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^30 • i"
^3o . i'
GERMANIA.
VIERTELJAHRSSCHRIFT
fOb
DEUTSCHE ALTERTHUMSKUNDE.
BEGRÜNDET VON FRANZ PFEIFFER
HEBAUSQEGEBEN
VON
KARL BARTSCH.
, t • • • . '
• •
VIERUNDZWANZIGSTEB JAHROANO.
NKUE REIHE ZWÖLFTER JAHRaANO.
THE
HILDEBRA.ND
UBEARY.
WIEN.
VEBLAG VON CABL GEBOLD'S SOHN.
1879.
R. -^M^^^.
DIE BEIDEN LITERARHISTORISCHEN STELLEN
BEI RUDOLF VON EMS.
Die literarischen Stellen im Wilhelm und Alexander haben wegen
ihrer Wichtigkeit und der sich daran knüpfenden Folgerungen die For-
schung immer wieder aufs neue beschäftigt. Zuletzt hat Johannes
Schmidt in den Beiträgen von Paul und Braune 3, 140 — 181 die Frage
wieder aufgenommen, ob der. Wilhelm oder der Alexander das frtther
verfaßte Gedicht sei.
Man hat sich gewöhnt davon auszugehen, daÜ, als Rudolf den Wil-
helm dichtete, die dort erwähnten Dichter mit Ausnahme des TürheimerS)
Hesses und Fasolts sämmtlich gestorben waren. Aber wo steht denn das?
Rudolf sagt nichts weiter, als daß zu der Zeit, wo die im voraufgehenden
genannten Dichter die von Rudolf aufgeftlhrten Werke verfaß ten^ die
Aventiure von Wilhelm noch 'in welsch verborgen' war; specicU was den
Stricker betrifft, als derselbe seinen Daniel von Blumental schrieb. Daß
dieser eine Jugendarbeit des Dichters ist; darüber sind alle wohl einig;
denn er bedient sich darin noch gewisser sprachlicher und metrischer
Freiheiten, die er sich später nicht mehr gestattete. Aber daß der Stricker
zur Zeit der Abfassung dos Wilhelm gestorben war, sagt Rudolf durch-
aus nicht. Und die Art und Weise, wie er von Albrecht von Keme-
naten redet, der genannt wird der wise mauj der meisterliche tihten kan,
deutet entschieden auf einen noch lebenden Dichter. Denn w^ennSchmidt
dem gegenüber bemerkt (S. 160), daß man auch von den Leistungen
eines verstorbenen Dichters das Präsens anwenden kann, so ist das
wohl im allgemeinen ganz richtig, aber hier ist zu erwidern : bei allen
Dichtern, von denen wir mit Bestimmtheit wissen, daß sie zur Zeit
der Abfassung des Wilhelm gestorben waren, braucht Rudolf das
Präteritum; und ferner nennt er unmittelbar nach Albrecht von Keme-
naten denjenigen Dichter, von dem es eben so sicher ist, daß er zur
Abfassungszeit des Wilhelm noch gelebt hat, Ulrich von TteVÄ^sEl^
von diesem braucht er das Präsens und 2.^w ^«etvöÄ ^\^'«^^Jö^ ^ ^"^^
GERMANIA. Neae Reihe. XII. (XXIV. Jahrg.) ^
2 K. BARTSCH
dung : der wol guotiu nuiere ze meistei'schefte tihten kan. Die Ge-
schmacklosigkeit und Ungeschicklichkeit, den ganz gleichen Ausdruck
in einem Athem von einem verstorbenen und einem lebenden anzu-
wenden, traue ich zwar Herrn Schmidt — 'der diese auffallende Über-
einstimmung gar nicht bemerkt oder, wenn bemerkt, absichtlich ver-
schwiegen hat — aber nicht dem gewandten Rudolf von Ems zu.
Das zweite Bedenken gegen die Annahme ^ Rudolf rede bis zu
den Worten der Frau Aventiure nur von verstorbenen Dichtem, liegt
in Gottfried von Ilohenlohe. Mit dem stolzen Gefühle eines Mannes,
der alle Schwierigkeiten spielend aus dem Wege räumt, sucht Hr. S.
den Nachweis zu führen, daß der von Rudolf erwähnte Gottfried nicht
der im J. 1254 oder 1255 gestorbene sein könne, sondern dessen Vater
sein müsse, der 1219 oder frühestens Ende 1218 gestorben sei. Es
soll der in einer Urkunde Friedrichs H. vorkommende Gottfried von
Hohenlohe der Dichter sein. Wir wollen einmal annehmen, diese mit
der größten Keckheit vorgetragene Behauptung sei richtig, so entstehen
dadurch erhebliche Schwierigkeiten für die chronologische Ordnung der
Dichter bei Rudolf, welche Hr. S. doch verficht. Der im Jahre 1218
gestorbene Dichter, der fünf erwachsene Söhne hinterließ, wird das von
Rudolf erwähnte Gedicht doch schwerlich immittelbar vor seinem Tode
gedichtet haben« Wir sind vielmehr berechtigt, dann die Dichtung
sicherlich ins erste Jahrzehnt des 13. Jahrhs. hinaufzurücken. Dann
geht also dem Gottfried voraus der Stricker, der nach 1236 noch ge-
dichtet hat, also frühestens gegen 1240 gestorben ist; es folgt ein um 1219
gestorbener Dichter, dessen Thätigkcit bald nach 1200 fallen würde,
dann wieder einer, der um 1230 dichtete. Soll das chronologische
Ordnung sein?
Aber die Urkunde von 1218 ist unecht, und damit ist S.
einfach der Boden unter den Ftlßen weggezogen. Ich verweise auf
die ausführliche Begründung der Uncchtheit durch E. von Wattenwyl,
Geschichte der Stadt und Landschaft Bern I (1867), 353 ff. Der
Gottfried von Hohenlohe, der der Dichter sein soll, ist urkundlich
überhaupt gar nicht belegbar, und der seit 1220 auftretende ist der-
selbe, der im J. 1254 oder 1255 gestorben ist, der also erwiescner-
massen zur Zeit wo der Wilhelm verfaßt wurde, noch gelebt hat.
Dadurch wird selbstverständlich auch für Albrecht von Keme-
naten dargethan, was schon in den Worten Rudolfs liegt, daß auch er
zur Abfassungszeit des Wilhelm noch ein Lebender war. Nur die
durchaus unnöthige Annahme, daß alle die dem Türheimer voraus-
£rehenden Dichter gestorben waren, macht Rudolf zu einem *" unlogischen
DIE BEIDEN LITERARHISTORISCHEN STELLEN BEI RUDOLF V. EMS. 3
Scbwätzer\ Wie hätte auch Rudolf von allen den genannten Dichtem,
die zum Theil seine unmittelbaren Zeitgenossen waren, mit Sicherheit
behaupten können, daß sie alle verstorben waren? Von den großen
Meistern am Ende des zwölften und am Anfang des 13. Jahrhs. konnte
er es natürlich wissen, wie aber z. B. vom Stricker, der im fernen
Osterreich wohnte und von dessen Tode schwerlich rasch eine Kunde
zu Rudolf gedrungen ist? Freilich wenn er die Sicherheit der Behaup-
tungen von Herrn S. gehabt hätte, so konnte er recht gut die Leute
auch etliche Jahre früher sterben lassen.
Worin besteht denn nun aber der Unterschied zwischen jener
Dichterreihe und dem allein stehenden Türheimcr? Auch bei diesem
wird zunächst auf seine bisherige dichterische Thätigkeit hingewiesen,
auf seinen Clies. Dieser muß, nach dem Gedankengange Rudolfs zu
schließen, gedichtet sein, nachdem die welsche Quelle Rudolf zugäng-
lich geworden und Rudolf bereits das Gedicht begonnen hatte, wäh-
rend die Werke der vorausgehenden Dichter sämmtlich vor diesen
Zeitpunkt fallen. Warum aber kommt die Aventiure bei dem Tür-
heimer noch nicht an? Offenbar weil er jetzt mit einem andern Ge-
dichte beschäftigt ist, und unter diesem werden wir zunächst die Fort-
setzung des Tristan zu verstehen haben, da die des Willehalm ent-
schieden zu spät ist.
Der Einwand, den Frau Aventiure erhebt, ist also der: zu der
Zeit, als die von Dir (Rudolf) genannten Dichter ihre von Dir ge-
nannten Werke verfiaßten, war ich noch in Wälsch verborgen. Sie
alle dichten jetzt keine epischen Gedichte mehr, sie sind theils ver-
storbene^ theils haben sie ihre dichterische Thätigkeit eingestellt. Nun
macht Rudolf eine Einwendung mit dem Hinweis auf einen Dichter,
der in unmittelbarer Gegenwart auf dem Gebiete erzählender Dichtung
thätig ist. Aber auch bei ihm kann die Aventiure nicht ankommen,
weil er eben gerade mit einem anderen Werke beschäftigt ist. Wir
haben uns zu erinnern, daß es in jener Zeit keineswegs allgemein war,
daß jemand sein ganzes Leben dem dichterischen Berufe widmete.
Wir wissen von einer Menge von Dichtern , die eben nur ein einziges
Werk geliefert und damit ihre dichterische Thätigkeit abschlössen.
Die Annahme, daß von gar manchen uns eben nur ein Werk erhalten^
das übrige aber verloren gegangen, wäre durchaus unberechtigt; denn
gerade die beiden Dichterverzeichnisse lehren uns, daß von den meisten
Dichtem, von denen überhaupt etwas auf uns gekommen, wir diejenigen
Werke besitzen, welche Rudolf namhaft mächt. Und so k.o\u[i\j^^ ^^\>s^
auch Rudolf, was gar nicht zu erweisen iat, von gat ttt»sid!öÄ\si^^s^öNÄX
4 K. BARTSCH
wußte, daß er nocb am Leben war, er ihn recht wohl in Reiche Linie
mit den Terstorbenen älteren Meistern stellen, weil er literarisch todt
war, oder, wie der Stricker, sich einer ganz anderen Biehtong zuge-
wendet hatte.
Veranschaulichen wir es uns durch ein modernes Beispiel. Ge-
setzt, um das Jahr 1840 wäre aus einer damals aufgefundenen alt-
firanzdsischen Dichtung ein wunderschöner Bomanzenstoff nach Deutsch-
land gekommen, und ein junger Dichter hätte ihn zur Bearbeitung ge-
wählt, dabei aber im Zweifel an seinen eigenen Kräften ähnlich wie
Budolf die Muse an ältere Dichter gewiesen. Er hätte Uhland genannt,
und namentlich Terwandte ühlandsche Bomanzen angefbhrt, die ge-
raume Zeit Torher gedichtet waren. Wenn darauf die Muse, ähnlich
wie bei Budolf erwiedert hätte: ja damals war ich noch in Wälsch
verborgen — würde daraus zu schließen sein, daß Uhland im Jahre
1840 bereits todt war?
Ich sehe in diesem Gedankengange nichts unlogisches. Und end-
lich, wenn Budolf jene Dichter als yerstorben hätte bezeichnen wollen,
wfirde er nicht gesagt haben frt ir tagen, bei ihren Lebzeiten? Er
sagt bi den tagen, in jener Zeit, als sie die genannten Dichtungen
verfaßten.
Damit fallen aber auch die Einwände, welche S. 168 f. bezüglich
des Strickers vorgebracht werden. Denn sie stützen sich auf die, wie
wir gesehen haben, unrichtige Behauptung, er sei zur Abfassungszeit
des Wilhelm gestorben gewesen. Die auf S. 168 als 'natürlich' be.
zeichnete Folgerung, es sei unnöthig gewesen, da die maere des
Strickers, als der Alexander gedichtet wurde, noch allen frisch im
Gedächtniss waren, dieselben namentlich zu nennen, während sie zur
Zeit, wo der Wilhelm geschrieben ward, durch die späteren anders-
artigen Dichtungen des Strickers in den Hintergrund gedrängt waren —
diese Folgerung scheint mir im Gegentheil wenig natürlich. Das erstere
setzt voraus, daß der Daniel überhaupt zu irgend einer Zeit einmal
eine bedeutende Bolle beim Publicum gespielt habe, worauf doch nichts
hinweist.
Weiter kommt dann S. auf das von mir Wetzel beigelegte Mar-
garetengedicht. Er weist auf die Beliebtheit der Legende in jener
Zeit, auf die Menge von Bearbeitungen, die damals sicherlich von ihr
existierten, hin. Welche Zeit meint er denn? Spricht er allgemein vom
deutschen Mittelalter oder von der Zeit Budolfs? Für das Mittelalter
darf es zugegeben werden, und Hr. S. hätte bei einiger Umsicht sogar
ni>ch Büf einige andere theils noch nicht edierte, theils erst seit meiner
DIE BEIDEN LITERARHISTORISCHEN STELLEN BEI RUDOLF V. EMS. 5
Abhandlung überhaupt bekannt gewordene Bearbeitungen verweisen
können, von denen F. Vogt bei Paul-Braune I, 263 ff. handelt. Aber
von diesen Legenden gehört keine der Blüthezeit unserer mhd. Poesie
an, sie fallen entweder vor die Blüthezeit (ins 12. Jahrh.) oder nach
derselben, 14. und 15., vielleicht noch Ausgang des 13. Jahrhs. Daß
aber die von mir aufgefundenen Fragmente der guten Zeit höfischer
Dichtung angehören wird durch den ganzen Stil und noch sicherer
durch die historischen Beziehungen erwiesen. Wie steht es denn nun
mit der Legendendichtung überhaupt in diesem Zeitraum, der hier in
Betracht kommt, von 1220 — 1250? Wir haben Rudolfs Legenden, und
dazu Reinbots Georg. Also im Ganzen vier Legenden!*) Deutet das
etwa auf Beliebtheit der Legendendichtung? Nun wird eine fbnfte
(resp. siebente) aufgefunden, die durch ihre localen Beziehungen auf
dieselbe Zeit und Gegend passt, in welcher Wetzeis von Rudolf erwähnte
Margarete entstanden ist — sind wir da nicht berechtigt eine Identität
dieser namenlos aufgefundenen und der verlornen Wetzeischen anzu-
nehmen ? Ist es wohl irgend wahrscheinlich nach der damaligen Lite-
raturrichtung, bei der spärlichen Pflege der Legendendichtung in jenen
Jahren, daß in derselben Zeit und derselben Gegend zwei Dichter dieselbe
Legende sollten behandelt haben? Natürlich ein mathematischer Beweis
fbr die Identität ist nicht zu liefern; aber in wie vielen Fällen sind
wir dazu überhaupt auf dem Gebiete der altdeutschen Literatur im
Stande? Also mit einer blossen 'Kritik des Kopfschütteins', um mit
Altmeister Diez zu reden, ist es da nicht abgethan. Herr S. zeige
mit Gründen die Unwahrscheinlichkeit meiner Ansicht, sonst ist sein
Negieren eine müssige Zweifelsucht, über die wir ruhig zur Tagesord-
nung übergeben können.
Wenn auch nicht mit voller Sicherheit behauptet werden kann, daß
Wetzeis Margarete nicht bei Lebzeiten Bertholds von Zäringen (f 1218)
gedichtet sein könne, so steht doch auch durchaus nichts im Wege sie
nach 1235 zu setzen. Denn daß dementia nicht freigegeben worden
sei, daß sie nicht auch nachher noch einen Dichter freigebig unter-
stützen konnte, läßt sich nicht behaupten. Schöpflin sagt doch nichts
weiter als: es ist nicht gewiß, ob der Verfügung Friedrichs 11., de-
mentia freizugeben und in ihr Witthum wieder einzusetzen, Folge ge-
leistet wurde. Die Behauptung von Hm. S., es sei das Folgeleisten
*) Rechnen wir noch Konrad von Heimesfurt mit seinen beiden zwar nicht Le-
genden, aber doch biblische Stofto behandelnden Dichtungen dazu, so sind es sechs.
Aber nach der Stellung, die dieser Dichter in Rudolfs VvYie;\cXwv\TO wcvwVkvovX.^ ^«t^wsv
wir ihn eher rar 1220 eu setzen haben.
6 K. BARTSCH
ZU bezweifeln^ ist ebenso^ als wenn man das Gegentheil mit Sicherheit
behaupten wollte. Und wenn 'Friedrich 1235 besonders Ursache hatte,
sich nicht so mächtige Fürsten zu Feinden zu machen', weil er ihre
Hülfe brauchte — warum, muß man fragen, erließ er dann überhaupt
jene Verftlgung bez. Clementias? Wenn er nachher in freundlichem
Verhältniss zu den Grafen von Urach stand, so kann das ebensogut
80 erklärt werden, daß die Grafen der Verfügung des Königs nach-
kamen und in Folge dessen jeder Anlaß zu einem unfreundlichen
Verhältniss weggeräumt war? Also von einem Beweise seitens des
Hm. S. , von einem Urostossen meiner Annahme, die Margarete sei
nach 1235 gedichtet, kann gar nicht die Rede sein. Nun wird aber von
einer zweiten Ehe Clementias mit einem Grafen Eberhard von Kirch-
berg, dem sie gegen 1500 Mark Silbers Burgdorf und Rheinfelden, von
dem Herzoge von Zähringen^morgengabsweise herrührend, abgetreten, be-
richtet. Diese Ehe, wenn sie mit Sicherheit festzustellen ist (vgl. Watten-
wyl a. a. O. I, 26), würde allerdings den Beweis liefern, daß dementia
freigegeben ward und in den Besitz ihres Witthums kam.
Die Zeit nach 1235 paßt übrigens auch viel besser in die von
S. angenommene chronologische Reihenfolge als die Zeit vor 1218.
Es folgen im Alexander aufeinander: Albrecht von Kemenaten, um
1230, dann, wenn wir von dem unbestimmbaren Heinrich von Linouwe
absehen, der Stricker, um dieselbe Zeit und noch 1236, dann Wetzel,
dann Ulrich von Türheim, zwischen 1230 — 1240. Ein Dichter, der vor
1218 bereits dichtete, unterbricht diese Reihe in die unmittelbare Ge-
genwart reichender Dichter sicherlich störender, als einer, der nach
meiner Annahme zwischen 1235 — 40 dichtete.
Und noch ein weiteres. Stellen wir uns einmal auf den Stand-
punkt, daß die im Wilhelm dem Türheimer gegenüber gestellten Dichter
wirklich verstorbene waren, warum dann nannte er nicht auch Wetzel,
wenn dieser schon vor 1218 als Dichter auftrat? — mochte er nun
zur Zeit der Abfassung des Wilhelm *ein noch Lebender sein, neben
dem Türheimer, und, war er gestorben, unter der Reihe der Verstor-
benen? Rudolf ist mit Freundeslob nicht karg; was hätte ihn veran-
lassen sollen, hier einem früher (im Alexander) genannten Freunde die
Kränkung des Verschweigens anzuthun? Man halte nicht entgegen, daß
es mit zwei anderen Freunden ähnlich stehen würde, wenn man die
Reihenfolge Wilhelm — Alexander annimmt. Denn die Hülfe dieser beiden,
Hesses und Fasolts, erbittet Rudolf nicht insofern sie Dichter, sondern
insofern sie Kritiker sind, und darum nennt er sie in dem späteren
Alexander nicht, ireil er hier überhaupt nur von dichterischer, nicht
DIE BEIDEN LITERARHISTORISCHEN STELLEN BEI RUDOLF V. EMS. 7
auch von kritischer Thätigkeit redet. War aber Wetzel zur Zeit, wo
der Wilhelm gedichtet wurde, noch nicht als Dichter aufgetreten^ son-
dern erst als er den Alexander schrieb, dann erklärt sich alles ganz
natürlich. Darum nennt er Wetzel hier neben dem Türheimer. Weit
entfernt also davon, die Abfassung der Margarete vor 1218 fUr wahr-
scheinlich zu halten, erblicke ich vielmehr in der aus Betrachtung der
Rudolfschen Stellen sich ergebenden Wahrscheinlichkeit, daß sie nach
1235 fiült, eine Stütze des durch historische Quellen nicht zu erwei-
senden Factums, daß dementia wirklich 1235 freigegeben wurde und
das geraubte Witthuni zurückerhielt. Ich mache damit nur dasselbe
Recht geltend, welches S. für sich bezüglich Gottfrieds von Hohenlohe
(freilich wie wir sahen ^ sehr mit Unrecht) in Anspruch nimmt: ein
literarisches Zeugniss für die Geschichte zu verwerthen.
Wenn S. es auffallend findet, daß an der Stelle des Alexander,
wo Rudolf seine früheren Werke erwähnt, er nicht auch des Wilhelm
gedenkt, wenn derselbe vor dem Alexander entstand, und aus diesem
Nichterwähnen schließt^ der Wilhelm sei eben nach dem Alexander
gedichtet, so kann man umgekehrt fragen: wenn der Alexander vor
dem Wilhelm gedichtet war, wie kommt es, daß er dann in letzterem
nicht neben den früheren Werken erwähnt wird? Und weiter. Im
Alexander wird erwähnt das Gedicht vom heiligen Eustachius, nach
dem Barlaam. War der Alexander vor dem Wilhelm gedichtet, dann
war es der Eustachius erst recht, und dann ist wieder auffallend, daß
im Wilhelm auch der Eustachius nicht genannt wird. Bei der schlechten
Überlieferung des Alexander, die an dieser ganzen Stelle auf einer
einzigen jungen Handschrift beruht^ ist es gar nicht so undenkbar, wie
es S. hinstellen möchte (S. 164), daß wenn auch nicht eine Ent-
stellung bezüglich des Eustachius, wohl aber eine Lücke anzunehmen
ist (vor oder nach dem Eustachius), in welcher des Wilhelm gedacht
war. Aber wenn man sich auch zu einer solchen Annahme nicht ent-
schließen will, so heben sich WÜhelm und Alexander durch ihre gegen-
seitige Nichterwähnung auf, d. h. aus ihr ist nichts fUr die Chronologie
zu schliessen. Dagegen spricht die Erwähnung des Eustachius im
Alexander, aber nicht im Wilhelm, dafür, daß der Alexander nach dem
Wilhelm gedichtet ist. Wenn man den Wilhelm und den Alexander
in Bezug auf ihren dichterischen Werth mit einander vergleicht, wird
man ersterem unbedingt den Vorzug geben. Der Alexander ist breiter,
geschwätziger, nüchterner; und dieso Eigenschaften treten in Rudolfs
entschieden jüngstem Werke, der Weltchrouik^ am \iTk«ccv^<Kvv^\SÄ\fc\v
hervor. Auch die d/chterische Entwickelvmg «\äo x«vä.ä\V. ^^^ '^^^^
8 K. BAHT8CH, DIE BEIDEN LlTERARUiSTOBISCHEN STELLEN ete.
Wilhelm — Alexander — Weltchronik viel wahrscheinlicher als die an-
dere Alexander — Wilhelm — Weltchronik. Und die beiden literarischen
Stellen selbst unterstützen^ mit einander vei^Iichen, jene Reihenfolge.
Die Stelle im Willehalm, wenngleich anch sie anf Nachahmung bemht,
ist entschieden dichterisch gehobener; die des Alexander fidlt dagegen
ab. Hier hat Rudolf sich selbst nachgeahmt, und blieb er schon bei
der Nachahmung seines ersten Vorbildes weit hinter diesem zurQck, so
wiederum noch mehr in der zweiten, in der er zugleich sich selbst
copierte.
Daß Rudolf von Ems von niemand ausser ihm selbst und von
seinem Fortsetzer erw&hnt werde (S. 164) durfte jetzt nicht mehr be-
hauptet werden (vgl. Germania 12, 478 f.).
Wie steht es nun mit der scharfen und schlagenden Widerlegung,
deren Herr S. sich rühmt (S. 160)? Ich vermag in seinem ganzen
langen Aufsatz nichts von hallbaren positiven AufsteUungen zu ent-
decken. Das einzige, was sich hören läßt, die Conjectur Alsolon statt
cdto Ion im Alexander wird durch einen dabei zu Tage tretenden Mangel
an kritischer Methode wieder herabgedrückt. Schon Paul (S. 181) hat
auf das bedenkliche hingewiesen, gegenüber der gut überlieferten Lesung
Abialon oder Absolon im Wilhelm die Lesung Alsolon^ die auf einem
offenbaren Mißverständniss der jungen Alexanderhandschrift beruht, zu
bevorzugen. Mit flrgötzen wird man die Versuche auf S. 154 lesen,
in AUolon den Namen eines Ortes zu entdecken. Bequem ist es frei-
lich, das Auffinden dieses Ortes anderen zu überlassen. Die Möglich-
keit, welche Paul am Schlüsse andeutet, ??iin friwit auf den folgenden
Albrecht von Kemenaten zu beziehen, will mir nicht einleuchten. Ich
halte daher min friunt Absoldn ftlr die richtige Lesart, und theile, was
die Erklärung des nicht zu ändernden oder von Ahsalone im Wilhelm
betrifft, die Meinung Pauls, daß das von an den Nachsatz, nicht an den
Vordersatz angeknüpft ist Daß Rudolf den Dichter an beiden Stellen nur
mit dem Vornamen nennt, hat seine Analogie im Wilhelm in Fasolt,
im Alexander in Wetzel. Bei einem häufigem Namen als Absalon,
Wetzel, Fasolt würde die kurze Nennung des Vornamens auch ftlr
die nähern Bekannten und den Kreis Rudolfs mehrdeutig gewesen
sein. Das überlieferte ^n hebele ist freilich nicht zu brauchen, aber
der Vorschlag Schmidts, statt sin zu lesen sinty ebensowenig ; denn ein
solches 'später oder ^seitdem' als Übergang zu einem andern Dichter
hat durchaus keine Analogie in den beiden Dichterverzeichnissen Rudolb.
Ich lese mit Verändernnjr eines einzigen Buchstabens sin tlebetey 'seinen
10 R. BECHSTEIN
Es handelt sich um die Verse 15246, 47 (M. 383, 8, 9):
da von wänd'er ontsete
von sinem neven äne sin.
Sprenger vermißt eine Erklärung bei mir*). Ich habe keine ge-
geben, weil ich mir sagte, daÜ ein Leser, der bis zu diesem Verse
gelangt ist, wohl die Erklärung dieser an sich gar nicht schwierigen
Stelle selbst finden würde, nachdem äne c. gen. schon öfters da war
und auch erklärt wurde. Nach der Einrichtung dieser Ausgaben soll
doch nicht immer und immer wieder dasselbe gesagt und erklärt wer-
den. Ausdrücklich habe ich mich auch darüber in der Einleitung aus-
gesprochen**). Hätte Sprenger im Wörterverzeichnisse nachgesehen, so
wäre er unter äne adj. c. gen. verwiesen worden zunächst auf V. 1490 :
des üetmzes unde min mit eren ledec und äne sin mit der Erklärung:
„äne erscheint in solchen Wendungen als unflect. Adjectiv und Syno-
nym von 2edtc, frei, los [los und ledig]." Femer verzeichnet das Wör-
terbuch in der 2. Auflage V. 4368: sus mtioz ich äne vater s7n, ztceier
väter^ die ich geumnnen hän\ dazu die Erklärung: „<$7ie vaJler^ scheinbar
äne praep. mit acc; der folgende als Apposition stehende Genetiv
zweier väter beweist, daß äne hier adj. mit gen. ist, wenn es auch dem
Subst. vorangeht; vgl. 5158. 8662. 15278 und zu 1490." Hier sind also
noch drei Citate gegeben, die allesammt, namentlich aber 5158, die
fragliche spätere Stelle erklären konnten. Es ist rein zufällig, daß sie
nicht auch als Citat der Anmerkung zu 4368 hinzugefiigt worden ist«
Daß nntcBte der zu äne gehörige Genetiv ist, war auch unschwer zu
erkennen. Und das andere macht sich dann von selbst. Natürlich muß
der Leser sorgi^tig jedes Wort erwägen, wenn er nicht weiter kann,
und namentlich muß er richtig construiereu.
Sprenger hat also die in der Ausgabe gebotenen Hilfsmittel nicht
ausgenutzt, wohl aber hat er versucht, durch eigene Bemühung der
ihm schwierig scheinenden Stelle Herr zu werden. Er theilt zunächst
den Text mit, ändert auch gleich, um von vornherein ein besseres Ver-
ständniss zu erzielen, die von mir gegebene Interpunction; er ändert
*) Ein Erklärer ist sich öfters der Schwierigkeit einer Stolle g,ir nicht bewußt;
er denkt, weil er si« verstehe, müßten sie auch andere verstehen. So wurde mir ein-
mal von einem Freunde, einem hochgelehrten Fachgenossen, brieflich die Frage vor-
gelegt, wie y. 4680 zu erklären sei: daz edele herze iht lache cUiv. In der zweiten
Auflage setzte ich deshalb: edeU herze = ein edelez h.
**) Hier ist ein recht eclatanter Fall, der beweist, daß diese Ausgaben gar nicht
so bequem eingerichtet sind und das eigene Studium so entbehrlich machen, wie es
'^'^HMch nnä öfters in wenig frenndlicher Weise behauptet worden ist.
zu GOTTFRIEDS TRISTAN 15246 fg. U
aber auch stillschweigend ein Wort, ohne daß er dann darüber das
geringste verlauten läßt. Ich muß zunächst seinen Text wiederholen.
15241 (383, 3)
sin zwivel unde sin arcwän^
die er e haete gar verlän,
ze den so was er aber geweten: (Maßmann u. Bechstein Komma)
wan er den estrich unbetreten
vor dem bette funden hsete, (M. u. 6. Semicolon)
dsk von wand' er unteete
von sinem neven äne sin ;
Die Interpunction Sprenger's ist genauer, aber hier macht die
verschiedene Interpunction keinen wesentlichen Unterschied. Aber äne
sin? Wie kommt das auf einmal in den Text? Maßmann und ich
schreiben doch stn (: künigln). Da über diese Abweichung nichts gesagt
ist, war ich anfangs geneigt, Druckfehler anzunehmen; aber aus der
folgenden Erklärung Sprenger's, die weder äne sin noch äne sm mit
heranzieht , darf doch geschlossen werden , daß äne sin mit Ab-
sicht steht. Ist es wegen des reimenden Femininums formal mög-
lich? Ja, es ist möglich. Denn, wenn auch Gottfried neben der zwei-
silbigen Femininbildung auf ^inne die einsilbige mit langem Vocal weit-
aus bevorzugt, so begegnet doch auch einmal -in: kUnigin (: hin) 10879.
Aber was soll äne sin heißen? Ohne Sinn, sinnlos? Es würde sich an
neven anschließen, also eine Bezeichnung für Tristan sein. Würde das
gerade in dieser Situation, in der Marke geneigt ist, seinen Neflfen zu
entschuldigen, angemessen sein ?
Sprenger lobt die Übersetzung von Hermann Kurz, weil sie ihm
den Sinn trefflich wiederzugeben scheine. Allerdings, die Übersetzung
ist sinnentsprecheud , aber doch sehr frei und darum flir die philolo-
gische Erklärung des Einzelnen ungeeignet. (Auch Simrock ist frei,
femer auch Wilhelm Hertz). — Sprenger fährt dann fort: t^Diq Schwie-
rigkeit liegt in der Erklärung von V. 15246. Was heißt: da von
wand' er untsete von sinem neven? Wenn wir untät in der gewöhn-
lichen Bedeutung von übele That, Missethat nehmen , so würden wir
gerade das Qegentheil von dem erhalten, was der Sinn verlangt : *Des-
halb, weil er den Estrich unbetreten fai^ vermuthete er das Verbrechen
von seinem Neffen . Mir scheint hier untät in einer ungewöhnlichen Be-
deutung zu nehmen, nämlich als Negation der That überhaupt,
nicht als Negation der guten That. In dem Adj. iintaitxc \\t!s.W^v n^V
noch diese Bedeutung erhalten."
12 R. BECHSTEIM, ZU GOTTFRIED S TRISTAN 15246 fg.
Um zonäcbst bei der letzten Erklärung von uniät stehen za blei-
ben, 80 ist die gefundene Bedeutung allerdings sehr ungewöhnlich, ja
noch mehr: sie ist unerhört. Mir ist weder aus alter noch aus neuer
Zeit irgend eine SteUe bekannt, die utität als das Hauptwort zu un-
serem untaetig erscheinen ließe. Dieses ttniaetig in der heutigen Bedeu-
tung = nicht thätigy unfleißig, ist ganz neuen Ursprungs; früher ist
wnUdie das Adjectiv zn uniät und heißt ausschließlich: ttbelthätig, ver-
brecherisch; in neuerer Zeit dagegen ist untcdig die Negation von
taiigy welches im Mhd. als einfaches Wort kaum vorkommt.
Aber sollte Gottfried, der sou veraine Gottfried, nicht vom Ge-
wöhnlichen abgewichen sein, und hat er nicht vielleicht untdt in seiner
originellen, in seiner geistreich spielenden Weise doch als das Gegen-
theil von tat genommen? Die Stellen, in denen er sonst das Wort ge-
braucht, sprechen nicht dafür, der zwivel unde der arcwän, den er
zem neven solte hän , der töte in z^allen stunden , und in oueh uner-
funden und unervaren haete an aller slahte untcäe 13726. daz er. . .
die küniginne mitalle unschuldic hsste vor aller slahte unttete 14232.
Eben mit diesen Stellen, namentlich mit der ersten, correspondiert
augenscheinlich die später kommende, mit der wir uns beschäftigen.
Somit sind wir durch Sprenger's Erklärung nicht befriedigt Auf
seine Frage: „Was heißt: da von wand' er untsete von sinem neven?''
antworte ich : Das heißt gar niclits. Lassen wir doch den Dichter aus-
reden, es konmit ja noch etwas : äne sin.
Habe ich auch Eingangs meine Erklärung eigentlich schon ge-
geben, so will ich zur größeren Deutlichkeit doch noch genauer Con-
stmction und Übersetzung hinzufügen:
Da von = darum, deshalb; wand* er, wähnte er, glaubte er; äne
shi, ledig, los, überhoben zu sein; untcete, der oder einer Unthat,
Missethat; von einem neven, Genetivbegriff: seines Neffen oder von
Seite seines Neffen. Oder freier : deshalb glaubte er sich einer Unthat
Seitens seines Neffen nicht zu versehen; deshalb hielt er seinen Neffen
fbr schuldlos.
ROSTOCK. REINHOLD BECHSTEIN.
K. KÖHUSR, ÜBER EIK HEI8TKHLIBD VON DEM ROTHEN KAISER. 13
ÜBER EIN MEISTERLIED VON DEM ROTHEN
KAISER.
Oben 23; 51 f. ist ein leider nicht vollständig erhaltenes Meister-
lied*) mitgetheilt worden von folgendem Inhalt: Zu Rom lebte ein
Kaiser, genannt der rothe Kaiser, der immer bei seinem Bart schwur
und das wie einen Eid hielt. Auf Veranlassung des Papstes zog der
Kaiser mit einem großen Heere gegen die Heiden. Der Papst aber,
der den Kaiser haßte y schrieb heimlich den Heiden , sie sollten sich
recht zur Wehr setzen und den Kaiser, wenn sie Friede von ihm
haben wollten, tödten. Die Heiden besiegten den Elaiser und sein Heer
und nahmen den Kaiser gefangen. Der Herrscher der Heiden zeigte
dem Kaiser den Brief des Papstes und erbot sich^ ihn frei zu lassen,
wenn er den Papst den Heiden schicken wolle. Der Kaiser schwört
dies bei seinem Bart und kehrt nach Rom zurück. Alsbald flieht der
Papst in seine Geburtsstadt Venedig, die der Kaiser mit einem neuen
grossen Heer belagert. Nach einem Jahr imd zwei Monaten knüpft der
Rath mit dem Kaiser Friedensunterhandlungen an, aber der Kaiser er-
klärt, sie müßten ihm den Papst herausgeben oder alle sterben.
Hiermit bricht das Lied ab, und wir wissen also nicht, ob der
Kaiser den Heiden seinen Schwur hat halten können. Wie der weitere
Verlauf des Liedes aber auch gewesen sein mag, wir haben jedenfalls
in ihm eine eigenthümliche Variante einer Sage von Kaiser Friedrich
Barbarossa und Papst Alexander HI., der ich in mehreren deutschen
und italienischen Fassungen begegnet bin. Deutsch habe ich sie am
ausführlichsten erzählt gefunden in dem von F. Pfeiffer in Haupts
Zeitschrift V, 250 ff., neu herausgegebenen alten Volksbüchleiii von Kaiser
'^) Dasselbe ist doch, wie ich nachträglich gefundeD, vollständig erhalten, nur
mit etwas anderem Anfange *£in keyser war zu Rom bekaut', in einem Nürnberger
Dmck von Hans Guldeumundt (4 Bl. 8); vgl. Weilers Annalen 1, 212; Goedekes Gnmd-
riß S. 231, Nr. 13. Aber wo findet sich ein Exemplar des Druckes? Wenn Goedeke
beifügt, es habe noch andere Meisterlieder auf Kaiser Friedrich gegeben und sich dabei
auf das von ihm unter Nr. 94 angeführte beruft, das 'im thon wie man keyser Friderioh
oder den Ritter auß Steiermarck singt', so bemerke ich, daß darunter keineswegs ein
Lied von Kaiser Friedrich dem Rothbart, sondern das Lied von Hersog Ernst su ver-
stehen ist, welches beginnt 'Es war ein herr was erentrejch geheyssen kayser Fride-
reich' ; denn auch der Ritter aus Steiermark ist in H. Emsts Ton.
14 K. KÖHLEK
Friedrich Barbarossa *). Hicrnacb (Haupts Z. V, 259-66) hatte Papst
Alexander, als der Kaiser Im gelobten Lande war, ihn heimlich ab-
malen lassen und das Bild dem König Soldan von Babiloni geschickt
nebst einem Briefe worin er den König bat^ den Kaiser zu fangen.
I>arauf ließ der König dem auf der Heimkehr begriffenen Ejiiser in
Annenion nachstellen^ und als der Kaiser eines Tages sich mit sei-
nem Kaplan in einem Fluß baden wollte, wurden beide heimlich von
den Soldanischen überfallen, gefangen genommen und zum Soldan ge-
bracht. Der Kaiser gab sich anfangs fttr seinen Thürhütcr aus, aber
Aar Holdan ließ sein Bild bringen und den Brief des Papstes lesen.
Nach ein(*m Jnlir wurde dor Kaiser freigelassen , mußte aber ver-
sprecheni nach seiner Heimkehr 100.000 Ducaten Lösegeld zu schicken,
und dafdr eine consecricrte lIoHtio und den Kaplan als Pfand zurück-
lassen. Als der Kaiser nach seiner Heimkehr mit einem Heer nach
Rom zog , floh der Papst nach Venedig , welches der Kaiser hierauf
belagerte, bis endlich der Friede zu Stande kam.
Fast das ganze Volksbüchicin vom Kaiser Friedrieh hat Johannes
Adelphus (Adolfus) in sein Buch über Barbarossa aufgenommen, und
so iindet sich darin auch obige Sage '*"'*'). Kürzer ist sie erzählt in der
Schrift 'Bapsttrow Hndriani iiij. vnd Alexanders III. gegen Keyser
Frideriehon Barbarossa geübt. Aus der Historia zusamcn gezogen nütz-
lich zuleson. Mit einer Vorrhedo Dr. Mar. Luthers', Wittemberg 1545,
4", S. (}^ - - llij, und mit ein paar Zeilen gedenkt ihrer Caspar Hedio
in dor von Pfeiffer a. a. O. S. 2(57 mitgetlieilten Stelle seiner ^Chronica
aller ohristlichen Kirclien\
Italienisch ist mir die Sage vorgekommen in der 49. Novelle des
MHSuocio von Salorno, der in der zweiton Hftifte des 15. Jahrhunderts
lebte, und in oinoni italienischen Volks^cdicht, betitelt 'Istoria di Papa
Alosaandro 111. o di Federico Barbarossa Imperatore*, von welchem
A. F. Ozannm, Lob poetos franciscains en Italic au treizi&me siecle,
Paris 185:;, S. 18 ff., einen Auszug gegeben hat.
In Masucoio*s Novelle besohlioli»t Federico Barbarossa insgeheim
als Pilger das heilige lirah zu besuchen , aber der Papst Alessandro
*^ Vfrl« ilnrilhor mieh riilHudü Schriften xnr (ioschichte der DiclituD^ and
SR)»«» K 4t)9 rt\ und Vll. MU t\, O. Voijrt in der Historisehen Zeitschrift XXM, 163 f.
und K. Weller. Uepertorium typopr«phiciiui. Die dentsehe Literatur im ersten Viertel
de» seoh lehnten Jiihrhunderts. Nr. \\\^0
••> In der mir rorliefrenden Ausgehe des ' HjurbÄTOSsa', Strasburg, Johannes GrBeni-
);er, tS^V (M . S. l.Vr - 1A\ - Thomas hat in Rflsehiugrs Wöchentlichen Nachrichten IF.
t4<^ tf. Miflheihin^n mi< deü Adelphn^ B.^rhAro^Sx'« CTomacht. ilininter anch nnsere 8age.
ÜBER EIN MEISTERLIED VON DEM ROTHEN KAISER. 15
'quarto^ (!) erfährt dies, und schickt dem Sultan von Babilonia ein
Bildnis des Kaisers. Der Kaiser wird mit seinen zwei Begleitern vom
Sultan gefangen, erfährt von ihm den Verrath des Papstes und wird
alsbald wieder freigelassen ^ wogegen er dem Sultan 500.000 Ducaten
zu schicken versprechen muß , und dafür eine geweihte Hostie ver-
pfändet. Nach seiner Rückkehr verjagte er den Papst aus Rom und
ließ ihn in Siena im Hospital arm und elend sterben.
In dem Gedicht ist die Sage im päpstlichen Sinne umgeändert.
Nicht der Papst ist es^ der den im heiligen Lande als Pilger verkleidet
weilenden Kaiser dem Sultan verräth^ sondern ein Cardinal schreibt
im Namen und mit dem Siegel des Papstes^ aber ohne sein Wissen,
einen Brief an den Sultan, worin er ihm den Kaiser genau abschil-
dert. Dadurch wird der verkleidete Kaiser erkannt und festgenommen.
Er gesteht zu, daß er der Kaiser sei, bittet aber den Sultan, ihm zu
sagen, wie er ihn entdeckt habe. Der Sultan thut dies und bietet ihm
nach einigen Tagen die Freiheit an, wenn er ihm so viel Gold als er
wiege schicken wolle und als Pfand eine geweihte Hostie zurücklasse.
Vor dem zurückgekehrten Kaiser flieht der unschuldige Papst aus Rom,
erst nach Spoleto, dann nach Frankreich, zuletzt nach Venedig, wo
er unerkannt und ganz verschollen 14 Jahre in einem Kloster lebt.
Endlich wird er erkannt und von den Venetianern hoch geehrt. Kaiser
Friedrich verlangt die Auslieferung des Papstes, welche von Venedig
verweigert wird. Es wird nun ein Seekrieg zwischen dem Kaiser
und Venedig geführt, worin letzteres siegreich ist. Endlich kömmt es
zum Frieden und zur Versöhnung*).
Schließlich sei noch erwähnt, daß nach einer Andeutung im
Schimpf und Ernst von Johannes Pauli (Cap. 511) auch der bekannte
Felix Hemmerlin unsere Sage von Kaiser Barbarossa erzählt zu haben
scheint. Vielleicht im Viridarium Imperatorum (s. B. Reber, Felix Hem-
merlin, S. 356)?
WEIMAR, September 1878. KEINHOLD KÖHLER.
*) Das Gedicht gehört zu den italienischen Volksbüchern, und es scheinen nur
moderne Drucke bekannt zu sein. Ozanam citiert einen Dnick aus Todi von 1812,
ich besitze einen aus Lucca ohne Jahr, aber wohl auch aus unserem Jahrhundert
Das Gedicht mag ursprünglich im 16., wenn nicht gi^r schon im 15. Jahrhundert ver-
faßt sein.
! j
16 K. BARTSCH
EIN ALTES BÜCHERVERZEICHNISS.
Im Serapeum 21 (1860), 299 ff. theilte E. G. Vogel ein 'Ver-
zeichniss von Büchern, ehemals in der Schloßkapelle zu Wittenberg
befindlich' mit, welches die Beachtung, die es verdient, nicht gefunden
zu haben scheint. Es ist aus einer Handschrift des kdnigl. sächsischen
Hauptstaatsarchivs copiert. Ich wiederhole es hier und ftige am Schlüsse
einige Bemerkungen bei.
Librorum ordo in Wittenberg (1434 feria IV post Simonis et Judae).
In cista sicud intratur cappellae'^) ad manum dexteram infra
scripti continentur libri.
1. Primb magnus liber qui incipit, Ich sage dir lob ihu crist etc.
Et finitur, Dy nymant ane dich und ane got zcu gebin hat, Cum notifl
2. Item liber magnus qui incipit, Alpha et O. Gpt reyne etc. El
finitur, Vnd weren synes trostes gerende etc. Cum notis
3. Item alius liber, qui incipit, Ir Cristen alle schreyet etc. El
finitur, wann du verloren werc etc. Et est dictamen Hermann von der
Dhame, Cum notis
4. Item alius über mangnus, qui incipit, Do ere ires houes erst be-
gan etc. Et finitur, Sus leret Herman von der Dhame, Cum notis
5. Item alius liber mangnus, qui incipit, Salich man etc. Et est
psalterium wlgarc. Et finitur, wir bitcn dich mildeclichen roere etc.
6. Item alius liber mangnus qui incipit, wir wollen nu schriben
von den Sachsen etc. Et finitur, von gotz burt, ubir MCC vnd
XXIX yare.
7. Item alius liber Ritter Johann, des grosen lantferers, qui inci-
pit, Ich Otto von Dymeringen etc. Et finitur. Do habe ich von ge-
schriben do ich von Hispanieu lande sprach.
8. Item alius liber, qui incipit, In den gecziten karls des ko-
niges etc. Et finitur, Do gebot Gerhard den Doyen etc.
9. Item alius liber, qui incipit, Is ist ein dingk, das wol ge-
czympt etc. Et finitur, Ein wunder wird in allen lande etc. Et vocatui
disß buch heiset Truwere.
10. Item alius liber qui incipit, dyne wesinde gotheit, so stad etc.
Et finitur, wann der Jude beiden keczczer ist etc. Cum notis
11. Item alius liber qui incipit, vcrnemit alle ich wil uch sagen etc.
Et finitur, dem waren wigand, Et est dictamen Tristran.
*) omniam sanctonim.
£:iN ALTES bOcherverzeichniss. 17
12. Item alius liber qui incipit, Ein man san sunder lagch etc.
Et finitm*; Min dangken hat er auch verschalt etc. Et est dietamen
Rudolffi Brinkind.
13. Item alius liber qui incipit, Dat dis hemelische vater etc. Et
finitur^ Das ist stete an alle missewant
Secunda cista.
Item in alia cista ex opposito hostij infra scripti continentur libri.
14. Primo liber mangnus, qui incipit, 0 starcker got Adonaij etc.
Et finitur, do wolde ich wesin in dir lesin, Et est passionale simctam
(sanctorum ?)
15. Item alius liber mangnus, qui iocipit^ do troija dis merc etc.
Et finitur, das were ein teil zu früe. Et est historia troijana.
16. Item alius liber qui incipit ^ Nu vememit alle gemeyne etc.
Et finitur, disser herren orloug und ere etc. Et est Cronica.
kerstanus kune dixit bunc librum quondam domine ducisse obtu-
lisse dummodo f'uit schosserus in Wittenberg.
1 7. Item alius liber mangnus^ qui incipit, Hir begijnnet der herren
geburt von dem lande etc. Et finitur , wer zcu allen dingen gerne
sprichet recht etc. Et est speculum Saxonicum.
18. Item alius liber, qui incipit, Richer got herre, voit hymelischer
herschaft etc. Et finitur, In iherusalem, nach wünsche gar, Et est biblia
in wulgari.
19. Item alius liber, qui incipit, vber alle dink hastu gewalt etc.
Et finitur. Als mich got gelart, Et est liber Regis Alexandri.
20. Item alius liber, qui incipit, was der synne kan Ingegissen etc.
Et finitur, kind tustu das dir mag misselingen etc. Et est vita sancti
Wenczeslai.
21. Item alius liber qui incipit, dy bete mynnen is benan etc.
Elt /finitur, Hetten e's nit gut seilen iegin wind etc.
22. Item alius liber qui incipit, Ein gülden vaß gecziret, Et finitur,
Hit vnser sele müsse riehen etc.
23. Item alius liber qui incipit. In nomine patris et filii et spiritus
sancti amen, wir sollen disses buches begynne etc. Et finitur, das er
das wider thun wolle, so hat er etc.
24. Item alius liber qui incipit, Nu vememit mir alle besundem etc.
Et finitur, Synnet was er wunders begünnet etc.
25. Item alius liber, qui incipit auwe, der leiden mere etc. Et
finitur, Regni autem nostri nono decimo, Et est historia Soldani de strage
commissa in anackers in christianos.
OEHMANIA Neo<» Reihfi XIl. (XXIV.) Jahrg. ^
18 K. BARTSCH
26. Item alius über qui incipit. Also der summer grünet etc. Et
finitur, zcu dem fronen hymmelrich. Et intitalatur der Rosengarte
27. Item alius libellus qui incipit Also Ichs nu vemomen han Et
finitur, Du vil reyne magetn, Et intitulatur Wygoleis
28. Item alius libellus qui incipit, fugetus, der andere was ge-
bom etc. Et finitur Clemens der fünfte was gebom etc.
29. Item aUus libellus qui incipit mit Angsst vnd mit jame'r etc.
Et finitur des abindes nach etc.
30. Item alius libellus qui incipit, diss buch ist von hübschen
synnen etc. Et finitur, Sy kernen auch wol an dy wybe. Et habet co-
operturam auream
31. Item alius libellus, qui incipit, Wann iis sich wol fueget, vnd
nutcze ist etc. Et finitur verretheniß irslagen vnd tut auch tÜ czeichen etc.
Das Verzeichniss unterscheidet sich dadurch von allen bekannt
gewordenen, daß Anfang und Schluß der einzelnen Handschriften an-
gegeben ist. Dadurch erlaubt es uns, den Inhalt genauer zu be-
stimmen als sonst möglich wftre.
Nr. 1 ist ein Minnesängercodex gewesen, wie schon der Beisatz
am Schlüsse *cum notis', d. h. mit Musiknoten ergibt Das den Anfang
bildende Lied ist mir unbekannt ; die Handschrift schloß mit Walthers
Leich, dessen letzte Zeile angefahrt wird, und zwar in einer Lesart,
die mit keiner der erhaltenen Handschriften ganz übereinstimmt. Da
die Handschrift als ^M agnus Über' bezeichnet ist, so war es eine Lieder-
handschrift von beträclitlichem Umfange. Auch der *liber magnus*
Nr. 2, gleichfalls * cum notis' war eine Liederhandschrift; das Anfangs-
und Schlußcitat zu ermitteln ist mir nicht gelungen.
Nr. 3. 4 enthielten Lieder von Hermann dem Damen, oder wie
er hier heißt Hermann von der Dame. Durch diese Bezeichnung wird
erwiesen, daß der Dichter in der That seinen Namen von dem Fluße
Dame fahrt (vgl. MSH. 4, 742). Das Nr. 3 eröfihende Gedicht war
der allein in der Jenaer Hs. stehende Leich; die Hs. muß aber mehr
enthalten haben als die Jenaer, wenn nämlich die Angabe des Ver-
zeichnisses genau ist und sich Hermanns Name auf die ganze Ha.,
und nicht bloß auf das erste Stück bezieht. Nr. 4 ist ebenfalls eine
Liederhandschrift mit Noten; da sie als 'über magnus' bezeichnet ist,
so haben wir kaum anzunehmen, daß sie nur Lieder Hermanns ent-
hielt, was auch der Schluß der Angabe nicht besagt, denn es ist der
Schluß von Hermanns Leich (MSH. 3, 162* sus leret Herman der
Damen, amen, amen, amen!). Das Anfangscitat ist mir unbekannt.
Nr. 6 ist wohl eine Handschrift der repgow* eben Chronik.
EIN ALTES BÜCUERVERZEICHNISH. 19
Nr. 7 ist die Übersetzung von Johannes von Maundevilles Reise-
beschreibung durch Otto von Diemringen; die Hs. wav durch ihr Alter
(vor 1434) von Interesse.
Nr. 8 scheint ein Prosaroman aus dem kärlingischen Sagenkrebe
gewesen zu sein.
Nr. 9 mit dem Titel Truwere" weiß ich nicht zu bestimmen; es
scheint nach dem citierten Anfang und Schlüsse zu urtheilen eine Dich-
tung gewesen zu sein.
Nr. 10, wieder mit der Bezeichnung *cum notis' ist also wohl
eine Liederhandschrift gewesen, deren Anfang und Schluß ich jedoch
nicht zu verificieren vermag.
Nr. 11 ist von besonderem Interesse; es war offenbar eine Hand-
schrift des Eilhartschen Tristrant Das Schlußcitat 'dem waren wigand'
stimmt mit dem Schlüsse der Heidelberger Hs. überein, in welcher der
letzte Vers lautet* dem kunen wyganden\ Diese Obereinstimmung macht
wahrscheinlich, daß H gegen D wie so oft Recht hat; Lichtensteins
Text folgt D. War nun diese Handschrift ein anderer Text der Be-
arbeitung X, oder war es der ursprüngliche Text? Gegen erstere An*
nähme spricht der abweichende Anftmg; es fehlte nämlich der Witten-
berger Hs, der Eingang V. 1—46, und sie begann erst mit V. 47 (Vor-
nemet recht als ich üch sage). Freilich ist auch denkbar, daß eine Hand-
schrift der Bearbeitung X den Eingang wegließ, was bei erzählenden
Dichtungen bekanntlich nicht selten vorkommt War es eine Hand-
schrift des alten Textes, so folgt noch keineswegs, daß die Verse 1 — 46
ein Zusatz des Überarbeiters sind ; es konnte ebensogut ein Abschreiber
des alten Textes den Eingang weglassen wie einer des überarbeiteten.
In jedem Falle aber stellt sich dieser Text mehr auf Seite von H als
auf die von D, und das Vertrauen der Kritik auf H gewinnt Die
sprachliche Färbung der Hs. war mitteldeutsch.
Nr. 12 nennt einen Dichter Rudolf Brinkind als Verfasser; er ist
gänzlich unbekannt
Nr. 13 ist zu unbestimmt bezeichnet, als daß man eine Vermu-
thung aussprechen könnte; nach dem Schlußcitat möchte man auf eine
Dichtung schließen.
Nr. 14 war eine Handschrift des dritten Buches des Passionais;
sie schloß mit dem strophischen Epilog, von dessen letzter Strophe das
Verzeichniss den Anfang citicrt.
Nr. 15 war wohl ein Prosatext des trojanischen Krieges.
Nr. 16 ist die Repgowische Chronik mit der gbi^Vn^u N ^Tt^^.
20 K BARTSCH, EIN ALTES BÜCHERVERZBICHNISS.
Nr. 18 eue Handschrift der fiadolfischen Weltchronik.
Nr. 19 ist keine der bekannten Alexanderdichtnngen.
Nr. 20 scheint, nach dem citierten Anfang and Schloß zu urtheilen,
ein poetisches Leben des h. Wenceslaos gewesen zu sein; von einem
solchen, und überhaupt von einer deutschen Legende, die vermuthlich
auf latein. Quelle fußte^ ist mir nichts bekannt.
Nr. 21 war eine niederdeutsche Handschrift, wahrscheinlich eines
Gedichtes; in dem Schlußcitat ist zu lesen het en es. Das Anfangscitat
ist unklar.
Nr. 22, eine mir ebenfalls unbekannte Dichtung.
Nr. 23, wohl ein Prosawerk.
Nr. 24 kann recht wohl eine Handschrift des Herzog £m8t ge-
wesen sein; die Bearbeitung B beginnt fS&st wörtlich ebenso *Nu ver-
nemet alle besunder . Freilich sind derartige Anfange üblich, aber ich
habe keinen so übereinstimmend gefunden. Und noch eins ftLhrt darauf
und zwar auf eine Handschrift des Textes A: das Schlußcitat Offen-
war war die Vorlage wie Prosa geschrieben , die letzte Zeile des im
Verzeichniss abgeschriebenen Textes lautete sinnet waz er wunders
beginnet, was der Abschreiber ftir äine Zeile nahm.
Nr. 25 enthielt den besonders ausgehobenen Abschnitt über Accons
Fall aus der Reimchronik Ottackers, der auch in anderen Einzelhand-
schriften sich findet und in einer solchen Handschrift Püterich bekannt
war (Strophe 110).
War Nr. 26 wirklich eine Handschrift des Rosengarten, dann
wohl eine jener Bearbeitung, von weicher W. Ghrimm 1859 zuerst
Bruchstücke herausgab (vgL Germania 8, 196 ff.), denn diese trfigt
am meisten den höfischen Charakter, den man nach dem Anfangs- und
Schlußcitat diesem verlorenen Texte zutrauen möchte.
Nr. 27, eine Handschrift des Wigalois, war am Anfang unvoU-
stftndig und begann erst mit 9, 36. Den abweichenden Schluß erkläre
ich mir so, daß die Hs. ein paar Schreiberverse am Ende hatte.
Nr. 28, ein Verzeichniss von Päpsten.
Nr. 29, ein nicht näher zu bestimmendes Prosawerk.
Nr. 30 scheint ein lehrhaftes Werk in Prosa zu sein ; und Prosa
war unzweifelhaft auch die Nr. 31.
Von den Schätzen, die in diesen 31 Bänden enthalten waren,
scheint nichts erhalten zu sein. Eine an Herrn Director Rhode in
Wittenberg gerichtete Anfrage hat zu keinem Resultate geführt. Was
mag allein in den Liederhandschriften gesteckt haben! Und wenn
F. LIEBRECHT, DIE KRACHENDE BETTSTATT. 21
diese 31 Bände schon so vieles enthalten, was uns unbekannt ist, so
dflrfen wir einen Schluß machen^ wie viel überhaupt untergegangen und
verloren ist, das nicht in einem so sorgfältigen Verzeichniss wenigstens
eine Spur seines Daseins hinterlassen hat.
HEIDELBERG, 23. October 1878. K. BARTSCH.
DIE KRACHENDE BETTSTATT.
Ein Sprachschwank.
Das in Erlach^s Volksliedern 1 , 80 ff. mitgetheilte Hochzeitslied
von Peter Denaisius (1561 — 1610) schließt mit der Strophe:
„That Mund mit Mond beschließen,
Wie Muscheln an der Bach,
Mit Armen und mit Fußen
Thut's grSnem Epheu nach,
Laßt Bettstatt wacker krachen,
Kein Musik besser laut,
Und wer's wollt anders machen.
Der bleib nur ohne Braut. **
Dieses fescenninische Krachen der Bettstatt findet sich in viel-
fachen Volksliedern und andern Dichtungen wieder, wovon ich im Fol-
genden einige Beispiele zusammenstelle.
In einem Volkslied von der Mosel , mitgetheilt von Hocker,
Zeitschr. f. d. Mythologie 1, 92, wo der als Jungfrau verkleidete junge
Markgraf bei der Königstochter schläft, heißt es :
„Des Nachts wohl um die halbe Nacht
Das Bett fing an zu krachen.
Und dies vernahm ein Küchenjung,
Der fing wohl an zu lachen."
Ebenso bei Simrock Nr. 178 ^Ausrede", wo zwei Liebende die
Nacht bei einander zubringen:
,,Des Nachts wohl um die halbe Nacht
Das Bettchen fieng an und kracht«
Die Mutter, die thät rufen.
Wer ist denn bei dir da?"*
In der Erzählung „von dem Mulner** (Erzählungen aus altd.
Handschriften ges. durch A. von Keller. 35. Publ. des litter. Vereins)
läßt sich ein Pfafie statt des vom Wagen gefallenen trunkenen Müllers
KU dessen schönem Weibe bringen, die ihn ohne den Ittüiwxa -t^äätät
nehmen, in ihr Bett legen beißt und (S. 262, 21 ff.^
22 ^"' UEBBECHT
,Nye ein wort er gesprach.
Er het mit ir gut gemach,
Wann das das bet wart krachen.
Von herczen wart sie lachen."
Auch im Englischen findet eich bei gleicher Gelegenheit der ent-
sprechende Ausdruck to crack. Von seiner Liebsten, Namens Jinnye
(Jenny) ^ die zum Verkauf braut und bäckt, singt ein lustiger Bruder:
nffoll oft I haue beene her man,
her markett for to make;
& after I haue rjdden
a lonmey for her sake,
Her pannel I cold take,
& gallopp all amaine;
Ide make both bedsides craeke.
That Jynnye were here again!*
Bishop Percy's Folio Manuscript Lond. 1867 vol. IV (Loose and
faumorous Songs) p. 69: „When as I doe reccord".
Der lat Ausdruck fUr dieses Krachen ist ingemere; so in den
Priapeia 83, wo Albius Tibullus über die Pflichtvergessenheit seines
„Ebenalten^ klagt und ihm Strafe androht:
«Sceleste penis, o meam malom grave!
Gravi plaque lege noxiam Ines,
Licet querare: nee tibi tener poer
Patebit nllos, ingemente qni toro
Juvante verset arte mobilem natem cet.
Für diesen ingemens torus steht bei Juven. 9^ 78 „lecti sonus*',
bei CatuU 6, 10 „tremuli quassa lecti argutatio^,^während Ovid
Amor. 14, 26 daftlr nur die „schütternde Bettstatt^ nennt:
«Spondaque lasciva mobilitate tremat.'
Auf das Knarren hingegen weist wieder ein neugriechisches Lied
bei Passow Tgayovdm Pmiiatxd Nr. 473 ,, To Magio^^ wo eine Mutter
durch das Knarren des Bettes ihrer Tochter auf den Gedanken kommt,
daß der Liebste bei ihr liege:
^Magio iiov xi i% ^ nUvt^ öov xal rgl^n öäv xalafii;"
und ebenda Nr. 472 j^O ayovgog^ fragt eine Schwester die andere,
welche heimlich den Geliebten bei sich hat, warum denn das Bett
so knarre:
^MiOQ'^y öäv X ^x 4 xA^'^^ <foVy xi oAo xgi^oxoxiBxat;*
während in einem verwandten Liede bei Chasiotis Uvlloy^ etc. Athen
1866^ p. 136, Nr. 7 „%) ^ivog xal 17 xoQfi^ es wieder die Mutter ist, welche
die Tochter fragt warum denn ihr Bett so schüttere:
„xoQij fioVy rd XQißßavi öov xi öeiexat xi Xv{y)ixai\'^
DIE KRACHENDE BETTSTATT. 23
Auf dieses Schüttern oder ErscliUttem der Bettstatt spielt auch
der Prior Fulco in seinem Trostscbrciben an Abälard an^ worin er
nftmlich sagt: y,Hoc quoque magni aestimare debes quod nulli suspectus
ab omni hospite hospes tutissime recipiaris. Maritus uxoris violationem
ex te vel lectuli concussionem minime formidabit." Oeuvres d' Abö-
lard. Paris 1616, p. 217. Diese Erschütterung wird in einem kreten-
sischen Volksliede bei Jeannaraki "Ae^iaxa Kgr^uxci. Leipzig 1876,
p. 124 jj'O igxo^os tov ayaxrjTixov*^ als so stark geschildert, daß ein
Brautpaar dabei in einer Nacht sechs Betten entzweibricht:
yTp/ia ötQcinata gaiceav mq vi xaga^ iq '[ligay
KC aXka xgCa gatöavs äözs va ßyrj 6 ^Kiog.**
Um das in Rede stehende Krachen noch deutlicher und vernehm-
licher zu machen ; geschah es ehedem in England^ daß Spaßvögel bei
Hochzeiten unter das Brautbett eine Schelle befestigtan; s. Brand's
Pop. Antiqu. etc. ed. Hazlitt Lond. 1870. 11^ 114^ wo es heißt: It ap-
pears to have been a waggish custom at weddings to hang a bell
under the party's bed. See Fletcher's Night Walker act. I.* Ähnliches
scheint auch anderwärts stattgefunden zu haben; denn in Bolza's
Canzoni Pop. Comasche, Sitzungsber. der phil.-hist. Classe der Wiener
Akad.Bd.LIII, p.667 ^11 Pellegrino^ sagt der Pilger zu einem Mädchen,
dem er die Heirath verspricht:
„Pol faremo d*un bei letto
Coi lenzuoll tütt de Ud,
E faremo ana coperta
Tütta piena de baciocchin *).
Nel voltarsi e rivoltarsi
Bacioccbin faran din-din.
Qui che p&ssan per la strada
Sentirän stö fracassin;
Crederim che sieno i firati
A sonar el malutin "
Die Bettdecke des Brautbettes soll also ringsum mit Schellen
besetzt sein, damit diese beim Hin- und Herdrehen der darunter Lie-
genden erklingen und die Vortlbergehenden diesen Schall vernehmen.
LÜmCH. FELIX LIEBRECHT.
*) i, e. souagli.
24 O. BEHAOUEL
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX
I. VertauBchung von Genetiv, Dativ, Accusativ beim per-
sönlichen Pronomen.
Scfaerer hat „ein sicheres Zeugniss flir die Schriftsprache'' ent-
deckt, und zwar bereits ftir das elfte Jahrhundert., Ztschft. f. dtsch.
Altth. 22, 321. Er findet, daß der Schreiber der Leydener Handschrift
des Williram sich als Berliner gebahre, wenn er mir und dir ftir mich
und dich der oberdeutschen Vorlage verwendet und umgekehrt mich
und dich setzt da , wo wir den Dativ erwarten. Nach der Ansicht
Scherer's hätte der Schreiber jenes Codex ursprünglich mi und di
ftir Dativ wie Accusativ gesprochen, sei aber durch den Einfluß der
hochdeutschen Schriftsprache veranlaßt worden, mir und mich anzu-
wenden, deren unrichtigen Gebrauch er sich so zu eigen machte, daß
er sie auch im oberdeutschen Original einftlhrte.
Das wäre immerhin ein seltsamer Einfluß der Schriftsprache : sie
soll bewirken, daß derjenige, der ihr zustrebt, das richtige Hochdeutsch
seiner Vorlage verfälscht. Man ist daher einigermaßen berechtigt, sich
zu fragen, ob jene Erscheinungen keiner anderen Erklärung fähig sind,
auf welche Scherer sich stützt. Man darf es um so mehr, wenn man
sich vergegenwärtigt, daß jenes vermeintliche Berlinerthum auf Ge-
bieten erscheint und in Fällen sich zeigt , wo Schcrer's Erklärung
schlechterdings ausgeschlossen ist.
Accusativ für Dativ liegt vor im dän. und schwed. mig und
dig, die sowohl mihi und tibi als me und U bedeuten; femer in nhd.
euch = vobis und vos.
Dativ für Accusativ erscheint in as. mi und thiy ags. me und
the neben mik und thic, mec und thec, sowie in afries. mi und thi;
ferner in mhd. uns gegenüber ahd. unsih.
Gehen wir über das Deutsche hinaus, so finden wir im Lateini-
schen die Ablativformen me und te auch für den Accusativ verwendet.
Im Neugriechischen sind nhifidvu, öl-ieiva^ r^liccg-iidgy cäg-iaag sowohl
Accusativ^ als Dativ (Mullach, Gramm, d. griech. Vulgärspr. p. 332, 11).
Dadurch ist die Möglichkeit einer anderen AuflPassung ftir die
fraglichen Stellen der Leidener Handschrift sichergestellt: sie müssen
nicht nothwendig aus der Einwirkung der hochdeutschen Schriftsprache
hervorgegangen sein, sie können auf ^rirklicher syntactischer Vertau-
Bchung beruhen und der dem Schreiber angeborenen Mundart an-
gehören.
BEITRÄGE ZUB DEUTSCHEN SYNTAX, 26
Indessen Möglichkeit ist nicht Wahrscheinlichkeit.
Wenn von zwei Formen die eine durch die andere verdrängt
wird; so sind zwei Möglichkeiten denkbar. Entweder erobert die eine
Form das Gebiet der andern^ ohne selbst jemals in ihrem Besitz durch
die ändere gestört zu werden ^ oder die Sache liegt so: während die
Form A in Fällen erscheint, wo ursprünglich die Form B berechtigt
war, wird gleichzeitig B auch Air A verwendet, und es tritt eine Zeit
ein, wo A und B unterschiedlos gebraucht werden. Aber auf die Dauer
ist dieser letztere Zustand unhaltbar. Rtlckkehr in die alten Verhält-
nisse ist unmöglich; es bleibt daher nur ein Weg: eine der beiden
Formen wird von der Sprache aufgegeben. Wir müssen also, wenn
wir jene Casusvertauschungen der Mundart des Schreibers beilegen,
in späterer Zeit irgendwo eine Mundart nachweisen, wo die eine der
beiden Formen — mir und dir oder mich und dich — zur ausschließ-
lichen Geltung gekommen. Seherer selbst hat schon an Veldeke's
Servaes erinnert, wo mich und dich auch für den Dativ steht. Und
zwar stelle ich fest, daß dies nahezu ausnahmslos geschieht; einige
wenige mtund di begegnen noch: II, v. 1958, 2398, 2715, aber kein
Tnir oder dir. Diese Sachlage ist nicht dazu angetlian, Scherer's Auf-
fassung zu stützen. Wenn das Hochdeutsche eingewirkt haben soll,
so müssen wir fragen, warum mir und dir gänzlich verschmäht worden
sind. Und femer möchte man fragen, weshalb nicht auch sonst sich
hochdeutscher Einfluß im Servaes geltend mache. Ich könnte gleich
hier durch eine Reihe von Beispielen darthun, daß auch andere Lite-
raturdenkmäler sich gerade so verhalten, wie der Servaes^ allein wie
gewöhnlich kennen wir nicht genau Ort und Zeit der Abfassung,
beziehungsweise der Niederschrift , und schließlich könnte man noeh
irgend einen scharfsinnigen Ausweg finden , um den hochdeutschen
Einfloß zu retten. Ich appelliere daher an Zeugen^ welche von allen
diesen Übelständen frei sind: an die heutigen Dialekte. Dort finden
wir auf niederfränkischem Gebiete einen ganzen großen
Bezirk, in welchem für Dativ und Accusativ nur mich
und dich gilt. Wir könnten diesen Bezirk das Mich-Land nennen,
nach dem Vorgange der Brabanter, welche den östlichen Theil von
Brabant als Et Mich Kwattier bezeichnen. (Firmenich, Anhang zu Gcr-
maniens Völkerstimmen, p. 650, a.)
Ich beginne mit meinen Beispielen im Norden des Gebietes.
'' Nä , nä ! gei jagt sc mech (Firmenich, Völkerstimroen I, 598, a ;
Mundart der Stadt Meurs). — Loot mech mar ena (398, ^V —
J'S ja, dat wohr mech en Börschken (398, b"). — "NVm 'S.««! ^^ ^Äiw^^t,
26 O. BEHAGHEL
as woU et mech fas breken (399 b). -— Well ech dech wat seggen
(408 a; Mundart von Krefeld). — well ech dech gär behölplich
Seen (409, a). — ech schwemm möt dech an't angere Ufter (409, a).
wat batt mech all mi Goud oa Geld (409, b). — ech lov mech vor
alles et Baureiäven (410, b). — De hatt' mech nigen Dutzend Kasten-
schlöt bestault {besUlU ; 415, a; Mundart von Velbert). — Dat donn
du mftr, die steit dech jut (423, a; Mundart von Wttlfrath im
Kreise Elberfeld). — nu sag ech dech vor allen Dengen (423, a).
— jo, Frau, ech sal mech alles merken. — de Sack sali ech dech da
wall faulen (423, b). — Biärt, riepen Hetz, wat fällt dech enn. — dutt
mech de led*ge Sack mär beer. — O Litschen, leew Litschen, säie
meck; wie doht meck setten de Galtrock min? (427, a; Mundart
von Elberfeld und Umgegend). — du best meck verdorwen den
Galtrock min (427, a). — Roop meck den Käarl geschwend hervor!
Dat, scheent meck, es 'nen Flocken (427, a). — de Koschte Broat de
göff meck nit (427, b). — eck seng deck, wie de Kuckuck sengt
(427, b). — lot ne Frau meck eenen Schoppen Kiänschabbau vam
Mönsterlänger holen (427, b). — Du bosz mech äwer de räite Vugel
(431, b; Mundart von Ratingen). — Wells de mech woll mi Gäd
beschlage? (433, a; Mundart von Düsseldorf). — drom well ech
dech wat vorschlage on met dech 'ne Akkort mache (433, a). — zehn
Johr breng ech dech dat Geld alle Dags (433, a). — ewwer esch mosz
de mech noch 'ne Gefalle donn (433, b). — gäf mech min Hankschrefty
dann lot ech dech herus (434, a). — lop du mar, du löps mech noch
lang jot , en der Tid kös mech de Wuesch anbrenne (Xu, 510, a;
Mundart von München-Gladbach). — wenn mech nur mar de
Kruuk net üverlöpt! (510, b). — de Wuesch kös doch äwel dech ver-
brenne (510, b). — dann nömms de dech jet te eäte möt (511, a). —
Loope se dech ? (512, b). — waröm has de mech dat och net geseit?
(513, a). — Et wor mich su goot, et woor mich su licht öm et Herz
(484, a; Mundart von Jülich). — et wor mich, ich weesz selfs net
wie (484, b). — jez gevilt mich kenn Blom (485, a). — ich wönsch
mich al mi Lebdag maar, da'ch emmer sage kann etc. (484, b). -—
[on denks bei dich : ich han (485, b)]. — Äves onger desera Kolle es
mech och jet bei gefalle (487, a; Mundart in der Gegend von
Heinsberg und Dremmen). — Nohm ich mich en der Sen, ze
geh, noch ih ich kühm no Hus, noh Märubeldeke hen (488, a; Mund-
art von Aachen). — schwig stell doch, du mags dich märr selver
bang (488, b). — der Ohm (Athem) geeht mich us (488, b). — ühr
halt mich Hus en Jade rcng (489, a). — loss dich de Ögelcher weische
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. 27
(489, a). — helpt mich, dat ich hörn ens wed quitt (489, b). — M'haat
m'g van Auertitts decker vertaut (496, b; Mundart vonEupen). —
mäy saat h'dou, wat felld d'g? mftrr änne? wat ess d'g? wat Ädd d'g?
(497, a). — dat glöyv m'g (497, a). — verteil m'g d'Leyd! D'weys
jo, dat ig d'g t*faäUepe weyt (497, b). — och, schwyg m'g dervanne
(497, b). — T'es mich lieet (leid)^ da ich httm ni entweifel s-chübbe
gegeven hob (Anhang p. 642, b; Mundart von St. Truyen). — Eh
wel, as ge mich oere beste pand geft, dan aal ich oech äser bringen
vor seve joor lange te werken (645, a; Mundart von Hoegaar-
den). — gef mich 'ne kur een van oer bore (645, b). [die neve mich
sat, 648 a; Mundart von Diest]. — 'T is dan noe bepoold dat ich
mich vandoog e neui pak moot lote make (701, a; Mun dart von Maa-
8 triebt). — de President van 't tribenool, ene grappege keel, mer dee
mich nog neet 't geringste proces besorg hat (701, b). — do ig noch
so veul neet oon verdeene kon , öm mich e miserabel rökske te lote
make (701, b). — de ganssen doog spektakel mit diin vrouw, de dich
verwitinge deit (701, b). — ger moot mich ins segge (702, a). — as
ger mich de woorheit neet sekt (702 b). — nömp 'et mich neet koelik
(702, b). — wat vor ein coleur van lake dinkste dat ich mich sou
oetsöke? (703, b). — [Dou bes mer eine swetser, mit tig wil ich
neet meer wirke 707, a; Mundart von Roermonde]. — Sogst mich
op, boum tou jankst of kriest; ich hölp dich want ich kan (708, a;
Mundart von Weert).
Dazu noch einige Beispiele, welche zur Anschauung bringen, daß
nicht nur in Lauten und Formen, sondern auch bei syntactischen Din-
gen allmählige Uebergänge von einem Sprachgebiet zum andern
stattfinden. In den Sprachproben aus der Umgegend Altendorfs bei
Hattingen an der Ruhr (Firm. I , p. 366 ff.) erscheinen fast durch-
gängig die Formen mi und di f[lr Dativ wie Accusativ; ich zähle 17
Beispiele. Daneben findet sich aber doch ein Beispiel, in dem mich
und zwar als Dativ begegnet: nain Grulden soll er mich noch in Koap
ffibben (367, a). In der Mundart von Neviges (416 ff.) heißt der Accu-
sativ fhich, der Dativ mir ; vom letzteren erscheinen in den mitgetheilten
Proben 16 Belege; daneben dreimal der Dativ mich: kei Weder makt
mech hcmg (418, b); du make mech bang (419, a) und da ealVt deeh nit
schaden^ wann du an Düwel on Oespengster gläufa (420, a). — Aus dem
Nordwesten des Gebiets finden wir diese Erscheinung in der Mundart
des Ländchens Kessel , oberhalb Venloo am linken Maasufer (Mone,
Quellen und Forschungen zur Geschichte der teutschen Literatnx >\w^
Sprache I, p. 477 ff.): einerseits den Dativ mich*. g«f wicK, ^<id«r^ V*
28 O BEHAOHRL
deä van het got^ dat mich gehurt (a. a. O. p. 478), anderseits den Dativ
mei: en gei hebt mei nait enen bück gegeven.
Nach dem Aufgeführten ergibt sieh etwa folgende Linie als die
Umgrenzung des Mich-Landes: Meurs- Velbert-Elberfeld (Duis-
burg, Mühlheim an der Ruhr, Schwelm haben schon mi und di ftbr
beide Casus). — Düsseldorf- Mtlnchen - Gladbach - Jülich-
Aachen (Düren scheidet mir und mtcA) — Eupen — von da nach
Westen an der französischen Sprachgrenze; im Westen ist
die Linie nicht genau zu bestimmen, doch geht sie wohl über Tirle-
mont-Diest, von da jedenfalls nach Weert und Venloo.
Damit ist nicht nur ein interessantes syntactisches Phänomen in
seiner Verbreitung festgestellt, sondern auch ein nicht unwichtiges Hfllfs-
mittel gewonnen, um die Gegend zu bestimmen, wo gewisse Uterarische
Denkmäler abgefasst oder geschrieben wurden. Man darf freilich nicht
sagen: jedes Schriftstück, das in dem von mir eben umgrenzten Ge*
biete geschrieben warde, muü mich und dich aufweisen flir den Dativ
Sgl. der persönlichen Pronomina, denn wir wissen ja nicht, ob besagte
Erscheinung sich gleichzeitig auf dem ganzen Gebiete entwickelt hat;
es ist nicht einmal wahrscheinlich. Aber das Umgekehrte steht nach
dem pg. 25 Gesagten wohl sicher: ein Denkmal, das jene Vertauschung
aufweist, muß innerhalb dieses Gebietes geschrieben sein.
Danach gehören folgende Literaturdenkmäler ihrer Abfassung oder
ihrer Niederschrift nach in das bezeichnete Territorinm.
L Wahrscheinlich die Leydener Handschrift des Williram; eine
Berücksichtigung der Lautverhältnisse würde hier zu weit führen, auch
vorderhand kaum möglich sein.
II. Das Marienleben , dessen Fragmente im deutschen Museum
(Leipzig, in der Weygand'schen Buchhandlung) 1788, I, p. 72 ff. und
112 ff. veröffentlicht sind. Zwar nicht das Original , denn im ersten
Fragmente reimt der Dativ dt auf hi v. 22, und im zweiten v. 178 der
Dativ fni auf ai. Dagegen die Handschrift scheint die Verallgemeine-
rung des Accusativs zu zeigen. Einige Male nämlich erscheint noch die
Form mi oder dii I, 27; II, 133, 134, 180; dazu die beiden Reim-
stellen. Sonst steht im Drucke durchaus mie bezw. diei I, 110, 112,
113, 114, 121, 137, 140, 147, 149, 165, 171, 175, 178. II, 61, 135,
137, 174, 176, sowohl Dative als Accusative.
Da nun in den beiden Fragmenten — zusammen 396 Verse — nur
zwei anderweitige Beispiele von ie ftlr £ begegnen, so liegt der Verdacht
ausserordentlich nahe, daü, sei es in der abgedruckten Handschrift selbst,
sei es in deren Vorlage, statt dieses mie und die mic und die gestan-
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. 29
den habe; besonders wenn man bedenkt, daß die gutturale Tenuis in
dem Stücke fast durchweg mit c bezeichnet wird, und wenn man I,
138 vroghedie fllr vroghedic liest.
III. Der Minneleich vom Niederrhein , Zs, f. dtseh. Alterth. lU^
218 ff. Mir und dir stehen an ihrer alten Stelle v. 1^ 2, 3, 6, 7; 18,
21, 27, 49, 67, 76, 97, 103, 122, 129, 130, 137, also 17 mal. Zweimal
steht daftir die Accusativform :
V. 44. Ihr tuegeut die sint menichfalt,
6od huet si mich voer lejde.
V. 91. Vyl sorghen swachet mich der scyn,
der US haer oghen blicket
Zweimal ersetzt der Dativ den Accusativ:
V. 97. ob got mir des ghewerte,
dan weer so groys min vreuden teyl,
das mir vur alle sorgen wol ernerte.
IV. Adolf von Nassau, Zs. f. dtsch. Alterth. III, 1 ff. Er bietet
ein Beispiel für Accusativ statt Dativ :
v. 83: Hey bescheit an gerethe (gerihte) hey
sine wort, die mich sagen, wey
eyn ritter hait gedeynit vil
auf 22 Behge, wo mir und dir die ursprüngliche Stellung behauptet
haben: vv. 18, 47, 52, 54, 62, 71, 115, 168, 172, 184, 237, 267, 369,
387, 388, 389, 465, 466, 483, 488, 493, 564.
V. Das angeblich mittelniederländische Osterspiel , das Zacher
Zs. f. dtsch. Alterth. II, 302 — 50 veröffentlicht hat, das aber bekannt-
lich nicht niederländisch ist (Braune, Ztschft. f. dtsch. Phil. IV, p. 251 ;
Heinzel, Gesch. d. Niederfränkischen Geschäftssprache p. 255). Hier
kam die Vertauschung schon dem Originale zu:
407 y,din lof ende din ere
musze immer irmeren sich^.
„siet willeküme, ir heren, mig.^
[627 Such (1. sich), die godis dime ben ich,
heilich engel, inde an mich
volge (= vol ge) die susze boitschaf din]
816 dar umbe rade ich ug alle,
dat ir willet volgen mich.
ig sal ug machen vrouden rieh.
1139 Dat uperstentinisse ben ich,
des Salt du gelouven mich.
90 O. BEUAGUEL
Demgemäß findet sich außerhalb des Reims eine erhebliche Zahl
von Belegen:
411 dat sult ir mig, ir heren, sagen. — 431 nu wille wir dig och
dun achin. — 456 dat sult ir mich sagen. — 462 wir brengen dig
gaven. — 471 inde mig dise ere hait bekant — 500 inde dich geen
(gd>en) ze lone mine guldine crone. — 512 du hais mich wale gera-
den. — 545 want dus wale Ionen mait minen kende ende mich, des
biddich live here dich. — 565 des insteit mich nit (ziemt mir) zu in-
beme. — 601 dat he gesalvet werde ze knnincge up die erde. —
650 dar umbe ganc vort ende du, des ich dich han gesprochen zu. —
689 die engel kumen dich gereit — 691 dat dich die steine riiren
inmugen hende nog vusse. — 702. Wat soude mig dine richeit? —
862 Maria, du sais dat min zale dich nit bevalle wale. — 866 went
dich nit inis bekant got. — 899 zait mig up die truwe din, al dat
mich mag wesen guet — 930 got deit mig sine genade schin. —
948 du hais mig decke gedaen leide. — 1012 nu sage mig, Simon,
sunder wanken. — 1028 og is dich me (I. ie?) virgeszen des kussens
van dinen munde. — 1043 diese hait mig in allenthalven mine vuze
gesalvet wale. — 1064 meister, wat soude dig dat gedaen? — 1079
so mich got bhuet dat leven. — 1081 ich säen dich eine nuwe
mere. — 1082 dich entbident ende dun kunt — 1085 si sendent dig
disen brijf inde entbident dich dar inne hören dinst ende bore minne.
— 1195 ich danc dich sunderliche aller genaden, der du mig deis.
— [1198 dat ich van dich ben gehört — 1207 dat ich van dig ben
gesant. — ] 1364 dat mich soude vrumen, dat is mich benumen. —
1460 dar umbe so muz du den doit liden, de dich zal geschin. —
1467 dan sal dich nit wesen leit
Aber noch weitaus größer ist die Zahl der Stellen, wo der Dativ
mir und dir lautet: v. 18. 20. 48. 52. 61. 68. 71. 72. 85. 89. 111. 127.
134. 162. 194. 201. 277. 359. 375. 404. 419. 422. 439. 522. 548. 626.
640. 641. (647). 699. 710. (713). (726). (735). 742. 751. (763). 764.
772. 805. 851. 888. 8%. 897. (900). 939. 994. 995. 997. 1014. 1015.
(1021). (1038). 1046. (1070). 1071. 1073 1077. 1078. 1119. (1133).
1154. 1174. 1175. 1190. 1217. 1244. (1247). 1248. 1260. (1273). 1319.
1342. 1345. 1352. 1355. 1371. (1400). 1408. (1420). 1433. 1444. 1456!
(1468). (1500).
Also 35 mal der Dativ = mich, dich, 69 mal == mir. dir.
Wie früher bei der Aufiiihrung der modernen dialektischen Bei-
spiele, habe ich hier bei der Zählung die Beispiele^ wo der Casus von
einer Präposition begleitet ist . nicht berücksichtigt. Denn in diesen
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. 31
Fällen beschränkt sich die Vertauschung nicht auf die Pronomina; sie
erscheint allgemein^ auch bei Substantiven. Hier geht sie offenbar aus
von den Präpositionen^ die sowohl Dativ als Accusativ regieren, dehnt
sich dann nach und nach mit der Zeit so ziemlich auf alle Präposi-
tionen aus*).
Neben der Verwendung der Pronomina in ursprünglicher alter
Weise, neben der Setzung des Accusativs für den Datiy erscheinen im
Osterspiel auch einzelne Fälle von Dativ fUr Accusativ:
V. 134 de name van diner gotheit
an mir is gervet ende gegeven.
V. 140 [herumbe setz ich den rat an dir,
want it unmugelich duchte mir].
V. 386 so gebiden ich dir,
dat du si kumen dus vor mir.
V. 866 ich wil dirs machen gewis.
VI. Die Handschrift von Veldeke's Servatins; ich habe schon
vorhin bemerkt, da(S hier mich und dich auch fUr den Dativ zur Regel
geworden.
Leider genügen die vorliegenden Thatsachen nicht, um die Ein-
zelnheiten der Elntwickelung za verfolgen, da wir nicht die Gewißheit
haben, daß die vorliegenden Denkmäler aus einer und derselben Ge-
gend stammen; vielmehr ist es ziemlich sicher, daß I und II einem
nördlicheren Gebiete angehören als III, IV und V (s. Heinzel, Gesch.
cL nfr. Geschäftsspr. p. 202 u. 286).
Das niederfränkische Gebiet , von dem bis jetzt die Rede war,
ist nicht das einzige, dem der Name des „Mich - Kwattier^ gebührt;
es gibt noch einen zweiten solchen Bezirk von nicht geringerer Aus-
dehnung. Ich verzeichne wieder die Belege aus Firmenich: Tu, Alster,
du kannst mick hilpen (I, 157, a; Mundart von Osterweddingen
bei Magdeburg). — verehre mick dinen Rock! (159, b). — an
Flaijen un Brotkroim soll't dick nich fahlen, un Water will ick dick
alle Dage hensetten; ick hale dick'ne jroine Raue und stellese dick
opp't Schränk (161 , a). — morjen frei brink mick davoor'n Roth-
kähllen in mien Huus (161, b). — denn soll't dick jut Jahn (161, b).
— Sau ohk de Engel tau dick komm'n un währ'n dick bewahren,
datt dick nischt kann wedder&hren (168, a; Mundarten der Magde-
^ Bnuine ist im Irrtham, wenn er Zs. f. dtsch. Phil. IV, p. 289 meint, mit mit
dam Accoflatiy sei Veldeke fremd, of. z. B. 476 met ein deil lüte daunen für. Ferner
Serr. I, 534 990. 2119.
