1878, 
Nr.  61. 

974.  Storm,  Gast.,  En  oldnorsk  Saga  om  Danekongerne  (Langeb. 
SD.  n,  424-33)  in:  Christiania  Vidensk.  Selsk.  Forhandl.  1878,  Nr.  6, 
S.   1—15. 

975.  Biskupa    sogar,    gefnar    üt    af    hinu    islenzka    bökmentaf^lagi. 

n.  Bd.  (V,   804  S.)  Kaupmannahöfn   1878. 

Hiermit  ist  diese  wichtige  Sammlang  vollendet.  Der  1.  Bd.  erschien  1858. 
Vgl.  Jenaer  Liter.  Zeitong  1879,  16  (Maarer^^ 

976.  Droplaagar-sona  saga.  rorleifr  Jönsson  gaf  üt.  8.  (VI,  42  8.) 
Reykjavik  1878. 

977.  Leffler,  L.  F.,  Rökstenen  och  Fritbiofs  saga. 

Nordisk  Tidskrift  för  Vetenskap,  Konst  och  Indnstri  1878,  S.  166—169. 

978.  Gall-Pöris  saga.  torleifr  Jönsson  gaf  dt  8.  (IV,  52  S.)  Rey- 
kjavik  1878. 

979.  Die  Geschichte  von  Gunnlaag  Schlangenzunge.  Aus  dem  islan- 
diseben  Urtexte  übertragen  von  E.  Kölbing.  16.  (XIII,  72  S.)  Heilbronn  1878. 
Henninger.  M.  1. 

Vgl.  AUgem.  Liter.  Correspondenz  I,  8;  Europa  1878,  Chronik  Nr.  9;  Jenaer 
Liter.  Zeitung  16;  Magazin  f.  d.  Literatur  d.  Auslandes  14;  Herrigs  Archiv  69,  459; 
Alma  mater  1878,  18. 

980.  Kölbing,  E.,  zur  Guunlaugs  saga  ormtungu. 
Wiss.  MonatsbläUer  1878,  Nr.  7. 

981.  Bleibtreu,  K.^  Gunnlaug  Schiagenzunge.   Eine  Inselmär.  8.  Berlin 

1878.  Schleiermacher.  3  M. 

Poetische  freie  Bearbeitung. 

982.  Hovard  Isfjordings-S  age,  die.  Aus  dem  altisländiscben  Ur- 
texte übersetz  von  W.  Leo.  16.  (XV,  142  S.)  Heilbroon  1878.  Henninger.  2  M. 

983.  Brenner,  Oscar,    über    die  Kristni-Saga.    Kritische  Beiträge   zur 

altnordischen  Literaturgeschichte.  8.  (XIV,   158  S.)  München   1878.  Kaiser. 

Vgl.  Liter.  Centralblatt  1879,  Nr.  12  (Edzardi);  Jenaer  Liter.  Zeitung  Nr.  9 
(Maurer). 

984.  Lefoliiy  H.,  die  Nialssaga.  Nach  der  dänischen  Wiedergabe  über- 
setzt von  J.  Claussen.  8.  (VU,   223  S.)  Leipzig  1878.  Barth.  M.  3,  60. 

985.  Döring,  Bernhard,  eine  altisländische  Brandlegung.  Episode  aus 
der  Erzählung  vom  Leben  des  Njal,  aas  dem  altnordischen  Urtexte  übertragen. 
Separatabdruck  aus  dem  Osterprogramm  des  Nicolaigymnasiums.  Leipzig  1878. 
4.  (20  S.) 

986.  Der  altnordische  Roland.  Ins  Deutsche  übersetzt  von  Ed.  Koschwitz. 
Romanische  Studien  von  Ed.  Böhmer.  III,  2  (1878). 

987.  Sturlunga  saga,  including  the  Islendinga  saga  of  Lawman 
Sturla  Thordsson  and  other  Works,  edited  with  Prolegomena,  Appendicei, 
Tables,  Indices,  and  Maps  by  Dr.  Gudbrand  Vigfusson.  2  voll.  Oxford, 
Clarendon  Press.   1878.   (I:  CCXIX;  409  pp.  II:  518  pp.)  42  M. 


Xm.  K.  ALTSCHWEDISCH.    L.  ALTDÄNISCH.   M.  MITTELLAT.  POESIE.    489 

988.  Die  nordische  und  die  englische  Version  der  Tristan  «Sage.  Her- 
ausgegeben   von    Engen    Kölbing.     1.  Tbeil.    Tristrams  Saga    ok  Isondar.    8. 

(CXLVIII,   224  S.)   Heilbronn   1878.  Henninger. 

Vgl.  Bomania  1879,  281  ff.  (Vetter);  Liter.  Centralblatt  23  (Paul);  Götting. 
GeL  Anzeigen  1879,  14  (Wilken);  Jenaer  Liter.  Zeitung  26  (Löschhorn). 

989.  Saga  af  Tristram  ok  Isönd  samt  Möttuls  Saga  udgivne  af  det 

kgl.  nordiskc  Oldskriftselskab.   8.  (IV,  456  S.)  Kopenhagen   1878.  Thiele. 

Vgl.  Romania  1879,  276  ff.  (Nyrop);  Liter.  Centralblatt  23  (Paul);  Revue  cri- 
tique  21;  Göttiog.  Gel.  Anzeigen  14  (Wilken);   Jenaer  Liter.  Zeitung  25  (Löschhorn). 

990.  Leifar  fornra  kristinna  froeda  fslenzkra:  Codex  Arnamagnaeanus 
677.  4°  auk  anoara  enna  clztu  brota  af  islenzkum  gudfroedisritum.  Prenta 
Ijet  Thorvaldur  Bjamarson.  (XX,   207  S.)  Kaupmannahöfn   1878. 

Vgl.  Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  484  ff.  (Möbius).  Aus  geistl.  Schriften. 

991.  Gering)  H.,  isländische  Glossen. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  386—394. 

992.  Kölbing^  £.,  Bruchstücke    einer    altnordischen    Bearbeitung    von 

Pamphilus  und  Galathea. 

Germania  23,  129—141. 

993.  Hildebrand,  E.,  Gm  äldre  handskrifters  atergifvande  i  tryck. 
Historiskt  Bibliotek  1878,  S.  19—48. 

K.  Altschwedisch. 

994.  Klemming,  G.  E.,  Sveriges  dramatiska  litteratur.  H.  4.  8.  (S.  497 
bis  592).  Stockholm   1878. 

Samlingar  utgifua  af  Svenska  Fornskrift-Sällskapet,  H.  71. 

995.  Klosterläsning.  Utg.  af  G.  E.  Klemming.  H.  3.  8.  (S.  305 
bis   440).   Stockholm   1878. 

Samlingar  utgifna  af  Svenska  Fornskrift-Sällskapet  H.  70. 

996.  Um  styrilsi  kunnunga  ok  höf)3inga.  Normaliserad  upplaga,  ut- 
gifven  af  R.  Gecte.  8.  (VIII,  125  S.)  Stockholm  1878.  Norstedt  u.  Söhne.  8  kr. 

997.  Svenskt  Diplomatarium.  Utgifvct  af  riksarchivet  genom 
E.   Hildebrand.  VI,   1.  4.   (264  S.)  Stockholm   1878.    Norstedt.   7  kr. 

L.  Altdänisch. 

998.  Olger  Danskes  Krönnike.  Efter  de  aeldeste  Udg.  bearb.  af 
Hansen,  med  cn  Fort,  af  Molbech.  8.  (304  S.)   1878.  kr.  1,  35. 

M.  Mittellateinische  Poesie. 

999.  Peiper,  Rudolf ,    zur  Geschichte    der  mittellateinischen  Dichtung. 
Archiv  f.  Literaturgeschichte  (1878)  VII,  409—433. 

1000.  DU  mm  1  er;  E.,  die  handschriftliche  Überlieferung  der  lateinischen 
Dichtungen  aus  der  Zeit  der  Karolinger.  I.  II. 

Neues  Archiv  der  Gesellschaft  f.  ältere  deutsche  Geschichtskunde  IV,  1  (1878). 
2  (1879). 

1001.  Ebert,  Adolf,  kleine  Beiträge  zur  Geschichte  der  karolingischen 

Literatur. 

Berichte  der  kgl.  sächs.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  1878,  S.  96  —  112. 
1.  Theodulfs  Geburtsland.  2.  Theodulf  und  Raban.  3.  Zu  der  Lebensgeschichte  des 
Wal.  Strabo 


490  BIBUOQRAPHIE  VON  1878. 

1002.  Franoke^  Dr.  KniiOi  zur  G^chichte  der  lateinischen  Scholpoeiie 
des  12.  und  13.  Jahrhunderts.  8.  (107  S.)  München  1879.  Liter.artist  An- 
stalt M.  3,  60. 

1003.  Monamenta  Germaniae    historica.    Scriptores    remm  Lango- 

bardicarum.  Hannover  1878.  4. 

EnthSlt  viele  lateinische  Gedichte,  yon  Paulas  Dlaconas,  Petras  Pisanas  etc. 

1004.  Kleinere  lateinische  Denkmäler  der  Thiersage  aas  dem  12.  bii 

14.  Jahrhundert.  Heransgegeben  von  Ernst  Voigt.  8.  (VII,  156  S.)  Straßbarg 

1878.  Trübner.  M.  4,  50. 

Quellen  und  Forschungen  XXV.  Vgl.  Liter.  Centralblatt  1879,  Nr.  10;  Aoseiger 
f.  deutsches  Alterthum  6,  99  £  (Seiler). 

1005.  Winkelmann,  E.,  Tier  Gedichte  des  13.  Jahrhunderts. 
Monatsschrift  f.  Geschichte  Westdeutschlands  4.  Jahrgang  (1878),  6.  Heft 

1006.  Wattenbach,  W.,  ans  einer  Halberstadter  Handschrift. 
Anzeiger  f.  Kunde  d.  deutschen  Voneit  1878,  Sp.  318—320.  346—360. 

1007.  Lanbmann,  Mittheilangen  ans  Wfinbarger  Handschriften. 
Sitzuogsberichte  der  Münehener  Akademie  1878,  1.  2. 

1008.  Leist;  0.,  der  Antidaadianns ,  ein  lateinisches  Gedicht  dei 
XU.  Jahrhunderts  und  sein  Verfasser  Alanus  ab  Insalis.  4.  (16.  S.)  See- 
hausen i.  A.   1878.  Programm. 

1009.  Abhandlungen,  philologische,  zu  Ehren  Th.  Mommsens  hertoB- 

gegeben.  Berlin  1878. 

Darin  Angilberts  Gedicht  über  die  Schlacht  von  Fontanetam  yon  £.  Dümmler. 

1010.  Ebert,  Adolf,  Naso,  Angilbert  und  der  Conflictus  veris  et  hiemis. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  328*-33ö. 

1011.  Pasquier,  un  po^te  chrötien  k  la  fin  da  XI*  si^le.  Bandriß  abb^ 
de  Bourgeuily  archevdque  de  Dol,  apr^s  des  documents  in^its  (1046 — 1130). 
Th^.  Angers  1878.  8.  (297  S.) 

1012.  Carmina  clericorum.  Studentenlieder  des  12.  und  13.  Jahrhon- 
derts  edidit  domos  quaedam  Yctus.  4.  Anfl.  (Vm,  120  S.)  Heilbronn  1878.  1  M. 

1013.  Carmen  auf  die  Schlacht  bei  Hemmingstedt.  Mit  Einleitong  und 
Erläaterungen  ron  K.  Müllenhoff. 

Zeitschrift  d.  Gesellschaft  f.  Schleswig-Holstein-Lauenb.  Geschichte  8.  Bd. 

1014.  Reinecke,  Alb.,  ein  Gedicht  aus  der  Hussitenzeit. 
N.  Mittheil,  des  Thür.-Sfichs.  Vereins  XXIV,  2  (1878). 

1015.  Peiper,  R.,  Verse  aus  der  Hussitenzeit. 

Forschungen  sur  deutschen  Geschichte  18  (1878),  161 — 168.  Vagantoipoesie. 

1016.  Maurus,  P.,  Lateinische  Verse  des  Mittelalters. 

Aus  Raigem.  Anzeiger  f.  Kunde  d.  deutschen  Vorzeit  1878,  213  f. 

1017.  Dümmler^  E.,  über  die  G^edichte  de  Cucalo. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  67—71. 

1018.  Oesterley^  H.,  Deiikverse  bei  mittelalterlichen  Geschichtsschreibeni 
gesammelt. 

Forschuogen  zur  deutschen  Geschichte  18  (1878)^  19—46. 

1019.  König,  Dietrich,  aber  Denkverse  im  Mittelalter. 
Forschungen  zur  deutschen  Geschichte  18,  569—676  (1878). 

1020.  Wackerneil,  J.  E.^  das  Drama  vom  römischen  Reiche  deot- 
scher  Nation  und  vom  Antichrist. 

Literaturblatt  von  Edlinger  H.  21.  23. 

1021.  Bartsch,  K.^  nochmals  die  Ecbasis. 
Germania  23,  264  f. 


XIII.  L.  IfITTELLATEINISOHE  POESIE.  491 

1022.  Voigt,  E.,  noch  einmal  die  Ecbasis. 
Anzeiger  f.  dentBches  Alterthum  6,  96 — 98. 

1023.  Hartmann,  Angost,  Scheirer  Rhythmne  von  der  Erlöeong. 
Zeitschrift  f.  denteches  Alterthum  28»  173—189. 

1024.  Monaci,  E.,  in  den  Atti  deir  Academia  dei  Lincei,  naova  serie, 
3,  60;  und  im  Archivio  della  societk  Romana  di  Storia  patria  I,  gibt  Bericht 
über    ein  lat.  Gedicht  Geeta  Friderici  I.  (c.  3600  verse). 

1025.  Jusserand,  J.  J.,  de  Josephe  Ezoniensi  vel  Iscano  thesim  pro- 

ponebat  Lngdnnensi  litteramm  facnltati.  8.  (138  S.)  Paris  1877.  Hachette. 
Vgl.  Liter.  Centralblatt  1878,  86. 

1026.  Klage  um  den  Tod  des  Grafen  Raimund  von  Barcelona. 
N.  Archiv  d.  Gesellschaft  f.  ältere  d.  Geschichte  3,  407  ff. 