32 O. BEHAOHEL
burger Börde im Kreise Kalbe an der Saale). — verehr mick
dienen Rock (162, b). — sau mahkte hei mick'ne Pipe (165, a). —
ick sähr, hec solle mick ohk eine geb'n (165, a). — wistu bichten,
sau mnstu mick näher kommen, dat ick dick hören kann, wat du mich
hiebst (165, b). — hahle mick stantepeh an half Punt Quellenborger,
Bchmieht mick abber den Buddel nich inzwei (169, b). — Wu sit mick,
wu steitmick de Paltrock mieu? (170, a; Mundart in der Gegend
von Aschersleben). — hebb' ick dick versnedden den Paltrock
dien, sau hebb' ick 'ne snedden hie Mandenschien (170^ a). — dann
wiU ick dick aber dat Fell vullslan (170, b). — Nu segget meck, wer
sau cn Difiii^ erdenket (171^ a; Mundart in der Gegend von
Halberstadt). — Du köndest fan dem groben smu bat wyn ar {al$)
ik dik köpen (175, a; Mundart Braunschweigs und des Bezir-
kes Wolfenbüttel). — nu schänke mick en stopen fan düssem
kostein wyne guud (157, a). — haalt mik den Joden fan Spindler
(176, a). — in düssen feertein dagen hat hei mik nog nig emaal 'ne
oorbatse geven (180, b). — dat kan se mik tein maal säggen, un ik
dou' it dog nig (180, b). — ik hävve dagt, dat Sei mik dat nagtmaal
man midde geiven (181, a). — Dat harte host du mek droopen, du
schöäne, böäse kind (183, b; Mundart in den FürstenthQmern
Grubenhagen und Göttingen). — Eksk hebb 'n blanken Daler,
den will eck geben deck (184, a; Mundart von Hildesheim). — eck
will deck wat up dat Lickebrett leggen (185, a). — Kein Kahlenbar-
ger deint deck jo (188, b; Mundart im Deister Gebirge zwischen
Springe und Rodenberg). — wenn eck Rosenknobben finne un
se deck tom Kranze binnc, denk eck an dihn blank Gesicht (190, a).
— will eck deck meck eiwig wihn (190, a). — stth eis, wo deck doch
de Brailsse (Bier) schühmt (190, b). — Brauer, fülle meck de ganze
Stanne (191, a). — doch dihne Leiwe gift meck Frist (192, b). —
versprohkst meck duhseud Lust (193, a). — Eck will deck jek da
ganze Sahk erklären (201, b; Mundart der Stadt Hannover*). —
merke deck man den breien dort (201, a). - hei is deck doch bekannt
(202, a)? — dat war meck ohk da Rechte (202, b). — eck will ehrlich
sien und meck mien Gewissen nich verpacken (203, b). — hei stait
deck dichte vor der Nasen (204, a). — Grüsze nich weer, wenn dik
guten avend eboen wart (203, b; Mundart in der Gegend von Celle),
nu du mik guten avend sagt hast, kann ik ruen (206, b). — Hast du
*) Ich bemerke aiudrücklich , daß in dieser Miuidart kein mir, dir l&r den
Accusativ erscheint, sie also nicht wip die Berliner zu heurtheilen ist.
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. 33
nich en swart schap? dat gif mik (206, b). — Do woren dich Mohl
Menschen, kein Appel kunne zur Aerde (II, 217, a; Mundart in der
Gegend um Schloß Falkenstein am Unterharze an den Gren-
zen Anhalts und des Mansfelder Gebirgskreises). — hestau
dich au raecht orndlich unsen Eenig ahngesihn (217, a)? — das ha
ich erseht neilich gesihn, wu e mich an Schribens uhs en Justizammete
beantworten seile (218, a). — met daen kann mich einer von Liwe
bliben (218, a). — Abber des ha ich mich vorgenomme (218, a; Mund-
art der Gegend um Bernburg im Anhaltischen). — und ich sade:
seik mich treu (218, a). — höörste du, ich saa es dich (218, a). — is
mich gleich an Steen vom Herzen (218, b). — o^ ich weesz dich noch
den Tak (219, a). — 's war mich eenerlee (219, a). — Se ward mich
nich for ebbel nehmen (229, a; Mundart in der Gegend von Dessau).
— sie hat mich och nischt jethan (229, a). — hä hott mich oh ä Jläschen
Schnapps an (229, a). — se wards mich denn oh jeloben (229, b). —
dasz Se sich noch wohl befinget, is mich von Harzen lieb (230, a). —
ich weisz, wie's mich um's Harze wHr (230, a).
Auch hier wenigstens zwei Beispiele von Übergangsdialekten:
das eine ist die Mundart von Limmer bei Hannover (I, 193 ff.). Der
Dativ ist meck, deck: doch dat gefull meck ook nich (195, b). — meck
ward nielich noch verteilt (198, a). — Esels- Arbeit un Zieschen-Futter
worren jy meck woU geven (198, b). — he hadde et meck gern af-
disputeert (190, b). — dttsse was meck damals ook eben upsettig (199, a).
— se heft meck de Eyer afschneden (199, b). — awerst deck hanne-
bauken Runks will eck up den Sonndag de Predig lesen (199, b). —
Der Dativ ist mi, di: awerst dat gefull my nich, dat he katholisch was
(195, b). — wenn se em reden hören, un to my seget (196, b). — wenn dat
nich alles na öhrem Koppe günge, so paue se my de Ohren sau vull
(197, a). — sull se my den Kragen ummaken (197, a) etc. — Das zweite
ist die Mundart in der Gegend von Minden (255, äff.): segg he
mol, o segg, wo kann hei mik wat vorquarren (255, a). — dagegen: ik
loo den Buren mie (255^ a). — most woll spreken, daz hei di tweimal
Dagestiet bütt (256, b). — dienen Bref hebbe ick richdig kregen un mi
sehr darebber frieet, dat et di sau gaud gehd ; dat du awer sau gehrn
in de Stadt zien machst, well mi awerst nich sau recht anstahn (258, a).
Die Grenze des Gebietes ist also etwa folgende: im Stlden die
Sprachgrenze zwischen ober- und niederdeutsch, östlich
die Elbe von Dessau bis Magdeburg, westlich die Weser
von der Sprachgrenze bis Minden, nördlich eiu^LiWv^ nq\i
Minden nach Hannover, Celle, Magde\>UTg. 0>ö öcä ^\ääx
QWaumA. Nene Reihe XII. (IXIY. Jahig.) %
34 O. BEHAGHEL
Magdeburg selbst noch zu dem Gebiete gehört, kann ich wegen Mangels
an hinlänglicIiem'Material nicht entscheiden. Ausgenommen werden muß
derOberharz^ der regeh'echt sein mir und mich besitzt und der sich
als eine oberdeutsche Sprachinsel in niederdeutschem Gebiete darstelll
Auch in dieses Gebiet fallen einige literarische Denkmäler. Zu-
nächst die Werke Bertholds von Holle, der, wie wir wissen, im Hildes-
heimischen zu Hause war. Richtig bieten sie^ wie nicht anders zu er-
warten, unsere Vertauschung dar. Schon Bartsch hat einige Beispiele
verzeichnet in der Anmerkung zu Crane 176, darunter eines, wo der
Gebrauch von mich als Dativ durch den Reim erwiesen wird. Im
Demantin finden sich, wenn ich Nichts übersehen, zehn solche Reim-
belege:
V. 157 daz ir si woldet gebin mich (: ich).
V. 1175 wolt ir des siges bekennen mich (: rieh).
V. 1392 ez sal mir allez wol behagen,
daz ir bSten wollin mich (: ich).
V. 1958 daz sal werdin al getan,
daz ir gebiten, herre, mich (: rieh).
V. 1988 ja so gebot di werde mich.
V. 6279 heiz min wäphen bringen mich (: rieh).
V. 6343 men woldiz roisseredin mich (: rieh).
V. 7258 her koning, ir solt geloubin mich (: ich).
V. 8178 der gewunte sprach: mir is leit^
daz ir die gulde bidet mich (: ich).
V. 9973 und werben als i riten mich (: ich).
Für mir, dir als Accusative erscheinen keine Reimbelege, wenn
man von präpositionalen Verbindungen absieht; es wäre Bindung mit
ir (Dat. Sgl., Gen. PL) möglich gewesen (obir mir : ir v. 10619). Ausser
dem Reim dagegen finden sich derartige Beispiele, cf. Bartsch a. a. O.,
ob sie dem Dichter angehören, läßt sich nicht entscheiden; das Fehlen
der Reimbelege spricht entschieden dagegen.
Femer fallen in unser Gebiet die Braunschweiger Chroniken (Die
Chroniken der deutschen Städte Bd. VI). Beispiele des Pronomen personale
der ersten Person in den obliquen Casus des Singular sind mir nur
im Briefe des Braunschweigers Bertram von dem Damme an den Rath
von Braunschweig begegnet: sie bieten unsere Vertauschung: also bidde
ek gik, dat gi den meynen Rad berichten unde gik sulven mede, unde
gheven mek de ghulde, de mek myn vader heffi geervet (p. 407, 25).
— wante et mek is vorentholden wedder god, wedder rechte wedder
eyde, wedder ere (407, 28). — ok wetet, dat ek gik vele hebbe breve
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. 35
Sandy unde gy mek ny neyn antworde wedder enboden (407, 32). —
Es stammt dieser Brief aus den achtziger Jahren des 14. Jahrhunderts.
Ebenfalls ganz wenige Beispiele finde ich in der Magdeburger
Schöppenchronik (Chroniken deutscher Städte Bd. VII): wat schal
dik dat schone golt an dem hungergem halse? (p. 12, 11 Variante). —
[mi heft to dek gesand Irinfrid din knecht p. 16, 13). — se sint dusses
godes huses Magdeborch medehulpcre und hebben mek wol geholpen
(87, 18). — Sonst heißt der Dativ und Accusativ wii, di, s. 7, 8; 12^
11, 14, 15,26; 14,20,21 etc. Ich erinnere daran, daß Magdeburg
auf der äussersten Grenze des Gebietes liegt
Bei den drei genannten Denkmälern, bezw. Gruppen von Denk-
mälern ist die Heimath aus literarischen Gründen bekannt; sie legen
Zeugniss ab dafür, daß unsere Vertauschung bereits im 13. und 14. Jahr-
hundert zur Geltung gekommen ist. Umgekehrt können wir auf Grund
der vorkommenden Vertauschung ein weiteres Denkmal dem Bezirke
zuweisen, nämlich die Jenaer Liederhandschrift. In den ersten 800
Versen begegnen 10 Belege flir Accusativ statt Dativ: daz mich ein
zage triuget, der mich so manigen schaden birt (Bruder Werner 8, 3).
— von arerout die bi dir ist ich wille dich machen sorgen buz (9, 91).
— ich han mich des irwegen, wie ez mich darumme muge irgen (p. 6,
56), — nu gebe her mich so steten mut (p. 7, 9). — des helfe myr de
rejne und vuge mich des ich da ger, daz mich die hoeste vreude sy
gemeyne (p. 7, 18). — ich künde dich, herre, mine klage (p. 7, 22). —
wan daz ir mich in judas truwen bieten uwer helsen (p. 11, 99), — so
irkenn ich manigen ' herren , lichte vundich eynen, der mich durch
singen lieber gebe wen durch weynen (p. 12, 91). — die myr helfen
baz, denne mich die ungetruwen gunden (p. 14, 68). — Daneben 3 Fälle
von Dativ für Accusativ: troume hant mir vil gelogen unz her alle
myne tage unde in slafe mir betrogen (p. 2, 86). — got der sol myr
an dem an dir rechen (p. 9, 91). — daz ich ym syn syngerlin beneme
gar unrehte, hat er myr gezigen an den dingen (p. 16, 86*). — Es ist
natürlich, daß eine tiberwiegende Anzahl von Dativen und Accusativen
ans der Vorlage an ihrer ursprünglichen Stelle stehen geblieben sind.
Bei dem Pronomen der ersten und zweiten Person war das Er-
gebniss der Entwickelung das, daß an die Stelle des Dativs der Accu-
sativ trat. Beim Pronomen der dritten Person und dem Pron. demon-
strativum macht sich auf verschiedenen Gebieten eine entgegengesetzte
Strömung geltend: es dringt die Form des Dativs in den Accusativ:
*) Ich eitlere nich Mjller, v. d. Hagen hat offenbar meViiia^ ^«^Sov^c^
36 O. BEHAGHEL
So im Dänischen: Schwed.: Engl.:
dai, u. acc. sgL ni. n. bam oder hannem 1 honom \ him (n. it)
dat. u. acc. pl. m.fn. dem oder dennem | j
dat. u. acc. sgl. fem. hende benne her.
(Möbias, Dänisch. Forml. p. 83).
Im Nenniederländischen:
djot. Sgl. masc. u. neutr.y acc. masc. hem
dat. pbir. masc. neutr. hun
acc. plur. masc. neutr. hen
dat. sgL acc. sgl. fem. haar.
haar im Dat. Acc. pl. fem. kann Übertragung aus dem Singular
sein, wahrscheinlicher ist mir aber eine andere Auffassung, auf die ich
nachher noch kommen muß. Daß hen, die Form des Acc. Plur. m. n. n.,
ursprünglich Dativ ist^ ist zweifellos, weniger zweifellos das Verhält-
niss von hen zu hun. hen scheint die unter dem Einfluß der Betont-
heit^ hun die bei Tonlosigkeit entwickelte Form zu sein.
Auch das Niederdeutsche und das Niederfränkische nimmt in ein»
zelnen Formen Antheil an dieser Verschiebung. Der Plural kommt
nicht in Betracht; er bietet eine andere eigenthümliche Erscheinung.
Im Singular ist im in seinen verschiedenen mundartlichen Entwicke-
lungen nicht nur Dativ sondern auch Accusativ des Masculins; im Fe-
mininum ist der Dativ ir auch Accusativ, daneben kommt aber, soweit
ich sehen kann, stets noch der alte Accusativ sie vor.
Ich gebe zunächst Beispiele von im für den Accusativ:
'T dwingt um, dat he no eemal henglupen mot (Firm. I, 27, b;
Mundart der Herrschaft Jever). — waar he Um toeerst funnen
harr (27, b). — Hest du em man erst am Haaken, schecrst du em ook
wol dat Laken (34, a; Mundart Bremens'). — [Hier glöw ik doch
an hem 42, b; Mandart Kiels]. — Den Gott bruukn will, weet he
allerwehgn to findn un schickt cm hierhen uu daarhcn (47, a; Mund-
art des Dithmarschen Gebietes). — da word he aber van fraamem
handn anhooln, de em op den prehdigtstool in St. Ansgariikark settn
(47, a). — syn fründn wulln em nich laatn (47, b). — De Doktcr kreeg
em na^n Krankenhoff un da weer dat slünig mit em vörbi; kccn Minsch
kunn em retten (60, b; Mundart Hamburgs und der Umgegend),
knum hör ik em de beiden Namens nennen (61, a). — un leet em ruhig
in den Aarm mi haaken (61. a). — Fäer miene truu*n deenste saszt du
mi eenen bunfn rock mit klokken dran geben, em aewer so lang ver-
waaren, bett ik emm förrer (68, a; Mundart Schwerins und der
Umgegend). — so fraeg disser emm, opp he ook ruig slaapn harr
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. 37
(68, a). — wil hei äwerst noch nich vull föftoihn Johr olt was , höllen
sei em to't Regieren noch nich rip (Reuter, Sämmtliche Werke Wismar,
Rostock, Ludwigslust Bd. 12. Siebte Auflage, p. 10). — hadden sei em
bi den Wickel, . . . me führten em äwer de preuszsch Grenz (p. 13).
wenn hei abslut frigen wiU, ik pleg em (p. 18). — So mttst Jochen och
erfahren, dat man in de iesten Jahren em as Deenstbar nich veschon
(Firm. I, p. 77, b; Mundart in der Umgegend von Rostock). —
sach he Jochen, hört em klagen (78, b). — Harr em heeten, he soll
man sing'n as de Ann'en all (80, a; Mundart des Landvolks zwischen
Rostock, Wismar und Parchim). — Dat Vöägling lag in'n Schnee
nn farft em mit sin blödig Weh (85, a; MundartNeu- Vorpommerns).
— I wat, foahrt der em bassig an (80, a; Mundart der Insel Rügen).
— Nu gung dat ful Haun hen un söcht'n Pott, wo em Voate Hähnk
verstäken hadd un att em schlicht af (91, a; Mundart des Binnen-
landes Hinterpommerns). — fratt'n Pott ut un stülpt em um
(91, b). — Stoppnoadel batt em (99, a). — Wi bruken em ok hi (95, b;
Mundart Danzigs). — eck sach emm man det Ogenbleck (95, b). — kam
de Dod, en löt em starwen (97, b). — Ei watt, öck Iaht emm wachte
(102, b; Mundart Königsbergs). — Un lehre em: Gott un den König
leew du (106,a; Mundart Tilsits und der Umgegend). — Dann freu
ik mi nu seh am gäm (132, a; Mundart der Priegnitz). — dät mackt
am klohk (132, a). — wi sehn am nich (132, b). — Dem was, as wenn
de Blitz am schlög (134, a; Mundart der Altmark). — un glick hat
am ook up de Stell de Schlag geröhrt derbi (138, a). — Dann bracht'n
wi ftm awsiet man blos (142, a; Mundart der Gegend zwischen Bran-
denburg, Nauen und Rathenow). — Da wollt' ick ihm blosz
perschwaddir'n (146, a; Mundart Berlins). — wenn man ihm aus die
freie Wildniss nach Europa bringt (149, a). — ek frahge ehm (156, a;
Mundart Magdeburgs). — nu frahge eck ehm widder (156, b). — Als
St&hr späderhenn störv, käumen väile Minschen uut däi Ümmgegend,
dfti ämm kennt harren, touhopen, ümm ämm tou begraben (207, a;
Mundart der Amter Winsen, Fallingbostel und Bergen in der
Lüneburger Haide). — Aber se fUnnen em doch nich (213, a; Ge-
gend von Littensen im Amte Zeven). — Do häfft se em doot-
schatcn (219, b; Thedinghausen). — Ja, ik schlaa em, as en Junge
(223, a; Butjadingerland in Oldenburg). — Em raakt nich Küll,
nich rusig Wehr (229, b; Gegend von Oldenburg). — heet se em
man erst Professer (229, b). — (Er) muste em wier hen bringen, woer
he em kriegen harre (247, a; aus dem Osnabrückschen). — Soglik
Däggen einige düchtige Jungens ut, ümroe em to halexv (^%4^^?i.\^^Oe.-
38 O. BEHA6HEL
lenburg). — De Dorwake, de em nich kennede, lait em forte hin
(290, a; Münster und Umgegend). — nu lait em de baise Find
kinn Auge au enander dohn (291, b). — See sollen em niet hebben,
denn allden Vaader RhiD, so lange wee noch leven on em noch können
sien (374, a; Wesel). — 'Ne Swaan, den trock em fort (378, b; Kleve)-
— nou häbb ick öm, Oodd sei danck (378, b). — Bäjden öm arme
Lüg am Brod, so liet hei se in et Lock Schmitten (389, a; Dins-
laken). — Lidleck kreege se'm beij Venloo un brachten öm hierher
(391, a; Rhein berg). — se satten öm hier in et achterste Look
(391, a). — Da stört öm gen Hahn noch Huhn (395^ a; Mundart des
Landvolks des ehemaligen Fürstenthums Meurs). — Ens hot s'em
weer döchtig uutgeschougen (408, a; Kempen). — Hä schmät öm dröm
weer en de Graf (409, a; Krefeld). — Do kömt sin Frau bi öm on
däht öm froge (433, b; Düsseldorf). — Vruh leef ich vot on wold
em en e Körfche setze (484, b; Jülich). — Maria, die höm schlöffe let
(487, b; Aachen). — Dann haut s' 'm getämpelt (498, b; Eupen). —
De Düvel mögt em nit hoalen (Anhang 645, b; Hoegaardorf).
Auf dem Gebiet dieser Beispiele begegnen ganz vereinzelt auch
Belege, wo ftir den Accusativ die Accusativform steht: he holt den
Jungen wol in den Arm, he fatet en seker, he holt en warm (Firm. I,
33, a; Bremen). — Mien Swesta har den Fisch goot kaakt, se har
en mit frisch Botta mäkt (82, b; Mecklenburg^Strelitz). — Da
ward he en findn (90, a; Rügen). — Da ligg eck en Ehrforcht der
Hoheit tu Föte un bedd enn, mien Läwc met Huld tu vorseete (106, b;
Tilsit und Umgegend). — Ne, vatauscht ha ich ön (115, a; Mundart
zwischen Preussisch Holland und der Passarge). — öch micht
dänö Wallach nich ane Wek öffnehmö, wenn äch ön fuok (115, a).
Ich bin nicht von allen diesen Beispielen überzeugt, daß sie wirk-
lich getreu die Mundart wiedergeben; besonders das Bremener und
Tilsiter Beispiel entstammen Dialektproben, deren absolute Volksthüm-
lichkeit sehr verdächtig ist. Die beiden Beispiele aus der Gegend
zwischen Preussisch Holland und der Passarge gehören einer ost-
preussischen Mundart an, die gar nicht niederdeutsch ist. Ich
möchte dies hier im Vorbeigehen besonders nachdrücklich
hervo rheben, da man vielfach zu glauben scheint, es würde
in Ostpreussen nur niederdeutsch gesprochen.
Das Gebiet, auf welchem — wie wir sehen, so gut wie ausnahms-
los — der Accusativ des Singular vom Pronomen der dritten Person
im Masculinum em statt en lautet, fällt nach den gesammelten Belegen
im Wesentlichen mit dem niederfränkischen und niederdeutschen Ge-
BEITB&GE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. 39
biet zoBammen. Auf niederfiränkischem Boden erstreckt sich die Er-
Bcheinung so weit, als die Bezeichnung des Dativs durch mich und
dkh. Auch hier wieder die Übergangsdialekte : da Lüh heitet en den
Horkensteen (367, b; Mundart der Umgegend Alten dorfs bei
Hattingen an derBuhr), aber: sä satten em in den swatten Thom
(368, a). — da Baüwers greppen em (368; b), aus demselben Dialekt.
Femer die Mundart von Elberfeld und Umgegend: he satt en aan
(427, b). — se sollen en nit kriegen (428, a). — do woulen en de Borger
tedönigen ähren (428, a). — Dagegen: so kohm he ok an de Buur on
firogten em (429, a). — Vom niederdeutschen Gebiet ist zunächst das
südliche Westphalen auszunehmen. Die Proben folgender Dialekte
zeigen den alten Stand von im für den Dativ und in fULr den Accusativ :
die Mundart in der Oegend von Limburg an der Lenne (363), die
Mundart von Attendorn (351), Arnsberg (352), Unna (351), Ruthen
und Mülheim im Möhnethal (340), Brilon (335), Paderborn und Um-
gegend (303 ff.).
Paderborn bildet schon den Übergang zu einem andern Gebiet,
das zwar auch nicht im fUr tn, das aber imigekehrt die Form des
AccusativB flir den Dativ, in dir im verwendet. Dieses Gebiet um-
faßt auf niederdeutschem Boden hauptsächlich den Bezirk des zweiten,
p. 33 umschriebenen Mich-Kwattier, reicht aber weiter nach Westen
als dieses und dringt ausserdem erheblich in hochdeutsches Gebiet
ein. Schon in den Proben aus Paderborn findet sich neben gewöhn-
lichem im Air den Accusativ ein ihm en Deif biddede den Scharp-
richterknecht, of iene ni na de Bidde gewährt wären künne (309, b).
Weitere Belege sind: De soppe smekede önne recht gaut (311, b;
Mundart von Herstelle im Kreise Höxter). — Se wuosken en un
tüögen en een nigget witt Hiemd an un gäben en Jäten un Drinken
(273, a; Mundart der Umgegend von Bielefeld). — Dat dure nich lange
sau is'n dei Düwel upp'n Hakken (259, a: Mundart im Schau mb ur-
gischen). — schast'n mal Honnig ünnern Bart stricken (260, a).
Dieser Dialekt ist Grenzdialekt, denn neben dem Dat. en
erscheint auch emi So, scggt de Düwel, un lacht em dabi gratl in^t
Gesichte (259, b). — Dar kümmt'n mit eenen Male so'n wunderlik Kehrel
entgegen gähn (256, a; Gegend von Minden). — Sau fbordc wier, un
et modde öön ein, de harre dat eine bein up de schulder elcgt (182, b ;
Mundart in den Fürstenthümem Grubenhagen und Göttingen). —
Dat hat hei denn ohk'n Jidweden sau honnerecket, da hat ohne denn
ohk'n Jeder wat rinder stoaken (172, b; Mundart in der Gegend
von Halberstadt). — De hellen Thränen laiipi'iai^ ^^^^x^\. "i^'^väöNfö
40 O. BEHAGUEL
(161, a; OBterweddingen bei Magdeburg). — A jede Schrift setst
er gleich auf, weil's ühn mit Spasz gelong (II. 152yb; Themar im
Hennebergischen). — Jezz bot sich dös Engele hie geschlichen an
hot'n a groszmächtigs Eiälä gegäm (156, a; Hildburghaasen). — Un
Mancher hat halt lauter Glück, as fliest en nar so zu (164, a; Gom-
bertsbausen im Herzogthum Hildburghausen). — Er is ball zahm
gewom, un das Harz is ne 'nei die Husen gefallen (169, a; Mundart
der Landleute im Koburgischen). — Da kömmt anne schluaz-
schleierwisze Fra un wenkten (175, b; Blanke nburg im Fürstenthum
Schwarzburg-Rudolstadt). — Ech suUt gieh zum Doctor in de Stnadt,
ech sullt ehn ehre Uebel all verzähle (178, a; Ingersleben bei Er-
furt). — Heb stopt es met Gewalt hennien, daß ehn die Auen laufen
(190, b; Sondershausen). — Min Mächen sall'n klich änne Schlippen
foU Habber brenge (201, b; Mundart von Nordhausen und der
Grafschaft Hohnstein). — Es Harz hotne denn doch oder gepuckert^
wiere d'r Fahrt nauf schteigt (210, a; Mundart des Oberharzes). —
Wurrum hest'n au nich glihch anne Subbelike in de Ha^d gegähn?
(217, b; Falkenstein am Unterharze). — Da nimmt de Mutter
Kris^änichen uff un schnitt en de Armchen un de Beunchen ab
(226, b; Gegend um Bern bürg). — Un doch storrt ehn ver Frust
sei Höllenblut (248, a; Dobraschütz im Altenburgischen). —
Mei Fraa, die gob'n zu rechter Zeit noch enne Horbel nei (251, a;
Obererzgebirge). — 'I goab *ne Au'ra Pfahrpulver ei (253, a; Mund-
art im Erzgebirge). — Da sahte Karline: „Pfi^, un gab'n ä Nasen-
fipps (259, a; Gegend von Leipzig). — Worira ha nischt frassen dutt?
en merr gaan en nischt (267, b; Gegend von Görlitz). — Wenn er
niht schweigt, suh kobn ich ihn niht flir die Foling stöih (390, a; Nürn-
berg). — es könnt'n trecki göih (390, a). — Mancher denkt oft hih und
her, es will ihn halt nichts g'Iingn (398, a; Fürth). — He, glaubs 'n
nit, der ligt di o! (411, a; Gegend von Würzburg).
Zur Einschränkung des p. 39 über die Ausdehnung des Gebietes
Bemerkten muß ich noch constatieren, daß die Grenze im Norden nicht
so weit geht als die des „Mich-Kwattier" : die Proben der Mundart im
Deister Gebirge zwischen Springe und Rodenberg und von
Li mm er bei Hannover bieten kein en für den Dativ, sie stellen viel-
mehr einen Übergang zu dem Gebiete dar, wo em auch fiir den Accu-
sativ gilt: Dei krehg ölin bih de Wulle (I, 191, b). — hei grep den
armen Düwel, bund öhn an den Galgen vaste (191, b). — da hadde
öhn syn Vader schon wakker angeföhrt (194, a). — so hett öhn doch
nich atholen kunt (195, b). Aber: dei hör öhm jaulen (191, b). — eck
BEITRÄGE ZÜB DEUTSCHEN SYNTAX. 41
bring 'ez öhm nich dohr (192, b). — da tog he em ganz stram in de
Höchte (196, a). — eck hebbe em schon kennt (197, a).
Nach den verzeichneten Beispielen ergibt sich als Gebiet, in
welchem die Form des Accusativs auch flir den Dativ steht, etwa fol-
gender Coroplex: Braunschweig, Thüringen, Oberfranken, Königreich
Sachsen, Anhalt, der südwestliche Theil der Provinz Sachsen.
Für die Geschichte der zuletzt besprochenen Erscheinungen sei
nur das Eine bemerkt, daß in den altniederfränkbchen Psalmen kein
Accusativ ina vorkommt, sondern der Accusativ stets imo heißt, cf.
Heyne, Kl. altndtsch. Denkm. s. v. imo („da der Acc. ina ihn, der
Mundart der Psalmen abgeht, so vertritt diese Form der Dativ imo'^,
eine etwas seltsame Ausdrucksweise).
Von der Vertretung des Accusativ Sgl. des Pronomens im Feminin
stehen mir nur wenige Beispiele zu Gebote: De minschen weem twu-
maal duun, se reetn de fru to ehr, pettn ehr mit de fööt, stööten ehr
uutn krink henuut (I, 53, a; Di th mar sehen). — Denn haar he aberst
jümmers Eenen faat un snack ehr wedder weg (60, b; Hamburg und
Umgegend}. — ich wull ehr nich verlaaten (60, b). — ick aberst leet
ehr gans geruhig schellen (61, b). — laat ehr man gähn, denn hett se
mal Vergnügen (61, b). — Frog em indringlich, wat hei ehr un sine
ganze Nahkamenschaft unglücklich maken wull (Reuter, Bd. XH, p. 10).
— wenn ok nich 'ne ihrwürdige Aebtissin mit all de Nonnen ehr küßten
un Btrackten (p. 19). — Am Fewer ligt se still to Bedd, wiel't ehr
nich Dag noch Nacht verlett (90, a; Rügen). — jetzt is se wählig as
een Piert, so schön het ehr de Zwetsch kurirt (90, b). — Nu hungert
ehr (91, a; Mundart Hinterpommerns). — hei namm d'Gans ehr
Gösale un ik schal ehr räche (92, a). — Se wart mich nich verachten,
dafär kenn eck Öhr vül to got (99, a; Mundart bei Dan zig). — Slog se
blund un blae, dat ehr friümde Lüde nach Hus hen brengen moszten
(292, a; Münster und Umgegend). — Du stond hei op en köszten
öör (379, a; Kleve). — Auf demselben Gebiet findet sich aber
auch derAcc. Sgl. «t«: weer nich de heele Welt man Boom un Gras
un Sand, wenn nich de Handwarksmann se eerst harr sett in Stand
(58, a; Hamburg und Umgegend). — Een Ministe, de sin Gardero-
jungfe vefrien mösz, wörr mit den Stallknecht eenig, dat de s' nähmen
woll (80, a; Gegend zwischen Rostock, Wismar und Parchim). —
Nu kämm d*Hoawk, namm se un drägt se wig in syn Huus (91, b;
Hinterpommern). — as Voate Hähnk dat hört, leit hei se upsitte
(92, a). — He befall, dat se se begrawen sollen (292, a; Münster
und Umgegend).
42 O. BEHAGHEL
Einen Fall habe ich verzeichnet , wo der Accusativ sie filr den
Dativ Singular des Feminina steht: Wi^ an siene Matter dachte, jonke
sachte an de hellen Thränen laip'nne ewer't Jesichte, vorr Freude,
datte se hite Brot verschaffen könne (161; a; Oster weddingen bei
Magdeburg). Nicht häufiger sind mir Fälle begegnet, wo im Plural
auf niederdeutschem Gebiete Vertauschung zwischen Dativ und Accusativ
stattfindet. Dativ für Accusativ zeigt sich : he kleed jem (jem, die Leute)
warm un nett in Tüüg von Kopp to Foot (I, 58, b; Hamburg und
Umgegend). Accusativ für Dativ: bald darupp föng dat gespenst
werrer an, se to tarmj oppschoons he se nix to leeden deer (ßS^a; Schwerin
und Umgegend).
Zum Schluß dieses Abschnitts sei noch die Behandlung der hö-
fischen Anrede durch Sie erwähnt Der echten Mundart kommt das
„Siezeo^ nicht zu; wenn also der mundartlich Sprechende doch zu der
vornehmen Anrede greift, so tritt er aus der eigentlichen organischen
Sprachentwickelung heraus. Es ist daher klar, daß, wenn hier eine
Vertauschung eintritt, sie nicht noth wendig ebenso zu betrachten ist,
wie die bisher aufgeftihrten. Leider fehlt es mir hier sehr an Belegen;
so weit meine persönliche Erfahrung reicht, wird für Dativ und Accu-
sativ stets nur eine Form angewendet, sei es nun die des Accusativs oder
die des Dativs. In meiner Heimath (Karlsruhe) z. B. ist das Letztere der
Fall; man sagt: ich haw Ihne jo gar net kennt. Ebenso in Tilsit und Um-
gegend : Dorchlauchtigster Kronprinz, eck bedd Enn gar sehr (1, 106, a).
— da ligg eck en Ehrforcht der Hoheit tu Föte un bedd Enn, mien Läwe
met Huld tu vcrseete (106, b). — önstens als König häbb jeder so lehf em
VaderlandEnne, als de, ze dit schrehf(107,b). — Umgekehrt wird Sie auch
für den Dativ gebraucht in Meklenburg: Man to! Se kann dat goa nich
fehlen (I, 83, b). — alle Minschen sünd Se goot (83, b). — ne rechte
schöne Kell, de will ick Se veian (verehren) (83, 6). — Se gew ick
gian sön'n lütten Stock (83, b). -- ick wünsch Se, as ick wünschen
kann, von Herzen Glück un Segen an (83, b).
Endlich komme ich zum Genitiv. Denn auch dieser hat, beim
Pronomen, über sein ursprüngliches Gebiet hinausgegriffen, während
sonst in den deutschen Sprachen die Entwickelung dahin geht, daß
der Genitiv immer mehr verdrängt wird. Am merkwürdigsten ist die
Erscheinung, daß die Genitive min und din auch für den Accusativ
und den Dativ verwendet werden. Sie beschränkt sich übrigens auf
einen ganz kleinen Bezirk: die Strecke Xanten-Cleve. Hier die
Belege: Ac cusativ: as gei minn losz lott, dann will ick ou alles geve,
wer gi minn mar öm frogt (I, 377, b). — segt tegen et fiszke, dat et
BEITBÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. 43
minn ta könnigin meckt (378, a). — wat geht det andre minn aan
(378, b). — du kom van Wilder op minn aan ne kerl van echte dicke
soort (381, a). — gei sollt minn so sü(it niet klappe, lot minn marr en
paar trei gOntop gon (381, a). — dann mot ek minn es bedenke (386, a).
loot min mer los (388, a). — dat ek min ganz an Ou ouwergefen hebb
(388, b). — hu dock dwingt min de Liefde (388, b). — lott min die
Bttte Gedanke eenen Ogenbleck noodenke (388, b). — min Hart ver-
Bchmellt in Troone, as Gei min niet so lief hett (388, b). — schwor soll
et förr min sinn, as ek min van Ca scheie mosz, wenn ek fend min
op gerne Art glöcklegger (388, b). — dat gei min treu en oprichtig lief
hebt (388, b).
Dativ: minne schollmester hädd minn ömmer geseit (378, a). —
noa segt minn doch endlik es (379, a). — och, nönneke, willt gei mit
minn gon (380, a). — nou segt minn es, menheer (381, a). — min Vader
hett et min dock verteilt (387, a). — dann sali min de Mostertpott ge-
wasse werde (387, b). — ou sali de Düwel hale, as gei min noch es
de Mostertpott aanrtthrt (387, b). — gei legt min in min Hart begrafe
(388, a). — alles op te Wäreid is min tegen Ou necks (388, b). — seg
et min openbärtig, seg et min (388^ b). — wie wett et, of Gei min well
treu blifft (388, b).
Auch beim Pronomen der dritten Person ist eine ähnliche Er-
scheinung zu verzeichnen. Ob der niederländische Dat. und Acc. Plur.
des Feminins haar hierher gehört oder ob er eine Übertragung aus
dem Singular ist^ läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Dagegen
entstammt entschieden dem Genitiv der auf niederdeutschem und nieder-
fränkischem Gebiet auftretende Dativ Plural eer fdr alle Geschlechter.
Die Belege sind nicht übermässig zahlreich:
de een van hör is kugelrund (Firm. I, 20. Ost friesische Mund-
art). — dat kumt äär düür to stan (24, a; Mundart der Herrschaft
Jever). — (Es) wöörn veer von den Dräges un Feiges liekenblasz,
keen Minsch wüsz abers, wat ehr fohl (44, b; Eutin und Umgegend).
— Se reetn de fru to ehr (53, a; Dithmarschen). — Wenn use hellje
Kracke ne me im Springe goahn, dann giw ehr öwemNacke(94, a). — De
beiden Burmeisters un de vir Rathsherrn kernen, un Dorchleuchten säd
ehr sine sonderbare Intention (Reuter, Bd. XII, p. 9). — min eigen Groß-
vader un sin Brauder sünd mit knappe Noth ehr ut de Fingern kämm
(p. 13). — hei let sin Schaülers ok tauwilen up de Vigelin speien un
wat ehr vor Allen Spaß maken ded, ok Pauken slagen (p. 29). — Auk
müglik, dat se nich sau denket; un dann eß't licht, ehr to vorgiewen^
um dat et glieks doch leid ehr dööt (^245, a*, OöTxiv\>TV\^Vi. — \^^\i\v
44 O. BEHAGHEL
gaf ick dann up miner Reesen wual oenen Scbnüofken uat miner Dösen
an wünskede eer daarbi veel Glücke (251, a). — De frttndliken Wich-
terkes nehmet ank geren^ wat ehr bringet de onglükske arigen Heren
(254^ b; Börninghausen und Umgegend). — Wat kiekt us de
Stämkes so fröndlik an; wat möcht ik gäm spielen met är; moder,
könn ik men kuemen to är (289b; Münster und Umgegend). —
Grenen sine Kinder viör Hunger; he gaff er dat letzte^ wat he badde
(292, a). — Du heb wy ör geschlagen de Arms un Beene kort (376, bi
Ding den bei Bocholt). — Sacht bei to öhr, sej sollen all in de Schüer
gobn (389, a; Dinslaken). — Jann Alm koom öhr Ommer derdör,
wenn se öm ook hadden (391, a; Rheinberg). — (Dann) sinn' se an
de Offesiers gegohn; ers nehmen se öhr et Geld on de Kleer (393, b;
Orsoy).
Ganz vereinzelt dringt dieses er auch noch in den Accusativ
ein: so fürchterlich heel ehr de mordgeist besehtn (53, b). — Na,
Mäkens schmuck in öähren Stoat sind wie de Pupppen up'n Droaht
bi uns, un weähÜg ook mankhear (141, b; Gegend zwischen Bran-
denburg, Nauen und Rathenow). — Wy ftlrt er all in Stricken,
wann se uns kommt te Last (376, b; Dingden bei Bocholt). —
Fruch^s märgens trauden öör de pastoor (378, b; Kleve).
Suchen wir nunmehr nach einer Erklärung fdr alle die bespro-
chenen Erscheinungen, so werden wir von vornherein darauf bedacht
sein müssen, daß dieselbe so allgemein als möglich sei, so viel als mög-
lich die Gesammtheit der Thatsachen verständlich mache. Zunächst
muß eine Art der Erklärung abgewiesen werden. Es handelt sich
nicht um den Zusammenfall von Dativ und Accusativ überhaupt. Man
darf nicht darauf hinweisen, daß die Sprache inmier mehr nach Ver-
einfachung der grammatischen Formen strebe^ daß sie von zwei in der
Function sich nahestehenden Gebilden die eine gern entfernt ; man darf
auch nicht davon ausgehen, daß es eine Reihe von Constructionen gibt,
in denen Dativ imd Accusativ indifferent gebraucht werden. Denn
beim Nomen tritt im Germanischen nirgends völliger Zusammenfall
der beiden Casus ein. Es fUUt damit aucb die Nöthigung hinweg, durch
die für das Deutsche zu gebende Erklärung auch das Neugriechische
zu umfassen: hier erscheint überhaupt fUr Dativ und Accusativ nur eine
Form. An sich wäre es auch möglich anzunehmen, daß bloß beim
Pronomen ein solcher Zusamraenfall von Dativ und Accusativ, eine
Indifferenzierung der beiden Casus stattgefunden hätte. Allein auch
dagegen sprechen die Thatsachen, denn es finden sich ja Gebiete, wo
zwar beim-Pronomen der dritten Person, aber nicht bei dem der ersten
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. 45
und zweiten und umgekehrt, wo bei der ersten und zweiten, aber nicht
bei der dritten Person der Zusammenfall stattfindet. Trotzdem scheint
ja doch ein Zusammenhang zwischen den Thatsachen bei der ersten
und zweiten Person einerseits und der dritten anderseits zu bestehen,
da räumlich ganz getrennte Gebiete, die nordischen Sprachen und ein
erheblicher Theil des Deutschen im engem Sinn, im Zusammengehen
der beiden Pronominalreihen übereinstimmen. Man ist daher berech-
tigt eine besondere Erklärung zu suchen ftlr das eine größere Ge-
bietf wo dieses Zusammengehen nicht stattfindet, wo beim Pronomen
der dritten Person Dativ und Accusativ durch die Form des Accusativs
bezeichnet werden, während bei der ersten und zweiten Person beide
Formen getrennt sind. Die Sache hat hier offenbar folgenden Verlauf
genommen. Auf dem ganzen Gebiet herrscht im Dativ Singular des
Masculins und des Neutrums die schwache Flexion beim Adjectiv min-
destens äusserlich betrachtet. Ob diese Erscheinung das Product eines
rein syntactischen Vorgangs oder ob ein lautlicher Zusammenfall der
starken und schwachen Flexion mit hereinspielt, kann hier unerörtert
bleiben. Diese schwache Form des Adjectivs hat nun, wie im Nieder-
ländischen, auf den Artikel eingewirkt, so daß dieser flir Dativ wie
Accusativ den lautet. Und von hier aus, denke ich mir, ist die Gleich-
machuDg von em und en ausgegangen.
Etwas anders war die Entwickelung auf den andern Gebieten,
wo die Pronomina aller drei Personen zusammengehen. Eine gemein-
same Ursache fdr alle drei Personen kann nicht angenommen werden,
denn die Entwickelung ist nicht bei allen gleichzeitig Vielmehr geht
entschieden die erste und zweite Person voran: Beweis das Altsäch-
sische und Angelsächsische. Wenn also doch ein Zusammenhang be-
stehen soll, so muß der Zusammenfall bei den einen Formen die
Ursache für den Zusammenfall bei den andern sein. Durch diese
Betrachtung werden wir auf den richtigen Ausgangspunkt fUr die ganze
Entwickelung geführt.
Im Germanischen fallen Dativ und Accusativ Plural beim Pro-
nomen der ersten und zweiten Person zusammen. Wie dieser Zusam-
menfall zu erklären, ob er ein lautlicher oder ein syntaktischer ist, ob
er etwa gar aus einer Zeit stammt, wo Dativ und Accusativ nicht ge-
schieden waren, das weiß ich nicht. Auf dem Gebiet des niederfrän-
kischen „Mich-Kwattier^ war es sogar nur ein Ausgangspunkt, nur der
Plural des Pronomens der ersten Person bei dem Dativ und Accusativ
übereinstimmte, denn iu und iuch waren ursprünglich geschieden. Frei-
lich ftHh genug fielen sie durch den Einfluß der et^V^xi ^^t^qti üm-
46 A. EDZARDI
sammen; wir kennen kein niederfränkisches Denkmal^ das noch die beiden
Casus hier unterschiede.
Der Zusammenfall des Pronomens erster und zweiter Person im
Plural nun bewirkte den gleichen Vorgang im Singular, und Singular
und Plural vereint wirkten dann weiter auf das Pronomen der dritten
Person.
Dadurch wird freilich nicJit erklärt, warum der ahd. Accusativ
unsih im mhd. zu uns wird. Aber auch hier läßt sich doch nicht die
p. 44 zurückgewiesene Erklärung anwenden, ein syntactischer Zusam*
menfall mit dem Dativ uns annehmen. Denn es wäre sonst zu merk-
würdig, weshalb nicht auch iu und iuch in einer Person zusammen
getroffen. Man wird also wohl vermuthen mtlssen, daß tms lautlich
aus unsih hervorgegangen unter dem Einfluß der Tonlosigkeit
Dagegen läßt sich sehr gut mit unserer Erklärung vereinigen,
weshalb Dativ und Accusativ Plural der höfischen Anrede (= Sie bezw.
Ihnen) zusammenfallen: einfach weil euch Dativ und Accusativ ist.
Eine Frage indes bleibt mir ungelöst — und mit diesem Bekennt-
niss schliesse ich : weshalb ist in dem einen Fall die Form des Dativs,
in einem andern die des Accusativs die maßgebende gewesen?
HEIDELBERG» Angnst 1878. O. BRHAGHEL.
KLEINE BEITRAGE ZUR GESCHICHTE UND
ERKLÄRUNG DER EDDALIEDER
IV.
12. Zar Voluspä und Vegfamskvidii.
Es lag in meiner Absicht eine längere Abhandlung über die
VoIuspa zu veröffentlichen; über Entstehung und Alter, Anordnung
und Verhältniss dieses Liedes zur Gylfaginning. Da aber von ver-
schiedenen Seiten Abhandlungen zu erwarten sind, die sich gegen
Bugges Auffassung wenden werden, und auch über das Verb^tniss
zur Gylf. von noch anderer Seite eine Untersuchung vorbereitet wird,
so beschränke ich mich für jetzt auf die Besprechung einzelner Stellen
und auf einige kurze allgemeinere Bemerkungen.
Unter allen bisher aufgestellten Erklärungen halte ich die Bugges
immer noch im wesentlichen ftlr die beste, wenn ich auch manches
BETTRiOE ZUR GESCHICHTE UND ERKLÄRUNG DER EDDALIEDER. 47
Bedenken*) dagegen nicht unterdrücken kann. Über einzelne Punkte
bin ich indessen anderer Ansicht; namentlich halte ich die Umstellung
von Str. 23 R = Hild. 1 an den Anfang des Liedes nicht für gerecht-
fertigt. Mir scheint diese Schilderung flir die Volva, die dem höchsten
der Götter das Schicksal aller Zeiten in feierlichem Liede verkündigen
soll, wenig zu passen, und ich meine daher, daß wir nicht berechtigt
sind, die Strophe aus ihrem überlieferten Zusammenhange herauszu-
reissen gegen das Zeugniss beider Hss. R und II. Daß die Strophe
dort schwer verständlich ist, berechtigt uns nicht dazu, denn die ganze
Stelle y in deren Zusammenhange sie steht, ist noch immer ziemlich
dunkel und vielleicht unvollständig überliefert.
Wenn ich mich hier auf die Übereinstimmung von R und H be-
rufe, so will ich damit nicht sagen, daß ich — wie Möbius Z. Z. I,
408 f. will — diese .Übereinstimmung ftlr ein sicheres Zeichen rich-
tiger Ajiordnung halte. Vielmehr glaube ich mit Bugge, daß auch
R = H mehrfach in ihrer Anordnung nicht das ursprüngliche bieten.
Das Verhältniss beider Überlieferungen zu einander und
zu dem an Buggcs sich anschliessenden Texte Hildebrands wird sich
am besten veranschaulichen lassen, wenn ich, von Hildebrands Strophen-
Zählung ausgehend > die Reihenfolge in R und H nebeneinanderstelle.
In [ ] setze ich Strophen da, wo sie nach meiner Ansicht nicht an
richtiger Stelle stehen.
R = H
4—23
— (nach 28)
- ( n 40)
29. 30. 25]
41. 42]?**)
26. 1. 27. 28
29. 30. 25
2 4- 24, 3—8. 31—34
36, 1—4
— (nach 23)
fehlen (durch Abirren?)***)
35, 1—4 (Varianten?)
36, 5—8
[37. 38
39. 40]
fehlt
41. 42
43-44
— (nach 38) | [39 - 40]
fehlt (8. u. p. 53)
— (nach 44)
40' (fehlt Hild.) = 31 H, Refrainstr.
— (nach 25)
♦) 8. u. p. 65 ff.
**) Str. 42 schließt vü, 4r erm e. kc. Derselbe Refrain geht in R nnd in H
der Str. 41 vorher.
***) Str. 25 nnd 34 schließen mit dem gleichen Verse: «ieud 6* «na eda Vsooll
48 A. EDZARDI
45-48
— (nach 52) 49
50—52
49 i — (nach 48)
53—54
fehlt?*) 55 (Befrainstr.)
56 57 (Varianten?)
58—66
fehlt I 67, 1—4
68
Wenn wir hier von dem leicbtbegreiflichen Ausfall von Strophen*^
in H und R abaehen und von Str. 37 — 40, die nach meiner unten zu
begründenden Anaicht weder in R nocb in H an ricbtiger Stelle stehen
und in einer gemeinsamen Vorlage flberhaupt gefehlt haben können,
so sind in gleicher Reibenfolge überliefert: Str. 4 — 23; — 36. 1. 27.
28; — 2. 24, 3—8. 3. 31—36; — 43-48; — 50-52; — 53—68. Za
erkl&ren blieben dann nur die Umstellungen von 29— 30-|~2Ö9 von
41—42 und von 49.
Dabei verdient die auffallende Erscheinung Beachtung, daß in
den ersten 20 Strophen gar keine und in den letzten 16 oder — wenn
wir von der Umstellung von Str. 49 absehen — sogar den letaten
26 Strophen nur wenige, nicht schwer wiegende Bedenken gegen eine
gemeinsame schriftliche Quelle sprechen; und man darf andererseits wohl
sagen, daß die nahe Verwandtschaft '^*) der Texte in R und II gegen-
über Sn. £. (vgl. Bugge p. XXUI f., Möbius Z. Z. I, 408) geradezu
für eine solche spricht Diese Erwägung dtlrfte die Vermuthung
nahe legen, daß den Uss. R und H eine und dieselbe in der Mitte
zufällig lückenhafte Niederschrift zu Grunde gelegen haben könnte, so
daß in der Mitte beide Schreiber aus dem Gedächtnisse ergänzt hätten.
So könnten sich die Abweichungen der Strophen folge gerade
in der Mitte erklären. Aber selbst wenn man diese Möglichkeit fbr
zu unwahrscheinlich halten sollte, braucht man eine gemeinsame schrift-
liche Vorlage doch noch nicht fQr unmöglicli zu erklären. Die Ab-
*) Vgl. HUdebrand za Str. 55.
**) Der Ausfall von 2. 24, 3-8. 3. 31—34 in II läßt sich darch Abirren er-
klären (s. ob. 47***); 2 mal (40' nnd 55) fehlt in R die Befrainstrophe ; die in R
fehlende Str. 67, 1—4 ist nicht zweifellos echt (ich meinerseits halte sie allerdings fSr
echt). Wenn wir in 35, 1—4 11 neben 36, 1—4 R nnd in 56 R neben 57 11 nicht
Varianten der Oberlieferang zu sehen haben, wQrden auch diese Fälle hinzokommen.
***) Besonders beachtenswcrth sind die gemeinsamen Fehler, die Bagge p. XXIV
zusammenstellt.
BETTBlGE ZUB GESCHICHTE UND ERKLABUNQ DER EDDALIEDEB. 49
weichoDgen werden z. Th. mit dem Refrain zasammenhängen, z. B.
kehrt in den Strophen 26 — 30 zweimal die Refrainstrophe pd gengu
regin oU etc. wieder^ sie könnte auch vor 26 in der gemeinsamen Vor-
lage gestanden haben; daraus würden sich die Abweichungen in H's
Anordnung dieser Strophen erklären *). Übrigens aber muß man be-
denken, daß bei der bekannten Selbständigkeit der isländischen Ab-
schreiber**) der Umstand von Einfluß sein konnte, daß ihnen die
Strophen der Vsp. z. Th. in anderer Anordnung oder mit abweichendem
Texte noch in der Erinnerung sein mochten, so daß solche ihnen in Ge-
danken vorschwebenden Varianten der Überlieferung absichtlich oder
unabsichtlich bei der Abschrift sich eindrängen konnten. Unter Berück-
sichtigung dieser Umstände läßt sich bei der leichten Möglichkeit des
Abirrens wegen der oft wiederkehrenden Refrains eine weniger sorg-
fidtige und genaue Abschrift gerade bei einem Liede wie die Vsp. leicht
erklären. Und daß dergl. in der That vorkam ^ beweist z. B. für die
Prosa die verschiedene Anordnung der Hss. rW und U der Sn. E.,
während doch beide auf ^inen Archetypus zurückgehen müssen; für
die Dichtung darf ich auf die ganz ähnlichen Abweichungen in An-
ordnung und Vollständigkeit der Fafhismäl hinweisen, die nach meinen
Ausführungen***) 23, 315—18 zwischen R und der in VS. benutzten
Hb. der Liedersammlung bestanden f).
Selbst wenn man eine gemeinsame schriftliche Quelle trotz dieser
meiner Ausführungen für unmöglich halten sollte, ist nach Bugges Be-
merkungen in Aarb. 1869, p. 245 f. die Unursprünglichkeit mancher
in R und H übereinstimmenden Strophenfolge nicht unmöglich.
Von diesem Gesichtspunkte aus kann ich nicht umhin, in den
Strophen 7— 9ff) und 11 — 21 trotz der Übereinstimmung von R und
H Störungen der ursprünglichen Anordnung zu vermuthen.
*) Über die Stellung von 41-42 vgl. ob. p. 39, Anm. * und 61, Anm.**«.
**) Diese erklärt sich wohl dadurch, daß die alten isländischen Schreiber mit
vollem Yerständniss und lebhaftem Interesse abschrieben, und — soweit es sich um
auf Island gelbst gefertigte Abschriften handelt — meist nicht, um für andere eine
möglichst getreue Copie eines Literaturwerkes zu liefern, sondern sich selbst zu
Nuts und Freude — weshalb sie vor Änderungen verschiedener Art sich nicht scheuten.
'***) Wenigstens in einigen Punkten dürften dieselben der Zustimmung der
Faehgenossen sicher sein.
f ) K und A, die sicher auf die gleiche Vorlage zurückgehen, zeigen doch in
der Beihenfolge und Zahl der Lieder bekanntlich bedeutende Abweichungen (vgL be-
aondera Bngge p. XXI, Z. 7 ff. v. u.).
ff) Ich eitlere nunmehr wieder nur nach Hildebfand.
GBBMAHU, Vne Smhe. HL (1117, Jahrg.) 4
50 A. EDZARDI
Str. 7—9: 'Ehe Bors Söhne, die Schöpfer Midgards, die Erd-
flächen*) erhoben (jfpduy doch wohl aas dem Meere),
861 skein snonan ))& var gruDd gr6ion
k aalar steina, groennm lanki.
Das sollte man nicht vor dem, sondern nach dem erwarten:
Tmis Blat, das Meer, hatte alles Land überschwemmt, so daß alle
Riesen — ausser Bergelmi, der sich auf seinem lüdr rettete — ertranken.
Aus dieser Flut erhoben Burs Söhne die Erde; da erst, aber nicht
vorher, konnte die Sonne auf flutumspülte (vgl. 17, 6) oder der Flut
entstiegene Steine **) scheinen und diese — in Folge der Sonnenwärme
— sich mit Grün bekleiden. Diese Einwirkung der Sonne sollten wir
aber wiederum nicht erwarten, während die Sonne noclT unstäten Ganges
von Süden her zur rechten Seite an der Hiromelskante dahin wandelte ***),
sondern erst, nachdem die Sonne wie die übrigen Gestirne feste Bahnen
erhalten hatten. Ich vermuthe also, daß schon früher in der — münd-
lichen oder schriftlichen — Überlieferung ein Abirren stattfand von
Söl varp [hvarffj gunnan 8, 1 zu Söl skein sunnan 7, 5, mit andern
Worten, daß 8, 1—4 die zweite Halbstrophe zu 7, 1 — 4 bildete, ehe
die Halbstrophe 7, 5—8, die ursprünglich nach der Ordnung der
Bahnen der Gestirne stand, aus Veranlassung des gleichklingenden
Anfangsverses dazwischen gerieth. 8, 5—10 ist eine am (Anfang oder^
Ende unvollständige Strophe. Nach 9, 1 — 4 fehlt der sonst überall
(12, 5. 27, 5. 29, 5) nach dieser Refrainstrophe wiederkehrende Frage-
satz mit hverr hvdrt etc., y,wie man den Gestirnen feste Bahnen schaffen
soUe^. Die Ausführung des Götterbeschlusses wird in einer Strophe
geschildert gewesen sein, deren zweite Hälfte uns in 7, 5 — 8 erhalten
*) Fr. Hammerich, Nordens sldste digt (1876), p. 49 f., der bjodttm Uest,
fibeneUt noch Werdens-klodeme', d. L 'die Weltkugeln, Sonne, Mond u. s. w. Mag
man non biodum oder biodum, lesen, so kann man doch nicht anders als *£rdflScben',
die Fl&chen der Erde, übersetsen, wie C-V., Gödecke n. A. (vgl. Eg. Hofndl. 2, 4
d Smgla bjod),
**) VgL OnmdtYig, Stern. Edda ^ 186 f., der ancb auf Sn. E. p. 17. 9 {hHm-
tieina, er taUir väru) hinweist.
^^*) Die seltsam gezwungene Erklämng des überlieferten Textes kann nicht
befriedigen. Ich denke, man maß hvarf sititt varp lesen (vgl. Vaf}>r. 23, 4 f.: Am<fi
hverfa pau [Sonne und Mond] »kulu hverjan dag) und vor hendi ein d ergänzen, wel-
ches nach mdna (marma a) leicht ausfallen konnte (über h<md = *Seite' Tgl. C.-V.
310* unter II). — «imtum, nämlich aus Muspellshelm (vgl. Gylf. 18, 12) tiur ok gneitta
pd 6r lauair fdru ok hattad hafdi er Muspells ?ieimi, finni mana fasse ich *al8 Ge-
fährtin des Mondes*, d. h. beide, die in der geordneten Welt getrennt wandeln, wan-
delten noch zusammen (vgl. 8, 6-8), rechts herum — später links herum.
BETRAGE ZUB GESCHICHTE UND ERKLÄRUNG DER EDDALIEDER. 51
sein mag. Vor 9, 5 — 10 fehlen sichtlich 2 Verse. Ich vermuthe also,
daß die ursprüngliche Anordnung der Strophen 7 — 9 etwa folgende
war: 7, 1—4 + 8, 1—4; — 8, 5—10 + 2 fehl. Verse; — 9, 1—4 +
4 fehl. Verse {hverr, hvdrt skyldi . . . etc.); — 4 fehl. Verse + 7, 5 — 8;
— 2 fehlende Verse -f* 9» 5 — 10. Wenn also in einer großen Lücke
von 14 Versen nur die vier Verse 7, 5 — 8 zwischen 9, 4 und 5 er-
halten waren, so begreift man, wie sie zu den ebenfalls mit Söl anlau-
tenden Halbstrophen 8, 1 ff. und 8^ 5 ff. gezogen werden konnten.
Str. 13 — 19: Daß dies im Geschmack der nafna})ulur des Biarne
Kolbeinsson*) gehaltene sogen. Mvergatal' nicht ursprünglich der Vsp.
angehört haben kann — obwohl Gylf. p. 22, 30—24, 15, besonders 22,
34 und 23, 13 es schon als Theil der Vsp. kannte — das wird wohl
niemand mehr läugnen wollen. Die Frage ist nur, ob Str. 13 dazu zu
rechnen ist oder nicht. Dagegen spricht, daß sonst die Ausführung
des nach Str. 12 gefaßten Götterbeschlusses fehlen würde ; dafür
aber könnte die künstliche Anlage des dvergatal sprechen: es sind
nämlich mit Str. 13 zwei sich genau entsprechende Reihen von je
3 Strophen, 13 — 15 und 17—19, in denen je die erste durchweg Worte
des Dichters (Sammlers) enthält, je die zweite (14. 18) durchweg
Zwergnamen, je die dritte (15. 19) von der ersten Hälfte Zwergnamen,
in der zweiten Worte des Sammlers. Zwischen beiden Reihen steht
eine Str. (16), die durchweg Zwergnamen enthält.
Str. 11 f. and 20 f.: 11, 1—4 wird die Fröhlichkeit der Götter
geschildert,
11, 5 — 8 nnz ])ri4r kv&mn 4m4tkar miok
}>or8a me3rjar 6r iotunheimom.
In diesen Riesenmädchen sieht man mit Recht die Nomen. Wes-
halb aber die Fröhlichkeit der Götter mit deren Ankunft aufhören muß,
dafär hat man nur ziemlich gezwungene Erklärungen**) finden können.
Vielleicht bietet sich auch hier die richtige Erklärung, wenn man ein
Abirren der Überlieferung von der gleich anlautenden Halbstrophe
20^ 1 — 4 nnz prir ky4mn oflgir ok ^stkir
6r ])W lidi sesir at hdsi (6si?)
*) Daß Bjarne der Verf. derselben ist, hat Bngge is Aarb. 1876, 219-244
sehr wahrscheinlich gemacht.
**) S. darüber jetzt auch Fr. Hammerich a. a. O. p. b*^ i.
52 A. EDZARDI
ZU den jetzt auf 11, 4 folgenden Versen 11, 5 — 8 annimmt, die ur-
sprünglich anderswohin gehörten*). Das wird auch dadurch wahr-
scheinlich, daß die Strophe 20, wo sie jetzt steht, nach dem dvergatal,
ausser allem Zusammenhange mit dem Vorhergehenden steht und pvi
lidi im Vorhergehenden durchaus keine Beziehung findet**) — man
müßte denn annehmen, daß vor Einschub des dvergatal die in
Str. 12 erwähnte Götterversanmilung gemeint gewesen sei. Hinter 11^ 4
würde er sich auf die in IdavoUr versanmielten Götter (10, 1 — 11, 4)
beziehen. Die ursprtlnglich auf 11, 4 folgenden Strophen 20 — 21 wären
dann übersprungen***), und als man sich derselben später doch noch
erinnerte, hinter Str. 19 (bezw. 12 und 13) eingeschoben worden f).
Man könnte sich also hier die ursprüngliche Reihenfolge so denken :
11, 1-4 + 20, 1—4; — 20, 5-8 + 21, 1—4; - 21, 5-8 + 11, 5—8;
— 12 (—13?) [14—19]; — 22; - 23. Dabei blieben aber noch zwei
Schwierigkeiten: 1. das Auftreten der Nomen sollte man nach 26, 8
erwarten ff) ; 2. sollte man vor der Menschenschöpfung den Refrain pd
gengu regin oll etc. erwarten (vgl. über Hammerich oben Anm. **).
Auch diese Schwierigkeiten Hessen sich beseitigen, wenn wir
zwischen 20, 8 und 21, 1 die Verse 11, 5-8 und dann eine Refrain-
strophe ausgefallen denken und ein zweimaliges Abirren der Überlie-
ferung (gleichzeitig oder nacheinander) annehmen, das erste Mal ver-
anlaßt durch Abirren von 20, 1 f. zu 11, 5 f. — eine Umstellung, welche
*) Derselbe Gedanke liegt auch Bergmanns Anordnung (Pommes isl. 188) za
Grande. Wie leicht übrigens solches Abirren möglich war, zeigt die Thatsache. daß II
in Str. 20, 1 f. irrthflmlich die Verse 11, 5 f. fast wörtlich wiederholt: um pri&r IcAmu
pui9a hrüdir (st meyjar), [prjdr hat anch R statt JMr. Weist dieser gemeinsame
Fehler nicht auf ^ine und dieselbe schriftliche Quelle hin?]
**) Hammerich a. a. O. p. 53 vermathet daher, daß vor Str. 20 die Refrain-
strophe pd gengu r. o. verloren sei.
***) Gylf. £uid vielleicht in ihrer Niederschrift der Vsp. die Strophen 20 and
21 gar nicht, da sie die Menschenschöpfung an anderer Stelle und abweichend be-
richtet, also wohl nach anderer Quelle. [Lagen vielleicht zwei verlorene Strophen der
Vaf})r. zu Grunde, die auf — die vorher benutzte — Str. 21 der VafJ)r. folgten; 22, 4
Abirren von hvadan menn um komu (Sn. E. 19, 15) zu hwiäan mdni um komf — Die
Quelle von Gylf. 19, 20 f. könnte gelautet haben: Atk ok Emblu, | ok 6lu»k padan \\ um
Midgard marmkindir.] Vgl. p. 53, Anm. *; 61, Anm. *♦.
t) Vgl. u. p. 61 au VafJ)r. 35, 1—3 (29, 1-3).
ff) Nach örloglausa; die Nornen hatten ihnen das Schicksal zu verleihen, Str.
23, 9'— 12. Da 23, 5 — 8 sehr wohl echt sein können , so könnte man sich die Verse
9 — 12 dieser Strophe 23 als ursprünglich hinter Str. 11, 5—8 gestanden denken: 11,
1—4 -f 20, 1—4; — 20, 5- 8 + 21, 1—4; - [4 fehl Verse -f-] 21, 6-8; 11, 6-8
1+ 23, 9— 12J.
BETTBiGE ZUR GESCHICHTE UND ERKLÄRUNG DER EDDALIEDER 53
der Gylf. vorgelegen haben müßte; zum zweiten Mal durch Abirren von
einer Refrainstrophe zur andern — was auch in der Quelle der Gylf. sich
schon gefunden haben dürfte, jedoch ohne den später an unrechter Stelle
(hinter 19, bezw. 12/13) erfolgten Einschub der Strophen 20 und 21*).
Man könnte sich also die ursprüngliche Anordnung so denken: 11,
1-4 4- *20, 1—4; — 20, 5—8 -f *11, 5—8; — **pd gengu r. o. etc.
(fehlende Refrainstrophe); — 21, 1 — 8; — ** 12 (J)d gengu r. o.); —
13 ( — 19?). 22 f. Durch Abirren von * zu * und von ** zu ** könnte die
jetzige Strophenfolge 11 — 13 ( — 19?) entstanden sein**) und später die
ausgelassenen Strophen theile ohne die Refrainstrophe als Str. 20 und
21 nachgetragen sein. — Diese Erklärungsversuche, die ich mit allem
Vorbehalt und in aller Bescheidenheit hiermit angedeutet haben möchte,
wollen nicht mehr als die Möglichkeit oder eine gewisse Wahrschein-
lichkeit für sich in Anspruch nehmen.
Str. 31 — 40: Überliefert sind in II Str. 39 und 40, und zwar
nach Str. 44; in Gylf. 39, 1—8; 40, 1—4 . . 40, 7—8, ferner Prosaauf-
lösung von 38 = p. 67, 33—68, 2***), 39—40 = 68, 3—7; die Halb-
strophe 37 ist nur in R und, wie es scheint, an unrichtiger Stelle über-
liefert: sie muß, denke ich, vor 40 stehen:
A fellr austan Sh'dr heitir sü.
um eitrdaia ))ar skuluf) vada
soxum ok sverdum, })UDga strauma etc.
vgl. Gylf. 68, 5 f. ok ormahofud oll vitu inn i hüsit, ok bldsa citri
(= Str. 39, 5 — 8), svd at eptir salnum renna eitrdr, ok vada pcer dr
eidrofar etc. ff). Ich ordne also mit Petersen, Ann. 1840 — 41, p. 84.
89 f. [Bugge, Tillseg p. 389], Maurer (Bekehr. II, 35 f.) u. A. so:
38fff). 39. 37 -j- 40. Diese ganze Gruppe aber kann, wie ebenfalls
*) Weni^tens erzählt Gylf. die Menschenschöpfiing yor der Zwergschöpfang,
aber auch vor der Wiedergabe von Str. 10 ff. (vgl. p. 62, Anm. *♦*) ; andererseits aber
ist p. 22, 14 — 24, 15 eine genaue Wiedergabe von Vsp. 10—19 in gleicher Reihen-
folge; auch unmittelbar darauf wird Yggdrasil (vgl. Str. 22 ff.) besprochen.
**) So z. B. scheint ein Strophencomplex durch Abirren von einer Refrain«
Strophe, die Oylf. 45, 24 vielleicht noch kannte, zu Str. 29 = Gylf. 46, 8 ausgefallen
zo sein.
***) Die Umschreibung von Str. 66 (Giml^) geht unmittelbar vorher,
t) So mit Sn. E. wohl besser als tä {t^r II) hon par RH; vgl. 66, 5.
ff) Vgl. noch Regm. 4: hverr er d amtan lygr muß Vadgelmi vada. Ähnlich
Sigrdr. 23.
fff ) So nach Maurers Auffassung. Gehört aber die Strophe mit 9tSd (nicht
sd hon ttanda) wirklich hierher oder ist sie irrthümlich (übrigens schon in der Quelle
der Gylf.) von anderswoher hierher gerathen? Vgl. Fr. Hammerich p. 84 f. und Aars,
Tidskr. I, 333, Anm. 11.
54 A. EDZARDI
Maurer, Petersen, Mannhardt (Germ. Mythen 321 — 5) angenommen und
begründet haben , nicht dahin gehören, wo R sie hat; ebenso wenig
aber dahin, wo H sie hat, sondern zusammen mit der verwandten
Strophe 66 an den Schluß des Liedes. Gegen diese Annahme hat sieh
Aars (Tidskr. f. Fil. I, 326 ff.) in einem langem Artikel gewandt, ohne
doch meiner Ansicht nach die Gründe der genannten Gelehrten ent-
kräftet zu haben. Neuerdings hat sich femer Fr. Hammerich (Nordens
aeldste digt p. 64 f.) dagegen ausgesprochen, während sein Bruder
Martin Hanmierich (Om Ragnaröksmythen [1836], p. 25, Anm. 94) sich
dafür ausgesprochen hatte.
Die Gründe, welche mir gegen die Stellung in R und fbr die
Verbindung mit Str. 66 am Schlüsse des Gedichtes zu sprechen schei-
nen, sind diese:
1. Str. 38 handelt jedenfalls nicht von Strafen, sondern nach
Maurers Auflassung von den ewigen Freuden der Zwerge und Riesen*).
(Vgl. übrigens p. 53, Anm. fft).
2. Der Anfang von Str. 39 ist ganz analog dem von Str. 66 und
bildet so einen wirksamen Gegensatz (vgl. Fr. Hammerich p. 81), in-
dem hier die Schilderuug der ewigen Strafen^ dort die der ewigen
Freuden beginnt (Mannhardt p. 323).
3. Die Strophengruppe paßt sehr gut an den Schluß des G^
dichtS; nicht aber dahin, wo sie R hat [Fr. Hammerich freilich findet
in Lokes Strafe das Vorbild der Bestrafung menschlicher Verbrecher,
p. 67].
4. Snorre (Crylf.) scheint die Strophen noch an dieser Stelle,
jedenfalls Str. 66 und 38 — 40 zusammen gekannt zu haben.
5. R und H haben die Strophengruppe (H nur 2 Strophen) an
verschiedenen Stellen, und an beiden Stellen läßt es sich erklären, wie
sie dahin gekommen sind. Über R s. ob. unter 3., in H Anlehnung
an at solum Heljarf (so Mannhardt).
6. Strafen nach dem Tode sind sonst in nordisch-mythologischen
Quellen schwerlich nachweisbar^; wohl aber konnten ewige Strafen
in der wahrscheinlich unter indirecten***) christlichen Einflüssen ent-
standenen jtlngeren Anschauung von einer neuen bessern Weltordnung
sich finden. Vgl. Fr. Hammerich p. 66 f.
*) Über eine andere Auffassung s. Fr. Hammerich p. 85.
*^) Eegm. 4 und Sigrdr. 23 können von Vsp. abhängig sein.
***) Einfluß christlichen Glaubens auf die Umbildung des Mjthos in heidnischer
Zeit gibt auch Fr. Hammerich zu, p. 96 f. 10].
BEITRÄGE Z UK GESCHICHTE UND ERKLÄRUNG DER EDDALIEDER. 55
7. Str. 68 scheint nur verständlich zu werden, wenn Str. 40 vor-
hergebt, wie ich gleich zeigen werde.
Ich glaube also mit Maurer Str. 66 und [38?]. 39. 37. 40 in dieser
Reihenfolge verbinden und darin die ewigen Freuden und Qualen der
neuen Weltordnung spät - heidnischer Vorstellung sehen zu müssen,
welche in der unter Einfluß der christlichen Lehre aus den altheid-
nischen Anschauungen herausgewachsenen Weltemeuerungslehre nichts
befremdliches haben. Wenn die Halbstrophe 67, die in R fehlt, echt ist
— was ich fELr wahrscheinlich halte — so wird sie mit diesen Strophen
37—40 -f 66 im Zusammenhang stehen, und zwar wird die Herab-
kunft des mächtigen Allwalters zum Gericht der Schilderung der ewigen
Freuden und Qualen vorangegangen sein. Die Annahme, daß H die
ohnehin unvollständige Strophe an unrichtiger Stelle eingeschoben habe,
hat durchaus nichts bedenkliches. Wenn man nun ordnete 67. 66.
[38?]. 39. 37 +40, so schlösse sich Str. 68 mit der Erwähnung Nid-
hoggs, den die Seherin im Geiste vor Augen sieht, recht gut an Str. 40,
in der von der Qual der Todten durch Nidhogg die Rede ist (par
kvelr (Sn. E., süg R, saug H) Niähoggr ndi framgengna 40, 7 f. ; — berr
9€r i ßoSArum . . . Nißkoggr ndi 68, 5 S.). — Eine andere Ansicht, daß
nämlich Str. 67 und 68 zusammengehören {dreki etc., Gegensatz inn
riki u. s. w.) stellte Petersen p. 90 flF. auf.
Ich komme nun noch kurz auf meine Bedenken gegen Bugges
Auffassung, die ich nicht unterdrflcken kann. Es muß denke ich
jedem unwillkürlich sich die Frage aufdrängen, wie es denn kommt,
daß Odin sich — nach Bugges Auffassung — nicht nur verkünden
läßt, was kommen wird, sondern auch die Vergangenheit und Gegen-
wart, Dinge, die er sicher wissen mußte (z. B. Str. 22 f.) und wobei
er selbst betheiligt war (z. B. Str. 7; 10 f; 20 f.; 24; 28). Das kann
aber nicht ursprünglich die Meinung gewesen sein. Denn es handelt
sich hier nicht um einen Wettkampf im Wissen*): der höchste Gott
kommt rathbedttrftig zur Volva. Auch kann man nicht sagen, die
Volva erkenne Odin nicht und berichte ihm daher auch was er selbst
gethan: denn nach Bugges Auffassung erkennt sie ihn und spricht das
in Str. 2, 7 f. aus.
Nun ist es aber unverkennbar, daß der zweite Haupttheil von 41
(bezw. 43) ab in Ton und Stil**) wesentlich so wie auch sonst in
♦) Wie in Vaf^r., Vegtkv.
**) Vgl. u. p. 56, Anm. *** das über die Zahl and den Grand der kenningar in
den einzelnen Tb eilen des Liedes Gesagte.
56 A. EDZARDI
mancher Hinsicht vom ersten Haupttheil abweicht. Sollte nicht dieser
zweite Theil einmal ein Lied fUr sich gewesen sein, ein erzählendes*)
Lied von ragnarok? Und könnte nicht dieses Lied durch die Strophen
von der Weltemeuerung (und von Baldrs Tode) erweitert und in dieser
Gestalt als Prophezeiimg an Odin gerichtet gewesen sein? Hier könnte
Odin in ähnlicher Weise wie in Vcgtamskvida eine todte Volva ans
feuchter Grabestiefe durch seinen allmächtigen Runenzauber heraufbe-
schworen haben; daher am Schlüsse: nii man hon sokkvask. Bei Bagges
Auffassung stehen diese Schlußworte in kaum lösbarem Widerspruche
mit 2, 1 ff. ein saJt hön tUi, pd er inn aldni kam Yggjungr dsa and
namentlich mit der Schilderung in Str. 1. Bugge nimmt p. 392 an,
daß die Strophen, welche die epische Einkleidung bilden, spftterer
Entstehung sind als viele von denen, die der Welt Schicksal schildem
— aber auch als der Abschnitt von der Welterneuerung?**) Zu diesem
aber gehört nach meiner Auffassung (s. ob. p. 55) die letzte Strophe.
Ich meinerseits vermuthe, daß unsere jetzige Gestalt der Vsp«,
wie sie im wesentlichen schon Snorre kannte, durch die Einfilgnng
jenes jüngeren***) Ragnarok-Liedes und der Fragmente eines viel
älteren f) kosmogonischen Liedes (6 — 12. 20 — 21), welches rein er-
*) In dcD Stroplien 43 — 48 und 50—60 findet sich, ausser in den Refrain-
Strophen, nichts, was darauf hindeutet, daß die Strophen ursprünglich von der Volra
gesprochen gedacht werden. Die Strophen 4*2 und 49 schließen mit vitud 4r eiim edok
hvatf Aber gerade diese Strophen 41—42 und 49 stehen in R und U an ▼erschiedemr
Stelle. Es herrscht in diesem Abschnitte, ausser in 43 — 44 durchaus das Priaens mit
Futorbedeutung [dagegen in Str. 6—21; 23, 9—12; 2ö~30; 31-34 herrscht das
Perfeet].
**) In diesen Strophen tritt durchaus die prophezeiende Volya herror: «^ kirn.
61, 1; 66, 1. vUud 4r t, e. hv. 64, 8; 65, 8. Nu man hon tökkvatk 68, 8 [mt (ad R)
A<fn 39, \\ wt ir e. e. hv. 40, 10]. Daneben Präsens: 61, 4. 6; 62; 65; »7 [37; 39
4. 6 ifaüa U Sn. E.); 40, 7 ff. (Sn. £.)]; Futurum: 63; 64; 66, 5 [40, 1 (Sn. £.)].
***) FOr jüngeres Alter - ich denke an den Anfang des 10. Jhs. — sprechen
ausser manchen anderen Gründen die häufigen und argen (mit ** und * bexeichneten)
kenningar: es sind in Str. 43—60 ungefähr 19- 22 (nämlich **6 : *7 : 6—9); während
sich iii Str. 1—13 + 20—30 etwa 7—9 «♦»— : »2 -3:5 6) und in Str. 31—42 + 61
bis 68 etwa 9 — 12 (**3 : *ö— 7 : 1—2) finden, in allen übrigen 44 Strophen also ca.
16 — 21 (**3 : *7 — 10 : 6 — 8). Auch scheinen ^ich Beziehungen auf den vulkanischen
Loke-Mjthos (der in Str. 36 deutlich vorliegt) in Str. 48 und 52 zu finden. Das
vnlkaniifche dieses Mythos aber bin ich geneigt mit Jessen p. 37 für speciell isländisch
SU halten.
t) In den Strophen 6 — 12 und 20—21 findet sich ausser Bur9 tynir keine
kenning. — über die Übereinstimmungen mit dem Wessobrunner Gebet vgL jetzt auch
Fr. Hammerich p. 4 f.
BETTRiGE ZUB GESCHICHTE UND ERKLÄRUNG DER EDDALTODER. 57
zählend*) gehalten war, in ein längeres, einer Yolva in den Mund
gelegtes mythologisches Lehrgedicht (im besseren Sinne des Wortes)
— eben unsere Voluspa oder eine ältere Gestalt derselben ohne manche
Zusätze und Interpolationen — entstanden ist '*'''').
Der alte epische Eingang des zweiten Haupttheils, des meiner
VermuthuDg nach einmal selbständigen Ragnarok- Liedes, könnte bei
dieser Gelegenheit ausgefallen sein. Wenn man nun bedenkt, wie sehr
die Einleitungsstrophen der Vegtamskvida in ihrem alterthümlichen,
kräftigen Ton abstechen von dem eigentlichen, recht dürftigen Inhalt
dieses Liedes***), einem mythologischen Gespräch, ähnlich wie Vaf-
thrudnismal ; — wenn man femer bedenkt, wie zu den 9 Strophen des
Gespräches die fünf Strophen lange epische Einleitung in gar keinem
Verhältniss steht, d. h. viel zu lang und feierlich ist — so wird man
die Vermuthung nicht allzukühn finden, daß die bei Auinahme des
Bagnarok-Liedes ausgeschiedene epische Einleitung in unserer Vegtkv.
[1 oder richtiger wohl] 2 — 5 benutzt, vielleicht sogar größtentheils er-
halten sein und so der Grundstock der Vegtkv. geworden sein könnte,
indem ein späterer Skald das Gespräch im Tone der Vaf})r. hinzu-
dichtete oder die alten Strophen wenigstens benutzte«
In dieser Hinsicht ist es auch nicht gleichgültig, daß das ganze
Gespräch nur eine, späterem Geschmacke entsprechende Umschreibung
von Vsp. 32 — 34 istf ), also gerade von dem Stück der Vsp., dem die
Einleitung, wenn meine Vermuthung das rechte treffen sollte, in dem
Ragnarok - Liede vorangegangen sein würde. Es ist nämlich Vgt
Str. 6—7 = Vsp. 32, 1—4; Str. 8—9 = Vsp. 32, 5—33, 4; Str. 10 bis
11 = 33, 5—34, 4; Str. 12 =34, 5— 7 ff); dann folgt die Erkennung
(Str. 13) und die Schlußstrophe mit der höhnischen Hinweisung der
Volva auf den Untergang der Götter.
Daß die Verse 11, 3-8, die wörtlich gleich Vsp. 33, 7—34, 4 sind,
aus Vsp. entlehnt sind, daran kann im Ernst wohl kein Zweifel bestehen.
*) In Str. 6—12. 20-21 (übrigens auch in 22—23. 26—30) findet sich keine
Andeutung, daß sie ursprünglich von der Volva gesprochen wurden.
**) Ich stelle diese Ansicht (welche der von Weinhold vertretenen am näch-
sten steht) hier zunächst ohne weitere Begründung auf. Sollte die Frage durch die
SU erwartenden Abhandlungen nicht erledigt werden — in demselben Sinne oder in
entgegengesetztem, so doch, daß ich von der Unhaltbarkeit meiner Ansicht überzeugt
würde — so werde ich später darauf eingehender zurückkommen.
**•) Vgl. auch Jessen p. 76 f.
t) Das hat Jessen a. a. O. p. 76 gezeigt
ff) Ich halte an dieser schwierigen Stelle die von Jessen gegebene Deutung
für die am ehesten wahrscheinliche.
58 A. EDZARDI
Doch darf man die zehn zeilige Strophe 11 dafür nicht (wie Jessen
p. 76) geltend machen. Der Schlußrefrain der Volva luivdug sagdak,
nü mun ek pegja steht nämlich ausserhalb der Strophe, wie schon
Grundtvig^ mit Recht angenommen hat Es folgt das nämlich aus
der Beobachtung, daß die kviduhdttr Strophen durchweg, soweit die
Überlieferung nicht gestört ist, in zwei durch die stärkste Interpunction
innerhalb der Strophe zu trennende Halbstrophen zerfällt **) — ein Ge-
setz, welches bekanntlich in den aus dem kviduhdttr entwickelten Vers-
massen, lj6dah^ttr einerseits und dröttkvsett so wie runhenda anderer-
seits , in einer scharf durchgeführten Theilung in zwei , oft ganz
selbständige Halbstrophen sich erhalten (bezw. weitergebildet) hat
Demnach können wir in Str. 11 nicht nach Vers 6, sondern nur nach
Vers 4 theilen. Ebenso aber steht in Str. 9 die stärkste Interpunction
nach Vers 2, nach Vers 4 aber kann man nicht theilen. Es fehlen
also 2 Verse der ersten Halbstrophe, wahrscheinlich zwischen Vers 2
und 3. Auch in Str. 7 zeigt schon die Schwierigkeit mit dem erhal-
tenen Text einen genügenden Sinn zu verbinden, daß der Zusammen-
hang durch Ausfall eines Verspaares vor Vers 5 gestört ist.
Str. 1 der Vegtkv., Vers 1 — 6 ist =: trymskv. 13, 1—6. Die an
den bekannten Refrain der Vsp. sich anschließende Strophe scheint
aus I^rkv. entlehnt zu sein, denn es kommt der gleiche Anfang dort
noch in Str. 21 {Senn vdru hafrar) bei gleichem Rhythmus, nicht aber
in Vegtkv., und ok an Stelle der ersten Hebung {ok dsynjur) in trkv.
noch 9, 7; 10, 2; 12, 2; 15, 7; 19, 7; 24, 3, also 6 Mal, in Vegtkv.
aber sonst nicht vor. Ausserdem aber zeigt die Prkv. auch sonst
(ebensowohl wie Vegtkv.) Kenntniss der Vsp.: trkv. 6, 1 f. ist aus Vsp.
49, 1 f entlehnt — Daß Sn. E. 58, 17 die Erzählung von Baldrs Tode
einleitet mit den Worten: pat er upphaf Pessar sogu, at Baldr hinn
göda ireymdi drauma störa ok hcettiliga um lif süt. En er hann sagdi
Äsunum draumana, pd hdru peir saman rddein etc. beweist zwar
nicht; könnte aber dafür geltend gemacht werden, daßSnorre unser Lied,
und zwar schon mit Str. 1 am Anfange kannte. In der Erzählung
selbst folgt er freilich einer anderen Quelle; daß der Inhalt unseres
Liedes von Snorre nicht benutzt ist^ auch wenn er es kannte, ist leicht
erklärlich; vgl. auch Jessen p. 75 f.
*) Siem. Edda ' 191 f. Diese Ansicht scheint bisher nicht die verdiente Be-
achtang und Zostimmong gefunden zu haben, weshalb ich sie hier ausführlicher su
beg^ründen suche.
♦*) Vgl. auch ob. p. 169, Anm. * [P.-B. Beitr. ö, 676. 583].
BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE UND ERKLÄRUNG DER EDDALIEDER. 59
13. Zu den Vafl>nidnisiiiäl.
Es ist unverkennbar, daß der Text dieses Liedes in unserer
Überlieferung arg entstellt ist. Die Fragen Odins sind auffallender-
weise viel zahlreicher als die Vafthrudnis; erstere zerfallen aber zu-
nächst in zwei grössere Gruppen: 1. solche kosmogonischen Inhalts
(von der Weltschöpfung und den Reifthursen) Str. 20—21. 28—35;
2. solche eschatologischen Inhalts (vom Weltuntergang und der Welt-
erneuerung) Str. 44—47. 50—53 [54—55]. Zu 1. kommen aber nach
der Recapitulation'*') in Str. 42 (frd iotna rünum ok allra goda segir
pü it sannaata) noch (1.^) die Strophen, in denen von den einzelnen
Göttern die Rede war (Refrain: aus pü tiva rok oll Vafpruinir vitir)\
erhalten sind davon nur 38 — 41 [und 48 — 49?]. Ausserdem finden
sich nun noch 3. eine Reihe von Einzelfragen über den Bestand der
Dinge, nämlich: woher kommt Sonne und Mond (22 f.), Tag und Nacht
(24 f.), Winter und Sommer (26 f.), der Wind (36 f.). Diese Fragen
sind inhaltlich sehr ähnlich denen^ die Vafthrudni thut; und man könnte
vermutheu; daß ursprünglich auch sie Vafthrudni that. Denn was
Odin fragt ist in Str. 42 (s. ob.) genau angegeben; die in Rede ste-
henden Fragen aber scheinen darin nicht mit inbegriffen zu sein'*''*').
Die Strophen 24/25 (von Tag und Nacht) sollten denen von Skin-
fazi und Hrimfaxi (11/12 und 13/14) vorangeben. So steht ihr Inhalt
verbunden in Gylf. 20, 3 — 14, an einer Stelle, wo offenbar die Vaf}>r.
benutzt sind. An dieser Stelle folgt aber (20, 15 ff.) die Geschichte
von Mundilfosri, dem Vater von Sonne und Mond. Da diese Dar-
stellung in nur schlecht verhülltem Widerspruche mit Gylf. 18^ 12 ff.
steht, wo wohl Voluspa die Quelle war, so muß hier der abweichende
Bericht auf unsere Vaf))r. zurückgehen, und es ist das wahrschein-
lichste, daß Snorre hier darauf kam^ weil in der Gestalt der Vaf]>r.,
die er kannte, Str. 22/23 auf Str. 24/25 + 11—14 folgten. Daran aber
schließt sich in Gylf. unmittelbar die Erwähnung des Arvakr und
Alsvidr; die hier benutzte***) Strophe steht aber nicht in Vaf})r., son-
dern in den Grimnismdl 37. Diese Strophe nimmt sich aber mit ihrer
nächsten Umgebung (37 — 40) in Grimn., deren Überlieferung ebenso
entstellt ist wie die der Vaf})r. , sehr fremdartig ausf). Str. 38 han-
*) Darnach wird zu 2. (Refrain Fiold ek f6r u. 8. w.) übergegangen.
♦♦) Vgl. aber unten p. 61, Anm. **.
***) Vgl. tn i sumum kvcßdum er pat kdUat Uamkol, waa Grimn. 37, 6 der
FaU ist
t) [^?1> J®^2^ Auch Symons, Grimnismal, Taalk. Bi}dT, li«\
60 A. EDZARDI
delt von dem Sonnenschilde Svalinny Str. 39 von den Wölfen, welche
die Sonne und den Mond verfolgen. Gerade denselben Gegenstand
aber behandelt auch Gylf (20, 33 ff.) unmittelbar nach Sonne und Mond
und ihren Rossen. Gylf. hatte also hier Str. 39 auf Str. 37 (und 38?)
folgend vor sich. — Vielleicht sind auch sonst noch Strophen der Vaf)>r.
in die Grimn. gerathen, z. B. Str. 43 aus 1.**, vgl. Vaf J>r. 38 (?).