1027.  Schepfs,  Dr.,  eine  lateinische  Komödie  aus  dem  15.  Jahrhundert. 
Anzeiger  f.  Kunde  d.  deutschen  Vorzeit  1878,  8p.  161—164.   Aus  cod.  lat.  108 

in  Maihingen. 

1028.  Ferry,  de  Marbodi  Rhedonnensis  episcopi  vita  et  carminibus« 
Theses  Monpesliensi  litteramm  facultati  proponebat.    8.  (111  S.)  Ntmes  1878. 

1029.  Brieden,  historischer  Werth  des  Poeta  Sazo  für  die  Geschiebte 

Karls  des  Grossen.  4.  (16  S.)  Arnsberg  1878. 
Programm. 

1030.  Zimmermann,  G.  R.,  Ratpert  der  erste  Zürcher  Gelehrte.  Ein 
Culturbild   aus    dem  9.  Jahrb.    8.  (245  S.)  Basel  1878.  Schneider.  M.  8,  60. 

1031.  Du  mm  1er,  E.,  Lorscher  Rätsel. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  268—263. 

1032.  Eberty  A.,  zu  den  Lorscher  Rätseln. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  23,  200—202. 

1033.  Lateinische  Rätsel,  von  E.  Dümmler. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  421  f. 

1034.  Falk,  F.,  das  Speculum  hnmanae  vitae,  sein  Verfasser  und  sein 
Übersetzer. 

Petzholt,  Neuer  Anzeiger  f.  Bibliographie  1878,  6. 

1035.  Dümmler,  E.,  lateinische  Sprichwörter. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  422  f. 

1036.  Voigt,  E.,  zu  Denkm.  »  XX VU,  2. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  388  f. 

1037.  Müller,  E.,  zum  Waltharius. 
Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  9,  161—172. 

1038.  Ivandid,  J.,  wie  hat  Walther  von  Castiglione  Vergil  nachgeahmt? 
8.  (22  S.) 

Programm  des  Gymnasiums  zu  Mitterburg. 

1039.  Waltheri  Spirensis  Tita  et  passio  S.  Christophori  martyris.  Ed. 
W.  Harster.  8.  (X,  173  S.)  München  1878. 

Vgl.  Liter.  CeniralblaU  1878,  Nr.  40  (Dümmler);  Götting.  Gel.  Anz.  1879,  20 
(Pannenborg). 

1040.  Gedicht  über  die  sechs  Weltalter.  Von  E.  Dümmler. 
Zeitschrift  f.  deutsches  Alterthum  22,  423-428. 


492 


SE0I8TEH  ZUM  XXU.— XXIV.  JAHB6ANO. 


REGISTER 


ZUM 
ZWEIUNDZWANZIGSTEN  BIS  VIERUNDZWANZIGSTEN  JAHRGANG. 


k,  saffix,  24,  244. 
abhäDgige  Rede  24,  83. 
Absolute  Partipia  im  Gotischen  23,  242. 
Adam  und  Kva,  Busse  22,  316. 
Acrricola,  Phil.  24,  405. 
Albers  Tundalus  22,  264. 
Alezanderdichtimg  24,  20. 
Alliterationspoesie,  metrisches  za  derselben 

24,  257. 
als,  also  28^  283. 

Altenglische  Lautvei  hSltnisse  22,  93. 
Altenglische  Literatur  22,  98. 
Altniederdeatsehe  Denkmäler  23,  114. 
alx6s  22,  42. 

Amgrund,  Jacob,  22,  356. 
aneminne  22,  42. 
Angrels&chsische  Glossen  aus  Boulogne  23, 

385. 
Angelsächsische  Urkunden  22,  354. 
aiislaht,  anslahte  24,  139. 
Arzneibuch,  mnd.  23,  52.  341. 
Ascbeopüster  24,  384. 
aschez  22,  48. 

asyndetische  Parataxe  24,  167. 
Atlakvida  23,  406. 
Atlamil  23,  409. 
Ave  Maria  22,  357. 

B. 

bambast  23,  308. 

bancklocke  22,  43 

Baumcultus  22,  232. 

bebüwen  22,  42. 

Beet  23,  285. 

Beheim,  Michael,  sein  Lebensende  22,  412. 

Berthold  von  Holle,  Sprache  23,  507 ;  De- 
mantin 24,  120. 

BesegnuDgen,  bairische  24,  73. 

Bett  23,  285. 

BettsUtt,  die  krachende  24,  21.  417. 

Betz,  Job.  24,  401. 

bewerre  22,  45. 

Bibliographie,  germanistische,  für  1876: 
22.  447;  1877:  23,  449;  1878:  24,  433. 

Bilder  in  Runkelstein  23,  28. 

biuz  23,  313. 

birflich  22,  43. 

Biterolf  22,  41. 


blazze  23,  309. 

Bremberger  24,  400.  405. 

Bruno,  Verfasser   der  Braunschweigisehsn 

Reimchronik  28,  149. 
brüst  23,  143. 
brutmisse  24,  883. 
Bflcherrerzeichnisa,  altes  24,  16. 
bucovel  28,  342. 
Bfischiug  22,  382. 

C.  s.  auch  K. 

Cisarins  von  Heisterbach  24,  885. 
CausalsiUe  und  ihre  Partikeln  22,  229. 
Chronik,  Braunsehweigische  28,  142. 
Chronik,  Stretlinger  22.  878. 
Chrysilippus,  Elias  24,  406. 
Cisiojanus  22,  286. 

Conjunctiv  23,  113;   Gebrauch  im  Mittel- 
hochdeutschen 24,  378. 


d  niederL  23,  114. 

Dämonen  22,  182 

dam  mnd.  23,  8. 

das,  daß  23,  259. 

den,  denen  23,  268. 

der,  deren,  derer  23,  268. 

des,  dessen  28,  268. 

Dialekt,  Bistritzer  22,  241.  367. 

Dialekte,  einheitliche  Schreibung  derselben 

22,  109. 
Dialekte,  Lautbezeichnung  22,  499. 
Diez,  Fr.  22,  499.  501. 
Dilbanm,  Sam.  24,  406. 
-ding,  Familiennamen  auf  28,  18. 
Disconus,  U  biaus  22,  103. 
Dissimilation  28,  32. 
Dorothea  24,  882. 
drabgerste  24,  140. 
Dreikönigsbildchen  24,  384. 
dunkelbiderbe  22,  887. 
dunkelbilde  22,  887. 
dunkelSre  22,  387. 
dunkelguot  22,  386. 
dunkelkouf  22,  387. 
dunkekneister  22,  387. 
dunkelmütekeit  22,  387. 
dunkelvriunt  22,  387. 


REOISTRR  ZUM  XXn.--XXiy.  JAHRGANG. 


493 


Eberhard  Zarsne  22^  42. 

Ecbasis  captivi  22,  97.  23,  264. 

Eckart,  Meister  22,  391. 

Eddalieder,  Beiträge  snr   Geschichte  und 

ErkISnug  23,  158.  314.  406.  24,  46. 
Edda,  prosaische  24,  352.  363. 
ehe,  eher  23,  289. 

Eheyerlöbnissformel,  priesterliehe  22,  437. 
Eier,  gestürzte  23, 3 10 ;  yerlome  Eier  23, 309. 
EUbart  yon  Oberge  28,  345.  24,  19. 
ein  und  ain  in  der  Österreich.  Mnndart  24, 

198. 
Ekekiame  23,  9. 
Eltern,  älteren  23,  262. 
Enenkel  24,  294. 
Epik,  altfranzösische  23,  361. 
Herzog  Ernst?  24,  20. 
esel  dnych  22,  45. 
esling  22,  44. 
Ettmflller,  L.  22,  507. 
-eze  22,  290. 

F.  8.  Y. 


gebeinze  22,  290. 

gebdrtse  22,  290. 

Gebete,  altdeutsche  22,  356.  365;  Gebet, 
niederd.  24,  255. 

gebirgeze  22,  290. 

gebloimeze  22,  290. 

gebüweze  22,  291. 

gedeckeze  22,  291. 

gedermeze  22,  291. 

Gedichte  an  den  Erlöser  22,  363. 

Gedichte  des  15.  und  16.  Jahrhs.  24,399. 

gedingeze  22,  291. 

gehouweze  22,  291. 

gehürwe  23,  310. 

geistliche  Dichtung  22,  505. 

gejageze  22,  291. 

gelate,  gelatem  22,  44. 

gelebte  23.  807. 

gemaelze  22,  291. 

genetiv  pluralis  im  Germanischen  und  In- 
dogermanischen 24,  247. 

geremze  22,  291. 

Gerichtsringe  24,  94. 

geschurreze  22,  291. 

Gesta  Romanorum  24,  124. 

gesteinze  22,  292. 

gestimze  22,  292. 

gestaize  22,  292. 

getierze  22,  292. 

getilz  23,  808. 

getzen  23,  309. 

gevogelze  22,  292. 


geynone  82,  298. 

gewate,  gewat  24,  142. 

geweinze  22,  292. 

gewennerze?  22,  292. 

gewulfze  22,  292. 

gezünze  22,  292. 

glidine  22,  387. 

Glossen,  althochdeutsche  22,  392;    angel- 

slehsische  23,  385. 
GöUti,  Jo.  24,  403. 
gera  24,  368. 
Goethe  22,  501. 
Gottfried  yon  Strasburg  24,  429;    TrisUn 

22,  406.  24,  9.    106.   110;    seine  Quelle 

23,  223. 

Gottfried  yon  Hohenlohe  24,  2. 

Gralsage  23,  247. 

Griiter,  F.  D.  22,  125.  23,  250.  605. 

GrStzelius,  Wolfl^.  24,  406. 

Grein,  Ch.  22,  497. 

Grimm,    Jacob,    Briefe   22,  248.    22,  880. 

23,  250. 
Grimm,  Wilhelm,  Brief  22,  880. 
Grfpisspä  23,  325. 
grokölikln  23,  312. 
groyr  22,  43. 
Gudrun  23,  246. 
Gudrünarkyida  I  und  H  23,  184;    Gudru- 

narkyida  U  und  UI  28,  833. 
gfitzen  23,  809. 


Hugen,  F.  H.  yon  der  22,  126. 

Hahnentänze  23,  310. 

Handschriften:  in  Asbumhamplace  24,421. 

Beriin  24,  294. 

Bern  22,  354.  866. 

Brieg  28,  58. 

Dessau  22,  114.  24,  120.  882. 

Engelberg  28,  47. 

Graz  22,  487. 

Hannoyer  23,  229. 

Heidelberg  22,  116.  28,  448. 

Innsbruck  24,  211. 

Jena  22,  167. 

Karlsruhe  22,  892. 

Leipzig  24,  175. 

München  24,  292.  297. 

Paris  22,  273. 

Rom  24,  200. 

Schleiz  23,  62. 

Sterling  23,  49. 

Stuttgart  23,  52.  57. 

Udine  23.  30. 

Ulm  24,  73. 

Wittenberg  24,  16. 

Wolfenbttttel  23,  70. 

Zürich  22,  862. 
Hans,  Bruder  24,  261. 


494 


BEGI8TER  ZUM  XXn.— XXIV.  JAHROAMO. 


Hartmaims  Heimat  und  Krennlige  84, 78 ; 

Erec,  ca  82,  84 ;  Iwein  88,  846.  88,  448. 

84,  868.   Iwein,  Pariser  Handschrift  88, 

878. 
Heidenwerfen  28,  89. 
Heiland,  heilend  88,  868. 
Heilmittel,  Yolksthflmliche  88,  857. 
Heinrich  der  Löwe  84,  481. 
Heinrich  von  Melk,  Erinnening  88,  38. 
Heinrich  von  Rngge  88,  71. 
Heinrich  von  Stretlingen  88,  874. 
Heinrieha  von  Veldeke  Servatins  88,  190. 
Helnielein  von  Konstani  84,  885. 
Heldenbuch,  som  28,  40. 
Holoeder  88,  159. 
Helgakvida  Hiorvardssonar  88,  159;  Hei- 

ffakvida  Hundingsbana  H  88,  166. 
Heliand  88, 886 ;  der  Codex  Cottonianos  88, 

408.  84,  76;    die  Modi  im  Heliand  88, 

875. 
Helreid  Br)mhUdar  88,  418. 
Hemmerlin,  Meister  84,  S84. 
Henneke  knecht  88,  445. 
Hermann  der  Damen  84,  18. 
Herr  88,  864. 
Historienbibel  22,  505. 
Hochseitsprfigel  22,  194 
hoefen  88,  45. 

Hofrecht,  das  alte  schwedische  24,  64. 
Hn^s  von  Trimberg  Renner,  Hs.  in  Des- 
sau 84,  181. 
Hdsdripa  23,  486.  84,  63. 
H^miskvida  28,  421. 

I.  J. 

jach,  jSh  88,  875. 

Jacobus  a  Voragine  88,  84. 

jehan  83,  1 ;  jehen  üf  einen  88,  48. 

Jenny  Qreenteeth  28,  181. 

Johannes,  die  iwei  84,  885. 

Johannistans  24,  884. 

isen  kinwen  24,  142. 

Island,  Topofrraphie  14,  88. 

Jfidisdies  und  Christliches  in  Kunstwerken 

88,  505. 
Jfinger,  jtlnger  88,  868. 
Jungfer,  Jungfrau  83,  883. 


kach  83,  818. 

Kaiser,  der  rothe  83,  51.  84,  13. 

Kanzleisprache,  kursichsische  84,  116. 

karb  83,  312. 

Kaufleuten,  von  swei  24,  420. 

keltischer  Ursprung  deutscher  Wörter  24, 

119. 
Kempe,  Zach.  24,  407. 
keje  22,  39. 


kUber  88,  811. 

Kinderlieder  88,  898. 

Kinderspiel  aus  dem  Elsaß  84,  415. 

Kinderspiele,  catalonisehe  88,  186. 

Kindersprache  83,  198.  388. 

Kinderspruch  des  15.  Jh.  88,  848. 

Kindersprfiche    und    Reime ,    niederilltl^ 

reichische  84,  66. 
Kirchenlied,  deutsches  84,  860. 
kiuH  83,  808. 
Klage  88,  851. 
Klopstock  88,  503. 
knabe,  knappe  83,  885. 
kolhopfe  83,  309. 