Aber auch die inFäfn. interpolierten Strophen 12—15 gehörten
wohl ursprünglich den Vaf })r. an, wie ich schon oben 23, 314, Anm. **
andeutete. Der Refrain ist fast ganz derselbe wie in 1*, Str. 26 — 28.
[24 30. 32. 34]. Die Frage nach den Nomen (11/12) würde sich m
Vaf]>r. 48/49 stellen; die Frage nach dem Kampfplätze Surts und der
Äsen (14/15) erscheint als Variante zu Fafn. 17/18. Letztere ist in
Gylf. 64, 19. 22 f benutzt und 67, 21 ff. citiert. Fafa. 15, 4—6 aber
ist fast wörtlich benutzt in Gjlf. 222^ 4 ff., besonders 22, 4 f. Diese
Schilderung von Bifrost schließt sich wiederum an die (mit der Schil-
derung der Vsp. 40 f. combinierte) Wiedergabe der Strophe von den
Sonnen- [und Mond-]Wölfen (21, p. 2 — 6) an, folgte also vielleicht in
Snorres Quelle darauf.
Es ist mir nach dem Gesagten wahrscheinlich, daß Snorre eine
ältere und bessere'.Gestalt der Vaf ])r. kannte, in welcher die später in
Fifh. und Grimn. hineingerathenen Strophen noch vorhanden waren
und in mancher Hinsicht noch eine richtigere Anordnimg der Strophen
bestand. Insbesondere vermuthe ich, daß als Fragen Vaf]>r's. und Ant-
worten Odins folgende Strophen sich aneinander reihten : 24/25.
11/12. 13/14. 22/23. Frage + Grimn. 37 (Frage + Grimn. 38?). Frage +
Grimn. 39*). Ob auch in Str. 16/17 und 18/19 (Fifa. 14/15?) ursprüng-
lich Vafthrudni fragte kann zweifelhaft sein ; dagegen in den Strophen
von den Nomen (48/49 und Fäfa. 12/13) wird wohl Odin der Fragende
gewesen sein**).
Zu den Strophen von den Urriesen und der Weltschöpfnng stellen
sich noch die Strophen 40 und 41 der Grinm. Str. 40 ist nur eine
Variante zu Vafjjr. 21***), Str. 41 ist eine Erweiterung derselben.
Diese Strophen werden einer älteren Gestalt der Vaf]>r. oder einem
*) Vor 26/27 scheint nach rW (V weicht hier gänzlich ab) bei Jonss. 28, 22
bis 29, 11 das Strophenpaar 36/37 zu gehören. Standen sie in dieser Reihenfolge
arsprünglich nach Grimn. 39?
**) Aber kaum in 2. (wie in R), sondern in 1.^ [so auch Ornndtrig, Saem.
Edda », 206].
*•*) Van)r. Vers 1—2 = Grimn. 1-2, V. 3 = Gr. 4, V. 4 = Gr. 6, V. 6 fehlt
in Gr., dafür iocfinr dr hdri.
BEITRÄGE ZUR GESCHICHTE UND ERKLÄRUNG DER EDDALIEDER. 61
anderen nahe verwandten Liede angehört haben*). — Die in VafJ)r.
selbst überlieferten Strophen dieses Inhaltes werden auch wohl ur-
sprünglich anders geordnet gewesen sein: 6ylf. scheint folgende An-
ordnung gekannt zu haben: 30/31 = p. 16, 6 — 10. 20 — 30; 32/33 =
p. 17, 1—3; 34/35 = p. 17, 23—32; 20/21 = p. 18, 1-4. 9. 28/29 ist
in Gylf. nicht benutzt ; jedenfalls aber gehören 28 — 31 in dieser Reihen-
folge zusammen. Der in Gylf. benutzte Text war also vielleicht so
geordnet: [28—29]. 30^35. 20—21**). — Indessen kann auch das nicht
die ursprtlnglichste Anordnung gewesen sein, denn die Frage hvat pü
fyrst um mant [eda fremst um veizt\f (34, 4 f.) und die Antwort pat ek
fyrst um man (er Bergelmir var d lüSr um lagiär) haben keinen Sinn,
nachdem vorher (Str. 28 — 33) von älterem, von Ymis Entstehung
und der Fortpflanzung seines Geschlechtes, die Rede war. Wir sollten
also Str. 34/35 vor Str. 28/33 erwarten. Die Veranlassung zur Um-
stellung ist vielleicht in der Gleichheit der Anfangsverse 29, 1—3 und
und 35, 1 — 3 zu suchen. Statt des Verspaares 34/35 mag irrthümlich
das folgende Verspaar 28/29, in dem die Antwort mit der gleichen
Halbstrophe begann, und nach ihm die ihm folgenden Verspaare 30/31.
32/33 geschrieben worden und dann das ausgelassene Verspaar 34/35
an unrechter Stelle nachgetragen worden sein***). Wenn dies richtig
ist, würde diese Umstellung schon in der Quelle der Gylf. sich ge-
funden haben.
Str. 42—43. Die zwölfte Frage, die durch 42, 1—3 eingeleitet
wird, fehlt f). Statt dessen steht die Strophe, in der Odin den ersten
*) In Gylf. 18, 1-4. 9 liegt eine Gestalt der Strophe zu Grunde, die weder
yaf)>r. 21 noch Grfmn. 40 yoUkommen entsprochen su haben scheint: lautete die
fünfte Versseile wd 6r iaxUm'^ (vgl. p. 18, 3 f.).
**) Zwar steht 20/21 anscheinend (vgl. 20, 4 mit 22, 4; 24, 4; 26, 4; 36, 4)
in Znsammenhang mit den oben p. 69 besprochenen Strophen [s. auch Grondtrig,
Ssem. Edda \ 205 f.]; aber 11, 4 und 13, 4 leiten die Frage anders ein, und anderer-
seits findet sich die Frageform htxidan . . , kömr auch 30, 4; 38, 4; 46, 4; es könnte
gerade die gleiche Frageform für die Anordnung unserer Überliefenmg maßgebend
gewesen sein. Eine Verbindung der Strophengruppe von den Urriesen mit 22 bis
26 u. s. w. würde mit meiner oben p. 59 aasgesprochenen Ansicht sich nicht ver-
tragen; man müßte denn die 20/21. von den Strophen 28 — 35 trennen wollen. [Vgl. noch
ob. p. 52, Anm. **^ über ein folgendes Stropheopaar, das Gylf. 19, 15 — 21 benutzte.]
***) Vgl. oben p. 52, Anm. f-
f ) Daß die z w ö l f t e Frage eben die gewesen sei , wie der jotun zu seiner
Weisheit komme, scheint mir nicht recht glaublich, schon weil dadurch der Paralle-
lismus im Bau der Strophen zerstört würde. Wenn man hvi (st. alU) fQr richtig
hält, läßt sich doch noch eine andere Erklärung als diese Grundtrigs finden^ «, d,
folgd. Anm.
62 A. EDZARDI
Theil Beiner Fragen abschließt, aber auch diese ist lückenhaft : erhalten
ist nämlich Vers 1 — 3 und 6*). Ich vermuthe, daß zwischen Vers 6
und 7 unserer Überlieferung der Übergang zu den Fragen Nr. 2 fehlt:
'sage mir auch, was du von der Zukunft weist' oder dgl. Der Ant-
wort auf diese Übergangsstrophe gehört 43, 1 — 3 an, die Verse 4—5
fehlen (entsprechend der Lücke zwischen 42, 6 und 7} ; 43, 4 — 5 ver-
binde ich zu Einern Verse^ dem sechsten der Strophe. 43, 6 — 8 kann
nicht wohl hierhergehören''^): es ist, denke ich, der Schluß der Antwort
Vafthrudnis auf die verlorene zwölfte Frage, der dem Schreiber hier
wegen des ähnlichen Sinnes und Wortlautes einfiel. Der Inhalt
dieser Frage dtlrfte also gewesen sein: hvemig deyja 6r hdju haUrf —
Ich denke also Str. 42 — 43 sind so zu ordnen: 42, 1^3 (mit alls statt
hvi in Vers 2) + 3 fehl. Verse; — 3 fehl Verse + 43, 6—8; — 42,
4—6 + 2 fehl. Verse + 42, 7; — 43, 1—3 + 2 fehl. Verse + 43, 4/5
(im Vers). Oder wenn man in theilweisem Anschlüsse an Gtrundt-
yig die unten angedeutete Aufifassung vorzieht: 42, 1 + 5 fehl. Verse;
— 3 fehl. Verse + 43, 6-8; — 1 fehl. Vers + 42, 2—6; — 43, 1—3
+ 2 fehl. Verse + 43, 4/5 {&u Vers). — Vgl. Gylf. 14, 27 f.
Nachträge.
1. Nachdem meine Bemerkungen zur Volundarkvida (Bd. 23,
p. 169 — 174) gedruckt aber noch nicht veröffentlicht waren, hat Zupitza
im Anz. f. d. A. IV, 146 — 149 ebenfalls einige Stellen dieses Liedes
besprochen. Soweit meine Ansichten mit den seinigen in Widerspruch
stehen, habe ich auch jetzt keinen Grund gefunden dieselben zu ändern^
im Gegen theil möchte ich darauf hinweisen, daß seine Einwendungen
gegen Bugges Auffassung von Str. 16 dadurch hinfällig werden, daß
hyrr zunächst nicht 'froh*, sondern 'geheuer* ist (C.-V. 304**; 661**),
daher gtilti roddu^ daher der Rath, den Volund unschädlich zu machen
(kold eru mer räd pin 31, 6). Übrigens würde, selbst wenn man Ayrr
mit 'froh' zu ilbersetzen hätte, in den Worten eher Schadenfireude als
Mitleid liegen.
*) Oder Vers 7 ist Zusatz. Dann konnte man mit Gnmdtvig u. A. annehmen,
daß hvi richtig sei, und könnte denken, daß der Schreiber von Segäu pal . . . , dU» p&
KU Segäu pat . . . , koi pü abirrte, so daß also von der der zwölften Frage Vers 1, yon
der Obergangsstrophe Vers 2 — 6 erhalten, 7 aber Zusatz wäre.
**) Hildebrand will Vers 4—6 aasscheiden, aber welcher Zusammenhang besteht
zwischen 13, 1 — 3 und 13, 6—8, namentlich Vers 8?
HEITRÄGE ZUR GESCHICHTE UND ERKLÄRUNG DER EDDALIEDER. 63
2. Bei meiner gelegentlichen Besprechung eines Theiles der Hüs-
dräpa (d. Zschr. 23, 426 flF.) war es mir entgangen, daß Gisle Bryn-
julfsson'*') in seinem Aufsatze 'Brage den gamles kvad om Ragnar
Lodbrogs Skjold' (Ann. 1860, p. 1 — 13, auf den auch 23, 431, Anm. **
hätte verwiesen werden sollen) auch die dem Brage zugeschriebenen,
von mir zur Hüsdräpa gezogenen Strophen als einen Abschnitt der
Ragoarsdrdpa zusammengestellt hat, wobei er auch noch 3 andere, von
mir an genannter Stelle nicht aufgenommene Strophen Brages hinzu-
zieht. Die eine (AM. I. 318, 6 = Jönss. 106, 13) bezieht sich freilich
auf Thor, enthält aber nichts^ was auf den Fang der Midgardsschlange
deutete; wohl aber enthalten die beiden anderen Beziehungen darauf.
Diese würden sich in folgender Weise meiner Zusammenstellung ein-
fügen lassen:
vorl.**) J)at erumk synt, at snemma Gylf. U (II, 286, 27): J)6rr. . . SBtIar
sonr-aldafo^rs vildi nü at hitta midgarttsorminn {fehlt t\N)
afis vid üri-{)(Bf(tan- ok kom til jotuns nokkurs, er imir
jardar-reist of freista. er nefhdr. en um morgininn biöst iotunn
1. Sin bj6 Sii^ar nini etc. at fara til fiskjar. ))6rr vill fara med
honum. . .
vor 2. ***) Vildi-t vrODgum" ofra 287, 2: ok bad J)& eigi r6a lengra
v&gs-hyrsendir oegi' {fehlt pW) })örr l^zt vildu enn miklu
bion's ]iij6tygil-in4va- lengra r6a. Tmir kvad }>at hatt vid
mo3rar skar fyr ))6ri. midgardsorminn.
2. })iokkvoxnum kvazk ))ykkja etc, 287, 15: hj6 vid bordinu vad rörs.
[Sollte auch die Halbstrophe ohne Verfassemamen I. 500, 1 flF. =:
II. 174, 1 flf., welche ein auf empörter See befindliches SchiflT schildert,
hierher (etwa zwischen 11. und 12.) gehören? Vgl. er sosrinn feU üt
ok inn of nokkvann und dazu Hym. 24, 1 — 4.]
Obige zwei Halbstrophen bieten in 1. -j- 3.: 2 reimlose Verse und
2 skoth., in 2. -j- 4. : 3 skoth. und 1 adalh.; sie entsprechen also wenig
der Kuimtechnik der Hdsdr. Sollen wir nun doch zwei Parallellieder
des Brage und des Ulf annehmen, deren — merkwürdigerweise! —
sich zu Einern Gedichte ergänzende Strophen Gylf. neben einander
benutzt hätte? Die Reirotechnik kann indessen hier nicht den Ausschlag
geben, da — wie 23, 432 bemerkt — gerade die vom Fange der Welt-
schlange handelnden anderen Strophen, die Brägen zugeschrieben wer-
den, nicht seiner, sondern Ulfs Reimtechnik entsprechen. Sollten etwa
*) Desselben Verfs. Zosammenstellung und Übersetzung der Strophen der
Hüsdr. in 'Nord og Syd' 1858^ 164 ff. (?) war mir leider nicht zugänglich.
<*) AM. I. 242 = II. 306, 19: Bragi.
*♦*) AM. I. 604: Bragi.
64 K. MAURER
die ungenauer reimenden Strophen der Hibdr. gerade deshalb dem
Brage zugeschrieben sein? Ahnliches ward 23, 432 vermuthet Übrigens
findet sich II. 326 unten noch eine genau reimende Halbstrophe anter
Brages Namen, die I. 418, 10 dem Berti zugeschrieben wird. Für
Ulfs Reimtechnik kommt noch in Betracht eine Strophe in Fms. U, 203,
Bisk. I, 13. Vgl. P.B., Beitr. V, 577 f. [Lies 426: 1, 4 hroera; 6, 1 arfa.]
LEIPZIG, im JuU 1878. A. EDZARDL
ZUM ALTEN SCHWEDISCHEN HOFRECHTE.
Schon vor reichlich drei Jahrzehnten hat P. A. Munch von dar
Entdeckung einer Reihe von Überresten der altnordischen Literatur
Mittheilimg gemacht, die im norwegischen Reichsarchive gemacht
wurde (im ersten Bande von Chr. Lange's „Norsk Tidsskrift for Vi-
denskab og Literatur**, S. 25—52, 1847; jetzt auch in den, von G.
Storm herausgegebenen „Samlede Afhandlinger** Munch's I, S. 273 — 95).
Seitdem sind in jenem Archive noch manche weitere, ähnliche Frag-
mente aufgekommen, und ein solches, das hier folgende Stück des
älteren schwedischen Hofrechtes enthaltendes, theilt mir soeben mein
verehrter Freund, Professor Dr. Gustav Storm in Christiania, mit
Die Handschrift stanmit nach diesem meinem Gewährsmann on-
ge&hr aus dem Jahre 1400. Das Fragment gehört der oberen Hälfte
einer Blattseite an ; es ist sowohl an der (vom Beschauer) linken Seite
als unten beschnitten, auf der Rückseite aber unbeschrieben. Die cursiv
gedruckten Buchstaben sind von Prof. Storm ergänzt
Der Text lautet:
1) eigh taken« oc wites honö thsen gmigh. thogh. oc dyll fore tha djle mc
toM msen af gaardenö radhe halfua nasmpd hwaar thera.
2) fTwa sum thaen annan wntsighr. tha ryma mins hrra gaard oc koma
aldrigh
/öre hns 6ghon meer oc haftie Bns vwinscap.
3) fTwa sum nsempär wserdr tili at waka oc wakar hn eigh rsetligha.
tha sculo Bns
Ans hafuor bjtadz. findz hn sofuande tha skseradz eet stjkk af
hns klsedha til
vitne vm morghonen oc bytadz lins hafuor. om thaet ser hyrdh
drseng tha
ZUM ALTEN SCHWEDISCHEN HOFRECHTE. 65
arte j stokken VII. nsetr widh watn oc br6dh. vm aen ihser sker
eingen mer
sk&dhe af
4) B. se 8cal oc wäre, (diese Zeile ist quer durchschnitten, so daß nur
die obere Hälfte der Buchstaben erhalten ist).
So kurz das Fragment ist, so interessante Schlüsse erlaubt das-
selbe doch. Vergleiche ich dessen einzelne Stücke, deren Nummern
von mir beigefügt wurden, mit den 3 von Klemming herausgegebenen
Texten, welche ich der Kürze halber mit Sw. I, A, Sw. I, B und
Sw. n bezeichnen will, so ergibt sich, daß Fragm. 1 mit dem Schlüsse
von Sw. I, A, §. 12, und mehr noch I, B, §. 12, stimmt, während
Sw. n, §. 12 wieder etwas weiter abliegt: ebenso entspricht Fragm. 2
zunächst Sw. I, B, §. 14, weniger I, A, §. 14, und noch weniger 11,
§. 19. Dagegen findet Fragm. 3 nur in Sw. II, §. 18 ein Analogen
aber freilich bei völlig anderer Wortfassung, während Sw. I, A und B
gar keine analoge Bestimmung kennen; aus Fragm. 4 aber weiß ich
vollends Nichts zu machen, was einigermassen äusseren Anhaltspunkt
böte. Wir haben demnach in unserem Fragment einen Überrest eines
schwedischen Textes, dessen Gestaltung zwischen Sw. I und II in der
Mitte stand; da überdies die in Fragm. 3, und wenn auch in anderer
Fassung, auch in Sw. II, §. 18 vorkommende Bestimmung auch in
den dänischen Texten des Hofrechtes, und selbst im norwegischen Burg-
mannenrechte sich widerfindet, und im letzteren sogar in einer Gestalt,
die sich näher mit Fragm. 3 als mit Sw. II, §. 18, oder den dänischen
Texten berührt, wäre sogar recht wohl möglich, daß wir in diesem
Bruchstücke ein Überbleibsel einer älteren Textesgestaltung hätten,
welche hinter Sw. I und II, dann den verschiedenen dänischen Texten
zurückläge, dagegen den norwegischen coordiniert stünde, — des Textes X
etwa, wenn ich an die Handschriftentafel anknüpfen darf, welche ich
in meiner Festschrift „Das älteste Hofrecht des Nordens*', S. 142,
Anm. 2, entworfen habe. Ein völlig sicheres Ergebniss läßt sich frei-
lich bei dem geringen Umfange des Fragmentes nicht gewinnen.
HÜNCHEN, den 6. November 1878. K. MAURER.
OEKMANIA. Nene Ueihe lU. ßUV.) Jahrg.
66
C. M. BLAAS
NIEDERÖSTERREICHISCHE KINDERSPRÜCHE
UND REIME.
VON
C. M. BLAAS.
I. Amznenscherze.
1. Während das Kind auf den Armen
gehalten, gehutscht and schließlich
in einem Winkel, zunächst der
Thur, auf den Boden gelegt wird,
singt man:
Müller, Muller Sackl! —
ist der Müller nicht zu Hans;
Schloß vor, Rigl vor,
werf ma's Sackl hinters [unters
Thor. (Wien.;
2. Man fährt mit dem Zeigefinger
auf der innern Handfläche des
Rindes herum, läßt es dann rasch
eine Faust machen und wieder
öffnen, und sagt:
Ich rühr^ ich rühr ein Brein
und leg ein Stücker] Zucker drein.
Machs fest zu! — 0 jetzt ist es
verschwunden ; das hat gewiß das
Mauserl gefressen. (Wien.)
3. Des Kindes Hals wird als Mause-
loch gedacht :
Es lauft a Mauserl
ibers Hauserl !
Wo Solls rkstn?
in N. . . sain Rästn. (Wien.)
4. Man stößt mit der eigenen an des
Kindes Stirne und sagt:
Bockerl steß ! (Wien. Stockerau.)
5. Die Hände des Rindes zusammen-
f^chtagend singt man:
Patsch Handerl zsamm, patsch Han-
derl zsamm,
was wird der Vater bringen?
Paar schöne Schuh , Paar schöne
Schuh
und rothe Mascherln drinnen.
(Wien.)
6. Man berührt dem Rinde die ein-
zelnen Theile des Angesichts and
sagt dabei:
Das ist der Altar (Stime),
Das sind die zwei Lichterin ( Angen),
Das sind die zwei Polsterln (Wan-
gen),
Da geht der geistliche Herr hin-
ein (Mond),
und macht ging -ging -ging! (an
der Nase). (Wien.)
7. Fingerb ezeichnnng. — Beim kleinen
Finger angefangen.
Rianer Finger, goldens Ringerl,
länga Hans, Tellerlecka, Lansteta.
(Stockerau.)
8. Beira Daumen angefnngen.
Hoar, Frau, Rnccht, Diam, Wu-
zerl, Wnzerl in der Wiagn.
(Stockerau. Hof am Leithageb.
Rorneuburg.)
9. Das ist der Hear, das ist d'Frau,
Das ist der Rnecht,d&8 ist di Diam,
Das ist das klani Wuzerl in der
Wiagn. (Litschan.)
10. D^s ist der Bauer, dha ist di
Bairiu , dhs ist der Rnecht, dks
ist di Diam, das ist dks Wuzerl-
Wuzerl in der Wiagn. (Wien.)
11. VKta , Muata , Rnecht, Diam,
Wuzarl-Wuzarl in da Wiagn.
(Wien.)
12. Dear ist in Brunn [Bä.ch] gfkllu,
dear hkt *n außerzogn, dear hkt 'n
ainiträgn, dear hkt *n ins Bett
glegt, dear hat 'n zuadeckt.
(Stockerau. Hof am Leithageb.
Rorneuburg.)
NIEDERÖSTERRElCHlßOHE KINDERSPRÜCHE UND REIME.
67
13,
14.
Da Väta 18 in Brunn gfälln, d'Miiata
hat *n aoßazogn, da Kneht liät
'n hoam tr&gn, de Diarn IWit 'u
ins Bett glegt und 's kloani Wu-
zarl in da Wiegn h&t 'n zuadcckt.
(Langen lois. Schiltern.)
Dear hlit an Häsn gfängt, dear hkt
'n harn trägn, dear hat *n bächn,
dear hkt 'n gcssn und das klani
Wuzerl [in da Wiagn] will a wk«
davo [hkbn].
(Stockerau. Hof am Leithageb.)
15. Dear gßt in Wkld und fkngt Ve-
gerln, dear rupfts, dear spickte,
dear brkts, denr ißts.
(Wien. Litschau.)
II. Verkehr mit der Natur und Nachahmungen.
16. Wenn die Sonne untergeht, sagen
die Kinder dreimal:
Sunn, Snnn, schain auf,
mkch dai goldas Tiarl auf.
(Pettendorf.)
Beim Regen.
17. Regna, regna, tropfn,
Buabma muaß ma klopfn,
d'Madln lign in Federbett,
d'Buabma lign in Saudreck.
(Wien.)
1 8. Wenn es im Mai zum erstenmalc
regnet, stellen sich dieKindcr hin-
aus und rufen:
Mairegn, Mairegn,
mäch mai Hoar läng und ebu.
(Litschau.)
1 9. Beim Pfeifenklopfen sagen die
Knaben :
PfifarlPfaifarl, Felba,
da Hälda is da Stella,
d'Häldrin is di Budahex,
ziagt da Kätzn d'Haud aus,
iban Kränz, iban Schwänz;
wiad mai Pfifarl-Pfaifarl wTda ganz.
(Roseidorf bei Reschitz.)
20. Pfaifarl, Pfaifarl, gß,
sunst wiaf i di in Schnee,
sunst wiaf i di in Schintagräbn,
so fressn di älli Hund und Schäbn.
Wann i will in Himml staign,
so brauch i längi Loata;
längi Loata bricht mar ä,
maini BoanI fklln is Schintahaus,
Schinta mäch ma Pfaifarl draus.
(Hnrmannsdorf bei Korneuburg.)
21. Felbapfaifarl, gö,
sunst wiaf i di in Schnee,
sunst wiaf i di in Schintasgrabn,
daß di älli Mais vaz&n.
(Klosterneuburg.)
22. Zum Frauenkäferchen (coccinella)
sagen die Kinder:
Jungfraukeferl , fliag auf d'Woad,
bring unser liabn Frau a goldas
Kload. (Groß-Mugl.)
23. Liab Fraunkeferl, fliag in Brunn,
bring ma moaring a recht a scheni
Sunn.
(Waldreichs bei Groß-Siegharts.)
24. Jungfraukeferl , fliag auf Maria-
brunn, bring uns haid oder moargn
a scheni Sunn. (Groß-Mugl.)
25. Fraunkeferl, fliag nach Hollabrunn,
bring uns a schene Sann, a gelbe
Sunn,
a rote Sunn, a goldene Sunn, a sil-
berne Sunn. (Ober-Hautzenthal.)
26. Snnnkeferl, Sunnkeferl, floig in
goldern Brunn,
bring haid und moargn a recht a
scheni Sunn. (Hatzenbach.)
27. Liab- Fraunkeferl, Liab - Fraunke-
ferl, fliag in golden Brunn,
bring haid und moring a scheni
Sunn. (Göpfritz.)
Diesen Spruch sagen die Kinder,
indem sie das Käferchen auf der
Hand halten, dreimal, und glauben,
wenn dasselbe beim dritten Male
fortfliege, so komme schönes Wet-
ter ; wenn es aber sitzen bleibe, so
trete das Gegentheil ein.
28. Die Kinder fangen den Johannis-
käfer, welcher in Niederösterreicb
(Lilienfeld xxxid lR.%.\i\f^ö^T^ \\si ^^-
7x%
68
C. M. BLAAS
richtsbez. Hainfeld) Sunnawend-
käfer genannt wird und lassen ihn
wieder ans mit den Worten:
Snnnawendkcfer, fliag, fliag, fliag
nach Hailigenbrunn
und bring uns a scheni Sunn.
(Lilienfeld.)
29. Zum Maikäfer sagen die Knaben^
wenn er hoch fliegt, damit er her-
unter kommen soll:
Maikefa, Maikefa^ sum, sum^ sum!
fliag in d*Niada;
daini Briada
san älli in da Niada.
(Langenlois.)
30. Zur Schnecke sagen die Kinder:
Schneck, Schneck, komm heraus,
Vater und Mutter sind nicht zu
Haus. (Stockerau.)
31. Schneck, Schueck, komm heraus,
sonst wiarf i di ins Schintcrhaus.
(Emstbrunn.)
32. Schneck; Schneck, drä di aus^
bis zum Hjtldahaus.
(Harmannsdorf bei Komeuburg.)
33. Beim Fortfliegen singt die
Schwalbe :
AlleKistn undKästn solln yoI) sain,
wknn i widakumm is alles lär.
(Stockerau.)
34. Die Wachtel sagt wenn sie schreit :
Wau- wauwau! findst mi net,
hintern Bett bin i net,
hkb i a weng fiaragschaut,
h&st mi brav aufighaut.
(Langenlois.)
35« Wau-wau-wau ! findst mi net,
hintan Bett bin i net,
fiara g% tua-r i net,
und a 80 findst mi net. l^Wien.)
36. Guckerlu-wau-wau ! findst mi net,
hintern Trad bin i net.
(Deinzendorff)
37. Der Fink sagt:
Fink, Fink ! da Baua hkt si *8 Knia
kghaut,
sia, sia, wiana bliat.
(Oberzögersdorf*)
38. Die Spatzen sagen:
Diab, Diab ! (Langenlois. Schiltern.)
39. Hahn, Tauber und Ziege.
Der Hahn sagt: Christus ist ge-
boren!
Der Tauber: Wo, wo?
Die Ziege: Zu Bethlehem.
(Jetzeladorf.)
40. Der Hahn und die Kinder.
Hahn: Kickeriki!
Kinder: Wear hat da wiis t&?
Hahn: In Schuasta sai Bua
dear gibt ma kan Rua,
*n Schuasta sai Madl
die gibt ma ka Bradl.
(Grafendorf bei Stockerau. Spil-
lern. Jetzelsdorf.)
41. Kinder: Kikerihä,
wear hat da w4s tA?
Hahn. In Schuasta sai Boa
dea lk0t [gibt] ma ka Rua.
(Wien.)
4 2 . Nachahmung des Klopfens beim Faß-
bin der.
Da Binda, da Binda
dea schlägt saini Kinda*).
(Langenlois.)
III. Allerlei Sprüche und Reime.
43, Schooßtied.
Hopp; hopp, hopp,
moargn foam ma in d^Stidt,
um a Saitarl Wai
und a Kipfarl drai;
dks wiard guat sai.
(Grafendorf bei Stockerau.)
♦) Andere hiehergehQrige und von mir f;esammelte Sprüche, «. Germania N. R.
Vir, S. 67-72; VIII, 349-356; IX, 411—416.
NIEDEKÖSTERREICHISCUE KINDERSPRÜCHE UND REIICE.
69
44. Schlaflied.
0 du schwoarz Mauserl;
Du sollst mai Mauscrl sain;
o du schwoarz Mauser!, du ghcarst
sehe mai.
66 i in Goartn,
links und rechts, unt und obn
hear i mai Mauserl iberkll lohn.
(Wien.)
45. Wenn sich die Kinder weh ge-
than haben, so sagen sie:
Haila, haila Scgn,
drai T&g Regn,
drai Tag Schnee,
wänns hält tuats nimma wd.
(Stockerau.)
46. Wenn ein Kind einem wehen
Finger hat, oder sich an diesem
verletzte, so sagt die Mutter, der
Dienstbote oder das Kind selbst:
Biba, bäba,
schwoaza K&da,
gstutzta Hund
mkch den Finga wida gsund^).
(Spillem. Grafendorf bei Stockerau.
Pettendorf. Laa an der Thaya.)
47. Wenn die Kinder die Strauchn
(Schnupfen) haben, so sagen die-
selben y deren Mütter , oder die
Dienstboten :
Wks gdt durchn Rauchn
i schenk da mai Strauchn.
(Stockerau.)
48. Wenn ein Kind etwas yerloren
hat, so sagt es:
Daifl, Daifl, tua dui Bratzarl weg,
sunst kimmt da Engl und haut
das weg. (Langcnlois. Schiltcm.)
49. Wenn von den Kindern eines
etwas verschenkt hat und fordert
es wieder zurück^ so sagen sie:
Schenka, Schenka nimmagebn,
Daifi Hand und Fuaß vabrcnna.
(Langenlois.)
50. Wenn die Kinder etwas gefun-
den haben, sagen sie:
Gfundn, gfundn widergebn ; gfundn
nimmagebn — stein aufghengt.
(Hof am Leithageb.)
51. Ermahnung zum Schneuzen.
Schnopfauf
ziach d'Uar auf. (Wien.)
52. Auf die Frage „WasV"
Was?
klts Faß;
sitzn drai Waiber drinn,
wissn net was;
ani tuat strickn,
ani tuat nän,
d*&ndri tuat 'n Hund
's Scbwaferl ausdrän.
(Komeuburg. Grafeudorf bei Sto-
ckerau. Spillem.)
53. Was?
an älts F&ß,
sitzn drai Waiba drinn,
wissn net wks;
wänns regnt weams n^,
wänns schnaibt weams waiß,
wknn d'Sunn schaint weams trucka.
[w&nns gfriail; wearns Ais.]
(Langenlois u. Schiltem. Stockerau.)
54. Wenn ein Kind fragt, was man
ihm schenken, oder bringen werde,
sagt man:
A goldas Nixarl
in an silbam Bixarl. (Wien.)
55. Beim Essen.
Amäl i,
amM du,
amäl der Schuastabua;
hkm ma alle drai gnua.
(Stockerau.)
56. latzt wear i enk wks dazelln:
vo der l&ngn Elln,
vo der kurzn Wocha,
wo mai V&da hkt a Fadl igstocha,
*) Diesen Spruch sagt man übrigens auch, wenn sich ein Kind anderswo ver-
letzt hat, oder auch, wenn es krank ist, dabei wird in der letzten Zelle der b^tt«^«^^^
leidende Theil, oder der Name des Kinde.s genannt.
70
C. M. BLAA8
diar a Warst,
den a Warst,
mir an brätna llksn
und den a Batzl af «rN&sn.
(Grafendorf bei Stockerau. Spillem.
Laa an der Thaya.)
57. Wenn Geschichten erzählt werden
und eine zu Ende ist:
Di Geschieht is aus;
ibas Haus
rennt a Maus.
hkt a röts Kidarl a.
Wem gßts ä?
enk g^ts a. Schmida.
58. Beim Guglbapfspiel.
Guglhupf km Dkch, wear schmuzt
und wear lacht, muaß Pfanderl
hear gebn.
(Grafendorf bei Stockerau.)
59. Beim PfeDnigeiDgeben - oder Ein-
streichenspiel.
I gib dir an Pfenning, sag nct
ja, net na, ntt schwoarz. nct
waiß, net Nkdl, net Zwiaru und
baiß in klun Kind *n Kopf net a.
(Grafendorf bei Stockerau.)
60. Beim Plumpsackcinstreicben.
Schauts enk net um,
Da Plumps&ck get um! (Wien.)
61. Schuistabuiy
flick ma in Schui!
Gib in Drkt ar dazui;
gibst in Dr&t nit dazui,
so bist koa brav^ Schuistabui.
[pfiart di Gott Schuistabui.]
(Jetzelfidorf.)
62. Charakteristik der Schulkinder.
Erste Clabse: Katzen,
zweite Classc: Fratzen,
dritte Classe: junge Herren,
vierte Classe: alte Bären. (Horu.)
63. a b c d,
der Stock, der tuat am we.
(Korneuburg.)
64. i u e o a,
mai ßruada lernt mas a.
(Korneuburg.)
65. Klani Kinda kinnan ka Ktndskoch
kochn. (Grafendorf bei Stockerau.)
66. Hintas Hklda Hans! Hundshittn
hengan hundat Hksnhaidl hintn.
(Wien.)
67. Wir Wiener Weiber wollen weiße
Wäsche waschen^ wenn wir wnß*
ten, wo warmes Wasser wäre.
(Hippersdorf.)
68. Moargn um di Zeit
nimmt da Baua 's Schalt,
wirfts unta d'Lait,
dXait unta d*Hund
d^Hand unta d'Kätzn,
d'K&tzn unta d'Rätzn,
d*Rktzn unta d'Mais.
d'Mais unta d'Lais,
dXais unta dTlS,
d'Flo hupfn alle in d*He.
(Korneuburg.)
69. Abendgebet.
Gottes Namen leg ich mich schlafen^
in Gottes Uand,
in Gottes Hand,
in Gottes Blut,
daß mir der böse Feind nichts thut.
Leg ich mich zwischen das Bene-
dicta»krenz;
neunmal g*segn*t, g* wandelt und
g' weicht.
Jesulein, schließe mich ein,
laß micb dir befohlen sein.
(Stockerau.)
70. Abendgebet zu St, Veit.
Heiliger St. Veit,
weck mich auf zu rechter Zeit,
nicht zu früh und nicht zu spat,
bis der Hammer 6 Uhr schlägt.
(Stockerau.)
71. Zu St. Nicolaus.
Heiliger Niklo, frommer Mann,
du kommst vom goldnen Himmels-
thron
und bringst uns gar schöne Sachen,
die schlimmen Kinder fromm zu
machen.
Heiliger Niklo, kehr bei mir ein,
will recht fromm und g'horsam sein.
(Wien.)
NIEDERÖSTERREICHISCUE KINDERSPRÜCHE UND REIME.
71
IV. Abzälil
72. An dau dua,
Bchiffi racka bua;
schifH racka weni tacka,
woia vvumms. (Jetzelsdorf.)
73. An dan dantimns,
frisch goi pampinns,
auiH ricka dacka,
woia wumms. (Jetzelsdorf.)
7'i. An dan dinus
sacka racka minus,
sacka racka,
dicka dacka,
eile relle wom.
12 3,
du bist frei. (Laa an der Thaya.)
75. An dan dcti man,
wisi gubian;
silberracka,
dicka dacka,
buff nußkern
außi, draußt bist du. (Stockcrau.)
76. An dan dati man,
wisi gubian,
dicka dacka
bu£f nußkern,
Hußi, draußt bist du. (Langenlois.)
77. Anige danige dickn dackn,
petriscbnackn,
zengn zengn Bethlehem;
schnurri burri,
nuß buff knoll;
du bist draußt. iStockerau.)
78. Anige banige, sirige, sairige,
ripete pipete knoll. (Wien.)
79. Angl pangl I^ das sign,
nkchn Roß g^t da Wlign,
n&ch Wagn g^t da Stiar,
wcar a Geld hkt braut a Biar;
und wear ans hjtt bächt a Brot,
und wear kans hkt is maustot.
(Korneuburg.)
80 Anige banige schlkg mi net,
Kraut und Ruabn des mag i net,
klani Fischarl aß i gearn,
kks nct hkm vo mainen Heani.
8T0CKERAU in Niederösterreich, am
Sprüche.
[Draußt ^m Kuchlbrett
stet a Kkdl Yolla M^t;
trinks aus, schnapps aus,
groba Rizl, du bist draußt.]
(Langenlois. Tulln.)
81. Ini ani k,
kapidani dk,
zittrcwelle zittrewelle,
trink trank tra. (Spillern.)
82. Ini ani u,
kapidani du,
zittrawellc biti' baff buff,
draußt bist du. (Großweikersdorf.)
83. Ini daini dinud,
sauaracka dinus,
sauarackatas,
alla molla wump. (Großweikersdorf.)
84. Engate pcngate zukadme,
awer pawer domine,
eis pels inter nos,
wia waia won. (Stockerau.)
85. Egede, begede zuckerdeme,
afi, dafi domine.
wix, wux.
außi bist du gstutzt. (Altenworth.)
86. Asl wasl
domasglasl,
witz wutz [wips wups]
außigstutzt.
(Pettendorf. Langenlois.)
87. Asl masl
domasglasl,
witz wutz
außi dkni gstutzt.
(Hof am Leithageb.)
88. 1—9,
Wirt schenk ein,
Gast trink aus,
du bist draußt. (Langenlois.)
89. 1 — 9,
Bua schenk ein,
Bua schenk aus,
dai Joar is aus. (Neuaigen.)
weißen Sonntag IBTB.
72 A. BAIEB, ÜBEB HABTHANNS TOM AUE HEIHATH UND KBEÜZZOGE.
ÜBER HARTMANNS VON AUE HEIMATH UND
KREUZZÜGE.
Die richtige Betonung eines einzigen Wortes erlöst uns vielleicht
von dem Streite über Hartmanns Heimath und Kreuzzug. In dem
Ereuzlied nämlich, welches anhebt mit den Worten: „Ich var mit iuwem
hulden^^ lese ich an der vielbesprochenen Saladinsstelle niemer (kein
zweites Mal mehr) statt der bisher üblichen Lesart niemer (nie in aller
Zukunft). — Ich bin der Ansicht: Hartmann hat nicht bloß an einem
sondern an zwei Ereuzzügen Theil genommen. Auf den ersten Ejreua-
zug des Dichters, den von 1189 — 1192, bezieht sich das Ereuslied
,,Dem kriuze zimt wol reiner muot^ ; auf diesen gegen Saladin gerich-
teten Ereuzzug zurück beziehen sich in dem andern, unmittelbar vor
dem zweiten Ereuzzug gedichteten Liede die Worte:
und lebte min her Salatin und al sin her,
die 'n brachten mich von Vranken niemer einen vuoz.
Seinen ersten Ereuzzug hatte demnach Hartmann von Franken
aus unternommen. Aus den unmittelbar vorhergehenden Worten:
nü seht wie s' mich üz roiner zungen ziuhet über mer
geht hervor; daß Hartmann beim Beginn seines zweiten Ereuzzuges
(1197) sich in seiner Heimath befand. Aber folgt aus dem Ganzen
auch; daß Franken die Heimath des Dichters ist? Bei der Lesart niemer
allerdings; aber nicht nothwendig auch bei der Lesart niemer. Da
vielmehr die Schwabenheimath Hartmanns gut bezeugt ist und auch
sonst beachtonswerthe Gründe fUr dieselbe vorgebracht worden sind,
so erkläre ich mir unsere Stelle so: Wenn die Verhältnisse noch die-
selben wären wie beim ersten Ereuzzug des Dichters, wenn jener
Saladin^ den Hartmaun damals als einen beinahe unbesiegbaren und
doch zugleich so hochherzigen Feind kennen gelernt hatte noch mit
seinem gewaltigen Heere Palästina verthcidigte, so würde es unserem
Dichter nicht zum zweiten Male in den Sinn kommen, ins hl. Land
zu ziehen, selbst wenn er noch in dem fremden Franken weilte (vgl.
auch die Äusserung des jungen Gregorius: ich 'n wart nie mit gedanke
ein Beicr noch ein Vranke); jetzt aber zieht er sogar von seinem
Heimathlande (Schwaben) weg nach Palästina.
Und warum? Gewiß nicht; wie man allgemein glaubt, aus reli-
giöser Begeisterung. Das zeigt schon die Art, wie Hartmann von
A. BIRLINGER, BAIBISCHE BESEGNUNQEN. 73
Saladin spricht; so kann nur ein Dichter reden ^ der vom Olaubens-
fanatismus nüchtern geworden ist; und der den Gegner fürchtet; ja
wohl gar hochachtet; oder genauer gesagt, der den Gegner noch fUrchten
würde ; wenn derselbe noch lebte. Und in der That hat denn auch
das ganze zweite Ereuzlied; meines ErachtenS; einen vom ersten
grundverschiedenen Charakter. Nur das frühere Lied ist ein Lied voll
hoher Gottesminne; in dem späteren redet Hartmann nicht mehr von
himmlischer; sondern von irdischer Liebe. Er hat vor dem Kreuzzug
einer von ihm verehrten Dame sein Wort gegeben; daß er sich dem
Zuge anschliessen werde:
mich vienc diu minne und lie mich vam fif mine Sicherheit;
beim Beginn des Ereuzzuges erinnert sie den Dichter an sein Ver-
sprechen :
nü hat si (diu minne) mir enboten bt ir liebe daz ich var;
was der Haß gegen Saladin, den Wiedereroberer von Jerusalem; früher
bewirkte; aber nun nicht mehr zu Stande brachte (die 'n brachten
mich etc.)^ das Iiat jetzt die Liebe bereits erwirkt: Hartmann ist durch
seinen Eid verpflichtet, am Zuge Theil zu nehmen:
ez ist unwendeC; ich muoz endelichen dar:
wie küme ich briche mtne triuwe und mtnen eit!
ADALBERT BAIER
BA IRISCHE BESEGNUNGEN.
Aus einer Papierhandschrift 15. Jhd. Pflanzenbuch; ehemals Hasslers
Bibl. in Ulm.
1. Wer verstellen welle daz plut aus der nasen: laß
das plut rinnen in ein ayrschall vnd wirffs in ein prinnuntz fewr vnd
prenn das so verstet es auch oder nymb das pluett vnd schreyb da-
mit an das hiem das wort consumatum est. S. 126 ff.
2. Gegen Zahnweh: wil du aber des zand wee schier
puessen so schreib an das wang, do dir we ist: des vaters und suns
vnd des heyligen geisieS; so wirt dir pass. S. 73.
Für den zand wee: last ein mess sprechen in der heyligen
kinthaitt eren vnd unsers Herrn Jesu Kristi des nagsten mitichen dar-
nach, 80 man euchs gelernt hat vnd vast auch deu&elb^u TiiVC\äci^\i \s£^.
74 A. BIRLINOER
wasser und prott und stet selbs bey der messe vnd opffert ain opffer
in den eren der heyligeu drivaltikaitt vnd stcckcht zu der mess auf
drew Hecht in den ern der heyligen dreyen kttnig vnd last in der mess
ain collecten sprechen in der eren der heben Junkfrawen sand Appol-
lonia. S. 95.
3. Wenn das weyb zw notten mit ainem chindt get: so
leg diesen brieflF auflF ihren leyb: de viro vir virgo de virgine vivat
leo de tribu Juda, Maria (hs. Martha) virgo pepcrit Xristum. Elizabeth
sterilis peperit Johannem Waptistara. Adjuro te infans per patrem et
filium et spiritum sauctum, sive sis masculus sive femina ut exeas de
ventre isto exmamte exmamte (?) also dann das chind geboren worden,
so sol man den brieff schier abnemen. S. 264.
4. Gegen die vallundt sucht: so sol man nemen die schbalben
auf dem nest, ee das sy auf das erdrich komen vnd prech in dye
haupp herab vnd vach das pluett in ein messein pekch vnd nem weiss
weyroch vnd stoss das vnd geuss das pluett darauffvnd mach chugel
davon vnd gib sy dem menschen in nomine Patris, et Filii et Spirituü
Sancti vnd schreyb zu derselbm sucht die vcrs vnd auch die namen
der heyligen dreyen künig Caspar ^ Balthasar, Melichior an: hec si
quis secum portaverit nomina regnum , solvitur a morbo domini
pietate caduca. Die vers sol man schreybni an ein briefel und sol
ains an den hals haben, ee das dy Suun auffgee der den siechtumb
hat. S. 118.
5. Item ein bebärte erzney für potigra. Lass dir das al-
muesen einen bitten durch unsers herren marter vnd seines heyligen
plut willen vnd sol nicht nemen noch sagen wem das sey vnd auch
nur gelt vnd nichtz anders nemen noch bitten vnzt du hast auf
XXXII d. beraitt gelt vnd nicht mer. lass dir aus den XVI d. machen
ein ringerl, das trag albeg statt bey dir vnd gib die XVI d. dem
goldschmid zu Ion und sprich täglich die weil du lebst : V pater noster
vnd V ave Maria unsers herren marter vnd dem heiligen pluet vnd
ist bewärt. S. 123 ff.
6. Von der purd. Das sol man schreybm auf pergamen vnd
leg es der frauen auf die prust so genist sy schir vnd bekumbt der
gepurdt senftiklich: de viro vir virgo de virgine Maria, virgo peperit
Kristum; Elizabeth sterilis peperit Johannem Waptistam, vicit Leo de
Tribu Juda; adjuro te infans per patrem et filium et spiritum sanctum
sive sis masculus, sive femella, ut excns de vuIva ista exmamte (?) exi>
nanice fiat^ fiat! S. 129 iF.
BAIRISCHE BESEGNUNGEN. 75
7. Zue dem schlaff von Verbena. Welcher mensch verbenam
pey im hat vnd beruert ein andern menschen damit der mus im hold
sein — der bedorff zaubrey(en) nit fürchten vnd der verr woll reytten
oder geen, der pindt verbenam dem ross an den hals, so wirt es nicht
müen, wenn auch der alp treugt vaucht man es mit verbenam, im
gewirrt nicht — man will auch das verbena als vil tugent hab, als
vil sambs vnd pleter sy hab. S. 137.
8. Für den herze wurm den ain yeder mensch hat und ma-
nigs kachling daran stirbt, so news drey zehen von alnem knob-
Icich an dem heiligen Ostertag des morgens nüchter , doch nach dem
Gotzdienst ee dw anders ichz ist, so stirbt der wurm zu hantt. S. 140.
9. Wen ain windiger hundt peisst oder ain wolff, der sol
an dyselbig stat nydersitzen do er gepissen ist oder wirtt vnd sol
peichtig wem vnd sol Gotsleichnam emphachen, so gewirrt im vor
dem tod nicht. S. 128.
10. Das erst gesiebt. Ir solt nemen das hiernn von ainem
Bwarzen hundt vnd auch seins hars vnd mischt es woll zusamen, damit
salbt ain tisch vnd wer dorumb sitzt bey dem liecht, so meint jedes,
80 es den andern ansiecht es hab ain eselhaupt, vnd wellet ir das
wenden so chert dem tisch das vnder über sich oder wascht in.
Das ander gesiebt (unwichtig).
Das dritt gesiebt. Kcmbt ains huntz haupt vnd aines hasen
haupt (prennen, pulver newes wags, cherzeu anzünden bei der nacht)
so maint yederuiann es lauffen hunt und hasen in der stuben u. s. w.
11. Item in allen frischen wunden also: ir solt ncmen die
pain von dem osterlamp vnd solt sy zu pulver prennen in einem
newen haffen und darnach klein stossen in einem morser vnd seyber-
lich durch ein sib gefad vnd also sawber behalten piss man sein be-
dnrffe; es ist auch gut das pain von einem jeden lamp doch das ge-
segent ist das peste. S. 159.
12. Zu den prüchen: ncmbt gesegents speckch, der zu den
Ostern geweicht worden ist vnd altes schmer, das von einem
farch sey u. s. w. S. 163.
13. Von der Verbena. Von demselbm kraut schreybt uns
Marco der hoch arzt: sie hab grosse krafft an ir; wer sy nymbt mit
wurezen mittall vnd behalt sey in der handt vnd gce zu siechen^ das
der siech der wurezen nit inne werde vnd sprech zu im: wie verstest
du dich zu dem leben oder wie gehabst du dich? Spricht er: ich ge-
hab mich wol — er genist. Spricht er: ich gehab mich übel, — so
stirbt er des geligers. Spricht er aber: ich mag m\d[v '?^cJÄ. ^^iiv^^\^
76 W. L008E, SCHWABENSTREICH.
oder paß: ich gehabet mich gern wol mocht ich nuer, so genist er.
Er mnes aber vU leyden in demselbigen geliger. D. Mythol. 2, 1011.
3, 355.
14. Wermut Item wer mit dem safft pücher schreibt vnd das
sewty die essen dye meiss nicht; man tut sy auch gern in dye laug
für die milben. S. 110. A. BmLINGER.
SCHWABENSTREICH.
Zu Oermania 13, 76.
Ein swabe hett ein frosch gefangen, den fraget ein ander swabe :
Losa*), wanna**) gastha?***) Ich gang aus dem haga. Was hasch
gefangen? Ein fegele. Wie sind im die ougcn als root? Da hatz vil ge-
wonet Wie sind \m die fieß als broaytt? Da hatz nye kein schuch
angeloaytt Wie ist es am beuch als gell? Do istz ein eytel schmor,
Wirffs ouff, laß fliegen! Got noain, ich wils unter eim krut versieda.
Aus dem Hausbuch des Kaufmanns Hans Braun v. J. 1472. Nürn-
berger Stadtbibliothek. Schwarz 611 (22). — Vgl. Alemannia H, 254 ff. und
Birlinger-Crecelius Ausgabe von des Knaben Wunderhom 2, 410 ff.
DÖBELN. W. LOOSE.
ZUM COTTONIANUS DES HELIAND.
Herr E. M. Thompson hat mit bekannter Liebenswürdigkeit die
Abweichungen der Lesangen Bartsch's (Germ. XXIII, 403 ff.) von
meinem Texte des Cottonianus auf meine Bitte noch einmal nachge-
prüft Hiernach bestätigen sich die Angaben von Bartsch zu V. 301.
313. 505. 513. 795. 804. 823. 2240. 2511. 3211. 3830. 4065; die Rich-
tigkeit der Angaben zu 72. 603. 679. 2695. 4388 ergibt sich bereits
durch meine erste Collation. Zu V. 1396 höh'"* holmclibu bemerkt
Thompson ^It looks more like cen (d. h. in der Art wie man heutzutage
etwa in Dänemark die cn zu schreiben pflegt, indem man den letzten
*) losä, imperat. v. losen, horchen.
*^) woher, ahd. hwanftn, hwanana, mhd. wannen.
***) So bei Hans Sachs: „Der fragt mich, wann ich ^icng. Ich sagt: von Nürn-
berg her". Schmeller II ^ 916.
E. SIEVERS, ZUM COTTONIANUS DES HELIAND. 77
absteigenden Zug des a mitten durch a-Schleife zieht), but is yery
badlj written. It was first written over the holm, then smudged with
the finger and written over the höh, Not the same band as text; so
badij written, that I should not like to name a date, but it is a good
deal later than text'. Ich glaube mich zu erinnern, daß mir das über-
gesetzte Wort den Eindruck eines ganz modernen Zusatzes, etwa aus
dem XVIL oder XVIII. Jahrhundert machte und ich habe deshalb
wohl keine Bemerkung in meine Collation eingetragen. Die von Thomp-
son angegebene Form des ersten Buchstabens bestätigt diese Auffassung.
Übersehen kann ich das Wort nicht haben, da in meiner Collation das
von Heyne per conjecturam ergänzte [an] ausdrücklich getilgt ist. —
Zu V. 1808 wo Bartsch /flw^^BTO las, während ich anmerkte, daß fastaro
mit Correctur des letzten a aus o stehe, bemerkt Thompson: 'I think
he first wrote an o and then altered it to the ugly thing you see below
(folgt Abbildung, die ganz zu derjenigen stimmt die in meiner Collation
eingetragen ist). I suspect he means it for a/ — Zu V. 1566 läßt ß.
mit Bl. 45* eine neue Hand beginnen, während Th. sie für dieselbe hält
wie die frühere : *A new quire begins and the writing is rather larger,
but the same band no doubt*. Übereinstimmend mit mir liest femer
Thompson V. 162 ala \ luvgan ('a long i*), und 2534 8ted\ nach seiner
Facsimilezeichnung erklärt sich Bartsch's Lesung stced leicht, indem
t und e 80 zusammengeschrieben sind daß eine «-ähnliche Form ent-
steht. V. 879 hat die Hs. wirklich ginahid, 2242 Sdd mit Accent, 1699
steht gihulicon (gehuHcon Bartsch, gihuilicon Sievers). Endlich sind 5044
die Worte handcrafti thie viann fan is nicht in der Hs. wiederholt;
Schmeller selbst hat seine Angabe bereits II, VI col. 3 zu 154, 1 zum
Theil widerrufen. Der Fehler erklärt sich, wie mir Thompson bemerkt,
aus der Stellung der Wörter in der Hs.
endi fan is handcrafti Thie mann
fan is megine That etc.
An einigen Stellen berichtigt Bartsch Versehen meines Textes,
die von mir selbst bereits corrigiert waren; so hdbda 1028 S. 541,
Z. 5; 36* V. 1236, S. 542 unter 'Druckfehler*, wohin die Berichtigung
gehörte; die Blattbezeichnung 76* in V. 2713 steht in der Collation
S. 541, Z. 10 V. u., und die Varianten zu 5644 sagen ganz dasselbe
aus wie Bartsch*s Anmerkung.
Auch in den kritischen Bemerkungen wendet sich Bartsch einige
Male ohne Grund gegen mich, da wir beide übereinstimmen. Bei V.1600
deutet ja das Kreuz in M nach meiner Angabe S. 542 ausdrücklich
an, daß ich die Ursprünglichkeit von Pater noster bezweifle. 1750 ist
78 LITTERATUR: H. OSTHOFF, DAS VERBUH ete.
That in C nach Bartsch unzweifelhaft das richtige; ebenso sagt meine
Anmerkung zu dem Verse S. 517 'ihat C ist vorzuziehen, s. Behagbel,
Germ. XXI, 145 f.'. Ebenso deckt sich die Bemerkung Bartsch's zu
V. 2612 inhaltlich mit meiner Anmerkung auf S. 521, wo auch der
Punkt in der Hs. erwähnt ist
Zum Schlüsse erwähne ich noch, daß alle Bemerkungen Bartsch'»
tlber Zeilenschlüsse und Schreibungen der Hs., die sich nicht auf wirk-
liche Differenzen von mindestens einem Buchstaben beziehen, mit meinen
eigenen Notaten sich decken, so daß wir also nun hoffen dtLrfen eine
ziemlich definitiv gesicherte Lesung der Handschrift zu besitzen.
JENA, 7. December 1878. E. SIEVERS.
LITTERATUR.
H« Oithoff. Das Verbam in der Nominal-Composition im deatschcD, griechischen,
slavischen und romanischen. Jena, 1878. XVI. 372.
Im vorliegenden Werke stellt der Verfasser sich die Aufgabe, die Zusam-
mensetzungen der im Titel genannten indogerm. Sprachen, in deren ersten Theilen
man bisher meist Verba zu sehen gewohnt war, aufs neue zu untersuchen. £•
sind das solche Coropositionen, wie Bethaus, tpsgi-xagnogy vruto-glaTii, porte-
feuillc, in deren vorderen Gliedern fiir unser Sprachgefühl etwas Verbales
steckt, sei es nun als unbestimmter Begriff des Zeitwortes , sei es als partiei-
piales nomen agens, sei es endlich ab Imperativ gedacht, wie verschiedene
Forscher annahmen. Durch seine Untersuchung, der ein reichhaltiges Material
der einschlagenden Bildungen zu Grunde liegt, und die dieses in historischer
und vergleichender Methode durchforscht, kommt der Vf. zu dem Ergebnits,
daß in allen genannten Sprachen von ursprünglicher Zusammensetzung mit ver-
balen Vordergliedem keine Rede sein kann, und daß, wenn im historischen
Verlauf die Sprache wirklich Verbalstämme zur Bildung von Zusammensetzungen
verwendet, dies als eine Verirrung vom eigentlichen Wege zu betrachten, zu-
gleich aber als ein bequemes Mittel zur Scha£[ung neuer einheitlicher Aus-
drucke für zwei Begriffe den Sprachen von großem Gewinn ist
Wie weit es dem Vf. gelungen ist, den Leser von der Wahrscheinlich-
keit seiner Ansicht auch in Betreff der anderen Sprachen zu überzeugen, hat
infofern fiir die Besprechung seines Werkes in dieser Zeitschrift keine Beden*
tung, als — mit einer spater zu erwähnenden Ausnahme — die behandelten Com-
Positionen nicht in proethnische Zeit hinaufragen, der Beweis also für die Rich-
tigkeit seiner Ansicht in Hinsicht der Composition einer Sprache durchaus
nichts beweisendes für die Annahme einer gleichartigen Entstehung der ent-
sprechenden Zusammensetzungen in einer anderen Sprache hat. So können wir
hier den ersten Abschnitt des Werkes einer gesonderten Betrachtung unter-
LITTERATÜR: H, 09TH0FP, DAS VERBÜM etc. 79
ziehen, der die deutschen Nominalcomposita mit verbalem ersten Qliede von
Seite 10—136 bebandelt.
Nach einigen Vorbemerkungen fii^irt uns der Vf. historisch durch die
einzelnen deutschen Dialekte durch und behandelt dann in zwei gesonderten
Abschnitten das Vorkommen von Verben in Compositionen mit den ursprüng-
lichen Nominibus bar, haft u. s. w. und die sogenannten Imperativnamen. In
den ersteren Abschnitten bandelt es sich um Bildungen wie Bet- haus, Schreib-
feder, also — um mich der Terminologie L. Schröders zu bedienen — um
Komposita immutata, während, wie wir sehen werden, die zuletzt besprochenen
Imperativnamen zu den mutatis zu rechnen sind. In Betreff der ersteren nun
hat 0. zur Evidenz nachgewiesen, daß diese Art der Bildung relativ sehr jung
ist, gotisch noch gar nicht vorkommt und erst nach und nach den Umfang er-
reicht hat; den sie heute einnimmt. Im Gotischen sind es zwei Wörter, die
in den Verdacht kommen konnten, ein verbales Element in ihren ersten Glie-
dern zu enthalten , nämlich thiuthi-qissa- und vinthi-skaurön-, in denen man
die Verba thiuthjan und *vinthjan vermuthen könnte, aber ebensoviel Anspruch
darauf, erster Bestandtheil dieser Wörter zu sein, haben vorauszusetzende Sub-
stantive *thiuthi- oder *thiuthja- und *vinthi- oder *vinthja- nach der Analo-
gie von mati-balgi- und naudi-bandjä-, die wir mit 0. lieber mit mati- und
uaudi- uns zusammengesetzt denken, als mit dem Stamme von matjan und nauth-
jan. Wären wir aber gezwungen, in vinthi- und thiuthi- die Stämme der Verba
vinthjan und thiuthjan anzunehmen, so hätten wir in ihnen schon den jbesten
Beweis, der freilich aus dem ahd. Material mit mehr Sicherheit zu führen ist,
wie die Sprache dazu kam, verbale Stämme als Vorderglieder von Zusammen-
setzungen zu gebrauchen. Die formale Gleichheit solcher Stämme, wie einer-
seits der Substantive mats, nautlis, andererseits der Verba matjan, nauthjan,
verführte das Sprachgefühl, „Neubildungen zu wagen, bei denen unmittelbar'
ein verbaler Stamm als erstes Glied einer Nominalcomposition verwendet ward".
Das wird aus den anderen Dialekten klar, die ein größeres Material zur Be-
urtheilung bieten. Nach des Vf.s Ausführung verbieten uns die noch voll er-
haltenen Ableitungsvocale ö und e der schw. Verba auf ön und Sn, in ahd.
Wörtern wie beta-hüs, spila-hüs oder wie fasta-tac, klebe-tuoch die ersten Glie-
der von den Verben beton, spildn^ fasten und kleben zu sehen, statt deßen
bieten sich ganz ungezwungen Substantive, wie beta, spil, festa, kleb zur Er-
klärung, die lautlich und begrifflich nichts zu wünschen übrig läßt. Nur die
Frage kann ich hier nicht unterdrücken, warum die Verba auf ön oder en in
der Composition durchaus die langen Vocale ö und e hätten zeigen muß en?
Die Ableitungen got. vratodu , ahd. dionost, got. libaini- beweisen nichts da-
gegen, daß in der Zusammensetzung, die doch ihre eigenen Gesetze hat, jene
langen Vocale verkürzt werden konnten ; z. B. got. qinön- wird in der Com-
position zu qina-. Trotz der zu schw. Verben auf jan gehörigen altgermani-
schen Abstractbildungen auf ini- (Osth. S. 31), die durch die Vergleiche mit
lat. und gr. verwandten Ableitungen an Bedeutsamkeit gewinnen, zeigt das Ver-
balthema dieser Verba, sobald es im ersten Theile von Zusammensetzungen
steht, kurzen Vocal, warum sollte also auch den Verben auf du und §n eine
Verkürzung nicht erlaubt gewesen sein? Wir müßen uns begnügen mit dem
Eingeständniss, nicht zu wißen, wie etwa von der Sprache die Verbalstämme
80 LITTERATUR: H. OSTHOFF, DAS VERBUM etc.
von Verben auf 6n und Sn behandelt w&ren, wenn sie schon das Bedfirfiu«
gefühlt hätte, sie xor Bildung Ton Compositen xü verwenden.
Der Umstand y daß jene Compositionen sich ohne Zwang als in ihrem
ersten Gliede aus Substantiven bestehend auffaßen laßen ; verbanden mit der
Thatsache, daß das Gotische, die oben erwähnten xweifelhaften Fälle abge-
rechnet, die Zusammensetsug mit verbalen Stämmen nicht kennt, genügt schon,
Wörter wie beta-hüs außer allem Zusammenhang mit dem Verbalstamm von
beton zu laßen.
O. führt dann die ahd. Zusammensetsungen auf, die wie die got. mati-
balgi- , nauthi - bandjft- eine zweifache Möglichkeit der Erklärung gewähren,
indem ihr erster Theil der Bedeutung nach entweder das Thema eines
Substantives der i-, ja-, ja- (od. i-) decl. oder eines Verbums auf jan seiii
kann. Daran schließen sich, im Verhältniss zu dem vorhergehenden in geringerer
Zahl vorhanden, die Wörter, die nur die Zusammensetzung mit dem Verb er-
lauben, da zugehörige Substantiva fehlen, und im Gegensatz dazu diqfenigen,
die nur eine Erklärung durch Annahme eines Substantivs als ersten Gliedes
finden. Offenbar sind diese die ursprunglichen Bildungen, jene mit verbalem
Vordertheil die nachgebildeten. Von S. 66 an folgt dann die Betrachtung der
Wörter, in deren erstem Theile unser Sprachgefühl st. Verbabtämme sehen
möchte [wie scelt-wort]; die genauere Prüfung ergibt dann aber, daß in den
allermeisten Fällen das erste Glied seine Erklärung auch durch einen Sab-
stantivstamm finden kann, und diese Erklärung ist vom historischen Standpunkte
aus die einzige richtige. — Sind der ahd. Zusammensetzungen nur erst wenige,
deren Erklärung mit Nothwendigkeit einen Verbalstamm als ihren ersten Be«
standtheil erheischte, so nimmt im mhd. (S. 86) und nhd. (S. 9i) die Zahl
solcher Composita überhand, da der Wegfall des zwischen den Vocalen des
Stammauslauts der Anfangsglieder früher herrschenden Unterschiedes die Mög-
lichkeit gewährte, jetzt lautlich mit Nominalstämmen übereinstimmende Verbal-
stämme zur Nachbildung der schon vorliegenden Compositionen heransoziehen.
So sehr überhand nehmen die mit verbalem ersten Tb eil zusammengesetzten
Wörter im nhd., daß trotz der Möglichkeit, das erste Glied substantivisch anf-
zu&ßen , unser Sprachgefühl vorwiegend den Thätigkeitsbegriff in ihnen sa
sehen meint; unterstützt wird dies Gefühl durch das Absterben und Veralten
mancher Substantive, oder durch ihr Ausweichen in andere Declinationsweisen,
wodurch ihre Form von der in der Composition erscheinenden sich entfernte*
In gleicher Weise geht 0. der Reihe nach das as. ags. und an. durch,
um zu zeigen, wie auch in diesen Dialekten erst durch das völlige lautliche
Zusammenfallen von Nominal- und Verbalstämmen den letzteren der Weg ge-
bahnt wurde, zunächst sich als erste Glieder von Compositionen im Sprachge-
fühle festzusetzen, dann weiterschreitend selbständig solche Zusammensetzungen
zu bilden.
Der sich daran schließende Abschnitt (S- 112) zeigt uns, wie in ähn-
licher Weise an die Stelle von Substantiven Verbalstämme treten konnten,
nachdem die ursprünglich selbständig als zweite Glieder in Nominalzusammen-
setzungen auftretenden Nomina -bar, -haft, -lieh, -los, -sam zu suffixartigen
Silben sich abgeschwächt hatten. Der lautliche Zusanmienfall vom Nomen dank
mit dem Verbalstamm dank ermöglichte neben und nach der Analogie einer
Bildung wie dank-baere eine Composition hel-baere, in der nun wegen des
UTTERATÜR: H. OSTHOFF, DAS VEBBUH etc. 81
rerbalen ersten Theils das urspr. nominale baere zn der Bolle eines primären
Wortbildongselementes herabsank. Gleicher Weise verläuft die Entwickelung
der anderen genannten, für unser Sprachgefühl nar noch als primäre Bildungs-
silben existierenden, ursprünglich als zweite Compositionsglieder verwendeten No-
mina. An dem lat. Suffix do- wie in lücido-, das aus der Wurzel dd seinen
Ursprung haben soll, versucht 0. im Anschluß an das Vorhergehende eine
ähnliche Entwickelung au zeigen; da sei erst an Nominalstämme, wie in morbi-
do- an morbo-, in frigi-do- an frigor-, in candi-do- an candör- getreten^ und da
neben diesen meistentheils Yerba auf dre lagen, aus denen das Sprachgefühl,
für welches die Herkunft des da schon dunkel geworden wäre^ jene Bildungen
auf do- auch vermittels eines primären Suffixes hätte herleiten können, so sei
endlich wirklich das vollwichtige da zur einfachen Bedeutung eines primären
Bildungsmittels herabgesunken^ mit dem z. B. vali-do- aus dem Verbum valdre
direct abgeleitet sei.
Der letzte den deutschen Zusammensetzungen gewidmete Abschnitt be-
schäftigt sich mit den sog. Imperativnamen, beßer Satznamen genannt, da diese
Namen mit dem Imperativ ursprünglich gar nichts zu thun haben. Es sind
zum Theil Appellativa wie Wendehals, Wagehals, theils Eigennamen wie Schlichte-
groU, Suchenwirt. Osthoff bringt diese Kategorie von Zusammensetzungen in
engste Verbindung mit den zuvor behandelten wie Bethaus. Er sieht in Bil-
dungen wie Wendehals nicht ursprüngliche Bahu-vrihis^ sondern Karmadhärayas,
aus denen erst durch metaphorische Anwendung possessive Compositionen ent-
standen. Wendehals ist ihm ursprünglich ein 'Hals zum Wenden' wie an. hengi-
kjöptr ein Hängekiefer. Aus ihnen entstanden dann die Bezeichnungen für
Personen: Wendehals = jemand, der einen Hals zum Wenden hat, also Bahu-
vrlhizusammensetzung. Die Sprache ging dann noch weiter, indem sie den ersten
Theil solcher Zusammensetzungen Imperativisch auffaßte und nun ganz den
griechischen Bildungen wie ^BQixuQjcog ; 'OQ6tko%oq entsprechende Namen
schuf: Suchenwirt, Fürchtegott , die sich als umgekehrte Tatpurushas zeigen,
indem das zweite Glied sich immer als Object zum ersten verhält. Zuletzt
traten an die Stelle dieser Objecto auch adverbiale Bestimmungen wie in Kehr-
wieder, Springinsfeld, und Zusammensetzungen ganz jungen Ursprungs wie Ver-
gißmeinnicht haben dann dieser ganzen Klaße den Namen Imperativnamen zu-
gezogen.
Hierbei mochte ich aber doch verschiedenes bemerken, das Osthoffs Er-
klärung als weniger gesichert erscheinen laßen dürfte. Entschieden geht 0. zu
wdt^ wenn er alle Bahuvrihis (auch die anderer Sprachen) auf Metaphern be-
ruhen läßt. Er entkleidet sie dadurch ganz und gar ihres adjectivischen Charak-
ters, den sie doch im altiodischen, griech. u. s. w. überall aufs deutlichste zur
Schau tragen. Während man sonst die Bahuvrihis als die ältesten und eigen-
thümlichsten indogerm. Compositionen betrachtet, läßt 0. sie aus substantivi-
schen Karmadhärayas entstehen, indem sie nach seiner Meinung appositiooell,
nicht attributiv, zu anderen Substantiven traten. Er übersetzt demnach das gr.
%QV66^QOVog"HQfi mit: der Goldthron, Hera; TgandÖBg ßadiixoknoi die
tiefen Busen, die Troerinnen. Dann müßte auch ^Ad^vr^ TtoXvßovkog heißen:
Athene, die vielen Räthe; während hier doch gar nicht zu verkennen ist, daß
aus ßovJii^ in Verbindung mit noXv-, trotz des daucbenstehenden AdTiVri und
troti des weiblichen Geschlechtes von /SovAi], die Fcmmvu^xidaii^^ N^\«OKai^^\A-k
emCANU. Nm# Ssihe. IIJ. (JJIV. J^hrg.) ^
82 LTTTERATÜB: H. OSTHOFF, DAS VERBUH ete.
ein Adjectiv auf og geworden ist. Für die Formen nokvßovXoSf JiBVXcilBVOg
mit männlichen Endungen reicht znr Erklärung die Berufung auf die Analogie
Ton ßa^xoXxog schwerlich aus. Auch die ältesten deutschen Bahurrihis
sind deutliche Adjectiye: hauh-hairts, arma-hairts, denen man sonst ja lieber
die schwache Grundform des Substantivs hätte laßen können: hauh-hairto;
und wie will 0. das Adjectiv tvalib-vintrus, zwölQährig, übersetzen? Tarth tra-
libylntrus (Luc. 2, 42)^ er wurde ein Zwölfwinter? Nein, die Bahuyrfhis bleiben
adjectivische Zusammensetzungen, wie sie es von Anfang an waren ; und laßen
einige wie hengi-kjöptr oder Wendehals eine Umdeutung aus einer Kanna-
dh&raya- in eine Bahuvrihizusammensetzung durch Metapher möglich erscheinen ,
so doch nicht die von 0. selbst erwähnten Fürchtegott u. s. w. (S. 134 oben),
^auf welche die bahuvrihische Auffaßung nun nicht mehr verwendbar ist^. Da-
mit erklärt sie 0. durchweg für Nachbildungen. Wenn auch diese Art der Zusam-
mensetzung, in der das erste Glied als nomen agens, das zweite als daTon ab-
hängiges Object erscheint , in der Literatur nicht sehr früh anzatreffeo
ist — diese Namen gehörten wohl immer dem niederen Volksleben an — so
scheinen sie doch altgermanisches Sprachgut zu sein ; oder sollte Shakespeare
und andere englische Namen der Art auf französische wie Taillefer zuruekza-
fuhren sein? An Bedeutung gewinnen sie noch durch die griechischen paral-
lelen Bildungen wie tpsgi-xagnog oder OQ6i'ko%og. Spuren dieser „umge-
kehrten Tatpurushas** finden sich ja auch im altindischen; es scheint mir dar-
um räthlicher, sie von den übrigen von 0. behandelten „immutatis^ (nach
Schroeders Terminologie) zu trennen und in ihrem ersten Theile nomina agen-
tis zu suchen. Wie lange die Sprache sich, trotz solcher abgeirrter Bildungen
wie Vergissmeinnicht, noch sträubte, im ersten Theile Imperative zu sehen, zeigt
das von 0. (S. 136) erwähnte friätte-g6m.
Über einzelne Punkte ließe sich noch streiten, so z. B. über die Her-
leitung von liche-steini Polierstein, und lichdn aus *lichi = an. l^ki, species,
forma, figura (S. 21); vielleicht gehört dies Yerbum zu lat. Idvi-, vgL ahd.
zeihhur, ags. täcor zu lat. Idviro* ; bei got. hulistra- (S. 30) ist doch das ohne
Umlaut gebildete ags. heolstor, nhd. holster, zu berücksichtigen, wodurch das
got. i an Bedeutung verliert. Das S. 35 erwähnte adj. spuri-halz kann, da es
von Pferden gebraucht wird, nicht gut |,zum spüren lahm'' heißen; spur muß
etwa Tritt bedeutet haben, vgl. got. spaurdi-, von einer deutschen Wurzel *spar,
treten. Auf S. 54 ff. wird in einer Anmerkung das lateinische pecu mit seinen
Nebenstämmen besprochen. Aus einem masc. *pecus hat sich nach O.'s Mei-
nung mit Rücksicht auf das Geschlecht von ovis ein fem. pecüs entwickelt,
und um sich einer femininen Declination auf -us anzuschließen, entschied es
sich für die Analogie von laus, frans mit dem genitiven laudis, frandis, statt
wie man erwarten könnte für die von palus oder virtus, wegen — der Quan-
titätsverschiedenheit. Ist denn die Verschiedenheit der Quantität zwischen pecua
und fraus geringer, als zwischen pecus und palus? oder erkannte das schlaue
pecus in dem Diphthong au ab zweiten Theii ein li ? Aber warum blieb pecus
nicht in der u- Declination, wo es doch auch Feminina wie manus gab? Hier
scheint mir denn doch das Streben, vorderhand unerklärbare Formen durch
Anlehnung oder Association zu erklären, zu weit getrieben. Begnügen wir uns
doch mit dem Nebeneiuanderliegen zweier Stämme pecu- und pecud-, von denen
LTTTERATUB: O. BEHAOHEL, DIE ZEITFOLGE D. ABHÄNGIGEN BEDE. 83
letiterer eine größere Beachtung verdient; als ihn so ohne Zwang als Nenbil-
dnng aafznfaßen.
Zn S. 65. Ein altgermanisches salja- anzusetsen, erlauben trotz des lat.
solio- und des von Fick III^ 320 angef&hrten an. gpl. selja die as. an. u.
ahd. Formen, die auf ein sali- hinweisen, nicht. — Die schon vorhin erwähnte
Ansicht über das Su£Pix do- in lücido- u. s. w. halte ich für nicht sehr ein-
leuchtend; die angeführten Sanskritcomposita wie artha-da-, jala-da- u. s. w.
enthalten in ihrer Bedeutung freigebig , wassergebend u. s. w. wirklieh einen
Reflex des zweiten Gliedes; außerdem liebt das Sanskrit solche Zusammen-
setzungen mit der reinen Wurzel wie jala-p! u. s. w., die das Latein gar nicht
kennt Wo ist aber in lucidus, morbidus, solidns, eine Spur, daß in dem do-
einst eine lebendige Wurzel gesteckt haben könnte? Da scheint mir die Be-
rufung auf die durch häufigen Gebrauch abgegriffene Münze und auf das aus
biri entstandene deutsche bar nicht auszureichen, um die lateinischen Wörter
von ihren Verben loszureißen^ so ansprechend sonst die Parallele zwischen jenen
deutschen zu Suffixen verblaßten bar, haß u. s. w. und einem lat. aus Wurzel
da entstandenem Suffix do- wäre.
Doch genug! Wie das eben gesagte zeigt, enthält die Arbeit Osthofis
mancherlei neue und interessante^ aber nicht unmittelbar zu dem Gegenstande
in Beziehung stehende Gedanken ; es wird dadurch die Ausführung des eigeni-
liehen Themas noch mehr, als es schon durch die allzu behagliche Breite des
Stils geschieht, zu ermüdender Länge ausgedehnt; gewiß nicht zum Vortheil
des sonst sehr klar geschriebenen Werkes, das sich durch Correctheit des
Druckes, sowie genaue Indices zu allen Theilen in angenehmer Weise aus-
zeichnet
DORPAT, 9. Min 1878. W. SCHLÜTER.
Die Zeitfolge der abhängigen Rede im Deutschen von Dr. 0. Behaghel.
Paderborn^ Druck und Verlag von F. Schöningh 1878.
Der VerfEtfser spricht im Eingang von dem Erwachen der syntaktischen
Studien, zu welchen er schon in seiner Schrift „Die Modi im Heiland* Pader-
born 1876, einen tüchtigen Beitrag geliefert hat, und zeichnet in kurzen Zügen
richtig die Methode, nach welcher die Vorarbeiten zu einer historischen deut-
sehen Syntax anzulegen sind. Er selbst will in der vorliegenden Schrift ge-
schichtlich die Art und Weise darstellen, wie der Conjunctiv des Präsens und
Präteritum in der abhängigen Rede verwendet werden, wobei er den letzteren
Begriff etwas weiter als im gewöhnlichen Sinne nimmt, so daß auch Object-
sätscy die von Verba sentiendi abhangen, und Adverbialsätze in den Bereich
der Darstellung hineingezogen werden. Diese Erweiterung des Begriffes ab-
hängiger Rede ist vielleicht formell nicht ganz zu rechtfertigen, wohl aber
materiell, da ein Gesetz der Zeitfolge, wenn es überhaupt existiert, an Unter-
schieden von jener Art keine Gränze finden kann. Zunächst hält sich aber
der Verf. an den gewöhnlichen engem Begriff, wenn er (p. 6 — 18) sprach-
vergleichend die allmähliche Entstehung der oratio obliqua aus der directa
durch das Mittelglied einer Redeweise zu erklären sucht, in welcher nur Vec-
der Person, noch nicht des Modus stattfand, mdeni d«t ^^t^^vs^^^
84 LITTEBATUB: O. BBHAOHEL, DIE a^ITFOLGE D. ABHiNQIQEN REDE.
die Aussage eines Andern nicht als solche, sondern nach seiner eigenen Auf-
fassung berichtete. Diese ganze Untersnchong war far die Hauptfrage nicht
gerade nothwendig, aber sie hat ihr eigenes Interesse and ist jedeofalb ge-
eignet, in das Gebiet der indirecten Hede einzuführen. Daß die dgentliche
oratio obliqua nicht in die Periode der europäischen Sprachgemeinschaft (wenn
eine solche überhaupt anzunehmen wäre) und daß auch die Übergangsform
nicht in die indogermanische Periode hinauf reiche, läßt sich naturlich nicht
nachweisen, aber es ist auf Grundlage anderer Betrachtungen mit ziemlicher
Sicherheit zu Termuthen. Übrigens bemerkt der Verf. (p. 18 unten) sehr rich-
tig, daß sich nicht jede Gattung indirecter Rede unmittelbar auf die snbjcctiT
berichtende Mittelform zurückfuhren lasse; das ist ebenso unmöglich als die
Zuruckfuhrung aller Modusfunctionen in Nebensätzen auf die in Hauptsätzen
noch vorkommenden: es muß hier dem fruchtbaren Princip erweiternder Analogie
offener Spielraum gelassen werden (vgl. p. 21).
Näher rücken wir der Hauptsache mit der Frage nach der Entstehung
der Modusverschiebung, welche ja von der Tempusverschiebung nicht nur be-
grifflich getrennt werden kann, sondern ihr auch geschichtlich vorausgegangen
sein wird und vielleicht mit modaler Verwendung des Präteritum, auch im In-
dicativ, wie sie im Griechischen und Franzosischen vorkommt, angefangen hat.
Von dem Unterschied zwischen Conjunctiv und Optativ kann für die germa-
nischen Sprachen aus bekannten Gründen abgesehen und es kann daher unbe-
denklich für die ursprünglich Optativen Formen der Name Conjunctiv gebrancht
werden, der ja eigentlich für Nebensätze berechnet ist, während eher beim
eigentlichen Optativ die Frage erhoben werden kann, wie er in den Nebensatz,
also auch in die orat. obl. gekommen sei. Er konnte dies offenbar nur ver-
möge seiner ursprünglich allgemein potentialen Bedeutung, von wdcher auch
die Optative nur eine Function ist, und der Unterschied von Frage und zweifel-
hafter Behauptung kommt dabei allerdings nicht In Betracht. Wenn aber der
Verf. (p. 21 oben) mit Erdmann (Sjnt. Otfrids I, 74) annimmt, frageiy hwal
n heisse ursprünglich: er fragt; etwas ist doch wohl! so muß ich dies be-
zweifeln, da die indefinite Bedeutung des Pronomens doch erst aus der wirklich
fragenden geflossen sein wird: er fragt: was mag wohl sein? Hin wider muß
ich Erdmann gegenüber dem Verf. Recht geben, wenn dieser (p. 21 Mitte)
meint, beim Wahrnehmen und Erkennen verhalte sich das Subject nicht aetiv,
sondern passiv; die neuere Psychologie lehrt wirklich eher das Gkgentheil; doch
ist diese allgemein philosophische Frage hier ohne Belang. Auch der p. 81
unten ausgesprochene Satz: , heutzutage gibt es in unserer Sprache kanm ein
Verbum, nach dem wir nicht den Conjunctiv setzen könnten", wäre eher in
das Gegentheil zu verwandeln, da der Conjunctiv in der neuem Sprache zu-
sehends abnimmt und zwar nicht bloß im Nordischen und Niederländischen,
wie der Verf. p. 53 bemerkt (vgl. Bock, über einige Fälle des Conjunctiviis
im Mittelhochdeutschen, Straßburg 1878) und es in der That nur auf die
jeweilige Auffassung ankommt; aber auch diese Frage schlägt hier nicht unmit-
telbar ein, sondern die eigentliche Arbeit des Verf. beginnt erst p. 22 mit
der Verschiebung der Zeiten.
Hier stößt der Verf. auf die nicht zu umgehende Frage, ob es im Deut-
schen jemals einen wirklichen Potcntialis des Präteritum gegeben habe. Dabei
hätte er aber von der Vergleich ung mit dem griechischen Aorist ganz absehen
UTTEBATÜB: O. BEHAGHEL, DIE ZEITFOLGE D. ABHÄNGIGEN REDE. 85
oder jedenfalls von dort aus nicht „a priori*' auf das Deutsche schliessen
sollen; denn das germanische Präteritum ist seiner Bildung nach bekanntlich
nieht ein Aorist^ sondern ein Perfectom (was der Verf. spätet p. 37 £P. für
eine andere Frage ganz richtig in Anschlag bringt), so daß nach Analogie des
Griechischen, wo ein Optativ des Perfectum wirklich vorkommt, derselbe auch
for das Deutsche wenigstens als möglich einzuräumen wäre; aber entscheiden
kann ja freilich nur der Befund von Thatsachen« Hier nun muß dem Verf.,
gegenüber Erdmann, zugegeben werden, daß sichere Beispiele eines potentialen
Optativ des Präteritum in Hauptsätzen bei Otfrid nicht nachzuweisen sind, be-
sonders weil die Reimnoth diesen Dichter allzu oft beherrscht und darum über-
haupt unfähig macht, in zweifelhaften Fällen als echte Quelle und Autorität
altdeutschen Sprachgebrauches zu gelten. Was der Verf. hierüber schon in
seiner früheren Schrift (Die Modi im Heiland p. 7) gesagt hat und in der
vorliegenden p. 26 noch begründet, habe ich ebenfalls schön früher ab meine
Ansicht ausgesprochen. Zum Beweis aber, daß ich dieses kritische Princip
nicht übertreiben und gegen Otfrid möglichst gerecht sein möchte, will ich hier
beifügen, daß von den p. 25 (unten) angeführten Stellen wenigstens zwei von
der Art sind, daß der Conjunctiv des Präteritum nicht aus Reimnotii erklärt
SU werden braucht. Otfr. 1, 11, 39 steht jene Form in einem Relativsatz von
allgemeiner Bedeutung, wie das beigefügte (freilich oft bedeutungslose, und nur
zu Füllung des Metrums dienende) io andeuten hilft, und von der Stelle 1, 6,
13 gibt der Verf. selbst eine nothdürftige Erklärung. In der That findet sich
der Conjunctiv in Relativsätzen, welche eine ganz aUgemeine oder eine ganz
bestimmte Beschaffenheit als eine Art von Postulat aussprechen, auch im Mittel-
hochdeutschen nicht selten (ähnlich im Neufranzösischen nach Superlativ, Ne*
gation und seul). Vielleicht kann auch Otfr. 2, 6, 39 durch Vergleichung
der vom Verf. p. 30 angeführten Stelle aus Isidor (47, 8) gestützt werden,
wenn man erklären darf: was konnte er damit gewinnen?
p. 27—28 werden die merkwürdigen Stellen aus dem Parzival angeführt,
welche der Form nach Conjunctive des Prät. zu sein scheinen, während sie
doch dem Sinne nach nur Indicative sein können (ausgenommen 166, 7, wenn
man neuhochdeutschen Gebrauch annehmen dürfte: Solltet ihr etwa früh gewesen
sein?). Der Verf. erklärt die fraglichen Formen aus Einfluß des Niederdeut-
schen, wo Indicativ und Conjunctiv des Plural Prät. starker Verba fast durch«
weg zusammenfielen. Aber da gerade die Conjugation, der die betreffenden
Verba angehören, davon ausgenommen ist, so wird die Wahrscheinlichkeit jenes
Hergangs verringert; und wie soll der niederdeutsche Einfluß auf Wolfram
vermittelt werden? etwa durch dessen Aufenthalt in Thüringen? Vermischung
zwischen Indicativ und Conjunctiv des Prät. war durch die Gestalt der zweiten
Penon Sing, des Indicativ immer nahe gelegt ; daß sie aber bei den
fraglichen Verben wirklich Platz grifft welche besonders häufig gebraucht wer-
den, möchte ich daraus erklären, daß unter denselben tcete sich befindet, bei
dem auch der Singular {iSte) sich nahe mit der des Conjunctiv berührte und
zum Theil wirklich vermischte, sodann daraus, daß bei haben^ ebenfalls einem
Verbum häufigsten Gebrauches, die beiden Modusforroen des Prät ebenfalls,
und zwar hier mit Becht, zusammenfielen. Das ce von taste und hate konnte
sich dann den übrigen Verben mittheilen; daß es bei jenen beiden sehr fest
BAß), zogen die in der volksmässigen Poesie bis auf n^u^c« *L«v\. V^^v^^
86 LTTTERATUB: O. BEHA6HEL, DIE ZEITFOLGE D. ABHXNGIGEN REDE.
fortdauernden Formen tkät and käU als indicative Prat. Wenn der Verf. tchließ-
lieh (p. 30) erwähnt, daß hentzotage anch in andern Gegenden als Nieder*
dentschland der Conjunctiv des PriLt Flur. fSr den IndieatiT gebraucht werde,
80 mag hier beigefügt werden, daß nach Kehrein (Gramm, der nhd. Sprache
n, 2y §. 108) umgekehrt einige süddeatsche Mundarten das Imperfectum des
Indicativ nur als Conditionalis brauchen; indessen lassen die dortigen Citate
aus Schmeller (Die Mundarten Baiems) Termuthen, daß es sich dabei nur um
▼erkürxte Imperfecta des Conjunctiv handle, welche den Umlaut nicht angenommen
hatten. Schließlich findet der Verf. allerdings im Gh>tischen und Althochdeut-
schen einige Beispiele eines unzweifelhaften Potentialis des Präteritam und swar
in Fragesätzen, wo er ihn auch am ehesten erwartete; aber er versagt sich
diesen Gkwinn, weil solche Fragesätze nicht eigentliche, sondern nur rhetorische
seien, weil in denselben nicht eine reale Möglichkeit, sondern vielmehr Irre-
alis ausgesprochen werde. Aber hören sie darum auf, Fragesätze zu sein?