König  vom  Odenwalde  88,  193.  292. 
Konnd,  Priester,  Predigten  84,  111. 
Konrad  von  Dangkrotsheim  84,  422. 
Konrad  von  Fußesbrunnen  84,  800. 
Konrad  von  Megeuberg  84,  414. 
Körner,  Hermann  88,  11.  889. 
koete  83,  308. 
Kreidweiß,  V.  84,  404. 
Kuh,  bunte,  84,  378. 
Kukuk  und  sein  Kflster  84,  414. 
Kyot  28,  248. 


Langmann,  Adelheid,  OIFenbamngen  der- 
selben 24,  249. 

Lianzelotfragment,   das  niederdeutsche  tS, 
441. 

Layamon,  Lautverh&ltnisse  22,  93. 

lebersobi  23,  313. 

leidvellir  84,  97. 
!  Lenz,  Reinh.  88,  508.  506. 
'   Lied ,  historisches ,    des  XVL  Jhs.  88,  6T. 
,   Liederbuch,  altdeutsches  88,  115. 

Ljödahittr  84,  875. 

Litanei,  OrSzer  88,  48 ;  Straßburger  88, 41 
'■'  lögröttur  84,  97. 
i  Lokasenna  83,  418. 
:   louben  83,  311. 

lünel  83,  308. 

Luthersprfiche,  vermeintliche  88,  186. 


Magd,  Maid  83,  886. 

man.  Mann  83,  861. 

MSrchen  84,  418. 

Margaretenlegende   des   18.   Jakrinrndiili 

84,  894. 
Marienleben,  Prosa  88,  856. 
Mamer,  zum  88,  36.  95.  885.   83,  5a  H 
Marpachius,  Greg.  84,  406. 
Meisterdieb  von  Brflgge  84,  877. 
Meisterlieder  88,  49. 
Metrik,  althochdeutsche  88,  865. 
Metrisches  zur  Alliteratlonspoeaie  84,  W- 
Miene,  Mine  83,  859. 


BEaiSTER  ZUM  XXH.— XXIV.  JAHRGANG 


485 


:en  22,  362. 
dgerhaiidschriften  24,  18. 

chdentscbe  Gedichte,  Brachstflcke 

f 

'  • 

iderdentsche  Gedichte  28,  70. 

HeUand  22,  375. 
,  Andr.  24,  400. 
ron  Salzburg  23,  80.  24,  261. 
Ilaler  22,  108. 
en,  Orthographie  23,  117. 
3,  809. 

iUliache  22,  189. 

gie,   deutsche   24,   248;    Beitrüge 
^7;  nordische  24,  102. 


hn  28,  810. 

;  des  12.  Jahrhunderts  24,  292. 
ideutsche  Grammatik  22,  381. 
(deutsche  Zwillingswörter  23,  267. 
^eulied  23,  73  ;  zur  Kritik  24,  201. 

saga  und  Nibelungenlied  23,  73. 
rag  22,  24. 
Bts-)>&ttr  24,  361. 
13,  446. 


ungen  der  Adelheid  Langmann  24, 

le  23,  9. 

ine  24,  93. 

lutverhältnissse  22,  93. 

a  22,  99. 

2,  40. 

üf  das  sogen,  mnl.  24,  174. 

4,  382. 

B  Reimchronik  24,  20. 

1  Diemringen  24.  19. 

I  Passan  24,  122. 


OB  und  Galathea,  altnordische  Be- 
ing  23,  129. 
>,  asyndetisehe  24,  167. 
a,  absolute  23,  242. 
1  24,  19. 
ter  22,  438. 

CS  Pnrgatorium  22,  102. 
endungen,  zur  Geschichte  24,  246. 
Job.  24,  401. 
Snige  28,  216.  384. 
Marienleben  22,  366. 
enversammlung,  Bericht  über  die 
odlungen  der  germanistischen  See- 
1  Tübingen  22,  107 ;  in  Wiesbaden 
'6;  In  Gera  24,  114. 


phul  28,  808. 

Piramus  und  Thisbe,  mnl.  28,  116. 

Piscator,  Ch.  24,  402. 

plackeyren  22,  44. 

Posse,  Possen  23,  271. 

Predigten,  altdeutsche  22,48.  24,111.418. 

Priester  Johanns  Land  28,  448. 

Pronomen,  persönUehes,  Vertausohung  yon 

gen.  dat  acc.  24»  24. 
Prudentiusglossen  28,  886. 
Psalmenflbersetsungen  28,  68.  24,  126. 


Quelle,  Quell  28,  274. 


Rabe,  Rappe  23,  286. 

Raber,  Vigil  22,  429. 

Rftthselfragen  23,  344. 

Rechtsalterthümer  22,  181.  28,  810.  312. 
318.  814. 

Regenbogen  23,  60. 

Reimchronik,  liyländische  22,  89. 

Reimspruch  28.  608. 

Reinmar  von  Hagenau  22,  70.  196. 

Reisehlein,  Samuel,  24,  406. 

reisen  24,  143. 

rensei  22,  44. 

Repgowsche  Chronik  24,  18.  19. 

Ring,  Fr.  D.  22,  602. 

rirap  mnd«  28,  341. 

Ritter,  Reiter  28,  286. 

Ritter,  neun,  und  neun  Frauen  23,  47. 

Roggenwolf  und  Roggenhund  22,  282. 

Rosengarten  24,  20;  in  dramatischer  Be- 
arbeitung 22,  420. 

Rückert,  Heinrich  23,  248. 

Rudolf  Brinkind  24,  19. 

Rudolfs  von  Ems  Barlaam  22,  286;  Wil- 
helm und  Alezander  24,  1 ;  Weltchronik 
24,  20. 

Runenhandschriften  28,  104. 

Rankelsteiner  Fresken  28,  28. 

Rupp,  Theophil  22,  128. 

rüxen  23,  318.  24,  128. 

Rydqvist,  J.  E.  28,  378. 

S. 

Sachs,  Hans  24.  407. 

Sachsenspiegelglosse  28,  268. 

Saga,  isl&ndische,  Stil  und  Typus,  24,  106. 

Salomo  und  Saturn  22,  60. 

satin  24,  144. 

Sattel  mit  Inschrift  23,  49. 

scehan  28,  1. 

Schachbuch  24,  126. 

Schalken  28,  811. 


496 


BEOI8TER  ZUM  XXa— XXIV.  JAHRGANG. 


schaaern,  schandem  23,  286. 

scbiun  24,  144. 

schoeckebret  22,  46. 

schöke  nd.  23,  4. 

schon  23,  282. 

schoenez  bröt  23,  312. 

schosporze  22,  45. 

sehdsel  24,  145. 

Schwabenstreich  24,  76. 

Schwedische  Volkslitteratur  24,  129. 

Seelen  Trost,  der  24,  127. 

Segensprüche  22,352.  24,  73.  200.  311. 

sehan  23,  1. 

sete  23,  312. 

sete  f.  24,  145. 

Senchen  24,  382. 

Sibyllen- Weissagung  24,  125. 

Sif  und  das  Frauenhaar  23,  155. 

SignrdarkTida  in  skamma  23,  174.  187. 

Signrdssage  24,  355. 

silhalse  23,  308. 

Sjürdar  krsedi  22,  440. 

spetlin  23,  313. 

Spiel  vom  jüngsten  Tage  22,  856 ;  Ton  den 

sieben    Weibern,    die    um    einen  Mann 

streiten  22,  19. 
Spiele,  getheilte  23,  344. 
Spitz  23,  264. 
Stadt,  Statt  23,  259. 
sUllen  23,  311. 
SUmmbuchvers  24,  128. 
Statt,  Stätte  23,  274. 

Statuten  des  deutschen  Ordens,  Hs.  22, 114. 
Steine,  geworfene  22,  2^. 
steingeschurreze  22,  291. 
Steinhöwels  Apollonius  23,  381. 
Steinopfer  22,  26. 
Stephanus,  Clem.  24,  403. 
Sterbeformel  22,  439. 
Sterken  23,  309. 
Stretlinger  Chronik  22,  373. 
Stricker  24,  4;  sein  Karl  22,  129. 
Suffix  ft  im  Indogermanischen  24,  244. 
sülen  Bwv.  22,  42. 

Susanna,  Schauspiel  22,  342.   23,  256. 
Suso*s  Büchlein  von  der  ewigen  Weisheit 

22,  356. 
swisheit  24,  145. 
Syntax,  deutsche  24,  24.  167. 


tenisch  23,  311. 

Theophilussage  22,  99. 

Thidrekssaga  24,  360. 

Thiermärchen  24,  412. 

-ting,  Familiennamen  auf  23,  13. 

tinne  24,  146. 

Titurel,  der  jüngere:  Berleburger  Hand- 
schrift 22,  1;  Leipziger  Bruchstücke 
24,  175;  Schlul^  des  Gedichts  22,  11. 


tripol  22,  43. 
Tristramssaga  23,  223. 
tncht  24,  146. 
Tnndolus  22,  264. 
türme  23,  312. 
tutzen  23,  309. 


U. 


überheben  23,  307. 

Ulf  Uggasons   Hüsdr&pa  23,  426.    24,  63. 
Ulrichs  von  Eschenbach  Wilhelm  von  Wen- 
den 23,  24. 
ungebant  24,  146. 
ungebSrde  23,  311. 
unledech  22,  45. 

Unterweisung  zur  Vollkommenheit  22, 167. 
üz  unde  üz  24,  147. 

V.  F. 

Fabri,  Felix  28,  883. 
Fäfhism&l  23,  314. 
yaf)>rudnismil  24,  59. 
fahl,  falb  23,  275. 
Fahrt,  Fährte  23,  274. 
Familiennamen  auf  ding,  ting  23,  13. 
FSröische  Lieder  22,  440. 
Fasnachtspiel  22,  420. 
fast  23,  282. 
Vegtamskvida  24,  46. 
veil,  fei  22,  45. 
Venedig  23,  57. 

Verbum  in  der  Nominalcomposition  24,  78. 
verdrozzen  24,  140. 
Verse  des  12.  Jhs.  24,  297. 
vertremmen  24,  141. 
vesenboum?  24,  141. 
Fichte,  J.  G.  23,  505. 
Villers,  K.  D.  F.  v.  22,  248. 
Finnboga  saga  hins  ramma  24,  368. 
vinster  24,  141. 
Vintler  22,  43. 
fiwersöt  24,  141. 
flagzen  22,  388. 
vlelwesge  22,  48. 
fldme  23,  308. 

Vocalsystem,  germanisches  24,  115. 
Volksetymologie  22,  106. 
Volkslieder  24,21.417;  flämische  24,374 
Volkslitteratur,  schwedische  24,  129. 
Vollmer,  Alexander  22,  124. 
Volmars  Steinbueh  23,  109.  126. 
Volundarkvida  23,  169.  24,  62. 
Voluspd  24,  46. 

Vorlesungen,  germanistische  22,  383. 
Formenassociation  bei  Zahlwörtern  24, 245. 
Vornamen  in  Zasammensetzung  23, 17.  189. 
Frauenhaar  23,  155. 

Frauenlob  22,  498.  23,  260;    sein   Kreoi- 
leich  23,  47.  . 


VERZEICHNISS  DER  MTTABBEITER  etc. 


497 


Freidank  22,  384.  23,  289.  24,  419. 

Freund,  freiend  28,  268. 

Friedhof  —  Frendhof  23,  62.  24,  882. 

Friedrich  I.  24,  13. 

fntzlSn  23,  344. 

W. 

Wackemagel,  Ph.  22,  507.  24,  427. 

Wald-  und  FeldcuUe  22,  282. 

Walther  von  der  V ogelweide  23, 286. 24, 392 ; 
zur  Chronologie  seiner  Sprüche  24, 161. 
298 ;  zur  Erkl&rung  seiner  religiösen  Dich- 
tungen 22,  429.  23,  84;  sein  Aufenthalt 
in  Thüringen  22,  280. 

wan  in  Zusammensetzung  23,  6. 

wanandert,  wanbak,  wanbandich  etc.  28,  6. 

wandages  23,  8. 

wanne  23,  307. 

Waium  betrübst  du  dich  mein  Herz  24,  407. 

wEtmenger  23,  311. 

weg,  Weg  23,  263. 

Weiber,  sieben,  streiten  um  einen  Mann 
22,  19. 

Wenceslaus,  Legende  24,  20. 

Wetzeis  Margarete  24,  4. 

wider,  wieder  23,  269. 

Wiedergänger  (revenant)  22,  26.  81. 


Wieland  22,  602. 

Wilhelm  von  Holland,  Graf,  Gedicht  auf 

ihn  28,  448. 
Winckler,  Hans  24,  404. 
Witzschel,  Aug.  28,  878. 
Wolf,  der  unzufriedene  24,  412. 
Wolfdietrioh  22,  41. 
Wolfger  von  EUentbrechtskirchen  23,286. 

24,  392. 
Wolframs  70n  Eschenbach  Parziyal  22, 607. 

23,  248.    448.    24,  297;    chronologische 

Bestimmung  des  6.  Buches  22,  280. 
wnrmel&ge  24,  147. 
Wurmsegen  24,  200. 


Zahlwörter,  Formenassociation  bei  densel- 
ben 24,  246. 

Zeitfolge  der  abhängigen  Rede  24,  83. 

zerdenen  24,  160. 

zerfe  23,  308. 

zest^n  22,  41. 

Zeune,  A.  22,  381. 

Zusammensetzung,  verbale,  in  nominibns 
24,  78. 

Zwillingswörter,  neuhochd.  23,  257. 


VEEZEICHNISS 


DER  MITARBEITER   UND   DEREN   BEITRÄGE   IN   BAND    13—24  DER 
GERMANIA  UND  IN  BAND  1  UND  2  DER  GERMANISTISCHEN  STUDIEN* 


Amira,  K..v.,  München-Freiborg  i.  B. 
Zur  salfränkischen  Eideshilfe.  XX,  63. 

Andresen,  K.  G.,  Bonn. 
Zur  deutschen  Namenskunde.  XXI,  47. 

Apelt,  Otto,  Weimar. 
Über   den  Accusativus    cum  Infinitive    im 
Gothischen.  XIX,  280. 