Und was geht jener logische oder praktische Werthunterschied die innere Sprach-
form an? Auch dss Prät Conj. in conditionalen Haupt- und Nebensätzen von
vergangenen Fällen bleibt ein unbestreitbarer Potentialis des Präteritum. Davon
muß freilich dieselbe Form als Aasdiuck der Irrealität für Gegenwart und
Zukunft unterschieden werden. Diesen Gebrauch zu erklären lag nicht in der
Aufgabe des Verf.; die Erklärung liegt aber in der von ihm ausgesprochenen
Ansicht, daß der Conj. Prät überhaupt Irrealität, für alle drei Zeitsphären, aus-
drücken konnte. Den Gebrauch desselben in abhängigen Sätzen nach einem
Prät. Indic. im Hauptsatze erklärt der Verf. ans einer Zusammenwirkung und
Ausgleichung zwischen dem Conj. Präs. und dem Indic. Prät., indem der erstere
den Modus, der letztere das Tempus für die neue Construction ergab; dabei
muß aber festgehalten werden, daß trotz jener temporalen Indifferenz, welche
das Prät. Conj. ausdrücken konnte, das temporale Element in demselben nie
ganz erloschen war; denn wie wäre sonst: tageta^ thai ufori müglich gewesen
für den Fall, daß die Aussage nnbezweifelt und richtig war?
Was nun den factischen Gebrauch betrifft, so ist die p. 37 aufgestellte
Begel, daß auf ein Präteritum des Hauptsatzes dasselbe Tempus im Nebensatz
folgte, für die alt- und mittelhochdeutsche Zeit nicht leicht zu bestreiten, ab-
gesehen von den Ausnahmen, die der Verf. besonders für das Althoehdeatsehe
beibringt; daß im Mittelhochdeutschen die frühere Freiheit gänzlich eiiosehen
sei, wie p. 41 und 50 unten behauptet wird, möchte ich doch nicht so ganz
bestimmt versichern, obwohl mir kein Beispiel von Präsens naeh Präteritum lu
Gebote steht, wogegen Prät. nach Präs. Ruther 1673 und wohl noch öfter
vorkonmit. Ich halte überhaupt dafür, daß eine Regel der conseeutio tem-
porum, wie sie in der lateinischen Grammatik (freilich auch nicht ohne Aus-
nahmen) gelehrt wird, für die deutsche Sprache nie bestanden, sondern daß
diese von je her einer ähnlichen Freiheit der jedesmaligen Auffusnng und Dar-
stellung sich erfreut habe wie die griechische, und zwar nicht bloß für den
Hauptsatz, dessen Präteritum ab Perf. Präs. oder als Aorist aufgefaßt werden
konnte (p. 41 unten), sondern anch für den abhängigen Satz, z. B. in HUlen
wie Otfr. 5, 20, 23 (p. 38) und der p. 44 unten angefahrte (p. 43 sind die
Zahlen 4 und 9 für das Verhältniss der Präsentia und Präterita verweehselt).
In der Stelle Otfr. 1, 1, 115 läßt sich vielleicht Otfrid wieder gegen die An-
nahme blossen Reimzwanges (p. 48) in Schutz nehmen, da tungi als Perf. Prie.
LITTERATÜR: 0.BEHA6HEL, DDS ZEITFOLGE D. ABHÄNGIGEN BEDE. 87
anige&Ot werden kann: daß Niemand in ihrer Sprache Gottea Lob gesangen
habe. Anch 3, 6, 18 kann von Zwang nicht die Rede sein, da der Reim ja
einsilbig sein durfte wie ▼• 22^ wo umgekehrt nach Prät das Präsens steht.
In der SteHe Parz. 180, 9 kann das Präteritum damit gerechtfertigt werden,
daß Sprichwörter eigentlich nicht erst nachträglich durch Thatsachen sich be-
währen, sondern auf wirklich vorgekommenen Fällen beruhen, daher auch das
Griechische dergleichen allgemeine Sätze im Aorist anführt. Otfr. 4, 20, 17
ist wohl die Meinung, Jesus habe sich (tchon früher) Konig genannt und gebe
sich nun (neuesteni) auch als Christ (Messias) aus. 2, 19, 2 ist das Präsens
nicht aus Übergang in die directe Rede zu erklären (p. 51), sondern einfach
daraus, daß einem solchen Gebote oder Verbote nach der Natur der Sache
Gültigkeit für alle Zeit, resp. beständige Gegenwart zukommt. Wenn der Verf.
schließlich Bedenken trägt, zwei Stellen aus Predigten des 13. Jahrhunderts,
welche Präsens nach Präteritum zeigen, als Vorläufer des neueren Gebrauches
za betrachten und lieber Verderbniss des Textes annehmen will, so muß ich
mich zu der entgegengesetzten Ansicht bekennen und ich zweifle nicht, daß
gerade die genauere Erforschung mittelhochdeutscher Prosa, wo die Sprache
weniger stereotyp war als in der Poesie, noch mehr Beispiele liefern würde, welche
die Contfnnität des SpTachgebrauches auch in diesem Punkte einigermassen her-
zustellen TermSchten. Das HauptFerdienst der vorliegenden Arbeit, einen
Wendepunkt nachgewiesen zu haben, der um die Mitte des 15. Jahrhunderts
eintrat (p. 52 ß,), würde dadurch nicht wesentlich verkümmert werden. Der
Nachweis jenes allmählichen Umschwunges ist mit aller Sorgfolt und Gewissen-
haftigkeit geführt, obschon man sich ja immer gestehen muß, daß bei statisti-
schen Beobachtungen dieser Art, wenn sie nicht auf noch breiterer Lectnre
beruhen, dem Zufall noch ein weites Feld offen bleibt. Man muß dem Verf.
für seine fleissige Sammlung von Stellen jedenfalls dankbar sein , wenn anch
einzelne nicht ganz das beweisen, wofür er sie zunächst beigebracht hat. So
ist zum Beispiel das Piäsens in der p. 55 angeführten Stelle aus S. Franks
Chronika 220** neben dem Präteritum nicht gleichgültige Abwechslung, sondern
begründet in der zeitlosen Allgemeinheit des betreffenden Satzes. Eben das-
selbe gilt von der Stelle p. 60 oben, wegen pflegen.
Der Verf. schließt seine genaueren Angaben mit Wieland (Don Sylvio)
und sagt über die neuere Zeit p. 67, daß die Entwicklung noch nicht zu einem
festen Abschluß gediehen sei. Wie wahr dies ist, würden Sammlungen aus
Lessing, Lichtenberg, Gröthe und Schiller beweisen, der Epigonen zu gescbweigen.
Solehe Sammlungen stehen mir nun wieder nicht zu Gebot und sind nicht in
der Eile herzustellen; ich habe aber schon bei einer nur flüchtigen Umschau
die Bemeiirang gemacht, daß das Präteritum weniger selten ist als der Verf.
anzunehmen scheint, und jedenfalls ebenso „correct und der gebildeten Sprache
angemessen^ wie das Präsens. Nach Kehrein a. a. 0. p. 60 ist in Süddeutsch-
land das Präsens häufiger, im Norden das Präteritum, und diese Angabe stimmt
sowohl mit meinen eigenen Beobachtungen als mit dem was der Verf. p. 70
über den Unterschied der nord- und mitteldeutschen Mundarten von den süd-
deutschen (mit Ausnahme der österreichischen) mittheilt. Daß er überhaupt
die Dialekte beigezogen hat, verdient Anerkennung, nur hätte er, statt ans i^
meniehs Völkerstimmen, eher aus Frommanns Deutschen Mundarten schöpfen
sollen. Als Ursachen des seit dem 15. Jahrhundert aacViw^\%\i%x«ci Qcf^^tvo^^«»
88 UTTERATUB: ZUR TOPOGRAPHIE ISLANDS.
des Präsens nach Prateritom betrachtet der Verf. (p. 75 £P.) zunächst das in
dieselbe Zeit fallende Aufkommen des historischen Präsens ^ und der ge-
nauere Nachweis darüber (p. 79 ff.) gehört ohne Zweifel zu den interessantesten
Partien der yorliegenden Schrift Ein zweiter Anstoß war der wiederum im
15. Jahrhundert begonnene (in den süddeutschen Mundarten herrschend ge-
wordene) Gebrauch des umschriebenen Perfectum statt des einfachen Präteritum
in der Erzählung (p. 76, 83 — 84). Ich glaube aber noch einen dritten Factor
annehmen zu müssen, nämlich die Zweideutigkeit, welche dem Prät. Conj. wegen
seiner conditionalen Bedeutung anhängt; diese Zweideutigkeit zu Termeiden
griff man in manchen Fällen lieber zum Präsens, während freilich umgekehrt
die Pluralformen desselben wegen ihres Gleichlautes mit dem Indicatiy durch
das Präteritum ersetzt werden mußten. Beides ist ein Beweis, daß die Syntax
gelegentlich durch Motive der Formbildang bestimmt wird, aber auch daß über-
haupt consequente Durchführung eines Princips auf diesem Gebiete nicht zu
finden ist, da Rücksichten auf äussere Zweckmässigkeit mitspielen. Endlich
muß ich bemerken, daß die Frage nach einer Regel der Zeitfolge, resp« nach
dem Gebrauche des Prät. Conj., nicht erschöpfend beantwortet werden kann,
wenn man nicht die modalen Functionen jener Form, also besonders die con-
ditionale und die finale, vorher untersucht hat oder gleichzeitig in die Unter-
suchung hineinzieht. Der Verf. scheint dies an mehreren Orten gefühlt zu
haben, aber diese Seite der Frage lag nun einmal ausserhalb seines Vorhabens
und es wäre ungerecht, ihm daraus einen Vorwurf zu machen, da wir ihm für
das wirklich geleistete zu lebhaftem Danke verpflichtet sind; vielleicht wird
er die Arbeit an jenem Punkte wieder aufnehmen.
Ich habe in dem bisher Gesagten fast nur Punkte berührt, an welchen
ich etwas berichtigen oder ergänzen zu müssen glaubte, und es bleibt mir weder
Baum noch Zeit, eine Reihe anderer anzuführen, besonders auch Auslassungen
über allgemein sprachwissenschaftliche Fragen, in welchen ich dem Verf. mei-
stens beistimme. Ich scheide daher dies Mal von ihm mit der Erwartung, daß
er uns bald weitere Früchte seiner Studien darbieten werde.
ZOBICH, Mai 1878. LUDWIG TOBLER
Zur Topographie Islands.
Einen nicht unbedeutenden Theil der altnordischen Literatur bilden be-
kanntlich schon ihrem Umfange nach die Islendinga sögur und ihrem in-
neren Gehalte nach sicherlich nicht den mindest lehrreichen. Sie gestatten
uns, zumal im Zusammenhalte mit den Rechtsdenkmälem , welche uns aus der
Zeit des isländischen Freistaates erhalten sind, einen so genauen und so sehr
ins Einzelne gehenden Einblick in die Zustände einer weit zurückliegenden
Vergangenheit, wie uns ein solcher für gleich alterthümliche Zeiten anderwärts
nur selten, und auf nordgermanischem Gebiete schlechthin nirgends geboten
wird. Aber gerade darum, weil sie so sehr in das Einzelne des ortiichen und
des Familienlebens eingehen, verlangen diese Quellen, um gehörig ausgenützt
werden zu können, ein Maß von Local- und Personalkenntniss , welches für
den Nichteingeborenen nur schwer zu erreichen ist. Wer jemab in der Lage
UTTERATÜR: ZUR TOPOGRAPHIE ISLANDS. 89
war zn bestimmten wisseDSchaftlichen Zwecken seine Notizen über isländiscbe
Crenealogie aus den Registern und Stammbäumen in hundert Terscbiedenen
Werken, und seine Notizen über isländische Topographie aus Björn 6unn-
laugsson's Karte, den verschiedenen Werken über Grandkataster (Jardamat)
und Pfarrkataster (Braudaroat), endlich Dutzenden von älteren und neueren
Reisebeschreibungen sich zusammensuchen zu müssen, der wird darüber nicht
in Zweifel sein können, daß jetzt, nachdem durch Sveinbjörn Egilsson, Job.
Fritzner und Gudbrandr Vigfiisson in lexicographischer Beziehung gesorgt ist,
kein erwünschteres Hülfsmittel für das Studium des genannten Quellenkreises
geboten werden könnte, als einerseits ein möglichst erschöpfendes und zugleich
möglichst kritisch bearbeitetes Handbuch der isländischen Topographie, und
andererseits eine mit den gleichen Eigenschaften ausgestattete Sammlung is-
ländischer Stammtafeln.
Nicht zwar dem letzteren, aber doch dem ersteren Bedürfnisse hat nun
die Commission für das arnamagnaeanische Legat abzuhelfen gesucht. Vor
mir liegt ein stattlicher Band mit dem Titel „Bidrag til en historisk-
topografisk Beskrivelse af Island ved P. E. Kristian Kälund«
L Syd- og Vest-Fjflerdingeme. Med 9 litograferede Kort Udgivet af Korn-
misnonen for det Amamagnseanske Legat. Kjöbenhavn, Gyldendabke Bog-
handel 1877^, XU und 638 SS. in 8^ welcher die Topographie der einen,
und wie man unbedenklich beifügen darf^ der wichtigeren Hälfte der Insel in
eingehender Darstellung behandelt; ein zweiter Band soll sodann die andere
Hälfte des Landes besprechen und zugleich die einleitenden Erörterungen ,
sowie das Register über das ganze Werk bringen. Die hervorragende Bedeu-
tung dieser Arbeit für ein gedeihliches Studium der älteren isländischen Ge-
schichtsqnellen scheint deren eingehendere Besprechung an dieser Stelle zu
rechtfertigen und ich halte meinen persönlichen Beruf zu solcher Besprechung
in der doppelten Thatsache begründet, daß ich nicht nur seit reichlich drei
Jahrzehnten mit dem Studium des Rechts und der Geschichte Islands mich
befaßt habe, sondern auch Land und Leute der Insel aus eigener Anschauung
kenne, also gerade in topographischer Hinsicht mehr als Andere zu einem Ur-
theile mich befähigt halten mag.
Die Aufgabe, welche der Verfasser sich gesetzt hat, bestimmt er im
Allgemeinen dahin, daß er theils eine anschauliche topographische Schilderung
der einzelnen Gegenden Islands geben, theils aber insbesondere durch die Er-
klärung der in den Sagen erwähnten Ortsnamen und topographischen Verhält-
nisse das Verständniss der Sagenliteratnr fördern will; Erläuterungen über die
historischen und antiquarischen Verhältnisse der Insel und th eil weise auch über
deren gegenwärtige Zustände sollen gelegentlich in die topographische Be-
schreibung eingeflochten werden. Ist hiemach die zu erfüllende Aufgabe
zweifellos richtig gestellt, so war auch Kllund sicherlich der richtige Mann
za deren Losung. Schon eine Abhandlung desselben, welche die Aarböger for
nordisk Oldkjmdighed og Histotie 1870, S. 269—381, unter dem Titel: „Fa-
milielivet pll Island i den forste sagaperiode*' brachten, gibt von der Gründ-
lichkeit seiner Bekanntschaft mit der Sagenliteratur und von seiner Umsicht bei
deren Benützung sehr befriedigendes Zeugniss; ein zweijährige Aufenthalt auf
Island in den Jahren 1872 — 74 verscha£fte ihm die Möglichkeit, das ganze
90 LITTERATÜR: ZUR TOPOGRAPHIE ISLANDS.
Land zn bereiscD, und damit die nothige eigene Anschaoung sich zu erwerben;
daß er endlich auch die vielfachen bandflchriftlichen Behelfe zu benütien Ter-
stand, welche die verschiedenen Archive und Bibliotheken Kopenhagens bieten,
zeigen bereits die dieserhalb im Vorworte zum vorliegenden Bande mitgeth^lten
Nachweise. So ist denn das gegenwärtige Werk in der That eine ganz vor-
treffliche Arbeit, an welcher zwar der Natur der Sache nach im Einzelnen
Manches zu vervollständigen, Einiges zu berichtigen, nicht Weniges zu be-
zweifeln bleiben mag, welche aber im Grossen und Ganzen einen erstaunlichen
Reichthum an kritisch gesichtetem ^ übersichtlich geordnetem und anschauKch
dargestelltem Material enthält, in aUen Beziehungen weit über die Erwartungen
hinausgebend , welche man bei billiger Erwägung der ungeheueren Schwierig-
keiten des Unternehmens von derselben zu hegen berechtigt war. Man mag
ja allenfalls bedauern, daß die mitgetheilten Karten sehr schlecht gedruckt und
dadurch vielfach schwer lesbar geworden sind; daß neben den, sehr erwünschten,
Plänen von Reykjavik und von Pingvellir nicht noch einige weitere solche
beigegeben wurden, was zu grosser Erleichterung des Verständnisses so man-
cher Localschilderungen beitragen würde; daß bei im Übrigen sehr gefälligem
Drucke eine übergrosse Menge von Druckfehlern vorliegt, die nur su einon
verschwindend kleinen Theile am Schlüsse des Bandes berichtigt werden. Man
mag femer auch wohl mit dem Verf. darüber rechten, daß er isländische Orta-
und Personennamen in einer dänisch zugestutzten, statt iu ihrer reinen islän-
dischen Gestalt gibt, ein Verfahren, das zwar den dänischen Landslenten des-
selben mundgerecht, aber den Isländern sowohl als allen Fremden anstoasig
sein wird u. dgl. m. Aber diese und ähnliche Einwendungen betreffen eben
doch nur Äusserlichkeiten ; geht man auf die Sache selbst ein, so wird man
nur äusserst selten entschiedenen Verstössen begegnen, deren der Verf. sieh
schuldig gemacht hätte. Ich bemerke, um einiges dieser Art zu veraeiehnen,
daß derselbe, S. 166, den deutschen Missionär Dankbrand unversehens som
Bischöfe befordert, daß er, S. 346 — 47, Anm. , unter Anführung der Baoda-
manna saga von höhnenden Worten Uspaks spricht, während doch in Wahr-
heit Egill Skülason von Borg der Spotter gewesen war; daß er, S. 366, Anm. 1,
eine Bemerkung J6n Snorrason's mißverstehend, die von diesem im Bezug ge-
nommene Belegstelle nicht finden zu können eiUärt, während doch angen-
Bcheinlich Sturlünga, Vm, cap. 20, S. 168 (ältere Ausg.) von ihm gemeint
ist; daß er die Worte der Gull)>6ris saga, cap. 15, S« 68: „miUi )>eirra ))6riB*
für einer Ergänzung bedürftig hält, S. 508, Anm. 2, während doch der ell^
tische (Gebrauch des Pronomens, auf welchem allein deren richtiges Versttndniss
beruht, im Isländischen gar nicht selten ist u. dgL m. Was wollen aber ein-
zelne derartige Flüchtigkeiten bei einem Werke bedeuten, welches auf tauaendea
von einzeln zusammenzutragenden und einzeln zu prüfenden QueUensteUen und
Beobachtungen beruht? Sie mögen erwähnt werden, um bei einer etwaigen
zweiten Ausgabe des Bandes berichtigt zu werden, fallen aber in keiner Weise in
die Wagschale, wenn es gilt, den Werth oder Unwerth dieses letzteren sa be-
stimmen. — So mag femer auch gleich hier gesagt werden, daß der Verf^
uns in einigen wenigen Fällen im Stiche läßt, in welchen wir Aufklärung von
ihm wünschen möchten. Widerholt finden wir z. B. bei ihm des Namens Dimon
Erwähnung gethan (3. 157, Anm. 1; 256; 490; 628, Anm.), und aiieh wohl
bewerkt^ daß derselbe regelmässig kleine, freistehende Berge oder Felsen be-
LITTERATUB: ZUR TOPOGRAPHIE ISLANDS. 91
zeichne; aber onenräfant bleibt, daß derselbe Name, welcher sich übrigens auf
Island noch öfter findet, als ihn der Verf. nachweist, auch auf den Fseröem
seine BoUe spielt. Gustaf Storm hat gelegentlich (Minder fra en Islandsfserd
S. 19) ausgesprochen, daß der Name als keltisch betrachtet werde, und als
eine gemeinsame Bezeichnung zweier runder Berge gebraucht stehe; ich weiß
nicht, worauf diese Angabe sich stützt, und vermag auch keinen entsprechenden
Ortsnamen auf den britischen Inseln nachzuweisen, aber möglich wäre die Sache
immeriiin, da das Wort aus der nordischen Sprache sich nicht erklärt, und
wäre solchenfalls, da der Name schon der ETrbjggia und Landn4ma, dann der
Farejinga saga und der Olafs saga ens helga bekannt ist, an die Beziehungen
der ersten Einwanderer zu Irland und den Hebuden zu denken. Wiederholt
kommt femer der Name Kumbaravogr vor (S. 178, Anm. 1; 431; 491
bis 93, Anm.; 537), und der Verf. theilt die ihm y,von kundiger Seite^ aus-
gesprochene Vermuthong mit, daß dabei an die »Kumrar'', d. h. Bewohner
Ton Cumberland zu denken sein möge. Indessen ist doch zu beachten, daß
TOD Beziehungen Islands zu Cumberland nirgends die Rede ist; es dürfte
demnach immerhin der Mühe werth sein , den Yon J6n Ämason (Islenzkar
)>j6dsogur og 8Bfint]hi I, S. 136) hingeworfenen Gedanken näher zu prüfen, ob
nicht der Name ebenso, wie dies bei dem Namen Kumbrtjöm der Fall ist, auf
den knmbr oder nykr, d. h. das Wasserpferd, zurückzuführen sei. In den
älteren Quellen kommt der Name meines Wissens nicht vor, und die Inseln
groß und klein Kumbray an der Westküste von Schottland, Grafschaft Bnte,
welche in der H4konar saga gamla als Kumreyjar genannt werden^ wird man
kanm hierher ziehen dürfen. Was der Verf. S. 495 — 96, Anm., über die völ-
nndarhüs, d. h. LabTrinthe beibringt, will auch nicht recht genügen. Man
findet hin und wider Zeichnungen von solchen in jener eigenthümlichen Art
▼on Handschriften, welche, auf Island weit verbreitet, die verschiedensten
Notiaen über Hausmedicin, Aderlaß, Chiromantie und anderweitige Zauberkünste,
mancherlei Kunststücke, Stein- und Pflanzenkunde u. dgl. zu vereinigen pflegt;
wenn aber dergleichen als blosse Spielerei gelten mag, bleibt immerhin auf-
fiUlig, daß derartige Entwürfe zuweilen so zu sagen baulich ausgeführt vor-
kommen. Unser Verf. läßt uns auch in diesem Punkte ohne Aufschluß; in-
dessen würde es uns sohlecht anstehen in solchen Fällen mit ihm hierüber zu
rechten^ während es uns doch selbst ebensowenig gelingen will, die erwünschte
Anfklämng zu verschaffen, und wir werden uns, wohl oder übel^ dabei beruhigen
müssen, daß manche Zweifel eben vorläufig ihre Lösung noch nicht finden
können.
Ungleich häufiger als die bisher besprochenen sind, der Natur der Sache
BM/chy jene anderen Fälle, in welchen man den Angaben des Verfassers, ohne
sie gerade widerlegen zu können, mit einem Mißtrauen begegnen wird, welches
sieh übrigens, um dies gleich von Vornherein zu bemerken, nicht gegen ihn
selbst y sondern immer nur gegen die ihm zugegangenen Nachrichten richtet*
Der Verf. hat selbst sehr richtig erkannt und hervorgehoben (vgl. zumal S. 9
bia 10, Anm. 2, aber auch S. 590 und öfter), wie unendlich schwer es gerade
aaf Island hält, ächte und unächte Volksüberlieferungen von einander zu unter-
scheiden, weil die beständige Beschäftigung mit den älteren Literaturwerken
und die fortwährenden Versuche, die in diesen erwähnten Örtlichkeiten, Grab-
faogel, Tempel, Dingstättan n. dgL in der eigenen Umge^bun^ iiM^%aii€tt«ci%
92 LITTERATUB: ZUB TOPOGRAPHIE ISLANDS.
dem VolkBmuDde so zu sagen auf gelehrtem Wege stets neuen Stoff snfuhren.
Er verhalt sich anch keineswegs unbedingt gläubig gegen die einielnen ihm zu-
gegangenen ächten Überlieferungen, ist sich vielmehr des Unterschiedes wohl
bewußt, welcher zwischen der, wenn auch vollkommen volksmässigen, Sage und
der beglaubigten Geschichte besteht; er beanstandet z. B. die Ächtheit der
angeblich von Hra&a-Flöki und seinen Genossen herrührenden Runeninsehriften,
S. 28 — 29^ Anm.y und erkennt die Unächtheit des angeblichen Grabsteinee
Kjartan Olafsson's unumwunden an, S. 375 — 76, wie er denn überhaupt sehr
wohl beachtet, daß die isländischen Runeninschriften sammt und sonders ver*
gleichsweise neuer Entstehung sind, S. 32 — 33, Anm. 2, — er erzählt gele-
gentlich ergötzliche Beispiele von nachweisbar falschen Volksüberlieferungeni wie
etwa der auf das Flekkuleidi bezüglichen S. 31, Anm. 1, oder umgekehrt von
ächten Überresten der Vorzeit, welche die Volkssage grundfiüsch gedeutet hat, wie
etwa die Grabhügel bei Hafrbjamarstadir, S. 34 — 36^ Anm. 2 u. dgL m. Den
Vorwurf einer kritiklosen Benützung der Volkssage wird hiernach zieherlieh
Niemand gegen den Verf. erheben dürfen; aber doch kann man binsiehtlieh
des Masses von Skepsis verschiedener Ansicht sein, mit welcher dieser in jedem
einzelnen Falle zu begegnen ist, und ich kann nicht leugnen, daß ich geneigt
bin in dieser Beziehung erheblich weiter zu gehen ^ als unser Verf. dies tiint
oder doch zu thun scheint. Einigermassen eingehende Beaehäfügung mit den
isländischen Volkssagen einerseits und mit der isländischen Literatur des 16.
und 17« Jahrhunderts andererseits hat mich nämlich zu der Überzeugung ge-
bracht, daß auf Island im 15. und 16. Jahrhundert die Überlieferungen aoa
der älteren Zeit so gut wie völlig erloschen waren, und daß andererseits, als
vom Auslande her am Ende des 16. und am Anfang des 17. Jahrhunderts
das Interesse für die nordische Urzeit wider geweckt wurde, sehr rasch Hy-
pothesen über die Zustände des Alterthums in Hülle und Fülle aufoehossen,
welche zufolge des Ansehens der Männer, welche sie aufstellten, bald im Lande
selbst die Geltung geschichtlicher Überlieferungen gewannen. Die vieifiichen
Anfragen, welche in älterer Zeit einzelne Männer, wie Ole Worm, Ami Magn-
dsson u« A. m«, in neuerer Zeit aber zumal die Nordisk Oldskriffc-Selskab
und das B6kmentaf&lag an Leute jedes Standes über geschiehtliehey archaeo-
logisehe, topographische Punkte richteten^ erhielten nicht nur im Allganeinen
das Interesse für die einschlägigen Studien wach; sondern gaben anch sahi-
reichen Einzelnen Veranlassung, sich bestimmte Meinungen über bestimmte
Punkte zu bilden ; auch derartige Meinungen kamen und kommen bald unter
das Volk, und wurden von diesem weitergetragen, anfangs vielleicht als die
Ainsicht dieses oder jenes Mannes, bald aber ab überkommene Überlieferung,
deren Entstehung bereits vergessen ist. Unser Verf. theilt nun^ mit vollem
Rechte, eine Menge derartiger Überlieferungen mit, und wenn er sieh zwar ihnen
gegenüber keineswegs unkritisch verhält, so dürfte in gar manchen Fällen aneh
daim noch ein kritischer Zweifel an deren Verlässigkeit sich zeigen, wenn der
Verf. selbst einem solchen nicht Raum gegeben hat. Es mag ja sein, daß
derselbe nur darum manchmal die ihm selbst aufsteigenden Bedenken unaus-
gesprochen ließ, weil es ihm zuwider wurde, immer und immer wider dieselben
Verwahrungen zu widerholen ; mag sein auch, daß die allgemeinen Bemerkungen,
welche derselbe sich für seinen zweiten Band zurückgelegt hat, in dieser Bezie-
hung noch weitere Aufklärungen bringen werden. Immerhin aber scheint es nicht
UTTERATUR: ZUR TOPOGRAPHIE ISLANDS. 93
nniweckmassig , bereits jetzt darauf aufmerksam zu machen , wie sehr strenge
Kritik in dieser Richtung am Platze ist. Ein paar Beispiele mögen das Ge-
sagte zugleich belegen und des Näheren erläutern. Die grössere Menge z. B.
▼on angeblichen Tempelüberresten (hoftoptir)^ welche man auf Island zeigt,
and Ton denen auch der Verf. eine lange Reihe verzeichnety mochte ich, nach
den von mir selbst gesehenen Exemplaren zu urtheilen, ohne Weiteres ab
apokryph betrachten. Regelmässig handelt es sich dabei nur um mehr oder
nünder deutliche Reste von sei es nun viereckigen oder kreisförmigen Bauwerken,
welche, nach isländischem Brauche aus abwechselnden Lagen von Rasenstreifen
und Rollsteinen aufgeführt, und ohne jede Spur einer früheren Bedachung,
ganz ebensogut wirthschaftlichen als Cultuszwecken gedient haben können.
Unaer Verf. weist S. 503, Anm. 2 gelegentlich selbst darauf hin, daß in Grön-
land bei alten Höfen Überreste kreisförmiger Schafpferche sich vorfinden, und
daß bei einzelnen isländischen Tempelruinen der Gedanke an Pferdehage nahe
liege; ich möchte bezweifeln, ob auch nur in einem einzigen Falle mit Sicher-
heit dargethan werden könne, daß das, was man als Tempelruine zeigt, auch
wiriüieh eine solche sei. Ahnlich bedenklich scheint es mir ferner auch be-
BÜglieh der Opfersteine (b lötstein ar) zu stehen, welche man hin und wider
z« sehen bekommt. Zum Theil zeigt man ab solche viereckige Steinblöcke
mit einer schfisselförmigen Vertiefung, wie unser Verf. solche von Olfusvatn,
Ülfljötavatn^ )>ingvellir, pyiill nachweist (S. 89; 147; 289); er vermuthet
mit Recht, daß es sich insoweit um Weihbrunnkessel aus der katholischen Zeit
handle, wie man solche zumal am Eingange von Kirchen zu haben pflegte^ und
wie man einen solchen auf Flatey noch zu sehen bekommt (S. 540 — 41), also
um das, was in einem alten Kirkjum41dagi (Diplom. Island. I, nr. 107, S. 408)
als vatnssteinn bezeichnet wird. Anderer Art muß dagegen jener Opferstein
am ))6r8ne88))inge gewesen sein, von welchem die Ejrbyggja cap. 10, S. 12 und
die Landn4ma II, cap. 12, S. 98 sprechen^ da an ihm den Leuten, welche ge-
opfert werden sollten, der Rücken gebrochen wurde; aber wenn der Verf.
S. 443. 44, die Anthenticität des Steines anerkennen will, welchen man auf
einer Wiese südlich des ))fngvallavogr jetzt als solchen zeigt, so muß ich dem
gegenüber widerholen, was ich bereits vor Jahren im Bande X dieser Zeit-
schrift, 8. 492 y ausgesprochen habe: als ich vor 20 Jahren mit Gudbrandr
Vigfüsson zusammen den Stein untersuchte, stellte sich uns beiden ganz gleich-
massig die Überzeugung fest^ daß dieser Stein niemals als Opferstein gedient
haben konnte. Ähnlicher Bescha£Penheit wie der blötsteinn am ])6rsnes8))inge
wird wohl auch der andere gewesen sein, welcher bis*'in die neueste Zeit herab
am Amess|)inge zu sehen war (S. 197), wogegen von den Opfersteinen zu
handTj LsBkjarbugr, dann auf Heidnarey (S. 311; 389, Anm. 1; 539), jede
Beschreibung fehlt, und somit sich auch nicht bestimmen läßt, ob sie der
eisten oder der zweiten Classe von solchen angehören. Ich bemerke noch, daß
auch einmal von einer, und zwar sehr grossen, schüsseiförmigen Vertiefung die
Bede ist^ welche sich bei Amarstapi in der Myrasysla in den Fels gehauen
findet (S. 387, Anm. 1), und von einer in derselben Weise gearbeiteten auf
Hrisej in demselben Bezirke (S. 390, Anm.); beidemale wird nicht von Opfer-
■teinen gesprochen, vielmehr eher an wirthschaftliche Verwendung der betre£Penden
Arbeiten gedacht, ganz wie dies bei dem Steine der Fall ist, dessen die Hrafns
aaga Ssreinlijamarsonar cap. 2, S. 640 gedenkt. Di»«er wax %o \5tf)>^^ ^&S^ Voxv
94 UTTERATUB: ZUR TOPOGRAPHIE ISLAHDS.
4 Männer kaum zu heben vermochten; dennoch aber trag ihn HrafiM Bmder,
Markus, allein nach Ejiri im Amar^ordr. Vier Schüssehi (koppar) waren in
ihm eingehauen, nnd er warde als Waschstein ())v4tt8teinn) gebranchi. Ich er-
wähne aber dieser letzteren Steine, weil sie mit jener ersteren Claase angeb-
licher Opfersteine eine gewisse Ähnlichkeit haben, und darum wohl aaeh ge-
legentlich mit ihnen zusammengeworfen werden mögen. Endlich habe ich anch
meine Bedenken bezuglich der Gkrichtsringe (d6mhrfngar), welche an nicht
wenigen Orten auf der losel nachgewiesen werden wollen. Es ist ja richtig,
daß in den geschriebenen Quellen der freistaatlichen Zeit gelegentlich von dem
Gerichtsringe Erwähnung gethan wird. Nach der Kgsbök §. 47, S. 82 sollen
im fünften Gerichte die 12 Männer, welche für den einzelnen Fall von den
Partheien recusiert werden, „risa 6r dominom, ok sitja i dömhring innan. m^an
um sök pk er dömt". Nach dem jüngeren Texte der Bandamanna saga, S. 17,
hatten anch die Viertebgericbte am Alldinge je ihren Gerichtsring, and be-
durfte derjenige einer besonderen Erlaubniss, der ihn während der Gerichts-
sitzungen betreten wollte, ohne bei den betre£Penden Rechtssachen betheiligt ma
sein; der ältere Text, S. 8, enthält freilich die Bezeichnung nicht, aber hier-
aus ist Nichts zu schliessen, da eben nur der Ausdruck ein anderer ist. Beide
Stellen Hessen freilich allenfalls auch die Deutung zu, daß anter dem Gkrichlv»
ringe eben nur die kreisförmig sich abschliessende Versammlong der Richter
selbst zu verstehen wäre, und wenn zwar die ältere Ausgabe der Storldnga I,
cap. 18, S. 31, von einem Niedersetzen der Richter ,f dömsteinam" spricht, so
fordert uns doch auch diese Angabe nicht, da der ältere und bessere Text
dafSr ,f dömstadnum^ liest; aber doch spricht die Eyrbyggja, cap. 10, S. 18,
von einem alten Gerichtsringe am |)6rsnes|)inge, welcher noch zu sehen sei,
and auch die LandnAma II, cap. 12, S. 98 erwähnt des daselbst befindliehen
Gerichtsringes, so daß man immerhin wird annehmen müssen, daß unter diesem
irgend eine bleibend erkennbare Einrichtung verstandok werden wolle, welche
den Ort der Gerichtssitzungen als solche bezeichne, möge man dieee non, wie
Gudbrandr Vigfiisson, s. v. dömhringr will, in einer kunstlich angebmehten
Gerichtsschranke suchen, oder wie unser Verf. S. 206, Anm», in bkibeiid an*
gebrachten Sitzen für die Mitglieder des Gerichtes. Aber wenn man mm
darauf hin an aUeu und jeden Orten, an welchen Ding gehalten wurde, oder
von welchen man doch annahm, daß an denselben Ding gehalten worde, €k-
richtsringe gezeigt bekommt, so wird man gut thun solchen Angaben mit dem
äussersten Mistraueu zu begegen. Unser Verf. selbst hält dafür, daß der am
Ämess|)fnge gezeigte dömhringr ebensowohl auch eine fjärborg, d. h. Zufloehts-
stätte für Schafvieh sein könne S. 195 — 96, und erzählt, daß man besfiglieh
eines an der älteren Dingstätte des )>6rBnes))inges noch theilweise sichtbaren
Kreises darüber streite, ob solcher ein alter Gerichtsring, oder die Unununnang
eines ehemaligen Tempels (hofgardr) sei, S. 437, Anm. 2; was will man mit
derartigen Bauresten und UberUeferungen anfangen?
Die letzten Bemerkungen führen nun allerdings zu einem Bedenken hin-
über, welches ungleich tiefer in die ganze Anlage des vorliegenden Werkes
einzagreifen scheint. Schon in der Vorrede wird nämlich bemerkt^ daß dieses
wesentlich darauf berechnet sei zum besseren Verständnisse der Sagenliteratnr
beizutragen, und weiterhin überdies ausgesprochen, daß Vollständigkeit nor
bezüglich der in den älteren Sagen erwähnten Ortsnamen erstrebt worden sd,
UTTEBATUB : ZUR TOPOQBAPHIE ISLANDS. 95
wogegen bereits die SturlÜDga uod die Mehrzahl der Biskupa sogur nicht mehr
mit derselben Aufmerksamkeit behandelt worden sei, weil diese Sagen spätere
Verhältnisse betreffen. Die Selbstbeschränknng, welche der Verf. sich damit
auferlegt hat^ äussert nun zunächst die Wirkung, daß dessen Werk keineswegs
eine erschöpfende Topographie Islands bildet. Schon für die Erklärung der
Sturldnga will dasselbe keineswegs genügen, wie denn z. B. über die in Sturl. 11^
cap. 23, S. 78, und wider in Str. 29 der Skfdarima genannte Asölfsgata in
ihm Nichts zu finden ist; über die vielfachen Gefechte aber, welche mit han-
sischen und englischen, hin und wider auch mit spanischen Kaufleuten oder
Seeräubern da und dort ausgefochten wurden, und über so mancherlei andere
Vorkommnisse, von denen J6n Egilsson^s BiskupsaunAlar oder andere ältere
Jahrbücher berichten, geht der Verf. vollends zumeist stillschweigend hinweg,
nnd von den berühmtesten Persönlichkeiten der späteren Zeit, wie z. B. Björn
Einarsson und VatnsQardar-Kristin, Björn rorleifsson und Olöf hin rika, Dadi
Gndmnndsson, Hannes Eggertsson und seinen Nachkommen u. dgl. m. wird
theüs gar nicht, theils wenigstens nur in sehr ungenügender Weise Notiz ge-
nonmien, obwohl auch ihr Name an manche Ortlichkeiten auf der Insel sich
geknfipft hat. Da nun aber der Verf., wie er selbst anerkennt, an die von
ihm beliebte Grenze sich doch nicht consequent bindet, kommt zweitens in
seine Arbeit eine gewisse Unbestimmtheit hinein, welche störend wirkt, so
dankbar man ihm auch für jede über seine eigentliche Aufgabe hinausreichende Mit-
theilung sein wird; man kann ebensowohl Aufklärungen in seinem Buche suchen
ohne sie zu finden, ab man umgekehrt in demselben Nachweise findet, welche
man nimmermehr in ihm gesucht haben würde. Ganz besonders bedenklich
wird aber das eingehaltene Verfahren durch die eigenthümliche Beschaffenheit
sowohl der älteren Islendinga sögur als der neueren Volksüberlieferungen auf
der Insel. Jene Sagen behandeln bekanntlich vorzugsweise nur die ersten
anderthalb Jahrhunderte nach dem Beginne der nordischen Einwanderung auf
Island, welche Zeit man ja eben darum als die söguöld zu bezeichnen pflegt,
und doch kann als feststehende Thatsache bezeichnet werden, daß man mit der
Aufiieichnung dieser Sagen erst um die Mitte des 12. Jahrhunderts begann,
und daß die uns vorliegenden Texte zumeist erst im 13., ja gutentheils erst im
14. Jahrhundert verfaßt wurden. Zwischen der Zeit, auf welche die betreffenden
Sagen sich beziehen, und der Zeit ihrer Aufzeichnung liegt demnach eine lange
Frist in Mitte, während deren ihr Stoff lediglich der mündlichen Überlieferung
fiberlassen geblieben war, und wiederholte Überarbeitungen, durch welche die
uns überlieferten Texte vielfach hindurch gegangen sind, mögen ebenfalls viel-
fach die historische Treue derselben beeinträchtigt haben. Andererseits reicht
die derzeitige mündliche Überlieferung auf Island, soweit sie acht und nicht
erst aus unserer Schriftgelehrsamkeit entsprungen ist, wie oben schon bemerkt,
nur sehr ausnahmsweise über das 15. Jahrhundert hinauf, wogegen sie über
die späteren Zeiten ziemlich viel zu berichten weiß, und sie pflegt dabei zwi-
schen den verschiedenen Zeiten so gut wie gar nicht zu unterscheiden, vielmehr
unbedenklich auf die Landnamezeit zurückzubeziehen , was doch erst der Zeit
der norwegischen, oder gar der dänischen Herrschaft angehört. Schon in älteren
Sagen, zumal sofeme deren Bearbeitung erst der Zeit der Königsherrschaft an-
gehört^ kommen von hier aus vielfach sehr wunderliche Irrthümer vor. Unser
Verf. selbst hat für eine lange Reihe von Fällen dargethan, wie ^coVi^ V^t-
96 LITTERATUR: ZUR TOPOGRAPHIE ISLANDS.
Btosse gegen die Topographie einzelne Sagen, wie z. B. die Njtia oder die
fsfirdinga saga sich zu Schulden kommen lieasen, weil deren Überarbeiter mit
den Localyerhältnissen der Gegend , in welcher sie spielen, nicht gehörig ver-
traut waren, und ich zähle seine desfallsigen Ausfuhrungen zu den verdienst-
lichsten Leistungen , welche wir ihm zu verdanken haben; unter einen ganz
verwandten Gesichtspunkt fallt aber auch, wenn wir in derartigen Sagen hin
und wider Angaben über Zustände und Gebräuche gemacht finden, welche zwar
der Zeit ihres Bearbeiters, aber nicht jener anderen Zeit entsprechen , in wel-
cher die Erzählung selbst spielt« Gudbrandr Vigfiisson hat bereits darauf auf-
merksam gemacht, daß in einigen Quellen verkehrter Weise der norwegische
Amtstitel des „lögmadr" statt des altisländischen „lögsögumadr^ gebraneht
wird, und was noch schlimmer ist, in der Isfirdinga saga, cap. 1, S. 2, dann
cap. 3, S. 7 — 8 sowohl als in der Svarfdala cap. 10, S. 137 — 38 und cap.
18, S. 144 werden logmenn für einzelne Theile der Insel erwähnt, an deren
Wohnort Ding gehalten und von denen in streitigen Fällen ein „örskurdr*
geordert wird, ganz wie dies in der norwegischen Zeit der Brauch war. In
der Grettis saga cap. 82, S. 163 wird von einer „logr^tta* am Hegranes pinge
gesprochen, während doch eine solche nach der Verfassung des Freistaates nur
am Alldinge vorkommen konnte. Die Nj4Ia läßt cap. 2, S. 5 in einem Ehever»
trage einen ])ridjiingsauki ausbedingen, welcher doch erst mit den norwegischen
Gesetzbüchern ins Land kam, und sie läßt, was näher hieher gehört, schon im
Jahre 1011 am Alldinge eine Zahlung „i biianda kirkjugardi^ machen, cap. 128,
S. 637, was zwar dem späteren Rechte des Freistaates vollkommen entspricht,
aber für eine Zeit wenig paßt, in welcher die um etwa ein Jahrzehnt später
auf des heil. Olafs Betrieb gebaute Alldingskirche noch nicht vorhanden
war u. dgl. m. Die mündlichen Überlieferungen der Gegenwart voUends wim-
meln von derartigen Verstössen, und mag es genügen, auf ein köstliches Bei-
spiel eines solchen hinzuweisen, welches unser Verf. selbst S. 568, Ajum. 1
mitiheilt Im Jahre 1213 wurde Hrafn Sveinbjamarsson auf seinem Hofe zu
Hrafnsejri von )>orvaldr Snorrason fiberfallen und getödtet. Der Mann war
Inhaber eines godords, und ein sehr angesehener Häuptling gewesen ; auf dem
Hofe aber zeigt man jetzt noch die „skrifstofa Hrafns% wie wenn es sieh um
das Qontor eines modernen Sysselmannes handeln würde. — Es begreift sich,
daß es unter solchen Umständen sehr schwierig, aber auch von der höchsten
Wichtigkeit ist, sorgsam zu unterscheiden, welcher Zeit jede einzelne, sei es
nun sohriftliche oder mündliche, Überlieferung wirklich angehöre. Um dies zu
können, wird es schlechterdings nothwendig sein, daß man seinen Ausgangs-
punkt von historisch bestimmt fixierbaren Quellen nehme, welche, wie dies
etwa von den Biskupasögur und der Sturldnga, von der Arons saga HjörleifB-
sonar oder der Hrafns saga Sveinbjamarsonar gilt, mit den von ihnen behan-
delten Vorgängen ziemlich gleichzeitig, oder doch nur wenig später aufgezeich-
net wurden; nothwendig sein femer, daß man sich über die geschichtlich fest-
stellbaren Veränderungen in den Zuständen des Landes auch hinsichtlich der
späteren Zeiten genügend orientiere, um von hier aus übersehen zu können,
was etwa aus den Zuständen dieser späteren Zeiten in die Überlieferungen
über die weiter zurückliegende Vorzeit unbefugter Weise zurückgetragen worden
sei. Auch nach dieser Seite hin erlaube ich mir wider, durch ein paar ein-
zelne Beispiele klar zu machen, was ich auf dem Herzen habe, und man wird
LTTTERATUB: ZUR TOPOGRAPHIE ISLANDS. 97
mir verzeihen, wenn ich dieac Beispiele dem rechtsgeschichtlichen Gebiete ab
dem mir sunächst liegenden entlehne.
Allerwärts im Lande zeigt man heutzutage lögröttur (8. 20, Anm. 1;
182; 254, Anm. 1; 298; 319; 383, Anm. 1; 485; 526; 568; 574; vgl.
femer anch iögröttugardar S. 253 und die iöggardar, dann lögröttubiidir 8. 580).
Selbstrerständlich können hierunter, soweit die Bezeichnung überhaupt eine ge-
schichtlich begründete ist, nur die Überreste von Dinghäusem aus neuerer Zeit
Terstanden werden, wie solche nicht nur am Alldinge, sondern auch ander*
wärts vielfach errichtet wurden; spricht doch bereits die Verordnung vom
15. Juli 1294, in ihrem §. 46 von der ))inghdssgerd, während andererseits ein
Erkenntniss der logmenn aus dem Jahre 1682 zeigt, daß man die iögröttumenn
auch an den Bezirksgerichten zu verwenden pflegte*), und ein Rescript vom
24. März 1705 sogar die Ernennung von lögröttumenn nach Maßgabe des
norwegischen Gesetzbuches für Island vorschreibt, woraus sich beiderseits die
Übertragung der Bezeichnung lögr^ttnmenn auf die Urtheilsfinder an den Unter-
gerichten (vgl. Sveinu Sölvason, Tyro juris S. 206, ed. 1, oder S. 245, ed. 2),
und der Bezeichnung lögrötta auf deren Gebäude erklärt. An einzelnen Orten
zeigt man auch wohl Höhlen, welche als Dinghäuser gebraucht wurden, oder
noch gebraucht werden (S. 268; 274); die Vorzeigung aber einer auch durch
ihr Aussehen schon bedenklichen lögrötta an der Dingstätte des ))or8kaQardar-
pingB (S. 525 — 26) läßt bereits dem Verdachte Raum, daß dabei in ähnlicher
Weise wie bei der oben besprochenen Erwähnung einer lögr^tta am Hegraness-
)>fnge in der Grettla ein rechtsgeschichtliches Mißverständniss in Mitte liege,
und wenn man vollends bei Tzta Grund im SkagaQördr eine Ozurar lögrötta
befitzen will (Vfkverji, 11. Jahrgang, nr. 10, S. 150), welche nach jenem aus
der bördar saga hredu, S. 28 — 46 (ed. Haidörr Fridrikssonj bekannten Goden
Ozurr Amgrfmsson benannt ist, so reiht sich diese Überlieferung würdig an das
oben von der Schreibstube Hrafn Sveinbjamarson's Erzählte an. Andere Male
scheinen vollends die unter dem Namen von lögröttur vorgezeigten Überreste
mit Dingstätten gar Nichts zu thun haben, sondern ähnlich wie dies bezüglich
der hoftoptir bereits erwähnt wurde, nur Überbleibsel früherer Pferche zu sein,
und in diesen letzteren Fällen mag dann immerhin, wie ich dies früher einmal
vermnthungsweise angedeutet habe (Island ^ S. 193), eine Verwechslung der
lögrötta mit der Idgr^tt, d. h. dem gesetsmässig eigerichteten Pferche, dem
Mißverständniss zu Grunde liegen. Ich kann nur bedauern, daß die über-
triebene Kürze, mit welcher ich an jenem Orte die verschiedenen Möglich-
keiten der Entstehung derartiger Irrthümer zusammengedrängt habe, den Verf.,
S. 22, Anm., zu einer irrigen Auffassung meiner Meinung, und damit zn einer,
seine Deutung meiner Worte als richtig angenommen, vollkommen begründeten
Polemik gegen mich veranlaßt hat. Sorgsame Scheidung des den verschiedenen
Zeiten Angehörigen dürfte femer auch bezüglich der Leidvellir am Platze
■ein, welche man da und dort auf Island zeigt. Der Leidvöllr und die Leid-
hamrar auf Kjalames (S. 59 — 60) mögen zwar um ihrer Belegenheit willen mit
*) Angefahrt bei John Erichson, Historisk Indledning til den gamle og nye
Islaiidske Bsettergang. S. 471 ; mir liegt der Test des Erkenntnisses handschriftlich in
einer Dömabök vcr, die früher im Besitze des Lögmannes Sveinn Sölvason (f 1782}
gewesen war und welche ich der Güte des quiescierten Justitiarius Hrn. {'ördr Jonas-
■OB verdanke.
eSRHAMU. Nene Bsihe lU, (XIIY, Jähtg.) ^
98 UTTERA.TUR: ZUR TOPOGRAPHIE ISLANDS.
dem alten Kjalamesa plage in VerbindoDg gebracht werden, und der Leidar-
h6ll in der LeirirsTeit im BorgarQordr (S. 2869 Anm, 1), dann der Leidar-
b6Imr in der Dalasj^sla (S. 463 — 64) mögen, da sie in der Hölmveija aaga,
Kormakfl saga und Stnrlünga bereits erwähnt werden, ebenfalb noch der frei-
staatlichen Zeit angehören, welche ja, wenn anch die gemeinsame Haltong der
leid darch die 3. sam)>ingisgodar an der herkömmlichen Dingttätte ihres Frfih*
lingsdinges die gesetzliche Regel bildete, doch ausnahmsweise Abweichungen
▼on dieser Regel kannte und zuließ (Kgsbök, §. 61, S. 111; TgL LjdsYetninga
saga, cap. 2, S. 7); aber wenn sich anch noch ein LeidTÖUr im Medallande
der Skaptafellssysla findet, so möchte dieser wenigstens doch wohl eher aof das
leidar)>{ng der späteren Zeit zu beziehen sein, welches ja nach dem Zeugnisse
Pill Vidalin's (Skjnngar, S. 326) bis gegen den Schluß des 17. Jahrhunderts
hin und wider abgehalten wurde. Bezüglich der in der Bandamanna saga ge-
nannten Hvammsleid Yollends ergibt sich in ganz anderer Richtung ein ZweifeL
In der Ausgabe Haldör Fridriksson's, S. 41, heißt es zwar: «)>etta haust hit
sama safhar Hermundr lidi, ok ferr üt til Hyammsleidar'' ; aber CedersehiÖlds
Ausgabe, welche doch einem älteren und besseren Texte folgt, liest dafür S. 17:
«Lidr af Tetrinn, ok er vora tekr ferr Hermundr til Hvamms leidar**, und bei
dieser Fassung ihrer Worte kann somit die Angabe nicht, wie unser Verf.
S. 361 will, auf das Herbstding bezogen werden. Überdies sind auch die
folgenden Worte derselben Ausgabe: „ok er bann »tladi ütan, pk segir hann,
at peil munu snua ofan til Borgar^, welche in dem jüngeren Texte ToUig
fehlen, durchaus uuTerständlich, da von einem „»tla ütan*, d. h. ins Ausland
reisen wollen, denn doch bei einem Manne nicht die Rede sein kann, welcher
▼ielmehr beabsichtigt, von einer nur zum Scheine verfolgten Strasse abbiegend
einen in der nächsten Nachbarschaft wohnenden Feind zu überfsUen. Aller
Wahrscheinlichkeit nach liegt hier eine Textesverderbniss vor, und hatte die
Sage ursprünglich erzählt, wie Hermundr, vorgebend ausser Lande gehen an
wollen (at hann etladi ütan), den Weg (leid) nach Hvammur einschlug, wobei
dahingestellt bleiben mag, ob darunter der Hof dieses Namens im Nordrirdalr
oder der gleichnamige Hof in der Hvitärsida zu verstehen sei, welchen die
neueren Hofregister zwischen Gilsbakki und S&mstadir aufführen, und daß er
erst, dort angekommen, seinen Begleitern erklärte, von der Strasse ablenken
und in weitem Bogen nach Borg reiten zu wollen, um dort den Egill zu ftbw-
fallen. Ich verzichte darauf, durch irgendeine Conjectur diesen Sinn in die
handschriftlich überlieferten Worte hineinzucorrigieren ; eine unbefsngene Fer-
gleicbung der beiden veröffentlichten Texte dürfte indessen jedenfrüls seigea,
daß der jüngere den älteren durchaus willkürlich corrigiert hat, und die Schwie-
rigkeit, an einem Orte ein Herbstding ansetzen zu müssen, an welchem eine
Dingstätte sonst in der freistaatlichen Zeit nicht nachgewiesen ist und anch im
Hinblicke auf dessen Entlegenheit nicht wohl angenommen werden kann, dürfte
damit beseitigt sein. Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer geschichtlichen Bedeu-
tung ergeben sich auch sonst in Bezug auf die zahlreichen Dingstätten im
Lande, von welchen man Überreste zeigt, oder auf welche doch bestimmte Loeal-
namen hinweisen. Zum Theil handelt es sich dabei allerdings um Dingstätten,
welche bereits in der freistaatlichen Zeit genannt werden. So besprieht der
Verf. ausführlich die Örtlichkeit, an welcher das AUding gehalten wurde (8. 95
bis 160); femer das )>{ngskäla- oder Räng4r)>{ng, S. 218^20, daa ijnes|>ing,
LITTERATUB: ZUR TOPOGRAPHIE ISLANDS. 99
S. 194 — 97, Tgl. S. 205 — 6, and das Kja1anie8s))fiigy S* 59 — 60; ferner das
pükgatM' und pver^rpiog, S. 803 — 5^ das )>6r8iies8))mg , S. 436 — 38, dann
8. 440 — 44, und das )>orskaf)ardar)>ingy S. 524 — 27 , also die 8 Dingstätten
einerseits des Südlandes nnd andererseits des Westlandes, welche in der J4m-
sfda und J6nsb6k als solche genannt, nnd anch bereits in der freistaatlichen
Zeit in gleicher Eigenschaft nachweisbar sind ; endlich anch die Dingstatte on-
dur Valfelli, S. 867 — 70, welche nach der Eigia nnd der Gnnnlaags saga orms-
tdngn in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts von den Leuten im Borgar-
Qdrdr benutzt wurde, — das StraumsQardar ping, S. 408, von welchem die
Ejrbyggja berichtet, — endlich das Hvalseyrar- oder yal8e7rar))ing, ping*
eynrping oder D]hniQardar}>ing, S. 573 — 74 und 576 — 77, you welchen einer-
seits die Gfsla saga Siirssonar, und andererseits die Hrafns saga Sveinbjam-
arsonar und die Sturlünga Zeugniss geben. Zahlreiche Localbezeichnungen
wie )>ingTellir, }>ingTallaborg, pingvallavogr Q)6rsness])ing), )>ingh611 (|>£ng8k41a-
)>(ng, nndir Valfelli) oder pfnghölar (Amespfng), ))ingbrekka (undir Valfelli),
piaghoh (Ames)>fng), oder weiter abstehend und mehr auf das Reisen zum
Ding deutend plngmanna ij6dr, )>fngmannah611, ))iogmannagötur ())or8kaQardar-
piüg)j halten die Erinnerung an solche Dingstätten fest, und es fehlt auch
nieht an Gerichtsringen, die an ihnen gezeigt werden (Ame88))ing, ))6r8neB8)>ing,
D^aQardar ping), oder selbst an einem angeblichen Opfersteine , wie jenem
pdiBteinn am^)>6rsness)>fnge, von welchem oben bereits die Rede war. Aber
doch ergeben sich bereits bei diesen Dingstätten mancherlei Schwierigkeiten.
Dieselben sind rielfach bis in die neuere Zeit herab in Gebrauch geblieben,
wie denn der Verf. z. B. bezüglich des )>fngskAla)>fnges bemerkt, daß dessen
Dingstätte noch im rorigen Jahrhunderte benutzt worden sei; von hier aus
erklärt sich, daß vielfältig Richtstätten an oder in der Nähe solcher Dingstätten
gezeigt werden (Kyalakrökr, porska^ardar ping ; gilgi, gilgaklettar, gilgasteinar,
Kjalames8)>ing, Amesspfng, ))6rsne88)>ing ; aftökusteinn , aftökugil, pjöfapollr,
)>ingskäla)>ing), wie denn zumal auch zu pfngvellir die Stätten zu sehen sind,
an welchen Weiber ertränkt, Hexen yerbrannt, Diebe gehängt und andere Ver-
brecher geköpft wurden (S. 148 — 49; ygl. S. 124). Das Recht des Freistaates
wußte Nichts ron irgendwelchen Todesstrafen; erst in weit späterer Zeit sind
solche aollgekonunen, und alle auf sie bezüglichen Überlieferungen können dem-
nach erst dieser letzteren angehören. Aber welche Gewähr haben wir dem
gegenüber dafür, daß die übrigen Angaben über die Localitäten der einzelnen
Dingstätten auf die Zeit des Freistaates sich beziehen? Bezüglich der Dingstätte
des Alldinges zu pingvellir hat der Verf. in der That zu beweisen yersucht,
daß ziemlich alle Überlieferungen über die einzelnen maßgebenden Ortlichkeiten,
so bestimmt sie auch auftreten, geschichtlich unhaltbar seien, und dieses nega-
tire Ergebniss wenigstens seiner Beweisführung wird unbedingt anerkannt wer-
den müssen, wenn man auch hinsichtlich der positiven Aufstellungen, welche
derselbe an die Stelle der einheimischen Tradition setzen will, seine Zweifel
haben mag; ich wenigstens gestehe, daß mir eigene Anschauung yon der Ding-
stfttte und eingehendes Studium der Quellen längst die Überzeugung beigebracht
hat, daß Alles was num heutzutage auf jener als lögberg, lögrötta, Ding-
baden n. dgl. zeigt, für die freistaatliche Zeit unmöglich als beglaubigt ange-
sehen werden kann. Ähnlich aber mag es auch mit den Dingstätten der ein«
aelaen Frühlingsdinge stehen , nur daß wir bezüglich ihrer lÄftViX. Vn ^«t \jai^
1*
100 LITTERATUR: ZUR TOPOGRAPHIE IBLAHOa
lind gleich bündigen Beweis fahren so können, sofeme es iu der alten Litteratur
gar sehr an genaueren Nachrichten über die betreffenden Ortlichkeiten fehlt
— Schlimmer noch steht die Sache begreiflich in den Fällen, da uns Ding-
stätten genannt werden, welche in den älteren Quellen überhaupt nicht erwähnt
sind. Wir hören von einem pingholt bei Reykjavik (S. 20, Anm. 1), von
einer Dingstätte bei Ellidavatn, bei welcher ein pingnes und ein G^erichtsring
gezeigt werden (S. 19 — 20), von einer Dingstätte zu Kopavogr, bei welcher
ein )>inggerdi und eine lögr^tta zu sehen ist (S. 27, Anm.); «in pingaeu
sammt einem g&lgaklettur findet sich bei Hagi in der Amessysla (S. 198,
Anm. 2), ein l)fngh6Il zu l)j6d61fBhagi im Holtamanna hreppur der R4ng4r-
Tallasj^sla (S. 212, Anm. 2), ein solcher mit einem g&lgaklettar bei Störölfs-
hvoll (S. 230, Anm. 1), bei LeirA im BorgarQördr (S. 296, Anm. 3), bei
Galtarholt im Borgarhreppr (S. 372, Anm. 2), und bei Smidjah611 ebenda
(S. 383, Anm. 1), ein ebensolches sammt einem )>inghamarr an Lang^*
brekka (S. 417^ Anm.), ein pinghöll femer auf den Svefneyjar (S. 544, S. l)
und bei Vadall (S. 552, Anm. 1). Wiederum ist von einem ^fngskAlanes
die Rede bei Saurar in der Helgafellssveit (S. 445), und von einem }>ing-
eyri bei Fagridalr im Saurbsjarhreppr (S. 495), dann von einer Ding-
stätte und einem D6maradalr bei Hagi , in den Odungen an der Hekla
(S. 216, Anm. 1); ein D6marahvammur wird bei Vattames im SkAlmarigÖrdr
gezeigt (S. 537), und dömhringar wollen nachgewiesen werden bei Lsskjarbugr
im Hraunhreppr (S. 389), bei Höfdi im Dyrafjördr (S. 577), im Unadadalr
auf den SnsB^allaströnd (S. 606, Anm. 1), bei Sseb^l im Onundari^^'^'^» ^^^
zwar hier zugleich mit löggardar und einem gAlgafors (S. 580). Wiederholt
wird ferner von einem )>riggja hreppa ))ingstadr gesprochen (S. 198, Anm.;
287; 389, Anm. 1); in allen diesen Fällen aber bieten die älteren Quellen
keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß bereits in der freistaatliehen Zeit
an den betreffenden Orten Ding gehalten worden sei. In derartigen Fällen
eröffnet sich nun, wie dies auch unser Verf.^ S. 20, bemerkt, eine lange Reihe
von Möglichkeiten. Es ist denkbar, daß die betreffende Dingstätte wirklich
bereits zur Zeit des Freistaates bestand, sei es nun, daß ein älteres Ding zeiten-
weise seine Dingstätte wechselte, wie etwa im BorgarQördr zuerst zu ^ingnes,
dann, wie es scheint, undir Valfelli, und noch später zu Stafholtsey an der
l>verA Ding gehalten wurde , oder wie das })6rsne8s))ing nach kurzem Bestände
von Hofstadir weg nach seiner späteren Dingstätte verlegt wurde, — oder daß aus
Zweckmässigkeitsrücksichten ein Dingverband sich getheilt hatte, wie etwa das
D^rafjardarping aus derartigen Gründen vom porsk^arda^inge sieh abgezweigt
zu haben scheint — oder daß in Folge persönlicher Zerwürfnisse ein einzelnes
Godord aus seinem bisherigen Dingverband ausschied und sich seine eigene
Dingstätte wählte, wie die Raudmelingar wegen ihrer Streitigkeiten mit Snorri
godi sich vom }>örsness))inge trennten und ihr eigenes StraumsQardaif>ing er-
richteten — oder endlich, daß auf Grund der flmtardomslög ein neues Godord
entstand, welches, weil keinem der bestehenden Dingverbände zngetheilt, noth-
wendig ein Ding für sich begründen mußte. Es ist aber eben so gut denkbar,
daß die einzelne Dingstätte erst einer späteren, vielleicht sogar erst einer sehr
neuen Zeit angehört, und denkbar auch, daß die Annahme einer solchen und
der auf deren Existenz hinweisende Localname überhaupt nicht gesehichtlich
bcjgrfindet, vielmehr lediglich der Conjectur irgend eines älteren Geeebichts*
LTTTERATUR: ZUB TOPOGRAPHIE ISLANDS. 101
freundes lo verdanken ist. Nach dieser letzteren Seite hin würde man lu
völliger Klarheit nur gelangen können, wenn die Qeschichto der isländischen
Bezirksverfassung auch für die spätere Zeit und bis in die Gegenwart herunter
quellenmässig verfolgt und festgestellt wäre« Dies ist nun aber lur Zeit noch
ganz und gar nicht der Fall, und auch, so lange das Diplomatarium islaudicuin
nicht über die freistaatliche Zeit herabreicht, nur auf Qrund umfassender
archivalischer Forschungen erreichbar; man wird demnach zwar ernsthaft be-
dauern müssen, daß nach dieser Seite hin die vorliegende Schrift eine empfind-
liehe Lücke zeigt, aber deren Verf. keinen Vorwurf daraus machen dUrfen,
daß er sie zu füllen nicht im Stande war«
Überhaupt möchte ich dafür halten, daß die rechtsgeschichtliche Seite dos
vorliegenden Werkes die schwächste desselben sei. Die schwierige Frage nach
der Grenze, welche das Südland vom Westland trennte, wird durch die sehr
eingehende Erörterung, welche der Verf., S. 331 — 37, ihr widmet, keineswegs
erledigt, und zwar wesentlich darum, weil die für die spätere Zeit verfügbaren
Quellen wesentlich unbenutzt bleiben. Die Besprechung der territorialen oder
aber nur persönlichen Bedeutung der Godorde und der Dingverbände auf S. 69
bis 72 ist eine durchaus unpräcise, zumal weil der Verf. die AnhalUpuokto,
welche die Sturlünga und die mit ihr verwandten Sagen für die Annahme eine«
späteren Überganges von deren rein persönlicher zu einer localen Geltung bieten,
unbeachtet gelassen hat. Hinsichtlich der Besetzung der fj6rdüngsd6mar äussert
er sich, S. 110, nicht bestimmt, will indessen, S. 114, Anm. 1, an der Hand
einer für die Entscheidung der Frage besonders wichtigen Stelle, Nj41a, cap. 27,
S. 501 — 2, der neuen Ausgabe, auf Grund des von Konr4d Gislason consti-
tnierten Textes sich eher für die Zahl von 9 Richtern entscheiden. Aber dabei
ist abersehen, daß dieser Text, wie aus den beigegebenen Varianten zu ent-
nehmen ist, nur auf dem Zeugnisse einer einzigen Membrane beruht, welche
»femar tylftir" liest, wogegen alle anderen vorhandenen Membranen, 7 an der
ZaUy übereinstimmend „preüüsn** lesen. Über die Entstehungszeit und den
WerUi der 8 Hss. gibt die dürftige Vorrede der neuen Ausgabe allerdings
keinen Aufschluß, aber Dr. Gudbrandr Vigfiisson, welcher die Güte hatte auf
Gntnd einer im vorigen Sommer von ihm selber genommenen Copie mir eine
Abeduift der SteUe nach allen 8 Membranen zukommen zu lassen, bemerkt
mir, daß das in AM. 162 aufbewahrte Hs.-Fragment, welchem Konr4d Gisla*
mm Mgt, ungefähr der Mitte des 14. Jahrhunderts angehöre, als eine schlechte
Hs. xa bezeichnen sei, und daß dasselbe an der hier fraglichen Stelle selbst
jtdenhJÜM zwei entschiedene Fehler zeige, indem es „femar^ zweimal setze und
die von Skapti gesprochenen Worte dem Nj4ll in den Mond lege, wogegen die
7 fibrigen Hss. mit Ausnahme einer einzigen, dem 15. Jahrhundert angebdrigen^
eämmtKch ans dem Anfange oder aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammen,
md znmal AM. 132 foL und AM. 468 in 4*^ sicherlich bis in die Lebenszeit
▼OB Lfenten hinanireichen, welche die letzten Zeiten des Freistaates noch seibet
criebi hatten. Es ist demnach klar, daß die Reconstructioo des Textes in der
•cacB Ansgabe ganz ond gar nicht im Hinblicke auf den bandsehriftliehen Be*
immd erfolgt» sondern dorch die vorgefaßte Meinung beeinflußt ist, daß der Bicbler
36 fnr jedes Landesviertel gewesen sein konnten. Bexiglieb der
seheiBt mir vollkommen onrichtig, weim der Verf., 8. 117 — 18,
daß dieselbe ebenso in 4 Abtheilnagen zcr&Oca sei, wie das AUd\^^^
102 LITTERATUB: H. PETERSEN, OH N0RDB0ERNE8 0UDEDTBKEL8E etc.
geriebt in 4 Q6rdiingrd6inar rieb theilte. Wenn in der Kgib6k, §.116, 8. 909,
gesagt wird : „6r peirre lögr^tto, er lögsögomadr er tekinn, skolo menn g4nga
til lögbergB*! so bezeicbnet der Ansdmek lögrtoa dabei keioeswegs eine Ab-
theilong der gesetsgebenden Versammlang^ sondern eine einzehie Sitrang der-
selben, nnd genan dasselbe gilt anch yon §. 117, S. 214, wo^ nachdem der
Strafe gedacht wurde, welche den Gknlen treffen soll, der seinen Plati in der
lögrötta nicht einnehmen will, wenn es zn einer rddning derselben kommt, fort-
gefahren wird: „)>at yardar ok allt sh'kt hit sama ))eim mönnom öllnm, er
lögr^tto seto eigo, at gegna at lögr^tto )>eirre sem pk skjlda log til*. In der
That wäre apch kanm begreiflich, wie eine gesetzgebende Versammlung ohne
gemeinsame Versanmilangen dorchkommen sollte, nnd schlechthin nnerklärlich,
warum man die gesetzgebende Function von der richtenden abzutrennen sich
veranlaßt gesehen haben sollte, wenn nicht gerade die Nothwendigkeit für die
erstere die Einheit der maßgebenden Versammlung festzuhalten, als das Gkricht
sich in 4 Abtheilungen spaltete , hiezu gezwungen hätte u. dgl. m. -~- Manche
der hier henrorgehobenen Mängel werden übrigens möglicherweise durch die für
den zweiten Band in Aussicht gestellten allgemeinen Bemerkungen ergänzt werden,
und andererseits wäre es unbillig zu yerlangen, daß in einem Werke, welches
die mannigfaltigsten Gebiete, wie Topographie, Culturgeschichte , Sagenkunde,
Volkswirthschaft u. dgl. m. ganz gleicbmässig berührt, jedes einzelne Gebiet
mit derselben Sicherheit und Sauberkeit behandelt werde, wie man sie von
einem Specialisten allenfalls zu beanspruchen berechtigt wäre. Ich wenigstens
fühle mich trotz aller Bedenken, die ich bezüglich einzelner Punkte zu erheben,
und trotz aller Wünsche, die ich in manchen Beziehungen auszusprechen hatte,
doch in erster Linie gedrungen, meiner freudigen Anerkennung für das gewal-
tige Maß des Geleisteten Ausdruck zu geben ^ und zugleich meinem wärmsten
Danke gegen den Verfiisser nicht nur, sondern auch gegen die amamagnsniaehe
Commission Luft zu machen, welche in liberaler Auffassung ihrer Aufgabe uns
in dem vorliegenden Werke eines der wichtigsten Hülfsmittel für das Ventimd-
niss des isländischen Alterthumes geliefert hat. Möchte der zweite Band recht
bald dem ersten folgen.
BfÜNCHEN, den 2. Jum^l878. KONRAD MAUSER
Henry Petenen,'C)m Nordboemes Gudedjrkelse og Gudetro i Hedenold. Kjbhm.
C. A. Reitzels Forlag 1876.
Während unsere deutsche Mythologie nur zum allergeringsten Theil ans
Dichtungen oder sonstigen Berichten aus heidnischer Zeit schöpfen kann, steht
es im Norden bekanntlich ganz anders , wo die verhältnissmäßig reichen
Schätze altheidnischer Göttergeschichten in den beiden Edden den GHanben der
Nordleute fast wie in einem Compendinm skandinavischer Beligionslehre uns vor
Augen zu stellen scheinen. Mit großem und mit geringem Geschick hat man
im Süden und Norden immer wieder die in genialer Unvollständigkeit zusam-
mengestellten Nachrichten zu vervollständigen , in Systeme zu bringen gesucht,
in geschichtliche (Odin !) oder Naturvorgänge umgesetzt. Daß hiebei schöne und
sichere Resultate gewonnen wurden, wird man, und will auch Ref. nicht laug-
neu, aber gar zu oft hat man aus dem Auge gelassen, daß Poesie und Mytho-
logie nicht Religion ist. Der alte Rühs hat bekanntlich seiner Zeit heftigen
LITTERATÜB : H. PETEBSEN, OH NORDBOEBNES GUDEDTBKEL8E eto. 103
ü^denpnich (P. £. Müller) und wenig Beifall gefunden. Seit man über die
Entstehnngszeit der Edden etwas klarer nnd nüchterner zu seben angefangen
hat, findet man auch bcMere Gründe dagegen, daß die Eddalieder reiner Auf-
druck des religiösen Glaubens spätestens des 6. — 9. Jhd. seien. Sichtige Auf-
^ABSung der nordischen Mythologie und Religion ist nur möglich , wenn man
sich gewöhnt, die Edda Torzugsweise als litterarisches Denkmal zu betrachten
und ihren Inhalt zur Ergänzung , Erklärung anderweitiger Ueberlieferung zu
rerwenden, anstatt umgekehrt, sie durchweg zu Grunde zu legen. Einen guten
Schritt zum Besseren scheint obige Schrift gethan zu haben. ^Der Nordleute
Götterverehrung und Götterglanben in der Heidenzeit. ^ Der YerfiEMser Henry
Petersen ist natürlich nicht mit dem bekannten N. M. Petersen, dem Verfasser
der nordischen Mythologie zu Terwechseln. Ende 1876 erschienen , hat sein
Buch, wie mir scheint, in Deutschland bb jetzt zu wenig Beachtung gefunden ;
wie ich höre, bt in Dänemark^ Petersen's Heimat, dasselbe der Fall. Es bietet
nicht, was der Titel eigentlich sagt; es werden nicht alle Götter behandelt und
nicht alle Seiten des Cultus und Glaubens erschöpfend dargestellt, wohl aber
sind die wichtigsten und entscheidenden Fragen ausführlich erörtert. In drei
vngleiehen Theilen wird pag. 1 — 20 über den Cultus, pag. 21 — 32 über die
Tempel, pag. 38 — 137 über den Götterglauben, die eigentliche Mythologie,
gesprochen. •— Aus der ersten Abtheilung, die sich zunächst mit der Stellung
der weltlichen Herrscher zum Cultus befaßt, möchte ich die Bemerkungen über
das Vorkommen des Godennamens auf dänischen Bunensteinen (Saulva-Kupi,
Nura-Ku)>i, Tgl. übrigens auch K. Maurer, Island pag. 45) pag. 8 und Anm.,
sowie daa Folgende über die Centralcultusstätten des Nordens hervorheben ; be-
sonders die ausführliche Auseinandersetzung über Lethra (Lejre), die wohl an-
geihan ist, die bisherige Meinung über dessen Bedeutung für Dänemark, wie
sie nach Thietmar ron Merseburg sich bildete, umzustoßen ; ob freilich der Be-
weü, daß Ringsted die dominierende Rolle gespielt habe, wirklich erbracht sei,
möchte ich nicht für sicher halten. Mehr Interesse für dänische Geschichte ab
für nordische Mythologie und Religionskunde hat die Untersuchung über die
Belegenheit der Hauptdingstätte Isöre pag. 18 £F. Anstoß erregten mir im ersten
Theile einige scheinbar unwichtige Ungenauigkeiten. Seite 5 heißt es einmal,
der Besitz des Gk>dordes (auf Island) war an das Geschlecht geknüpft und in ihm
erblich ; es könnte diese Bemerkung zu Mißverständnissen über die priesterliche
SteUung des Goden führen; ein inneres Band zwbchen Geschlecht und Grodord
besteht nicht; bloß der Besitz knüpft Godenwürde und Godenrechte an das
Geschlecht und an das ganze eigentlich nur, wenn das Godord getheilt wurde;
an etwas wie 8tammguts(6dal-)eigenschaft des Godord ist nicht zu denken.
Vgl. K. Maurer, Island pag. 42, 99 f. Eine weitere Unklarheit in Bezug auf
die Bedeutung und Geschichte jener isländischen Institution enthält pag. 6, wo
es heißt: der Tempel wurde auf Island in der Nähe der Dingstätte errichtet;
der Hergang ist, wenn überhaupt eine Regel ausgesprochen werden darf, um-
gekehrt gewesen.
Der zweite Theil handelt von der Anlage der Tempelhäuser (Lang-
hlnser mit Apsis oder Rundbauten!), von ihrer Ausschmückung, von dem Gkng
und der Zeit der Opferfeste. — Für das midsumarsbl6t bei Snorri kann ich
übrigens jetzt auf pag. 55 f. der eingehenden Abhandlung von Björn Magn-
isfoo oben in den Aarbög. t 0. 1878, 1 ff. verweisen«
104 LITTERiLTUB: H. PETERSEN, OM N0RDB0EBNE8 6ÜDEDTSKEL8E etc.
Am wiehtigtten seheint mir der dritte Tbeil; er hat sich kein gerin*
geres Ziel gesteckt, als Odin sn entthronen und Thor an die Spitze des nor-
dischen 01/mp SU stellen. Theoretisch ist man ja aoch bei uns schon aof ähn-
liche Resultate gekommen, ygl. Simrock^ Myth. \ pag. 232 f. — H. Petersen
hat eine eigenthümliche f meines Eracbtens völlig berechtigte Methode einge-
schlagen. Ich will hier die Hanptmomente seiner Darstellung herrorheben. Vor-
erst sondert er ans der Gesammtheit der Göttertjpen drei ans: Thor, Frey
nnd Odin. Ihre Bilder sind es, die in der Regel in den Tempeln allein oder
▼ereinigt zu finden waren (z. B. in Upsala), sie sind es^ mit denen die Nord-
lente durch ihre Namen in Verbindung zu stehen suchten (pag. 33 — 41); doch
Thor tritt auch hier schon in den Vordergrund, sein Bild findet sich am häu-
figsten, mit seinem Namen sind bei weitem die meisten Männer- und Frauen-
namen zusammengesetst ()>6Hüfi>, ^6ralldr etc. etc.) pag. 41 ff. Bei den Orts-
namen ist der Abstand nicht mehr so groß; H. Petersen hat zu wenig beachtet,
daß gerade mit „Odin" zusammengesetzte Ortsnamen verhältnissmäßig zahl-
reich sind (pag. 47^ Anm. 1) ; zur Verbindung mit Personennamen konnte Odin
recht wohl zu heilig und, so zu sagen, zu aristokratisch sein; die Ortsnamen
beweisen, daß es an Verehrung desselben nicht fehlte. Richtig ist allerding«,
und hiefur spricht die ganze Person Thors, daß dieser dem einzelnen Bauern
viel näher stand und sympathischer war, also auch wohl häufiger oder lieber
zum Gegenstand des Cnltus gemacht worden ist. — Ein weiteres Argument
bildet das Vorkommen des Hammerzeichens auf Runensteinen (pag. 50 ff.,
dazu die Abbildungen Fig. 1 — 4), als Schmuck (pag. 73 ff., dazu Fig. 6 — 10),
endlich, dem späteren Kreuzeszeichen entsprechend und oft von ihm abgelöst,
als symbolische Bewegung der Hand. Nicht recht gesichert, aber interessant
zu lesen ist was pag. 115 ff. (Fig. 14 — 16) von dem dreiarmigen ELreuz
(,,Hagekors") gesagt wird. — Femer wird Thors Bevorzugung bei Festen und
festlichen Gelegenheiten dargelegt, wie sie sich in der Anwendung des Ham-
mers bei der Namengebnng, bei Hochzeiten^ Begräbnissen ausspricht (pag. 56 ff.).
Die Bedeutung Thors beim Julfest hat Petersen überschätzt|; die Deutung
des Bragarfull als „Großthatsbecher* läßt sich hören^ daß aber der s6nargoltr
dem Donnergott geweiht gewesen, hat der Ver&sser mir nicht überseugeod
genug dargethan. Mit Rechtj wird dagegen Gewicht darauf gelegt, daß der
Donnerstag bei weitaus den meisten Dingversammlungen des Nordens als An-
fiangstermin galt (pag. 66 — 70), wozu allen^lls noch bemerkt werden kann,
daß in Island auch der Sommer immer mit einem Donnerstag begann, wohl
deshalbi weil derselbe überhaupt als erster Wochentag galt. Soviel von Thors
Stellung im Cultus und im Volksleben. Auch die Edda widerstreitet den bis-
herigen Ergebnissen nicht (pag. 98 ff.). Odins Übergewicht beruht hier bekanntlich
zum guten Theil auf der Fuhrung der Helden in Walhall. Petersen weist
nun nach, daß die Idee der Versammlung der Helden um Odin neueren Ur-
sprungs, daß anfilnglich Hei gemeinsamer Aufenthalt aller Gestorbenen gewesen
sei, daß also nicht die Verstärkung von Odins Heer Ziel und Aufgabe der tüch-
tigsten Männer im Volk war. Von Thor handeln zudem die meisten Mythen;
er spielt die Hauptrolle, er wird von den Äsen in kritischen Fällen zu Hälfe
gerufen, nicht Odin (p. lOO). — Weiter sind Beweise von ganz anderer Seite
beigezogen. Thor erweist sich schon als Donnergott als uralter Gegenstand
des Cultus und der Mythe und bietet in weit ausgedehnterem Maße Anhalts-
LITTERATUR: B. DÖRING, BEMERKUNGEN ÜBER STIL etc. 105
punkte zur Vergleichung mit deu Gottheiten anderer Indogermanen (pag. 125 f.).,
Iq keiner uns zugänglichen Zeit hat das Ansehen Thors, auch nur vorüber-,
gehend, einen Stoß erlitten. Abgesehen von der Geltung desselben bei dea
Südgermanen, die uns auf den Zustand vor dem „Sonderleben^ der Nord- und
Südgermanen schließen läßt, ist zu beachten (pag. 101), daß es Thor ist, den
in früher Zeit die Finnen von den Skandinaviern entlehnen, den die Vikinger
in England, in der Normandie, in Rußland vor allem ehren. — Die Resultate
über Thor sind an verschiedenen Orten ausgesprochen pag. 94, 107; ich brauche
sie hier nicht zu wiederholen. — Auf Odin ist der Tendenz der Schrift gemäß
nicht näher eingegangen; wir müssen es bedauern; was geboten wird, leidet
zwar etwas unter der Bestimmung, des Gottes Unterordnung zu documentieren^
enthält aber des Beachtenswcrthen nicht wenig; ich verweise auf die Bemerkungen
über den Einfluß klassischer Göttervorstellungcn (pag. 94), über das Ansehen
der Kriegstüchtigkeit bei den Skandinaviern (108); über das Alter der Odin-
dichtong (130 f.); die Frage, ob diese einer Art Hofreligion entsprach (131 f.);
es liesse sich mancherlei gegen die hier ausgesprochenen Ansichten vorbringen,
zumal auch gegen den Schluß, daß die Mythen über Odin zwar rein nordisch
ausgeprägt seien, ihren Ursprung aber bei den Südgermanen hätten.
Doch meine Anzeige ist schon zu lang geworden. Es bleibt mir nur
Qbrig, Petersens Buch zu fleiasigem Studium ernstlich zu empfehlen. Niemand
wird es ohne reiche Belehrung und Anregung aus der Hand legen.
MÜNCHEN, Ende JuU 1878. OSCAR BRENNER
Dr. Bernhard Döring , Bemerkungen über Stil und Typus der isländischen
Saga. Osterprogramm des Nikolaigymnasiums zu Leipzig 1877. 44 S. 4.
Zwar ist der Umfang des Programmes nur ein geringer, doch halte ich
die Arbeit für eine in hervorragender Weise verdienstliche. Seit Koppens litte-
rarischer Einleitung in die nordische Mythologie hat keine deutsche Schrift
ausführlicher das Wesen der isländischen Saga behandelt, und Bemerkungen,
wie sie Vigfusson in der Einleitung der Eyrbyggjasaga und der Fomsögur^
Maurer in der Gnll-xorissaga und sonstigen Schriften und Möbius an ver-
schiedenen Stellen machten, sind immer nur Eigenthum der Fachgelehrten ge*
blieben. Wie kümmerlich es mit der Kenntniss der Sagalitteratnr in Deutsch -
huid noch immer bestellt ist, zeigen diu betreffenden Abschnitte der verbreite-
ten allgemeinen Litteraturgeschichtcn (von Scherr n. a.), welche die ungeheuer-
Hehsten Dinge über die Sagas berichten. Dörings Arbeit erreicht den Zweck,
den sie sich vorgesetzt hat : in wissenschaftlich populärer Weise dem deutschen
Volke ein Bild von dem Wesen der isländischen Saga zu entrollen. Man könnte
mit dem Verfaßer vielleicht rechten wegen der Auswahl der Sagas, die er für
seinen Zweck benutzt hat (es sind Nj41a, Gunnlaugssaga ormstungu ok Skald-
Hraina. Gull-JPörissaga, Egilssaga, Hallfredarsaga , Eyrbyggjasaga , Vatnsdsela-
saga, Flöamannasaga und die rorsteiossaga Sidu-Hallssonar mit Vergleichung
Ton Islendingabök). Es werden darunter einige charakteristische Formen der Saga
▼ermißt, während andere, spätere, weniger eigenartige Formen, wie die F16a-
mannasaga, berücksichtigt sind; doch treten diese Bedenken zurück gegenüber
der Erwägmig, daß doch endlich einmal von berufener Seite eVn ^Oca:\\x ^-
106 UTTBRATUB: W. HERTZ, TRISTAN UUD WOLDK
thtti ist, um den isULnduchen Sagas aucb in Deutschland größeren Antheil sn
erwecken. Besonders angemessen sind die Abschnitte über Begriff nnd Wesen
der Saga, Entstehung und Fortpflanzung Ton Erzählungen, Behandlung des
Stoffes, Selbständigkeit des Schriftstellers und über die Form der Darstellung.
Die Abschnitte über die Abfassungszeit der Saga, die vermuthlichen Aufzeichaer
der Sagas, über die Strophen sind etwas knapp dem Umfang nach, diejenigen
über die Abweichungen tou der ursprünglichen Ueberlieferung und über Ton,
Sprache und Satzban nicht adäquat abgegrenzt. Die in den Sagas häufige meta-
phorische Ausdrucksweise hätte Erwähnung finden können, ebenso die nicht
seltene Uebertreibung, die besonders in der Charakteristik von Personen in
eigenartiger Form auftritt (vgL z« B. in Njala 95 , 20 , wo es von Hildigunnr
hdßt: h6n rar skörungr mikill ok kvenna fridust synum. h6n rar sy& hög, at
f4r konur T&ru jafiihagar. h6n var allra krenna grimmust ok skaphordast enn
drengr g6dr )>ar sem Tel skjldi yera, oder die Berichte über Porir in der Porsk-
firdingasaga u. t. a.), auch manche andere den Sagas eigenthümliche rheto*
rische Form hätte besprochen werden können; indeßen ist doch zu erwägen,
daß der YerfEJWr auf geringen Raum beschrilnkt war und zudem rersprochen
hat, in einem zweiten Theile, in welchem auch LaxdsBla und Gretla Berück-
sichtigung finden sollen, eine Fortsetzung über Qenealogieni Charakteriatikenf
Träume u. s. w. zu geben. Hoffentlich ist dieses Versprechen schon erfüllt,
wenn die Recension gedruckt sein wird *). Was der yorliegende erste Theil biete^
ist vortrefflich geeignet, der isländischen Saga Freunde zu gewinnen. In seiner
litterarbistorischen Skizze hat, bei aller Selbständigkeit und Sorgfalt der For-
schung, der Verfaßer nicht die allgemeinen Gesichtspunkte aus dem Auge rerioren.
ALTONA, im Man 1878. P. PIPER.
Triatan und Isolde von (3k>ttfried von Straßburg. Neu bearbeitet und naeh
den altfranzösischen Tristanfragmenten des Trouvere Thomas ergänzt von
1/imhehn Hertz. Stuttgart Gebrüder Kröner. 1877. kL 8. VHL nnd
644 S.
mcht lange naeh Erscheinen einer dritten Auflage von Hermann Kurzena
„Tristan und Isolde'' (Stuttgart, Cotta, 1877) kam die vorliegende Bearbeitung
von Wilhelm Hertz, über deren literarische und künstlerische Seite ich an einem
anderen Orte zu handeln gedenke ^^ die ich aber doch auch in der Gkrmania
aas verschiedenen Ghünden erwähnen und besprechen möchte, weil das Buch
auch ein gelehrtes Interesse in Anspruch nimmt. — Ist hier auch keine Über-
setzung dargeboten y wie sie vorher Kurz und Simroek lieferten , indem diese
neue Bearbeitung manches aus Gottfried's Werke einfrich ausscheidet, anderes
kürzt, anderes auch stilistisch ändert, so haben wir dennoch im Großen und
Ganzen eine Übersetzung vor uns, die dem Original sich möglichst ansusoUießen
sucht. Es ist hier der Versuch gemachty zwischen einer wörtlichen Übersetzung
und einer dichterisch völlig freien Neubearbeitung einen Mittelweg zu finden.