B'ächtold,   Jalius,   Solothuni-Zürich. 
I.  Aufsätze: 

1.  Ulrich  von  Ziatsikhoven.  XIX,  424. 

2.  Heinrich  Wittenweiler.  XX,  66. 

3.  Deutsche  Handschriften   in   Paris.  XX, 
336. 

4.  Von  dem  Hnrübel.  XXI,  206. 

II.  Miscellen: 
XX,  602.  XXI,  118. 


Bahder,  Karl  von,  Heidelberg. 

1.  Der  König  vom  Odenwalde.  XXm,  193. 

2.  Gedichte   des   Königs   vom   Odenwald. 
XXHI,  292. 

Bai  er,  Adalbert,  Heidelberg-Constanz. 

1.  Zur  Erklärung   von   Hartmanns   Iwein 
XXI,  404. 

2.  Zur  Chronologie  von  Wolframs  Panival 
und  Hartmanns  Iwein.  XXUI,  448. 

8.  Über  Hartmanns  von  Aue  Heimath  und 
Kreuzzüge.  XXIV,  72. 

Bartsch,  Karl,   Rostock  -  Heidelberg. 
I.  Aufsätze: 

1.  Zwei  neue  Bruchstücke  von  Wolframs 
Titurel.  XIH,  1. 

2.  Zu  den  Handschriften  des  Nibelungen- 
liedes Xm,  196. 


GERMAMIA.  Nene  B«Uie.  XU.  (XXIV.  Jahrg.) 


82 


498 


VERZEICHNISS  DER  IfITABBEITER  etc. 


8.  Zo  Hartmanns  Oregor.  XIV,  239. 

4.  Das  Fortleben  derKadnmsage.  XIV,  323. 

5.  Zu  Hartmanns  Gregor.  XIV,  427. 

6.  Der  Dichter  der  Urstende.  XV,  169. 

7.  Zur  Hroswithairage.  XV,  194. 

8.  Brachstücke  einer  Handschrift  der  Er- 
lösung. XV,  357. 

9.  Zu  Heinrich  von  Morongen  XV,  375. 

10.  Bruchstücke    yon    Wolframs   Parxival 
und  Willehalm.  XVI,  167. 

11.  Bruchstücke  Ton  Hartmanns  von  Aue 
Gregorius.  XVII,  36. 

12.  Handschrift  mit  Hrabanus  Bnnenal- 
phabete.  XVH,  407. 

13.  Bruchstücke  eines  prosaischen  Tristan- 
romans. XVn,  416. 

14.  Bruchstücke  einer  Hs.  von  Wolframs 
WUlehalm.  XVII,  443. 

15.  Altschwedische  Schreiberverse.  XVH, 
444. 

16.  Der    Maler    mit    der    schönen    Frau. 

xvni,  41. 

17.  Alt-  und  Mittelhochdeutsches  aus  En- 
gelberg   XVra,  46. 

18.  Sprüche  und  Verse  deutscher  Mystiker. 
XVm,  196. 

19.  Zu  dem  Engelberger  Segen.  XVUI,  234. 

20.  Sprichwörter    des    XI.    Jahrhunderts. 

xvm,  310. 

21.  Bruchstück  von  Herzog  A.  XIX,  195. 

22.  Bruchstück  einer  Handschrift  von  Hein- 
rici  Summarium.  XIX,  216. 

23.  Zum  Kolandsliede.  XIX.  386. 

24.  Ahd.  Glossen  aus  SchefUam  und  Te- 
gernsee  XIX,  434. 

25.  Pfälsische  Beichte  ans  Rom  XX,  1. 

26.  Mitteldeutsches  Magnificat  XX,  3. 

27.  Abschrift  von  Hartmanns  Iwein.  XX,  84. 

28.  Zu  Konrads  Trojanerkriege.   XX,  150. 

29.  Zwei  Tagelieder  XXI,  421. 

30.  Bruchstücke  mittelhochdeutscher  Dich- 
tungen. XXIII,  47. 

31.  Mittelalterlicher  Sattel  mit  Inschrift. 
XXIU,  49. 

32.  Drei  Meisterlieder.  XXUI,  49. 

33.  Bruchstück  einer  Psalmenübersetzung. 
XXin,  58. 

34.  Kleine  Mittheilungen.  XXIU,  192.  344. 
448.  XXrV,  200.  297. 

85.  Zum  Codex  Cottonianus  des  Heliand. 
XXin,  404. 

36.  Die  beiden  literarischen  Stellen  bei 
Rudolf  von  Ems.  XXIV,  1. 

87.  Ein  altes  Bücherverzeichnis.  XXIV,  16. 

38.  Em  in  der  österreichischen  Mundart. 
XXIV,  198. 

89.  Margaretenlegende  des  XU.  Jahrhun- 
derts. XXIV,  294. 

40.  Gedicht  über  Heinrich  den  Löwen? 
XXIV,  421. 


41.  Wetaels  heilige  Margarete.  8t.  I,  1. 

42.  Die  Eigennamen  in  Wolframs  Panival 
und  TitureL  St.  II,  114. 

43.  Heinrich  Steinhöwels  ApoUomus  II,  306. 

II.  Miscellen: 
XVI,  120.  XVU,  128.  253.  384.  505.   606. 

XVIU,  128.    254.    256.  384.    XIX,  120. 

128.  253. 264. 256.  381.  382. 383.  384.  501. 

506.  607.  508.    XX,  123.  125.  128.  255. 

256.  381.  383.  XXI,  124.  127.  248.384. 

498.  608.    XXII,  127.  383.   XXIU.  127. 

264.  266.  256.  381.  384.  607.  XXIV,  128. 

255.  382.  383.  384.  492.  497.  608. 
Nekrologe: 
Xm,  250.    XV,  107.  108.  460.    XVI,  109. 

242.  247.  250.  262.  XVII,  126.  266.  256. 

266.  XIX,  235.  238.  377.  XXI,  122.  XXH, 

123.  124. 

lU.  Reeensionen: 
XUI,  111.  216.  241.    XV,  106.   249.  261. 

382.  382.  384.  XVU,  105.  106.  107.  108. 

240.  XIX,  228.  352.  370.  371.    XX,  94. 

XXI,  448.    XXU,  95.    97.    106.    XXIU, 

109.  115.  247.  260.  260.  346.  366.  XXIV, 

III.  248.  249.  260. 

IV.  Bibliographische  Obersiefat 
der  Erscheinungen  auf  dem  Ge- 
biete der  germanischen  Philologie 
im  Jahre  1867:  XIII,  321.  1868:  XIV,  467. 

1869:  XV,  463.  1870:  XVI,  463.  1871: 
XVII,  465.  1872:  XVIU,  461.  1873:  XIX, 
449.  1874:  XX,  449.  1876:  XXI,  449. 
1876:  XXU,  447.  1877:  XXIII,  449. 
1878:  XXIV,  433. 

Baethke,  H.,  Berlin. 
Recension: 
XIX,  105. 

Baaer^  F.,  Freibarg  i.  B. 

1 .  Hartmanns  von  Aue  Heimath  und  Stamm- 
burg. XVI,  165. 

2.  Meister  Walther  von  Breisach.  XVIU,213. 

3.  Zur  Namenforschung.  XVtll,  214. 

Bech,  Fedor. 
L  Aufs&tse: 

1.  Wortformen  auf  -eze.  XIV,  431.   XXII, 
290. 

2.  Der  umgelautete  Conjunctivos  PrSteriti 
rückumUutender  Zeitwörter.  XV,  199. 

3.  Von    etslichen    MeisterBtfic^elin.    XVL 
333. 

4.  Zu  dem  von  M.  Haupt  herausgegebeneo 
Gedichte :  Von  dem  Übeln  Weibe.  XVII,  41. 

5.  Zur  neuesten  Ausgabe   von    Maurisius 
und  Beamunt.  XVU,  170. 

6.  Ober   die   Bedeutung   des    Adverbiams 
näher.  XVU,  294. 

I  7.  Zu  brüsche  (cu  prüse,  an  prüaen)  g^ 
I       XVUI,  210. 


VESZEICBMISS  DER  MITABBEITEB  «to 


499 


8.  Spenden    aar   Altenbestimmang    neu- 
hochdeutscher Wortfonnen.  XVIII,  257. 

9.  Zerstreute  Beitrage.  XIX,  45. 

10.  Heinrich  von  Morungen.  XIX,  419. 

11.  Urkundliche  Nachweise  Aber  das  Ge- 
schlecht und  die  Heimat  der  Dichter 
Heinrich  und  Johannes  von  Freiberg. 
XIX,  420. 

12.  Spenden  sur  Altersbestimmung  neuhoch- 
deutscher Wortformen.  XX,  31. 

13.  Bruchstücke  ans  Meister  Eckhart.  XX, 
223. 

14.  Allerlei  aus  Zeitzer  Handschriften.  XX, 
322. 

15.  Allerhand  VermuthuDgen  und  Nach- 
weise. XXU,  34. 

16.  Unterweisung  zurVoUkommenheit.  XXII, 
167. 

17.  Zum  Mamer.  XXII,  385. 

18.  Wie  Meister  Eckhart  kam  ein  schöner 
nackender  Pub.  XXII,  391. 

19.  Zur  Braunschweigischen  Chronik.  XXIII, 
142. 

20.  Besserungen  und  Nachweise.  XXIV,  139. 

21.  Zu  Tarzival  IX,  915  f.  XXIV,  297. 

II.  Recension: 
XXrV,  422. 

Bechstein,   Keinhold,    Jena-Rostock. 
L  Aufsätze: 

1.  Zu  Walthers  Vocalspiel.  XV,  434. 

2.  Zu  Gottfrieds  Tristan  15246  fg.  XXIV,  9. 

3.  Warum  betrübst  du  dich  mein  Herz. 
XXIV,  407. 

n.  Recensionen: 
XV,  380.  XVI,  346.  456.  XVII,  216.  XXIV, 
106.  428.  429. 

Becker,  Reinhold,  Coblenz. 
ÜberReinmar  von  Hagenau.  XXII,  70. 195. 

Behaghel,  Otto,  Heidelberg. 
I.  Aufsätze: 

1.  Zum  Heliand.  XXI,  139. 

2.  Zu  den  kleinen  altniederdeutschen  Denk- 
mälern. XXI,  202. 

3.  Die  Pariser  Handschrift  des  Iwein.  XXII, 
273. 

4.  Einige  Fälle  von  Dissimilation.  XXIII,  32. 

5.  Got^rieds  von  Straßburg  Tristan  und 
seine  Quelle.  XXIII,  223. 

6.  Die  ueuhochdeut<>chen  Zwilliugswörter. 
XXin.  257. 

7.  Das  niederdeutsche  Lanzelotfragmeut. 
XXIII,  441. 

8.  Beiträge  zur  deutschen  Syntax.  XXIV, 
24.  167. 

9.  Zu  dem  sog.  mnl.  Osterspiel«  XXIV,  174. 

II.  Miscelle: 
XXIV,  382. 


HL  Recensionen: 
XXI,   434.  XXn,    226.  229.  XXHI ,  112. 
239.  242.  365.  XXIV,  110.  878. 

Bernhardt,   Ernst,    Elberfeld-Erfart. 

I.  Aufsätze: 

I.  Vulfila  und  der  Codex  Sinaitioos.  XHI,  37. 

n.  Recension: 
XIII,  116. 

Birlinger,  Anton,  Bonn. 
I.  Aufsätze: 

1.  Zu    den    Volksbüchern.    Schwäbische 
Zeugnisse.  XV,  99. 

2.  Sprichwörter    und  Sprüche.    XV,  102. 

3.  Bruchstücke  aus  Älfricsangelsächaisoher 
Grammatik.  XV,  359. 

4.  Bruchstücke  aus   dem  Boek  van  den 
honte.  XV,  360. 

5.  Kleiue  Beiträge.  XVI,  82. 

6.  Besegnungen.  XVII,  75. 

7.  Zur  Mythologie  und  Sprache  des  Nie- 
derrheins. XVII,  77. 

8.Volksthümliches  aus  Schwaben.  XVH,  79. 
9.  Zeugnisse  zu  den  Volksbüchern.  XVU,  92. 
10.  Mitteldeutsche  Marienlegenden.   XVU, 
436. 

I I.  Aus  Maerlants  Spieghel  historiael.  XVII, 
438. 

12.  Bruchstücke  eines  unbekannten  nieder- 
rheinischen  Gedichtes.  XVII,  441. 

13.  Zum  Meier  Helmbrecht  XVIH,  110. 

14.  Zu     Bruder    Hansens    Marienliedem. 
XVIII,  112. 

15.  Deutsche  Franziscanerregel  des  XIII. 
Jahrhunderts.  XVUI,  186. 

16.  Aus  dem   Buch  Weinsberg.  XIX,  78. 

17.  Grammatische  Versuche  eines  Kölners 
aus  dem  XVI.  Jahrhundert  XIX,  94. 

18.  Sprüche    im  Kölner  Dialect    XIX,  97. 

19.  Baiiische  Besegnungen.  XXIV,  73. 

II.  Miscellen: 
XXIV,  384.  884. 

Blaas,  C.  M.,  Stockeraa. 

1.  Der  Marienkäfer  im  niederösterreichi- 
schen Kinderspruch.  XIX,  67. 

2.  Volksthümliches    aus   NiederOsterreich 
über  Thiere.  XX,  349. 

3.  Zur  St.  Jobannisminne.  XXI,  213. 

4.  Volksthümliches    aus  NiederOsterreich 
über  Pflanzen.  XXI,  411. 

5.  Kleine  Beiträge  zur  Mythologie.  XXU, 
257. 

6.  Sif   und    das  Frauenhaar.  XXUI,  155. 

7.  Ein  Kinderspruch  aus  dem  XV.  Jahr- 
hundert XXni,  343. 

8.  Niederösterreichische     Kindersprttche 
und  Reime.  XXIV,  66. 

9.  Vom  unzufriedenen  Wolf.   XXIV,  412. 
10.  Zu  Konrad  von  Megenberg.  XXIV,  414. 

32» 


600 


VERZEICHNISS  DER  MITARBEITER  eto. 


Boßler,  Ludwig,  Gera. 
Bericht  über  die  Sitzungen   der  germani- 
stischen SectiOQ  der  XXVI.  Philologen- 
yersammlung  zu  Würzburg.  XIV,  118. 