*) Diese Fortsetsong ist im diesjährigen Osterprogramm des Nikolaigymnasinms
noch nicht ersefaieoen, Bondem statt deren von demselben Verfssser : Eine altisländische
Brandlegung. Episode aas der Ersahlang vom Leben des NjsL Ans dem
Urtexte übertragen. Leipzig 1878. 20 8. 4.
^) Ist geschehen in den Blättern für Ut Unterhaltung 1878, Nr. 88.
UnnULTUR: W. HEBI% TRI8TAH ÜHD SMILIffi. 107
und insofern erscheint mir das Bach von Hertz in der Geschichte der Über-
tragungen ans dem Mittelhochdentschen eine bedentongsToUe Stelle einsnnehmen.
Aber nicht bloß hinsichtlich seines Gesammt-Charakters hat dieser eigenartige
ÜbersetznngsTersnch seine besondere historische Wichtigkeit^ sondern auch wegen
seiner poetischen Form. Herts nämlich legt sich eine Strenge in der Technik
des Reims- und Versgebranchs auf, wie sie Tor ihm in Übertragungen der
Knnstepen großem Umfange niemals su finden ist. Auf diese Weise wird der
grasiose Charakter des Originals gewahrt, andererseits der modernen Gewöh-
nung ein Zugeständniss gemacht. Aber der Dichter treibt das Princip der
Regelmäßigkeit im Verse nicht auf die Spitze; er wechselt zwischen jambischem
und trochäischem Rhythmus und vermeidet dadurch die klappernde Monotonie,
an denen unsere Epen seit Opitz zu leiden pflegen. Während Kurs und Simrock
sich für ihre Fortsetzungen den Sto£f selbst zurechtlegten, rerschiedene Quellen
zugleich benutzten, folgt Hertz den kurzen Fragmenten des französischen Thomas.
Diese Wahl hat insofern auch eine philologische Tendenz, als hier für den
SdUlnß eme Quelle zur Geltung kommt, die der von Gottfried genommenen
mdäquat ist, wenigstens im Großen und Ganzen.
Vor allem aber ist diese belletristische G«be deshalb der besonderen Be-
aclitong der deutsch-philologischen Kreise werth, weil ihr ,, Anmerkungen* bei-
gefSgt sind, die nicht allein dem den mittelalterlichen Studien ferne stehenden
Leser Erläuterungen, sondern in der That auch dem Kundigen nicht unwill-
kommene Beiträge zum Tristan-Commentare bieten.
In diesen ,,Anmerkungen^, die nicht in der sonst üblichen lakonischen
Form auftreten, sondern für die der VerfEÜSer mit Rücksicht auf einen weiteren
Leserkreis mehr den Stil der Abhandlung gewählt hat, ist ein großer Schatz
▼on Gelehrsamkeit niedergelegt, und im Einzelnen erfreuen feine geistroUe Deu-
tungen. Die im Gedichte auftretenden Namen sind hier genau erörtert, ein-
sebie Wörter, namentlich Fremdwörter werden erklärt und nach ihrem Gebrauche
daigelegty über die Sagengestaltungen belehrt derVerfaßer fleißig und eingehend ;
gmns besondere Beachtung ist auch der Erklärung der kulturhistorischen Mo-
mente geschenkt, wobei auch, wenn sich die Gelegenheit bietet, der Gebräuche,
die sich ans alter Zeit bis in unsere Tage gerettet oder die in der G^en-
wart eine andere Geistalt angenommen haben, gedacht wird. Solche Hinweisungen
auf Alterthümlichkeiten der Sitte halte ich für sehr gewinnbringend, und daß
sie auch anziehend sind und oft mehr als Litteratur und Grammatik inter-
eesiren, habe ich im lebendigen Verkehr mit den Mitgliedern meines Seminars
aar Gknüge erfahren. Darum habe ich auch in meiner Ausgabe des Heinrich
TOB Freiberg noch etwas mehr als in meiner Gottfried - Ausgabe auf kultur-
historische Züge Bedacht genommen und, soweit ich es Termochte, die erhal-
tenen Reste oder die Veränderungen des alten Brauches berührt in der Hoff-
ning^ auch die Leser für solche Dinge an interessiren. Ich habe freilich in
Er&hmng bringen müßen, daß es auch trockene Seelen gibt, die für die Äuße-
rungen des Volkslebens keinen Sinn besitzen und denen gelegentliche Hindeu-
tongen auf die heutige Zeit ^wunderlich erscheinen (ride Kiuzel, Zeitschr. f.
d. Ph* 9. B., S. 240 unten). Für solche Leute sind auch numche der von Hertz ge-
gebenen Belehrungen natürlich ohne Interesse, dagegen werden ihm alle die-
jenigen dankbar sein, die in einer Dichtung nicht bloß ein individuelles Kunst-
werkf sondern anch ein lebensrolles Zeognisi des Volke- und "L^XdiB^AJiNAa ^<
106 LTTTEBATÜR: W. HERTZ, TRISTAN UND ISOLDE.
blicken , und die zugleich ein Geföhl haben für die traditionellen Ziuammen-
hänge der Gegenwart mit unserem Alterthum.
Außer dem eigentlichen Commentar hat Hertz auch hie und da ästhetische
Fingerzeige gegeben, einmal wird auch eine kritische Frage berührt.
Wie sehr mir gerade diese Beiträge zum Tristan- Commentar willkommen
waren, möchte ich nun dadurch erweisen, daß ich im Einzelnen diejenigen
speciell philologischen Erklärungen von Hettz hervorhebe i welche die von mir
in meinen Anmerkungen zu Gottfried gegebenen corrigieren, verbessern und
ergänzen. Daß ich sie auch für eine etwaige neue Auflage verwerthen und ent-
lehnen würde, brauche ich kaum zu sagen. Für die ausgeführten Belehrungen
würde natürlich bei der Anlage meines Commentars nur der Autor kurz eitiert
werden können.
S. 550 tumieren (V. 2107) erklärte ich mit: wenden; bei HerU steht
bezeichnender: schwenken, die Volte reiten. — S. 551 smirlia (V. 2203) in
der Ausgabe allgemein mit , Lerchenfalke* erklärt, Hertz berichtigend und ge-
nauer: „der Zwergfalke, der kleine Lerchenstößer, nicht mit dem Lerchenfalken
zu verwechseln", worauf Notizen aus der Naturgeschichte und Jägerei folgen. —
S. 551 hcLbeche(mikasre und ouch in rdien vederen) (2204 fg.). Hertz widerspricht auf
Grund naturgeschichtlicher Thatsachen mit Recht meiner Auffassung, daß diese
Worte, die ich in Klammem schloß^ sich auf alle vorher genannten Vogelnamea
beziehen; sie gehören nur zu habeche. — ^ S. 553. 555 biäs Triitant; biät ami»
(2395. 2679). Hier würde von mir nachzutragen sein, daß bida auch = lieb
ist wie Mchmne in V. 3534 (doch hat Hertz dies schiene in der Übersetzung
mit: „edel" gegeben). — S. 558 lumbelen-^ unteren {timberen) (2941). Hertzens
Erklärungen sind bestimmt > während ich mit Vorbehalt und fragend erklärte«
/. = Nierenbraten, z, = die Hoden, das Kleinwildbret Letztere Erklärung
mit Verweis auf Paul's Aufsatz Germ. 17, 398, Aiimerkung (Zamcke). —
S. 561 von minem kern Gurüne (3524) und S. 562 GrdUtnde* des sehcBnen
(3585). Die erste Stelle wußte ich nicht zu erklären, dagegen wies ich im
Namenverzeichniss unter dem Namen GrdUmt auf die Novelle hin, |,vermuth-
lich des Inhaltes, daß Or. gemordet und seiner Geliebten zum Essen vorgesetst
wird^. Hertz belehrt uns, daß das Gurunslied eine der zahlreichen Varianten
der sogenannten Herzmähre behandelte, und daß dann wohl in dem Gralands-
lied ein anderer Inhalt gesucht werden müsse, und zwar erscheine ein G^raland
als Held eines Feenmärchens. — S. 563 — 566 Symphonien ^ rotten j liren^ soi»-
biüt (3674 ff.). Ich konnte nur kurze und unbestimmte Erklärungen geben.
Was Hertz aus der Geschichte der musikalischen Instrumente beibringt, ist
überaus lehrreich. Es ist nur schade, daß man die Werke, auf die H« hin-
weist, wie Lacroix^ Lee arte au moyen-dge (Paris 1871) nicht leicht zur Hand
haben kann. — S. 580 diu kuppe (H. übers, die Haube) (7056). leh würde
nach H.'s Vorgang eine materiell genauere Erklärung des Wortes zu geben
haben. Ich habe überhaupt die Bemerkung machen müssen, daß unter denen,
die Altdeutsch treiben y eine große Unkenntniss der mittelalterlichen Tracht und
Bewafiuung herrscht, daß aber andererseits ein großes Interesse für solche
Gegenstände sich zeigt, sobald nur die Anregung dazu gegeben wird. -^ S. 586
»chevelier damoieele (9169). Ich würde nachzutragen haben, daß damoisUe
der Genetiv ist. Meine Erklärung von V. 5580 habe ich längst aufg^egeben.
— S. 595 In einem tage er s* dder Heu (15121). Trotz Herrn BLinsel würde
LITTERATÜR: W. HERTZ, TRISTAN UND ISOLDE. 109
ieh die kaltorbistorlscbe ÄDmerkuDg ron H. entlehnen: ^ Im Mittelalter pflegten
Hoch nnd Nieder wenigstens einmal im Jahr^ im Frübling, zur Ader zn lassen,
ein Brauch, der sich beim Landvolk in rielen Gegenden bis heute erhalten
bat*. — S. 595 gotes reht (15310) H.: „das kanonische Recbt^. Wurde nachzu-
tragen sein« — S. 604 ix)r CorinHa jdren (16695). Im Namenyerzeichniss
sagte ich: „rielleicbt Qnirinus nach Bech^ kaum mit Groote Chronos". Diese
Erklärung ist aufzugeben. Hertz weist in einer ausführlichen Darstellung naoh^
daß hier der aus der trojanischen Sage stammende Riese Korin'du9 gemeint
sei. — S. 610 der galander (16895). Nach dem Vorgang der gebräuchlichen
lexicalischen Hnlfsmittel erklärte ich galander mit ^ Haubenlerche '^. Nach H.
ist das ein Irrthum, der galander ist rielmehr die große Lerche, Ringlerche,
alauda calandra lAnniy auch alauda Sibiricaj während unsere heimische Hau-
benlerche alauda erUtaia ist. — S. 626 li firaina (18714). Ich setzte zur
Erklärung: ans franau ein Fragezeichen. H. bestätigt diese Erklärung, indem
er sagt: „K firairUf offenbar entstellt aus li fran»y der Freie, der Edle, francus,
eines der gebräuchlichsten Epitheta in der altfranzösischen Dichtung^« —
S. 6S7 Oco^ (18736). Ebenso bestätigt H. meine Erklärung, oee^ =
Oeean, doch sieht er nicht, wie ich that, im Worte eine bestimmte Ortlich-
keit im Sinne des Dichters, sondern direct den atlantischen Ocean, der im mit-
telalterlichen Latein auch occeanu» heiße.
In einem Falle schwanke ich noch, ob ich die von H. gegebene Erklä-
rung annehmen solle oder nicht. S. 583 erklärt er zur Stelle ^die Sonne
komme Ton Mjcene*^ = daz sunne van Myeene gi 8278, der Dichter verwech-
sele hier Sparta, wo Helena geboren wurde, die Stadt des Menelaus, mit der
Stadt seines Binders Agamemnon, Myeene. Das ist möglich, denn solche Ver-
wechselungen sind in der mittelalterlichen Poesie nicht selten« Aber ich glaube^
daß meine auf eine rhetorische Formel (par» pro toto) zurückgeführte Erklärung
aueh Bestand haben könne.
Auch eine andere Erklärung scheint mir nicht sicher. S. 612 ist zu den
Worten: ^Sie war, wie ich euch eben las*^ = ei wa»y aU ich ieeuo da las
16982 bemerkt: „der Dichter denkt sich seinem Publicum gegenüber als Vor-
leser*^. Allerdings, wenn das Wort loa im Nhd. beibehalten wird, kann es nur
in der gedachten Weise erklärt werden ; allein im Mhd. ist la» nicht immer =
1ms Tor, sondern auch allgemein: erzählte, trug vor; vgl. zu 6. Tr. 134. 2650.
— S. 503 ist in der Anmerkung Kurvenäl gesetzt, um das a im Namen, der
•ODSl im Text natürlich nur als Kumeval erscheint, als lang zu bezeichnen.
Ich habe auch in Heinrich's Tristan das a im Nominativ mit allem Bedacht
•la kurz genommen und werde mich später darüber aussprechen.
SchUeßlich komme ich nun auf jene von Hertz (S. 543) berührte kri*
tische Frage. Gegenüber der in allen neueren Ausgaben stehenden Lesart in
etne» herxen Itisten aweben ist H. auf die der handschriftlichen Überlieferung
eotsprecheude Lesart der älteren Ausgaben vonMyller und Groote zurückgegangen:
in s. A. lüften^ und übersetzte demgemäß „Im Sturme seines Herzens schweben'.
Daß jüngere Schreiber mit aller Absicht lüften gesetzt haben werden, bezweifle
ieh keinen Augenblick. Ob aber in den älteren Hss. wirlich lüften statt lußen
stehen soll, wird sich bei der großen Ähnlichkeit, ja Gleichheit von fl und ft
nicht leicht entscheiden lassen. Es müssen daher andere Entscheidungsgründe
gesucht werden. Ich habe lange zwischen haften mid lüften ^eac\x^«SLVx \k\A
110 LITTER4TUR: H. KÜRZ, TRISTAN UND ISOLDE.
doeh du letitere gewählt und zwmr ans GMnden der Poesie und des Stib.
Die Ton H. adoptierte Wendong ist ein Bild, ein rolbtändiges Bild und noeh
daia ein reeht drastisches. Stünde es far sieh allein^ so würden wir es, wenn
aaeh sonst die Lüfte des Herxens nicht Yorkommen, dem bilderreichen Gh>tt-
fried wohl sntraaen dürfen. Aber wie stark würde dieser erhabenen Ansdraeks-
weise gegenüber die folgende, eng angeschlossene Zeile 262 ab£dlen: und m-
loaii fidcA dnetn willen Ubenl Erst Lüfte, Sturm des Hertens und dann das
Abstractom Wille! das würde gar nicht Gk>ttfiiediseh sein. Eben wegen wüle
ist der Torhergehende Aosdrock auch abstraet, er ist nnr dnrch das bildliche
moeben gehoben, in sCnet Asrsen hüten ist gleich in vrOuden^ tu umnnen. Die
Wendung ist der Ton neueren Dichtem auch gebrauchten ähnlich : in Freuden,
in Wonne schwimmen. Gk>ttfned gebraucht auch kurz nachher in V. 30S als
Variation seines ersten Ausdrucks tii der lebenden stfese eweben. Dies die Ghrfinde,
weshalb ich die Metonjmie der Metapher vorsog und heute noch voniehe.
Jeder, der sich eingehender mit Qottfried beschäftigt, wird diese Anmer-
kungen Ton Herts nicht entbehren können.
Zum Schlüsse noch ein Wunsch. Herti hat su den Anmerkungen ein
Register beigefugt, welches sehr willkommen ist. Aber die Anmerkungen yer-
weisen nicht auf die Zahl der Seite im Gedichte. Das erschwert die Benutzung
gar sehr; man muß su lange suchen, ehe man die betreffsnde Zeile ausfindig
gemacht hat. Möchte in einer neuen Auflage, die diesem schönen und herror-
ragenden Werke hoffentlich und Yoraussichilich nicht fehlen wird, die praktische
Einrichtung getroffen werden, wie wir sie in Kurzens Tristan und Isolde finden.
ROSTOCK, im Mai 1878. REINHOLD BECH8TEIN.
Triittn und Isolde , Gedicht tou €k>ttfried von Straßburg. Übertragen und
beschlossen tou Hermann Kurz. Dritte rermehrte Auflage. Stuttgart 1877.
Kon'. Übenetenog hat nmeh seinem Tode eine neue AniUge erfohr«.
Es ist Pflicht der Pietät, bei seinem erneuten Erseheinen dankbar das Werk
des Mannes zu begrüssen, welcher dem grossen Dichter so waimes Veratibid-
niss entgegengebracht y der so eifrige und eindringliche Arbeit ihm gewidmet
hat. Wir haben nicht nöthig, die Vorzüge seiner Übertragung zu rühmen;
sie sind allbekannt und werden auch durch die Arbeit von Herts nieht in den
Schatten gestellt; seine Schlußdichtung ist der Hertz'schen entsehieden über-
l^en. Dagegen muß erwähnt werden, inwiefern die neue Auflage eine ver-
mehrte zu nennen ist. Hinzugefügt ist das Bruchstück einer neuen, freien Be-
arbeitung von Tristan und Isolde, welche Kurz 1864 in L. Seeger*s deutschem
Dichterbuch veröffentlicht hat und die einem grösseren Kreise kaum bduumt
geworden ist. Selbst Bechstein (Tristan und Isolt in deutschen Dichtungen
der Neuzeit) scheint sie entgangen zu sein. Und doch ist sie von hoher
Schönheit; sie athmet Gottfrieds Geist und steht doch ganz modern da; mit
glücklichem Griffe versteht sie bedenkliche Klippen zu umschiffiBn. Nur eine Probe:
Ihr Mund, der machte ihn freudehaft,
Ihr Mund, der brachte ihm eine Kraft,
daß er das königliche Weib
an seinen todeswunden Leib
LFTTEBATUB: A. JEITTELE8, ALTDEUTSCHE PREDIGTEN. Hl
in heiMem G^enktuse schloß,
seine Seele in ihre Seele goß.
Fürwahr ein Wunder da geschah:
Leben nnd Tod, die kämpften da
auf Tod und Leben um den Sieg;
das Leben dem Tode bot den Krieg,
es stieg hinab in seine Nacht,
hat der Minne Funken drin angefacht,
durch dessen Kraft es den Feind beswang,
daß neues Leben aus Tod entsprang.
Weiter ist hinzugetreten das Märchen: der Kampf mit dem Dra-
chen, Kun's Polemik oder rielleicht besser seine Satire auf Oswald Marbach's
Beeension ron Kun*s Tristanübersetsung: irisch und mannhaft^ klar und deut-
lieb tritt er dem Widersacher gegenüber, aber trotsdem bleibt er fein und
liebenswürdig; seine Pfeile tre£Fen sicher^ aber sie sind nicht vergiftet.
Gern hätten wir in dem Bande auch noch Kurses Aufuits: Zum Leben
Gottfirieds yon Straßburg (Germ. XV) aufgenommen gesehen: obwohl sich seit
seiner Abfassung der Baddaritu in einen Ziddariue verwandelt hat*), gehört
er doch unstreitig zum Besten, was Kurz geschrieben. Die Aufnahme wäre um
so Wünschenswerther gewesen, als die Einleitung zum Tristan nicht den gün-
stigsten Eindruck macht und die unter dem Einfluß von Böth stehende Sagen-
deutnng besonders beim Laien ganz dazu geeignet ist, Mißtrauen gegen Kun's
Forsehungsweise und nebenbei gegen alle Mythenforschung überhaupt zu er-
wecken ; wenn dem Leser z. B. folgender salto mortale zugemnthet wird (p. XYI) :
9 Zwischen dieser ältesten Thatsache (der Mischung semitischer und indog^er-
manischer Völker) ist eine dunkle Lücke in der Geschichte der westlichen
und nördlichen Hälfte von Europa. Wir können sie unbedenklich mit der Vor-
steUimg von einem beständigen Hin- und Herfluthen der Völker ausfüllen,
worin Sagen und religiöse Überlieferungen durcheinander gerüttelt wurden, iriUi-
rend die einzelnen Völker doch abgeschlossen und ursprünglich genug waren,
um das Empfangene selbständig auszubilden".
HEmELBEBG, den 19. Mai 1878. OTTO BEHA6HEL.
Altdratielie Predigten aus dem Benedictinerstifte St. Paul in Kärnten. Her-
ausgegeben von Adalbert Jeitteles. 8. (XLm, 188 S.) Innsbruck 1878.
Wagner'sche Universitäts-Buchhandlung.
Sckmidt, JolLann, Priester Konrad's deutsches Predigtbnch. 8. (1 Bl. 11,
20 S.) Wien 1878. Verlag des Verfassers.
Die zuerst in den altdeutschen Blättern 11, 159 erwähnten Predigten von
St» Paol verdienten aus sprachlichen wie sachlichen Gründen herausgegeben zu
werden« Jeitteles hat es an Fleiß und Mühe nicht fehlen lassen, um sie wis-
seDsehaltlich zu verwerthen. Ausser Bemerkungen über den Charakter der
^) Es ist eigentlich merkwürdig, daß man in dem Qodofredus Bodelarius de
Argentina jemals einen Gottfried von Straßbarg, Notar, hat finden können, denn die
Woftstdiung wäre dann so, als wenn sich etwa A. v. Keller Adelbert Professor von
Keller nennen würde.
112 UTTERATUR: A. JEITTELES, ALTDEUTSCHE PREDIGTEN.
Predigten und ihre Stellang innerhalb der deutschen Predigt enthält die Ein-
leitnng eine ausfahrliche Darstellang der sprachlichen Eigenthümlichkeiten der
Hs., wozu die Anmerknngen noch manche Ergänzung geben. Diese sind dazu
bestimmt schwierige Stellen zu besprechen und auf Verwandtes in Hinsicht
der Sprache und der Gedanken zu verweisen. Das beigegebene Glossar stellt
das für den mhd. Wortschatz bemerkenswerthe zusammen.
Die nachfolgenden Bemerkungen haben nur den Zweck^ dem Herausgeber
zu beweisen, daß ich seinem Buche die Aufmerksamkeit geschenkt, die sein
Fleiß verdient. S. XII wird unter den Beispielen von % für e auch hivilde
54^ 2 aufgeführt, mit Unrecht, denn wir haben es hier mit betontem % {pifilde
Nib. 1064,4) zu thun. — 2, 25 wird besser trdtsun als comp, geschrieben;
denn ir lieben trüi sun^ wobei (rüt als unflect adject aufgefaßt werden müßte,
hat wenig fiir sich; ebenso noch 4^ 5, und vielleicht auch trülmuoter 5, 7,
wiewohl hier nach dem Gebrauche der Hs. trüt auch fiir trüte stehen könnte.
Sicherlich aber ist trütmuoter comp. 33, 11. — 3, 19 versuenetj ebenso 4, 28
und durch^mgig schreibt J. ue statt des in unsem Ausgaben üblichen Ue\ die
Bezeichnung der Hs. (versvnet) kann hier nicht maßgebend sein. — 3, 24
1. adimpUre. — 6, 5 das doppelte da ist nicht verwerflich, das zweite dient
wir Verstärkung des ersten. — 6, 6 Stephdnus; warum d? Der geistliche Ver-
fasser hat doch sicher St^cmua gesprochen, wie auch der Dichter des Pas-
sionals (Köpke S. 37 ff.) durchaus betont Danach flült auch die Berichti-
gnng SU 26, 10. 15. — 6, 10 In der Anm. zu dieser Stelle sind die beiden
Wörter ^H ^Stachef und ^ort^Grarten mit einander vermischt; letzteres kommt
79, 21 vor, aber man kann nicht behaupten, daß es dort stark gebraucht sei,
denn der gart kann nach dem Brauche der Hs. für der garte stehen. — 6, 20
da, besser wohl dd] auch 31 steht falschlich da für do in der Hs. — 6, 29
kann man nicht eigentlich ein plural. subject annehmen ; denn subj. ist mami^
#tts^<, wozu menech erklärend hinzutritt. — 7, 7 ist gesunden irrig aufgefaßt
als (moralisch) gesund bleiben ; es ist vielmehr = gesunden^ von der Zeit an
wo wir Recht und Unrecht zu unterscheiden vermochten. — 10, 27 ist mioeken
gewiß als conj. zu nehmen, denn dieser ist nach aüe im Altdeutschen das Ge-
wöhnliche. Derselbe Fall 123^ 6, vgl. Anm. — 13, 11 tiumme als scbw. masc
aufzu^Eissen geht nicht an, da es beim plur. stummen lauten mußte. — 16, 27
genennet als prät. Form wäre allerdings auffallend; es ist aber Präsens, das
bei einer Berufung auf einen gottlichen Ausspruch sehr wohl am Platie ist. -—
22, 10 bedeckt wird durch vergessen wiedergegeben, es liegt viehnebr die Vor-
stellung von dem bedeckenden, schützenden Mantel Mariae an Grunde. — 25, 2
irdüeker konnte allerdings beibehalten werden; vgl. 41, 8 wir toUen «in am gaUemj
mdes und hazsee, und Jeitteles' Anm. — 29, 21 das = dos's an nehmen ist
nicht nöthig, da nach e6 statt eines Satzes mit d€Ui ut mhd. gana gewöhn-
lich das Relativum steht. So häufig bei Wolfram der^ wo Lachmann mit nn-
nöthiger Pedanterie dir schreibt. Der gleiche Fall begegnet 108, 15^ vgl.
Jeitteles' Anm. — 33, 13 ist un» sicherlich nicht als Acc. , sondern alt Dat.
zu fassen; am einfachsten ist aus gebetes den acc. gebet als Object zu Mii^ai
herauszunehmen. — 38, 28 ff. gehuldet als 'geehrt aufnifassen scheint mir
nicht passend: es ist vielmehr = holt machen, und ein paralleler Ansdruek zu
dem folgenden vergeten des tomes. — 40, 6 xtant in daz zu verändern ver-
bietet die Wortstellung. — 44, IG ist Uucden keine Nebenform für Hüefen,
LITTERATUR: J. SCHMIDT, PRIESTER KONRADS PREDIGTBÜCH. 113
sondern eine Ableitnog von hluot, ^Blüte'; es steht für Uuoten, wie 44, 14
biuode. — 47, 5 fehlt kein Object üs, sondern niht 'Nichts' ist das Object. —
48, 19 steht untriw nicht für untriUf sondern für untritoej die Abwerf ung des
e ist hier nm so weniger anfTällig, als und folgt. — 49, 24 die Länge gtnch
im imper. ist sehr unwahrscheinlich and schwerlich zn billigen. — 54, 24 böse
ist nicht abgeschwächte Form für bosiu^ sondern unflectierte. — 55, 25 doch
wohl für unschuldich'^ — 58, 14 ist frum shi keineswegs sicher mit acc. con-
stmiert; denn in gehört nur zu gehdfen und zu frum sin ist aus in ein im
herauBsunehmen, — 59, 20 du heizest'^ wir hätten die invertierte Wortfolge
erwartet'; warum? Wir sagen auch: du gebietest und es geschieht. — 68, 9
die für verdienen hier angenommene Bedeutung sich verdient machen' ist mir
sehr unwahrscheinlich; vielmehr ist nach vasten ein Komma zu setzen, und
alles folgende bis 68, 14 ein einziger Satz, der in eiuen mit d6 übergeht (statt
mit d€u) wegen des Vordersatzes, der 68^ 9 beginnt. Ein Satz mit daz in
Konrads Predigtbuch 9, 31. — 103, 9 ich glaube nicht, daß hinter daz etwas
ansgefaUen ist, sondern beziehe daz auf ^ur. — 122, 22 f. ist smach ab Sub-
ject herauszunehmen. — 136, 3 f. ist kein Object zu ergänzen , sondern man
tfant besser vor Idzen kein Komma zu setzen.
Sprachlich noch interessanter als die St. Pauler Predigten sind die Predigten
des Priesters Konrad, aus welchen J. Schmidt einige Bruchstücke mittheilt. Konrad
hat naeh Schmidt in den letzten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts in der Gegend
des Bodensees gewirkt und geschrieben. Seine Predigten finden sich mit seinem
Namen nur in der noch dem 13. Jahrh. angehörenden Hs. 2684* der Wiener
Hofbi(>liothek; ohne Namen finden sich einige derselben in der Münchener Hs.
cgm. 74 und in den von K. Roth in seinen deutschen Predigten herausge-
gebenen Regensburger Bruchstücken aus dem 12. Jahrhundert. Konrad nennt
seinen Namen in der lateinischen von Schmidt am Eingange seiner Auszüge
nutgetheilten Vorrede, in welcher er sich als *Cuonradus presbyter licet indi-
gnna bezeichnet Schmidt hat für ein paar der ausgehobenen Stücke den Text
▼on Roth herangezogen, und auch in den nur in W erhaltenen Predigten die
Sehreibung nach Maßgabe der Regensburger Bruchstücke geregelt, was ganz
so billigen ist. Die Fehler des Wiener Textes sind meist geschickt und glück-
Kdi gebessert, die abweichenden Lesarten genau angegeben. Nicht verständ-
fieh sind jedoch einige Lesarten: besitzen 5, 30, denn ebenso steht im Texte;
Sf B sine muß wohl 6, 5 heissen; 8, 26 werlf^ 10, 21 frowen (soll wohl /rcmiüefi
heisaen?); 12, 19 himiUsken, soll wohl himUischen bei den Lesarten heissen?
Unrichtig ist die durchgängige Schreibung iwangSlia statt iwangelia; und warum
apöealipsis 18, 7. Patmös 18, 4. 15? hantheiz 5, 25 durfte der fehlerhafte An-
Imnt h (für antheiz) unbedenklich als Schreibfehler beseitigt werden; auch ^t-
mäe 7, 32 war in himü zu verändern. — 10, 12 ist hctben als conj. ganz
riditig nach dem negativen Satze. — 10, 15 statt vor ist wohl van zu schreiben.
— 11, 2 lies Unser frowen statt TJnde frowen\ vgl. 11, 9. — 12, 21 ist frum-
als ^n Wort zu schreiben. — 18, 19 ist statt unde vielleicht wände zu
Schließlich notiere ich einige unbelegte Worte: von*eise 7, 8. 11, 2. etn-
gmßaeUdien 8, 37 (bisher war nur eingenSte belegt). Jieimladunge 10, 9. 12.
ttmgetiirage IS, 84. Auch überkiren ist in dem Sinne wie es 15, 26 gebraucht
ist^ noeh nicht belegt
efiUfAmA. H«ii0 B$Die 1/7. (XX17.) Jahrg. %
114 mSCELLEN.
Die Predigten verdienen eine vollsU&ndige Ausgabe unter Benntituig
aSmmtlicher vorhandener Quellen. Herr Schmidt , der sich mit der deatscheo
Predigt des Mittelalters eingehend beschäftigt hat, scheint mir dam wohl vor-
bereitet und könnte sich durch eine solche Edition ein Verdienst erwerben.
HEIDELBERG, 18. September 1878. K. BARTSCH.
MISCELLEN.
Bericht
über die Verhandlungen der deutsch -romanischen Abtheilung der XXXIII. Ver-
sammlung deutscher Philologen und Schulmänner zu Gkra 1878.
Die Section constituierte sich am 20. September Mittags 12 Uhr nach
Schluss der ersten allgemeinen Sitzung unter dem Präsidium von Professor Dr.
Ed. Sievers aus Jena. Derselbe eröffnete die Versammlung mit einer kuraea
Begrüßung der Anwesenden; zum zweiten Vorsitzenden wurde Prof. Dr. Sachs
aus Brandenburg, zu Schriftführern Privatdocent Dr. Neu mann aus Heidelberg
und Gymnasiallehrer Dr. Ph. Wegen er aus Magdeburg ernannt. Die hierauf
folgende Einzeichnung in das Album der Section und damit verbundene Zah-
luDg eines kleinen Beitrages zur Deckung der etwa entstehenden Kosten^ sowie
die Ankündigung der folgenden Sitzungen füllte die übrige Zeit aus.
Als Mitglieder zeichneten sich ein folgende 36 Herren: Bech Fedor,
Dr., Professor in Zeitz; Benecke Alb., Director in Berlin; Deuticke, Dr.,
Gynmasiallehrer in Berlin; Döring Bemh., Dr., Gymnasiallehrer in Leipzig;
Dunger H., Dr. in Dresden; Dtintzer, Dr., Professor in Coln a. Rh.; Eck-
leben Selmar^ stud. phil. in Halle a. S.; Fischer H., Dr. in GreiCnrald;
Grube, Dr., Oberlehrer in Berlin; Hobbing J., Lehrer an der höheren
Bürgerschule in Nienburg a. W. ; Hoefer, Dr., Gymnasiallehrer in Seehausen;
Hofmeister Ad., Dr., Gustos der Universitätsbibliothek in Rostock; Hol-
feld, Dr., Oberlehrer in Guben; Hummel F., Dr., Reallehrer in Weimar;
Kluge H., Dr.y Professor in Altenburg; Koch, Dr., Professor in Grimma;
Koehler Reioh. , Dr., Bibliothekar in Weimar; Mahn, Dr., Profettor in
Steglitz bei Berlin; Neu mann F., Dr., Privatdocent in Heidelberg; Opitz, Dr.,
Gymnasial- Oberlehrer in Naumburg a. S.; Ost hoff, Dr., Professor in Heidel-
berg; Paul H., Dr., Professor in Freiburg i. Br. ; Pfundheller, Dr., Ober-
lehrer in Tamowitz; Regel E., Dr., Reallehrer in Gera; Sachs, Dr., Pro-
fessor in Brandenburg; Schmager, Reallehrer in Gera; Schneider Rob«,
Reallehrer in Halberstadt; Sievers Ed., Dr., Professor in Jena; Sprenger
R«, Dr., Reallehrer in Northeim; Stier G. ^ Dr., Gymnasialdirector in
Zerbst; Stratmann F. H., Dr. in Krefeld; Weber H., Dr., Professor in
Weimar ; W e g e n e r Ph. , Dr. , Gymnasiallehrer in Magdeburg ; Weist en-
born H., Dr., Professor in Erfurt; Wentrup H., Dr., Rector in Eottleben;
W Sicher E., Dr., Archivar in Weimar.
MI8CELLGN. 115
Die zweite Sitxang haid statt am 1. October früh 8 Uhr.
Prof. Paul sprach über das Vocalsystem des Germaoischen auf Grund-
lage der neuesten Forschungen, indem er ausführte, daß das nach Bfaßgabe des
Sanskritvocalismns entworfene indogermanische Vocalschema a i u mit den
Steigerungen ä, at, au einer Reform dringend bedürftig sei. Die i- und ti-Beihen
sind fiberflüßig; man hat vielmehr zwei Reihen von a - Vocalen anzunehmen,
für die nach dem Vorgänge Osthoff's die Bezeichnung a und Ä gewählt wird.
Jede dieser Reihen geht auf einen Grundvocal zurück , der sich bereits in der
indogermanischen Grundsprache in Folge der verschiedenen Accentuation drei-
&ch gespalten hat, in eine starke Stufe (o^ und Aq\ eine mittlere (a, und Ä^)
und eine schwache (gänzliche Ausstoßung des Vocals). Den Vocalen Oj und Oj
entsprechen in europäischen Sprachen e und o, während das Ä auch in diesen
den reinen a - Laut beibehält. Die Kürzen , i sowohl als u, sind nicht etwa
Qmndvocale, die zu einem at, oi etc., gesteigert werden, sondern sie sind aus
Abschwächung dieser Diphthonge durch Wegfall des a hervorgegangen, so daß
nun die ursprünglich nicht silbenbildenden Componenden i und u die Stelle
des Vocals ausfüllen mußten. Sie verhalten sich also zu den einfachen a- und
ii- Vocalen gerade so wie die Lautgruppen cd, am^ an^ ar etc., indem auch
hier die Sonorlaute 2 , m , n , r beim Ausfall des Vocales seine Rolle über-
nehmen. Sind solche Laute in der betreffenden Silbe nicht vorhanden, so kann
natürlich nach dem Wegfalle des Vocals nichts weiter daraus werden und das
Wort wird um eine Silbe verkürzt.
Der Grund der Schwächung jener Diphthonge zu kurzen Vocalen liegt
in den Accentyerhältnissen ; eben darauf geht aber auch die Scheidung der
a-Beihe in e und o und der gänzliche Wegfall des Vocals zurück, wie schon
vorher erwähnt wurde. So haben wir demnach entsprechend den haüpttonigen,
nebentonigen und unbetonten Silben eine starke, mittlere und schwache Vocal-
stnfe« Diese ist bei der^einfachen a-Reihe:
o e — ,
bei der Hinzunahme von t und u
oi ei i y ou eu u ,
mit rj ly fOy n aber
or er r y ol el l ,
om em m, on en fiy
wobei in der sehwachen Stufe dann die übriggebliebenen r, ^, m, n als Silben-
büdner auftreten. — - Die il-Reihe ergiebt ä, ä, — . Scheinbar steht dem enl-
gegmoL , daß der Hauptaccent häufig auf der mittleren , nicht auf der ersten
Stafe steht, wodurch die dreifache Abstufung zu einer nur zweifachen wird.
Deshalb bleibt es immer noch eine sehr wichtige Aufgabe , diesen uralten
Voeal- und Accentverschiebungen nachzuspüren. Beide Vocalreihen, die mit a
oad die mit Ä als Grundvocal, laufen einander völlig parallel. Auf Grundlage
dieeee neuen Vocalsystems entwickelt nun Redner den Vocalismus der germa-
nifdien Sprachen. Besonders weist er nach, daß sich die verschiedenen Stufen,
namentlich in den ablautenden Formen des Verbums deutlich erhalten haben.
Die Hanpteigenthfimlichkeit des Germanischen sind der Rückgang des alten o
sa a, ein Umstand , den auch das gotische Lehnwort cdev = oleum zeigt
oad die Erweiterung von silbenbildendem r, 2, m, n zu tir, ti/, um^ tm, die
•ogar in die mittlere Stufe hinübergreift und er, e2, eia, m «VicsD&i&a v^ mit^
116 MISCELLEN.
tUj um, un umwandelt, woza die nachfolgende Liquida die Veranlassung giebt,
weshalb wir z. B. im gotischen gihans die mittlere Stufe rein erhalten finden,
während sie in stuUmSy numans die Modification erlitten hat. Die Beduplication
und die mit ihr Terbundene Yocalabstufung ist nur im Gk>tischen rein er-
halten ; die übrigen germanischen Sprachen haben nur zusammengesogene For-
men dafür, aber wahrscheinlich ist die einfache Form ebenso ursprünglich.
Nachdem diese Abstufung in derselben Weise ^ wie sie für die Wurzel-
silben durchgeführt war , auch für die Ableitungssilben an einer Reihe von
Einzelbeispielen ihre Darlegung gefunden hatte, legte Prof. Osthoff in der
daran anknüpfenden Debatte kurz seine etwas abweichende Ansicht dar. £Ir
hält tine Dreitheilung des Vocalsystems in eine a-, t- und o-Beihe für empfeh-
lenswerther und meint, daß ausserdem auch die Längen untergebracht werden
müßten, behält sich jedoch die nähere Begründung auf eine andere Zeit vor,
da er gerade mit einer Abhandlung über dieses Thema beschäftigt sei* Prof.
Sievers erklärte sich dagegen mit der Anschauung des Vortragenden eiuTer-
standen , doch ließ die vorgerückte Zeit eine weitere Ausdehnung der Dis-
cuBsion nicht zu. Die Sitzung schloß um lOy^ Uhr.
Die dritte Sitzung wurde am 2. October Morgens 8 Uhr Tom Vorsitzen-
den mit der Vorlage der Tagesordnung und der Büttheilung eroffiaet, daß zum
nächsten Versammlungsort Trier ausersehen sei. Als Präsidium f&r nächstes
Jahr wurden vorgeschlagen und erwählt die Professoren Wilh. Wilmanns
und Wendelin Förster in Bonn.
Darauf widmete Prof. lyr» Sachs dem im Laufe des Jahres verstorbenen
Charles Grandgagnage einen Nachruf, dem er einen Nekrolog der seit der
letzten Versammlung dahingeschiedenen Philologen und Forscher auf dem G^
biete der neueren Sprachen, wie Creizenach, Leo, Weigand, Brjant, Aleardo,
Lanfrej und anderer vorausschickte. Büt warmen Worten gedachte er der Ver-
dienste des Verstorbenen um die wissenschaftliche Bearbeitung der walloniBchen
Sprache und erwähnte zuletzt, daß die Herausgabe der binterlassenen Papiere
August Scheler in Brüssel übernommen habe.
Sodann kam zur Berathung, ob es nicht besser sei, die Vormittagssitiong
etwas abzukürzen, um den Mitgliedern den Besuch der allgemeinen Sitzung zu
ermöglichen, da einer der für diesen Tag angesetzten Vorträge (Prof. Osthoff
sprach über das physiologische und psychologische Moment in der Formen-
bildung und ihr gegenseitiges Verhältniss) lebhaftes Interesse erregte. Zur Be*
wältigung der Tagesordnung sollte dann noch eine Nachmittagssitznng abge-
halten werden. Vorläufig wurde jedoch beschlossen, erst den folgenden Vortrag
abzuwarten, und dann nöthigenfalls von neuem über den Antrag zu berathea.
Archivar Dr. E. Wülcker theilte mit, daß er jetzt die Redaction des
bisher von L. Diefenbach und ihm gemeinschaftlich berausgegebenen hodi-
und niederdeutschen Wörterbuches der mittleren und neueren Zeit (Frankfurt
a. M. 1874, Winter) allein übernommen habe, und daß er nun eine raschere
Vollendung in Aussicht stellen könne, und geht dann über zu einem Vortrage
über die Entstehung der kursächsischen Kanzleisprache.
Luther hat in dem 69. Capitel der Tischreden den bekannten Aus-
spruch gethan: „Ich habe keine gewisse, sonderliche Sprache im Deutaehen,
sondern brauche der gemeinen deutschen Sprache, daß mich beide Ober* und
Niederländer verstehen mögen. Ich rede nach der sächsischen Canieley, welcher
MISCELLEN. 117
nachfolgen alle Fürsten nnd Könige in Dentschland. Alle Reichsstädte, Für-
stenhofe schreiben nach der sächsischen nnd unseres Fürsten Canzelej, darum
ists auch die gemeinste deutsche Sprache. Kaiser Maximilian und Kurfürst
Friedrich I Herzog zu Sachsen etc. haben im römischen Reiche die deutschen
Sprachen also in eine gewisse Sprache gezogen.^ Der erste Theil dieses Aus-
sprachea ist leicht verständlich; am zweiten Theile hat man sich bis heute
ziemlich vergeblich versucht. Die Erklärung dafür kann aber auch nur an der
Hand eines reichen Urkundenmateriales gefunden werden. So wird es denn,
fthrt Redner fort, einem Archivar der Weimarer Archive am ersten zustehen,
an diese Frage heranzutreten und mit Hilfe der Hinterlassenschaft der großen
Emestiner des 16. Jahrhunderts die Erklärung jener dunklen Worte zu ver-
suchen. Wer da aber glaubt, eine Sprache zu finden, die gleich der heutigen
in Orthographie und Dialekt strengen Regeln folgt, wird sich sehr enttäuscht
sehen. Zum Wesen einer Kanzleisprache aber ist es auch gar nicht nötbig,
daß derartige strenge Gesetze festgehalten werden. Jede Sprache, welche sich
vom gesprochenen Dialekte unterscheidet, von den Kanzleischreibern cultiviert
wird und traditionell geworden ist, kann eine Kanzleisprache genannt werden. Und
wenn alsdann die Fürsten, denen jene Kanzlei zusteht, es sich angelegen sein lassen,
alle in ihrem Namen verfaßten Urkunden in dieser so entstandenen Schreibweise
ausgehen zu lassen, so können wir auch hier schon von einer fürstlichen Kanzlei-
sprache reden. Wenn wir also die Sprache der kursächsisclien Herrscher untersuchen,
so haben wir nach jenen Richtungen die betreffenden literarischen Ueberbleibsel
zu erforschen. Unter den letzteren sind es aber nur die Urkunden, welche die
Aufinerksamkeit auf sich ziehen, denn es ergiebt sich, daß wenigstens in der
älteren Zeit nur diese in einer feierlicheren Sprache ausgestellt wurden , daß
dagegen die Actenstücke und Briefe dem Dialekt stets näher blieben. In den
Urkunden selbst sind es aber auch nur der Vocalismus und Consonantismus,
der für uns wichtig wird — Syntax und Lexicon unterliegen der altherge-
brachten Formel. Bevor wir auf die Besprechung der kursäcbsischen Kanzlei-
sprache selbst eingehen , gilt es einen Blick zu werfen auf die Sprache der
benachbarten kaiserlichen Kanzlei , denn von dort aus sind wesentliche Ein-
flüsse nicht zu leugnen. Die Sprache der Urkunden der deutschen Kaiser ist
in bei weitem überwiegendem Maße bis auf die Tage Ludwig des Baiern die
lateinische gewesen; erst seit diesem Fürsten beginnen deutsche Urkunden in
größerer Menge aufzutreten. Fragen wir nach dem Grunde dieser Aenderung,
so ergiebt sich uns , daß die herzoglich bairische Kanzlei schon seit langer
Zeit das Deutsche cnltivierte, daß also Ludwig bei seiner Thronbesteigung ein*
fach den Gebräuchen, denen er als Herzog gefolgt, auch als König und Kaiser
treu blieb. Der Vorgang in der Hauptkanzlei Deutschlands fand allerwärts
Nachahmung und besonders in Mitteldeutschland werden die Urkunden etwa
seit dem dritten Jahrzehent des 14. Jahrhunderts in überwiegendem Maße
deutsch verfasst. Die in Ludwigs Namen ausgestellten Urkunden sind aber in
gar verschiedenem Dialekte geschrieben. Wir finden streng bairische , dann
Urkunden in fremdem und endlich solche in gemischtem Dialekte. Der Wechsel
läßt sich unschwer erklären. In der Kanzlei selbst mögen einerseits neben
Baiem auch Nichtbaiem angestellt gewesen sein. Weiterhin werden gelegent-
lieh der Reisen des Herrschers Notare in den Städten, wo er sich gerade be-
fand, zur Ausstellung der Urkunden requiriert. Endlich ist auch nachzuweisen^
daß die Petenten selber die Coneepte für die zu veT£8A«eTi^«\^T\L}sxi^^ ^\)X.^<^A<&^
118 MI6CELLEN.
uod eingesandt haben. Die gemischten Dialekte rühren von Leuten her, die
die kaiserliche Schreibart nachzuahmen versachten, ohne genügend mit ihr ver-
traut zu sein. Unter den luxemburgischen Herrschern hat sich auch keine
wi^liche Schriftsprache ausgebildet , vielmehr wird in ihren Urkunden jener
Dialekt wiedergegeben , der auf hochdeutscher Grundlage beruhend dem Bin-
nendeutschen ungemein nahe steht, aber wir finden doch eine gewisse Auswahl
der Formen innerhalb des Dialekts selbst, die Schreibung indeß ist nicht aus
dem Dialekt herausgetreten. Wenzel übeminmit die Kanzlei des Vaters , Sieg-
mund und Albrecht schließen sich , wenn auch nicht ganz , so doch in der
Hauptsache der Schreibung der Prager Kanzlei an, und die hier entwickelte
Schreibweise gewinnt allerseits in Deutschland den Ruf, die specielle Sprache
des Kaisers zu sein. Wir sehen dies einerseits daraus, daß immer mehr auch
die in ferneren Gegenden im Namen des Kaisers ausgestellten Urkunden die
pragische Schreibweise wiedergeben, wir erkennen es aber wohl am schlagend-
sten daraus y daß Friedrich III. , da er auf den Kaiserthron gelangt, die süd-
deutschen Eigenthümlichkeiten allmählich aufgibt und im Gegensatze zur
Schreibart, die ihm als Herzog geläufiger war, die bisher gebräuchliche Kaiser-
sprache annimmt. In seinen späteren Jahren sind auch alle Urkunden, mögen
sie in Nord- oder Süddeutschland ausgestellt sein, in gleicher Schreibung ver-
faßt. Maximilian endlich übernimmt des Vaters Kanzlei und führt deren Sprache
auch in seinen niederländischen Provinzen durchaus als officielle Sprache ein.
Während des 15. Jahrhunderts ist in Sachsen, Meissen und Thüringen anfangs
der Volksdialekt der in den Urkunden durchaus herrschende gewesen. Wir
erkennen nicht , daß sich die Schreibart eines Friedrichs des Sanfbnüthigen,
eines Wilhelm des Tapferen von der gemeinen Mundart abhübe; aber während
diese Verhältnisse in Thüringen bis zum Tode Wilhelms (1482) die gleichen
bleiben, tritt nach Friedrichs des Sanftmüthigen Tode (1464) in der anderen
Linie der Wettiner eine wichtige Aenderung ein. Friedrichs Sohne, Ernst und
Albrecht, residierten vorzugsweise in Dresden bis 1485; und in dieser Zdt hat
die Urkundensprache eine große Veränderung er&hren. Sie ist nämlich der
kaiserlichen ELanzleisprache aogeähnelt worden, indem bei Schwankungen des
Dialekts die Formen bevorzugt wurden , welche mit der kaiserlichen Sprache
übereinstimmten , weiterhin aber auch geradezu einige Elemente der kaiser-
lichen Kanzleisprache neu eingeführt wurden. Nach dem Tode Wilhelms verlor
die binnendeutsch schreibende Kanzlei zu Weimar , die bisher den Ton für
Thüringen angegeben, ihre Bedeutung; an ihre Stelle trat alsbald die Tor^
gauische, denn nach der Theilung 1485 wurde Torgau die Residenz des Kur-
fürsten Ernst. Gleich nach Wilhelms Tode hatte sich schon in den kurfürst-
lichen und herzoglichen Urkunden, welche in Thüringen entstanden, im Gegen-
satze zu den Zeiten Wilhelms die neue Kanzleisprache eingebürgert und sie
gewann auch in Kursachsen, wo bisher in den Schriften auch Binnendeutsch
geherrscht, die Oberhand. Ein Jahr nach der Theilung starb Kurfürst Ernst.
Seine Söhne Friedrich und Johann traten an seine Stelle und hielten die Grund-
sätze des Vaters in Bezug auf die Kanzlei fest. Friedrich hat sich viel um
letztere bekümmert; wir besitzen auch eine Kanzleiordnung, die er 1499 auf-
stellte, und er galt dem späteren Geschlechte, da Ernst in Thüringen nie po-
pulär geworden, als der £i finder der Kanzleisprache. Diese Kanzleisprache aber
ist, ausser in den Urkunden der Fürsten, anfangs nirgends wieder zu ent-
MISCELLEN. 119
deekeD — alle nicht urkundlichen Schriften, alle Concepte, alle privaten Cor-
respondenzen der Fürsten sind im Dialekte geschrieben. Auch die Urkunden
der PriTaÜeute tragen noch einige Zeit den Dialekt zur Schau, und so hat der
heranwachsende Luther zwei geschriebene Sprachen vorgefunden. Dadurch, daß
er sich in seinen Werken für die Sprache der Kanzlei entschied, hat er ein
Beträchtliches mitgeholfen, den Dialekt aus der Schrift zu verdrängen.
Nach Schluß der Debatte, in welcher noch mehrere Beispiele angeführt
wurden von dem Einflasse, den die höherstehende Kanzlei auf die subordinierten
auch in Bezug auf die Sprache ausübte, stellt Dr. Weg euer den Antrag,
eine Commission zu bilden, welche bis zur nächsten Versammlung einen Plan
almaarbeiten habe , nach welchem eine Reihe von Dialektgrammatiken der
deutschen Mundarten anzulegen sei. Dieser Plan solle dann der Reichsregie-
mng vorgelegt und dieselbe um Unterstützung dieses Unternehmens ersucht
werden« Begründet war der Antrag damit, daß die Reichsregierung keines-
wegs die Unterstützung der Dialektforschung überhaupt abgelehnt habe, son-
dern nur die im vorigen Jahre erbetene der Frommann'schen Zeitschrift, da sie
dieselbe in ihrer bisherigen Form nicht für zweckentsprechend angesehen habe«
Der Antrag geht durch und es werden für die Commission vorgeschlagen und
genehmigt: Prof. W. Braune in Leipzig (abwesend), Prof. Paul in Frei-
burg i. B, Prof. Sievers in Jena, Dr. Wegener in Magdeburg, Dr. W In-
tel er in Burgdorf, Canton Bern (abwesend). Die anwesenden drei Uerren er-
klärten die Wahl anzunehmen.
Da noch hinreichend Zeit vorhanden zu sein schien, wird von einer Nach-
mittagsitzung abgesehen, worauf Prof. Mahn über deutsche Wörter dunklen Ur-
sprungs sprach, die aus dem Keltischen stammen und dort ihre Erklärung finden.
An und für sich sei es deutlich^ wenn man das Verhältniss der Einwanderung der
verschiedenen Völker in Europa aus Asien erwäge, daß die Kelten den Ger-
manen überall voranfgegangen waren. Es werde aber auch durch die geogra-
phischen Namen der Städte und Flüsse erwiesen, wo Kelten vor den Germanen
saßen und welchen Weg ihre Einwanderung nahm. Es werden keltische Völ-
kersehaften in Kleinasien und Pannonien genannt, die Galater und Skordisker;
in Galizien und Sehlesien wohnten die Gothinen , die nach Tacitus gallisch
redeten; ihre Städte Carnovia, Eburum, Carchodurum, die rein keltische Namen
haben, beweisen dies; die Bojer in Böhmen waren ein keltisches Volk; immer
weiter nach Norden und Nordwesten hin finden sich keltische Namen, die Saale,
Halle, die Elbe, Berlin, die Pichelsbergo bei Spandau, die Havel, Brandenburg
(fäbcfalich für slavisch gehalten) , der Brocken , die silva Hercynia , sogar Ar-
cona auf Rügen, Weser etc. sind, wie es der Vortragende in seinen etymolo-
g^chen Untersuchungen über geographische Namen ausführlich nachgewiesen
hat, keltische Benennungen. Man sieht hieraus, daß auch im mittleren und
nördlichen Deutschland Kelten vor den Germanen ansässig waren, obgleich die
Geschichte nichts davon weiß oder nur schwache Andeutungen gibt. Es wäre
daher nicht lu verwundern, wenn sich Spuren des Keltenthumes auch in der
deutschen Sprache zeigten. Bis jetzt hat man aber wenig darauf geachtet, ob-
gleich so manches Dunkle im Deutschen daraus zu erklären wäre. Der Vor-
tragende hatte schon in Rostock einen Vortrag über dieses Thema gehalten
und damals sieben deutsche Wörter als Beispiele keltischen Ursprunges ange-
fSbrt und bewiesen, nämlich : Apfel, Birne^ Möhre oder Mohrrübe, Kronsbeere
120 MISCELLEN.
oder Preiselbeere, Gabel^ Amt und Affe; das letstere orientaliBchen Ursprungs,
aber in der Form Affe ohne k im Anlaut den Deutschen von den Kelten über-
liefert Von den seitdem nea hinzugefondenen Wörtern fahrte derselbe in seinem
jetzigen Vortrage an: Habicht, Bock, Grille, Hahn, Tanne, Binse, Boggen,
Besen, Rock, Krag, Bruch, Brühl, Alp, mhd. bohart, deren keltischen Ur-
sprang er aosfohrlich entwickelte.
An der Debatte hierüber betheiligten sich besonders Director Stier and
Professor Stein thal and wies namentlich letzterer, ohne die Richtigkeit der
gegebenen Ableitangen in Frage zu stellen , darauf hin , daß recht wohl die
deutsche und die keltische Sprache unabhängig von einander eine bereits in
der Ursprache Torhandene Wurzel festgehalten und selbständig ausgebildet
haben können^ daß es also nicht absolut nothwendig sei, eine directe Entleh-
nung anzunehmen.
Die von Prof. Sievers für eventuell noch freibleibende Zeit in Aus-
sicht gestellten Bemerkungen zur altnordischen Metrik mußten, da die Sitzung
schon angewohnlich lange gedauert hatte, leider wegfallen und schloß der
Vorsitzende die Verhandlungen der Section für die diesjährige Versammlung
gegen 11 Uhr.
ROSTOCK. AD. HOFMEISTER.
Deutsche mittelalterliche Handschriften der Fürst-Georgs-Bibliothek su
Dessau.
(Fortsetzung.)
3.
Demantin von Berthold von Holle.
Diese Handschrift, fest gebunden und mit zwei (mit rothem Leder aberzogenen)
Einbanddeckeln aus Holz versehen, bisher die einzige vollständige des Demantin,
wurde erst vor einigen Jahren, als die Fürst-Gkorgs-Bibliothek aus den untern
Räumen des herzoglichen Schlosses zu Dessau nach dem herzogL Bibliothek-
Gkbäude daselbst geschafft und der Aufsicht des Unterzeichneten unterstellt
wurde, entdeckt. Letzterer machte sogleich dem Herausgeber der früher be-
kannten Werke des Berthold von Holle, Prof. Bartsch, Mittheilung von
seinem Funde und überließ demselben das Msc. zum Zweck der Herausgabe
(113. Publication des litt. Vereins in Stuttgart vom J. 1875). Die Hand-
schrift gebort dem 15. Jahrb. an, ist in Quart (21 7$ c. hoch, J^Yg breit)
und besteht aus 259 Blättern, von denen immer 12 eine Lage bilden. Die
letzte Lage hat nur 7 Blätter, ist aber unvollständig; doch fehlt nur 1 Blatt, da
die Mitte der Lage sich hier schon nach dem vierten Blatte befindet. Die
Arbeit ist nach einer Vorlage geschrieben, welche Blätter zu 80 Zeilen hatte,
wobei natürlich wohl nicht an lange spaltenlose Seiten mit 40 kurzen Zeilen, son-
dern an kürzere Seiten mit 2 Spalten zu 20 Zeilen zu denken ist. So erklärt
sich denn auch in unserer Handschrift die Umstellung einiger Blätter, die viel-
leicht schon in der Vorlsge falsch gebunden waren. Die Sprache unserer Hand-
schrift trägt durchweg thüringischen Charakter, was um so mehr zu beklagen
istf als keine der bisher aufgefundenen Handschriften (sechs an der Zahl) Toa
MISCELLEN. 121
CMicbten Bertholds ein rein niederdeutsches Gepräge hat, wiewohl doch Ber-
thold als niederdeutscher Dichter anzusehen ist. Anfang des Gedichtes:
Bertolt von helle hin Ich genat
Den gute tede ich wol behaut
Gutes manes werdikeit
Daz ist den vngeczogenen leit
Dj haben mich dar lange hj get'bin
Ores hasßes wil ich mich begebin
Dorch ejue rede dj ich habe gedacht
Dj hette ich gerne vollen bracht
Den vrournedenrichen czu eren
D7 sullen ez gar vor keren
Vnde ores selbes laster meren.
Schließlich ist noch zu bemerken , daß auf der Innenseite des vorderen
Einbanddeckels ein Stück eines lateinischen Legendariums aufgeklebt ist: y,[c]i-
riacus a marcello papa djaconus ordinatus comprehensus et ad maximinianum
dedactns jussus est cum socits suis ut terrain federet^ u. s. w. ; wie daß sich
auf der Innenseite des hinteren Einbanddeckels ein Blatt aus einer Papierhand-
schrift des 15. Jahrhunderts von dem Richtsteig landrechts befindet,
beginnend:
hat he sj verworcht
so vynt man öme czu
buze czwene besme etc. (gedruckt bei Bartsch S. 359 ff.)
4.
Der Renner von Hugo von Trimberg.
Papierhandschrift des 15. Jahrhunderts (a. d. J. 1408) in Kleinfolio
(30 c. hoch, 21 c. breit), festgebunden, mit zwei lederbezogenen Holzdeckeln
(jeder mit 5 Messiogknöpfen ausgestattet) versehen. Zwei früher daran be-
findlich gewesene Lederschließen sind abgerissen. Sonst ist der Codex inner-
lich und äusserlich ziemlich gut erhalten. Er besteht aus 192 Blättern in Lagen
zu 12 Blättern. Das Papier ist fest und stark und trägt einen Bogen (?) als
Wasserzeichen. Die einzelnen Bogen sind willkürlich vom Schreiber verwandt,
so daß das Blatt mit dem Wasserzeichen bald als erstes, bald als zweites, die
offene Seite des Bogens (?) bald nach oben, bald nach unten gekehrt er-
scheint. Die einzelnen Lagen tragen je auf der ersten Seite Signaturen;
Custoden auf den letzten Lagenseiten sind nicht vorhanden. Vier Doppellinien
auf jeder Seite fassen die Schrift wie ein Rahmen ein. Die einzelnen Seiten
(nicht gespalten) enthalten 30 — 32 Verse. Die Überschriften der einzelnen
Abschnitte sind roth geschrieben; hervorragende Anfänge sind durch größere
bald in Roth, bald in Grün ausgeführte Anfangsbuchstaben hervorgehoben.
Sämmtliche Anfangsbuchstaben der einzelnen Verse einer Seite sind durch rothe
oder grüne Linien verbunden. Am Schluß eines jeden Verses befindet sich eine
längere oder kürzere gebrochene Linie in Roth. Die Handschrift ist ohne Vor-
rede imd Index. Sie beginnt mit den lateinischen Versen de florida juventute
mid de gxavida senectute, jedoch ohne die betr. Überschriften. Die im Bam-
berger Abdruck (1833) der Erlanger Handschrift darSber stehenden Verse
122 MISCELLEN.
folgen hier, jeder an seiner besüglichen Stelle. Nach einer ungefähren Z&h-
lang enthalt der Dessaaer Codex 12,300 Verse (gegen 24,600 des Bamberger
Abdruckes). Er schliefit mit den Worten des Abschreibers: |,Ezpiicit rynnems
ffinitus sab anno dni | millesimo qaadringentesimo Octaao in | Vigilia beati Ja-
cobi apl'i p manas caiasdä | Johanm Marqvard et nö p pedes sinatqae (?) | Dem
lallarde brot der got der nniien worst^. Daran! er in Roth: ,,Gebit darch got
gerne | so stet ir de ewigS riebe | nicht Teme alze dr steme | dr genant ist der
morge | steme vnde das ewige { liecht bta Tirgo maria^. Ab Sprachprobe diene
der Anfang:
Dichtens hat ich mich Torlobit
Von der zeit sint das my honbit
So mancherleje done gewan
Seyten dj sin snszin singen
Stonnen raschen sundirn dingen
Dy done ich gelemet han
Dy mir vor iare Tnkont waren
Bis das ich qai sca fücsig iare
Do hap sich my imecht an
Allayne m^ nw dy ore dysen
Vnde oage ober fliszen
Doch wil ich eyn bachelin
Mine franden tichten
Unde mit ryme so vor fliehten
Daz sy do by gedencken myn
Welchis lesen edder bore lesen
Daz sy myner sele wesen
Gnedig wen geschrebii stet
Wer vor eynes andn schalde bete
Sines selbes sele Idste he damete
Vnde telgete syne misetat
Vor hat ich sehen bachelin
In daczsche gemacht vn yn [latin]
Ffanftehalbes daz ist war
Daz halbe wil ich lassen bliben
Vnde wil diz zn dem ersten schrben. . .
Trotz seiner Lücken and Schreibfehler dürfte der vorliegende Codex doch
bei einer späteren Textrevision des Renners Beachtnng verdienen^ da er ander-
seits nicht anwichtige Varianten bietet Über die Provenienz desselben Iftßt
sich nichts feststellen.
6.
Von den viernndzwanzig Alten oder von dem goldenen Throne
der liebhabenden Seele von Otto von Passan, St. Francisci Or-
dens Lesemeister zu Basel, anno 1386.
Papierhandschrift des 15. Jahrhanderts (a. 1446), festgebonden, mit zwei
(mit rothem Leder überzogenen und fünf kräftigen Messingknöpfen aasgestatteten)
Holzdeekeln versehen. Großfolio, 407« c hoch and 28 V, c. breil. I>m Papier,
H^alcbes eine eigenthümliche ringförmige Figur als Wasseneicheo trigt^ liegt in
MISCELLEN. 123
Lagen zu 12 Blättern (mit Aasnahme der 14. Lage, welche nnr 10 Blätter
zählt, ohne daß jedoch im Texte eine Lücke ist). Wo der Faden die Lage
zosammeohält , ist jedesmal zur Schonung des Papiers ein schmaler Streifen
starken Papiers eingeheftet, so daß der Faden nie unmittelbar die beschrie-
benen Blätter selbst berührt Die ersten Lagen tragen die Signaturen je auf
der letzten Seite unten, von der 10. Lage an befindet sich die Signatur je
auf der ersten unten. Von der ersten Lage sind nnr drei beschriebene Blätter
vorhanden, die zweite Lage ist vollständig, von der dritten Lage fehlt das
letzte Blatt (Bl. 36). Die Handschrift ist in neuerer Zeit einmal ausgebessert
worden. Bei dieser Ausbesserung sind vom zwei weisse Blätter (wahrschein-
lich TO nachträglicher Ergänzung der ersten Lage) eingeklebt und ein vorn
gewiß vorhanden gewesenes Pergamentblatt bis auf einen fingerbreiten Streifen
(den man an der inneren Seite des vorderen Deckeb befestigt hat) beseitigt
worden. Soweit die vorhandenen Blätter zerrissen oder zerschnitten gewesen
sind, hat man sie mit Hülfe eines leeren Blattes, das man am' Schluß des
Codex fand, befestigt und ergänzt Vielfach ist dabei leider (wahrscheinlich
um das Papier dauerhafter zu machen!) der untere Band der Blätter geleimt
worden, wovon nimmehr die Folge ist, daß gerade diese Stellen jetzt am meisten
dem Brechen ausgesetzt sind und sehr vorsichtig behandelt werden müssen.
Custeden befanden sich ursprünglich wohl auf allen letzten Seiten der einzelnen
Lagen, sind aber meist beim Einbinden abgeschnitten worden. Bei den Lagen
4, 7, 10, 11, 16 und 17 sind sie noch vorhanden, bei Lage 5 sieht man noch
den oberen Rand davon. Oft wiederholt sich übrigens das letzte Wort einer
Seite oder Spalte auf der nächsten Seite, resp. Spalte. — Die Handschrift
ist mit schönen Miniaturen und Initialen, an die sich oft reiche Gewinde mit
Blumen und Vögeln, ja bisweilen mit ausgeführten grösseren Compositionen wie
Jagdbildem u. A. m. anschliessen , geziert. Trotz des fragmenterischen Zu-
standes der 1. Lage ist das Bild des ersten Alten vorhanden; die Blätter, auf
denen sich die Bilder des 2. und 3. Alten befanden, fehlen ; das Blatt für den
4. Alten ist vorhanden, jedoch das Bild herausgeschnitten, während die dazu
gehörige Initiale belassen ist (vgl. Bl. 16); vom Bilde des 5. Alten an ist die
ganze Reihe bis zum 34. ununterbrochen vorhanden und zwar jedes einzelne
in dem weissen, vom Alten ausgehenden Bande signiert, vgl. Bl. 24, 29, 34,
40, 45, 49, 63, 92, 97, 105, 110, 118, 125, 132, 139, 164, 174, 186 und
198. Die Miniatur auf Bl. 209 zeigt einen Klostergeistlichen in Franciscaner-
tracht, der die Seele belehrt und soll gewiß auf den Verfasser selbst hinweisen.
Jene Miniaturen und Initialen haben ausser dem Schönen, das sie in ihren
Formen bieten, einen besonderen Reiz in der Farbe. In letzterer Beziehung
hat den Künstler ein äusserst feines Gefühl durchgängig geleitet Ausser diesem
künstlichen Schmucke finden sich im Codex noch viele reich verzierte Majus-
keln in rother und blauer Farbe, wie denn auch oft im Texte grosse An-
fangsbuchstaben roth durchstrichen sind. — Die Seiten sind zweigespalten,
jede Spalte ist von vier geraden Linien eingerahmt und trägt 33 — 35 Zeilen.
Die Schrift sehr correct und deutlich. Über den ersten Besitzer und den Ab-
schreiber berichtet ein Schlußwort: „Anno Doini | M° CCCC° XLVI° | Abir dy
serift disses | keginwertigen buches | hat lassen screibin | em Selbir der hoch
geborne furste vnde | vnde herre herre | Jurge furste zcu [ Anehalt vnde v5
graue von Asscha | nien Ejmen screiber | von pimen genant | Nicolans Kürße-
124 MISC£LL£N.
ner | Nach cristi vnsera | hfn geburt ab man | screibit firczeohnn | dirt Jar
dornach | Im VI vnd virczigisto | Jare am dem dinsta | ge noch Egidi des | hei-
ligen Aptes vod I libin vaters Got ge | be das alle dye dis | buches gebm-
eben" n. s. w. ^Ach wy fro was ich do | So ich scrip finito libro | Vnde ich
Nicolaus von | pimen offenbarer screi | ber Missnisches Bissch | offthoms von
keyßer | lieber macht wegen | bin ich et cetera et cetera." Der Verfasser
des Werkes, Otto von Passan, wird im Codex zweimal genannt. Aof dem
ersten Bl. wird desselben gedacht , als „ejus demütigen | bruders Otten von
Passen | we sente franciscen ordens | der diß buch mit grossem | fleysse vnde
erbeit cza sam | ne gefuget hat^ n. s. w. und auf Bl. 211 bittet der Verf.
den Leser, für ihn beten zn wollen, als „vor eynen demn | tigen brnder Otten |
von passawe sente | francisd ordens et | wan lesemeist' ge | west zu Basil^ u. s. w.
Über die Entstehungszeit der Arbeit Otto*s heißt es auf Bl. 212: „derselbe |
bruder Otto hod dis | buch . . . gemacht vn | das gescbach da man | zcalte von
Jhn cristi | geburt Anno domini | lüllesimo Tricentesi | mo Octuagesimo sezto |
Das ist nach cristi ge | bnrt Tusend dreyhü | dirt vnde achczigist^ | Jare An
der hjmel | furstynne obende | Marien der heiligeste | Juncfirauwen wenne |
man nennet dy ge | burt Maia adir vnsir | libin frauwen tag | leczcze Am ire
obinde.**
6.
Ein Sammelband.
Papierhandschrift des 15. Jahrhunderts, festgebunden und mit zwei (mit
Leder überzogenen und mit je fünf Messingknöpfen ausgestatteten) Holzdeckeln
versehen. Die inneren Seiten der Deckel mit Papier überzogen und mit Feder-
proben u. a« Bemerkungen beschrieben („Ilße Frencke, Hanns Frencke III guld
zcins upp michl Der . . . H cretzschmar" u. a.). Quart, die Blätter 21 72 c-
hoch und 15 c. breit. Das Papier liegt im Allgemeinen in Lagen zu 12 Blät-
tern (Lage 11 und 15 bestehen nur aus 10 Blättern), trägt jedoch verschie-
dene Wasserzeichen (einen Stierkopf mit aufrecht stehenden Hörnern und einem
senkrechten Stabe zwischen denselben; zwei Schlüssel; einen kleineren Stier-
kopf; einzelne Bogen scheinen gar kein Wasserzeichen zn haben). Die erste
Lage besteht aus acht Blättern, von denen die beiden letzten ausgeschnitten
sind. Sie ist unbeschrieben, nur auf der ersten Seite bemerkt man einige
Federproben, u. a. „Anno doiüM^CCCC® Sexagesimo | Heinriccius Kunstedt (?)".
An beschriebenen Blättern enthält der Codex 278, von denen jedoch die letzte
Partie von Blatt 229 an stark von Mäusen angefressen ist. Sonst ist die Hand-
schrift gut erhalten und sehr leserlich geschrieben. Signaturen der Lagen be-
finden sich je auf den letzten Seiten derselben unten links. Die Seiten sind
gespalten und haben 20 — 22 Zeilen. Majuskeln, Interpunctionszeichen, Capitel-
zahlen u. a. Einzelnes in rother Tinte. Die erste beschriebene Lage des Co-
dex enthält von Bl. 2 — 11 (Bl. 1 ist ausgeschnitten) ein Register über 94
nachher folgende Erzählungen mit der Überschrift „Dis ist das Register disses
buches*. Die 94 Erzählungen reichen von Bl. 12 bis Bl. 227 und tragen
die Schlußbemerkung in rother Tinte: „finitns est über iste anno dm M°
CCCC® XX V^ feria quarta post kiliauL^ Es sind deutsche G«8ta Romanorum.
•D^: ^Dorotheas der keyser | der saeste ein geseczcze^ das | dj sone solden
MISGELLEN. 125
die eldem | eren vnde erneren. des was in syme | riche ein ritter des hos-
fronwe hatte | einen son^ der ritter czoch os yn | fremde lant, Tnde wart ge-
fuigen I Tnde wart gar swerlichen behalden | in banden, do schreip her der
fronwe I vnde deme sone vmb losnnge, do | das dj fronwe horte do weynte
de I also sere daz sie blint wart.^ Es folgt auf BI. 228 ein Gespräch des
„wysen konigs salomon^ mit der yyfrow sibilla^ (Sibyilen-Weissa-
gong)^ das bis Bl. 234 reicht uod folgende Worte in rother Tinte als Unterschrift
tragt: ^Non bene scribo sz melius disc. volo. Per me johannnem oertwen scptm
est lllnd li-b-v-r-y-m" (sie). Die Sibyllen-Weissagung beginnt mit der
bekannten Strophe des Mamer y,Czu Rome stunt gemalt^ u. s. w. und eot-
bilt nach derselben noch 16 Strophen. Die Handschrift gehört dem ersten
Viertel des 15. Jahrh. an, und ist F. Vogt bei seiner Abhandlung (Paul-Braune
4y 48 ff.) unbekannt geblieben. Bl. 234 — 235 enthält eine Beschreibung der
iptogende des Eychen | myspels*^. (Vgl. altd. Wälder 1, 144.) Bl. 236 ist
«nbesehrieben. Auf Bl. 237 findet sich folgende Bemerkung: „Nu sal man malen
eyoen konig [vnd eyne ko-]nigynne, dy uff eyme schaczabel mit . . . | zeihen, Tnde
der konig sal eynen allden [mit der] rechten hant nemen vnde sal den der
kon[ig3mne] byten.^ Der Raum für ein solches Gemälde ist leer gelassen.
Bis zum Schluß des Codex folgt ein deutsches prosaisches Schachbuch. Es
beginnt : „ . . konig zerses genant Ton Orient | eyn phylosophus das inlatini-
•ehem | vnde euch inkrigischem ist gesprochen | libhaber der masze Tnde der
warheit. | xerses Tand zcum ersten daz spiel des | schachczabels , Tnde der
selbe zerses hatte | an ym sogetene gerechtikeit daz her liebir | gestorben
were denn das her des koniges | laster die lenge hören solde*' u. s. w. Später
(BL 238) heißt es: „vnde bie | disses selben Euilmerlodachs [„nabuchodonosors
•oo''] gec7yten vant | der meister zerses dez Scbachczages spil . . . sagete sitten
der konige der konigynnen, der herren, der bürgere der gebuere Tnde « . . der
wdgmaistere Tnde Ton allen ampt • . . Tnde Ton allen iren knnsten alz ... in
diiaeme buche himach geschreb. . .^
7.
Eine Übersetzung der Psalmen.
Pergamenthandschrift des 15. Jahrhunderts, fest gebunden, mit zwei (mit
boBtem Leder überzogenen und mit Messingecken, -knöpfen und -schließen Ter-
aerteo) Holzdeckeln Tersehen. Die innere Seite des Holzdeckels ist mit Pa-
pier überzogen, auf dem einige PsalmTerse angemerkt sind. Folio, die Blätter
34 €. hoch und 22 e. breit. An einzelnen Blättern befinden sich festgeklebte
Zeichen Ton rothem Leder zu schnellem Auffinden liturgisch wichtiger Stellen«
Das Pergament liegt in Lsgen zu 10 Blättern, wobei jedoch zu bemerken, daß
die erste Lage nur aus 8 Blättern besteht, daß die Blätter 20—30 (Psalm 87
bis 55) fehlen und daß die letzte Lage ursprünglich aus 12 Blättern bestanden
bat, Ton denen jedoch durch den Schreiber Blatt 1 und 12 wieder heraus*
geaehnitten worden sind* Der Codez in seinem jetzigen Bestände zählt
107 Blätter; wäre die oben bemerkte Lücke nicht Torhanden, so würde er
118 Blätter zählen. Das erste Blatt enthält auf der Vorderseite (ungespalten)
dflo Aitl^Mg des Et. Johannis: „In dem anbegynnen was das worth. | ynd das
wert WM b^ gote| Tnd gott | was das wort^ das was yn dem anbA^ ^ TUdas^
12(> M18CELLEK
bey gote. alJe dyng seyn geteh- | afien dareh en. Vnd an en ist geschaf- |
fen insnicht. das gemaeht was yn em | das was das leben'' n. s. w. bis ^Vnde
das wort ist wor- | den Tlejrscb. mde bot gewomt yn vns Vnd | wir haben ge-
sebn seyne ere, ere also ey- | nis eynigen gebomi sonis. von dem Täter toI
gnoden. Tnde worfaeytfa amen.*^ Anf der Rfiekseite des erstem Blattes befindet
sieh ein farbiges Bild, darstellend Christus am Krens, zur Rechten Christi die
Jnngfran Maria, snr Linken Johannes. Die Malerei ist roh, wihrend Compo-
sition nnd Zeichnung im Allgemeinen Anerkennung verdienen. Bl. 2—7 ent-
hält einen kirchlichen Kalender nnd BL 8 eine Anminng der Jongfraa Maria :
1,0 dn almechtige keseryne aUir wirdiket | o dn hoehgebome forstyne aller
gntiket | o rejme jnngfraw aller kewscheyt, o da | werde mntter aller barm-
herdkeit, o da milder | trost aller cristenheit, da seyst gegrast heylige | vnde
labeliehe iügfraw maria^ a. s. w. Mit dem nennten BL beginnt die Psalmen-
fibersetsong. Von hier an sind die Seiten sweispaltig (38—33 Zeilen anf der
Spalte) nnd die Blatter Tom alten Schreiber mit rotber Tinte onten rechts ge-
seichnet (I — C). Die leisten zehn Blatter des Codex sind dann wieder ohne
Beseichnong (C — CX). Die Überschriften der einzelnen Psalmen sind in rother
Tinte ansgefohrt, die Majuskeln roth oder blau, biswalen roth und blau, hie
und da bemerict man kunstreich ausgeführte Initialen mit Arabesken in reicher
Farbenfalle (vgl. Bl. I, XII, XXXVIH, LX, LXXI, Cn u. a. m.), am Bande
an einigen Stellen kurze Bemerkungen. Der erste Psalm lautet: |,8elig ist der
man der nicht | ist gegangen noch wn- | rechter lewthe rath no | ch ist ge-
standen an der | sonder weg vnd uff de | stule des todis nicht ist | gesessen,
Sunder noch g- | othis geboth sthet seyn | wille vnd hoth gedocht | noch gothis
ee tag vn | nacht vnd her wirt al- | se eyn holcs das gepfia | nesith ist scn
flyssende | wasser das zeeytige fr- | ucht gebith zcu seyner | zceyt Vnd leu
uelleth I nicht seyn blath vnd zcu | alle seyne wercken solde | had Nicht so
geschieh | den wnguthen nicht zo | sunder alz dem stowbe | den der wint uff
der er | de zcu treybith Dorüme j nicht erscheen an de ge | richte dy obiln
noth dy | sunder yn der gerechte | rath Wen goth weysz | der rechten weg abe
ist I geworfien der sunderste.^ Die biblischen Psalmen gehen nach der ZSh-
hmg unserer Handschrift mit Ps. CXLYII anf BL IXXXXj zu Ende. Darauf
folgt eine Reihe biblischer u. a. Lobgenuige, z. B. auf BL CXXXLYIJ unter
der Nummer CLY der Lobgesang Zachaiift (£v. Lue. 1, 68 ff.) : ^Grelobet adir |
gebenedeyet | sey got der her | re von isiael der do | bot besucht vnd bot |
geton iriosunge sey | nem volke* u. s. w. Als N*. CLYI folgt der Lobgesang
Maria (£v. Luc. 1, 46 ff.): ^^Meyne sele | ho*t den herren | vnd meyn geyst
hot I sich gefrewt yn gote | meynem helande W | en her bot angseen | dy de-
mutikeit seyner | dymen nym war do | rüme sagen mich al | le gesiechte
heylig'' u. s. w. N®. ClVlj enthält den Lobgesang des Simeon, }^. OYUj
den ambrosianischen Lobgesang: »Wir loben dich | got dich herre | bekenne
wir Dich | ewigen vater ereth | alles ertreich^ u. s. w. Unter N^. CLIX ist
das athanasianische Glaubensbekenntniss verzeichnet: ,|Wer do wil selig |
werden der sal | vor allen dyn | gen behalden den cris | tenlichen glow-
ben'^ u. 8. w. und diesem folgt die „letania*'. y,Hynoch volgen die | geieesrte der
Jägfraw I marien dy psalmen | uort gezceichent sey | dy dn yn dem Salter |
fynde wirst noch dem | nomero Czu d* MettS.'^ Endlich kommen noeh Qebete
;,W8D dn ^Gts j leichni entfsnge host* nnd Baßgebete, bei deren einem bemerkt
MI8CELLEN. 127
ist: f,y^eT das gebete alle | tage spricht das alhj | noch volget der hot |
XX tawsent jor aplas | vnd ist von yil Bobis | teo bestetiget. . . ** Die Schrift
des Torliegenden Codex trSgt die bekannten eckigen Formen der späteren Go-
thik und ist durchgängig mit grosser Sauberkeit ausgeführt, wie denn auch
das ganze Werk (abgesehen von dem Defeet) Yorzüglich erhalten ist. Als
Unterschrift trägt der Codex die Worte: «Finitas est liber iste per andreä
howeman de crossenn.^
8.
Der Seelen Trost.
Papierhandschrift aus dem 15. Jahrhundert, festgebunden und mit zwei
(mit Leder überzogenen) Holzdeckeln versehen. Die innere Seite der Deckel
mit Blättern einer älteren lateinischen Pergamenthandschrift überzogen* Klein-
Folio, die Blätter 28 c. hoch und 19% c. breit Der Codex zählt 133 Blätter,
welche in Lagen zu 12 Blättern liegen. Am Schluß ist die Handschrift defeet;
übrigens kann nur sehr Weniges fehlen, da der Inhalt erschöpft ist und auch
der Einband nicht besonders gelockert erscheint. Die Signaturen der einzelnen
Lagen befinden sich je auf der ersten Seite oben; in der Numerierung der
Lagen ist jedoch ein Fehler zu bemerken, indem die fünfte Lage richtig mit
Blatt 49 beginnt, die sechste aber statt mit Bl. 61 erst mit Blatt 73. Das
Papier ist vom Schreiber willkürlich gelegt, so daß das Wasserzeichen (wie es
scheint, ein gezäumtes Pferd) bald auf dem Blatte zur Rechten, bald auf dem
zur Linken, bald nach oben, bald nach unten gekehrt erscheint. Custoden
besitzt die Handschrift nicht. Die Seiten sind zweigespalten, jede Spalte hat
36 — 38 Zeilen. Kapitelanfange sind durch Majuskeln in rother Farbe hervor-
gehoben; auch sonst sind oft grosse Anfangsbuchstaben mit rother Farbe durch-
strichen und verschiedene Interpunctionszeichen mit rothen Linien angegeben.
Die Majuskeln zu Anfang jeder Spalte sind, wenn sie nicht zugleich einen
neuen Abschnitt bezeichnen, schwarz.
Woher die einzelnen Erzählungen geschöpft sind, sagt die lateinische Ein-
leitung. „LIbellus I iste est 1 de diüsis [ collectus de biblia, de passio | nali de
historia scholastica, de | histoia ecciastica d' speelo his | toiali, d* decretis et
decretalibz | de cronicis vniuß, de sufila | raymüdi, de sunla godufredi | de
sufila herici, De suma vitoris ... et omibz libris qscüqz | lege* et audi^e potes" etc.
Als Sprachprobe diene der Anfang des Werkes und der Anfang einer Er-
zählung. Das Werk beginnt (vgl, Bl. 1*): |,D£r seien trost | Lyt an heiiger
lere, vnd an betrach | tunge der heiige schrifft, we | te gliker wyß alz
dy lichenaz | leuet vä d' erdische spyße, alzo | leuet dy sele vä d* heylige
lere | wethe dy mesthe leuet nicht | alleye vä deme utwedighen | brode, sund**
vä deme werde | dat dar geyt ut deme müde | godes | vnd dat yß dy hey-
lige I schrifft, dy do got het gesproke | dorch dy heylige pphete vnd | dorch
dy heylige lerer vnd | noch alle daghe dorch d' apit | müt. || kynt lyue dor
vifie I saltu gheme hören godes wort | vfi leße, dy lere d* heylige schfft^ u. s. w.
Auf Bl. 12 lesen wir**): ^I^Ar was eyn rike | man, dy hadde vp gode |
*) Vgl. Pfeiffer in Frommanns Mundarten 1, 176.
»♦) Vgl. Pfeiffer a. a. O. 190.
128 MISCELLEN.
keyne achtügCf dy sette | alle syne syne dar na dat he [ Tele gadeß to sa-
mede ynd syneß lyaeß wol plegede, Dar geschach | eyneß aüedeß do hedde
he eyne | grot wertschap, dar qaeme | dar Tor syne hoff diy grotiie | mä met
swarte pherden yiid | furde ey ledich phert mde | cloppeden vor deme halbe,
do I qua ey knape yfid fragede en | wat sy wolde, Sy spreken sy | wolde de
hra spreken, Do dy | h're dat horde da stüt he vp | rä der tafele ynd sprak
to syne geyste** u. s. w, W. H08ÄUS.
Penonalnotiien.
Der ansserordentliche Professor an der Universität Greifswald Alex.
Beiff er scheid ist zum Ordinarius daselbst ernannt worden.
Der ansserordentliche Professor an der UniTcrsitat Czemowitz J. Strobl
ist Eom Ordinarius daselbst ernannt worden.
Am 18. October 1878 f der ord. Professor der deutschen Sprache und
Literatur an der Universität Lemberg, Dr. Eugen Arnold Janota im 56. Le-
bensjahre«
Zum Köniff vom Odenwalde.
Germania 23, 313 bemerkt Dr. von Bahder zu der Stelle IX, 24 einz
dd mite « Hbs ist Umschreibung für den Bussel, und nimmt rüzen in der Be-
deutung brüllen . Naher liegt jedoch das mundartliche, in der Wetterau noch
sehr lebendige rusien aufwühlen', was zur Bezeichnung des Schweinerüssels
jeden£alki passender ist. Vgl. Weigand s. v. Rüssel.
FBIEDBEBG. MÖLLER.
Stammbnohyen von 1590.
Wenn der Himmel eitel Papier war
Und lauter Dinte das Meer
Und alle Sterne Schreiber,
So beschrieben sie doch nicht die List der Weiber.
Zu Orient und Occident U, 544 ff. Germania 17, 128. K. B.
ZUR SCHWEDISCHEN VOLKSLITERATUR.
Bäckströms SvenskaFolkböcker (Stockholm 1845) enthalten
in den ersten zwei Bänden eine Anzahl umfangreicherer Volksbücher,
in dem dritten hingegen (Ofversigt af Svenska Folklitteratnren) eine
Übersicht der gesammten betreffenden Literatur , wobei die in den
ersten Bänden erschienenen Volksbücher nur kurz erwähnt und darauf
verwiesen, dahingegen von allen anderen ktlrzeren und dort nicht ab-
gedruckten jedesmal ein gedrängter Auszug nebst Nachweis aller Auf-
lagen derselben gegeben wird. Auch Hinweisungen auf verwandte
Stoffe, wie sie in den ersten Bänden sich finden, sind hier hinzugefügt,
wobei natürlich da, wo Bäckström dergleichen nicht zu bieten hatte,
dieselben fehlen. Da ich nun diesem Mangel bei einigen Erzählungen
abzuhelfen vermag, so stelle ich diese Ergänzungen in dem folgenden
zusammen.
S. 36^ Nr. 34. Troll -Sag an. „Eduard und Amalia, die vor ihrer
Verheirathung flir einander die glühendste Liebe gehegt hatten, fdhlen
diese späterhin immer mehr erkalten. Eduard hat sich dem Spiel er-
geben und dabei den größten Theil seines Vermögens eingebüßt. Es
kommt dann zwischen ihnen zu heftigen SceneU; und dies geht schließ'
lieh so weit, daß Amalia während einer Nacht, die ihr Mann wie ge-
wöhnlich im Spielhause zubringt, sich von ihm zu scheiden beschließt
und schon im Begriff ist den Antrag hierauf aufzusetzen, als eine alte
Wäscherin, die in demselben Hause wohnt, ins Zimmer tritt und um
die Erlaubniss bittet, ihr ausgelöschtes Licht wieder anzünden zu dürfen.
Im Laufe der sich in Folge dessen entspinnenden Unterhaltung er-
zählt die Alte eine Geschichte von einer schönen Ritterstochter , die,
um ihren zahlreichen Freiem zu entgehen, sich auf ein mitten in einem
dichten Walde gelegenes Schloß zurückzieht und dort eines Tages
einen so schönen Jüngling erblickt, daß er rasch ihre Liebe erweckt,
die sie auch erwiedert sieht. Er theilt ihr alsdann mit, daß er der
Elfenkönigin unterworfen sei und diese dem Fürsten der Hölle alle
hundert Jahr einen Tribut von zwölf ihrer schönsten Jünglinge ab-
GEBMANIA. Nene Reihe. HL (lUY. Jfthrg.) ^
130 F. LIEBRECHT
tragen müsse. Er nun sei einer von ihnen; der Tribut solle in der
nächsten Nacht entrichtet werden und nur seine Geliebte könne ihn
retten, wenn sie ihn von dem weissen Rosse, auf dem er reiten würde,
herabzöge und ihn in ihren Armen festhielte, welche Gestalt er auch
annehmen möge. Dies geschieht, und obwohl die Elfenkönigin ihn in
den Armen der Geliebten erst in einen Löwen, dann in eine gräuliche
Schlange und endlich in einen Tiger verwandelt, so hält sie ihn doch
fest ans Herz gedrückt und rettet ihn so aus der Gewalt der Elfin.
Diese Sage macht auf Amalia einen tiefen Eindruck; sie beschlieüt
ihren Gemahl ebenso treu festzuhalten, und durch Liebe und nachsichtige
Sanftmuth glückt es ihr schließlich den häuslichen Frieden wieder-
herzustellen.^
Der Titel dieses Volksbuches lautet: ^Troll-Sagan eller Edvard
och Amalia af Elise von Hobenhausen. Öfwersättning af A. P. Göthe-
borg, trykt hos L. Torbjömsson, 1823. 15 Seiten; auch anderer Orten
erschienen. — Über die bekannte Schriftstellerin Elise von Hohenhausen
(geb. 1790, gest. 1857) s. Pierer s. v. In welcher von ihren mehr-
fachen Schriften die obige Erzählung enthalten ist, weiß ich nicht zu
sagen; die darin mitgetheilte Sage jedoch hat sie der schottischen Bal-
lade „Young Tamlane'' in Walter Scott's Minstrelsy of the Scottish
Border entnommen.
S. 54, Nr. 54. Pelle Bätsman. Hierzu wird verwiesen auf
Bd. II, S. 144 ff., wo das Volksbuch vollständig abgedruckt steht.
Darin wird erzählt, wie ein König von Armenien eines Tages seine
Tochter von einem Spaziergang nicht zurückkommen sieht und sie
daher überall aufsuchen läßt, überdies auch dem, der sie ihm wieder-
brächte, ihre Hand nebst der Hälfte seines Reiches als Belohnung ver-
spricht Da geschieht es nun, daß Pelle Bätsman, der von Jugend
auf eine unwiderstehliche Lust zu Seereisen empfunden, einst auf einer
Fahrt an einem wüsten Ufer landet und einschläft. Durch ein starkes
Geräusch erweckt, sieht er, wie zwei Todte sich heftig balgen, und er-
fährt von dem unterliegenden, daß er allnächtlich von dem andern aus
dem Grabe gejagt und durchgepeitscht werde, weil er ihm, als sie
beide noch lebten, eine Schuld von sechs Stübem nicht abzuzahlen
vermochte. Pelle berichtigt die Schuld und verschafit so dem ge-
quälten Geist ftlr immer Ruhe, woftlr ihm dieser augenblickliche Hilfe
verheißt, falls Pelle ihn jemals in der Noth anrufe. Letzterer geräth
dann unter die Räuber, findet bei ihnen die Prinzessin und flieht mit
ihr an Bord eines Schiffes, das nach Armenien segelt Der Kapitän,
der Pelle um sein bevorstehendes Glück beneidet, will ihn mit Hilfe
ZUR SCHWEDISCHEN V0LK8LITEÄATÜR. 131
der Schiffsmannschaft ermorden; doch gelingt es Pelle sie dazu zu be-
wegen^ daß sie ihn auf einer Lukenkappe ins Meer lassen, auf welcher
er gerade an d^r Stelle ans Land treibt, wo er die Schuld des Todten
bezahlt hatte, der ihn denn auch auf sein Begehren noch vor der An-
kunft der Prinzessin nach der Hauptstadt von Armenien versetzt
Diese war indes von dem Kapitän während der Reise gezwungen wor-
den, sich eidlich zu verpflichten, daß sie ihn bei ihrer Heimkunft als
ihren Retter nennen wolle. Dies geschieht auch allerdings, allein Pelle
gelangt schließlich doch zu seinem Recht und erhält die Hand der
Prinzessin, die sie ihm gern reicht, während der Kapitän und seine
Mannschaft, die eigentlich den Tod verdient, auf Pelle's Fflrbitte nur
mit Verbannung bestraft werden.
Bäckström gibt zu dieser Geschichte keine weitern Nachweise
und so will ich zuvörderst bemerken, daß mit derselben das islän-
dische Märchen vom Prinzen Thorstein (^l^orsteinn köngsson bei Ama-
son, Islenzkar t^jödsögur og Mßntyr U, 473 ff.) im wesentlichen
übereinstimmt; denn auch Thorstein, der nach dem Tode der Eltern
sein Königreich flir ein Weniges verkauft und in die weite Welt zieht,
kommt einst in einer Einöde zu einem Hauso, wo er übernachtet und
am andern Morgen den Hausherrn und die ganze Familie eifrig auf
einen Hügel losschlagen sieht, was, wie er erftlhrt, alltäglich geschieht,
da der darunter Begrabene gestorben sei, ohne seine Schuld von
200 Thalem zu bezahlen. Thorstein berichtigt nun die Schuld, und
der Hausherr verspricht das Grab nicht mehr zu schlagen. Demnächst
geräth Thorstein gleichfalls unter die Räuber, aus deren Händen er
eine Königstochter befreit. Alles Übrige wesentlich wie in dem schwe-
dischen Märchen, und auch Thorstein, von dem ^dankbaren Todten'
aus dem Meere gerettet und ans Land gebracht, erhält schließlich die
Prinzessin und das halbe Reich.
Wie man sieht und eben auch angedeutet worden, gehört das schwe-
dische wie das isländische Märchen in den Kreis der Erzählungen
,von dem dankbaren Todten^, worüber s. Reinhard Köhler, Orient und
Occident 3, 93 ff., so wie meine Anzeigen der Novella di Messer
Dianes e etc. in den Heidelb. Jahrb. 1868, S. 449 ff. (die dort aus
Asbjömsen's „ Juletrseet*^ mitgetheilten Märchen sind seitdem in dessen
„Norske Polke-Eventyr. Ny Sämling. Anden Udgave.* Kjöbenhaven
1876, S. 200 ff. Nr. 39 und 40 angenommen worden) und des cata-
Ionischen Rondallayre ebend. 1872, S. 894, Nr. 31 X' Estandart'.
Folgenden Aaszug aus einem finnischen Märchen, das im IV. Bde. der
Sammlung ^Suomen Kansan Satuja etc.' Helsingfors 1866 enthalten ist^
132 P- LIEBRECHT
theilte mir Schieiner in Petersburg schon vor Jahren mit ^Ein Eauf-
mannssohn, dem vorhergesagt war, er werde ein dreihömiges Mädchen
heirathen, zieht ans Verdruß in die Fremde. Dort sieht er, wie der
an die' Eirchenmauer genagelte Leichnam eines Mannes, der seine
Schulden nicht bezahlt hat, von dem Volke beschimpft und bespieen
wird. Er löst den Leichnam aus und behält nur noch 9 Silberkopeken.
Verdrießlich will er wieder in die Heimath ziehen; es gesellt sich ihm
ein Reisegefährte zu, der ihm an drei Tagen hintereinander Air 3 Ko-
peken Nahrung schafft und so wie dieselben in den Schubkasten des
Wirthes geworfen werden , ftdlt sich derselbe ganz mit Silber. Am
vierten Tage befiehlt der Geführte dem Kaufmannssohn von des Königs
drei dreihömigen Töchtern die jüngste zu heirathen und bringt ihm
in der Hochzeitsnacht frischgeschnittene; dünne Zweige, mit denen der
Neuvermählten das Blut ausgepeitscht wird. Da fallen die Homer ab
und sie ist bildschön. '^
S. 70, Nr. 15. Den trogne Radsherren Selim. Ein Hirten-
knabe, Namens Selim, erweckt durch sein offenes, fi-eimüthiges Be-
nehmen die Aufinerksamkeit des Schah Seba und steigt durch seine
Redlichkeit und Geschicklichkeit in seiner Gunst so hoch, daß er end-
lich Großvezir wird. Nach dem Tode des Schah verläumden die
Neider Selims diesen bei dessen Nachfolger, indem sie Selim beschul-
digen in seinem Hause grosse Schätze verborgen zu halten. Auf den
Befehl des Schah öffnet Selim ihm daher alle Zimmer und in dem
innersten mit eisernen Thtlren und Riegeln wohlverwahrten Gemach
entdeckt man nichts anderes als die Hirtenkleidung, die Selim einst
getragen, so wie den Hirtenstab und die Schalmei, welche er sämmtlich
aufbewahrt hatte, um sich durch dieselben stets an seinen fitlhem Stand
zu erinnern. Die Neider Selims werden auf diese Weise tief beschämt
und er selbst steigt noch höher in der Gunst des Schah.
Zu dieser Erzählung bemerkt Bäckström bloß, daß sie wahr-
scheinlich aus dem Französischen übersetzt seL Dies ist ganz richtig;
denn das Original dazu findet sich in F^n^on's Fabeln Nr. 33, mit
der Überschrift 'Histoire d'Alib^, Persan', wo der Schah Abbas heißt;
Alib^e ist = Ali Beg. Die Geschichte stammt ohne Zweifel aus dem
Orient, obwohl eine ähnliche auch von dem angeblichen Majordomus
Kaiser Konrads I., Hans Kogelwiet (so genannt von seiner weissen
Kappe [de wiete Kogel]), erzählt wird, welcher angeklagt wurde, viele
Schätze veruntreut und in einem verschlossenen Gemach seiner Burg
versteckt zu haben. Auf Verlangen führte er den König dahin und
ZUB SCHWEDISCHEN V0LK8L1TERATUB. 133
man fand nur seine alte weisse Kappe, die er getragen , als er noch
nicht bei Hofe war.
S. 85, Nr. 51. Kejsaren och Smeden. Kaiser Friedrich fragte
einen Schmid, wozu er den Reichsthaler, den er tagt&glich verdiente;
anwende, worauf der Schmid antwortete, daß er ein Viertel desselben
opfere, ein Viertel fortschenke^ ein Viertel fortwerfe und das letzte
Viertel fUr sich verbrauche. Er erklärte dies dann dem Kaiser aus-
Aihrlicher, und dieser verbot ihm bei strenger Strafe, sich darüber
gegen irgend jemand verlauten zu lassen, ehe er des ELaisers Ange-
sicht hundertmal gesehen. Gleichwohl ließ er sich fOr hundert Reichs-
thaler dazu bewegen, die dem Kaiser gegebene Erklärung auch einem
Andern mitzutheilen, und da jener ihn deshalb zur Rede stellte, so
entschuldigte er sich damit, daß er auf jedem der hundert Thaler das
Gesicht des Kaisers sehr genau betrachtet habe.
Bäckström bemerkt zu dieser Erzählung nur, daß sie aus dem
Deutschen übersetzt sei; er vermuthet dies wahrscheinlich aus der
Erwähnung des Kaisers Friedrich. Die älteste Quelle des ersten Theils
sind die Gesta Roman, c. 57 ; ob die von Osterley dazu (b. Acht Denare)
angeführten vier Schriftsteller den genannten Kaiser namhaft machen,
weiß ich nicht zu sagen. Der zweite Theil der schwedischen Fassung
ist mir in anderer Verbindung schon oft vorgekommen, ohne daß ich
mich erinnern könnte wie und wo.
S. 86, Nr: 56. Fem Berättelser. Die erste dieser fünf Erzäh-
lungen handelt von dem Scharfsinn eines Derwisches, der durch bloße
Betrachtung der Fußspuren eines in der Wüste verlorenen Elameels
eine Beschreibung desselben zu geben vermochte.
Bäckström gibt hierzu nichts; dagegen verweise ich auf Schief-
ner's Mah&kätjäjana und König Tshanda-Pradjota. Ein Cyklus budd-
histischer Erzählungen (in den Mömoires de l'Acad. Imper. des Sci-
ences de St. Petersb. VE, S^rie, Tome XXII, Nr. 7) S. IV flF. die
Bemerkungen zu dem zweiten Stück (Pradjota's Schlaflosigkeit und der
gescheidte Gändhärer). Er sagt daselbst: „Andererseits fehlt in dieser
Erzählung, die sich freilich nur auf einen gescheidten Gändhärer be-
zieht, ein Zug, der in den arabischen Erzählungen und nicht minder
in der kirgisischen vorkommt. Es ist der das einäugige Kameel be-
treflFende (s. Journal asiat. 1838, T. V, S. 247, Orient und Occident
B. m, S. 264 folg. Radioff a. a. O. [Proben der Volkslitter. der türk.
Stämme Südsibiriens. St. Petersb. 1866 ff.] Bd. III, S. 390), welchen
ich jedoch auch in einer andern Erzählung des Kandjur nachweisen
kann und deshalb das betreffende Stück hier nachfolgen lasse.^ So weit
134 F. LIEBRECHT
Schiefher; denn da das letztgenannte Stflck sehr lang ist; so will ich
bloß die bezügliche Stelle daraus wiederholen: .Als wir gingen und
mitten auf dem Wege eine Elephantenspur erblickten, sagte er (Dshi'
vaka): ''Dies ist die Spur einer Elephantin, auch ist sie auf dem rechten
Auge blind, trächtig und wird noch heute ein Junges werfen; auf ihr
ritt eine Frau, die ebenfalls auf dem rechten Auge blind und schwanger
ist und heute noch einen Knaben gebftren wird ' Atreja sprach : *0
Dshivaka^ ist es wahr?* — 'Ja, Lehrer/ — 'Woher wußtest du, ob es
Spuren eines Elephanten oder einer EHephantin waren?* Dshtvaka ent-
gegnete: *0 Lehrer ; wie sollte ich es nicht wissen , da ich in einer
konischen Familie aufgewachsen bin? Die Spur des Eäephanten ist
rund^ die Spur der Eäephantin Iftnglich.' — 'Woher wußtest du, daß
sie auf dem rechten Auge blind ist?' — 'Daher, weil sie von der linken
Seite Gras gefressen hat/ — 'Woher wußtest du, daß sie trächtig ist?'
— ^Daher, weil sie beide Ftlße drückend gegangen war.' — ' Woher
wußtest du, daß sie noch heute werfen wird?* — 'Daher, weil mit dem
Ebum Fruchtwasser abgegangen war.* — 'Woher wußtest du, daß das
Junge ein männliches sein würde?* — 'Daher, weil sie mit dem rechten
Fusse mehr gedrückt hatte.* — 'Woher wußtest du, daß eine Frau
sich auf der EHephantin befand?* — 'Weil sie herabgestiegen war und
zwischen den Beinen geharnt hatte.* — ^oher wußtest du, daß sie
schwanger war?' — 'Daher, weil der Absatz des Ibisses recht tief ein-
gedrückt hatte.* — 'Woher wußtest du, daß sie noch heute gebären
würde ?^ — 'Daher, weil der Urin mit Schmutz zusammen abgegangen
war. So verhält es sich; will der Lehrer es aber nicht glauben, so
gramhe er an die Stelle, wo die Reisenden sich aufhalten, einige Brah-
manenjünglinge zu schicken.* — Atreja schickte einen Brahmanen-
jüngling hin und es erwies sich alles wie Dshtvaka gesagt hatte.^
S. 86, Nr. 57. Det goda rädet. Der Derwisch rief eines Tages
öffentlich aus, daß er fbr hundert Goldstücke einen guten Rath zu
verkaufen habe. Eäi Tatarchan, welcher die verlangte Summe be-
zahlte^ erhielt daflir den Rath, niemals etwas zu unternehmen, ohne
dabei das Ende zu bedenken und ließ denselben über alle seine Thüren
und auf alle seine Hausgeräthe eingraben. Nach einiger Zeit war
er nahe daran von seinem Arzt, den ein aufitlhrischer Statthalter
bestochen, ums Leben gebracht zu werden, doch erschreckte den
Arzt der Anblick jener Inschrift und er gestand das beabsichtigte
Verbrechen.
Bei Bäckström nichts; s. daher Gesta Roman, c. 103 und dazu
österley sowie meine Zusätze in der German. 18, 364.
ZUR SCHWEDISCHEN V0LK8UTERATÜR. 135
S. 87, Nr. 58. Den botade sjuke. Ein reicher Holländer, der
in Folge massigen und schlemmerischen Lebens in Eo'ankheit verfiel,
wnrde von einem Arzt in Österreich dadurch geheilt, daß dieser ihm
den Olauben beibrachte, er hätte einen Lindwurm im Magen und könne
ihn bloß dann los werden, wenn er fortan eine strenge Diät beobachte
und sich zu Fuß von Holland aus zu ihm nach Österreich begebe;
was auch geschah.
Ein vielverbreiteter Schwank', von dem ich mich aber nur er-
innere, daß er sich auch in Hebel's Schatzkästlein erzählt findet.
S« 111, Nr. 18. Ester Jönsdotter. „En san&rdig och ganska
eftertflnkelig Historia, Som innefattar et stört Guds underwärk : Om en
Figa i Skane Elster Jons Dotter benämd, uti Norra Aby, i Södra Abys
Socken^ Ire mil fran Malmö, som sedan är 1703, in til 1711, lefwat
utan den ringaste mat och dryck. Ganska härlig och upbyggelig at
lisa. Tryckt i Oefle, 1778^, 15 Seiten Octav. Ausserdem erschienen
ebend« noch vier Ausgaben, die letzte von Bäckström angeftihrte kam
heraus „Stockholm. Tryckt iEcksteinska Boktryckeriet, 1833", 24 Seiten
Octav (vermehrt mit einer Dedication an „Hogwälboma FrOken Ulrika
Stenbock'', datiert Malmö den 18. Nov. 1710, nebst einer Vorrede „Til
den gunstige Läsaren^).
„Diese sowie die folgenden Geschichten, bemerkt Bäckström,
sind eine Art modemer Volkslegenden, welche bei ihren Lesern ganz
besonderes Vertrauen gewonnen zu haben scheinen. Die in Rede ste-
hende ist verfaßt von dem Secretär Erik Roland im November 1710
und vermuthlich bald nachher im Druck erschienen. Das Mädchen
Eiter Jönsdotter war am 18. Januar 1703 beim Anhören einer Predigt
Ober die Hochzeit in Cana von einer so grossen Seelenangst ergriffen
worden^ daß sie auf die Knie niederfiel und bitterlich zu weinen an-
fing. Am folgenden Tage, da sie ihren Diensiherm, den Mtdler in
Aby, der mit Getreide nach Malmö fuhr, begleitete, wurde sie von
heftigem Kopfschmerz geplagt und hatte das GefUhl als steckte eine
firemde Hand ihr am Nacken zwischen dem Hemde und dem Leib ein
eigroßes Stück Eis hinein, das ihr mitten auf dem Rücken sitzen zu
bleiben schien. Seit der Zeit war sie immer bettlägerig und empfand
solch einen Widerwillen gegen Speise und Trank, daß sie sieben
Jahre lang nicht das geringste verzehrte. Das Gesicht behielt gleich-
wohl seine frühere Fülle und Röthe, der Magen jedoch war so einge-
fallen, daß der Nabel fast auf dem Rückgrat lag. Anderhalb Jahre
lang hatte sie schwere Qualen empfunden, dann aber fand sich um die
Zeit des Sonnenunterganges ein kleines Kind von etwa drei oder vier
136 F. LIEBBECHT
Jahren ein, das wie ein Engel Gottes anssah und ihre Leiden linderte,
wobei es verspraeh ihr zum Trost einen hellglänzenden Stern zu senden,
den sie auch von d6r Zeit an jeden Abend nach Sonnenuntergang sah.
Auch als der Secretfir Roland am 4. Nov. 1710 sie besuchte, hatte sie
zu ihm gesagt, daß sie den Stern sehe, obwohl er selbst nichts er-
blickte; da er aber um sie zu prüfen ihr im Dunkeln verschiedene
kleinere Gegenstände zeigte, nahm sie dieselben stets auf das deut-
lichste wahr.^
„Diese Gteschichte, fllhrt Bäckström fort, erweckte grosses Auf-
sehen und veranlaßte sogar eine Untersuchung des Gotha Hofgerichts,
welches von dem damaligen Assessor im Collegium Medicum Magnus
Gabriel Block (geb. 1669, gest. 1722) ein Gutachten einforderte, da
er zu jener Zeit für den geschicktesten Arzt in Schweden angesehen
wurde (vgL Biographisk Liexicon öfver namnkunnige svenske Man.
Upsala 1836. U, 340—343). In diesem Gutachten, datiert Medevi den
1. Juni 1714 und gedruckt unter dem Titel: Magnus Gabriel Blocks
Betänckiande Ofwer Ester Jöns-Dotters Langvariga Fa-
stande etc. etc. I Skane, Tttrat Uti ett Swar upp& Eongl.
Gotha Hofrättz Bref Af den 29. April 1714. Stockholm, Joh.
L. Hom 1719^ 24 Seiten Octav, bestreitet Block die angefahrten Facta
nicht, sucht ihnen aber eine natOrliche Erklärung zu geben und ftlhrt
zugleich unter Berufung auf das Untersuchungsprotokoll vom 9. No-
vember 1713 eine besondere Thatsache an, von welcher in der Volks-
legende nichts vorkommt und wonach Ester mitten in ihrem Heilig-
keitszustand ein Kind geboren hatte und daß es ein gewisser Korporal
Bredberg gewesen war, welcher der Legende diese weniger erbauliche
Auflösung gegeben hatte.^
So weit Bäckstrom; ich selbst habe nur hinzuzuftlgen, daß mir
diese schwedische Heiligengescbichte lediglich wegen ihrer frappanten
Ähnlichkeit mit dir der belgischen Heiligen, Louise Lataud von
Bois d'Haine , welche in der letzten Zeit so viel von sich zu reden
gegeben, mittheilenswerth erschienen ist Auch eine andere EUstorie,
wdche lebhaft an die Wunderquelle von Lourdes erinnert, lasse ich
aus gleichem Grunde hier folgen.
S. 122, Nr. 6. Brita Gustafsdotters Uppenbarelse. „Bonde-
Hustrun Brita Gusta&dotters, i Höglyckan, Uppebarelse i Martii mänad
Ar 1815. Stockohn. Tryckt i Marquardska Tryckeriet 1818' 32 Seiten
Octav. — „Utfbrliga och säkra Underrättelser rörande den ryktbara
Helsokällan i Bottnaryd, nära Jönköping, Profetissans fSregiina uppen-
barelBe om detta wattens undergörande kraft samt de hittils fbrspörda
ZUR SCHWEDISCHEN VOLKSUTERATUB. 137
werkningame af dess begagnande. Jönköping; 1818. Tryckte hos Di-
rektoren Job. Pebr Lundström.'' 19 Seiten Oetav (eine Kritik der ge-
nannten Offenbarong, verfaßt von dem Propst und Pastor in Bolstad
auf Dählsland, S. Wigelius, und begleitet von einem Briefe des Pro-
fessors Berzelius an den damaligen Oberpräsidenten (landshOfding)
Adlersparre, Excellenz^ in BetrefiF der Beschaffenheit des Wassers der
Bottnaryds- Quelle, so wie von einem Briefe einer Standesperson in dem
Orte hinsichtlich der durchaus gar nicht merkwUrdigen Wirkungen
dieses Wassers); — „Guds drSpliga Underwerk, en tili Allmagtens ära
kort men sannfärdig berättelse om den nyligen uppenbärade Hälso-
k&Uan uti Elfsborgs Län och Bottnaryd Socken, uti nägra Versar en-
faldigt sammaofattadt af förre Qwartermästaren Lars Segermann, hwilken
rest uti de mäst bekannta Werdsdelar och nu är oboteligen blind.
Norrköping 1818. Ad. Fr. Ramms Enka.*' 8 Seiten Oetav (Klage über
die Unordnungen bei der Quelle; gereimte Beschreibung über der
letztern Entdeckung und Eigenschafken und schließlich in Prosa eine
,Kort Anwisning huru oärfarne böra ß5rhalla sig med detta Hälso-
wattnets bruk'').
Die Bäurin Brita Gustavstochter in Höglycka in dem Pastorat
Bottnaryd, Provinz (län) Elfsborg, geboren in demselben Eärchspiel
am 1. Februar 1778, hatte um die Mittagszeit eines Tages in der
Mitte des Märzmonats 1815, da sie sich eben auf freiem Felde befand,
eine liebliche Stimme vernommen, welche sich als die ihres 14 Jahre
früher im Alter von 17 Wochen verstorbenen Sohnes zu erkennen gab.
Diese Stimme hatte sie über den Katechismus (i kristendomen) befragt
und schließlich ihr verkündigt, daß der Erlöser selbst mit ihr sprechen
werde und sie dazu auserwählt hätte, seine Botschaft zu verkündigen.
Kurz darauf vernahm sie auch wirklich die Stimme des Erlösers, der
ihr offenbarte, daß in einiger Entfernung von Lönäs, wo sie damals
wohnte, eine wunderbare Quelle entdeckt werden und den Blinden das
Gesicht so wie zahlreichen Siechen die Gesundheit wiedergeben werde.
Demnächst befahl ihr diese Stimme den Bewohnern Schwedens zu
verkünden, wie sehr erzürnt der Erlöser wäre über die Sonntagsfeier
der Bauern, über die Veränderungen des Katechismus und Psalmbuchs,
über die Ehen zwischen Geschwisterkindern so wie über das Kartoffel-
brennen und die Pockenimpfung und schließlich verordnete die Stimme
wie es mit der Einzäunung der wunderbaren Quelle gehalten werden
und daß kein Aberglauben oder Opfern dabei stattfinden solle. Die
Erzählung ist datiert vom 24. Febr. 1818 und bezeugt von dem Gast-
geber J. J. Andersson and dem Ackerwirth Thure A. RhoduL
138 F- LIEBRECHT, ZUB SCHWEDISCHEN VOLKSLITERATUR.
S. 152, Nr. 30. Djefwulen och Eäringen. „£n merkwftrdig
Historia som lenmar den applysningen om att 'Hwarest Djefwulen
icke sjelf kann komma, dit skickar han en gammal Kärring', af J. Rose.
ÖfVeraättniDg frän Tyskan af A. A. W. Wexjö 1847, hos A, G. Deu-
rell.« 10 Seiten Octav.
Der Jäger Kaspar lebte mit seiner Frau Mariandel in so glück-
licher Ehe, daß dies des Teufels Ärger erweckte; da er jedoch daran ver-
zweifelte die Eintracht der jungen Eheleute stören zu kOnnen, so über-
nahm dies ein altes Weib; und es glückte ihr auch in der That fiir
einige Zeit; schließlich jedoch siegte die treue Liebe der Gatten über
ihre Künste und sie versöhnten sich wieder.
Wie aus dem Titel erhellt, ist diese Erzählung aus dem Deutschen
übersetzt; doch weiß ich nicht zu sagen, welcher Autor unter A. A. W.
zu verstehen ist Wie dem auch sei, die nähern Nachweise über die-
selbe s. bei Dunlop-Liebrecht S. 503 zu Don Manuel's Conde Lucanor
Nr. 48 und bei Osterley zu Kirchhofs Wendunmuth Buch 1, Cap. 366.
S. 155, Nr. 8. Hundarnes Priwilegium. ,,Orsaken Hwarföre
Hundame nosa p& hwarandra., Elller Deras Priwilegier Samt Fri-och
Rättigheter. Innefattande äfwen anledningen tili s& wäl Hundars och
Kattors, som Kattors och Rittors ewiga fiendskap mot hwarandra.
Stockholm 1823. Tryckt i Ecksteinska Bocktryckeriet^ 8 Seiten Octav.
Unter den von Bäckström angefbhiten Ausgaben gibt die obige
den Titel am vollständigsten an, und scheint daraus hervorzugehen,
daß die schwedische Version dieses Schwanks der Nr. 25 'Warum die
Hunde sich beriechen in Simrocks Deutschen Märchen. Stuttgart 1864
entspricht; ebenso auch bei Wenzig, Westslavischer Märchenschatz,
S. 44 'Warum die Hunde die Katzen anknurren und warum die Katzen
den Mäusen feind sind'. Kürzere Fassungen in A. Kuhn's Westfiü.
Sagen 2, 237 'Das verlorene Urtheil* und in Wolfs Zeitschrifk fbr
deutsche Mythologie 1, 225. 460 'Warum die Hunde einander beriechen,
wenn sie sich begegnen •
S. 165, Nr. 69. Ett Äktenskaps-Förbund. „Et roligt Eckten-
skaps-Förbund Emellan Cigutwaktaren Jan von Torsten och Rosina
Muskat. Stockholm 1801. Tryckt hos Andreas J. Sylvenius.^ 4 Seiten
Octav. Später noch mehrmal wiederabgedruckt
Bäckström bemerkt hierzu: „Aftryck ur Mina Tidsfördrif
pä Gäldstufvan^, fügt aber keine sonstige Nachweise hinzu. Auch
ich kann deren nicht geben, obwohl ich das Geschichtchen oft gelesen,
so daß ich von dem Inhalt bloß aus dem Gedächtniss eine kurze
Übersicht zu ^eben vermag. Ein Schiffskapitän nimmt in seinem Wein-
F. BECH, BESSERUNGEN UND NACHWEISE. 139
vonrftth eine übergrosse Verminderang wahr und beschließt genau
aufBupassen. Indem er nun so eines Tages sich wieder in der Nähe
des Weinverschlages versteckt hält, sieht er den Kajtttenjungen hin-
einschleichen; eine Flasche Muskateller entpfropfen und hört ihn dann
ausrufen: „Ich (hier nennt er seinen Namen) gebürtig aus (...?) bin
gesonnen mich mit Jungfer Rosina Muskat aus . . . (hier nennt er einen
Ort in Südfirankreich) ehelich zu verbinden. Wer dagegen Einspruch er-
heben will, thue dies bei Zeiten. Ich biete auf zum ersten, zum zweiten
und zum dritten Mal!" Schon will der Junge dann die Flasche an
den Mund setzen, als der Kapitän aus seinem Versteck hervorspringt
und ausruft: „Halt, ich thue Einspruch!" Den Schluß kann man sich
denken. — Die Namen der schwedischen Version weisen auf ein deut-
sches Original.
S. 166, Nr. 74. Hunden päHötappen. „Hunden p& Hötappen.
£n liten Muntrations-Lectur, utgifwen af Koriander Katzenkrall, Forste
Hoiharr, Kort-, Korf- och Swafwelsticks-Fabriqueur. Stockholm 1832.
Tryckt hos Jon. Ad. Wallddn.« 7 Seiten Octav.
Bäckström gibt nur den Titel dieser einzigen Ausgabe. Allem
Anschein nach findet sich hier derselbe Gegenstand behandelt wie bei
Burkhard Waldis 1, 64 ^Vom neidigen Hundt'; s. hierzu Kurz und
Osterley in ELirchhof s Wendunmuth 7, 130.
LÜTTICH. FELIX LIEBRECHT.
BESSERUNGEN UND NACHWEISE.
Anslahtj anslahtej f.
Psalm 88, 37 : visitabo in virga iniquüates eorum et in verberäms
peecata eorum — dies wird in der Windberger Interlinearversion ed.
Graff übersetzt: idi vnse in der gerte unreht ire unde in den uülaten —
anslahten — sunte ire. Danach ist unter anslaht die Geiselung zu
verstehen. Denselben Sinn hatte das ebendaselbst stehende aneeUihenf
so Ps. 72, b flageUaJmntur y v)erdent si geuiUitj anegealagen] 72, 14ytit
flageUaJtus^ ih vhm geviüet, angeelagen; Wiener Predd. in den Fundgr. I,
95, 36 folg. tradetur gentibus et illudetur et flageUabitwr et conspuetwry
der meide sun der wirt geantvmrte den heiden unt wirt verepottit unt
wirt angeslagen und wirt angeepim. Auf das G^seln, nicht auf das An*
l t ) F. BECH
schlagen ans Kreuz könnte der Ausdruck auch gehen bei Diemer 315^
11 daz du dich hieze anslahen, späten unde sptwen^ und im Anegenge
36, 30 do man den anesluoc. Die Redensart ist entlehnt von der väläte
an der siule, an der echreiät oder an der stüpen (Haupt Zs. 8^ 295,
725; St Trudbertor H. Lied 39, 13); vgl. auch an die siulei?) slahen
bei Berthold 28, 7, an die schreiat slahen im Stadtbuch von Augsburg
ed. Meyer S. 172. Qraff IV, 776 verzeichnet anaslaht nur in der Be-
deutung von nimbuSf itnber.
Drabgeraete^ n.
Reinfrid 7986 die ritter alle sloufien \ sich üz der tumeitcaetey |
und wart in trabgeraete \ manic werder heU bekleit: zum Schutze der
Überlieferung verweise ich noch auf drabegeschirre im Anzeiger f. Kunde
a. 1871, S. 134; in Weist, in, 376, 3. Z. von unten; in Scriptores
rer. Pruss. IV, 635; drabeschirre bei WtÜcker, ürk. u. Sehr. betr. den
Zug der Armagnaken S. 55; drafgezeug im Urkundenbuch von Neustift
in Tirol ed. Maihofer S. 361 (a. 1382) so schaff ich zu dem tuem ainen
ledigen mayden oder meinen pesten lauffer und ain drafgezeug; Scriptores
rer. Pruss. IV, 15 im jär 1466 dingeten sich der bundtherren hoffleute
vom Bretchen mit irem drabgezeug.
Verdrozzen
in der Erlösung 898: daz ich icht mechte verdrozzen mit langer rede
keinen man: ist nicht Infinitiv sondern Participium, mechte die frän-
kische, mitteld. Conjunctivform von machen = facerem. Den Nachweis
meine ich erbracht zu haben in der Germania 3, 330 sowie 15, 153
bis 54. Das Citat bei Lexer 11, 99 sowie bei Weinhold Gramm. §. 399
ist also wohl zu streichen. Weitere Beispiele dieses Conjunctives mechte
finden sich wahrscheinlich auch in dem Gedichte Moriz v. Craün, vgl.
Germ. 17, 175; femer in Mones Schausp. des Mittel. I, 105 (785) wie
er ire nchen mechte gesunt (14. Jahrb.); im Renner 9671 daz wir
ein kriuze ßir uns mechleni gedeckten \ 19554 daz «5 mangerlei
gebrechte mit sd kleinen zungUn mechte; in Weist. 11, 427, Z. 16 von unten,
aus dem 16. Jahrh. ; lU, 598, Z. 23—24 (Rechte von Meiningen a. 1450);
IV, 552, Z. 30, aus dem 15. Jahrb.; 567, Z. 29; 633, Z. 2 von unten
(15. Jahrb.); V, 571, Z. 16 von unten; 636, Z. 14 setzten oder mechten
(Osthoven a. 1338); VI, 25, Z. 28 (a. 1424); 61, Z. 7 mechte es sich
aber, daz u. s. w. (Franken, a. 1448); Zeitzer Copialbuch 408^ her
mechte uns gerne erbeloz, wanne her künde] Eoelhoffsche Chronik 492,
11 dat he heimlichen sich eweeh mechte; Roscnblüt in Espes Bericht vom
J. 1840, S. 40 mechi: siecht-, Fichard Frankf. Archiv 1, 190 (Urk. von
BESSERUNGEN UND NACHWEISE. 141
Wetslar a. 1382); III, 347 (aus Eberhard von Windeck ans Mainz,
15. Jahrh.) und 348; Wülcker Neujahrsbl. von Frankf. a. 1873, S. 45,
Z. 3 von unten; a. 1877, S. 28; Scbranz Gescb. der deutseben Ge-
sellenverbände S. 178 (Speier, 15. Jahrh.) ; Hans Folz in Haupts Zeit-
schrift 8, 523 Tnechti rechte 325, 33; Conrad von Weinsberg (Bibl. des
litt Ver. XVni) 46, Z. 13; M. Beheim Buch v. d. Wienern 32, 9; 194,
18 mekUzAlbrehte und 235, 16; 236, 10; 292, 26; 303, 6; Weist. V,
479, Z. 14 von unten, aus dem Unterelsaß a. 1380, und 485, Z. 6
von unten. Die in Franken ursprünglich heimische Form hat sich also
seit dem 14. Jahrh. auch in Oberdeutschland eingebürgert.
Vertremmeriy swv,
im Hhd. Handwörterb. IH, 274 aufgeführt, steht nach der Handschr.
in der Martina 23, 93 folg. Vor got urdugent smeckint, Die stnen zam
weckint Und unsir sei (?) vertremment Lip und sSl erlemment Man hat
wohl und unser heil vertemmeni zu lesen, wie es 26, 64 heißt, worauf
schon V. Keller und Holland in ihren Anmerkungen S. 740 hinwiesen.
Vergl. Lexer s. v. vertemmen und s. v. verdempfen.
Vesenboumf
So angesetzt bei Lexer IH, 325, aus Mynsinger 40, wo Mittel
gegen die Krankheiten des Habichts angegeben werden. Dort steht
unter andern: darnach sol man nemen vesenpaum und ain kraut haißt
rosmarin und vrilden ysop. Wahrscheinlich ist aber sevenbaum zu lesen,
worüber man vergleiche Lexer II, 897.
Vinster.
In der Blume der Tugend bei Hans Vintler 1808 heißt es: Er lies
auf ainen tag slahen Ze tdt vier vinster ritterschaft) im Wörterbuch dazu
wird dieses vinster ftir ein Adjectiv gehalten mit der Erklärung: ent-
gegengesetzt, feindlich, was auch Lexer IH, 358 aufgenommen hat.
Richtiger faßt man wohl vinster als Substantiv = legioj vergl. Diefenb.
NQl. 321 • legioj finstri, ßnstemißj fenstemes^ vinstimisse und dessen
Glossar 322*". Und hiermit stimmt auch Vintlers Quelle Valerius Ma-
ximus IX, c. 2, §. 1: quatuor legiones cordrariae partis. Aber woher
stammt das Wort und seine Bedeutung? meint es das lat. nvbila in
der Bedeutung nuhes =r dichte Menge, Masse?
Fiwersdtj m,
Warnung 67 folg. lautet der Text nach Haupt: Hz der JieUe si
(= die, welche ihren irdischen Besitz auf der Erde zurückgelassen
142 F. BECH
haben) her dingent (ioe man in ir guot teile | urd A von eere heile I
unt in hdfe üz ängstlicher nMi \ si twingt der heüeßwers tdt; aoffUlig ist
hier der heüefiwers tdt, viel wahrscheinlicher der heUefiuoere&ty der Feuer-
piiihl der Hölle; vergi. Lexer s. v. «8^, Fraoenlob Spr. 13, 16.
Oetoatej gewatj n.
Das Wort ist ohne Erklärung von Lexer I; 979 angesetzt; in den
Berichtigungen zu diesem Bande wird auf Genn. 11, 70, 11 verwiesen.
Man vergl. darüber Hoffinann Gloss. Belg. 33 ghewat^ vadum und Comel.
Kiliani Etym. ed. Hasselt 181^ ghewaty fland. j\ foateringe'y Diefenb.
604'' vadum ghewat vel een waterscap; dasselbe bedeutet toat im Mhd.
WOrterb. HI, 535% 34 und bei Kehrein Samml. 31^. In diesem Sinne
findet man das Wort bei Gotfrid Hagen 6089 (12. Band der Chroniken
der d. St) ich sal üeh wisen dat gewat (: dat) ; 6092 der greve dat gewat
gewan, von Groote missverstanden, von Birlinger im Glossar 408 richtig
mit Furt, vcidum erklärt Im Sinne von hruch^ lä, lache, mos fasse ich
das Wort auch bei Berthold von Holle im Demantin 10411 dar was
gemachet uf den plan ein brücke breä obir gewat (: dat) und 9449 sd zwSne
valken ober ein gewat uf und nedir zu vogiln gdt (so nach der Handschr.).
Dahin gehört daz horch gewat in dem Bruchstück aus Heinrichs von
Hesler Offenbarung German. 11, 70; 17 so wie im Athis S. 117 (136)
den herzogin von der stat Stach er in ein horegewat (nach Lacomblet;
horc gewath), femer gewaydt in Wülckers Neujahrsblatt von Frankfurt
a. 1877, S. 57: si sin bicz an eyn gewaydt zugelauffen (a. 1475). Doch
ist das Wort auf Nord- und Mitteldeutschland nicht allein beschränkt
Auch Heinrieh von dem Türlin bediente sich seiner in der Krone 3315:
diu zU was kalt und tief der sni, Als ez ist des winters S, Und diu ge-
wat (P. die gewate, V. die gewaed) starke tief, Dd von daz wUt niht
verre lief, Wan ez äne twdle Vil nähe ze aUem mdle Durch diu gewat
in (P. die gewaten, V. di gewaete) brctst Dasselbe bedeutet waydt bei
Wierstraat 179, 191 und 223.
Isen kiuwen
findet sich gerade so wie in den von Haupt zu Neidhard S. 215 be-
merkten Stellen isen ezzen, i, frezzen, i. verslinden gebraucht um das
Bramarbasieren des miles gloriosus auszudrücken. So in dem Klage-
gedichte auf Herzog Johan von Brabant in v. d. Hagens Germania III,
125 (321) sie liezen niht ir lägen \ die ritter-just pflägen : \ sam tuen die
tsen kiuwen, \ die mit geverde unt mit untriuwen \ halten uf der ban ver-
»wigen; und in der verderbten Stelle S. 120 (126 folg.): le nerrischer
BESSERUNGEN UND NACHWEISE. 143
am sin^) geberde, \ ie^) tiurer er waenet wesen] \ in dilnket nieman siUle
genesen \ vor dem tsenkiuwen^) ; \ hdch ob smen kniuwen*) \ sin ime die
hosen^) abegealagen. Eine dritte Stelle ist die von Lexer I, 1457 auf-
geführte aas dem Pseadoneidhard 172, 134: ja waen ich in wol ein tsen
kiuwen — so sind die letzten beiden Worte getrennt zu schreiben,
nicht wie Lexer nach Haupts Vorgange thut tsenkiuwen ; waenen regiert
hier wie in den vom Mhd. Wörterb. lU, 495% 46 folg. angemerkten
Beispielen den Aco. c. inf , vergl. darüber noch Pass. E. 378^ 72 und
namentlich Apelt im Jahresbericht des Gymnasiums zu Weimar v.
J. 1875, S. 14.
Reisen
erscheint als musikalischer Ausdruck gebraucht bei Heinrich Seuse in
Grieshabers Vaterländisches S. 300: also sas der jüngeling mit der
harphen zu dem bruoder und begond sin harphen reisen und schöne üf-
Jdenken; 8/301: und begonde sin harphen reisen und schone blasen] De-
nifle, Deutsche Sehr, des sei. Heinrich Seuse 392 der bereit uf ein
spalterij und da er si gereiset (,,da er es angeschlagen hatte"). Mit
demselben Wortstamme zusammengesetzt scheinen dieAdjectiva lautraisy
lütreisig, lautrcdsigj ruemraisig zu sein bei Schmeller-Frommann 11, 141.
Vielleicht ist das mhd. Wort ims mit dem gotischen raisjan in ur-
raisjan und hat hier eigentlich den Sinn von indtare. Töne hervor-
bringen, dann überhaupt spielen, worauf auch das daneben stehende
üfklenken deutet. Möglicher Weise ist auch erreisen hierherzuziehen,
das in einer Stelle des Teichner erscheint im Mhd. Wörterb. IP,
665^; 44, sowie verreisen in Bruder Hansens Marienliedem 1108 myn
seyten sint verdorret, Myn slussel sint vorreyset unt ontvallen. Ob in den
neuhochd. Redensarten briUen-, possen-, zoten reißen ein Nachklang da-
von erhalten, vermag ich ebenso wenig zu entscheiden als die Ety-
mologie des Wortes sicher zu bestimmen. Dürfte man reisen aber als
Factitativum zu risen cadere stellen, dann wäre es seiner Bedeutimg
nach verwandt dem Worte veUen, jenem musikalischen Ausdrucke, der
im Tristan 7998 begegnet: si steigete unde vaUe noten] in den Kolm.
Meisterliedem III, 5 so velt diu lerche in gradibus im süezen val-, bei
Frauenlob im Frauenl. 18, 4 die steige, velle schrien, in dessen Sprüchen
367, 10 steige, veUe leren', Laßberg LS. II, 209, 30 ze valle singen.
*) An M\ bs. m. — ') te] ha. fm te. — *) ynn üwer. — *) amem lAwer. —
^) keheatn.
144 P* BECH
Sattn
wird im Mhd. Wörterb. IP, 59^ 17 und danach von Lexer 11 , 616
angesetzt und für ein Seidengewebe =: franz. sattHj ital. setino erklärt
mit Verweisung auf die Krone 2918. Aber diese Stelle enthält bei
genauerem Nachsehen ein ganz anderes Wort; der Dichter stellt dort
eine vergleichende Betrachtung an über den Ausgang den ein Wett-
kampf zwischen einem Bewaffneten und einem Unbewaffneten nehmen
müsse und sagt da unter andern:
2909 man sikt ir beider teil wegen
ungttche üf der wäge:
sie hebet sich vü träge
nach wäne an des gastes teil,
ez enunderste ime heü,
wan sin geloete ringer ist,
2915 Ich weiz wol^ daz dehein list
in der werlt ist so starc.
Swer einJudp ein mare
wiget gein einem saetin,
da muoz vil ungdtche sin
ir beider gewige.
Die Stelle ist vom Herausgeber nicht richtig verstanden. Ich
habe nach wäne Air nähe wan in V. 2912 gesetzt^ ebenso ime heil für
Unheil. Für sattn, welches Scholl in V. 2918 in den Text gesetzt hat,
bietet die Wiener Handschrift saetiny dasselbe Wort welches Lexer U,
894 unter der Form setin verzeichnet hat, = der halbe oder vierte Theil
eines Lotes; nur dieses kann als Gegengewicht gegen die marc, das
halbe Pfund , hier gemeint sein. Zu gewige vergl. man Pfeiffer, Zwei
Arzneibücher, im Wörterbuche dazu S. 63 (162) s. v. gewic, gewich, stn.
Sehiun, f.
in Eonrads von Würzburg Liedern ed. Bartsch 32,83 dar inn er vermüret \
Ht als ein made in einer schiun (: kiun : riuri) — fasse ich als volks-
thümliche Bezeichnung für das gewöhnlichere kemhfiSj arulla, ptdpa,
das ursprünglich wohl auch granarium, horreum bedeutete. Ahn-
lich verwenden made im Vergleich Frauenlob Spr. 254, 17 unJtriuwe
die ist recht als ein boeser maden, der in ein obz Icumt ungeladen , und
Berthold 848, 7 diu hochvart wehset in dem richJtucme als der made in
dem apfel.
BESSERUNGEN UND NACHWEISE. 145
Schdzel (schoezel) n.
war auch ein Theil der Rüstung , dasselbe was bei Wolfram Parz.
707, 20 und Willefa. 79, 3 des halsberges g^en, im Orendel 2320 und
2617 der brunne gSren sind. So verstehe ich das Wort im Reinfirid
15499: ich waene er fliehe sicherlieh schoezel (hs. schossel) unde platten;
vergl. die im Mhd. Wörterb. IP, 175*, 28 citierte Stelle aus Suchenwirt:
durch schdz und euch durch plcUen vü nuwger wart geletzet] Konrad von
Ammenhausen fol. 86*" nach der Zofinger Handschr. ein rüter sol an
tragen ein gantzes hamesch; was dar zuo sol gehoben das sag ich
: hcdsperg, schoss und isnein hosen, bukel^ beinberge oder knieling
(hs. krieling) genant; Nordhäuser Statuten in Förstemanns N. Mitth.
in, 3, 48 — 49 (14. Jahrh.) wer drizzeik mark verschozzety der sal haben
redeUche wäpen: eyne schopen, crayn, grüsentr^ schdz ^ eyne swebische
platey eyne tarschen etc
SeJ^e, f.
In den Nürnberger Polizeiordnungen herausg. von Baader (= Bibl.
des Liter. Vereins in Stuttgart no. LXIII) S. 170, S. 6 ist den Schmieden
der Hammerwerke verboten in den Stadtwaldungen an der Pegnitz
Kohlen zu brennen, wer dawider handele, der solle ze bezzerunge geben
X pfund haller ie von der seien. Was bedeutet hier setef Baader ver-
muthete in der Anm. dazu: „wahrscheinlich von dem Worte ^6«eto, das
eine Stätte, wo etwas gebaut wird, und hier einen Weiler bedeutet'.
Statt eine rein niederdeutsche Sprachform zu EGlfe zu nehmen hat man
eher an das althochd. satta^ seta = canistrum, sporta zu denken, worüber
Weigand s. v. satte zu vergleichen ist; darnach ist hier wohl ein Koh-
lenmaß zu verstehen, worüber nachzulesen ist was von Kirchhoflf zu
den Weisthümem der Stadt Erfurt S. 74^ Anm. 150 vermerkt ist Das
Wort erscheint übrigens auch beim König vom Odenwald VU, 175:
stroeunn seten unde nest die sint lange vor gewest, vergl. die Anm. dazu
von K von Bahder. Das Mhd. Handwörterb. 13 , 893 hat das Wort
bereits aufgenommen, nur unrichtig erklärt.
Swdsheit.
Die von Förstemann herausgegebene Nordhäuser Bürgereinung
vom J. 1308 in den N. Mittheilungen HI, Heft 2 enthält S. 23 fol-
gendes : sun ein unvledic venster von einer swäzheit het gende an die strdze,
die ffU zwo marc] späterhin, wo dieser Paragraph wiederholt wird, in
den Gesetzen aus dem 15. bis 16. Jahrhundert, vergl. die Gesetzsamm-
lungen der St Nordfaausen ed. Förstemann S. 63*^ (Sonderabdmck),
0EBMAN1A. Nene Reihe XII. (XXIT. Jahrg.) \Q
146 F* BECH
heißt es : xcy ein unfletigk fenster adir loch von keynerley swarizheit (?)
ndir unßetikeü hat gehende an dy strasze, der gebü zewu margk. Gemeint
kann nur sein das was sonst auch gemodsheit^ heimliehkeit heißt, das
swäshüs, die swäskamere. Wenn in Lexers Handwörterb. 11, 1332 s. v.
9wacheü aus dem Prager Recht 150, 168 angegeben wird: genge die
swacheit heizen^ so ist wohl richtiger stcäsJieit ftlr mvacJieit zu lesen ; auch
in den Varianten zu der Eaiserchronik 13492 ed. Maßmann ist stca-
chaü verzeichnet, wo nur swashait verstanden werden kann, neben ge-
suHuheä. Man vergleiche übrigens noch Interlinearvers, der Trierer
Psalmen ed. Graff S. 490: in penetraübus, in den geswäaheiden.
Tinne
ist wohl ftLr das unverständliche iuome (aufgeführt bei Lexer II, 1575)
zu lesen in Pfeiffers Deutschen Arzneibüchern II, 4': sd im diu tune-
foengel unde die tuomen enphcdlent unde die lefse nider vaUent u. s. w. ;
im Glossar dazu hat der Herausgeber vermerkt, daß der Diphthong
in dieser Handschr. keineswegs sicher sei, es vielmehr ebensogut Umme
als turne heißen könne*). Aber auch statt tunewengd hieß es hier wohl
ursprünglich bloß wengel, denn das letztere wäre dem Sinne der Stelle
ebenso entsprechend wie dem Gebrauche, der das Wort nicht selten
neben tinne stellt, so bei Hesse von Rinach in MSH. I, 210^ (I, 2),
in Der Minne Frigedank (Docens Miscell. TL) 185 — 86, im Reinfrid
2249—50, bei Walther v. Rheinau 238, 52—58, in Gotfrids Tristan
923, im Flore 1835—43, 6820—36 {wange neben tinne).
Tuehtjf.
Pass. K. 572, 69 si bare sich in des Schiffes tucht (: vlueht) und lac
darmne über nackt. Lexer II, 1563 vermuthet, tucht bedeute „Schiffs-
bauch''; richtiger fassen es wohl die alten EIrklärer als transtrumf Ru*
derbank, denn es ist wohl nichts anders als das niederdeutsche duckt,
worüber zu vergleichen Frisch I, 210^, D. Wörterbuch U, 1489, Schiller-
Lübben I, 590**, 5, Diefenbach u. Wülcker I, 373; daneben die Form
dofty plur. dofiun, bei NGl. 370* und German. IX, 26^ Z. 8. Vergl. die
Glossen zu Prudentius (in Haupts Zs.) 521 (215) in transtris an den
thuerstolon.
Ungebant
im Sinne von indomibus, also von henden^ banden, fesseln, finde ich in
einem Gedicht des 14. Jahrhunderts, das Hoffinann in den Altd. Blät-
*) So halte ich auch touehüeh fol. 3* (Tergl. Lexer II, 1483) för verderbt ans
tueJUieh, duhiig; man vergleiche houbelducht ebenda fol. 17* und Lexer I, 1348.
BESSERUNGEN UND NACHWEISE. 147
tem n, 308—310 mitgetheilt hat; dort steht S. 309, Z. 11 von anten:
Der Tsunge ir ungepantez Uet Ich wold eu gerne reden mü a. s. w. Wie
einige Verse vorher ZU und Notdurft personificiert und angeredet wer-
den, so ist auch hier die Zunge angeredet, also etwa so zu lesen : Ver
Zunge, ir ungepantez Ut u. s. w. Der Verfasser hat offenbar im Auge
gehabt Brief Jacobi IH, 8: linguam autem nullus hominum domare po-
test, inquietum malum^ plena veneno mortifero. Zu benden swv. vergL
Martina 3, 6 durch dich ist er gebendü (: erwendit)\ 123, 53 mit dem tdde
gebendet (: wendet); ebenso 126,38 (iverendit)] zu banden vergl. noch
Schwabcnsp. ed. Schilter 206, 6; 300, 3 (= ed. Wackemagel 249, 5);
den 8un zuchtigen und banden im Stadtbuch von Augsburg ed. Meyer
S. 181. Dem ungebanten Ut läßt sich vergleichen das nhd. Uvband in
Sanders Wörterb. I, 74^
Uz unde üz.
Pass. K. 228, 12 {der abrinnic munch) wart ütz unde üz geschoben
und gelac ewpor uf ir (sc. der erde)] Mones Anzeiger VIII, 430 dS
muose er üf einen berch stigen unde rmioae vasten vierzic tage üz unde üz
(cfr. Diemer Genes, und Exodus S. 200*"); Stadtbuch von Augsburg
S. 74 man rihte ouz und ouz ais davor geechriben stät; S. 194 ez ensal
niemen cheinen unn misschen, em sul in cUsS guten für sich üz unde üz
geben als er in üf tet; Alexander in MSH. II, 365*, 12 der schilt ist üz
und üz gespenget] Heinrich von Krölwitz 17 mich hat dSn zeswe hont
al üz unde üz gerüret an; Adelheid Langmann Offenbar. 94, 15 den
paum den gibt ie einz dem andern di kindepet üz und ouz; der Herzog
von Anhalt in MSH. I, 15* (= Bartsch, D. Liederd. XXVH, 28) wie
mochte ein luft s6 süze drefen em wSre al üt und üt (hs. uht) vil gar ein
minne; vergl. Schambach 250* und Schiller-Lübben V, 141*; dazu die
Beispiele aus nhd. Schriftwerken bei Grimm D. Wörterb. I, 819 und Dietz
Wörterb. zu Luther I, 157*. Die Bedeutung schwankt zwischen : fort
und fort; die ganze Zeit über, und: durchaus, ganz und gar
Wurmeläge, wirmeläge.
Wenn wurmeläge, wurmldge stf. von W. Grimm in Athis u. Proph.
S. 65 erklärt wird ftlr „ein Gebüsch^ einen gehegten Garten in der
Nähe der Burg, wo Schlangen oder Drachen verborgen liegen, vor
welchem man sich aber mit Spielen belustigt^ ; wenn hier überdies auf
wurmegarte im Lanzelet 5048 als synonymen Ausdruck verwiesen wird;
so will dazu der Zusammenhang, in welchem die damit bezeichnete
Räumlichkeit im Laufe der Erzählung berührt wird, nicht recht stim-
148 P- BECH
men. Ein stattlicher Zag von Rittern und Frauen bew^ sich gegen
der umrmläge S. 103 (28) ; vor der portin steigen die Frauen vom Pferde
S. 107 (133); hier was der tisch frone — bereüü S. 107 (140); gegen
Abend werden hier kerzin uf gebrant S. 107 (153) und man beginnt zu
tanzen (156); S. 109 (56) wird die wurmläge noch einmal genannt als
der Ort wo alles dieses vorgegangen ist; man belustigte sich darin,
bis ei sich gevrouwiiin gnuoe und man trinkin dar geiruoc. Ein Gebüsch
oder ein Garten war hierzu kaum geeignet*). Noch mehr sträubt
sich gegen eine derartige Auffassung der Zusammenhang, in dem es
die Sächsische Weltchronik (ed. L. Weiland in den Monum. German.
tom. U, fasc 1) S. 251, 2 aufweist: Kaiser Friedrich 11. hatte (a. 1235)
enen grüen hof to Megenze , dar he ordnen drdehy unde wären de
vorsten vil nä edle dar unde andere herren vüe. He ät do in der warm-
läge**) in dem vdde, dar waren upgeslagen sdcene pavlüne. Auch hier
ist die Deutung des Herausgebers der Sache nicht entsprechend, wenn
er in der Anmerkung dazu sagt: „vH)rmlage bedeutet Aufenthalt der
Schlangen. Zu Mainz existierte also ein Garten, in welchem Schlangen
gehalten wurden. Die wcrmlage in Nürnberg erwähnt die Sächsische
Fortsetzung der Chronik zum J. 1274.'' Letztere Stelle auf S. 287, 4
lautet: des andern tages darnach as her (sc. der König Rudolf) m der
wormlage***) mit den fursten. Deutlicher sind die Stellen in der ältesten
Bearbeitung des Herz. Ernst ed. Bartsch. Mitten in die Burg des
Königs von Grippia (V. 2367 folg.) tritt der Herzog mit seinen Be-
gleitern; si funden numic gestüde in einer würmdäge hSrtteh^ daz nie
heiser wart so rieh, er möhie ze tische dar ingän^ D6 sähen sie innert-
halben stän, die edden jungelinge, al uwbe ze ringe mangen tisch vil
wünnectich, dar üf pfeUe und goU rieh; V. 2559 folg. wider zer würme-
läge se kämen da sie die spise e da nämen ; V. 2951 folg. ich weiz wol
daz sie algemeine in dise würmeläge gint zuo den tischen die da stSnt;
V. 3340 folg. sio sie van den tischen sten^ sd beginnet der kSnic gen
zuo den gesAen in d/en sal^ und rüment die würmeläge iiberal die hdde
gemeinUche; V. 2835 folg. die zwene ritter — — stin an ein gewarheit
undr ein gewelbe vinster; dar üz gienc ein venster ob der würmeläge
hd'j dar in lenten si dd. An allen Stellen schreibt die Nürnberger
*) Das Ton W. Grimm an der oben g^eiuumteii Stelle mitgetheilte Citat ans
DietrichB Drachenkimpfen ist = Virgioal 926, 6 ecL Znpitsa, wo aber mit Recht der
wunnen tpil fUr das überlieferte der wurmen apü gesetst ist
**) Die Wolfenbüttler Handschr. (= W bei Maßmann) liest hier tfromlage, die
fibrigen theilweis wormelage.
♦*•) Varr. wormeloffef wormlage.
BESSERUNGEN UND NACHWEISE. 149
Handscfar. hier wyrmdag oder wirmdag^ die Wiener aber umgeht mei-
stens das Wort und setzt dafdr diimicz, vergl. Bartsch Einleit. XXVHl
und XII. Die von Haupt in der Zeitschr. 7, 193 folg. veröffentlichte
lateinische Prosa^ die nach Bartsch Einleit. XL VI nach dem alten
niederrheinischen Gedichte bearbeitet und vermuthlich schon im 13.
Jahrh. entstanden ist, hat an den betreffenden Stellen daflir : permaxima
domus ad convescendum praeparata^ coenaculu/m cum mensü omnium
generum cibariia solempnisnme onttstts (21ö, 14); — in coenaculo ante
dicto (217, 35); — vidü hoipües coenaculi latibulo inm pronimte$
(2;18, 33). In Odos latein. Gedichte, das zwischen 1206—1283 verfaßt
ist und ebenfalls dem niederrhein. Gedichte folgt, ist die wormeläge mit
ganeu/m wiedergegeben, vergl. Bartsch 1. c. S. LXX und Diefenbach
8. V. ganea und gyneceum. Hiemach kann es kaum mehr zweifelhaft
sein, daß wurmläge keinen eingehegten Garten bedeutete, wo Schlangen
hausten oder gehalten wurden, sondern vielmehr ein saalartiges Gebäude
oder Gemach von besonderer Pracht, zur Bewirthung und Unterhaltung
fürstlicher Gäste bestimmt. Dazu stimmen femer die Stellen bei Ber-
thold von Holle, so im Demantin 1065 folg. dar was gemachet üf den
plan ein wormläge also getan daz ich spreche wol vor war, wSm zwe
tüsint frouwen dar, si mochten lichte hdn ersSn den strit di soüe dar
geschin-, V. 1110 Demanten — an di wormläge hen reit; V. 1119 di
hochgeldbte reit in di wormläge al zu hant-^ V. 1129 Firganant — eim
vorsten quam geRche an die wormläge uf de andir sü. Die aus dem
15. Jahrh. stammende Handschrift hat hier überall vormläge, woftlr
Bartsch wormläge in den Text gesetzt hat Mit Recht hat derselbe das
Wort auch im Crane wiederhergestellt, wo bisher nach der Handschrift
vorläge (bei Lexer HI, 473 wieder aufgefilhrt) zu lesen war, so in
V. 4194 und 4224. Wie ist nun aber das Wort zu erklären?
Indem ich hier eine Erklärung des Wortes versuche, schicke ich
zunächst folgende Stellen voraus, in denen Verwandtes angegeben
scheint. So in Diefenbachs Glossar 613* s. v. vermicuUire : om eyn dinck
tzo mahl geschakeert als eyn wormcJien kruypt ; s. v. vermiculaium : worm-
gemeide; s. v. vermiculattis : gemalt vel geferbt als wormlin, gewurmlet;
319** 8. V. laquearieen keper vd worminghe; Williram 11,6 in wurme
Ibis geblahmäldt = vermieulatus argento, vergl. J. Haupt HLied 23, 23;
Komel. Eil ed. Hasselt 819^ worminghcj wormene, laquear et culmen
domuSy foMigium, TtU alle dem halte man das französische vermeil sowie
vermicule. Hiemach wage ich zu vermuthen, daß die wurmeläge ein
Saal oder ein Gemach gewesen sei, in dem das Auge das sogenannte
opu^ vermiculatum oder musivum, die Musivmalerei bewunderte, die
150 F- BECH, BESSERUNGEN UND NACHWEISE.
nach dem Urtheile eines Kenners „in der Feme betrachtet , wie eine
Menge sich windender Würmer aussieht^*). Das Wort ist wohl nicht
ein Compositum von wurm and läge (von ligen), worauf Orimms obige
Erklärung hinausläuft, sondern scheint eher Verdeutschung eines ro-
manischen Ausdrucks zu sein, so daß man es als eine Ableitung von
f>ermeilf vermicuius^ mit der romanischen Ableitungssilbe -age zu nehmen
hätte. Man sehe hierftber Diez Ghramm. der Rom. Spr. 11^, 310 folg.,
wo die Ableitung -o^e auf lateinisch -atieum = -agium zurückgeführt
wird, wie vassdage auf vasmillaJticwn oder -^igium, ombrage auf umbra-
Heumf passage auf pasacigium^ rivage (cfir. Tristan 15925) auf rivaiicum.
In wiefern der Name Chunrat de Wtrmlaga oder der Wtrmäaha
hierher gehört^ muß ich Andern zu bestimmen überlassen; er findet
sich in einer Passauer Urkunde vom J. 1128 (Monumenta Boica 29. 2,
21. 62), vergL W. Orimm, Athis u. Froph. weitere Bruchstücke S. 15.
Ist die Form wtrmlaga oder wirmilaha identisch mit wurmläge, so wäre
dies nur ein Beweis mehr ftü* dessen Entstehung aus dem Romanischen.
Schließlich kann ich nicht umhin die Leser auch noch auf eine Stelle
in J. Rothes Chronik Cap. 635 aufinerksam zu machen ; dort heißt es,
nach dem Texte v. Liliencrons, zu dem Jahre 1317 : ein bUgk der slugk
zu Warpergk yn da» stoß unde vorbranie den mitteltorm cibin uß unde
varbrante das mußhuß, obin das dach unde das vorner mit den tischen
unde kostUehen gef essen bis uf den estrich unde varterbete vil schönes
gemeUs (hs. Dr. gemelczis) wundere u. s. w. Für vamer liest man in
der besseren Dresdener Handschr. womyr. Dies hat Frisch in sein
Wörterbuch 11, 457^ sowie I, 56*" angenommen und ftlr wannyr = 6a-
nier, vexiUum ausgegeben; ihm ist Oberlin gefolgt 11, 2058; jedenfalls
aber ist diese mit dem Zusammenhange obiger Stelle nicht stimmende
Auffassung eine verfehlte. Eher liegt ein Wort wie das mnl. war*
wdnghej wormene zu Ghrunde, das dem Begriffe einer wormeläge entsprach,
aber zu Rothes Zeit nicht mehr verstanden und darum in der Aus-
sprache verderbt wurde. In Cap. 620 der genannten Chronik heißt
dieselbe Localität das gemalte hueß ; an ihrer Stelle wird laut Cap. 636
später eine schSne hofedomzen errichtet.
Zerdenen (zerdennen).
bildete im Alemannischen ehemals auch ein Präteritum zertande ; vergl.
über die in jenem Dialekte beliebte Erweichung des f in d, wenn es
*) Sonst wird vermietdu», vemUUum durch mnguü draeonii, irachenbluat wieder-
gegeben, Tergl. D. Wörterb. 11, 1882; Lexer II, 1487; Komel. Kil ed. Hasaelt s. y.
MnmäUoen; bei Frauenl. Spr. 131, 7 bezeichnet traehenhluot geradem die rothe Farbe.
A. NAGELE, ZUB CHBONOLOGIE DEB SPBÜCHE WALTHEB8. 161
sich mit einer Liquida verbindet , Weinhold, Alem. Qramm. S. 143«
So verstehe ich die Überlieferung im Reinfrid 24953: des gewaU und
fnniu rieh sich vntenes zertande (: lande). Öfter findet man derartige
Formen bei Walther von Rheinau, so 175, 2^5 des ersten tanden A im
hin an kriuzes ort die linken hant; darnach tandens im ze hant die
rehten an daz ander ort; dahin gehört auch 95, 35 : Jesus — sinen kruog
dike hieng an des Hechten sunnen schin unde tande in mit im hin ge-
liehe recht alsam ein snuoTf wo ich die Änderung in rande mit im hin
für unnöthig halte; ferner in 111, 11 Jesus — dante als schone sin hävy
sam ez gemäl wSri dar^ wo gleichfalls ohne Noth dante in danne ver-
ändert ist. Neben dem Particip getenet 175, 11 findet sich die Form
getont 181, 51 : do si ir kint ze male sdch mit dien viiezen sin
getant an des frdnen hriuzes rant. Ebenso findet sich das Präteritum
im Liederb. der Clara Hätzlerin 8. 303^, 98, in einem Gedichte des
Mönchs von Salzburg: die Juden taiüen sein gewant, sein glider dant
(= dante) im manig sail.
ZEITZ, im Sommer 1S78. FEDOB BECH.
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS
VON DER VOGELWEIDE.
Die Ansicht, dass die beiden Sprüche des Reichstones L. 8,^ ff. ftT.
Pf. 81': Ich saz üf eime steine und L. 8, 28 ff. Pf. 81°: Ich hdrte ein
waazer diezen zum Wahlstreit vom Jahre 1198 gedichtet seien, ist eine
bei allen Waltherforschem feststehende. Allein ich glaube zeigen zu
können, daß gerade dieser Ansatz > von dem aus man alle andern
chronologischen Bestimmungen machte, ein irriger sei. Ich gehe, um
die erste Periode von Walthers Spruchdichtung chronologisch festzu-
stellen^ von jenem Spruche aus, dessen Abfassungszeit urkundlich nach-
gewiesen ist und daher mit unumstößlicher Gewißheit feststeht, näm-
lich von L. 19, 5 — 16 Pf. 100: Ez gienc^ eins tages als unser hSrre wart
gebom. Dieser Spruch ist zur Weihnachtszeit 1199 am Hofe Philipps
zu Magdeburg verfaßt und schildert den Kirchgang des Königs und
seiner Gemahlin Irene -Maria am Christtage dieses Jahres. Wenn sich
tlberhaupt die Ansicht vertreten läßt, daß Walther seine Töne mit
einem Weihespruch einleitete^ so hätten wir L. 19, ö ff. Pf. 100 als den
Weihegpruch jle8_er8ten Philippstones zu bezeichnen. Wie aick dsbs» V^
152 A. NAGELE
nun anch verhalien mag, das Eine steht fest, daß wir den erwähnten
Spruch als den unveränderlichen Punkt zu betrachten haben, von dem
alle Chronologie walther'scher Sprache auszugehen hat, da kein ein-
ziger der Sprüche Walthers, was die Zeit der Entstehung anlangt,
genauer bestimmt ist
Unter den übrigen Sprüchen des ^sten Philippstones kommt nun
zunächst L. 18, 29 ff. Pf. 97: Diu hrSne ist eUer danne der kOne^ Pki-
Uppes n in Betracht Die meisten Forscher beziehen diesen Sprach
auf das Krönungsfest zu Mainz am 8. September des Jahres 1198.
Simrock ist gegen diesen Ansatz und glaubt, daß er in dieselbe Zeit
wie Im 19^ 5 ff. Pf. 100, also auch in die Weihnachtszeit des Jahres
1199 gehöre. Er sagt in seiner Übersetzung S. 327 zu 19. 20: „Was
dazu verleiten konnte , den zweiten Spruch (L. 19^ 5 ff. Pf. 100) auf
Philipps Krönung zu Mainz am 8. September 1198 zu beziehen, ist
schwer zu begreifen.^
Uhland *) hat uns den Inhalt des Spruches L. 19, 5 ff. Pf. 100 in
einer Weise angegeben, die den congenialen Meister verräih. Es sind
dies die so oft citierten Worte S. 30: „In einem fEurbenhellen Gemälde,
den altdeutschen auf Gk>ldgrund ähnlich , zeigt er (Walther) uns den
Kirchgang des Königs mit seiner Gemahlin, der griechischen Irene, und
dem Gefolge der Thüringer und Sachsen/
Einen ganz andern Inhalt hat L. 18, 29 ff. Pf. 97. Der Dichter
weist in diesem Spruche auf die majestätische Gestalt des jungen
Königs hin, dem die alte Reichskrone so wol stehe, als hätte der
Schmied sie für ihn gearbeitet, von dessen Stime eine Hoheit strahle,
die mit dem Glanz des edlen Gesteines in der Ejrone wetteifere.
Berechtigt nun dieser Inhalt zu der Annahme, es sei der Spruch
am 8. September bei Gelegenheit der Krönung Philipps entstanden?
Gewiß nicht, denn von einer Krönungsfeierlichkeit ist fjf^
auch nicht eine Spur in dem Spruche zu entdecken.
Zum mindesten mit derselben, wenn nicht mit größerer Berech-
tigung, kann der Spruch auf Weihnachten 1199 bezogen werden, denn
in L. 19, 5 ff. Pf. 100 wendet der Dichter seinen Gesang nicht aus-
schließlich Philipp zu, sondern neben Philipp feiert er in begeisterter
Weise de«sen Gemahlin als die rds' äne dorfiy ein tübe sunder galten^
mit Attributen also, die die mittelalterlichen Sänger sonst nur der nj^^g*
fraulichen EUmmelskönigin^ beizulegen pflegen.
*) Walther v. d. Y. Stattgart tmd Tübingen 1822.
ZUR CHBONOLOOIE DER SPRÜCHE WALTHERS Y. D. VOOELWEmE. 153
Bei Erwägung dieses Umstandes wibre es nur zu leicht erklftrlioh,
daß der heimatlose Sänger, der am Hofe Philipps Aufiiahmeheischtei^
noch in einem eigenen Spruch sich ausschließlich der Person des iHönigs
zugewendet hat
Dann ist L. 18, 29 ff. Pf. 97 nicht als ^eine matte und tlberfltissige
Wiederholung^, wie Menzel S. 140 meint, sondern als ein sehr schöner
Pendant zu L. 19^ 5 ff. Pf. 100 anzusehen.
Allein ich bin durchaus nicht gewillt der Hypothese ,,der meisten
Forscher^, die den Spruch auf 1198 beziehen, mit der Simrock'schen
den gleichen Rang einzuräumen, sondern ich finde da einen bedeuten-
den Unterschied, indem der Ansatz Simrock's eine feste, histori-
sche Basis hat, während der gegnerische Ansatz auf der ganz
unerwiesenen Behauptung fiißt, dass Walther thatsächlich beim
Krönungsfeste am 8. September 1198 anwesend war.
In Etlrze will ich nun auf die Gründe hinweisen, die entschieden
dieser Annahme widersprechen. Es sind folgende:
1. Der Charakter Walthers, dessen Bild uns des Dichters Lieder
und Sprüche in scharfen Umrissen zeichnen, widerstreitet völlig der
Annahme, daß er nicht abgewartet haben sollte^ bis die sterblichen
Überreste des von ihm so innig betrauerten Fürsten, Friedrich des
Katholischen, auf heimischem Boden angelangt und in der Vätergruft
zu Heiligenkreuz beigesetzt waren, was erst im October 1198 erfolgte.
2. Bezeugen viele Stellen in Walthers Dichtungen, wie wert ihm
der toünnectiche hof ze Wiene war, wo er „singen und sagen^ gelernt,
wo er in glücklichen Tagen sangesfreudig Lenz und Liebe verherrlicht,
an dem neuerdings eine gastliche Stätte zu finden er in späterer Zeit
so gewaltige Anstrengungen gemacht. Sollte nun Walther 1198 so
leichten Kaufs diesen Hof verlassen haben? Ist es nicht viel wahr-
scheinlicher, daß er erst nach mancherlei erfolglosen Schritten, die
er, um Leopolds Ghinst zu gewinnen, gethan, schweren Herzens nach M^
dem Wanderstab griff?
3. Berichtet ans die Zeitgeschichte, dass im Sommer des Jahres
1198 in Folge der erst vor Kurzem erfolgten Erhebung Otto's von Poi-
tou^zum Gegenkönige die Zustände in Deutschland noch sehr diaoti-
scher Natur waren, so daß es nicht recht einleuchten will, daß Waltfaer
in dieser sturmbewegten Zeit an Philipps Hofe Au&ahme zu finden er-
warten konnte.
Ganz anders geartet zeigen sich die Dinge in Deutschland in dem
darauf folgenden Jahre, in welchem Otto seine bedeutendste Stütze,
^
154 A. NA6£LE
nämlich König Richard von EInglandt dcBsen Tod am 6. April 1199
erfolgte, eingebüßt hatte und Philipps Macht in entschiedenem Steigen
begriffen war.
4« Hoffe ich den Nachweis erbringen zu können, dass sämmtliche
Sprüche des Wiener-Haftens noch vor Walthers Abschied vom Wiener
Hof anzusetzen sind/^uncTda nun schon der älteste derselben erst gegen
Ende August abgefasst sein kann, so ist die Anwesenheit Walthers beim
Krönungsfeste am 8« September 1198 absolut ausgeschlossen.
Demnach hat Walther erst 1199 den Wiener Hof verlassen, um 1 ;n
sein Glück beim jungen Stauferkönig Philipp zu versuchen. ^
Ich wende mich nun zu L. 20; 4^15 Pf. 99 nämlich zum Spruche
über den Thüringer Hof: Der in den 8ren Hech van ungesükte «t.
Die Zeit, in die dieser Spruch fallen soll, wird von den Forschem
sehr verschieden angegeben. Während ihn Lachmann und Simrock in
die Zeit versetzen^ in der Hermann von Thtlringen sich zum zweiten
Mal Philipp unterwarf, mithin nach dem 17. September 1204, und ihn
als einen vorübergehenden Besuch auffassen, beziehen ihn Uhland, von
der Hagen, Wackemagel, Kurz in seiner Literaturgeschichte und Kara-
Jan *) auf eine spätere Zeit und betrachten ihn als Ergebnis längerer
Erfahrungen Walthers am Thüringer Hof*^). Allein die Gründe, die
ftar den ersten der beiden Ansätze beigebracht werden können, sprechen
in gleicher Weise auch ftbr die Einreihung des Spruches zu 1199—1203,
nur dass für die letztere Annahme noch einige gewichtige Gründe dazu
kommen; der zweite Ansatz wird aber durch den Inhalt der Strophe
vollständig ausgeschlossen. Abweichend von diesen beiden Ansichten
glaubt Rieger***) p. 9 ff., dass Waliher in der Zeit zwischen seinem
Abschied vom Wiener Hofe und seiner Annahme bei Philipp einen
Versuch gemacht habe, auf der Wartbui^ anzukommen. Erst als er
des Dringens müde war, habe er Philipp aufgesucht, „dem er viel-
leicht von Anfang zu wenig Liebe zur Dichtung zugetraut
hatte, und erreichte zu Mainz das Ziel seiner Wünsche.^
An Philipps Hofe, meint Rieger^ wo nach seiner Ansicht der Spruch
vorgetragen wurde, war es natürlich ein dankbares Geschäft,
den aufOtto's Seite stehenden Landgrafen zur Zielscheibe
des Humors zu machen. Und da dürfe es auch nicht irren, daß
*) Ober zwei Gedichte Walthen y. d. V. Wien 1861.
*^) GeoAae Angabe der Ldterator sa diesem Sprache bei Meniel a. a. O. 136 ff.
**•) Das Leben Walthers y. d. V. Giessen 1863.
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS V. D. VOGELWEIDE. 155
der Dichter sagt um ich niht me dringen mac und nicht mohte:
denn er erklärt damit^ daß ihm nicht nur damals, sondern
auf die Dauer die Lust dort zu dringen vergangen sei.
Mit weitem Worten die gänzliche Unhaltbarkeit dieser drei selt-
samen Behauptungen^ von denen die zweite sogar geeignet wäre, Wal-
fliers Charakterbild zu verunstalten^ nachzuweisen, erachte ich fdr voU-j
ständig tlberfltlssig.
Die Unrichtigkeit des ganzen chronologischen Ansatzes wird sich
übrigens aus den später folgenden AusftLhrungen über die Chronologie
der Sprüche des Wiener Hoftones ergeben.
Eine Variante zu Rieger gibt Menzel S. 137, der in dem Spruche
unter^anderm „einen stark gewürzten Bericht an den König über das
Verhalten eines seiner wichtigsten Anhänger^ sieht.
Allein gegen die ganze Auffassung Menzels spricht , abgesehen
von der innem unhaltbarkeit seiner Begründung, erstens der Umstand,
daß Walther zuerst unter den Minnesängern mit besonderm Nach-
druck die miüe als herrlichste Fürstentugend stets gerühmt hat und
zu deren i'flege die Fürsten fort und fort au£fordert, so daß es fast
undenkbar erscheint , daß er diesmal seinen Grundsätzen untreu ge-
worden sein und dem Landgrafen einen Vorwurf eben seiner Freigebig-
keit wegen gemacht haben soll.
Zweitens spricht der klare und einfache Wortlaut des Spruches
selbst deutlich genug gegen die gezwungene Erklärung Menzels; da-
nach gibt uns derselbe „eine sehr anschauliche Schilderung vom Hof-
halte^ in Eisenach, dessen Gedränge dem Dichter zwar nicht behagtCi
was ihn jedoch nicht beirrte, dem Landgrafen Hermann seiner Milde
wegen das vollste Lob zu spenden *),
Als feststehend in Bezug auf diesen Spruch erachte ich Folgen-
des: 1. Er ist verfaßt naeh dem Weihnachtsfeste 1199 und vor dem
Frtihling 1203, wo der Abfall Hermann8_von Philipp erfolgte. Darauf
weist mit Bestimmtheit „der Ton^ hin.
2. Er bezeugt uns einen vorübergehenden Besuch des Dichters
am Eisenacher Hof und zwar, nachdem er bereits zu Philipp in ein^
dienatlicbep Verhältnis ♦♦) getreten und die Noth von der er L. 1&. &9 ff.
Pf. 98: Dd Friderieh Hz Osterrich aisd gewarp spricht, gehoben war.
*) Vgl Uhland : Walther y. d. V. Stattgart und Tabingen 1822 p. 40.
**) ^fi>l* Bieger 1. c. p. 24: ^Solche DieostverhUtnisse schlössen den gelegent-
lichen Besuch befireundeter Höfe nicht ans.''
156 A. NAGELE
Denn nur so läßt es sich leicht erklfiren, daß der firüher heimatlose
Sftnger nicht mehr „drm^^ mochte , weil er eben keine Nöthigang
:, dazu hatte , indem ftr ihn bereits gesorgt war.
Und an diesen Hof verlege ich auch den letzten Sprach dieses
7A^ Tones L. 19, 17 ff. Pf. 101 : PkOippes kOnec die nähe sp^enden zOient
dich, denn iM^n^^Hsgmsam war^ der^ Bestechong in sehr hohem
GrAdt^ zng^jigljclij war geradezu unersättlich und pflegte stets jenem
Könige sich zuzuwenden, von dem er augenblicklich größere Vor-
iheile erwartete. Aus diesem Grunde glaube ich den Spruch als eine x
Mahnung an PhUipp auffassen zu soUen, durch Freigebigkeit den Land- 1
grafen und dessen stolze Helden inniger an sich und sein Interesse zu
fesseln. '
Zu Eisenach sah Walther in deutlichster Weise, welche Früchte
die Milde dem, der sie übt, bringe, denn Hermann hielt durch seine
Freigebigkeit ganze Scharen stolzer hdden^ der iegesUeher wcl ein
hempfe toaere, in seiner Nähe fest.
Als wahrscheinlich dürfte sich noch weiter unten herausstellen,
dass die Sprüche „des ersten Philipps-Tones^ nicht über
den Sommer des Jahres 1200 hinausreichen.
Aus den vorausg^angenen Untersuchungen ergibt sich für die
chronologische Anreihung dieser Sprüche folgendes Schema: L. 19, 5 ff.;
18, 29 ff.; 19, 29 ff; 20, 4 ff.; 19, 17 ff. Pf.: 100, 97, 98, 99, 101. Doch
kann L. 10, 17 ff. Pf. 101 natürlich auch vor L. 20, 4 ff. Pf. 99 gesetzt
werden.
Das^JjJir 120Q war ftU* PhUipp^kein ^ücWdb^ Der Tod seines
Bruders Otto, des Pfalzgrafen von Bnrgund, der verlustvolle Angriff
auf Braunschweig, die Vereitlung der EViedensnnterhandlungen durch
den Tod des einflussreichen Mainzer Erzbischofs Eonrad, der Abfall
der Bisthümer Lflttich und Münster, die immer feindseliger sich gestal-
tende Haltung des Papstes mochten bei Philipp und seinen Getreuen
gar schwere Sorgen um die künftige Lage der Dinge in Deutschland
erregen. Die Zustände des Jahres 1200 waren für Philipp viel be«
denklicher als die des Jahres 1198, wo er mit frischer Kraft und
frohen Muthes den Kampf um Deutschlands Krone begonnen hatte.
Sie waren auch viel trauriger f)ir das Land selbst, denn bereits
durch drei Jahre hatte der verheerende Bürgerkrieg ringsum in seinen
Gauen gewüthet und die Gestaltung der Verhältnisse in der zweiten
Qälfte des Jahres 1200 ließ nicht absehen, wann diese unseligen Zu-
stände ihr Ende nehmen sollten.
/
ZOB CHBONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS V. D. VOGELWEIDE. 157
In diese trttbe Zeit setze ich Walthers berühmten Sprach Ich
9az üf eime steine, aus dem uns so wehmüthig und eindringlich, ^eich
den Worten des alttestamentUchen Sehers, seine Ellage entgegentönt
um des Vaterlands Verfall.
Ich komme somit zur chronologischen Anreihung der Sprüche des
^Reichstones"^ welche Bezeichnung wir dem glücklichen Griffe eines
genialen Forschers verdanken. Dahin gehören: L. 8, 4 — 27; 8,28 — 9,
15; 9, 16— 39; Pf. 8r, 81° 81™.
Alle drei Sprüche sind von hoher dichterischer Schönheit, zeugen
von großem politischen Scharfblick und setzen voraus, daß der Dichter ^
selbst mitten in -den Verhältnissen , die er schildert, sich befand. ^
Wie läßt sich nun mit dieser unbestreitbaren Thatsache verein!-
gen, daß Walther zwei dieser Sprüche im Frühjahr 1198 und an den
östlichen Marken des Reiches, am entlegenen Wiener Hof verfaßt
haben soll? Wie Pallas Athene gewappnet aus Ejx>nion8 Haupt her- /
voi^engy so müßte Walther urplötzlich als vollendeter politischer
Dichter y als der^r in den drei Sprücltfiia . unbezweife)t ^erscheint, da-
gestanden sein; mit einem einzigen Schritte wäre er demnach ans dem ^
engen Kreise des Minnesangs auf die Weltbühne hinausgetreten. '
Wenn die ernste, kritische Forschung sich mit einem Dens ex
machina verträgt, dann und nur dann ist die Ansicht haltbar, daß die
Sprüche des Reichstons in den Frühling 1198 zu verlegen sind.
Ich denke mir aber den Gang der Dinge in folgender Weise.
Walther harrte mit Sehnsucht der Rückkehr seines ftlrstlichen Oönners, {
Friedrichs des Katholischen, wodurch sein Aufenthalt am Wiener Hof
gesichert gewesen wäre. Da kam im Mai 1198 die erschütternde Nach- /
rieht von seinem Tode, die alle Pläne Walthers durchkreuzte. Noch
machte er Anstrengungen , Leopoldsjdes Glorreichen Ghmst zu erwer- /^ .
ben, aber bald überzeugte er sich von deren Erfolglosigkeit, was ihn
veranlaßte, nach einem andern Heim auszublicken, und da fiel sein
Auge auf König Philipp, den Sohn Barbarossa's, den Bruder Hein-
rich VI., unter denen er das^aiserthum in^einem höchsten. Glänze
geschaut Und da entstand WalÄers erster politischer Spruch ,L. 25, >*• *'
11 ff. Pf. 85, wodurch er sich Philipp zu empfehlen hoffen durfte. Der
letzte Versuch^ am Wiener Hofe verbleiben zu dürfen, scheiterte —
Walther zog an den Hof Philipps, wo wir ihn Weihnachten 1199 finden.
Doch von diesen allgemeinen Bemerkungen will ich nun auf die chro-
nologische Bestimmung der einzelnen Sprüche dieses Tones übergehen
und hoffe auch da manche Gründe beibringen zu können, welche ge-
gen die Einbeziehung derselben in das Jahr 1198 sprechen«
158 A. NAGELE
Von den drei bezeichneten Sprüchen gibt L. 9, 16 ff. Pf. 81'" die
meisten Anhaltspunkte ftlr eine chronologische Fixierung und wol aus
dem Gh*unde hat er auch die verschiedensten Ansätze erfahren*).
Unter allen diesen hat heute der von Abel **) aufgestellte ziemlich
allgemeine Qeltung. Danach gehört L. 9, 16 ff. Pf. 81™ in das Jahr V .
1201, als Innozenz IH. den Bannfluch gegen Philipp und dessen An-
hänger geschleudert hatte.
Es liegt nun die Annahme ganz nahe, daß auch die beiden an-
/n. dem Sprüche des Reichstones, die L. 9, 16 ff. Pf. 81™ formell und in-
haltlich so innig verwandt sind, in eine Zeit gehören, welche
dem Jahre 1201 möglichst nahe gerückt erscheint. Was nun
die Chronologie des Spruches L. 8, 4 ff. Pf. 81' betrifft , so mangelt es
da vollständig an Anhaltspunkten irgend welcher Art, auf Grund deren
man ihn in ein bestimmtes Jahr verweisen könnte. Nur das Eine
steht fest, daß er den Zeiten des Bürgerkrieges, der Deutschland zu
Ende des 12. und zu Beginn des 13. Jahrh. zerriss, angehört und da
eher auf die Verhältnisse des Jahres 1200 als auf die von 1197—98
paßt, indem die Zustände, wie sie der Dichter schildert, 1197 — 98 erst
in der Entwicklung begriffen waren.