Bottich  er,  G.»  Berlin. 
Über  die  Eigenthümliohkeiten  der  Sprache 
Wolframs.  XXI,  257. 

Brenner,  Oscar,  München. 
Becensionen: 
XXIV,  102.  368. 

Back,  Michael,  Aulendorf. 

1.  Zur  Ortsnamenforschong.  XVI,  297. 

2.  Der  Schwank  von  den  sieben  Schwaben. 
XVn,  809. 

3.  Kleine  Beiträge   zur  deutschen  Ortsna- 
menforschung. XVII,  449. 

4.  Über  Geschlechtsnamen  auf  'Haen,  -Uen. 

XIX,  62. 

Carnuth^  0.,  Königsberg. 
Zum  Annoliede.  XIV,  74. 

Caspar t,  J.,  Sülzbach. 
Michael  Beheims  Liebensende.  XXII,  412. 

Ceder schiöld,  Gustaf,  Lund. 
Zur  Textkritik  von  vier  romantischen  Saga's. 

XX,  306. 

Crecelius,   W.,  Elberfeld. 

I.  Aufsätze: 

1.  Nachtrag   zu    Germania   XI ,    412    und 
XII,  104.  XIII,  444. 

2.  Worterklärungen.  XVII,  99. 

3.  Kierspe.  XVIII,  114. 

4.  Altniederdeutsche  Brocken.  XVIII,  215. 

5.  Also  bar.  XIX,  99. 

6.  Samuel  von  Lichtenberg.  XX,  7. 

7.  Holunke.  XX,  68. 

II.  Miscelle: 
XIX,  247. 

III    Recension: 
XIII,  105. 

Czerny,  Albin,  St.  Florian. 
Wundsegen  von  den  drei  Brüdero.XVIII,  234. 

t  D  e  7  c  k  8 ,  Ferdinand,  Münster. 
Altsächsische  Glossen.  XIII,  478. 

Diefenbach,  Lorenz, Frankfurt  a.  M.- 

Darmstadt. 

1.  Ans   der  Stadtbibliothek    zu  Frankfurt 
am  Main.  XVIII,  76. 

2.  Mitteldeutsche  Predigtbruchstücke.  XIX, 
805. 

Dietrich|  Fram,  Marburg. 
JE&r  w0rtßUi§cb§$  BiUMiülphabet,  mit  Na- 
/m^  fyf  BaebMbea.  XIII,  77. 


\ 


Dietz,  Philipp,  Marburg. 
Miscelle: 
XVI,  378. 

Edzardiy  Anton,  Leipzig. 

I.  Aufsätze: 

1.  Untersuchungen  über  König  Bother. 
XVm,  385. 

2.  Zum  jüngeren  Hildebrandsliede.  XIX,  316. 

3.  Über  das  Verhältniss  der  Klage  zum 
Biterolf.  XX,  9. 

4.  Die  Stuttgarter  Oswaltprosa.   XX,  190. 

XXI,  171. 

5.  Ein  litauisches  Sigfridsmärchen.  XX,  8 17. 

6.  Nachträgliches  zum  jüngeren  Hilde« 
brandsliede.  XX,  320. 

7.  Zur  Textkritik  des  Rother.  XX,  403. 

8.  Noch  einmal  das  jüngere  Hildebrands- 
lied. XXI,  51. 

9.  Kleine  Beiträge  zur  Geschichte  und  Er« 
klämng  der  EddaUeder.  XXUI,  158.  814. 
406.  XXIV,  46. 

II.  Miscelle: 
XXIII,  251. 

ni.  Recensionen: 

XXI,  235.  442.  XXIII,  73.  XXIV,  352.  363. 

Egger,  J.,  Innsbruck. 
Bericht  über  die  Sitzungen  der  deutsch- 
romanischen  und  der  Section  für  neuere 
Sprachen  auf  der  XXIX.  Versammlung 
deutscher  Philologen  und  Schulmänner 
zu  Innsbruck.  XIX,  492. 

fEttmüller,  Ludwig,   Zürich. 
Beiträge  zur  Kritik  der  Eddalieder.    XIV, 
305.  XVII,  1.  260.  XVni,  5. 

Fasching,  J.,  Salzburg. 
Beiträge  zur  Erklärung  der  religiösen  Dich- 
tungen Walthers    von    der   Vogelweide. 

XXII,  429.  XXUI,  34. 

Ficker,  J.,  Innsbruck. 
Zur  Waltherfrage.  XX,  271. 

Fischer,  Hermann,  Stuttgart. 
I.  Aufsätze: 

1.  Die  Busse  Adams  und  Evas.  XXII,  316. 

2.  Kleine  Mittheilungen.  XXIII,  52. 

U.  Miscell  en: 

XXII,  127.  XXIII,  504. 

III.  Recensionen: 

XX,  111.  373.  XIV,  201.  313. 

Floto^  Jena. 
Miscelle: 

XXI,  255. 

Förstemann,  Emsty  Dn 

1.  Strmssennamen  naoh  Qfw 
XV,  261.  XVI,  t6ft. 

2.  Der  nrdeiitselM  Bfti 


VERZEIGHNI8S  DER  MITARBEITEB  etc. 


501 


Freybe,  Albert,  Parchim. 
Bericht   über   die  Sitzungen  der  germani- 
stischen Section  der  XXVII.  Philologen- 
yersammlang  sn  Kiel.  XV,  109. 
Miscelle: 
XXIV,  384. 

Fr om mann,  G.  K.,  Nürnberg. 

1.  Ein  Bmchstflck   des  Romans    der  Lor- 
reinen. XIV,  434. 

2.  Bmchstüeke  des  Gedichts  vom  heiL  Ser- 
yatins.  XVIII,  458. 

Oelbe,  Theodor,  Stollberg. 

1.  Kinderlieder  und  Reime.  XXII,  293. 

2.  Ein  Kinderspiel  aus  dem  Elsaß.  XXIV,  416. 

GemoU,  W.,  Pyritz-Wohlau. 

1.  Der  Vers  von  vier  Hebungen  und  die 
Langzeile.  XIX,  36. 

2.  Bruchstttcke  einer  gereimten  Bibelüber- 
setzung. XIX,  839. 

Goedeke,  Karl,  Göttingen. 
Zur  Geschichte  des  Meistergesanges.   XV, 
197. 

t  Greiff,  Benedict,  Augsburg. 

1.  Schwabenstreich.  XIII,  76. 

2.  Nein  und  Ja.  XVU,  442. 

3.  Em  Predigtmftrlein.  XVIII,  363. 

Hagen^  Hermann,  Bern. 
Altdeutsches   aus  Schweizer  Bibliotheken. 
St.  n,  274. 

Hagen,  Theodor  von,  Mühlhausen. 
Die   Handschriften   des  Tristan   und   ihre 
Bedeutung  für  die  Kritik.  St.  I,  31. 

Haupt,  Josef,  Wien. 

1.  Zwei  althochdeutsche  Bruchstücke.  XIV, 
66. 

2.  Blanschandin.  Bruchstücke  eines  mhd. 
Gedichtes.  XIV,  68. 

3.  Bruchstücke  einer  ahd.  Übersetzung  der 
vier  Evangelien.  XIV,  440. 

Heigel,  R.  Th.,  München. 
Bruchstücke  aus  einem  Passional.  XX,  444. 

t  Hildebrand,  Karl,  Leipzig. 
Bericht  über  die  Sitzungen    der   germani- 
stischen Section  in  Leipzig.    XVH,  372. 

Hildebrand,  Rudolf,  Leipzig. 
Zu  Germ.  IX,  46.  XV,  286. 

Hoefer,  Albert,  Greifswald. 
I.  Aufsätze: 

1.  Zur  Laut-,  Wort-  und  Namenforschung. 
XIV,  197.  872.  XV,  60.  411.  XVUI,  200. 
301.  XXIII,  1.   189. 

2.  ZurErklftrung  mittelhochdeutscher  Dich- 
ter  XIV,  416. 


3.  Von  Sitten  and  Bräuehen,  Namen  und 
Ausdrucksweisen.  XVIII,  1.  Nachtrag  209. 

4.  Nochmals    Altvile    im    Sachsenspiegel. 
XVIII,  29. 

6.  Zum  mittelniederdeutschen  Würtorbuche 
von  K.  Schiller  und  A.  Lübhen.  XVHI,  86. 

6.  Zu  Pfeiffers  Abdruck  aus  Komer,  Germ. 
IX,  267  ff.  XXin,  229. 

II.  Becension: 

XV,  246. 

Hoff  mann,  Emanuel,  Wien. 
Glossae  Mellicenses.  XVII,  18. 

t  Hoffmann    von    Fallersleben , 

Corvej. 

1.  Aesopus  in  niederdeutschen  Versen.  XIH, 
469. 

2.  Die  erste  Ausgabe  der  Spriehwürtersamm- 
lung  des  Antonius  Tunnieius.   XV,  196. 

3.  Thomas  a  Kempis.  XV,  366. 

4.  Jesus  und  seine  junge  Braut.  XV,  366. 
6.  Marien  Himmelfahrt.  XV,  369. 

H  ö  f  1  e  r ,  ConstantiD,  Prag. 
Gedicht  auf  Meister  Eckhart  XV,  97. 

Hofmann,  Konrad,  München. 
Der  tugende  buoch.  XVII,  61. 

Hofmeister,  A.,  Rostock. 
Bericht  über  die  Verhandlungen  der  deutsch- 
romanischen Abtheilung  der  XXXIII.  Ver- 
sammlung    deutscher    Philologen    und 
Schulmänner  zu  Gera.  XXIV,  114. 

Holder,  Alfred,  Karlsruhe. 

1.  Althochdeutsche     Glossen     au    Horaz. 
XVm,  73. 

2.  Die  Augsburger  Glossen.  XXI,  1. 

3.  St    Paäer    Bruchstücke    aus    Notkers 
Psalter.  XXI,   129. 

4.  Dia  Glossae    San-Blasianae.   XXI,    186. 
6.  Die  althochdeutschen  Glossen  zum  Evan- 
gelium Lucae  aus  St.  Paul.  XXI,  332. 

6.  Der  Lobgesang  auf  die  hl.  Jungfrau  nach 
der   Karlsruher   Handschrift   XXI,  416. 

7.  Die  althochdeutschen   Glossen   aus  St. 
Peter.  XXU,  392. 

8.  Die  Bouloneser  angelsächsischen  Glos- 
sen zu  Prudentius.  XXHI,  386. 

t  Hopf,  Karl,  Königsberg. 
Sieben  Wundergeschichten  aus  dem  XIH. 
Jahrhundert.  XVI,  808. 

Hos  aus,  Wilhelm,  Dessau. 
Deutsche  Handschriften  der  Georgs-Biblio- 
thek zu  Dessau.    XXI,  600.    XXII,  114. 
XXIV,  120.  382. 

Ignatius,  F.,  Heidelberg-Berlin. 
Übersicht  der   germanistischen  Thätigkeit 
M.  Haupts,  lux,  373. 


502 


VEBZEICHNISS  DER  MITABBEITEB  ete. 


Isler,  Hamburg. 
Miscelle: 
XXn,  248. 

Jacob,  Georg,  Begensbnrg. 
Bmchstaek  aus  Eüharts  Tristan.   XVIU, 
274. 

Jecklin,  C.  von,  Leipzig. 
Zu  des  Strickers  Karl  XXII,  129. 

Jeitteles,  Adalbert,  Graz-Innsbruck. 
I.  Anfs&tse: 

1.  liitteldentsche  Predigten.  XVII,  336. 

2.  Dienstag  —  Zinstag.  XIX,  428. 
8.  LÜtbrechic.  XIX,  433. 

4.  Die  zehn  Lebensalter.  XX,  30. 

5.  Mittheilongen  ans  Grazer  Uandsehriften. 
XX,  437.  XXI,  338.  XXn,  437. 

6.  Zorn  Passional.  XXI,  170. 

7.  Za  den '  Bairischen  Besegnnngen .  XXIV, 
311. 

8.  Zu  Germania  24,  21  ff.  XXIV,  417. 

II.  Miscellen: 
XXI,  260.  XXII,  127. 

Jordan,  Wilhelm^  Frankfurt. 
Oddmns  Klage.  XIII,  257. 

Kapff,  R.,  Leatkirch. 
Bericht  über  die  Verhandlangen  der  ger- 
manisch -  romanischen  Section  auf  der 
XXXI.  Versammlang  deutscher  Philolo- 
gen und  Schulmänner  zu  Tübingen.  XXII, 
107. 

Keinz,  Friedrich^  München. 

1.  Mittheilungen  aus  der  Münchener  k. 
BibUothek.  XV,  345. 

2.  Zu  Neidharts  Liedern.  XV,  431. 

3.  Deutsche  Nativität  des  XII.  Jahrhun- 
derts. XXIV,  292. 

Keller,  Adelbert  von,  Tübingen. 
I.  Aufsatz: 
Kleine  Bemerkungen.  XVI,  78. 

n.  Mis  cellen: 
XIX,  124.  242.  504.  XXIII,  388. 

Keußen,  Crefeld. 
Frauenrollen  im  Schauspiel  XVII,  216. 

Knopf  1er,  Alois^  Tübingen. 
Die  SUdt  Wien  im  Nibelungenlied.    XIX. 
343. 

t  K  Ö  h  1  e  r  y  Artur ,  Dresden. 

1.  Germanische  Alterthümer  im  Beöirulf. 
XIII,  129. 

2.  Über  den  Stand  berufsmässiger  Sfinger 
im  nationalen  Epos  germanischer  Völ- 
ker. XV,  27. 

8.  Der  syntaktische  Gebrauch  des  Optativs 
im  Gothischen.  St  I,  77. 


Köhler,  Reinhold,  Weimar. 
L  Aufsitze: 

1.  Der  LcTiatban  am  Angel.  XIII,  168. 

2.  Segenspraebe.  XUI,  178. 

3.  Der  Fisch  Celebrant.  XIII,  399. 

4.  Zum  Spruch  vom  König  £UeI.  XIV,  20. 

5.  Zum  Tristan.  XTV,  246. 

6.  Zu  von  derHagens  Gesammtabentener 
Nr.  LXm.  XIV,  269. 

7.  Zur  Legende  vom  h.  Albanus.  XIV,  300. 

8.  Zum  Spruch  Tom  Nagel  im  Hufeisen.  XV, 
105. 

9.  Zur  Legende   von  Gregorius  auf  dem 
Steine.  XV,  284. 

10.  Das  altdeutsche  Gedicht  *Der  Busiot' 
und  das  altfranzösische  *  L^Escoufle. 
XVn,  62. 

11.  Der  Maler  mit  der  schönen  FnuL 
XVIII,  41. 

12.  Weinende  Augen  haben  süssen  Mond. 
XVm,  118. 

13.  Eine  Sage  von  Theodericbs  Ende  in 
dem*Libro  de  los  enxemplos'.  XVIII,  147. 

14.  Die  Schwfinke  vom  Bauer  Einhim  und 
vom  Bauer  Grillet.  XVIII,  152. 

15.  Ein  Gedicht  von  der  Gerechtigkeit. 
XVin,  460. 

16.  Das  Schicksalsrad  und  der  Sprach 
vom  Frieden.  XIX,  189. 

17.  Nachträge  zu  Lemckes  Jahrbuch  VI, 
860.  XIX,  349. 

18.  MittelalterlicheAnsichten  über  die  Trä- 
ger des  Namens  Petrus.  XIX,  426. 

19.  Zur  Milgus-Saga.  XXI,  18. 

20.  /Lbermak  Johann  von  Morsheim.  XXI, 
66. 

21.  Der  alte  Hildebrand  als  Puppenspiel. 
XXI,  201. 

22.  Das  Spiel  von  den  sieben  Weibern,  die 
um  einen  Blann  streiten.  XXII,  19. 

23.  Zu  einer  Stelle  in  Budolfii  von  Ems 
Bariaam  und  Josaphat  XXII,  285. 

24.  Zu  einer  Stelle  in  Ulrichs  von  Eschen- 
bach  Wilhelm  von  Wenden.  XXIU,  24 

25.  Über  ein  Meisterlied  vom  rothen  Kaiser. 
XXIV,  13. 

26.  Von  den  zwei  St.  Johannsen.  XXIV, 385. 

II.  Miscellen: 
XX,  383.  383.  XXIV,  382. 

Kölbing,  Engen,  Straßburg-Brealao. 
L  Aufsfitze: 

1.  Die  nordische  Parzivalsaga  und  ihre 
Quelle.  XIV,  129.  Nachtrag  XV,  89. 

2.  Die  nordische  Erezsaga  und  ihre  Quelle. 
XVI,  381. 

3.  Über  isländische  Bearbeitungen  fremder 
Stoffe.  XVn,  193. 

4.  Fragmente  einer  Handsehiift  von  Gott- 
frieds Tristan.  XVIfl,  285. 


YEBZBICHinSS  DER  MITABBEITEB  ete. 


503 


5.  Bruchstück   einer  ÄHiiciM   ok  Amillas 
Saga.  XIX,  184. 

6.  Zur  Oudninarkvidha  II.  XIX,  861. 

7.  Beiträge  sur  Kenntniss  der  Fsröischen 
Poesie.  I.  XX,  388. 

8.  Zur  Oegisdrekka.  XXI,  27. 

9.  Zur  Kntstehung  der  Relativsätze  fn  den 
germanischen  Sprachen.  XXI,  28. 

10.  Bruchstück  einer  altnordischen  Bear- 
beitung von  Pamphilns  und  Galathea. 
XXIII,  129. 

11.  Ober  die  verschiedenen  Gestaltungen 
der  Partonopeus-Sage.  St  II,  56. 

II.  Miscellen: 
XIX,  126.  244. 

III.  Recensionen: 
XVm,  116.  XIX,  369.  373.  XX,  226.  860. 
378.  XXI,  81.  91.  364.  .S76.  437.   XXII, 
93.  371. 

Krause,  K.  £.  H.,  Rostock. 

1.  Kleine  Mittheilungen.  XVI,  89.  303. 

2.  Zu  dem  Grazer  Cisiojanus  XXI,  286. 

Kräuter,  J.  l\,  Saargemüud. 
Zwölf  Sätze  über  wissenschaftliche  Ortho- 
graphie der  Mundarten.  XXIII,  117. 

fKriegk,  G.  L.,  Frankfurt  a.  M. 
Über    die  Wörter  Buweding  und  Bnbeck. 
XVII,  462. 

t  Kurz,  Hermann,  Tübingen. 

1.  Der  Kappenzipfel.  XV,  96. 

2.  Zum  Leben  Gottfrieds  von  Straß  bürg. 
XV,  207.  322. 

3.  Fischart  in  Tübingen?  XVI,  79. 

4.  Hermes.  XVU,  98. 

L  am  bei,  Hans,  Wien-Oberhollabrunn- 
Prag. 

I    Jk.  n  I  s  A  t  z  ß  * 

1.  Ein  Pasquill  des  XV.  Jahrhs.  XIV,  26. 

2.  Übersticke.  XVIII,  367. 

3.  Kritische  Beiträge.  XX,  71. 

4.  Ein  guot  gebet  XXI,  347. 

6.  Zu  Veldekes  Servatius.  XXIII,  190. 

II.  Mise  eile: 
XXIII,  126. 

ni.  Recensionen: 
XrV,  114.  XVII,  368.  XXIV,  262. 

Lateudorf,  Friedrich^  Schwerin. 
I.  Aufsätze: 

1.  Die  Endung  er  und  die  Partikel  oder  bei 
unbestimmten  Zahlenangaben.  XIII,  202. 

2.  Drei  Räthselmärchen  aus  Mecklenburg. 
XVII,  9*. 

3.  Ein  verschollener  Räthselspruch  aus 
Mecklenburg.  XVII,  96. 

4.  Wirkliche  und  fingierte  Ortsnamen  in 
appellativischer  Verwendung.  XVII,  306. 


6.  Zu  Laurembergs  Scherzgedichten.  XIX, 
361. 

6.  X  für  U.  XX,  8. 

7.  Kritische  Beiträge  zu  dem  sogenannten 
Anhang  der  Lauremberg^schen  Scherz- 
gedichte. XXI,  63. 

II.  Miscellen: 
XXm,  126.  608. 

Liebrechty  Felix,  Lüttich. 

I.  Aufsätze: 

1.  Die  Todten  von  Lustnau.  XUI,  161. 

2.  Vlämtsche  Märchen    und    Volkslieder. 
XIV,  84. 

3.  Zur  Litteraturgesehichte  des  Wolfdiet- 
rich. XIV,  226. 

4.  Zur  Zimmerischen  Chronik.  XIV,  886. 
6.  Lappländische  Märchen.  XV,  161. 

6.  Zur  Litteraturgesehichte  des  Wolfdiet- 
rich. XV,  192. 

7.  Germanische  Mythen    und    Sagen    im 
alten  Amerika.  XVI,  37. 

8.  Zur  Chronik  von  Zimmern.  XVHI,  176. 

9.  Kleine  Beiträge.  XVHI.  463. 

!    10.  Kleine  Mittheilungen.  XXI,  67. 
I    11.  Von  den  drei  Frauen.  XXI,  386. 
12.  Zu    Germ.    XVIH,   456.    7>rtt,    Purt. 
XXI,  399. 
I    13.  Zur    englischen   Volkslitteratur.   XXI, 
401. 
14.  Die  geworfenen  Steine.  XXII,  21. 
16.  Kleine  Mittheilungen.  XXII,  181. 

16.  Die  krachende  Bettstott  XXIV,  21. 

17.  Zur  schwedischen  Volkslitteratur.  XXIV, 
129. 

II.  Mise  eile: 
XXI,  262. 

in.  Recensionen: 
XVI,  212.  368.  XVIH,  367.  XXI,  97.  229. 
XXUI,  361.  XXIV,  374. 

L  i  n  d  D  e  r ,  F.,  Rostock. 
Bericht  über   die  Sitzungen    der   deutsch- 
romanischen Section  auf  der  XXX.  Ver- 
sammlung    deutscher    Philologen    und 
Schulmänner  zu  Rostock.  XX,  496. 

Lehme  je r,  E.,  Kassel. 
Miscelle: 
XXm,  383. 

Loose,  W.,  Döbeln. 
Schwabenstreich.  XXIV,  76. 

Lübben,  August,  Oldenburg. 

I.  Aufsätze: 

1.  Niederdeutsche    Tischzucht.    XXI,  424. 

2.  Zu  Germania  23,  63  f.  XXIH,  341. 

3.  Henneke    Knecht,  St  10.    XXIH,  446. 

4.  Über  Flnniamen.  St.  H,  269. 

II.  Miscelle: 
XIX,  123. 


504 


VEBZEICHNIB8  DER  MITABBEITEB  ete. 


t  L  fi  1 0 1  f ,    Alois ,    Solotharn  -  Lazern. 
1.  Zu  den   agrarischen    Bräachen    in    der 

Schwell.  Xin,  210. 
8.  Soldatenleichen   ins  Wasser    geworfen. 

XVn,  216. 
3.  Kleine   Beiträge   zur  Mythologie.  XIX, 

214.  XXI,  80. 

Lutterbeck,  Gießen. 
Zor  Ortsnamenforschnng.  XVI,  293. 

Härtens,  H.,  Bremen. 
Niedersichsische  Fastenandacht.  XX^  341. 

t  Maßmann,  H.  F.,  Berlin. 

1.  Die  Turiner  Blätter  des  Ulfila.  XUI,  271. 

2.  Runen  aus  Rom   und  Wien.  XVI,  263. 

Maurer,  Ronrad,  Manchen. 
L  Aufsätze: 

1.  Über  isländische  Apokrypha.  XIII,  69. 
284. 

2.  Ober  die  Einziehung  der  nordischen 
Odelsgüter  durch  K.  Harald  hirfagri. 
XIV,  27. 

3.  Ober  das  Alter  einiger  isländischer 
Reehtsbacher.  XV,  1. 

4.  Über  Ari  Tborgilssohn  und  sein  Islän- 
derbuch. XV,  291. 

6.  Ober  das  ViLpnatak  der  nordischen 
Rechte.  XVI,  317.  402. 

6.  Freimarkt  XIX.  1. 

7.  Das  Qottesurtheil  im  altnordischen 
Rechte.  XIX,  139. 

8.  Ober  isländische  Apokrypha.  11.  XX, 
207. 

9.  Zum  alten  schwedischen  Hofrechte. 
XXIV,  64. 

10.  Das   sogenannte    Christenrecht   König 
Sverrirs.  St.  I,  67. 

II.  Mise  eile  (Nekrolog): 
XXni,  373. 

in.  Recensionon: 
XIV,  97.  114.  XV,  449.  XVI,  442.   XVII, 
236.  238.    XVm,  121.  236.    XIX,  101. 
443.  XXUI,  104.  XXIV,  88. 

Meissner,  H.,  Berlin. 
Wimts    von    Gravenberg    Verhältniss    zu 
seinen  Vorbildern.  I.  XX,  421. 

Meltzer,  Otto,  Dresden. 

1.  Bruchstücke   aus   dem  Rennewart   des 
Ulrich  von  Türheim.  XVI,  64. 

2.  Zum  Passional.  XVIU,  366. 

Mestorf,  J.,  Hamburg-Kiel. 
Zu  den  Siegfriedsbildem.  XVH,  211. 

Meyer,  Karl,  Basel. 
I.  Aufsätze: 

1.  Die  Wielandssage.  XIV,  283. 

2.  Zur  Dietrichssage.  XIV,  432. 


8.  Das  Hildebrandslied.  XV,  17. 

4.  Die  Lieder  Kaiser  Heinrichs  VL   XV, 

424. 
6.  Beiträge  zur  deutsehen  Mythologie.  XVII, 

197. 

6.  Binchstücke  mittelhochdeatseher  Dich- 
tnngen  aus  der  mittelalterlichen  Samm- 
lung zu  Basel.  XVIH,  80. 

7.  Beiträge  zur  Kenntniss  der  langobar- 
dischen  Sprache.  XIX,  129. 

8.  Die  Teilsage.  St  I,  169. 

n.  Recension: 

XX,  109. 

M  i  I  c  h  8  a  c  k  y  G.,  Leipzig- WolfenbütteL 

1.  Bruchstücke  von  drei  Handschriften  des 
jungem  Titurel.  XXI,  167. 

2.  Leipziger  Titurelbruchstflcke.  XXIV,  176. 

Möbius^  Theodor,  Kiel. 
L  Aufsatz: 
Vom  Stef.  XVIII,  129. 

II.  Miscelle: 
XXII,  608. 

III.  Recensi  on: 

XXI,  103. 

Möller,  Fr.,  Friedberg. 

I.  Miscellen: 

XVI,  380.  XXIV,  128. 

U.  Recensionen: 
XVH,  463.  XVHI,  249. 

Möller,  Hermann«  Breslau-Kiel. 
Zam  Fiölsrinnsm&l  XX,  366. 

Müller,  Wilhelm,  Göttingen. 
L  Aufsatz: 
Über  Lachmanns  Kritik  der  Sage  von  den 
Nibelungen.  XIV,  267. 

II.  Miscellen: 

XVII,  116.  120. 

Nagele,  A.,  Olmütz-Brünn. 

1.  Zur  Chronologie  der  Sprüche  Walthers 
Ton    der  Vogelweide.    XXIV,  161.  298. 

2.  Walther  und  Wolfger  von  Passan.  XXIV. 
392. 

Nolte. 

1.  Niederrheinische  Sprüche  und  Priameln. 
XIX,  303. 

2.  Eine  Reliquie  von  Heinrich  Aeger  aus 
Calcar.  XX,  61. 

3.  Althochdeutsche  Glossen.  XX,  129. 

Nordhoffy  J.  B.,  Münster. 

1.  Altwestfälische  Dichtungen.  XVIII,  281. 

2.  Maeriants  Meriin.  XIX,  300. 

0 brist,  Innsbruck. 
Ain  Vasnacht   Spill   von   den    Risn    oder 
Reckhn.  XXI,  420. 


VERZEICHNI8S  DER  MITABBEITER  ete. 


506 


Oesterley,     HermanDi     Ctöttingen- 

Breslan. 

1.  Zu  Gesta  Romanonun.  XIV,  82. 

2.  Zu  Gesta  Romanomm.  XV,  104. 

Ow,  Hans  C.  Freiherr  von,  Wachendorf. 
Hartmanns  von  Ane  Heimath  nnd  Stamm- 
burg. XVI,  162.  Nachtrag  XXI,  151. 