Der zweite Spruch L. g, 28 -- 9, 15 Pf. 81° hebt die Ohnmacht
des deutschen Königthums drastisch hervor und endigt mit der Klage :
ad wd dir, tioachiD znnge,
wie 8t6t din ordenonge!
das nü diu iniigge ir künec h&t,
und daz din 6re alsd sergät. y
bekdr& dich, bekdre.
die eirkd sint m kSre^
die armen kUneffe dringent dich:
FhiUppe Htxe en wti$en ^, %md heüt n treten hinder sich,
L. 9, 5—16; Pf. 81 °, 17—24.
Wir haben in diesem Citate drei Theile zu unterscheiden.
L. 9, 8—11 Pf. 81° 17—20 schildert die Zerfahrenheit der staat-
lichen Verhältnisse Deutschlands. L. 9, 12, Pf. 81° 21 enthält die Mah-
nung des Dichters zur Besserung dieser Verhältnisse und endlich L. 9,
13 — 15 Pf. 81°, 22 — 24 weist auf deren Ursache und auf das Mittel zur
Besserung hin.
Das Hauptgewicht liegt jedenfalls in den drei letzten Versen
L. 9, 13—15 Pf. 81°, 22—24. Der Inhalt dieser Verse ist folgender:
*) Bei Menzel a. a. O. 121 findet man dieselben ausführlich veraeichnet und
besprochen.
^) Haupts Zeitschr. IX, 138 C
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS V. D. VOGELWEIDE. 159
Die Fürsten sind zu mächtig, dadurch hat Deutschland zaUreiche
Königlein {arme künege) aber keinen König*). Daher die Mahnung
an jenen , der den Namen eines deutschen Königs führt , an Philipp
nämlich , zum Namen auch die Macht und das Ansehen eines Königs
zu gesellen und die Fürsten in den ihnen gebührenden Machtkreis zu-
rückzuweisen. Die Ansicht, es enthalte dieser Spruch eine Mahnung
an Philipp, die Wahl anzunehmen oder sich krönen zu lassen^ läßt
sich dem Wortlaute desselben nicht entnehmen, abgesehen davon,
daß durch eine solche Erklärung der Gehalt des Spruches wesent-
lich verringert würde.
Der Inhalt des Spruches kehrt sich mit aller Bestimmttieit gegen
die Annahme, daß er im Frühjahr 1198 und am Wiener Hofe gedichtet
ist. Er setzt eine klare und eingehende Kenntnis der politischen Zu-/
stände Deutschlands von Seite des Dichters voraus, die derselbe am
besten an Philipps Hofe sich aneignen konnte. Und weiterhin setzt . ^
der Spruch^ine längere J)auer_von Philipps Könjgthum voraus, denn «^»^
im Frühjahre 1198 war Philipp erst gewählt und mußte zunächst daran (^^^
denken, sich allenttialben Anerkennung zu verschaffen und gegen Otto ^-^
sich zu behaupten. In dieser Zeit wäre ein Rath an Philipp, die Fürsten-
macht zu Gunsten der des Königs einzuschränken, wohl ganz fem
gelegen.
Auf Grund dieser Erörterungen kann demnach der Spruch L. 8,
28 ff. Pf. 81" unmöglich in's Frühjahr 1198 verlegt werden; in welche
Zeit er aber gehört, läßt sich nicht genau ermitteln. Nur mit Bezie-
hung auf L. 9j 16 ff. Pf 81™, der nach Abels Ausführung in den Som-
mer 1201 zu setzen ist**), können wir fto ihn 1200 — 1201 als höchst
/
*) Für diese Anffassiing spricht auch L. 9, 7 Pf. 81", 16: «t M<Mn< htrrtn
Cifide kneht.
**) Für die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme spricht namentlich L. 9, 20 nnd
21 Pf. 81™, 5—6, deren Inhalt auf die Zeit 1198— ISOl weist, wo der Papst noch eine
zweideutige Stellung zum deutschen Thronstreit einhielt ; femer L. 9, 80—31 Pf. 81'",
15^16 durch den Hinweis auf die Bannung Philipps; weiter L. 9, 34 Pf. 81™, 19
verglichen mit der Erzählung des Caesarius von Heisterbach zum Jahre 1800, womaeh
Lupoid Bischof von Worms „tum pateeret eeeleHis, tum eoemeteriW^. Auf das Jahr
1198 kann der Spruch nicht gedeutet werden, weil damals die Zustftnde noch nidit
so waren, wie sie vom Dichter dargestellt werden, und weil dem Bannfluche nach der
Schilderung Walthers eine Zeit erbitterten Kampfes vorausgieng, was auch den Hin-
weis auf den eventuellen frühem Bann durch die Verse L. 9, 30, 31 Pfl 81™, 16—16
ausscbließt. Gegen die Annahme einer späteren Zeit aber, wie Wilmanns will, scheint • (i^J
ausser dem Inhalt, der sich auf eine spätere Zeit nur schwer beziehen läßt, auch der v* ^^^
Schlußvers der Strophe: ow^ der bäbeat iH tte jutie zu sprechen.
160 A. NAGELE
wahrscheinlich annehmen« Und wenn wir L. 8, 4 ff. Pf. 81' als den
ftltesten der drei Sprüche , wie dies gewöhnlich geschieht , betrachten,
so durfte sich als Abfiissnngszeit dieser Sprttche Sommer 1200 bis
Sommer 1201 ergeben.
Allein ich will diesem Ansätze durchaus nicht mehr als den Rang
einer Vermuihung zaerkennen, die ich vorläufig aufrecht erhalte, da
sie mir einiger Gh*undlage nicht zu entbehren scheint. Als gesichert
betrachte ich nur, 4^^ kejper dey Sprqf*he ^d^g Reichstones" ins Jahr
llflR yjii\ ^nf H^p ^iftTiPir-AnfATj^tuftl^ Walthcrs bezogen werden kann.
Ich wende mich nun zur Chronologie der Sprüche des ,, Wiener
Hoftones.** Ein Cyclus von 15 Sprtlchen'^ gehört diesem Tone an,
wovon 8 ihres allgemeinen, meist ethischen Inhalts wegen sich einer
chronologischen Fixierung naturgemäß entziehen. Von den 7 übrigen
Sprüchen beziehen sich 3 auf Angelegenheiten des Wiener Hofes, 2
auf bestimmte Zeiterscheinungen, einer auf eine Königswahl und der
letzte endlich ist ein „Beisesegen".
Die auf den Wiener Hof bezüglichen Sprüche sind L. 20, 31 ff. ;
25, 26 ff; 24, 83 ff Pf. 82, 83, 86.
Bereits Sjmrock hat in scharfiiinniger Weise auf das Abhängig-
keitsverhältnis, in welchem L. 24, 33 ff. Pf. 86 zu L. 25, 26 ff. Pf. 83
steht, hingewiesen.
Bei L. 25y 32 ff Pf. 83, 7 heiflt es nämlich:
Man gap da nikt M dxisee pfmideD,
WIM! lüber, als ts waere fonden,
Ipsp man bin und ilehe wftt
ore, ab ob es lember waeren,
tU maneger dan gefaeret hftt.
Damit ist nun zu ver^eichen L. 25, 7 — 8 Pf. 86, 12 — 13 :
golt| lilber, res und dar zuo kleider
diu gab ieh onde hSte oaeh md,
woraus sieh, wie Simroek bemerkt^ „eine fast wörtliche Beziehung^
zu dar oben citi^iten Stelle ergibt Dadurch ist in ganz unzweideu-
tiger Weise dargethan, daß L. 24^ 32 ff., Pf. 86 in eine spätere Zeit
fallen muß als L. 25, 26 ff Pf. 83. Ich kann daher L. 24, 33 ff. Pf. 86
vorläufig außer Acht lassen und gehe nun daran die Zeit festzustellen,
in der L. 20, 31 ff. Pf. 82 und L. 25, 26 ff Pf. 83 entstanden sind.
") Wenn man L. 148 sa 26, 2 PC 89 ebcofiJls Wahher svtehreibeii will.
ZUR CHH0N0L06IE DER SPRÜCHE WALTHERS V. D. VOGELWEIDE. 161
WeDn wir diese beiden Sprüche vergleichen, so finden wir, daß
Walther' in dem einen L. 25, 26 ff. Pf. 83 die übergroße Milde des
österreichischen Fürsten jubelnd preist und zwar so , daß daraus mit
voller Klarheit sich ergibt, daß Walther selbst unter denjenigen war,
die des Fürsten reichliche Gaben genossen. Das bezeugen aufs be-
stimmteste des Sängers eigene Worte:
Ob ieman spreche, der nü lebe
daz er gesshe ie groezer gebe
als wir ze Wiene haben dur dre enpfangen?
ezngalt d& nieman siner alten schulde:
daz was ein minneclicher r&t.
Zwar preist auch L. 20, 31 ff. Pf. 82 des ßirsten miUe üz Osterriche^
allein, wie wir leicht sehen werden, in wesentlich verschiedener Weise.
Die Ansicht Simrocks, es beziehe sich dieser Spruch auf Fried- ^
rieh den Katholischen, ist wohl längst aufgegeben. Das innige Ver-
hältnis Walthers zu Friedrich, dessen Tod er L. 19, 29 ff. Pf. 98 so tief
betrauerte^ läßt diese Annahme als geradezu unmöglich erscheinen.
Unzweifelhaft ist er an Leopold VII. den^Glorreichen gerichtet und /^i
zwar zu einer Zeit, da dieser bereits Herzog von Osterreich war.
Am 17. August 1198 stellte nach Meiller Reg. Nr. 5, p. 81 Leopold
die erste Urkunde als dux Austriae et Stiriae aus. Daher müßte
dieser Spruch wohl erst nach dieser Zeit entstanden sein, da man
allgemein annimmt, daß Leopold, als er zu Plattling an der Straße \
zwischen Passau und Regensburg die erwähnte Urkunde ausstellte, auf :
der Rückreise vom Hofe König Philipps, wo er belehnt worden war,
sich befand. ;
In sinnreicher Weise haben mehrere Forscher diesen Spruch als
den letzten Versuch Walthers aufgefaßt, des Herzogs Leopold Ghinst
zu gewinnen und an dem wünnecUchen hof ze Wiene einen bleibenden
Aufenthalt zu finden.
Dass des Dichters Wunsch wirklich dahin abzielte, erhellt aus
L. 18^5 ff. Pf. 98, wo Walther an die Schilderung der Trauer, in die
ihn Friedrichs so ganz unerwarteter Tod versetzt hatte, die aus freu-
dig erregtem Gemüthe quellenden Worte anschließt :
ich bin wol ze fiure komen u. s. w.
Und daraus erfahren wir auch zugleich, daß auch dieser letzte Ver-
such des Dichters gescheitert sein muß, worauf er wohl zum Wander-
stab griff, um bei König Philipp sein Glück zu versuchen, dem Für-
sten, der dem Geschlechte der Staufer entsprosaeiL ^%^T^
(GERMANIA. Nene Belli«. XU. (XllV. Jahrg.) W
162 A. NAGELE
das nicht nur die Sangeskunst begünstigte und förderte,
sondern sie auch selbst übte.
Eine genauere Bestimmung dieser Zeit wird sich noch später
ergeben.
Ich komme nunmehr zum Spruche L, 25, 26 ff. Pf. 83. Für die '^ *
Feststellung der Chronologie dieses Spruches ist vor allem der Vers
L. 25, 29 Pf. 83, 4: man sack den jungen filrsten gehen vom größten
Belange. Der Ausdruck junget' förste schließt ganz bestimmt aus, daß
der Spruch während des zweiten Aufenthaltes zu Wien 1217 — 1220
entstanden sein kann, denn damals bekleidete Leopold „der Glorreiche^
bereits 19 — 22 Jahre die österreichische Herzogswürde.
Man hat daher diesen Spruch auf das Fest der Schwertleite 1200
oder auf das Hochzeitsfest aus Anlaß der Vermählung Leopolds mit
Theodora-Komnena, der Nichte des griechischen Kaisers Alexius, vom
Jahre 1203 bezogen.
Eben wegen des Ausdruckes junger fürste neigten
die meisten Forscher sich der erstem Ansicht zu. Damit
aber diese Vermuthung auf irgend eine Geltung Anspruch erheben
könnte, nittßte vorerst jiachgewiesen werden, daß Walther im Jahre
120Q_ÄUchj?^iijyick-iE_Wie^ anwesend war. Der Nachweis filr diese
< Anwesenheit Walthers ist nun aber von keiner Seite erbracht worden.
Ich werde im Laufe der Untersuchung darthun, daß die Gegen-
wart Walthers am Wiener Hofe für die angegebene Zeit, wenn nicht
vollständig ausgeschlossen, so doch im höchsten Grade unwahrschein*
lieh ist.
Aber auch auf die Festlichkeit des Jahres 1203 kann dieser Spruch
nur schwer bezogen werden; denn im Jahre 1203 war Leopold mehr
als 5 Jahre Herzog von Osterreich, also kaum mehr als ein
junger Fürst zu bezeichnen.
Man wird daher sicher jenem Ansätze den Vorzug vor allen an-
dern einräumen, der den Spruch mit annehmbaren Gründen in eine
frühere Zeit zu weisen vermag. Und ein solcher Ansatz ist unschwer
zu geben.
Unter dem Feste, das uns der Dichter als ein so überaus glän-
I zendes darstellt , haben wir wohl die Huldigungsfeierlichkeiten nach
j der Rückkchr_Leopolds von seiner Belehnung im Herbste 1198 zu ver-
j stehen. Auf diese Zeit paßt, wie auf gar keine andere, der Ausdruck
1 junger Fürst".
Als einen der Gründe, die es wahrscheinlich machen sollen, daß
sich der Spruch auf das Hochzeitsfest des November 1203 beziehe,
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS V. D. VOGELWEIDE. 163
fuhrt Wackemell a. a. O. S. 82 folgendes an: »Der Dichter zählt
sich selbst zu den gemden und zwischen gemdm und variiden ist
kein Unterschied (vgl. Rieger p. 10); er hatte somit damals
keinen ständigen Aufenthalt in Wien und das Gedicht muß
sich auf Leopold beziehen^ da er unter Friedrich Wien nie ftlr längere
Zeit verlassen hatte^.
Allein diese Ausführung trifft nicht durchweg das Richtige; denn
bei L. 25, 28 Pf. 83, 3 sagt der Dichter:
als wir ze Wiene haben dur dre enpfangen
und bei L. 25, 35 Pf. 83, 10 heißt es :
euch hiez der fiirste durch der geraden hulde
die malhen von den stellen laeren.
Offenbar ist hier ein Gegensatz zwischen den gemden d. i.
vaimden und den übrigen, die ebenfalls betheilt wurden, aber eben
keine vamde waren, ausgedrückt.
Allein der Ansatz des Spruches zum Jahre 1203 erhielt nur da-
durch eine größere Bedeutung, daß Zingerle*) die Stelle in den Reise-
rechnungen Wolfger's von Ellenbrechtskirchen : „Sequenti die apvi Zeize-
[mumm] Walthero cantori de Vogelweide pro peUicio v, soL longoa** auf das
Jahr 1203 beziehen zu sollen glaubte.
Nun hat aber Winkelmann **) wahrscheinlich gemacht, daß die
erwähnte Stelle besser in's Jahr 1199 paßt, wodurch der Abschied
Walthers vom Wiener Hofe fast auf den Tag bestimmt wäre. Wenn
Walther um Martini 1199 Wien verließ^ so kam er immer noch früh
genug, um an Philipps Hofe das Weihnachtsfest zu Magdeburg zu feiern.
Ich betrachte nun L. 25, 26 ff. Pf. 83 als den ältesten Spruch
des Wiener Hoftones, den der Dichter dem jungen nach Wien zurück-
kehrenden Fürsten, Leopold dem Glorreichen, zu Ehren erfunden hat.
Wackernagel und Rieger setzen zwar p. 11 den Spruch L. 22,
3 — 17 Pf. 87 als ersten Spruch des Wiener Tones und M. Rieger a. a.
O. p. 7 erklärt ihn als den religiösen Weihespruch des ganzen Tones;
allein sie selbst deuten durch ihre Anordnung W. u. R. p. 11 — 14 an,
daß dieser Spruch mit Lachmann 20, 16—30 Pf. 90 und L. 22, 18—32
Pf. 91 zusammengehört ***). Alle drei gehören aber doch wohl eher der
*) Germania 21, 193 ff. Die Ausgabe der „Beiserechnongen** selbst stand mir
leider nicht zur Verfügung.
*♦) Germania 23, 236 ff.
*»*) Den dritten, den sie daher beziehen L. 148 an 26, 2 Pf. 89 gedenke lob
anders einzureihen.
i 1
164 A. NAGELE
Zeit an, wo das Leben am Wiener Hofe in Folge weiter unten zu er-
örternder Ereignisse einen mehr düstern Charakter erhielt und sind
demnach Ergüsse der trüben Gemüthsstimmung des Dichters, der vom
Treiben der Welt sich abwandto und mehr in sich gekehrt verharrte.
Ich komme nun zu L. 24, 31 ff. Pf. 86. Rieger a. a. 0. p. 28 be-
merkt zum Ansätze Lachmanns, Wackernagels und Simrocks, die ihn
auf 1198 auf die Trauer nach Herzogs Friedrichs Tode beziehen, mit
Recht: „Er (Walther) klagt nur über die Entbehrung eines lustigen
Lebens und würde bei einem solchen Anlasse ebenso wenig persönliches
Gefühl für den Hingeschiedenen, als allgemeines Schicklichkeitsgefühl
verrathen".
Allein der Verlegung des Spruches auf das Jahr 1217, wie sie
von Rieger a. a. O. befürwortet wird^ kann ich nicht beipflichten « in-
dem ich ihn auf die zerrütteten Verhältnisse dos Wiener Hofes beziehe,
die das Resultat des Grenzkrieges zwischen Osterreich und Ungarn
1198 auf 1199 waren. Um diese Zeit hatte sich Leopold des zu ihm
geflüchteten ehrgeizigen Andreas^ des jungem Sohnes Bela's, gegen
den schwachen Emerich angenommen, und bald brachen alle Greuel
des ungarischen Bürgerkrieges auch auf das österreichische Grenzge-
biet herein. Daß da das Leben am Wiener Hofe ein sehr trauriges
war, können wir leicht ermessen und so wird uns des Dichters Klage
verständlich, ohne daß wir genöthigt sind, dieselbe als eine unedle
oder unschickliche zu bezeichnen.
Danach ist dieser Spruch auch in die Zeit nach der Abfassung
der Strophe L. 25, 26 — 26, 2 Pf. 83 gerückt — also auch in dieser
Hinsicht kein Hindernis. Und gewiß ist auch die offenbare Beziehung
der Strophe L. 25, 7-8 Pf. 86, 12-13 zu L. 25, 32—38 Pf. 83, 7-13
viel leichter zu erklären, wenn beide Sprüche ziemlich nahe aneinan-
der gereiht werden i als wenn man eine Zwischenzeit von 14 — 19 Jahren
annimmt. Weiter ist es sehr mißlich, sich der Ansicht anzuschließen,
daß Walther nach einer so lani^en Zeit noch den alten Wiener Hofton
angewendet hätte. Ich glaube diese Ansicht läßt sich schwer
mit der hohen Meinung über Walthors Kunst vereinen.
Ich gehe nun auf die beiden Sprüche L. 21^25 — 22, 12 Pf. 84?^ :
und L. 148 zu 26, 2 Pf. 89 über, welche, wie bereits erwähnt, auf be-
stimmte Zeitereignisse hinweisen.
W. Wackemagel (Simrock's Übersetzung) II, 109 bezogL. 21, 25 ff.
Pf. 94 auf den großen Sturm des Jahres 1227, Köpko auf Grund
der beiden Verse L. 21, 34 — 35 Pf. 84, 10 — 1 1 deutete ihn gar auf die
VeriifiltiuBse des Jahres 1234. Dagegen hat Abel (bei Haupt 9, 141 ff.)
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS V. D. VOGELWEIDE. 165
nachzuweisen versucht^ daß der Spruch auf das Jahr 1207 zu beziehen
ist, weil von diesem Jahre die Chronisten^ namentlich Csesarius von
Heisterbach, „fast ganz übereinstimmend mit Walther, von seltsamen
Zeichen am Himmel erzählen'' *).
Die Übereinstimmung besteht aber nur darin, daß
„diese Zeichen mit der hl. Schrift und der herrschenden
Untreue jener Zeit in Verbindung" gebracht werden**).
Wann aber, frage ich, ist das nicht geschehen ? Oder ist es nicht
auch noch heutzutage unter dem Volke Sitte, die außergewöhnlichen
Erscheinungen und Vorfälle derartig zu verwerthen?
Mit vollem Recht bemerkt daher Wackerngll S. 70, daß man auf
Grund dessen den Spruch ebenso gut auf das Jahr l^^^beziehen könne,
wie dies von T^ilmanns Ausg. 51, 181 und Thurnwald ***) p. 10 ge-
schieht f), da eben auch zum Jahre 1198 ähnliche Zeichen und Er-
scheinungen von den Chronisten berichtet werden. Daß er aber über-
haupt auf 1207 nicht bezogen werden kann, sondern lediglich auf 1198
resp. 1199, hat Wackerneil bis zur Evidenz a. a. 0. p. 71 nachgewiesen
theils durch den Fingerzeig auf L. 22, 1, Pf. 84, 14: gewalt gSt üfj
reht V01' geinhte swindety was wohl vollständig auf die vorerwähnte
Zeit, nicht aber auf 1207 paßt, theils aber auch durch den Hinweis
auf die günstige Gestaltung der staufischen Sache, wie sie sich 1207
zeigt, was Walther zum Jubel, nicht aber zu so ernster Klage stim-
men mußte.
Wackerneil hat dann noch weiter den engen Gedankenzusammen-
hang, in welchem dies Gedicht mit L. 20, 16—39 Pf. 90 und L. 22,
18 — 32 Pf. 91 steht, hervorgehoben und hat diesen Umstand ganz richtig
zu Gunsten seines chronologischen Ansatzes verwerthet. Aber auch
andere Sprüche dieses Tones stehen in inniger Verbin-
dung mit L. 21, 25 ff. Pf. 84 und zwar, wie bereits Pfeiffer bemerkt
hat, zunächst L. 148 zu 26, 2 Pf. 89, ferner L. 21, 10—24 Pf. 92 und
L. 23, 26, ff. Pf. 95 und gehören daher offenbar in dieselbe Zeit.
Was L. 24, 18 — 32 Pf. 88 anlangt, so stimme ich vollständig den
Worten Wackerneils 1. c. 74 bei, „daß das Gedicht nirgends treffender
als zum Abschied vom Wiener Hof passe".
•) Vgl. Wackerneil a. a. O. 70.
**) Menzel 1. c. 145.
**♦) XIV. Jahresber. d. Wiedner Comm. Oberrealsoh. in Wien.
f) Simrock bezieht ihn zwar ebenfalls hieher, nicht aber auf die Ereig^nisse
der Zeit, sondern betrachtet ihn als eine Variation der „Vat, Vol. Vindic,'*
166 A. NAGELE, ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS etc.
Dahin haben es auch Schrott und Wilmanns schon früher bezogen.
Hiemit bleibt noch ein Spruch, der „von der PfaflFen Wahl** L. /^i
25, 11 — 25 Pf. 85, zu deuten übrig. Von einer Pfaffen -Wahl konnte
Walther sowohl 1198 als auch 1212 — 1215 sprechen. Das erste Mal
mischte sich die Curie versteckt, das zweite Mal offen in die deutsche
Königswahl. Daß man am Hofe von Wien von dem versteckten Spiel
der Curie vom Jahre 1198 so manches gesprochen haben mag, liegt
äußerst nahe. Die Einwände Menzels gegen 1198 p. 206 ff. kann ich
nicht beachten, jedes Geschichtscompendium weist das Mangelhafte
seiner Ausfährungen nach. Wie übrigens Walther zwischen den npfoffen*^
zu unterscheiden pflegte, zeigt hinreichend L. 10, 17—24 Pf. 163 und
L. 33, 1—10 Pf. 111.
Ich glaube hiemit darauf hingewiesen zu haben, daß L. 25, 11 — 25
Pf. 85 sowohl auf 1198 als auch auf 1212 — 1215 bezogen werden
könne. Jetzt aber gehe ich daran nachzuweisen, daß der Spruch auf
die letztere Zeit, also auf Friedrichs Wahl, unmöglich gedeutet
werden kann.
Noch einmal erwähnt nämlich Walther die Cons tantin 'sehe Schen-
kung und zwar L. 10, 25—32 Pf. 164 in einem Spruche, der von allen
Forschern auf die Zeit Friedrich 11. bezogen wird, wie sehr sie auch
in anderer Beziehung von einander abweichen mögen.
Ich frage nun, ist es denkbar, daß Walther von dieser
Schenkung das eine Mal gegen, das andere Mal für Fried-
rich 11. Erwähnung gethan haben sollte? Zum mindesten \Väre
dies äußerst unzart gewesen. In weiterer Linie kommt dann aller-
dings auch das gerechte Bedenken Simrock's in Betracht, daß der
Dichter den Wiener Hofton noch so spät gebraucht haben soll, und
jetzt noch um so mehr, da ich hoffen darf, nachgewiesen zu haben,
dasB alle andern Sprüche dieses Tones noch in den ersten Wiener
Aufenthalt Walthers 1198—1199 gehören.
Nach den bisher angestellten Untersuchungen wurde sich also der
erste Abschnitt von Walthers Spruchdichtung in ddr Weise chronolo-
gisch feststellen lassen, daß der WienerHoftop vom Herbste 1198 bis
Herbst 1199, der erste Philippston von Weihnachten 1199 bis etwa
zum Herbst 1200, der Reichston von da bis zum Sonuner 1201 reicht.
I6LAU, am 11. December 1878. ANTON NAGELE.
O. BEHAGHEL. BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. II. 167
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX.
n. Asyndetische Parataxe. / 2/^ »<.
In seiner Abhandlung „über die einfachste Form der Hypotaxis
im Indogermanischen" (Curtius Studien z. griech. Gramm. VI, p. 217)
hat tLjIolly^ den Nachweis zu führen gesucht, besonders gegenüber von
L. Tobler, daß in Sätzen wie allo wiki in worolti, thir gotes boto aageti
= welche dir Gottes Bote verkündete, m tlie hezt wise he can
= so gut er kann nicht Auslassung des Relatiys anzunehmen ist,
sondern daß wir in derartigen Beispielen die einfachste aus asyndeti-
scher Parataxis entstandene Form von Hypotaxis zu sehen haben.
Aber seine Ausführungen scheinen noch nicht Jedermann überzeugt
zu haben; drei Jahre nach dem Erscheinen jenes Aufsatzes plaidiert
wieder E. Kölbing für die Annahme von der Auslassung des Relativs
Germ. XXI, 28 ff. Vielleicht hätte die Ansicht Jolly's weniger Wider-
spruch gefunden, wenn er zu ihrer Begründung den weiteren Nachweis
geführt hätte, daß noch in historischer Zeit wir im Germanischen
asyndetischer Parataxe begegnen in Fällen, wo von logischer Unter-
ordnung eines Satzes unter den andern keine Rede sein kann, wo
beide Sätze durchaus gleichberechtigt dastehen und es unmöglich ist,
Ausfall eines Relativs oder einer Conjunction anzunehmen. Ich denke,
es ist nicht unnütz, diesen Nachweis noch besonders zu führen, zumal
man keine Ahnung von der Ausdehnung einer derartigen Redeweise
zu haben scheint: Erdmann Untersuchungen über die Syntax der
Sprache Otfrids I, p. 163, kennt sie nur aus Otfrid, und Lücke, Abso-
lute Participia im Gotischen kennt wieder nur zwei Stellen aus Ulfilas
(siehe p. 21); Bernhard hält sogar die Aufnahme einer Maßmann'schen
Conjectur ftir noth wendig, um das Asyndeton zu beseitigen. Ich gebe
daher hier eine reiche Sammlung von Beispielen dieser Asyndese.
In Ulfilas finden sich, so viel ich sehe, nur die auch von Lücke
a. a. 0. verzeichneten Beispiele : Marc. VII, 19 in urrunsa usgag-
gith , gahraineith allans matins = eig rov atpeÖgdva ixnogevaraL
xa^agi^cov, Luc. V, 3 galaith than in ain thize skipe, thatei vas Sei-
monis, haihait ina aftiuhan fairra statha leitil = i^ßdcg slg ?»' täv
jtXolcov^ 0 rjv rov Ztfiot/og, ^pcaVi^öfv avtov etc. Zahlreich dagegen
sind die Beispiele im Ahd., besonders bei den Übersetzern: Bene-
dictinerregel (Hattemer I) p. 52 ibu eiganan hwelih ni minnot
willen, kirida sina nist kilustidot irfuUan = si propriam quis non
16g O. BEHAQHEL
amans voluntatem desideria sua non delectetur implere. — l8idor(ed.
Weinhold) p. 45^ 11 (forachujndita^ quad = protestatur dicens. p. 51, 1
(scalhes) farawa infenc, wortan wardh kahoric nntaz za tode = formam
servi accipiens effectus est obediens usque ad mortem. — Matth.
XII, 1 (Zeitschrift für deatsche Philologie V, 389; sine jungimn ouh
warun hoDgrage, bigunnan raufan diu ahar = discipuli autem ejus
esmientes coeperant vellere spicas. — XII, 14 (a. a. O. V, 390)
argengun de uz pharisara, worahtun garati =3: exeontes pharisei con-
silium faciebant. XII, 39 (Braune p. 17) er antwurta, quat im =^ et
respondens ad eos dixit. XII, 46 see siin muoter enti bruoder stuontun
uze, sohhitun siin gisprahhi = ecee mater ejus et fratres stabant foris,
quaerentes loqui ei. XII, 47 diin muoter enti bruoder stantant uze,
suohhent dih •=^ ecce mater tua et fratres tui foris stant, quae-
rentes te alloquL XII, 48 aer antwurta demo za imo sprah, quadh
= ipse respondens dicenti sibi ait — XII, 49 rehbita sina haut ubar
sine jungirun, quuat = extendens manum in discipulos suos dixit. —
Xni, 1 in demo tage genc Jesus uz fona faus, saz bi seuue = in illo
die exiens Jesus de domo sedebat secus mare. XXII, 1 antwurta im
Jesus auuar in biwortum, quuad = respondens Jesus dixit iterum in
parabolis. — XXTT, 4 Auuar sentita andre scalcha, quad = iterum misit
aUos servos dicens. — XXVIII, 18 genc duo Jesus naher, sprah za
im, quad = et accedens Jesus locutus est eis, dicens. — De voc.
gent. (Braune p. 20) z. 14 truhtin antwurta, quad = respondens
dominus ait — St. Augustini sermo z. 15 (Braune p. 21) Paulus
snottarlihho sih widarfenc, Christo bifalah, quad = Paulus utiliter se
contemnens illum commendans . . . inquit. z. 18 bidiu genc Petrus oba
wazzarum in gabote gotes^ wissa daz etc. = ergo ambulavit Petrus
super aquas in jusso dei, sciens etc. — Tatian22, 7 intteta sinan mund,
lerta sie = aperiens os suum docebat eos. 79, 2 wolta inan arslaban,
ni mohta = volebat occidere eum nee poterat 99, 5 tho arbolgan
ward sin herro, salta inan wizzinarin = et iratus dominus ejus tradidit
eum tortoribus. 102, 1 warun thar sume az in theru ziti, sagetun imo
= aderant autem quidam ipso in tempore nnntiantes illi. 103, 3 ant-
wurtita tho heristo tties thinges, quad theru menigi = respondens autem
archisinagogus dicebat turbae. 107, 1 lag zi sinen turun fol gisweres,
gerota sih zi gisatonne = jacebat ad januam eins ulceribus plenus,
cupiens saturari. 109, 2 tho quamun thie eristun, wäntun = venientes
autem et primi arbitrati sunt. 110, 1 tho antwnrtita ther heilant, quad
= et respondens Jeans dixit. 110,2 inti her tho antwurtita, zi in
quad = et respondens ad illos dixit (ebenso 112,2). 116,6 nahlih-
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. II. 169
hota tho gisehenti thia bnrg, wiof obar sia = ut appropinquavit, vi-
dens civitatem flevit super illam. 118^ 1 gihalota sine jungoron/ quad
in = coDVOcans discipulos suos ait Ulis. 121 , 3 tho antwurtita ther
heilant; quad in = respondens autem Jesus ait eis. 123, 4 gieng tho
zi themo eriren, quad imo = accedens ad primura dixit 123, 5 gieng
her tho zi themo andaremo, quad imo sama = accedens autem ad
alterum dixit similiter. 128, 6 her wolta tho rehtfestigon sih selben,
quad zi themo heilante = ille autem volens justificare se ipsum dixit
ad Jesum. 138,40 antlingita ther heilant, quad ci imo = respondens
Jhesus dixit ad illum. 141, 1 tho ther heilant sprah ci then menigin
inti ci sinen jungiron, quad. 141, 24 tho antlingita sum fon theru ewu
gilerter, quad imo = respondens autem quidam ex legisperitis ait
illi (ebenso 144, 2. 148, 7). 149, 4 gieng zuo therde fimf talenta int-
fieng, brahta andere fimf talenta. 149, 7 antlingita sin herro, quad
imo = respondens autem dominus eins dixit ei (ebenso 159, 6. 161, 3).
185, 1 gisahun thaz dar zuo wert was, quadun imo = videntes autem
quod futurum erat, dixerunt ei. 185, 12 sum jungo folgeta imo, was
giwatit mit sabanu = adolescens autem quidam sequebatur eum amictus
sindone. 189, 4 erstuont ther herosto thero heithaftono, frageta then
heilant = surgens princeps sacerdotum ioterrogavit Jhesum. 199, 7
tho antlingita ther grafo, quad in = respondens autem preses ait illis
(ebenso 199, 12). 201, 2 tho wanta sih zi in ther heilant, quad = con-
versus autem ad illas Jhesus dixit. 205, 2 thie furivarenton bisma-
rotun inan, ruortun iro houbit = praetereuntes autem blasphemabant
eum moventes capita sua*). 205, 5 tho antlingita ther ander, incre-
bota inan = respondens autem alter increpabat illum. 208, 1 after
thiu westa ther heilant thaz thiu allu gientot warun, quad = postea
sciens Jhesus, quia jam omnia consummata sunt, dicit. 212, 6 quam tho
ouh Nicodemus, ther dar quam zi themo heilante nahtes erist, truog
thaz gimisgi := venit autem et Nicodemus, ferens mixturam. 216, 2
quam Maria inti Salome zi themo grabe, truogun = venit Maria et
Salome ad monumentum portantes. 217, 5 tho antalengita ther engil,
quad = respondens autem angelus dixit mulieribus (ebenso 225, 1).
*) Nach hoabit folgt noch inti qnedenti = et dicentes. Zur E^rkläning des
ganzen Satzbanes ist es nicht nöthig, mit K. Zacher, Zeitschrift Hir deutsche Philo-
logie Vn, 463, Schwanken zwischen hypotaktischer nnd paratakiischer Fügung anxa-
nehmen, sondern wir haben hier einfach einen Beleg dafür, n^^^ ^^^ Übersetzer durch
wörtliche Widergabe des Originals aus der Anfangs gewählten, vom lateinischen ab-
weichenden Construction herausfiel", s. Gering, die CausalsStse und ihre Partikeln bei
den althochdeutschen Übersetcem p. 2.
170 O. BEHAQHEL
221, 5 sin tho giwanta sih, qoad imo = conversa illa dicit ei. 223, 1
quam Maria Magdalenae, sageta theu jungoron = venit Maria Mag-
dalena annuntians discipnlis.
Die Belege aus Otfrid hat Erdmann I, p. 163 fast vollständig
verzeichnet. Ich habe nur eine Stelle nachzutragen:
IVf 3f 16 ther er nan töde binam, hiaz üzer themo grabe gän.
Übrigens hat einen Theil der Otfndischen Beispiele schon J. Grimm
zusammengestellt Qramm. IV, 216 und bes. 950, was Bernhard, Lücke
und Erdmann tibersehen haben.
Im Mhd. werden die Belege asyndetischer Conslruction anscheinend
seltener; eine Anzahl von Stellen gibt Grimm a. a. O. Ich gebe noch
einige weitere: Erec 9700 als si diu frowe Enite gesach dort sitzen,
weinen. Parz. 275, 19 er dancte in, bot fianze sän: so Lachmann gegen
alle Handschriften. Die Besserung ist unzweifelhaft, wir sehen aber, daß
die Redeweise doch etwas Ungewöhnliches war, wenn sämmtliche
Schreiber daran Anstoß nahmen. Parz. 599, 21 si sprach: ich läz
iuch riten, mer nach prise striten. — Vaterunser v. 2486 ob uns daz
houbet we tut, so ge wir, rufen immer me; die zweite Handschrift
liest rufende. — ebenda 2492 sus ge wir, schrien al den tach; var. :
BUS ge wir, schriende durch den tac. — Lobgesang 73, 1 du zallen
ztten hast zertän diu arme, uns armen wilt empfän. — H. v. Hcsler
Apocalypse Bl. 83 d. (der Königsberger Handschrift 891) sSt, ich st5,
klopphe czu der tor = Job. Apoc. lU, 20 ecce sto ad ostium et pulso.
S. noch Iwein 3620 und 3950.
Aber die Seltenheit einer derartigen Erscheinung im Mhd. ist nur
eine scheinbare. Die ganze, weit verbreitete Redeweise der sogenann-
ten Constructio ano xoivov ist nichts Anderes als eine bestimmte Form
asjndetischer Parataxe. Haben wir den Satz: der Engel Gottes kam
vom Himmel und erschien ihm, so konnte das nach Anleitung unserer
Beispiele aus Tatian und Otfrid heißen : der gotes engel kom von
himele, erachein im duo. Tritt nun bei Vortreten eines Adverbs In-
version eiuy so erhalten wir Kaiserchron. 185, 15 duo kom von himele
der gotes engel erschein im duo. Eine reiche Sammlung von Belegen
hat Haupt aus Erec 6596 gegeben ; auch was Grimm IV, 217 d au-
fllhrt, gehört hierher.
Von hier aus ist nun sehr leicht einzusehen, wie die Relativsätze
mit ., ausgelassenem Pronomen^ entstanden. Sowie das zweite asyn-
detisch angereihte Verbum eine woniger wichtige Thatsache enthielt,
begann die Dififerenzierung in Haupt- und Nebensatz und der zweite
Theil wurde schließlich durchaus als hypotaktisch gefllhlt, wenngleich
dies Verbältniss durch keine Partikel ausgedrllckt wurde. Ich wähle
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX. H. 171
aus Haupts Beispielen eine Anzahl solcher aus, welche uns die Art
und Weise dieses Übergangs besonders klar vor Augen stellen: Klage
1376 mit zühten si ze hüse bat ein frouwe saz darinne. Parz. 321, 13
ez tuet manc tüsent herzen w@ daz strenge mortliehe rd an mtnem
herren ist getan. 782, 23 wan ungenuht al eine^ dem git dir niht ge-
meine der gr&l und des gräles kraft verbietent valschlich selleschaft.
Besonders gehören hierher die Beispiele mit heizet: P. 389, 2 wan sin
pflsege ein ktlnec hiez Anfortas, ebenso die von Grimm IV, 217 d bei-
gebrachten Stellen: daz ist Imper vert von Botenbrunnen.
Abgesehen aber von dieser sogen. Constructio äxo xotvov ist die
asyndetische Anreihung während der mhd. Periode selten , wie ich
schon bemerkt habe. Dann aber kommt eine Zeit^ wo sie wieder
häufig wird, die Zeit von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis zum An-
fange des 17.: Georgs v. Ehingen Reisen (aus dem Jahre 1455; von
Pfeiffer herausgeg. Bibl. d. lit Ver. Bd. I) p. 8 bedacht er sich aber ein
klaine weyl, sagt etc. — p. 21 am vierdten tag beschickt der gran-
kapitanie mich und min gesellen, begert, das etc. — p. 24 also liesz
ich och gegen im her gon^ hett min spiesz uff meim schenke!. — p. 24
(sie) huwen dem haiden sin haupt ab, namen sin spiesz und stackten
esz daruff, zugen im sin hämisch ab. — p. 28 der kttnig war meiner
gnedigen frawen bruoder, hielt mich gnedig und wol. — Steinhöwel
Decamerone (ed. Keller, Bibl. d. lit. Ver. Bd. 51) p. 20 er floche die
kirchen als der teuffei das kreucze, kom gar selten darein. — p. 22
sich nidersatzte zu im, in begonde ze troesten. — p. 27 ze haut des
abencz gingen, im ein wirdig vigilg sungen. — p. 59 ein junger kauff-
man gen Boloni geritten was, sein sach palde do auszgerichtet het^
wider zu rücke kam. — Die Geschichten und Thaten Wilwolts von
Schaumburg (vom Jahre 1507, in der Bibl. des lit Vereins Bd. 50)
p. 15 Da si di vertatten, gebraucht sich jedlicher seins Schwerts, schlue-
gen sich durcheinander. — p. 17 die ime den stegraif hielten , waren
in ainer zall 200 acht, hiessen von den vierämbtern. — p. 19 Hess der
bischoff die seinen über das her laufen, erstachen der etlich. — p. 19
wo es ainer übersach, schluegen sie im den hacken in den leib, zück-
ten den zu inen hinüber. — p. 22 darin lagen her Eberhart von Arberg
mit etlichem kricgsvolk, hielten solche flecken etwan lang innen. —
p. 26 des andern tags vieng der legat die teidung wider an, wart durch
in ain solich richtung und vei'trag gemacht. — Theuerdank (nach der
ersten Ausgabe v. 1517 ed. Haltaus) 38, 1 Unfalo grosz leyd unnd
schmertz het, sas, besan sich, wie er für an. — 38, 93 Unfalo schweig
still, ret nur nit. — 40, 75 Unfalo dasselbig vemam^ e^toaV. \säs&l
172 O. BEHAGHEL
nie grösser wunder niun. — 43, 62 die scheffleut ir rüder namen, fAeren
mit gutem wind von dann. — 71, 2 Unnfalo sasz auf sein pferdt^ re/t
mit Tewrdannck^ dem Tewrlichen man. — Ulenspiegel (ed. Lappenberg
nach d. ersten Druck von 1519) 73. Historie (Schluss) und Ulenspiegel
verlief sich, sol noch widerkomen. — Seb. Franck, Chronica^ Zeyt-
buch und Geschichtbibel (ich citiere nach dem ersten Druck, Strass-
bürg 1531) Bl. 220 a (Abs. 1) indem nahet sich der falsch geist noch
basz zu yhm^ griff y hm an seinen halsz. — 220 a (Abs. 3) am morgen erzelt
der arm thorecht bruder alle geschieht den •IUI* gar ernstlich, begert
erlOsung disz geists. — 220 a (3) der Prediger Doc. Steffan fieng an
davö zu predigen, legt den geist sin busz ausz. — 220 a (4) deszhalb
sy auff die versprochen nacht weitter zurichteten, trügen ins bruders
und sunst zwo die nehsten zellen dz H. Sacrament. — 221 b (7) bald
darnach rüst sich der Prior in sein mummerey, gdisset den bröder
sprechende etc. — Amadis^ erstes Buch (nach der ersten deutschen
Ausgabe von 1569 herausgegeb. v. A. Keller, Bibl. d. lit. Ver. Bd. 40)
p. 15 stieg er also bald vom Pferde, fasset das wehr in die faust,
trattc stracks gegen dem Löwen an. — p. 16 dasz der König gelegen-
heit bekäme, ihr die Finger zu drucken, dergleichen thete, als ob er
den Ring nemmen weite. — p. 38 welchs den Gandales weinen sähe,
im die äugen trucknet. — p. 46 deszwegen ir Herr Vater forchte, dasz
CS böser mit ir würde, bat den König, sie in Schotten zu behalten. —
p. 40 der König beschauwet disz junga Herrlin auch, gefiel im gleich
so wol. — Froschmeuseler (nach der Ausgabe von 1608 von Goedeke
herausgeg. in den Dichtem des 16. Jahrh) I, 1, 2, v. 160 Bald ward
Ghrünrock der filnf gewar, Sprach: diso reis ist on gefar. — I, 1, 2,
V. 177 trat das herlein mutig hinan, Sprach : ho glück zu, mein lieber
man. — I^ 2, 4 v. 51 der prophet die schrift allegiert, Sprach: meinem
Stand also gebtlhrt. — I^ 2, 5 v. 82 das pfefflein gieng, sagt in an-
dacht. — Gusman v. Alfarche (durch Aegidium Albertinum Mtlnchen
1615) p. 17 dessen frewete sich der alte Herr, liesz sie allein im Bette
ligen. — p. 53 ich kondte auszbtlndig wol schwetzen, diente ihm an-
fangs gantz fleiszig, verhielt mich auch gegen allem Hauszgesindt der-
maszen.
Fragt man nach dem Verhältniss dieser nhd. Beispiele zu denen
im älteren Deutsch, so lässt sich die Möglichkeit eines historischen
Zusammenhangs nicht leugnen. Man könnte vermuthen, daß in der
mbd. Zeit die asyndetische Ausdrucksweiso nicht mehr der gebildeten
Rede angehörte, wie denn die Constructio dxo xoivov von Hartmann,
Gotfried; Konrad gemieden wird; sie w&re dann wieder mehr zur Gel-
BEITRÄGE ZUR DEUTSCHEN SYNTAX, IL 173
tung gekommen y als die Bande der guten höfischen Tradition in der
Sprache gesprengt wurden. Sehr wahrscheinlich ist das jedoch nicht:
wir sollten denn doch im Ausgange des 14. und dem Beginn des 15.
Jahrhunderts deutlichere Spuren eines solchen Zusammenhangs finden.
Ferner läßt sich noch ein Moment gegen den genetischen Zusammen-
hang beider Erscheinungen geltend machen: die nhd. Beispiele haben
einen anderen Charakter als die der altern Sprache. Bei den neuhoch-
deutschen kann die Verbindimg durch die Conjunction fehlen, mag die
logische Verknüpfung auch noch so lose sein; im altdeutschen besteht
jedesmal ein enges zeitliches und pragmatisches Verhältniss zwischen
den asyndetisch angereihten Verben. Ein Satz wie Ulenspiegel verlief
sichj 8ol noch vnderkomen ist fUr das Mhd. kaum denkbar. Glücklicher-
weise haben wir den fraglichen historischen Zusammenhang nicht noth-
wendig; um jene nhd. Redeweise zu begreifen. Es ist mit den syn-
taktischen Gebilden nicht wie mit den Organismen, welche die Natur
gescha£fen. Während der Naturforscher die generatio aequivoca immer
noch leugnet, kann es auf dem Gebiete der Syntax nicht scharf genug
betont werden, daß fort und fort Urzeugung stattfindet, die einfach-
sten Formen sich immer wieder von neuem bilden. Und einfach genug
ist diese asyndetische Redeweise.
Ich brauche kaum zu bemerken, wie nahe auch in diesen nhd.
Beispielen die Asyndesis dem Relativsatz und der Constructio aico
HOLvov steht, so in der Stelle aus Amadis: der König beschauioet disz
junge Herrlin auch, gefiel im gleich so tool-
Wenn also nun derartige asyndetische Constructionen in der That
der Ursprung der Otfridischen Relativsätze ohne Relativpronomen sind,
weshalb haben die gleichen Voraussetzungen nicht auch gleiches Re-
sultat ergeben, d. h. warum haben sich nicht in mhd. und älterer nhd.
Zeit wieder Attributivsätze entwickelt , die mit jenen bei Otfrid über-
einstimmen? Der Grund ist sehr einfach: aus der Gestalt, wie sie die
verzeichneten Belege der Asyndese zeigen, gab es keinen Übergang
zur Gestalt des Nebensatzes, dessen Hauptmerkmal die veränderte
Wortstellung ist, mit dem Verbum finitum am Ende. In einer früheren
Periode dagegen war diese Bedingung vorhanden: ich habe Germ.
XXIII, p. 284 kurz, aber wie ich glaube überzeugend, nachgewiesen,
daß die noch jetzt im Nebensatz vorliegende Wortstellung
die ursprüngliche ist. Damit sind freilich noch nicht alle Schwie-
rigkeiten gelöst, denn nimmt man solche Wortfolge als allein gültig
an, so muß die vorhin erwähnte Stelle aus Amadis so lauten: „cfer
König disz junge Herrlin heschamoet, im gleich so tool gefiel^. Die fraer
174 O. BEHAGHEL, ZU DEM SOG- MNL OSTERSPIEL.
liehen Relativsätze sind also wahrseheinlieh in einer Periode des Über-
ganges entstanden, zu einer Zeit, als in der Wortstellung ein neues
Prineip sich geltend zu machen begann. Genauere Untersuchungen
über diese letztere Frage hoffe ich ein anderes Mal geben zu können.
HEIDELBERG den 16. M&re 1878. OTTO BEHAGHEL.
ZU DEM SOG. MNL. OSTERSPIEL,
das ich im letzten Hefte in syntactischer Hinsicht besprochen, mögen
hier einige kritische Bemerkungen nachfolgen.
y. 1 imd 2 schreibt Zacher so:
Ich ben ende en aneginne
gewor got gerechte mione!
Es muß nach aneginne ein Komma stehen, ebenso nach got^ nach minne
ein Punkt; lies: geware,
Y. 15: uns dnnckit gat de neWe wain,
dar umbe wir dich gestan.
lies: bi gestan,
V. 32: dat wyf, dat du mir geves, here,
die dede ic, ende hör lere,
dat ich mig han virgeasen.
Zacher will dede mir oder dede ie lesen; das letztere ist sinnlos. Lies:
dede it.
V; 72: dat dir ende allen wiven
die vmt van uren liven
sal kamen zu bit jamergeit
lies: kumen tä.
T, 116: die ie einsamen waren gader,
lg din dohtec ende da min vader,
inde immer müssen wesen gader.
lies: ein samen.
144 lies: einem für einem,
T, 188: di pine ende maniche noit
liden maz binz in den doit
darg den minsche, de vor erst
is zer hellen ende vorderst,
Sinn und Reim sträuben sich gegen den Lesefehler des Schreibers oder
des Herausgebers; lies: vorerft : vorderfi.
Y. 370: sage, wat hais da vemomen?
we is, dat do sal komen,
de mage «in güich'i
a MILCHSACK, LEIPZIGER TITÜRELBRUCHSTÜCKE. 175
Es sind die Worte des Herodes auf die Nachricht von der Ge-
burt eines Kindes, „dat die engele hant irkoren zu keisere ende zu
heren'^. Demnach ist zu lesen: sin mm gelich,
379 lies: zehove ftlr hove.
612 Der Messias, auf den die Juden warten,
V. 612: he insal nit kamen van gode,
V. 613: want he is des duuels bode
V. 614: mit deme dat he wirken sal
V. 615: inde die werelt virleiden al.
V. 614 und 615 sind umzustellen^ und v. 613 muß als Parenthese
gefaßt werden.
V. 661 : nu uichtet mig in min gedanc,
da[t] he de selve minsche si.
lies: ducktet mig.
V. 729: dar nmbe saut du uns here säen,
wat tone dat wir sulen haen
alle Sachen achter loissen.
lies: lones und dat wir alle sacken.
V. 764: wijf, wat soade mir ane genomen?
lies: mir dat an«; cf. 1058 meister, wat soude dig dat gedaen?
V. 839 lies: irt,
Prosa nach 1205: gois ime up sin houet aromata dat gecrude :
lies dat is gecrude,
V. 1443: den (den Tod) müz du doigen nu zestunt;
war nmbe it is, datz dir wale kunt.
it 18 muß gestrichen werden.
V. 1483: virkoufer einen ende gelde eyn swert.
ende ist zu streichen; wir haben hier einen Fall des vorhin bespro-
chenen Asyndeton.
HEIDELBERG, den 9. August 1878. OTTO BEHAGHEL.
LEIPZIGER TITÜRELBRUCHSTÜCKE.
Von den nachstehend gedruckten Pergamentbruchstücken des jün-
geren Titurel, Rep. II. 21^'^, welche vor einiger Zeit von vonPosern-
Klett auf der Rathsbibliothek zu Leipzig aufgefunden wurden^
hat schon Hr. Prof. Dr. Rob. Naumann im Serapeum Jahrgang 1867,
S. 193 — 196 nach den genauen Angaben des Hm. Prof. Za^rxi^^k.^
176 O- MILCHSACK
Mittheilong gemacht Die ftUif Doppelblätter in klein Folio, die
leicht noch dem Anfange des 14. Jahrhunderts zugewiesen werden
dürfen, sind zweispaltig, die Colomne zu 41 — 42 Zeilen geschrieben.
Die Strophen sind nicht abgesetzt, aber durch abwechselnd rothe und
blaue Anfangsbuchstaben ausgezeichnet und daneben pflegt meistens
auch der zweite Buchstabe des Anfangswortes groß geschrieben zu
sein ; die Reimzeilen sind oft durch Punkte, immer durch rothe Striche
geschieden. Jedes Blatt hat 29 — 31 Strophen, so daß die ganze Hand-
schrift etwa 214 beschriebene Blätter gehabt haben wird. Nach der
Berechnung des Herrn Prof. Zamcke bestand jede Lage der Hand-
schrift aus 10 Blättern = 5 Doppelblättem imd von den im Ganzen
22 Lagen sind folgende Blätter erhalten:
A. der ni. Lage drittes Doppelblatt, BL 23 u. 28 der Handschrift
a) Vorderblatt Str. 647, 2—675, 4.
b) Rückblatt Str. 784, 4—815, 4.
B. der IV. Lage zweites Doppelblatt^ Bl. 32 u. 39 der Handschrift
a) Vorderblatt Str. 906, 2—936, 4
l) Rückblatt Str. 1112, 2—1138, 4 + 3 Strophen, welche in dem
Abdruck der Heidelberger Pergamenths Nr. 383 bei Hahn
fehlen.
C der VI. Lage drittes Doppelblatt, Bl. 53 u. 58 der Handschrift
a) Vorderblatt Str. 1547, 1-1576,4.
b) Rückblatt Str. 1692, 2—1723, 3.
D. der XI. Lage drittes Doppelblatt, Bl. 103 u. 108 der Handschrift
a) Vorderblatt Str. 3030, 4 - 3062, 2.
b) Rückblatt Str. 3187, 1—3216, 1.
K der XV. Lage erstes Doppelblatt, Bl. 141 u. 150 der Handschrift
ä) Vorderblatt Str. 4190, 2—4219, 1.
b) Rückblatt Str. 4455, 3-4485, 3.
Der Schreiber, der mehr auf äußere Sauberkeit, als auf einen
lesbaren Text Bedacht genommen, scheint^ nach yielfachen nieder-
d^eutechen Wortformen^zu schließen, selbst kein Oberdeutscher gewesen
zu sein. So gebraucht er sehr häufig die niederdeutsche Form des
Artikels de ftlr diu und die, des persönlichen geschlechtlichen Prono-
mens se filr siu und sie; andere niederdeutsche Formen kehren auf
jedem Blatte wieder: we = wie 664, 3; bouen = bobene, beben 667, 7;
van =: von 668, 7; lesen = liezzen 805, 5; dene = diene 928, 7; vor-
lesen = Verliesen 1551, 1; kesen = kiesen 1551, 3; denste = dieneste
1553, 7; depliche = diepliche 1558, 1; Tzom = zoum 1&66| 1; dener
= diensere 1566, 3; Verden = vierden 1699, 1 u. s. w.
LEIPZIGER TTTÜRELBRÜCHSTÜCKE. 177
Diese Pergamentblätter sind als Umschläge _fiir Stadtrechnungen
benutzt, gewesen und haben als solche natürlich mehrfach gelitten, die
innem Seiten sowohl durch den Leim, mit dem sie auf die Buchdeckel
geklebt waren, als auch die äußern durch Verschabung, so besonders
die Vorderseite des Rückblattes des dritten Doppelblattes. Namentlich
aber ist in den Falzen, wo die vordem Blattränder um die Buch-
deckel gebogen waren, Manches undeutlich oder ganz unlesbar ge-
worden. Wie üblich habe ich die undeutlichen Buchstaben in runde
Klammem eingeschlossen , die ganz verwischten nach Möglichkeit durch
Punkte angedeutet
Erstes Doppelblatt. Vorderblatt:
[tw. a.] 647 nicht da was vergezzen. tzü wünsche wol
nach hochelobte prise. also daz in gebrache, denne vite lignü obz von para-
dyse. 648 VRowe selte mit den sinnen, ir leben hete gesorget, vil tagen-
den an in tzu minnen. vf se vor sighelt ist vii vorborget, tzncht schäm vnde
kusche maze truwe milde, bescheydenheit gedulde, wart in ouch ny biz an ir
ende wilde.
-XVin- abenture wie kastis er warp hertzelouden vnde wie
er starp. (roth)
OQCh
G49 DA bi den selben iaren. was kastis irstorben. der het de suzen
klaren, h^tzeloyden vf mutzalvach er werben, kamvaleis gap er der vrowcn vil
schone, vnde kingrivalsch tzu den beiden, truc sin vil wMe houbet vorsten kröne.
650 DE wir mä h^tzelouden. von muntzalvach nu brachte, kastis tzü riehen
gauden. der hochetzit tzü kamvaleys nü dachte, mit konlgen- vii vn mit wrsten
edel riebe, de hochetzit vor wandelt wart da sint in bevilde iemerliche.
651 DEr tot in sus vertzihen. künde hertzeloude tzu wibe. vii gamorete lihe.
an einen arm mit maghetlichem übe. y doch wart se da vrowe tzwierlande.
des werde firmiteles kint. de man van mutzalvach vil wert da sante. 652 DEs
waleys konTginne. nu an sigunen dachte, de wart mid aller sinne, daz maus
von brubars da vil schone brachte, kundwiramors begunde sere weynen. daz
sie der grozen liebe, vii der gesellenschefte solde vor eynen. 653 Ryot der
vrouden w'ise. sin tochter wolde bringen, von brubars keghen waleyse. kint-
licher süze iamer künden nü twige. kundwiramors do sigune von ir wolde. sie
gebarte senichlichen. daz man noch kint da vmbe truren solde. 654 Sie wr
ken *) katelange, sigune de seiden riebe, do entweite se sich lange, wenne
biz sie wart [b.] bereit vil weichliche, nach wrstö kldes wis vil richer tzirde. als
iz kiot wol küde. er bekande wol richliche kundewirde. 655 Daz kint sprach
liebcz veterlin. nu heiz mir gewinnen, von ritters tzirde vollen schein ^)
*) Ein bei ken überfreschriebener Buchstabe ist nicht mehr lesbar.
**) Die aiisgofallene Zeile ist am obem Rande des Blattes nachgetragen: ün
ich mit vroitde vare toül vö hinnen scheint freie Erfindung des Schreibers, gleich
darunter: der locken vü aU ich nu vor vö hnrnen ist die richtige Lesung. Dieser
Vers fehlte also wohl schon in der Vorlage.
OEBMANIA. Nene Beihe XII. (XXIY. Jahrg.) VI
178 O. MILCHSACK
80 bin ich tza der Terte wol berichtet, tzu minem denste gerende.
sich manic ritter werdichlich noch phlichtet. 656 WOl mich des werden kindes.
nach wirde also vorsannen, got müze dir des gesindes. in katelange vil iar
mit denste gönnen, min sorg^ slafet wenn** din selde wachet, der swartse
walt hi tzu lande, dir wirt tzü scheften gar durch dich gemach;.
XIX abentnre* wie sygune wart gebrarcht | tzu hertzelanden.
(roth)
657 DO man daz kint nu brachte, der konlginne tzu waleyse. ir tmwe
des ghedachte. wie iz der werden muter wart eyn vrejse. vii sie des vater
werdicheit irkande. daz machte ir fondamete. der liebe die sie kegn dem kinde
wände. 658 Kyotes kint sigone. sus wachs bi irer momen. vor mejen blickes
lane. kos man de magh; bi tow nazzen blumen. vz irem hertzen blute selde
vn ere. kamt sie kegn louben iaren. so wil ich noch ir loubes küde mere.
659 Was man al ere an wibe. tzü wünsche khan ghemezzen. an irm* vil sazen
libe. wart des oach njrnder siden groz vor gezzen. se rejne vrucht durch
luchtic Falsches anc. selich vil si der muter. de sie gebar daz was vrow*
tzosiane. 660 Nv prüfet an der steten, der klaren maget sigunen. do sich
ir brüstet dreten. vnde daz ir reytes har begunde brunen. do hop sich in ir
h^tze hoch gemute-. ir lip begunde stoltzen. daz quam ydoch von vppichligher
gute. 661 Nv sullen wir ouch ghedeuken. hertzelouden der vil rejnen. de
künde ir lop nicht krenken. mit war [rw. a.] heit so wil ich die lieben mejmen.
sie orsprlg wol aller wiplichen eren. sie künde wol vor dienen, daz ir lop muste
in den lande mere. 662 Maghet vnde witwe an iughenden. sie kint was fir-
mitelles. wer bi ir tzit von tughenden. sprach vrowen lop dahal ir lop Int
helles, daz vvr die virre in vil manghe riebe, ir werde miiie vor dienent wart,
da vo: kamv(o)le78 mit speren hurticbliche*. 663 Svs phl(a)c sie beid^ orden.
maget vnde witwendomes. ir wMicheit sich horden. kund al so daz man ir
lach des rumes. an richeit an gheborte vn lichter male, du'ch luchtic aller
tughende. vn selicheit vf erbet von de gr(a)le. 664 Hi schiet der eren riebe,
gamoret vo pellakane. vil we da w^dichliche. er warp er do de swester tzo-
siane. vn we er sich enbrast der frantzoysinne. der wil ich hi ghe swighen.
vn saghen vch von kindelicher mine. 665 Amphlben tzü ougen wuile. eyn
kint wart da ghelazen. er bom vz worste kune. vn ouch der art daz muste
sich wol mazen. aller dinge da von ^^) pris vordirbet. wenne alle wrsten
werdent gebom. hi ir keyn baz den^) pris irwirbet. 666 Do gamoret durch
mine. entphie den schilt von ampholizen. de werden frantzoysinne. im lac daz
kyn^ datz müze wir noch prisen. daz ir warp sin wäre kindes suze. dirre abe-
tare eyn herre. iz ist wol recht daz ich kint durc****) in gruze. 667 Daz kint
al da nicht sparende, was mit dem anzevine. der was tzun heyden varende.
tzum barroch hinnen tzu alezandrinen. tzu kamvaleys brachte er iz wider
dannen. sin kintlich* wirde. wirt noch geblümet vil hoch bouen allen mannen.
668 Die lichten swerte blicken, sol vü dehelme schroten, daz lert vil manghen
dicken, daz er da vahet vil vroude nach dem tode. ob er iz halt die virre
wer ansehende, an manheit die gheh^tzen. daz werdent de van kinde not siu
^) tr und den sind Correcturen von späterer Hand.
**) Das h in durc^ ist von späterer Hand.
LEIPZIGER TITURELBRÜCHSTÜCKE. 179
spehende. 669 Die kleyne vn [b.] die großen, die ifigesten tzü den ersten, de
werdent des vor stosen. de abenture wil vor sie alle tzü bersten, hi disez kint
tzo voghete nemen alleyne. das lazt vch nicht vor smaben. ob er noch si an
Witzen an iaren kleyne. 670 Sin art an prise de ganze, wil ich e3rn tejl
benennen, von grahers gume manzen. des kindes ane ysen wol tzü trennen,
des phlac er mit tzioste tzü mangher hurte, do heyz sin vater gurtze grin.
der lac ouch tot durch schojdelacurce. 671 Mahede hejz sin muter. bem
eckunates 8west\ voget eyner paltze guter, benant vil*) vi! rieben tzu starken
inberbester. vnde selbe heyz er tzionatulander. so hohen pris nicht werben,
bi siner tzit künde eyner noc^**) der ander. 672 Daz ich sün gurtzegrien.
nicht vor sighunen nande. der suzen valsches vrien. daz was da von daz man
ir muter sande. da vz der phlege von dem reyne grale. des müste ich sie vor
tzucken. vn ir gheslechte wart daz licht gemale. 673 Wan alle diet des grales.
des sint de vzirwelten. hi selic vri helle males. vn dort tzü stete prise
de ghetzalten. ouch quam sigune von dem selben samen. der wart von munt-
zalvach ghcsant. den alda sit de heydenschaften namen. 674 la tzwar des
edelen samen kraft, da wart bracht tzü dem lande, der wart an prise dar be-
haft. in viel ghar da eyn scur vf deschande. da von kamualeys verre ist be-
kennet, des wart in manghen tzungen. al dirre truwen houbet stat genennet.
675 0 wol dir kamvaleyse. we sprichet man diner stete, von suzer liebe kur-
teyse. de sich vf dir hebende wart nicht spete. mit wcrder minnen vil vro an
tzweyn kinden. daz al de werlt en mochte, ire trupheit nynder teyl da vnder
vinden.
Abenture- Wie tzionatulander Sygu | nen erst tzü sprach, (roth)
Röckblatt:
[vw. a.) 784 erloste. 785 DE stoltzen
babilone. tzu baldac suchen wolden. da kegn so het sin scone. der barruch
vnde de sine als se sollen, bereytet daz er in mit strite entphenge. laze mir
got de stunde, so bort wo iz inbeydenthalp ergienge. 786 Gamoreten man.
schone, do sagete ir beider kriegen, durch waz debabilone. den barruch nicht
mit strite wolden triegen. des künde nu den werden nicht betragen, er horte
gherne mere. von endehaften dingen ane vragen. 787 Diz mere hi an hebende,
im was eyn ritter wise. der sich mit spehe ghebende. des libes was kegn ba-
bilon nach prise. was er ghar ane ende ouch er varcnde. er künde vil der
spräche, da von was er den barruch y der warende. 788 IN suria dem lande,
dalit eyn stad so riebe, nyniue debekande* laut drier tageweite wUichliche. de
nam der baruck den vz babilone. den grozgemuten konigen, pompeyo vnde
sinem broder ypomidone. 789 DO was vf sin geerbet, mit rechte doch her
von alter, dar vmme wart vor derbet. so vil der sarrazine al vnghetzalter.
noch milier kan ich witwen. vnde weysen. gepriiven de da wurden, vberkraft
ir striticlichem vreysen. 790 IN wart ouch erbeteile, velan tzü komen gute,
ir selten gar tzon vnheile. ich meyn ir groz vnrecht mit vbermute. daz sie
begherten goddelicher eren. den malt sam de maren. der kan iz in tzü spotte
*) Das erste vil roth durchstrichen.
**) h spKtere Correctur.
180 G. MILCHSACR
wol Tor keren. 791 UOd richeit aller vrachte. de birt al da de erde, ge-
nntBam aller gennchte. ist kaldea daz lant in hohe werde, da Ton hat hoeh-
Tart 7 da tzu betwangen. al de da konige waren, daz sie nach godeUchen
eren rvngen. 792 Jhernsalem geselle, des hknmels ist mit scrifte. yn babOon
der helle, da von die hochvart j da wunder stifte, dochter von sjon de sint
gote de hoesten. yfi de von babilone. de [b.] sint vor gote ynwert Tfi gar de
boesten. 793 Vf erde ny Tromder geste. würden in hiinels trone. von hoch-
vart vber leste. deiie Incifer vnde de von babilone. ir Ion der ist tzn helle
wol eben riebe, wan sie mit tzoyber krefte. da wolten godes kreften sin ge-
liehe. 794 Wie hohe se sich harten, in hochvart mit gewalte, vnd feber vnde
mit snften. de hohe trinitat sie dicke valte. itzlichen machte sin hochvart tsu
eynen rinde, nabnchodonosor geschach. de räche von god also swlde. 795
UOn mir sint vnertzejget. gar alle de gotes rach^. wie er die hochvart nej-
get. ich muz hin keren vf ein ander spräche, we ninyne den babilon enphare.
vnde sich der barmch vnder want. gelonbet mir iz als ob ich dmme swure.
796 Onch njnive den recken, gelegen was tzfi verre. ir gewalt iz nicht er
schrecken, mid scerme khunde durch al der heyden terre. an drin konlgin lac
sa wol tsü mazen. dem trone von mesepor. do wolde de von nynyae besazen.
797 Der soldan offenbare, in beten da gesetzet, dem atmerat tzu vare. daz
der von mesepor da werde geletzet, daz baten brot bleib gar vngewaiie. wer
beren mit den basen iagt. der raac sich da gelackes wol verkvnnen. 798 Er
twanc se mangher tzinse. de se in ofte wagen, noc herter vil den vlinse. do
heth er sich von vranden vnde von maghen. dar tzu (so) denten im vil de-
nestliche. dnrch lehcnüge ir kröne, dri vii tzwentzich konfge ertwangen(l)iche.
799 DEs wände der von njniae. geweldich liehen drucken, des wolden sie nicht
dulde me. wan sie begunden an den barmch ruc rucken, der beyder herschaft
phlac gewaldichlichen. pabes vnde keyser. was er vo(d) art vber alle heyden-
Schaft riebe. 800 Vber al nicht gar gesundert. de heydescaft sich stucket
wer iz nu den iz wundert. d(e) laz ich druz ich han iz mich aneghetzucket.
de von egipten vn de von babilone. ir geloube [rw. a.] ir secte. mit ir goten
vz gesundert schone. 801 DE von egipten lande, de haut eyn mer wund\
wir kristen iz vor schände, hi han durch recht daz sie an snlhe kunder. hi
habent tzu gote vn se god hat gebildet euch mensche nach im selben, wc ist
er menslich sin also ver wildet. 802 So sehet man euch die kriechen, in
menslicher hüte, an menslicher wisheit siechen, se beten an daz vie vnde an
delute. vn an v(i)l mange tyer de wilde loufent der liste funde meyster. nv
sehet wie sich mit torheit de vorkoufen. 803 Gar aller liste wude. in krichen
sint er vunden. vnde lebent doch mit sunde. da von sint list vnde witze vnd^-
bunden. mid hohen listen sint vil mange toren. de mille artifex. gelicbent sus
ich man dehelle more. 804 AI de von bybilone. hi betent an de sunnen.
vnde sich gotlicher crone. hi wellent da bi selbe nicht yorkunne. se sint vor
erret in swacher goukel wrc. eyn leyte bracke ist wiser. der hebet van art
sich eben, vf de rure. 805 Alsus ist vnd^scheiden. ir sete gar vngeliche. der.
wilden torichscen beiden, daz kumt vns kristen doch vil selichliche. se lesen
vii vil selten svnd^ striten. wan daz so mangerhande. se kriegent vmb ir
::::ben an allen siten. 806 Wir laze sie gelouben. alsam vor mangen iare.
de tummen vnde de touben. wir kristen suUe kristenlich gebaren, durch den
nach dem wir sint benennet kristen. der himel vnde erde waltet, der muz vns
LEIPZIGER T1TÜBELBRÜCH8TÜCKE. Igl
wol Yor TDgeloaben vristeo. 807 DE barruk hat daz groste. der drier stacke
tciles. In hcidcnschaft der hoste, ist er von atmerat gar sunder meile(s). hin
vf von iesepor für er mid krefte. vn gbinc in mid gewalte, bi siner dri vnde
tzwentzic kouig schefte. 808 IN eine storme herte. da sie tzü samen qoamen.
mid grozem vngeverte. tzü beider sit se al da [b.] schaden namen. daz waz da
von der barruch was sich warende, der sine viende smahet der wirt an sinen
vninde misse varende. 809 Nv künden strites varen. de iosepor genendic. wan
sie da geste waren, vnkunde wirt doch lichte wid^ wendic. daz kamt al von
balscharlicher tete verebte, de minner kraft der geste. an mang^ stad itzwenne
demerer gar entworchte. 810 Nv was (oa)ch deme trone. wol deme gelich
ergangen, selb sechste dctruge kröne, wurden al da de ouch mit im gevagen.
oach qname ir de viere von deme liebe, amazur vnde eskelier. vn emalar ich
vngetzalt belibe. 811 DE *and^ gar mit vlachte. hi wurden weghe schihe. er
ist in rechter tzochte. wer ouch nicht vechten möge daz er vliehe. gevangen
git sich e der ellens riche. der hoher eren sorget, da von die vlacht der
tzacheit wirt geliche. 812 Nv worden sie tzü rate, de alda wren vlachtich.
da vnd^ in vil drate. der barruch ist so mang^ eren tzuchtic. Wir tragen wer-
dichlicher sund^ kröne, von deme atmerate. denne von deme kvnige ouch hem
democrone. 813 Vil schire alsus gebaren, de werden begunden alle, ir menie
entrunnen waren, de wurden irre in vluchtichlichem scalle. daz muz nv. sin
disse künden wider keren. vf ackerines gnade, der entphenc sie alle wol mid
grozen eren. 814 SE reten demotronen. daz er tzü ackerine. von alden ba-
bilonc. kerte daz weren al deseiden sine, daz duchte gar ey wicht den mutes
herten. er wante daz in losten, de solden mit ghewalte in herverte. 815 (D)ie
buten im vz de riche. vil tzuchliche schone, vnde weiten ordenliche, von ackerin
durch mannes kraft tzü lone. wa ir vns habt tzunrecht an vns*) vch erdrügen,
sit ir des nicht lobende, iz muz doch sin ge
Zweites Doppelblatt. Vorderblatt:
[vw. a.] 906 kriechen harte kleyne. icht wid^ komen
ich meyn de hohen tureu. denue valscheit die se keren. kegn gamoreth den
werden, dem gebaren. 907 Hey was er waltes**) swande. vnde ritter schaden
lerte. vn lichter heim enträde. da mite er den amien gar vorkerte. ir vroyden
vil da byeme in ir lande, daz wart in sit vor gölten, wart hertzelouden vrond'
in wart tzo phande. 908 SE musten in ture gelten, mit iamer allen wiben.
vn des vor dros sie selten, de wile vn er die kraft da mochte getnben. se
muste ouch vor den svn da vil geborgen, wa vroude er nam den wiben. doch
y
was ir lip tzo krank ouch tzü den sorghen. 909 Owe mich müt eyn merc.
daz yfner man ir stirbet. des müt so höhet were. vnde er oach da so hohen
pris er wirbet vil richer phande gap er da***) vor sin sterben, sit ir da
wirde nicht koufte. vür tot so trowe ich sin vil kleyn irwerben. 910 SO
vride y. wart gebannen. vor strit tzü beiden siten. was y al da. gespannen.
daz was eyn wlt wan ot sin einic striten. de viende mit den vrunden im des
iahen, wan sie von sinen banden, vil manghen degen da sere vallen sahen.
*) vn» durchstrichen.
**) Zwischen er und toaUea ein s radiert.
***) da roth durchstrichen.
182 O. lOLCHSACK
911 DOch vor kos gemach sin eilen, wie sdten er des phleghe. von kindes
inget gesellen, kondc er sich steter arebeit vur tregbe. dar an gedenken iügc
vn ouch de alten, der hase vil gahes erwildet. wie lange er an dem bände si
behalten, 912 Ghemach im schaden brachte, owe war quam sin witze. daz
er daz y gedachte, er bete daz ir sche3rn durch grotze hitze. van in getzogen
des adamantes herte. trost er sich icht tzu virre. der im doch leyder sterben
nicht en werte. 913 Sts streit der von anschowen. biz an de vnnften morgen.
vil maniger stoltze vrowen. amis vph sinen lip begande sorghen. daz in sin
hant des tages von prise driige. we sie den degen ir valten. daz betrachte [b.]
beide alten vnde ionge. 914 Eyn alter wise beiden, den heim vil wol erkante.
sin art wol vnderscheiden. der was gedret von ejnem adamante. er sprach
mochte ich ane schaden an in rejchen. i(cb kn)nde in wol gewinnen, den heim
trawe (ich g)hahes wol er wejchen. 915 Tzü hant s: (be)ghunde w^ben. vn
hüten richeit g^tes. vmbe gamoretes vor derben, vn jrmmer ghunst ires vrant*
liehen mütes. er iach na. w(el)t vs de mir helfen willen, ejn tejl der dfr aller
besten, lazt sehen ob ich den deghen möge ervellen. 916 ER nam nach sinem
mute, das lert in hejdenisch witze. eyn langes glas mid blute, daz was geno-
men ich wejn von eyne kitze. sns ritens vf den antzevin mid krefte. er slut
in keghn. den ongen. vii vmbe strickte in mit ritterschefte. 917 Daz rote
varbe schenken, mid rote wart verwiret« den hei(d)e wolte wenken. den sluc
der anzeyin daz vür gevidert. vz deme helme vlonc daz blüt dar nach mid duzze.
de tzonge wart gespeltet. der gap den rat nv sehet waz er iz genozze. 918
UOn den hi vmbe stricke, do leit er vil gebare, ire heim an vüres blicke,
er gap also daz in wart leben tore. biz daz sie witen nun deme belme liezen.
owe daz abo smehe« de adamas daz blüt da solte begiezen. 919 DE list gap
da geleite, darch heim vnde durch daz hoabet. der lantzen gleue breite, jpo-
midones kraft mntes vnberoabet. im räche gap mid pondir orses kone. daz er
in hete geaellet. vor alexandrie da vf der grüne. 920 DE tziost wart gedru-
cket, da kegn dem anzevine. eyn sper der eine tzucket. daz was tzu krank der
hohen krefte sine, doch wart der babilone da mid gcrüret. daz iz ge schiuert
kleyne. de hohe keghn den lüften quam ghefuret. 921 DE kraft von gamorete.
ist yfner wol tzü prisen. do sich gebrochen hete. de lantze von dem houbet
vnd er das ysen. [rw. a.] da in der wunden vurte mit sulhen witzen. daz er
nach wer gedechte. rn alle vallen menlich künde sitzen. 922 Und als er bot
enphunden. daz er was geseret. mit eyner tiefen wunden. Owe do wart sin
hoher müt ver keret. der wandeis vrie ane alle missewende. mid wcre er da
von in reit owe do het ejn manlich kraft eyn ende. 923 Svs kerte er vz
dem strite. der starke vnde der kune. des twanc in totes gite. er reyt vf cjnen
plan der was ouch grüne, verwapet vnder helme er gie sin bichte. vn sin ge-
scefte an landen, vnde ouch an luten ir] vrojde wart] vil lichte. 924 ER
sprach tzü dem talphine. der saz im vnder armen, gedenke an truwe dine. da
vnder la de konTginne dich irbarmen. benim irm iungen übe die hetzen swere.
be denke daz vnser mutcr. beide ejn wip von rechter vrucht gebere. 925 Dv
solt ouch wol gedenken, daz ich dich han vil tzarte. er tzogen svnd' kreukeu.
so daz ich j vortruren dich bewarte. des gip mir Ion an dem vil rejnen wibe.
ich bevel dir lant vii lute. vnde se gar vf de sele indine übe. 926 Owe der
lügen iare. we die in iamer swindent. se reyne suze klare, we sehe se uu bi
FTOoden vindet. ia des betwinget se wol ir riebe truwe. gewan sie von mir y
LEIPZIGER TITÜRELBRUCHSTÜCKE. 183
vroydc daz wer vor gölten nu mit steter ruwe. 927 Ich wejz wol daz yot
dirbet. de iamers de ynerloste. vn von ir truwe stirbet. izn si daz ir din helfe
kum tzü tröste, ich weitz ouch wol da se de vrucht vorderbet. de sie von miner
mine entphenc. owe so wirt ansowe. gar enterbet. 928 NV sage der konTginne*
daz sie dir da mid lone. elendes vngewinne. de du. bi. mir onch hast ir Uten
scone. biz daz sie gebn dir de h^tzoginne. ir sweste(r) kint signnen. vnde dene
ouch du mit richer kost ir minne. 929 Dv solt se vnder schilde. tU menli-
chen koufcn. mit kus [b.] sehe tzucht vnde milde, machtu dich in ir iüge h^tze
sloufen. da du ir wirst tzü eynö bioenden tzwie. an vrouden in ir mute, dl
selde wachsent wirt se din amie. 930 Owe du iüger talphin. nu bedorftesta
wol krefte. sit du müst entphlegende sin. von vunf lande alle der ritterscefte.
doch klage artüse ob dir icht arges werre. gaylet mit ecknnat. de helfen dir
des ich getruwe an'*^) in virre. 931 WEs heym tzü lande varende. mid allö
minem gesinde. vn wes vor den nicht sparende, phelc ir als ich knappen mer-
ner kinde. se sint dir gut von in din kinde**) wirde breitet kansta se wol
bebalten, daz dine tzucht ir willen an sich leitet. 932 Ghedenke miner sele.
mid hulferichen dingen, daz de vor aller quele. nu werde ir lost almosen saltu
bringen, in hospital vnde guten religiösen, der wort tzu himmel dringet, vil
selten rieh vz kloster vnde vz klosen. 933 Des wes gemant tzüm hoesten. bi
diner hohe truwe. de konlgkin soltu trösten, si daz ml kint genese von ir
ruwe. des phlic also daz iz din tzucht icht hone, vn alliz din gesiechte, de
waren y vor valsche vil gar scone. 934 Owe mir dirre mere. wes sol ich
plegede walten, ich bin vntrostebere. wie sol ich laut vnde lute wol behalten.
ia ich enwes wie ich armer selbe kere. du bist der mich da tröstet, nu gist
tu mid der strenge iamers lere. 935 Ihesus eyn svn der meghede | her. eyn
god in drin genende, iz vordert mi geley de | mid ger* vnde min gedinge
gar***) an tzwiuels wende, an dich daz brot daz wart von dem' werte, vn
blüt daz vns longinus liez. vz diner siten mid eynes speres orte- 936 Altis-
simus der hoeste. eyn valdich vnde driualdic. du bist des ich mich tröste, mi-
nes libes vn der sele gar gewaldich. habe ich indert ritters recht tzo brechen,
od^ sus meliche truwe.
RückbUU:
[vw. a.] J112 buhurt tanz se phlagen ritterschefte. nach wirde groz mä
lie da nicht gebresten. wes man nach eren gerte. des gap man vil den künden
vnde den gesten. 1113 Da phlac der rechten milte. der iunge vorste reyne«
so daz in nicht bevilte. von hetzen wart al da sie habe gemeyne. vnde da vil
von Silber vnde von golde. besvnd^ edelen armen, wer daz von siner hant ent-
phangen wolde. 1114 Artus der uy gewankte, an truwelichem mute, vn der
ouc^t) ny gekrankte, de truwe sine gaylet der gute, vnde gumemanz der wolge-
tzogen* wise. dem grahMoys ny rieten, wes eyne wrsten vrumde wirt an prise.
1115 SE wr::: in besund\ do sie im weiten raten, nü wes kegn manheit
munder. vnde to daz beste als y de werden taten, du bist ghewaltic gamo-
*) an durchstrichen.
**) kinde durchstrichen.
^*=*) gar roth durchstrichen,
t) Das h von spfiterer Hand.
184 O. 11ILCH8ACK
retes lande, der phlic also mit siime. das du alda Tor denest keyne scande.
1116 Dv salt dich lazcn vindeo. bi mäheit ynde bi sterke milde ^. so mva
▼or dir Tor swinden. al swaches lop yü volge al so deme schilde. daz er dich
werfe icht tz eren sitze, wes tmwe vnde bescheiden, miiie aller tagende wat
in guter «ritze. 1117 Onch sol de tmwe dine. ouch and^ koniginne. vnd an
ir kindeline. nu werden schin hastu getruwe sinne, so wes ir beyder schilt vor
allen Trowen. ynde phlich mit gantzen truwen. irer swester sigunen der seldc*
beien innchyrowen. 1118 Keghn dissen drin behalten, soltu dich wol an prise.
so machtu seiden walten, vü ist din hertze an hohen tagenden wise. als dich
von aUe dinem kane vf erbet, so witze daz da blibet. vor valscheit al din ere
▼nuerderbet. 1119 Sus Tolgete er ir (r)ete. als er do beste künde. Yor wän-
de! hafter tete. was da sin lip behüt in all^ stunde, siner werden kunft al
da dem [b.] brituneyse. er dankte im ynd in allen, do bereyten se sich nu von
dannen. der reyse. 1120 DE hochetzit mit eren. nam ende svnd^ schände.
man sach Yon dannen keren. yden rarsten hejrm kegn sinem lande, de gemde
det was alle wol beraten, de künden (p)rünuen witen. des wrsten lop in mange
lant se kraten. 1121 Als do nu hi de geste. gerüten sus waleyse. hi der
yU tugenden veste. tzionatulander der yiI kurteyse. de gamoretes Yursten er nu
sante. mid richeit der psente. itzligen heym da wid^ tzu sine lande. 1122
Nach eynes meyen stunden, de hochetzit was Yor endet, da. wol mid iamer
künden, owe der not ir leit ist ynnorendet. nu mey ich h^tzelooden rieh der
truwen. Yn sighune ir momel. de werdent eben rieh an hertzen ruwen.
XXIX- Abenture wie sigune yd ere | amis**) vnde ere amis tzu
h^tzeloyden wren.
1123 DE suzen yz katelaogen. Ynde de yz gza8waldan(e) begunde. des
behingen. d(a)z sie die koniginne tzür solitane. in also langen(tz)it5 ni ge-
sahen, se weiten da mid reyse. owe des nu wil se kumber yahö. 1124 Sie
füren an den stunden, da mid iüCYrowen balde. do se deklagenden wnden. tzur
wüsten solitane indem walde. se wurden werdichlicb von ir yntfangen. se horte
Yon siner ritterscaft. nu gheme ob de scone was ergangen. 1125 IN Yragete
dekonTginne. wer ritter al da were. do sagete er ir mid sinne, do was de kunig
YÜ seldenbere. vnde gaylet der spaniol truwen riche. vnde minane gumemantz.
Ynde eckunat min ohem weichliche. 1126 Da an der selben stüde. bed(a)chte
ir h^tze swere. weynen se sere begund(e). h^tzeloude al hi de Yrowe Yon dirrc
mere. se wart er mant wie se Yor dente sin eilen, gamoretes mit ritterschaft.
al klagende sach [rw. a.] man se nu tzeher vellen. 1127 Nv weynte ouch
hertzenliche. sigun de yU gehure. mit der konlgin trurichliche. da allen den
YTOwen wart de Yroude ture. de klage benam in do der truwen Yrute. er tzio-
natulander. sin suzer trost quam in do wol tzu ghüte. 1128 DEn iügen per-
ciualen. hi kuste in truwer mine. den suzen licht gemalen. mit oughen. reghen
sigun de h^tzoginne. wan sie gedacht an mangen kus vil suzeu. den ir in
iugende gamoret mid truwe durch trüwe gap riches gruzen. 1129 Disse klage
riehen Yrowen. in namen hi be sunder. durch wunnicbliches anscowen. god
bete yHz gelcit an se durch wund\ ich wen ui muter reyoer Yrucht gebere.
*) Herke durchstrichen aud das d in milde aus t geändert.
**) «n ere amU ist durchstrichen.
LEIPZIGER TTTUBELBBUCHSTÜCKE. 185
Bin vil lichter lieplich anblick. benam in alliz traren vndc swere. 1130 AI
sine ledel mit sinne, sie scowten al gemeyne. da bi den sumf der mine. wart
ouch gemezsen nach des libcs klejne. daz was alliz nach wünsche an im ge-
machet, sin lip der suze lichte*) klare, den kos mä njnd^ syden groz ge-
swachct. 1131 DEr wrste an sinen armen, ouch trnc den iügen kleinen, nu
maz iz god irbarmen. sprach er daz wir noch gamoret den reynen. in bloender
iugent der erden mnzen lazen. sns gibt nach snze eyn sur. der wcrlt gemejne
hin des si ir Ion vor wazen. 1132 DEr wrste in ofte kuste. mit wazzer riehen
onghen. wie wol in des gelüste, er sprach also mit warheit svnd^ longen. vns
hat god hi vil wol mit dir crgetzet. din vater ob da lebe solt wir sint an
vrouden noch al vngeletzet 1133 Sns tzü cyn and^ sazen. an vronden de vil
kranken, kand ich ir top gemazen. kegn wirde niman solde mir des danken, das
hat vor denet wol ir rejne truwe. daz ire lop die lenge. biz an. daz leste der
werlde hübet nuwe. 1134 DEn tac se nahen mid leite, da bliben bi eyn ander.