Palm,  Hermann,  Breslau. 
Zwei  Bruchstücke  einer  bisher  unbekann- 
ten Handschrift  des  Wilhelm  von  Orlens. 
XXI,  197. 

Paul,  Hermann,  Leipzig-Freiburg  i.  ß. 

I.  Aufsatz: 
Zur  Kritik  und  Erklärung  von  Gottfrieds 
Tristan.  XVII,  385. 

II.  Recensionen: 

XIX,  217.    XX,  85.  104.    XXI,  95.  XXIV, 
243. 

Pauli,  C,  Hannover. 
Miscelle: 

XX,  128. 

Pettersy  Ignaz,  Leitmeritz. 
Recensionen: 
XVI,  99.  XVII,  100. 

t  Pfeiffer,  Franz,  Wien. 

I.  Aufsatz: 

Zwei  althochdeutsche  Beichten.  XIII,  385. 

II.  Miscelle: 
Xm,  118. 

Piper,  Paul,  Altona. 

Recensionen: 

XIX,  437.  XXI,  83.  XXU,  375.  XXIII,  372. 

xxrv,  105. 

Plew,  Eugen,  Königsberg. 
Zu  der  notkerischen  Rhetorik.  XIV,  47. 

Preger,  Wilhelm,  München. 
Recension: 
XIV,  373. 

Rautenberg,  R.,  Hamburg. 
Beiträge  zur  Handschriftenfrage  der  Nibe- 
lungen Noth.  XVII,  43  t. 

Regel,  Ernst,  Gotha. 
Zu  Rein  mar  von  Hagenau.  XIX,  149. 

Regel,  Karl,  Gotha. 
Die  Alliteration  im  Lajamon.  St.  I,  171. 

Rieger,  Max,  Darmstadt. 

1.  Reste    altdeutscher    Handschriften    zu 
Darmstadt.  XV,  203. 

2.  Das  Spiegelbuch.  XVI,  173. 

3.  Der  jüngere  Todtentanz.  XIX,  257. 


Roch  holz,  E.  L.,  Aarau. 

1.  Teil  als  Zauberschfitze.  XHI,  39. 

2.  Aus  einem  Briefiiteller  von  1492.  XUI, 
207. 

3.  Sohweizersagen  von  der  Weibertreue. 
XIII,  311. 

4.  Heinrich  SteinhOwel.  XIV,  411. 

5.  Jakob  Funkelin.  XIV,  412. 

t  Rückert,  Heinrich,  Breslau. 
I.  Aufsätze: 

1.  Fragmente  einer  neuen  Handschrift  von 
Wolframs  Wülehalm.  XIV,  271. 

2.  Zwei  geistliche  Gedichte  aus  Schlesien. 
XIX,  75. 

n.  Recension: 
XVI,  229. 

t  Rapp,  Theopbily  Reutlingen. 

1.  Die  kurzen  Griffe  der  Bronzeschwerter. 
XIII,  285. 

2.  Zur  Deutung  von  FiUlsvinnsmÄl.  XVI,  50. 

3.  Ober  die  Bedeutung  von  Alm.  XVII,  297. 

Ruprecht,  L.,  Hildesheim. 
Zu   den   ostfriesischen   Kosenamen.  XIH, 
301. 

Schade,  Oskar,  Königsberg. 

1.  Zu  den  deutschen  Versen  in  der  not- 
kerischen Rhetorik.  XIV,  40. 

2.  Drei  Sagen  aus  dem  XIV.  Jahrb.  XIV, 
276. 

t  Schiller,  Karl,  Schwerin. 

1.  Zu  Reineke  Vos.  XIH,  160. 

2.  Mittelniederdeutsche  Sprachproben.  XIV, 
408. 

Schipper,  J.,  Königsberg- Wien. 
I.  Aufsätze: 

1.  Zum  Codex  Exoniensis.  XIX,  327. 

2.  Salomo  und  Saturn.  XXII,  50. 

U.  Recension: 
XXII,  98. 

Schlüter,    Wolfgang,  Heidelberg- 

Dorpat. 
I.  Miscelle: 
XXH,  116. 

U.  Recensionen: 
XXI,  868.  XXIV,  78. 

Schmidt,  Johann,  Wien. 
Pfeifferfeier  in  Bettlach.  XV,  252. 

Schröder,  Karl,  Erlangen -Leipzig. 
I.  Aufsätze: 

1.  Beide.  XIV,  83. 

2.  Zum  Redentiner  Spiel  XIV,  181. 

3.  Niederländische  Einwirkung  auf  die  Form 
der  ordinalia  am  Niederrhein  und  im 
Elsaß.  XV,  419. 

4.  Zum  Brandan.  XVI,  60. 


506 


VERZEICHNISS  DER  MITARBEITEB  eto. 


6.  Sprachliches  eu  Closener.  XVI,  300. 

6.  Braehfltucke  von   IlartmaDos  von  Ane 
Gregoriu«.  XVII,  28. 

7.  Bruchstücke  eines  niederdeutschen  Par- 
tonopeus.  XVII,  191. 

8.  Carmen  sponsae.  XVII,  357. 

9.  Elncidarius.  XVII,  408. 

10.  Bmchsttleke     einer    Handschrift  'yon 
Gottfrieds  Tristan.  XVII,  462. 

11.  Snsanna.  XXII,  342. 

12.  Bester.  St.  I,  247. 

13.  Za  Christherre- Weltchronik.  St.  II,  159. 

II.  Becensionen: 

XIV,  265.  XV,  376.  XVI,  449.  XVII,  103. 
231. 

Schröefy  Karl  Julias,   Wien. 
I    A. uisätze* 

1.  Der  Tod  ais  JS^r.  XHI,  104. 

2.  Zu  Heinrich  von  Mogelin.   XIII,   212. 

3.  Zalmolxis.  XIII,  214. 

4.  Das  Fortleben  der  Kudrunsage.   XIV, 
327. 

5.  Mythisches  von  dem  durch    den  Gun- 
genld  gefeierten  Komad.  XVI,  286. 

6.  Bruchstücke    von    Handschriften     des 
jüngeren  Titurel.  XVI,  342. 

7.  Zur  Heldensage.  XVII,  65. 

8.  Zum  Fortleben  der  Gudrunsage.  XVII, 
208.  425. 

9.  Ein   Standbild  Attilas    und   Kriemhil- 
dens?  XVII,  459. 

10.  Sonnenuntergang  ,     GeiUte  ,    Gusträte 
u.  a.  Gott  folgen  gehn.  XIX,  430. 

11.  Meistersinger  in  Osterreich.  St.  II,  197. 

II.  Miscellen: 
XX,  381.  XXI,  495.  XXII,  127. 

III.  Recensionen: 

XIV,  247.  XVII,  368.  XXI,  110.  234.  380. 

XXII,  232.  241.  246.  367.   XXIII,  243. 

Schults,   H.,  Schleiz. 
ßnichstücke     einer     Psalmenübersetxung. 

XXIII,  62. 

Schultz,  Alwin,  Breslau. 
Bruchstücke    eines  Passionssspieles.   XVI, 
67. 

S  c  h  u  m ,   Wilhelm,  München. 
Mitteldeutsche  Predigt-  und  Legendenbruch- 
stücke. XVIII,  96. 

S  i  c  V  e  r  8 ,  Eduard ,  Jena. 
Zum  Cottonianus   des  Heliand.  XXIV,  76. 

Sprenger,    Robert ,    Göttingen-Nort- 

heim. 

1.  Die    Benutzung    des    Paizivals     durch 
Wimt  von  Gravenberg.  XX,  432. 

2.  Zum  Meier  Helmbrecht.  XXI,  348. 

3.  Zu  Reinke  Vos.  XXI,  350. 

4.  Kleine  Bemerkongen.  XXI,  351. 


I 


I 


5.  Zar     mittelniederdeutachen     Litterilv. 

XXI,  352. 

6.  Zu  Konrads  Schwanritter.  XXI,  419. 

7.  NachtrigUches    zu    Albers    Tandahu. 

XXII,  264. 

8.  Zu  Gottfrieds  Tristan.  XXII,  406. 

9.  Kleine  kritische  Beiträge.  XXIV,  418. 

Stark,  Franz,  Wien. 
I.  Aufsatz: 
Ober  friesische  Kosenamen.  XIII,  392. 

II.  Reeension: 
XIII,  113. 

Steffenhagen,  Emil,  Königsberg- 

Götting^-KieL 

I.  Aufsatz: 

Grabschrifl  auf  Neidhart  Fachs.  XVII,  40. 

IL  Miscelle: 
XXIII,  253. 

Steiner,  0.,  Danzig. 

1.  Die  winil^od  und  zwei  angedruckte  ost- 
preußische Varianten  des  Herdersebes 
Volksliedes :  Kein  schönre  Freud  anf  Er- 
den ist.  XXI,  209. 

2.  Die  Fremdwörter  in  den  bedeutendsteo 
mittelhochdeutschen  epischen  Dichtwer- 
ken. St  II,  239. 

S  t  r  0  b  1 ,    Joseph ,    Wien-  Mödling- 

Czemowitz. 

I.  Aufsätze: 

1.  Hartmanns  Gregoriaa  und  seine  Quelle. 
XIII    188. 

2.  Zu  Wolframs  Willehalm.  XV.  94. 

3.  Noch  einmal  das  Namenr&thsel  des  Pri- 
mas. XVII,  39. 

4.  Angelsächsische  Stadien.  XX,  29t. 

II.  Miscellen: 
XV,  260.  XIX,  503. 

III.  Becensionen: 
XIIT,  485.    XIV,  116.  117.  388.    XV,  237. 
XVII,  228.  XXr,  117.  226. 

Suchier,  Hermann,    Marbarg-Zttrich- 

Münster- Halle. 

1.  Über  einige  Handschriften  von  Wolframs 
Willehalm.  XVII,  177. 

2.  Ein  arabischer  Satz.  XVII,  215 

3.  Wolframs  Willehalm  als  Volksbuch.  XVII, 
355. 

4.  Anspielung  an  ein  uubckauutes  Gedicht 
(Segremors?).  XVIll,  115. 

5.  Die  Quellen  der  Mignssaga.    XX,  273. 
G.  Ober    das   niedenheinische  Brachstäek 

der  Schlacht  von  Aleschans.  St  I,  134. 
316. 

Symous,  B.,  Rotterdam, 
I.  Miscelle: 
XXII,  380. 


VERZEICHNIS3  DER  MITABBECTEB  etc. 


507 


II.  Becension: 
XXU,  440. 

Tob  1er,  Ludwig,  Bern-Zürich. 
I.  Aufsätse: 

1.  Über  den  relatiTcn  Gebrauch  des  deut- 
schen n^uid'*,  mit  Vergleichung  verwandter 
Sprach erscheinungen.  XIII,  91. 

2.  Über  die  sogenannten  Verba  intensiva 
im  Deutschen.  XVI^  1. 

3.  Über  Auslassung  und  Vertretung  des 
Pronomen  relativum.  XVII,  257. 

II.  B  ecensionen: 

XIII,  480.  XIV,  380.  XVni,  243.  XXH, 
373.  XXIV,  83. 

T  r  e  u  1 1  e  r ,  Hugo,  Breslau. 

1.  Zur  Thidrekssaga   XX,  151. 

2.  Bruchstück  einer  Handschrift  des  jün 
geren  Titurel.  XXI,  153. 

Uppström,   Wilhelm,  Uppsala. 
Über  das  gothische  Medium.  XIII,  173. 

Vernaleken,  Theodor,   Wien. 
Der  Mariencult  in  Österreich.  XVI,  42. 

Vetter,  Ferdinand,  Göttingen-Zürich- 

Bern. 

1.  Zum  Muspilli.  Kritisches  und  Dogma- 
tisches. XVI,  121. 

2*  Freyr  und  Baldr  und  die  deutschen 
Sagen  vom  verschwindenden  und  wieder- 
kehrenden Gott  XIX,  196. 

3.  Kleine  Beiträge.  XIX,  211. 

4.  Lesefrüchte  aus  Zürich  und  Bern.  XXII, 
352. 

W  a  c  k  e  r  n  e  1 1 ,  J.  £.,  Innsbruck. 
Zur  chronologischen  Bestimmung  des  VI. 
und  VII.  Buches  von  Wolframs  Parzival 
und  über  den  Beginn  von  Wolframs  und 
Walthers  Aufenthalt  in  Thüringen.  XXII, 
280. 

t  Wagner,  J.  M.,  Wien. 
I.  Aufsätze: 

1.  X  fiir  U.  XIII,  270. 

2.  Unsaelde.  XIII,  348. 

II.  Miscellen: 
XIII,  244.  365.  487.  489.  496.  503. 

III.  Recensionen: 
XIII,  486.  48C. 

Walderdorff,  Hugo  Graf  von,  Re- 
gensburg. 
Bruchstücke    von  Handschriften    des  jün- 
geren Titurel.  XVI,  338. 

Wattenbach,  Wilhelm,    Heidelberg- 
Berlin. 
1.  Gedichte    aus    einer    Lübecker   Hand- 
schrift. XVII,  181. 


2.  Arenga  de  commendatione  studü.  XIX, 
72. 

3.  Lateinisches  Liebesgedicht.   XIX,  297. 

Weiler,  Emil,  Nürnberg. 

1 .  Ein  Gedicht  von  Nicolaus  Manuel.  XVII, 
419. 

2.  Ein  Lied  vom  heiligen  Rock.  XVII,  445. 

3.  Nachlese  zu  Gk)edekes  Grundriß  und  zu 
Wellers  Annalen.  XXIV,  399. 

Weniger,  L.,  Eisenach. 
Mi  sc  eile  (Nekrolog): 
XXIII,  378. 

Wies  er,  Franz,  Innsbruck. 
Zu  Neidharts  Liedern.  XV,  432. 

Wilken,  Ernst,  Göttiogen. 

I.  Aufsätze: 

1.  Zum  Muspilli.  XVU,  329. 

2.  Zum  Winsbeken.  XVII,  410. 

3.  Zur  deutschen  Declination.  XIX,  18. 

4.  Mhd.  baehen.  XIX,  59. 

5.  Mhd.  itner,  rUenerj  niutoan,  niutoene  und 
niene.  XIX,  346. 

6.  Zu  den  Murbacher  Hymnen.  XX,  81. 

7.  Zu  den  Merseburger  Sprüchen  XXI,  218. 

8.  Nykrat.  XXIII,  446. 

9.  Metrische  Bemerkungen.  XXIV,  257. 

II.  Recensionen: 
XVIII,  381.  XIX,  227.  369.  XX,  249.  XXI, 
96.  231.  378. 

Winkelmann,  £.,  Heidelberg. 
Recension: 
XXIII,  236. 

Wis^n,  Theodor,  Lund. 
Altnordische  Wortdeutungpn.  XVI,  259. 

t  Wislicenus,  Hugo,  Zürich. 
Beiträge   zum   Nibelungenliede.    St.  II,  1. 

Witte,  Wiesbaden, 
Bericht  über  die  Verhandlungen  der  deutsch- 
romanischen Abtheilimg   der  32.  Philo- 
logenversammlung zu  Wiesbaden.  XXII, 
496. 

t  Witzschel,  August,  Eisenach. 
I.  Aufsatz: 
Die   erste   Bearbeitung   der   düringischen 
Phronik  von  Johannes  Rothe.  XVII,  129. 

II.  Miscelle: 
XVIII,  251. 

III.  Recension: 
XVIII,  366. 

Wöber,  Fr.  X.,  Wien. 
Deutsche  Handschriften  in  Petronell.  XVII, 
461. 


g06  MITTHEILUNG  DKR  REDACTION. 


fWolfi  Adolf,  Wien. 
Zwei  deutsche  lifachen  in  einem  Schwank- 
buche   des  XVHL  Jahrhondeits.   XYII, 
4». 


Zimmermann  ,   Panl,  WolfenbutteL 
Za     Brans    al^lattdeotechen    Gedichten 
XXm,  70. 

Zingerle,  J.  Y^  Innsbmck. 
1.  Veigleiche     bei     mittelhochdeiitschai 


Wfilcker,  Richard,  Leipiig. 

1.  Der  Dichter  der  üntende.  XV,  167.  Dichtern.  XIII,  tU. 

2.  lied  der  Ritter  wider  die  Stidte.  XVI,  |    «•  Zu  Freidank.  XIII,  S20. 
]33^  S.  Zwei  Trayestien.  XIV,  405. 

4.  Margaretha  von  Schwangan.  XVI,  75. 

Zangemeister,  Karl,  Heidelberg.  5.  Za  Wolfdietrich.  XVH,  207. 

Ahd.  Glossen  sn  Sallnst  XX,  408.  6.  Aristotües  und    Candads.   XVH,  S06. 

_           ,        n  •  j  •  1.    r    •     •  ^*  Anteloje  ond  Alexander.   XVIII,  220. 

Zarncke,  Fnedncb,  Lieipzig.  g    Christi  Bhimen.  XIX,  182. 

1.  Zorn  NibelongenUede.  XIII,  445.  9.  Ndne.  XIX,  349. 

2.  Wolfenbüttler  Bmchstfick   des  jOngem  10.  Nachtrige   zu   Lemckes  Jahrbuch  VI, 
THtorel.  XXI,  431.  350.  XIX,  349. 

3.  Die  Berleburger  Handschrift  des  Titurel  lt.  Zur   Heimatfrage  Walthec«.   XX,  257. 
und  der  Schluß  dieses  Gedichtes.  XXII,  1.  j  12.  Ulrich  Putsch.  XXI,  41. 

4.  Die  Tfibinger  Titnrelbruchstucke.  XXII,  13.  Frd  Bdne.  XXI,  47. 

16.  '  14.  Zu  WalUier  tou  der  Vogelweide.  XXI, 

193. 

Z  e  i  ß  b  e  r  g ,  Heinrich^  Lemberg.  15   ^i  den  Bildern  Ton  Runkelstein.  XXHl. 

Hieb  und  Wurf  als  Reehtssjmbole  in  der  *       28. 

Sage.  Xni,  401.  16.  Mönch  vonlSalxburg.  XXDI,  30. 


Mittheilnng  der  Bedaetion. 

Mit  nächstem  Jahrgange  (1880)  beginnt  die  Germania  ihre  dritte  Rohe. 
In  ihrer  Einrichtung  wird  nur  insofern  eine  Änderung  antreten  als  die  Ab- 
theilnng  Litteratur  sich  auf  einselne  ausfdhrliehere  Kritiken  beschranken  wird, 
da  durch  das  Xiteratnrblatt  für  germanische  und  romanische  Philologie  ein 
kritisches  Organ  für  kürzere  Recensionen  geschaffen  ist.  Der  hierdnrch  ge- 
wonnene Raum  wird  den  Abhandlungen  und  der  Bibliogn^hie  an  Gute  kom- 
men; letztere  wird  dadurch  eine  Erweiterung  erfieJiren,  da0  den  wichtigerei 
Erscheinungen  kurze  Bemerkungen  über  Inhalt  und  Werth  beigegeben  werden 
sollen.  KARL  BARTSCH. 


Beriebtignng. 

S.  381,  Z.  6  ▼.  u.  lies  R.  M.  Werner  statt  R.  M.  Wagner.  —  8.  384. 
Der  Johannistanz  ist  die  mittelalterliche  Volkskrankheit  der  Tanzwntb,  iber 
welche  Hecker  u.  a.  zu  Tergleichen. 


INHALT. 


S«ito 
Die  beiden  literarhistorischen  Stellen  bei  Rudolf  von  Ems.  Von  K.  Bartsch  .    .       1 

Zn  Gottfried's  Tristan  15246  fg.  Von  R.  Bechstein 9 

Über  ein  Meisterlied  von  dem  rothen  Kaiser.  Von  R.Köhler 13 

Ein  altes  Bücherveraeichniss.  Von  K.  Bartsch 16 

Die  krachende  Bettstatt.  Von  F.  Liebrecht 21 

Beitrüge  sor  deutschen  Syntax.   Von  O.  Behaghel.    I.  Vertauschong  Ton  Gene- 
tiv,  Dativ,  Accnsativ   beim   persönlichen  Pronomen.    IL  Asyndetische  Para- 

texa 24,  167 

Kleine  Beiträge  snr  Geschichte  und  ErkUbmng  der  Eddalieder.  IV.  Von  A.Edsardi.    46 

Znm  alten  schwedischen  Hofrechte.  Von  K.  Manrer 64 

Niederösterreichische  Kindersprüehe  nnd  Reime.  Von  C.  M.  Blaas 66 

Über  Hartmanns  von  Aue  Heimath  nnd  Krenazttge.  Von  A.  Bai  er 72 

Bairische  Besegnnngen.  Von  A.  Birlinger 73 

Schwabenstreich.  Von  W«  Loose 76 

Zum  Cottonianus  des  Heliand.  Von  E.  Sievers 76 

Zur  schwedischen  Volksliteratur.  Von  F.  Liebrecht 129 

Besserungen  und  Nachweise.  Von  F.  Bech    .    .    * 139 

Zur  Chronologie    der  Sprüche  Walthers   von    der  Vogelweide.  I.  U.    Von  A.  Na- 
gele   . 161,  298 

Zu  dem  sog.  mnl.  OsterspieL  Von  O.  Behaghel 174 

Leipziger  'Hturelbmchstücke.  Von  G.  Milchsack 176 

Ein  in  der  österreichischen  Mundart  Von  K.  Bartsch .    .  198 

Kleine  Büttheilungen    6.  Ein  Fragment  ans  Konrad  von  Fnßesbrunnen.  7.  Wurm- 
segen. 8.  Verse  des  XU.  Jahrhunderts.  Von  K.  Bartsch 200,  297 

Metrische  Bemerkungen,  l.  Zur  Alliterationspoesie.  Von  E.  Wilken 257 

Deutsche  Nativität  des  XII.  Jahrhunderts.   Von  F.  Kein z 292 

Margarethenlegende  des  XII.  Jahrhunderts.  Von  K.  Bartsch 294 

Zu  Parwval  IX,  916  f.  Von  F.  Bech 297 

Zu  den  *BaSrischen  Besegnung^'.  Von  A.  Jeitteles 811 

Von  den  zwei  Sanct  Johannsen.  Von  R.  Köhler 885 

Walther  und  Wolfger  von  Passau.  Von  A.  Nagele 392 

Nachlese  zu  Gödekes  Grundriß  und  Wellers  Atmi^lftn.  Von  E.  Weller  .   .    .    .       399 

„Warum  betrübst  du  dich  mein  Hen**.  Von  R.  Bechstein 407 

Vom  unzufriedenen  Wolf.  Von  C.  M.  Blaas 412 

Zu  Konrad  von  Megenberg.  Von  C.  M.  Blaas 414 

Ein  Kinderspiel  aus  dem  Elsaß.  Von  Th.  Gelbe 416 

Zu  Germania  24,  21  ff.  Von  A.  Jeitteles 417 

Kleine  kritische  Beiträge.   Von  R.  Sprenger 418 

Gedicht  über  Heinrich  den  Löwen?  Von  K.  Bartsch 421 

LITTERATÜR. 

H.  Osthoff,  Das  Verbum  in  der  Nominal-Composition  im  Deutschen,  Griechischen 

und  Romanischen.  Von  W.  Schlüter 78 

O.  Behaghel,  Die  Zeitfolge  der  abh&ngigen  Rede  im  Deutschen.  Von  L.Tobler.    83 

Zur  Topographie  Islands.  Von  K.  Maurer 88 

H.  Petersen,   Om   Nordboemes   Gudedyrkelse   og  Gudetro  i  Hedenold.    Von   O. 

Brenner 102 


Seite 

B.  Döring,  Bemerkungen  Aber  Stil  and  Typus  der  isländischen  Saga.Von P.Piper.  105 
W.  Hertz,  Tristan  und  Isolde  yon  Gottfried  von  Straßburg.  Von  R.  Bechstein.  106 
H.  Kurz,  Tristan  und  Isolde,  Gedicht  von  Gottfried  von  Straßburg.    Von  O.  Be- 

haghel 110 

A.  Jeitteles,  Altdeutsche  Predigten  aus  dem  Benedictinerstifte  St  Paul  in  K&mten ; 

J.  Schmidt,  Priester  Konrad*s  deutsches  Predigtbuch.  Von  K.  Bartsch    .    .   111 

Zur  Kritik  der  Nibelungen.  Von  H.  Fischer 201,  313 

H.  Osthoff  und  K.  Brugman,    Morphologische   Untersuchungen   auf  dem   Gebiete 

der  indogermanischen  Sprachen.  Von  H.  Paul 243 

J.  Grimm,  Deutsche  Mythologie.  Von  K.  Bartsch 248 

Ph.  Strauch,  Die  Offenbarungen  der  Adelheid  Langmann.  Von  demselben  ....  249 
Ph.  Wackemagel,  Das  deutsche  Kirchenlied  von  den  ältesten  Zeiten  bis  zu  Anfang 

des  XVII.  Jahrhunderts.  Von  demselben 260 

L.  Blume,  Über  den  Iwein  des  Hartmann  von  Aue.    Von  H.  Lambel 252 

£•  Wilken,  Die    prosaische    Edda   im    Auszüge  nebst   Volsungasaga    und    Noroa- 

geststhdttr.  Von  A.  Edzardi / 352 

E.  Wilken,  Untersuchungen  zur  Snorra  Edda.  Von  demselben  ........  363 

H.  Gering,  Finnboga  saga  hins  ramma.  Von  O.  Brenner 368 

A.  Lootens  et  J.  E.  Feys,  Chants  populaires  flamands  avec  les  airs  not^s  et  po6- 

sies  populaires  diverses  recuoillis  k  Brugos.  Von  F.  Liebrecht 374 

L.  Bock,  Über    einige    Fälle    des   Conjunctivus   im  Mittelhochdeutschen.    Von  O. 

Behaghel •    ....   378 

K.  Pickel,  Das  Heilige  Namenbuch  von  Kourad  von  Dangkrotzheim.  Von  F.  Bech,  422 
L.  Schulze,  Philipp  Wackemagel  nach  seinem  Leben  und  Wirken  fOr  das  deutsche 

Volk  und  die   deutsche  Kirche.  Von  U.  Bechstein 428 

B.  Bergemaun,  Das  höfische  Leben  nach  Gottfried  von  Straßbnrg.  Von  R.  Bech- 

stein    429 

BIBLIOGRAPHIE. 

Bibliographische  Übersicht  der  Erscheinungen  auf  dem  Gebiete  der  germanischen 

Philologie  im  Jahre  1878.  Von  K.  Bartsch 433 

MISCELLEN. 

Bericht  über  die  Verhandlungen  der  deutsch-romanischen  Abtheilung  der  XXXIIl.  Ver- 
sammlung deutscher  Philologen  und  Schulmänner  zu  Gera  1878.  Von  A.  Hof- 
meister   114 

Deutsche   mittelalterliche   Handschriften    der  Fürst -Georgs -Bibliothek   zu   Dessau 

(Fortsetzung).    Von  W.  Hosäus 120,  382 

Personalnotizen 128,  381 

Zum  König  vom  Odcnwaldc.  Von  Möller 128 

Stammbuchvers  von  1690.  Von  K.  B 128 

Aus  Kostocker  Handschriften.  Von  K.  Bartsch 256 

Zu  Germania  XXHI,  52.    Von  R.  Köhler 382 

Sanct  Dorothea.   Von  K.  Bartsch 382 

Zu  Otfrid.    Von  O.  Behaghel 382 

Brutmisse 383 

Dreikönigsbildchen.    Von  A.Birlinger 384 

Meister  Hemmerlin  =  Teufel.  Von  A.  Birlinger 384 

8.  Johannes  Dantz  Anno  1374.    Von  A.  Freybe 384 

Aschenpüster 5B4 

Register  zum  zweiundzwanzigsten  bis  viemndzwanzigsten  Jahi^gang .  49S 

Verzeichniss    der  MiUrbeiter   und    deren  Beitrttge   in  Band  13 — 24  der  Germania 

und  in  Band  1  und  2  der  germanistischen  Studien 497 

Mitthcilnng  der  Rcdaction 608 

Berichtigung " 508 


%. 


Ib. 


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