[b.] sie mochten ouch vor scheiten, sigune wolde mid tziouatulander. se mochte
onch wol vor klegelichem sere. de nacht alda'*^^ belieben, sie vorcht§ das sie
klagete deste m^e. 1135 Orlop se do da namen. vnde baten ire gote walten,
de durch des reynen samen. do sprach dehoeste rouze vch wol behalten, ge-
sund vnde gebe vch ymmer seid vnde ere. se scheiden sich mit küsse, vnde
vz ir ougen wengel tzeher rere. 1136 Sie bevulcn got de getmwen. vnde ir
svn seldenbere. sich wil ir küber nnwen. alhi mit mange vremdö klaghemeren.
der wrste von dannc wol ey raste kcrte. an cyn riaer vil drete. daz meit mere
sie beide kumber lerte. 1137 UOn koste rieh cyn hoch getzelt. da sluc mä
vf de plane, tzu rassalik gap svnd^ gelt, deme gamoreten. da in belakane. tzü
vrande erkos vii oach nach prise tzu lone. gap ir got late vn lant. da vnd^
wolten se hi ligen scone. 1138 DE nach se mid gemache, hi waren svnder
swere. des vngelackes sache. da in des morgens vrn eyn.nawe mere. da von
sie ymmer me an vrouden worden''^*) sigen. vn nach deme selben tage, so
daz sie kumm^ vii not begunde ane wigen. Ghemacht e3rn eren schare, do
was der edlen iugende. der eren suze mit sare. de edlen müsten er werben
vnde mit tagende, sit daz ny wrste baz gewarp nach prise. denne tzionataland\
daz mocht oach nicht geschehen in semfter wise. Nv beten de arbeite, de im
noch ny genaheten. mit wrrsten wcrdtckeyte. alle de sich kegn im darch pris
ver ghaheten. de wurden y an hoher vluste wnden. ob daz sit wart vor keret.
doch swcbt sin pris de lenge hoch tzallen stunden. Groz ere vnde kumber
hebende, sich wart an in hi beide, in wMicheit se lebende, se worden ouch
da bi in mangen leyden. arbeit küber leyt mid grozen eren.
Drittes Doppelblatt. Vorderblatt:
[vw. a.J 1547 DE beiden nicht vor gazzen. kegn manheit irer krie. die
kistcn ouch da mazzp. nach helfe ruf an den de maghet marie. daz sol vch doch
vor smahen hi vil kleyne. tzü beider sit ducente. de kegn strite waren in der
meine. 1548 Uil strite kumt tzü prisen. de nicht tzü vare würben, den iögen
vnd den grisen. vnd daz doch wed^halp da nicht en sterben, waz yeman vnd^
*) lichte durchstrichen.
"*■ ') alda ist am Rande nachgetragen.
***} uxyrden ist durchstrichen und unterpunktiert.
186 O. MILCHSACK
hanuuch kao gestriten. daz ist eyn spil mid tocken. da kegn der schinet bloa
an aUen sitcn. 1549 Und doch sin girde ringet, hi mit totlicher yare. Tn
sine arm er swinget. daz. machet tU der regeladen bere. der müs des selben
geldes wid^ borgen, synder wapen striten. da nach eyn tzagc ynsanfte sin vor-
borghen. 1550 Dnrch daz so bin ich lobende, daz selbe manlich eilen, bin
ich der witze yntobende. ich sei se noch wol tzü den besten snellen. wan
sYnd^ wapö wirbet vnaortzagende. des wibes helpfen sonder, man ist durch
recht von siner mäheit sagende. 1551 Dar vmme nicht vor lesen, sol nyman
menlich werben, wer vnder wapfen kesen. wil vor vlucht der tzaghen manlich
sterben, der mac wol menlich ere hohe messen, vnd werd^ wibc minc. ich wen
der wirt vil klcyn al da vor gezzen. 1552 Mich moyet der vngetonflen. not
durch ir ellelede. v& der de truwe koufen. nach gamorete ob daz gelucke
wende, ir lebens vor lust daz vrumt an wibes ougen. da'^r trawe rieh che
hertsen. der vrunde not y galten sunder lougen. 1553 DEr boten ackerines.
hi tzwene waren vor schroten, owe des klagendes pines. de müste man. do
kleyden tzü den toten, der eyne was eyn. graue vil edel rieh milte. der and^
wirt an prise. also daz er tzü denste reyt mit schilte. 1554 Die andern alle
wunden, da betten in der maze. daz se nicht lazen kvnden. ir tage reyse vor
sich vf der straze. die heidcnschaft hat tzur ar [b.] cedye vil kunste. so bin
ich svnd^ vraghe. ob se in selber weren rechter gunste. 1555 Nv het ouch
lebenes lenge. Ir helfe eyn teyl vor gezzen. so daz der tot vil strenge, der
krislen tzwentzic het mid kraft besezzen. daz gaylet vil wenic sit beklagete.
al er vomam de mere. an vrouden durch die beiden er vortzagete. 1556 DOch
split er sorge stucke, tzün vrouden balp geteilet, da sulcher veder tzucke. den
kristen het alsus der tot gemeylet. der wVsten dri vnde graben achte riebe, daz
maz er sie kegn prise. daz sie geweret sich betten ritterliche. 1557 Nv wart
sin dannen kere. vor in dri tage reyse. daz gap im sorgen lere, wen er ny
selbe quam in groze vreyse. er quam da er eyne vrowen horte schrien, de
was von fursten kunne. de wold* eyn vngenoz tzü eyner amien. 1558 £R
bette sie gar depliche. da von den achtzic meyden. betrogen trogenliche. mid
argen listen vz dem hob* ge scheyden. vrians von ponturteys der was sin bru-
der. aber kebeslichen. durch recht be iaget sit der scanden loder. 1559 Hy
reit der von hyspanie. mid königlicher meninge kegn im vf eyn ander planie.
vnd sach die maget leidic vnde senige. se ref in an wen sie in wol ir kante,
der konTgin richauden. se in bi grales heilichheit do mante. 1560 Min müter
bi dem grale. er tzogcn wart von kinde. vnd* wart al svnder twale. der koni-
ginnen richauden inghesinde. von montzalvach vh wr mid ir ke^n spangeu. owe
der leiden mere. daz mich eyn s wache vnart hat gevaugen. 1561 IR stimme
in gahens rurte. inz herte nicht dar vmme. nü was der. se da wrte. vor aller
guten wittzen gar eyn tumme. er wol vor wapfent gar vnd al de sine, von
Spangen der ghetruwe. ydoch ensettzen wolde er nicht die pine. 1562 IN
achte vn bannes vlüche. was der von poutumeyse. er het eyn burch von [rw. a.]
tuche. mit listen sam se richer aller yreise. were vf einem hohem velse ge-
vieret. wer vzen was desehende, der wante iz were oc^*) mermel rieh getziret.
1563 VOr quadert mid gemele. beide vzen vnde innen, ydoch mä iz in hele.
türme wickhus erker vn tzinne. waz ouch nicht wen tuch al dar gespaunen.
*) Das h ist von späterer Hand.
LEIPZIGER TITÜBELBRUCH8TÜCKE. 187
do was der berk so veste. man het in wol entwert mit lutzel mannen. 1564
DE cyn vor wapeot waren, so was der ander mere. nv began der vluchto
▼aren. der elelenden maget ire hohen ere. mut vii willen gar tzü nennen hete.
der jlte kegn der bürge, roid maget mid alle dem volke vö gajlete. 1565
DEr reit eyn ros so drete. daz ninder was in spanie. daz im gevolghct hete.
wed^ an den bergen noch vf wilder planie. des het er intzü klejner stunt er
ylet. nv was der bnrge straze* tzu beider sit mit schach vndo rebe getzeilet. 1566
Tzom vnde daz ors vor howeu. eyn teil wart bi den oren. cyn dener dirro
vrowen. da von wart sigelos kegn dissem toren. wan er dem orse kvnde nicht
enthalden. ane alle de sine alleyne. moste er hi do der vengnisse walden.
1567 Daz kebesliger vruchte. y houbet kronebere. in vangeligher tznchte. solde
beroren lip owe der leiden mere. des wer im vor dem riebe nicht geteilet,
vnrat de den wirt daz 1er te. er wolte in do mid tote han gemeylet 1568
ER wolde nicht lenger biten. er muste daz houbet recken, eyn mer quam in
den tziten. daz half hin nü von spangen den edelen recken, man het des wer-
des brod^- tzwene gevangen. richaude wart geborget, des widewendomes daz was
vil nach er gangen. 1569 DEn koof vor sprach do niemen. vn dnchte wol
gewgen. der wirt do twene bintremen. vor eynen borten nam al da vil klagen,
er schiet ouch hin hüben dachte im vil smehe. [b.] sns wart de maget ent-
panden. ich wene daz se von im doch traric sehe. 1570 Nv wart tzu hone
geneiget, die vroude vber allo meiden, an klarheit vz geseyghet. was se de
trugen list da het gescheiden. von in vnd* daz de tzal do was gebrochen, iz
müste alsus hi werden, wan daz de hochetzit »als o were do gesprochen.
1571 Iz were eyn schade kleyne. de vlust der megede herre hi wid dem
alleyne. der wart geprufent hundertvaldic mere. ob de hoch getzit erwinden
solde. mit busine krache, so kumt er nü der klage wende wolde. 1572 DEs
kunfi vil vrouden brachte, des konTges von hypanie. dem marschalc nich vor
smahte. er geh* im wol der maze wit der planie. daz in mochte nicht eyn
spehe dringen, dcboten brot so riebe, gap man do nü in vil an allen ringen.
1573 Vil manges landes herren. mit scalle dar^) nn tzogten. vil nahen vn
verre. durch ghude der eyne vor den anderS progten. mid kost vnd ouch richer
gäbe solde. sam wazzer vnde berge, in irlande wer der art von klarem golde.
1574 Nv wolde gerne erkennen, der konigh in sunder meiles. de der eren
gart da nennen, künde vnde vil beiagete eren teyles. gaylet**) dem eckunat
al hi nv sagete. wie tzionatuland\ der hoesten vertzic von ir wirde iagete
1575 DO en weste we gebaren, er do von vrouden solde. o wol den lügen
iaren. vil lebe gamoret wan god nü wolde. daz du noch werest libes vlüst eilende,
gedrcnge ny so herte wart ir moste wichen vor vwer beider hende. 1576
WEn SO' de ors geliche. triben da mit hurte, fiafi nv wiche, wer da ge-
wesen ir aller rede antwordc. al da nicht vallend acker wolden mezze. ob yman
se mid haze. da rurte der wer vil
Rnckblatt :
[vw. a.] 1 692 girde. hi nicht
tzü bilde noch tzu bald ***"". bi edelen werden vrowen. ich weys nicht wat de
*) Das r in dar aus z entstanden.
**) Das a in gaylei aus e entstanden.
188 G' MILCHSACK
also schone kleide. 1693 WEr sich bi vrowen vlute. kan lobelichen haldea.
wo doch ir reyne gute, vil seiden lobes vii eren kune walden. doch sit k^n
in behüt der tznchte wise. wan lant siz vngemeldet darch ir gute sc merkent
aber lise. 1694 DEr edel hoch kurteyse. was dirre tzucht al wise. ich meyn
vz kamvalejse. den du edel konfgin amphulise. er tzoch mid aller tngode si-
genufte. an alle misse wende, der ruf in alle riebe phlac der kvnste. 1695
DEs het er svnder scowen. von ongen alder diete. ritter vnde vrowen. hi iahen,
goddes knnfte hoher mete. de mid vlize an im vor de net were. vii an des
grales herr&. her amphartas do spilt kejm and^ mere. 1696 Dar nach Yon
norwege. dem ingen swertes degene. man iach im wol iz lege, sin klarheit
wol kegn. werder wibe segene. daz im der nymmer keynes hazzen troghe. tb
virgolach der klare, wan daz er nicht an tugenden was der kluge. 1697
Uli lichter varbe glänze, da luchte von mannes bilde, alhi tzu florischantse.
der allir namen mir tzü nennen wilde, wer ob ich halt nicht denne landes
herren. be svnd^ brechte tzu merke, so müste ich mich in mnnote ▼orwerren«
1698 Gamoret der ander, ist er bi name nennet, yil wert eyn kunigh bekander.
▼on baidach ackerine wol er kennet sie habent wol geliche man Tntfangen.
sns iahen sie gemeyne. an die ir beid^ kunne mocht erlangen. 1699 AN
dem Verden morgen, den ersten hochetziten. vorbaz da nicht en. borgen, da
weiten sie die ors tzü velde riten. artus gebot man solde also nicht mere« der
▼bermaze volgen. daz sich die vroude an truren nicht vor kere. 1700 Wir
ylüten vf dem plane, egester sibenhü [b.] dert ittzliger was nicht ane. hoher
wrsten namen vz gesvndert. we man sie dar vo: meninge nicht entphinde*).
se sint mir so bekennst, daz ich her nach mi hertze intruren binde. 1701
ER wac de vluste der hüte, kegn schaden also verre. tzu keyner vrouden
träte, wold er nymm^ me vf al der terre. hochetzit so grosze hi me gheprunen.
tzu buze Torlust der mage. heyz er diz gelobte vber al berufen. 1702 ABtos
den konigk laten. nam vli den konlgk marken, detzwene vnpris ytaten. sie
kvnden den vor graben vn besarken. daz in ouge noch ore nymer me bekante.
in ir tweders riebe, daz waz der ruf ir beyder in mangem lande. 1703 Vz
pandragm der vierde. die riten tzallen ringen, in tznchte (ri)cher tzirde. batens
alle die fursten svndMin(ge)n. daz sie alle ir wirde selber merten. so daz sie
tznchtichlichen. mid svnd^ schar tzu velde bnhurt kerten. 1704 Unde ittzlich
svnder rotte, mit eyner schar gesellet, hi frant':yz da der schotte, ob vch
herre in holden ::z gevellet. ich bin nicht der vch kleit a(Is) groz gebete.
des sol min recht vnde wit*e. orteyle gbebn. ob ich mich tzucbte niete. 1705
WEr mich der dinge bete, daz mine selde were. mid gantzem willen stete.
sold ich im gerne volgen dirre mere. da von so waren in aide wursten we-
rende. der bete svn:er kriges. wen er ir selber selde was der gerende. 1706
Vnde y den tak begarbe. eyn rote buhurdierte. doch nicht gelicher varbe.
so daz sich yder man nach willen tzirte. od^ a(l)s wir von art daz vf geerbet,
des wart ghelich der beide, de ritterschaft mid svnd^ glize geverbet 1707 SE
ducht vf al gewge. an de konfge artuse. daz er des ersten trüge, orhap der
ritterschaft. vnde für von buse. da mid den. von britanie vnde engelande, vnde
de man in precilie. in frig^en in talimon erkande. 1708 INliz in kambrie. in
[rw. a.] spolit tenemarke. misenlant ardye. vnde von sweden deuten alle starke.
*) Das d in entphinde aus g gemacht.
LEIPZIGER TTTURELBRUCHSTÜCKE. 189
artase ich mochte dennoch vorbaz sprechen, wnftzehen konige kröne, de im
tzü rechtem denste nich^ solden brechen. 1709 Dar tzü vz alle den riehen,
vil wrstcn man der konige. wer al da vreaelichen. in denstes wer gewesen der
ober pvnige. den wer daz wrsten amt al da getzucket. also daz er an wirde.
were da von vil geswachet ynde drucket. 1710 DEn ersten tak vnwendick.
was artus ynde desine. ir bnhort wart genendick. also daz sie ge drenge Icrte
pine. we doch hi florischantze pleghe der wite. so daz de amelnnge. der hnnen
vil da. qusme onch tzu strite. 1711 Mit eren sie iz hoben, mit eren se iz
lezen. wan daz der luft da tmben. begnnde iz mochte die werden wol vor drezen.
darch klare vel vnd gibt den enge g(er)te. artusen von do kerte. vf grone
wasen von ackerberder sete. 1712 DEm vanen da nach tzogeten. die andern
algemeyne. waz itzli(g)e(r) pmgeten. daz sol von mir gesaget werden klejme.
wan 8vnd^ grozen schaden wol (tz)a prise. worben die da waren, daz riett*)
vz pandragun der aide wise. 1718 DEr werde von yspanie. des andren tages
tznm negesten. der wrte vf der planie. ane artas de tursten vnd die nehesten
bantzier vn hurteger den stoltzen. dar tzü den von ybeme. von roten castelen
wrte er karifoltzen. 1714 VOn granat von darlentze. dar tzu de von galitze.
ir Schilde lichter glentze. ob ich iz lange tribe daz were vnwitze. ob se hi vil
wol riten da bi man sebekande. des dritte tages pnnirte. listandes konigk in
vrankricher lande. 1715 DEm volgten de von arle. vnde ouch de von ge-
runden, vnd ouch die von (l)amarle. von kvmerci. vnde de provinz da vil wol
pruuen kvnde. von berbester vnde von naribole. ob die pris beiageten. so wart
in stoltzer wibe gruz tzA lone. [b.] 1716 Tionatulander. des vierden taghes
wolde. wes wart er nicht der ander, tzü ritterschaft. ob ich daz sagen solde.
von kraft der lande, frankrich vnde spange. vz waleyz vnde anscowe. de wrsten
volgeten im vf der plange. 1717 Unde ouch vz kingrivale. von norighals die
kvnen. mid lichtem sinidale. ir buhort da machte bleych den anger grünen,
von kathelangen vnde von graswaldane. de kvnden wol den itig§. nach grozen
eren riten vf dem plane. 1718 Nv waren von komuale. der edel kone marke,
nicht lenger haben twale. da an dem wnften tage wolde der starke, rieten pnnejs
mid den von grauiole vn de von kornvale. vnd laridande vii de von tintaniole. 1719
DEn scxtcn tac nü tzirte. von list der kvnicgk scüte. manlich er kvnduerte. den
pünt^ys lank mid manger vrowe trute. von barbigol vnd de von auendrone. von
barroch libusch. de holden vil puneyse in mangem done. 1720 Dar nach
quam tac der sibede. do reit der von naverre. ob nv der erde bibede. ia wa
sich der puneyz svnd^ harre, nach der paniere vloge al da geneiget, het er
fürsten riebe, vnde wite laut daz wart da wol ertzeiget. 1721 DEr tage
wurden dritzic. mid konTgcn vnderscheiden. der itzeliger vlitzic. da was we er
den anderen vber kleyden. da mocht an richer kost vnde an der tete. vber
alle hochefzite. wart hi von dieser nv geprüuet stete. 1722 Ob ich nv svnd^
nante. de dritzic an daz ende, itzeliger wol hewante. den anderen dort desint
vns nv eilende, ir decke ir panier vnd ir lichten schilde. we se da mit ge-
florieret ouch riten. ich wen tzü sagene iz vch bevilde. 1723 Die dritzic ko-
ningc alle, y eyner vf den ander, da riete sus mit schalle, an dissen koning
was tzionatulander. den wrsten an der tzirde
*) Das zweite t in rieU ist später eingefQg^.
190 O. MILCHSACK
Viertes Doppelblatt. Vorderblatt:
[vw. a.] 3030 vDde sterben. 3031 Hi
wid^ vf plenantze. de ritterscaft was tzilende. woz da manige schantce« nacb
gevelle siccurejs was spilende. daz im gevel daz wart ir vngevelle. wer ir kegn
im was körnende, der hete leng^ nicht deheyne twelle. 3032 Der wart so tiI
da ligende. das iz den barruk mute, herre gar vnuortzigcndc. hi miner denste
lazt durch vwer gute, biz yber morgen bringt vns vwer ghcsellen. ich läse
ouch svnder gelten, der miner also vil nicht gerne vellen. 3033 Nt iach der
trowen stete, von tabranit der riche. daz er iz g^ue tote- do sceiden sich de
w^den wMichliche. da von ouch siccurejs de babilone* vernamen dirre mere.
de iahen daz si ouch der miile tzu lone. 3034 Uil ritterlichen werben, keghn
gamoret se wolden. er muste nu aber sterben, durch daz tzü rechen, senu Yon
im dolden. neyn. sprach da sjccurcys ich hä gedinget, dur willen werder wibe.
daz nyman totlich var mit zoste bringet. 3035 Wir willen vf plenanze. mit
ritterscefte kiesen, wer tzeyncm werden krantzc. der mine tzeme daz er icht
gar Yor liese. der wMe wibe minecliches gruzen. wer dar vor denct trege. der
solte iz den gote vnde der mine buzen. 3036 DE vrteyl wart gesprochen,
vbr al de wilden kriechen, sin pris der wer gebrochen, vnd er wolte an hohen
eren siechen, so daz ich werde wip icht gruzen solten. all de mit tzioste valle.
al hi von min"*) reysen vor liesen dolten. 3037 Unde wer ir eynen valte.
der solte des jmm' mere. an lobe de' betzalte. sin ouch wa man den werden
bntet ere. de sol er habn vnd muz se habn tzwispilde. hi des gedingen riche.
sich vroute manig^ dem er wart vil wilde. 3038 De recken vb'mute. an deme
dritten morghen. mit herschaft vber vlute. se tzogten her iz was [b.] an in
vor dorben. ouch truren vnd ouch tzegelicher vorchte. im. pris wolten se oben,
der vil al hi vnrechte hochvart worchte. 3039 De brudcr tzwene entphiengen.
den barruk da mit rechte, vil scone se kegn im giengen. a hVc wir sullen
durch krumme nicht der siechte, enbem ir krümmet dar ir hus heyme suchet,
ob wir vch nicht emphiengen. da mite wir vnse suchte nicht beruchet. 3040
Der barruch. nü lazt mich nicht entgelten, daz ich tzu babylone. vch beyde
han gesehen, also selten, also ir mich tzu baldac vnvordrozzen. vil ritterlich
gesahet. des wir tzü beyd^ sit nicht habn genozzen. 3041 König syccureys
wol künde, hi beydenthalp gebrechen, de rede von irm müde, der suzc be*
gunde suzichlichen sprechen, wir sullen hi besehen, wer n(o)ch minne. vil
ritterlichen, werbe, tzu beyd^ sit an vluste vnd an gewinne. 3042 Nv liezen
se de drigen. des ersten an eynand\ ydoch se künden bringen, tzioste daz
man trüzen san galäder. da in den lüften sach vil hohe viegcn. geberde ritter-
lichen, künden, se eynand^ vil wenic triegen. 3043 Gar tzwierhande kleyde.
hi gaben de tzioste. luft vii erden beyden. da wurden wol bekleyt mid richer
koste, de trunze in den lüften hohe weten. von clienthaften hendeo. de ritter
in de blume se da seten. 3044 Do se tzü beyden sitcn. do spi Inten dirre
schantze. do sach man drundcr riten. den mä da gap der miiic tzü eynem
kränze, de svnne ir abentreyse het er griffen, man solte des morgens striten.
daz wart mit rate och aber vnd^ sliffen. 3045 Durch lop der abenture. der
vride wart gelcnget. tzü hoher miile sture, würden se des morgenes da ge-
*) Das er ist von spaterer Hand.
LEIPZIGER TTTURELBRÜCHSTÜCKE. 191
phrenget. de hoesten vber allen heran beyden. da solte man luft Tode erde,
mid ritters wre werdichlichen kleyden. 3046 Daz (wart) nicht voder standen,
man sach de edlen vrechen. mit clienthaften handen. sper vii seilt so hurtich-
lieh tzü brechen, daz sin der luft an [rw. a.] kleyden moz enphinden. vnde
honbet kronebere. mochte man in den blumen ofte vinde. 3047 Waz do tzü
beyd^ siten. der konige wrsten were. de sach man also riten. daz der meje ny
80 wnnenbere. hi blicke varbe brachte de der tzim(ir)e. an klarheit mochte
genozen. von steyne golde siden mang^ tzirc. 3048 Dem voget ackerine. en-
baten se mit hulden. ob er durch wir:: sine, eyn tzioste hurtichligen wolde vor
dulden, de wolte ritterlich ouch ge(r)ne e(n)t(p)hahen. Pompeyus der werde,
daz liez im nicht durch hohe tzucht ▼ersm(ah)en. 3049 Were ich im vor
sagende, wer mochte mir daz geraten, ich bin von sculden klagende, daz sc
mich y so selten icht geb(a)ten. de herren ml des han ich sere entgol(ten).
ich wil ir bete leysten. odr ich si an hoher wMicheit beecolten. 3050 Se
sint der tzuchte begernde. durch daz ir gruz de erre. vch hi sol weseu we-
rende. so enput*der an(d):: ypomidon ml herre. der gamurech ob (er) icht
tzios(tc) ruche. si er von mir gelet(zet). daz er (and^) weyde sin heil vor
suche. 3051 M(a)n ist se beyde werende. der zoste svndcr (va)re. vnde sint
se des begerende. daz da ge(m)achct y gedladen bare, so lazens hi gchcke
vnd ellens scheyden. daz sol belibcn (w)endic. sprach aber siccureys der werde
::(y)den.
-LV- abenture von pompey vnde | ackerines tziost. (roth)
3052 POmpey vnd ackerine. vor tzachheit de beklibene. eyn tziost von
rabine. wart also hurtichlich do dar getribene daz de sper alsam eyn glas gar
tzü Sprüngen, de spretzö mid de(n) truntzen. verworen in der hohe de lenge
ru:gen. 3054 Nv wurden se ge sceyden. ir ca:itan de werden, de luft se
künden kleyden. da naket vii bloz vil gar der erden, se svnd^ kleyd gar svnd^
dank vor gazzen. strege vnde wid^ strenge, was hi da mit se lobe(li)chen sazen.
3055 Nv sach man aber triben. [b.J da tzwene her mit niten. wer hochelobten.
wiben. lebe trage der wüsche daz er miten. daz vngelucke muze baz den eyne.
ir eren kränz vnde kröne, vor allem, valsche kund er wip y reynen. 3056
Ich meyn den abenture. vz manger not gewiset. da hat mit seiden sture, daz
er ouch y von dannen scheit gepriset. god vii sin recht sol in noch vorbaz
leyten. in siner werde iugende. ia quam er doch tzü vrü kegn arebeyten.
3057 Do wart gesezzen vaste. tzu valle wid^ strebene. der wirt kegn dissem
gaste, alle sin gote er fürte vil hohe swebene. svnnen man vü ouch destern
an schine. so wold er selbe sin eyn god. durch daz so müst der gast nu dulden
pine. 3058 Vil hurtichlich er sprenget, hi wurden vf dem plane, mit sporen
da gctwenget. tzwey ors vil drate vnde aller tzacheit ane. decke vnde wapen
rok gabn doz mid lüfte, von irre widmen, sprangen, der ors als ob se vlugen
da mid gufte.
•LVI- abenture | we ypomidon von gamoretes tziost | viel, (roth)
3059 IR ougen maz nu brachte, de sper tzü rechter merke. a1 inder
mut gedachte« man vü ors vil sper de phlagen sterke. ir sper vf schilde ga-
ben doz mit krache, ypomidon der riebe, da in den blume lac mit vngemache.
3060 Getzucket wart er gehe, von konigen rieh den blüme. vor keyner slachte
192 G. MHiCHSAGK
smehe. sol iz hi Djmaii haben wen tzu rume. al minen goten smäf
werde, bi ich hi willichlichen. gevallen wan iz was ir groz begirde. 3061 Dt
ere ist yngemezzen. de se mir wellen fugen, vnd ob ich wer beseizeD. dir
vmme sc min vil gar vnd^ singen, iz so de viende in striten machen kune. du
se vlncht vor miden. so wirt mid in bedakt vbr al de grüne. 3062 Mit diiR
▼alschen ere. gewan iz tzwierhande. er scamte sich deste mere. wan er tia eynen
Rfickblatt :
[vw. a.] 3187 den. vnd wer der ejnen emerte.
dar vmme tzehen sterben musten liden. der itzeliger vil sccdeliger were. ge
seilen gantzer truwe. vnd sippe wirret dicke snlhc m(e)re. 3188 Das ich na
witze hete. daz wer mid veh geteylet. mit lere vnd och mid rete. so dats swir
svnd^ scadcn vngcmeylct. mit heile bliben lobelichen lebede. den trost md den
gedingen. si allermalk im selben willich gebende. 3189 Ich bin Tch trost hi
wegende, der vns gelucke bringet, de strit kegii vns eint phlegende. dai ist
eyn wilder dett so mnzet geringet, gesammet also wit in lant de virre. vad
bekennet truw" noch mifle. wol halp vnde me vnds wirt an mäheit irre. 3190
So sin wir alle gesellen, edr mac mit truwen riebe, daz kan dem man sin eilen,
so wenken daz er vrunde helpheliche. sins selbes kraft vnd viende nicht ist
sparende, wer sus in noten wirbet. der ist mit truweu vnde mid eren Yamdet
3190 Cardigun nü rite, bi mincr swestcr kinde. in mangem starken strite. kü-
destu 7 vornoten wol cnbindcn. de vz er baledeyse mit dir wren. dem inte
konigkriche. vnd dir doch keyner helfe ny geswnren. 3192 Daz schuf din
menlich gute, mid truwen vnde mid milte. also daz ir gemnte. doch kejmer
dcnste ny kegn dir bevilte. al sulhcr dcnst der wirt den vienden strenge, der
vrunde er twungenlichen. tzu noten fürt de tu wert nicht de lenge. 3198
Algusier von parligente. de künde miner swester. dir sippe fundamente. hat hi
also daz se eyn teyl noch vester. da lit kegu dir denn^ ich wand erst din
bruder. den se da vatcr heyzent. des vater sippe ist von voder*) den der mnter.
3194 Uon karlisibunden. persap du ellens vester. din truwe segebunden. vil
vestc kegn den kinden miner swester. ir vater [b.] dich von arte vctter nennet
de truwe vnde alle stete, ist vi] lange, wol an di(r) so be kennet. 3195 Der
Senator von ponte. vnde pohurat von pureile, vil eskcli(e) vnde likontc. vnd
amazur der werdichcit vil helle, de virre von ir manheit ist erklungen, vz vwer
beyd^ riebe, vere. ich weyz veh bcyde g^ne bi den iügen. 3196 Uon sar-
rassol nu rite, menlichen kegn den vienden. der nünden scar nu :::te. alle
d:ne vordere, sich y binden, pytagoras din vater an ritterscefte. vil hohco
pris betzalto. aripuleys gedenke der hohen krefte. 3197 Gevrunt vnd euch
gemaget. wart ich ouch ny so gerne, nu wart da vil gevraget. nach konigen
tzwen de waren gar mit kerne, der manheit svnd^ scal von kinde er altet. vil
guter rittcrscef:: iach der barruk wirt ouch von in ghewaltet. 3198 Der
eyne heyz ardibuntze. dem konlge von zisarie. vnd ouch her kule duntze. dem
konTge vnd heyz 8i(n) lant orledaric. se wurden bracht ::: helfe dem atmerate.
er sprach nu s::::::: phlegende. der nünden schar mi(d) hcl:: vnd ouch mit
rate. 3199 Mit kunlgen :::: gehuren. wil ich nu scar de nünden. (nach)
*) Das r in t*w7«r und 319G, 3 das o in nünden von späterer Hand flbergre-
schrieben.
LEIPZIGER TITURELBRUCHSTOCKE. 193
wr de andern sturen« tsa helfe den iii(ge)n suzen klaren vrunden*). de mines
selbe, vreche sich gelichent. minen vil leben kinden. den si geschickent siten
eben r:::hent, 3200 Bolitars der bmne. vz dem ri::: kahafiese. ynde de
knnTgk fortnne. de g(an) im sitzen wo! an dem genieze. ia da vil :dicheit im
nicht entriset der knnTg v(on) grunlanden« vnd vtrejz der was y al8(:m) ge
priset. 3201 Kavnen ?h apollen. (mam:::) ynd temiganden. bevil ich gar
de ▼olle(n). de in der nvnden schar ti manchen la::: da bi dem iügen klaren
sint (d)e ▼a(re)nde(n). vnd dar nach al de mine« de se da ::::: vor vngelucke
sparende.
[rw. a.] LVIII- abentnre we krechen ir boten santen dem | barrach
vn we jpomidon | sine schar schikket. (roth)
3202 DE konige svnderlinge. als se tzonand^ horten, sich ::7ten tzu
e7(ne)m ringe, de sich an der wite vbn: enporten. j mitten santen da de
wilden krechen. man solde des morgens machen, vil magen toten vnd euch von
wunden siechen. 3203 Und ob iz vch gevalle. daz ir de(n) ::::: tzu malen,
in eynem tage mid alle« eder wolt ir da halten svnder twalen. mit :::bem
her edr mit dem drit(ten) tejle. was dar an ist vwer will(e). daz ma-
ch ent vch die kriechen, vil wol vejle. 8204 Man hat vns nu vil lange, vwer
sch(ar) benant eyn en(de). ob se mit dem gedrange. sin gelich vnde manheit
der genende, se haut sich mid der tzal kegn vch geliche(t). ich meyn abr
(a)nder g(lit)ze. h(a)nt se vch r.eftichlichen (vb)er riebet. 3205 IR sult vch
herre beraten, in rede vnde antword" gebende. al(s y) de wisen taten, se
jehent sus ob er sit gerne lebende, so sult ir vch des parruk (a)mt (vo)rtzihen.
vnd onch des atmerates. (v)nd wellent se vch nynyue tzu leben lien. 3206 Der
haut se vil ver suchet, saget in von ackerine. so bin ich der iz nicht ruch^;.
(i)z muzen swert vf lichter helme schine. (e)r klingen helle e daz sich ditz
vorteylet. (a)l sund^ striten neme. iz wirt geslaghen wunden de nicht geheylet.
3207 Mit vrlobe was varende. der böte von kaldeye. er was de rede vnspa-
rende. was ackerin ::rede mangerleje. ypomidon mit tzorge tobt in lejte. er
sprach ich wil von erste, al min here hi scaren ander weyde. 3208 Unde
was do vrede gebende, nu tzwier taghe mere. de wile wir sin der lebende, sit
ackerin wir mochten noch eyn ere. an im behalten daz er den stol enphnnde.
vnde [b.] baldac svnd^ verebte, de phorten vor in wol entslizen künde. 3209
Nv boret we se scharende, da sin d(i) babilone. kegn strite schone varende.
vil me denn sibntzic (k)onTge von vns kröne, tragent we de (b)arruch vnd
ouch de sin(e). vns da mite, nu 8(wa)chent. daz rieh ist svnd^ vnde de gote
mine. 3210 Daries von orledvne. wol stark in siner krefte. si (d)az (dich)
f ossär une. nicht tragen möge so h(ey)s mid meyster schefte. eynen elvhand
reyten dir edr eyn ol(b)enden. du sold ouch y des ersten, mid diner kraft
de viende vf sedele phenden. 8211 Uon ir guftlich schallen, daz se min
y:::: yten. getorsten mid den (al)len. de ich da kan. vz maugem riebe leyten.
der ich y tzwene füre kegn sin eynen. der muz in yrlanden. der witwen vnde
weysen vil bewejmen. 3212 Din lichter van gerichet. von (s)abene luter
witse. dar inne tzu berge slichet. eyn trache (r)ot bekrönet wol mit vlize. da
*) Das V in vrflnden ans tc entstanden und 3201, 3 das h va V^^ViN. v»& ^.
OEKMANIA. neue Beihe. Xll (XXIV. Jahrg.) \%
194 G. IfHiCHSACK
txu getmwe ich keynes holdes handen. man sol in vmbedilLeiL ndt diittBe «ol
vor waphenden elphande. 3213 Unde das der vane ir ejrne. da Tod^ aecme nie.
tsehen ritter nicht der kleyil. vf 7 dem el£ande korlich wol mit itrite. in «ik-
huseren. bereyt mit bogen starken, de man txehe mid winden. w£ icharler itial
gewUet wol eyn arken. 3214 Uon yser decke drie. vf ydeme elfimde. vnde dar
txu vnder sie. von palmat vil dicke wol eyner hande. vnd dar tm phelle vil
rieh vnde stark* gebende, von yser vmb vnd vmbe. daz ejner von dem anden
icht enwebende. 3215 Dv kunigk von aflPrisvne. rit bin mit dariele. k
dich ordegnoe. du treyst von vns de kröne vnde hast modele, von
dem w^den ackzidicre. sam tut der kunigk papires. von trogdiente mit koste-
richer tzcire. 3216 Elyos von achyente. vnde du
Fünftes Doppelblatt. Vorderblatt:
[vw. a.| 4190 der konigh der ny vor derben, lie sine pris des wd im
selber gonde. er ie de kröne was vor wrsten tragende, sol manheit lop erwerben,
so ist man im pris wol vö rechte sagende. 4191 Was ackerin hi worbe. tiu
helfe den wiben kristen.. ich wen des icht v::durbe. er wolde se vor noten
g^ne vristen. er bekante wol der babiloue kriege, daz se mit starker raelie.
de mid dem anker künden lutzel triegen. 4192 Pansor von salaoien.
wart nu her gewinket, der von der grifenien. der not enphant die kegn
tote sinken, wan se de hochelobten sere klageten. sycnreys iren herren. vnd
OQch ypomidon den vnvortzageten. 4193 Des tod in hertzen ruwe. im gup
vor sicnreysen. durch de vil hohen truwe. daz er bi helfe künde wol erbeysen.
vnd da mid er getset. wolde ir herren. vz tabrunit de geste. von den so sadi
man hi noch grandueren. 4194 Panso de muste bi losen, der iunge von Co-
lone, wer in euch tzü den bösen, tzalte durch haz wer kegn der wibe lone.
den er vil werdichlichen dicke entphahen. wol kundc durch sin eilen, des in
tzü denste künde ny vor smahen. 4195 IR sefte wart eyn krene. ich meyn
de vz vriende. de werrden herren tswene. vorlum vnd de mit räche daz geben
ende, se würben daz de lebenden also bindet, an lobelicher krefte. daz men
der da vil ninmer mer enphindet. 4196 Der do von salauie. der vreyse wart
ir schricket. kordes so hal sin krie. er kerte hin da vil der swerte blicket,
alda der barruch mit dem atmerate. tzu helfe den geteuften, mit swerten im
da vil gewenket hate. 4197 Wa daz de marrocheysen. den vanen mid kavnen.
da sahen vnde der vreysen. da richten se sich durch den vanen brunen. se
wanten daz euch ackerin da were. durch daz so wart sin wink in. dem vanen
koningk den kris [b.j ten helfebere. 4198 Hi tzionatulander. vil gheme sach
ir dringen, vnd euch vz helm§ glander. sach da defunken hin kegn den loften
springen, er wold* nicht tran::nen der vert er lazen. kegn. den von akratone.
im was tzu mute er muste sich hi mazen. 4199 Der hurte mit gedrange. als
er des vanen phlegete. man lieh vnd also lange, daz in euch der von gras-
wa't nü gelegete, ob er daz wirbet daz ist im wol tzu danken, ir tusent im
tzu hurte reyt. der starken eyner vnde nicht de kranken. 4200 ER brach se
von eyn ander, de dicke machte er dünne, ydoch vor drungen vander. kabel-
litor ich wenc vil dicke eyn brunne. der ank^ von dem füre daz nu schreten.
de hi dem vanen warfen, der kund er hi mit tote vil tzu rieten.
LEIPZIQEB TITUtt£LBBUCH8T0CKE. 195
-LiXXXnn* abentare we gamoretb der ba | bilonen vanen neder
slngbeo. (rotb)
4201 DIt txomes vber walte, den akraten er wante. daz er (nich)t vor-
baz tzalte. da mit dem Tanen pris den manerkante. dem vaue ::rt de stange
also vor acroten. daz er b:::: da nidere. den Bchachtelvr den valte er da::
toten. 4202 Pompeyo ny so leyde. gesirach bi einen tziten. er wolde in
andVeyde. :n wider beyzen tzucken. tzo allen siten. da wart gedranc na saeh
man ecknnaten. k::n den von babilone. gedringen boret wie se nn ""taten.
4203 O we des na klaaditte. dir mochte hi wol getroomen. der anebos vnd
de smitte. alsas (k)and sich din amiz wol vor goomen. das er von allen kriechen
slahen dolde. sam aneboz in smitten. daz er ydoch vil g^ne ghelden wolde.
4204 Wol mochte schrien wafen. ▼(or 8c)hricken hi deme bertsen. ob iz
nicht was enslafen. vnd ob im nahen gie der iamers smeyzen. daz er dir
nicht de not tzu kanfte sagete. so wen ich wol din vroade. na were kegn
hochemate. de vor tzaghete. [rw. a.] 4205 ER was ydoch der wemde. sich
selben vnde din traren. ob da belibe yntzemde. din lachen daz geschach von
langen ture. ob er oach daz kegn vber kraft erherte. in also ifigen iaren. vii
kamder von dan der lide vnerscherte. 4206 Des machta g^ne danken, dem
von dem hoesten trone. mid werten mid gedanken. salta gevalden hende
(b)ieten scone. vf tzu dem himel dar tzu daz hertze vndc ougen. ob er tsü
kanadicke. noch da de kröne tragende ist vnloagen.
•LXXXV- abentare we ekkanat slacb pom | peiam tzu tot. (rotb)
4207 DE swert hi hohe warfen, mid henden ellenhatften. als de de wer
bedurften, de schirb? vlogen hoch gelich den scaften. von iren Schilden vnd
von lichten helmen. ir stimme der sinne grozen. horte man ie siege da vf er
gelmen. 4208 Rabellitor de: bruder. seruk vz firmbe. der na des strite(s)
roder. wol tzihen künde er was an stritt(e) wi8e(r). daz im de karrastschen.
wäre tzu plegene. mit den goten gescha£fet. dacht er vnd oach der brater sich
tzAr weghene. 4209 Seruck mit sonen tzwentzig. den brud^ wil na rechen,
de worden des gar entzic. daz (al) da hejzet heim vnde schilt tzu brechen,
d: striten mit dem grabejdoys vil strege. durch kabellitoren. de wüden wit
de wachsen an derlenge. 4210 De selben must er vellen. wold er nicht selbe
Valien, de tzwentzic hergesellen, de trugen im daz hertze groz bi gallen. dar
tzu der vater strites was eyn recke, von iugent in daz alder. heys er devirre
wit des mates quecke. 4211 Der note was hi warende, ouch nyman der ge-
teuften, daz tet im helfe sparende, wan se des selben koufes vil da kouften.
da mit der ellenhaften .was beschricket. ydoch was er wol sehende, daz ecku-
nat der [b.] heim lichte blicket. 4212 Dem vater vnde den kinden. wart iz
vil sere enblanden. daz eckunate binden, der vogt so kvnde von tzwen hun-
dert landen, der tzal gebrach se an dem worfel tsinken. vnde der vz kana-
dicke. so warp daz dirre gewalt begunde hinken. 4213 Den graherd(e)ys
man retten, sach leben sines vehes. die erden gar vor gre^ten. «ach man de
ors vor horte siecht vnde twerhes. her vnd dar vf vnde aber dannen« mit tzome
dicke triben. den ernst het de sippe vf in gespanen. 4214 Da west er intzel
vmbe. doch saget iz im de krie. er was des nicht der t&mbe. heydenschaft
kund er mc denne apd^ drie. als er daz wol von kinde lernet bete, do er von
196 G. MILCHSACK
umpholizen. da wr io kindes wis mid gamorete. 4215 Nv dacht er in
mute, als er do bete erwndeu. ich sol nu phlegen hüte, im has den hat de
sippe also gebandt^. des muz ich in dorch trawe sin der iehende. wan ich umA
vnser sippe. bl durch ^* trawe in not vng^ne sehende.
-LXXXVI abentnre we der | talphin schaken mit tzwenzic | der
sinen sluch... (roth)
4206 DE kröne wart vor howen. mid der tzimire riehen, ae mmtan
otich da schowen. eyn ander tot da Teilen, ritterlichen, der bmder wnfe wd
in kortzcr wile. der ¥ater was do gernde. ob er in mochte gewerfen an de
tzile. 4217 Da sine kint nü lagen, daz wart also vorsacliet ob, er na aineD
magen. tzu klagene wirt ich wene des geruchet. god vnd sin manheyt kamt
er hi von hihen. wes vngelucke waldet. der kan im doch tzü iügest nicht enl-
riiien. 4318 Ydoch so was er gemde. daz er lii warde crrochen. wes Tnge-
lucke in wemde. was ouch hernach daz blibet vngerochen. noch de lenge daz
sint liebe mere. ich bin ie der eyne. der sich vil g^ne hnten kan Tor swere.
4219 Den vater miist er toten.
Ruckblatt :
(vw. a.) 4455 tzü nahen, kan ich in
bazseu bieten, daz sol in doch von mir nicht ghar vorsmahen. 445G Do li-
gent Inder schulden, so sten ich an dem rechten, er wid^ god in hulden. lO
daz se musten vlihen ed y echten, sol ich da kcjner truwe kegn im geniezen.
min tzucht ist vnvorrenket. so wenn^ ouch ich der truwcn kan erdiezen. 4457
De werden waren iehende. ob iz in nicht vorsmaben. da künde er wer so
sehende, sine denest verre vnd dar tzu nahen, daz sagetc er tzü danke vil
vnde mere. al de tzür hochctzite. waren bi de hülfen imda der ere, 4458
Marholt der iach tzü magen. der fursten vz laiander, artuscn kund er vragen.
ob er geruchte er für alsam de and^ vnd ob er sin durch rechte liebe enpere.
dar er im tzallen tziten. vil hoher denstc gar gebunden were. 4459 De and^
waren alle, hi mit dem konige varnde. den vcygen gar tzu valle. de der
grahWoys do was vnsparende. vnd dartzü eckunat der wol gcblumct. koment
se in icht nahen, de tzwcne w'dent svnder da gerümet . . ! . . 4460 Ak
nu sygune horte, daz or da was gcvellet. der eren houes porte. dainnerthal'
den werden was gesellet, mid stetichheit als er do wol bcsclieynte. mid sinne
richcm tröste, wenne se da kume mid banden vnd^ leynte. 4461 Daz wart
hi ynder setzet, ir kvnne mid den banden, an vrouden. vDvorgctzet. begnnden
9e iz den ougen licht cnblanden. daz lie der graherdoys kegn hertzen sli-
eben, eyn teil in snlhcr nebe, daz iz vor golden wart den wrst«"' riehen. 4462
De er da vmbe valtc. nu sit vor kamvaleyse. vnde vorbaz pris betzalte. we
er do was vf abenemder reise, da von der grozen virre vnd vonder hohe, sin
wider ker an wirde. de ist noch aller fürst*"» wid^ tzohe. 4463 Nv bat des
konTges krie. vii sineme rufe helle, daz al demassenie. |b.] sich an dem dritten
morgen h(ub)en snelle. vil wol gcricht*) alsam destrites ruchöt. de virre in
anderriche. vnd de da stürme vnde burghe suchen t 4404 Tasme de richeit
eilele. heyz man do nid^ lazen. do wart vil groz gewodele. biz itzlich stucke
sinr stad hin wid^ ni:izen. da boyde iium<*n sturtzcn vnd** valton. artus der
*y Dns r in ^'ericlit aus * corrigiert.
LEIPZIGER TITÜEELBRUCHSTÜCKE. 197
truwon riebe, da mid besieht de ricbeit ba: bebalten. 4465 Dar tzu ir aller
bringen, da a(b:)ner da brachten, de vrowen svnd^lingen. ::: ^r daz se be
balden. dachten, richaude kl(ou)ditte dcime de maget sigune. de was maget
vnde bete doch, tzü miiie phlicht mid wüdcrhafter iune. 4466 Dar tzü die
and^ vrowen. der herrcn hi da wren. vnde wolden belme howen. des se demc
konlge nicht mid cyden swren. jdoch so was (i)r leydes aller verebte, vnde wankes
an ir trnwe. wen steten denst sin tiignde ny vor worchte. 4467 Ghinouer
wielt der vrowen. da(r) tzü der riehen gutes, tzo velde mochte man scowen.
vil ritter wert gar cllenthaftes mutcs. ydoch so funden strit dar se do wolden.
80 daz vil hurticbl:chen. ir rittersehaft de lenge do wart vo:golten. 4468
Durch was de samenüge. so gabens wart ertzugct. ob orillus er t(w)üge. do
rolte groz da:mittc hi vrluget. (n)cyn tzwar iz wart durch grozen h(az) er-
tzcyget. de tzionatulander. tzü floriscb(an)z an prise het geneyget. 4469 Doch
ane :: im volleystcn. ir helfe svnder twiugen. a: werdicheit der meisten, euch
allir sicbe:heit gar svuderlingcn. als er tzü dolet hett se ledic lazen. daz nü
de grozen wirde. vo(n) im d(o) maniger künde hohe sazen. 4470 Iz (h)eten
von nauerre. de forsten all^ ir ber(ren). do wol den svnder harre, da mid ir
bazze wesen bi den eren. des künde geolarz sc 8v(nd^j wisen. der was ir her-
ren brud\ des wolde er werben räche bi durch prisen. 4471 In hülfe [rw. a.]
ponturteyse. mid brande vnde ouch delinc. mit eyncr starken reyse. der ouch
da reche wolde de mage sine, de tzionatulander he(t) geletzct. vnd ospincl der
furste. vnd gaylc: ir eyner wart entsetzet. 4472 Daz was der mid dem tochc.
da het de burk ghemuret. kegn bazze in grozcm ruchc. do was der konrg(e)
vil de nicht bcturet. se wolden de vz graswalde vor triben. was hu% sin grozo
wirde. sol er nu nicht an werdicket belieben. 4473 OB ieman wirde lebenes.
de lenge h(elf)cn solde. so phlcge sin wirde gebenes. kegn im daz er noch
lange lieben dolde. biz daz der werlde leben stet gemezsen. iük brunnen bals-
men vluzsc. mocbt er mit werdicheit wol ban besezzen. 4474 ERecke vnde
ebolantzen. vn ospinel de rezzen. vnde iorat den bekrantzen. mid waldes ri-
cbeit paradis gemezzen. vilnahen ouch der cdelen boume vruchte. vii orillus de
verre. helfe iahen artuse tzü widerbruchte. 4475 Eyn furste vnd konige drie.
de des er winden solden. daz se da keyn malie. ertzeygten dem der wol da
kegn vor golden, het er helfe itzligen her vonkindc. crtzogcn het der werde,
der von britanie tzu liebem ingesinde. 4476 Do was ouch iz von haszen. den
beiden so gewget. an ntterscaft de lazen. ouch wurde nicht den wllen dar
vmbe geru(ge)t. so von der sippc sus mit roangen ::ngen. wer bi tzu tabel-
runde. was der ::nde wol nach ritterscefte ringen. 4477 IN wellent hi vil
hazzen. de houbetkronebere. tzu ucmen wr daz lazzen. im wen kegn sulhen noten
bezzer were. wie lange iz doch de abenture vlehe. so muz sin wirde sigen.
daz wen ich nicht de lenge noch vf tzibe. 4478 Und der von arragune. durch
gaylet in hatzte. vii der von asscbalune. al durch bardics den daries do latze.
vf plenantze interre der wilde [b.j krichen. e daz er tod ge valle. er macht
e vil der toten vii der siechen. 4479 Hi abrot von gerunden, da bete vil ^'*)
mage. de in da rechen künden, beyd offenliehen vnde dar tzü mit lagen, ob de
nu nich* cn sin **) vor kamvaleyse. vn dieser hazzer alle, so sint se vph der vart
de selben reyse. 4480 Der koningk von ascone. vnd ouch der furste riebe, her
*) Das übergeschriebene der ist von späterer Hand.
"**) en nn am obem Rande des Blalies.
198 K BARTSCH
tzügc vz ledriboDc. de wrcn alle tzn dcnstc ritterliche, hi lehclin md oiilhi
den recken, vnde den tod patrigalden. de sach man sich vor kamvmlejs m
lecken. 4481 Unde den*) von jscrterre. hi kalamindc der starke, der tzog;t
alher de verre. daz selbe tct der konigk reyberbarke. harholt de selbe was ir
moter broder. der forsten von laiander, dem wart gewurfen hoher vroaden loder.
4482 Do disse rede bere3rte. wcrlichcn kcgn in tsogetcn. ir vroaden Teticb
breite, ich wen de hohe da kegn den laften. vlogten. e daz man ouch den addar
sach vliegen. in eynem samit roten, der selbe kan mit sygenanft betri^|;eB.
C abenture we artas mid dem talpbin qaä | kamvalejs tsä
helphe. . (roth)
4483 Wan er ie was ge sigende. herlich ob allen vogclen. vnde her da
nid^ ligende. also ghcschach ir hohen vronden gogelen. da von dem am den
koningk artos hi bringet, der ouch mit sin^ milte. vil manige hohe w^dicheit
erringet. 4484 Dar nach so quam der anker. vmb ejnen mittel morgen, wart
ieman da von kranker, dar vmb^ so woltich wcnic gerne sorgen, vnd ob der
strotz icht jsens da vor slindet. den gaylet von spangc. ejnen samit tau eynem
banier bindet 4485 EB fort ouch vf dem helme. alsvnder nest vil Treehen.
iz wart ny stoubes melme. vf erden mid gevrut noch blumö breche, der atrai
in künde nicht von zoste vallen.
Schließlich darf ich nicht unterlassen, Herrn Stadtbibliothekar Prof. Nan-
mann für die überaus freundliche Darleihung der Handschrift zur Correctnr des
Druckes herzlichsten Dank zu sagen.
WOLFENBÜTTEL. 6. MILCHSACK.
EIN IN DER ÖSTERREICHISCHEN MÜNDART.
Bekanntlich entspricht in bairisch-österreichischcn Quellen ai dem
alemannischen und md. ei. Ein noch nicht bemerkter Unterschied ist
aber im Gebrauch vorhanden bei ein. Als unbestimmter Artikel er-
scheint es oft in der Schreibung ein^ namentlich in einsilbiger Form.
Mir liegen, von Strobi mitgetheilt, seine Auszüge aus den Handschriften
von Teichners Gedichten vor; hier ist namentlich in der Haupthand-
schrift A (Wien Nr. 2901. 14. Jahrh.) der Unterschied zu beobachten.
1. Der unbestimmte Artikel in einsilbiger Form vor hochtoniger
Silbe wird ein, nicht ain geschrieben.
ein tumber chnab 109^. ein tumen chnab 25\ ein maister 112*.
wo ein knecht ein herren hab 131\ ein hervart 66\ ein pawr in einer
raiz 66\ ez was ein Sprichwort manigen tag 66**. 89^. 142*^. 190*. ein
pawr zu im selben sprach 19^. ein natürleich gab 203^ als ein chlueger
rotter tuet 203**. pitt man umb ein regen 204*. ein schön beraiten 204*.
is ist ein dinch da wünscht man nach 141^ ein voUez schrein 141*.
Dm8 bot dUn flbergeschiiebene r \bI ^on «plVncet I^mA.
EIN IN DER ÖSTERREICHISCHEN MUNDART. igg
ein ander 141^ ein beiden 141^ ein michel tail 141*^. ein jar 141'. ein
junger man 141^ ein weisen piderman 199"^. über ein weil 199^. ein
wideriaofent man 200*. ein cbaiser 17^. ein voller scbrein 18\ ein ort
61\ ein wort 61*. ein semleich häuf 114^ ein chaufmanscbaft 114^ ein
eben 114**. ein reicber piderman 90^ ein piderman 90^. ein man 90^".
ein' ehnecht 198'. ein man 74% 90*. 96*. 96% ein junger 96% trincbt ein
man ein pbenbert wein 96^. ein firüetig ast 56^. ein pam öö"". ein volles
vaz 89^. ein pimstil 90^. ein smökler 190^. ein recht gesiter man 190^.
ein jaemerleicher slag 243^. ein jamerleichew schant 243% ein choder
111"". ein Bchantz 111% ein ungeleich und ein bervart 175% ein werich-
man 175% ein herr 175%
2. Folgt auf den unbestimmten Artikel eine tieftonige Silbe, so
steht häufiger ain als ein. Besonders lehrreich ist schöne red ist ain be-
war und ein deckung 62". Vgl. noch ain gelaub 109^ Dagegen ein
genesen 198*".
3. Der unbestimmte Artikel in zweisilbiger Form wird zuweilen
mit ai geschrieben; doch schwankt der Gebrauch.
4. Wenn auf ein der Nachdruck ruht, ein Gegensatz, so steht
ain. nur ain rieht diu gie im ab 62^. si steht recht in aim muet 203**.
zaimmal 25* und oft. ain weil suez diu ander sawr 203"*. ain halb 111".
ainen got 109^.
5. ein selbständig gebraucht hat ai. ayner seiner mag 114**.
der ainen durch die zung prant 243°. so dan aine wirt gezalt 141*". do
man ainen slahen phlag 111% von aynem 111% wie der ain ein purger
wasy der ander was ein chorherr 117^ und in den überaus häufigen
Gedichtanfängen mit Ainer fragte mich der maer, Ainer fragte mich
der frag, Ainer in grozzen schulden lag, Ainer grozzer Wirtschaft phlag,
Ainer ret mit mir und sprach, Ainer pat ich solt im sagen, Ainer pat
ich taet im schein etc.
6. Das genit. eines 'einst' hat ebenfalls oi. Ains ein herr ein cheUn
macht 61*. Ains ein pharrer wart gemacht 114^, wo wiederum der
Unterschied im Gebrauche von ai und ei deutlich hervortritt
7. ein ander wird mit ei geschrieben, zue ein ander 192*". an ein
ander 70^. under ein ander 70^.
Daraus ergibt sich, daß ei angewendet wird bei geschwächter
logischer Betonung, ai bei betontem am; daß mithin ai von beiden
Bezeichnungen der stärkere und gewichtigere Diphthong ist.
Es wird zu erforschen sein, ob diese Unterscheidung der Hand-
schrift A sich auch noch in andern bairisch- österreichischen Quellen
findet. K. BARTSCH.
200 K. BARTSCH, KLEINE lOTTHBILUNGEN.
KLEINE MITTHEILUNGEN.
6. Ein Fragment aus Konrad von FuOesbrunnen.
In der Kölner Handschrift von Wirnts Wigalois stehen auf dem
letzten Blatte, wie Pfeiffer S. IX angibt, 'einige Zeilen aus dem Iwein,
nämlich zuerst V. 21 — 25 und V. 1—10; dazwischen aber folgende
vier Zeilen
Oencdich vnd gewaltich got.
Din heiliger wille vnd din gebot.
crgenc.
Daz wir vrolich erst^ene.
Das durch Punkte bezeichnete ist unleserlich und verbleicht Es
ist noch nicht bemerkt worden, daß diese vier Zeilen den Anfang ißt
Kindheit Jesu bilden.
7. Wurmsegen.
Aus einer Handschrift in der Bibliothek des Fürsten Buoncom-
pagni in Rom, Nr. 170. perg. 4. 14. — 15. Jh. Bl. 49' mitgetheilt durch
Paul Ewald im Neuen Archiv der Gesellschafl fllr ältere deutsche Oe-
schichte 3, 164 (1878).
Contra vermes sive Icdant homincs sive pccora dicatur in aurem
sinistram. Si sim hemma mulahos usmonim velamos euimisspar.
Ez gienc*) ain man
dur ain birkin tan
da warn inne wurme
ain michil gesturm(e)
ain wisser wurm, ain swartzer wrm, ain roter wrm, ain plawer wrm,
ain mirwer wrm, aller wrm wirst die sint, als war daz ist daz unser
herre Jesus ist der reiner megd miner frouwn sant Marien sun, als war
ist das dirre wrm tot ist als dis vorme (wrme?) tot sint In Oottes namen
amen. Pater noster tribus vicibus dicatur etc.
Wie Dr. Löwenfeld a. a. O. 3, 660 berichtet, geben die Anfangs-
worte den hebräischen Text von H. Lied VI, 8 und müssen lauten:
Sisim hcmma mulahos usmonim (pilagrim) velamos einmisspar.
K. BARTSCH.
*) gient.
LTTTEBATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 201
LITTERATÜR.
Zar Kritik der Nibelungen.
Seit einer Reihe von Jahren ist keine Schrift über die Nibelungenfrage
mehr erschienen^ die so viel Aufsehen gemacht und bei allgemeiner Bewunde-
rung des darin aufgewandten Scharfsinns so allgemein Widerspruch gefunden
hätte, wie das nur 90 Seiten lange, aber an Gehalt einem dreifach so großen
Buche reichlich gleichkommende Werkchen von W. Wilmanns: „Beiträge zur
Erklärung und Geschichte des Nibelungenliedes^ (Halle , Buchhandlung des
Waisenhauses. 1877). Zum ersten Biale ist in diesem Werke der Versuch ge-
macht worden , die Entstehung des Nibelungenliedes weder durch Zusammen-
schweißung einzelner Lieder, noch durch Annahme eines einzigen Dichters zu
erklären, sondern durch Annahme eines alten Kerns, an den verschiedene Zu-
sätze angeschossen wären, aus denen auswählend und einiges beifügend endlich
ein Contaminator den heute vorliegenden Text gebildet hätte. Das klingt gar
nicht schlecht. Es erinnert an die glänzenden Versuche ähnlicher Erklärungen,
die bei anderen Dichtem , vor allem bei Homer , gemacht worden sind ; und
mir will a priori eine solche Erklärungsweiso besser behagen als die eigentliche
Liedertheorie. Denn bei einer solchen Erklärung ist die Gleichheit der Strophe,
da alle Bearbeiter nur zum weiteren Ausbau eines vorhandenen Grundstocks
thätig gewesen sind, die wortliche Beibehaltung der meisten Strophen und die
leichte Vereinigung der disparatca Elemente zu einem scheinbar ursprünglichen
Ganzen leichter erklärlich, als bei Lachmauns Theorie. Dazu kommt, daß die
Untersuchung, wie man bei Wilmanns schon gewohnt ist, mit viel Geist und
scharfer, energischer Consequenz gefuhrt wird. So ist das Studium dieses Werkes
in der That nach allen Seiten fördernd und belehrend. Es thut wahrhaft wohl,
einmal auf einen Kritiker zu stoßen , der selbständig weiter forscht und sich
nicht damit begnügt hat, bei Lachmanns Resultaten als dem A und O seiner
Schule stehen zu bleiben. Von der ängstlichen Beibehaltung der zwanzig Lieder
oder gar der unseligen Heptaden keine Spur; ich muss aber leider gleich bei-
fügen, daß Wilmanns trotzdem mit mehreren Elritcrien Lachmanns operiert hat,
die sich für ihn, der nach wesentlich andern Gesichtspunkten ganz andere Ro
sultate zu Tage gefördert hat, nicht so ohne weiteres als selbstverständlich dar-
bieten konnten; über andere Punkte hat er den Leser etwas im Dunkeln ge-
lassen I wovon bei der Betrachtung des Einzelnen näher die Rede sein wird.
Trotz aller Achtung vor den vortrefflichen Eigenschaften des Werkes
kann ich seine Resultate weder im Ganzen noch im Einzelnen anerkennen. Ich lasse
die Principien, nach denen Wilmanns verfahren ist, ganz bei Seite ; sie und ihre
Berechtigung werden aus der Anwendung, die sie von Fall zu Fall erfahren
haben, deutlich g^nug werden. Ebenso glaube ich es nicht nothwendig zu haben,
eine zusammenfassende Darstellung von Wilmanns* Resultaten zu geben; auch
diese wird sich der Leser aus der Kritik des Einzelnen entnehmen können.
Ich kann für beides füglich verweisen auf die Anzeige Zacack^'t^ vcei \\ViT»\a>^^s^
■ üuäea
202 LITTEKATUH: ZUR KUITIK DER NIBEFArNOEN ^
Ctiitmlblutt ISTä, Spalte 1663—1666, welche die no«entlichen Oosichlapnokte
mit Schärfe und Klarheit darstellt, und auf die auBfüfarlichci'cn Eucciiiioiien von
Henning im Anzeiger fiir deutschsB Altortlium IV (Z. f. d. A. XXtl), 56—70,
wo bctondcrs die Aiisfübrungen Ober die su Orunde liegende Sage tretFlicb ga-
lungen sind; von Schonbnch in der Zs. f. österr. Gyran. 1877. 374 — 383, wo
nntnciitliuh dne EniirL-Bultnl der Wilmnnngiscbeii Krilih scharf geprüft wird; und
von R. V. Muth in der Zs. f. deutoche Philol. VIII, 485 — 493. Ich werdo
tiiit'b im Einzelnen mich mitunter auf diese RccenBionen bi'zicheu. Heine Auf-
gabe i«t die, Scbritt für Scbritt den AuBfübrungen des VcrfasBers nachKUgehen.
Sind sie alle richtig, so werden aucli die Gesamintresnltate riebtig sein, faX\a
ilet Autor keine Inductionsfeblor gcmacbt hat; sind sie alle falsch, ao werden
ani'b alle Folgerungen von itelbat fallen ; da es aber sich in vielen Fällen blofi
um ein Mehr oder Weniger von Noth wendigkeit oder Wahrscheinlicbkeit han-
deln wird I BO wird es auch mitunter iiuthwendig werden , auf die Qeiammt'
reeultate einen Uberscbauendcu und prüfenden Blick ea wei-fen. leb mache es
mir dabei zum GrundKat«, soweit immer möglieb, mich auf den Bodon dos Ver-
fassers zu stellen, von diesem aus seine Schlüsse zu untersuchen. leb lege doi-
balb stets die Hs. A su Grunde, lu deren Anhängern ich mich nicht zUhle;
ich untcriasac es , die Frage nach der Einheit oder Mehrheit der Verfasser
principiell zu erörtern, mich mit der Wahrscheinlichkeit begnügend, die für die
eine beider Möglichkeiten aus der Untersuchung selbst entspringen wird n. a, w.
Daß principielle Difierenzen vorkommen, irird mau mir daher nicht als Mangel
an Objeciivitftt vorwerfen. Nur noch eine Bemerkung allgemeiner Art luvor,
welche, weil sie eine negative Seite des Werkes berührt, unten nur vorüber-
goboud zur Sprache kommen kann, aber an lieb wichtig genug ist. Wilmanns
hat seine Untersuchung auf das letzte Drittel der Nibelungen beschränkt, von
Str. 1606— S816. „leb habe diesen Abschnitt gewählt," sagt er Vorrede 8. V,
„einerseits weil icb glaube, dali man von hier aus am leicbtesten in die Ge-
schichte der Dichtung eindringen kann ; andererseits weil dieser Abschnitt mit
Recht als der schönste Teil des Nibelungenliedes angeseben wird. Ich glaubte
voraussetzen tu dürfen, daß die Leser diesen Teil vor allen andern kennen,
daß viele von ihnen längst von selbst Anstoß genommen haben an den Punkten,
von denen die Untersuchung ausgeht, und daß sie am ersten bereit sein werden
grade diesen Teil einer eingehenden von Strophe zu Strophe fortschreitenden
Prüfung zu unterziehen ; icb glaubte für diesen Teil die willigsten und die »m
buetOQ vorbereiteten Leser zu finden." Sehr viel ist mit diesen Gründen eben
nicht gesagt; jedenfalls sind sie nicht geeignet, die Gründe gegen diese Be-
schränkung des Stoffes abau schwächen. Speciell die vorlicgundc Abgrouiung
muß Bedenken erregen. Mit der Verlobung Giselhcrs fängt doob
größuriT Abschnitt in der Sage «n; wenigstens wird — um dieses Resultat
Wilmanns' Kritik vorausiunehmen — ein Dichter, der die hauptaächlicben El
cignisse von Gisclhei's Verlobung bis zu Rüdigers Tod erzählt bat, nicht
Str. 1606 begonnen, sondern vorher subon einiges ereählt haben, wahr«ch<
lieh die gauxc Ouicbichto von der Einladung der Burgunden an, wo nicht
wi-it mehr. Aber man dnrf noch weiter gehuu und behaupten, daß die
■chriiikung der Untersuchung auf den drittun Thdl des Godicbis unofa
Bedenken erregen muß. Die VorausieUungen für das, wus von 160<) — 391
finrf nih in rfpm früher Enählii'ti ^-egeben, und Ich kann mir
1 von
I
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 203
fruchtbare sagengeschichtliche Untersuchung ohne BerückBichtigung der früheren
Thcile gar nicht denken; um Sagengeschichte handelt es sich aber bei Wil-
manns nicht selten. Femer — man mag von der Darstellung, die der Kritiker
gibt^ noch so vollständig überzeugt sein: eine eiserne Nothwendigkeit gibt es
in solchen Untersuchungen nie; was also im besten Falle bloß glänzende Wahr-
scheinlichkeit ist, könnte möglicherweise durch die Herbeiziehung der früheren
Partien alteriert oder gar umgestoßen werden. Natürlich ist dieß eine rein apri-
orische Möglichkeit , bei deren Setzung ich auf den Sachverhalt y wie er sich
nun herausstellen möchte, keine Rücksicht nehme. Aber diese Möglichkeit als
solche hätte Wilmanns erwägen und seine Untersuchungen wo möglich auf das
ganze Gedicht ausdehnen oder mindestens das andeuten sollen, wie er sich im
Grossen und Ganzen die Entstehung der vorhergehenden Theile des Liedes
denkt. Sein Buch wäre damit wohl nicht viel umfänglicher geworden als das
über die Gudrun , in dem er ähnliche Grundanschauungen durchzuführen ver-
sucht hat. — Ich werde Gelegenheit finden, für diesen Mangel des Buches
Beispiele zu geben.
Die Untersuchung setzt an dem Punkte ein, wo Dietrich (2172 ff.) von
Rüdigers Tode benachrichtigt wird. Seine Helden fallen alle; nur Hildebrand
entkommt mit der Nachricht zu Dietrich. Dieser waffnet sich und geht zum
Saal, wo die Burgunden sind. Hagen erkennt seine Absicht und ist zum Kampf
bereit, was Dietrich sofort wahrnimmt (2265). Wilmanus fragt, was man nach
dieser Einleitung erwarten könne, und findet folgendes: „er wird den Tod Rü-
digers, den Tod seiner Mannen, seiner besten Freunde und seines Trostes in
der Fremde rächen, er wird von Hagen und Günther Buße verlangen für das
vergossene Blut, Friede und Freundschaft den Burgunden aufkündigen. Das
sollte man erwarten, aber nichts davon geschieht. Dietrich verlangt König
Günther und sein Mann sollen sich ihm ergeben; er verspricht ihnen Schuta
vor den Hennen und sicheres Geleite in die Heimat: er schont ihr Leben im
Kampf und nimmt sie mit eigner Lebensgefahr gefangen; er fQhrt sie zu
Kriemhild und empfiehlt ihr angelegentlichst Milde^. Wilmanns hält für un-
möglich, in dieser Erzählung „ursprüngliche, einheitliche Erfindung** zu sehen.
Daß Dietrich sich sträubt zu kämpfen u. s. w., setze voraus, daß er den Kampf
mit Widerstreben begonnen und daß Kriemhild ihm denselben aufgezwungen
habe. Daraus folge weiter: „in der Sage, wie sie im Schluß unseres Nibe-
lungenliedes hervortritt , muß Dietrich , ähnlich wie jetzt Rüdiger , durch die
Bitten der rachsüchtigen Königin in den Kampf getrieben sein**. — Weiter
unten, wo wir Wilmanns* Construction dieses Schlußtheils von 2172 an zu be-
trachten haben , werden wir sehen , wie wenig diese These dem Bestände des
Gedichts gegenüber Stich hält. Aber ist sie denn überhaupt irgendwie begründet?
Wie viele Leser des N. L. werden wohl sein, die aus der genauesten Lesung
der wohl zusammenhängenden Erzählung solche Schlüsse selbst gezogen haben?
Daß Dietrich mit Widerstreben den SLampf begonnen hat , braucht wahrlich
nicht erst daraus gefolgert zu werden, daß er sich gegen denselben sträubt;
ist denn nicht beides dasselbe? Und zeigt nicht die ganze Erzählung, daß er
ungern genug zur Gewalt schreitet? Aber was daraus folgen soll: daß er durch
Kriemhild in den Kampf getrieben sein müsse , ^«vV et %Qik«X tas^ ^^eci ^^iW
204 LITTERATUB: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
missen des Gedichtes gleich losschlagen würde, das ist erschlichen. Es ist nicht
ganz deutlich , was Wilmanns sich für eine ursprüngliche Form der Dichtng
denkt: glaubt er, daß Dietrich von Kricmhild genöthigt worden sei zu kiimpleni
und daß er das that , ohne seine Hannen vorher verloren zu. babea ?
daß er vielleicht, wie in der Thidrekssaga , mit seinen Mannen aussog? Das
wäre möglich; aber es fragt sich cben^ ob nothwendig. Oder glaubt er, daß
die Ermordung der AmeluDgen auch in dem ursprünglichen Gedichte war? Dann
hätte er zu sciocn kritischen Auslassungen gar keinen Grund mehr; denn es
wäre ja dann dasselbe Moment^ welches nach Wilmanns* Ansicht Dietrich zm
Rache treiben sollte, für ursprünglich erklärt. Wir werden bei der specieDen
Analyse dieser Partie Näheres über des Verfassers Ansiebt erfahren. Hier
kommt CS wesentlich nur darauf an, nachzuweibeu , ob wirklich die Überliefe-
rung nicht zu rechtfertigen ist. Ich meine, im Geiste des echten Bitters Dietrich,
der sich stets als den wohlwollenden Freund der BurgunJen gezeigt, der sie
gewarnt und Kricmhilden das herbe v*Uandinnc zugerufen hat^ der sich Tom
Kampfplatze wegbegeben hat, um nicht in den Kampf gezogen zu werden, sei
es vollständig begründet, daß er auf den Tod seiner Blannen hin, an dem sich
Günther, ohne eine Widerrede von Dietrich zu finden, unschuldig erklärt (2272),
den zwei Überlebenden, vor deren Mord er schon aus ritterlicher Hochachtang
gegen ihre ungemeinen Heldenthaten zurückschrecken muß , zuerst Sicherheit
und Frieden anbietet, und erst nach Hagcns wilder Herausforderung zum Kampfe
schreitet^ aber auch diesen nur mit der Gefaugcnnehmung der Gegner been*
digt. Denn daiß er auf Hagcns unartig- freche Rede (2263 f.) nichts erwidert,
ist ganz natürlich ; dieselbe ist nicht an ihn gerichtet, und er überhört sie mit
königlichem Stolze; erst wie Hagen in diesem Tone fortfahrt, nimmt er ihn
beim Worte. — Wilmanns kann gegen diese Beweisführung nicht etwa ein-
wenden, daß die angeführten Momente der Freundächaft Dietrichs und seiner
Entfernung vom Platze früheren Partien des Gedichtes entnommen seien,
deren Zusammengehörigkeit mit der in Frage stehenden erst zu beweisen wäre.
Denn diese Züge sind in der Sage begründet. Sic finden sich auch in der von
Wilmanns mehrmals herbeigezogenen Thidrekssaga (Cap. 373. 375. 376. 380*J;
und diese selbe Saga läßt Dietrich die beiden Überlebenden schonen, obwohl
ecinc Mannen gefallen sind. Ich verwende hier diese Saga als ein vom N. L.
unabhängiges Denkmal, ohne in die Streitfrage Rassmann contra Döring ein-
greifen zu wollen, und stelle mich dabei wie sonst auf den Standpunkt, den
Wilmanns einnimmt. Hätte Döring Recht, so wäre dieser eine Einwand gegen
Wilmanns um eine Stütze ärmer, aber es würden um so mehr andere Thesen
W.s hinfällig werden. — Ich kann übrigens, um den Punkt, von dem die Rede
ist, nicht noch länger zu behandeln, auf Hennings vortre£fliche Aueführung in
seiner Recension (Seite 61 — 64) hinweisen.
Dieser erste Ausgangspunkt von W.s Kritik erweist sich also als ein
schlecht gewählter. Er knüpft daran eine allgemeine Bemerkung über die Art,
wie die Dichtung Dietrich und den jedenfalls erst später in die Sage einge-
drungenen Rüdiger verbunden haben möge. Ward in eine Dichtung, die uns
von Dietrich erzählte, Rüdiger nachträglich aufgenommen; so ist die große Be-
deutung, die dieser erlangt hat, unbegreiflich ; — ich wende ein, wie leicht sich
*) Ich citiere die Thidrekssaga nach Ungcr und Raßmann.
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 206
gerade eine erst frisch eingeführte Person in den Vordergmnd der Sage zu
drängen vermag, wofür eben Theoderich ein Beispiel bieten kann. Wurde um-
gekehrt Dietrich in eine Sagengestalt nachträglich aufgenommen, die nur Rü-
diger kannte: wie fand diese ihren Abschluß? da doch Rüdiger keine Mannen
hat^ die den verschiedenen namhaften Bargunden gewachsen wären. — Daraus
würde ich eben schließen^ daß es gar keine solche Sagengestalt gab; wir werden
aber sehen, daß Wilmanns doch einen entsprechenden Ausgang für die älteste
Form der Dichtung zu finden weiß: nachdem Rüdiger sich fruchtlos aufgeopfert^
wurde die Vernichtung der Burgunden durch den Saalbrand herbeigeführt.
Eine weitere Frage für W. ist: wann die Verbindung Dietrichs und
Rüdigers erfolgt sei ; ob vor unserer Dichtung oder innerhalb der allmählichen
Entwicklung und Ausbildung derselben? Wir werden sehen^ daß W. zu dem
letzteren Resultate kommt, und die Prüfung seiner Kritik wird erkennen lassen,
ob mit Recht. — Im Allgemeinen scheint mir, als ob W. der Freiheit des
Dichters zu wenig zutrauen würde; aber ich kann solche generelle Principfragen
ruhen lassen, da die Einzcluntersuchung Licht genug auf sie werfen wird. Ich
nehme nur, wie W. selbst, sein endliches Resultat hier voraus: „daß das Ni-
belungenlied, wie es uns jetzt vorliegt, sich auf Grundlage einer Dichtung ent-
wickelt hat , in welcher Rüdiger neben Kricmhild die Hauptperson war und
Dietrich noch keinen Antheil an der Handlung hatte.'' Kann es wohl eine
solche Dichtung gegeben haben , da doch Dietrich in der Sage beträchtliche
Zeit vor jeder denkbaren Entstehungsperiode des N. L. seinen festen Platz ge-
habt hat?
Die specielle Untersuchung hebt an mit des Markgrafen Tod; Str. 210G
— 2 1 G 1 . Ich gehe hier, wie durchaus, jeder einzelnen Athetese oder sonstigen
kritischen Bemerkung nach, weil man nur so dem Kritiker gerecht werden und
seine Aussagen, sei's definitiv bestätigen, sei's mit Sicherheit umstoßen kann.
Es ist aber kein klein Stück Arbeit, und wir beide , W. und ich, müssen un-
sere unparteiischen Leser um Geduld bitten. Denn W.s Kritik greift sehr tief
ein und hat neben mancher kritisch wichtigen Strophe auch manche entfernt,
die nichts weiter als störend, überflüssig oder unschön sein soll, deren Schicksal
aber für das Endresultat sehr gleichgiltig ist. — Gleich 2107 ist ein Zusatz,
weil sie „zu früh auf Volker hinweist'^ (Z. 4) ; ich kann nicht verstehen warum,
denn Volker spricht 2110, ohne daß inzwischen etwas berichtet wäre, was die
Situation ändern und sein Hervortreten erst begründen würde. Im Gegentheil,
2107, 4 bezieht sich ganz richtig auf 2110 und kündet im voraus den Gegen-
satz zwischen Volkers und Giselhers Erwartungen an. — In der Unterredung
zwischen Rüdiger und den Burgunden, 2111 — 2142, kommen begreiflicherweise
manche Stellen vor, die man ohne Anstoß entbehren könnte. Solche epische
Dialoge halten sich ja nicht an strenge Logik, und knappen Zusammenhang
darf man hier nicht immer erwarten. Das thut aber W. ; er zeigt überall Nei-
gnng, alles Entbehrliche) Retardierende, nicht ganz in festgeschlosseuer Reihen-
folge Fortschreitende für Verderbnis zu halten. So wirft er Str. 2116 — 2118
gleich wieder als interpoliert aus. Diese stehen in gar keinem Widerspruch
mit dem Vorhergehenden oder Folgenden. Es ist richtig, daß man sie nicht braucht
und sie, wenn sie fehlten, nicht vermissen würde. Folgt daraus, daß sie inter-
poliert sind? Kennt W. , nachdem er zehn Strophen dieses Abschnitts hinter
206 UTTfiRATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
sich gebracht hat, den Stil des Dichten schon ^o genau, daß er ihm ein sol-
ches Lozarieren in der Erzählung sofort absprechen dürfte? Aber der Satxban
ist hier ,, nicht so einfach, der Ausdruck nicht so durchsichtig, wie in den vor-
hergehenden Strophen". Ist das großen und grösten Dichtem im Verlauf ihrer
Dichtungen nie begegnet? Ein positives Moment hat W. beigebracht: zwischen
2116 und 2117 hat Lachmann und nach ihm W. grammatbchen Zusammen-
hang angenommen. Ich habe — und es ist mir tröstlich, daß es Andern ebenso
gegangen ist — nirgends genauen Aufschluß darüber finden können, wie sich
W. xa den verschiedenen Lachmannischen Kriterien der Unechtheit stellt.
Mehrere derselben hat er angewendet; aber es scheint mir fast, daß er sie
eben als secundäre Hilfsmittel braucht, wo sie ihm gerade geschickt kommen.
Einen methodischen Gebrauch hat er nicht von ihnen gemacht Lachmann —
dessen Methode ich nicht das Wort reden will — hat wesentlich mit diesen
Kriterien seine Lieder hergestellt; wenn er auch manche Strophe bloß als leer,
ungeschickt u. dgl. verworfen hat, so sind deren weit weniger als bei W. ; im
allgemeinen hat man bei Lachmann Gelegenheit , an den Resultaten seiner
Kritik die Richtigkeit der Kriterien zu prüfen. Bei W. kommen die formellen
Elemente y die bei Lachmann wenigstens innerhalb der einzelnen Lieder eine
Hauptrolle spielten, immer erst in zweiter Linie ; natürlich, er verwirft so vieles,
daß unmöglich sich so oft auch formelle Verwerfungsgrüude vorfinden können.
Übrigens ist es an sich gar nicht nothwendig, 2116, 4 zur folgenden Strophe
zu ziehen. Lachmann hat daraus kein Motiv zu einer Athetese genommen; wir
befinden uns ja im 20. Liede, wo der Constructionsübergang gestattet bt; ich
nehme auch keinen Anstoß an diesem Überlaufen des Sinnes, das nach meiner
Ansicht eben ein Nothbehelf sein muste , wo man mit einer Strophe nicht aus-
kam ; ein Nothbehelf , der aber , zum Beweis , daß der Dichter des N. L. die
Unschönheit desselben wohl erkannte, nur verhältnismäßig selten angewendet
worden ist. Ich also lasse mir Lachmanns Interpunction ganz wohl gefallen,
falls sie sonst Grund hat. Aber Bartsch, der auch das Überlaufen der Con-
struction nicht verwirft, setzt nach Str. 2116 einen Punkt, ebenso Zamcke.
Da nun diese Interpunction jedenfalls möglich ist, so durfte W. den Con-
structionsübergang nicht ohne weiteres als Kriterium der Unechtheit verwerthen ;
denn er hat für die Annahme dieses Übergangs lediglich nichts beigebracht.
Es fallt also jeder Grund für die Athetese von 2116 — 2118 weg. Wilmanns
fuhrt weiter aus, daß 2119 Gemot richtig und passend vorbringe, was 2116
— 2118 ungeschickt Günther zugetheilt war: die Erinnerung an die Gastgeschenke
Rüdigers; „denn auf Gernots Gastgeschenk kommt es an**. Wir werden gegen
den Schluß dieser Kritik sehen, daß auch an der Stelle (1632 ff.), wo Rüdiger
die Geschenke vertheilt, nur das Schwert, das Gemot bekommt, als das ver-
hängnisvolle Gcfichenk von der Kritik übrig gelassen wird. Betrachten wir aber
unsere Stelle für sich allein, so muß ich sagen : einen so knappen, aufs Noth-
wendigste beschränkten, stets winkelrecht zugehauenen und niemals im freien
Spiel der luxurierenden Phantasie sich ergehenden Aufbau ^ wie W. ihn hier
und oft genug von unsem alten Dichtern verlangt, wird man in unserer ganzen
Litteratur höchstens bei Lessing finden können. Ich kann auch gar nicht sehen,
daß durch die Entfernung solcher freier Auswüchse unser Lied schöner würde;
solches Retardieren gehört zu den Kennzeichen des epischen Stils. — Was
Gemot 2119 sagt, soll seine natürliche Fortsetzung in 2123 finden; 2120 —
LITTERATUR: ZUB KRITIK DER NIBELUNGEN. 207
2122 werden als Zathat des Verfassers von 2116 — 2118 ausgeschieden. Von
dem „weichen sentimentalen Ton**, der „breiten Redseligkeit ** dieser Strophen
rede ieh nicht weiter ^ weil das Geschmackssachen sind, und weil mir noch
niemand bewiesen hat^ daß diese Eigenschaften im Widerspruch mit dem Cha-
rakter der Dichtung stehen, und vor allem , weil W. diese Eigenschaften hier
wie sonst gewaltig übertrieben hat. Sollte eine so tragische Scene, nicht schauer-
lich-großartig, sondern gerade schmerzlich-rührend, wie diese, keinen weicheren
Tod vertragen können ? Ahnliches werden wir noch öfters , zumal bei Betrach-
tung von 2072 — 2105, finden; und ich werde mich weiterhin der Widerlegung
derartiger allgemein ästhetisierender Bemerkungen überhoben achten dürfen.
Daß sich in 2123 im Gegensatze zu der Weichheit der drei vorhergehenden
Strophen «ganz der feste, kräftige Heldensinn'' zeige^ «der auch Rüdigers Auf-
treten charakterisiert **, ist ganz falsch. Rüdigers Worte 2112 sind Worte der
Resignation, nicht des Heldensinns ; er hat alle seine Kraft zusammengenommen,
zu weiterer Auseinandersetzung würde sie ihm gebrechen , wie er denn auch
2118 und 2120 sie immer mehr verliert. Schildert hier kein echter Dichter
und Psycholog? Auch davon muß noch geredet werden, daß nach W. Gemots
Schwert bloß als die verhängnisvolle Gkibe, wie 2123, erwähnt werden durfte^
nicht so, wie 2122 dasselbe preist und rühmt. Hiemit hat W. einen schönen
Zug zerstört. Es ist echt episch, daß die Güte einer Waffe gepriesen oder auch,
wie anderwärts, ihr Aussehen geschildert wird, wenn dieselbe von Bedeutung
für die Erzählung wird ; obwohl W. diesen Schilderungen auch sonst feind ist
(cf. zu 1640 und zu 1722), so hat er nirgends einen Grund gegen dieselben
vorgebracht, und es wäre ein Leichtes, ihm aus den Dichtem jener Zeit Ahn-
liches und Gleiches in Menge nachzuweisen. Aber die Hauptsache ist der deut-
liche und eminent wirksame Contrast, in welchem der Ruhm des Schwertes^ das
so Manchen getödtet hat , ohne zu splittern , mit dem grausigen Ende steht,
daß es nur aufgespart ist, um seinen eigenen Herrn zu erschlagen. — Das
Motiv, daß 2123, 1 sich wirksam der Z. 2119, 1 gegenüberstelle, wird uns
in noch deutlicherer Gestalt mehrmals wieder begegnen, wobei es seine Beur-
theilung finden soll. — Demselben Interpolator wie 2116 — 2118 und 2120
bis 2122 gehören auch 2126 — 2128 an, ,,so daß er hier, wie vorher an zwei
Stellen, drei Strophen eingeschoben hätte". Lnmerbin eine wunderliche Oapricc
dieses Dichterlings! Man trifft ja bei manchen Dichtern ähnliche Regelmäßig-
keiten, wie Stichom3rthien, Distichomythien u. ä.; aber wo wäre hier Anlaß zu
solchem Schematismus? Die Reden der Einzelnen sind ungleich lang mit diesen
Strophen und ohne dieselben, und innerhalb der drei Triaden ist vollends von
einer regelmäßigen Responsion keine Rede. Die Gründe für die Ausscheidung
der drei letzten Strophen sind ziemlich mangelhaft. 2126 soll den Gedanken
von 2125 „verwässern''; der „unbeholfene Satz" ist doch recht wohl verständ-
lich. In 2127 und 2128 soll der Fortschritt der Gedanken nicht natürlich sein:
nach 2126 müste Rüdiger etwa sagen: „das möge Gott verhüten"^ und daran
die Mahnung 2127, 3/4 knüpfen: lät die juncvrauwen niht engelien min u. s. w.
Daß aber dieser vermittelnde Gedanke fehlt, fallt doch; wenn er so leicht zu
ergänzen ist, und bei so erregter, kurzer Rede, wie Rüdiger sie hier durchweg
führt (im charakteristischen Gegensatze zu Günther 2116 f., Gemot 2121 —
2123, Giselher 2125 f., Hagen 2130—2132, Volker 2140 f. spricht der mit
sich selbst ringende Rüdiger stets nur eine Strophe, 2187 nur eine hsiUiQ. 'L^^^^
208 LITTEHATUR: ZUR KBITIK DER NIBELUNGEN.
80 gut wie gar nicht ins Gewicht. Auch daran nimmt W. Anstoßi daß Rüdiger
2127 überhaupt ein Entkommen der Burganden für möglich hält. Für sehr
wahrscheinlich wird er es vielleicht auch nicht halten ; aber Etzels Mannschaft
ist vorderhand erschöpft, 2071; sonst hätten er und Kricmhild sich auch nicht
so sehr um Rüdigers Hilfe umgethan. Daß Dietrich eingreifen werde, kann
Rüdiger nicht voraussetzen ; und mit seinen eigenen 500 Mann und zwölf Recken
(2106) können es die Burgunden ^ die eben, 600 an der Zahl (2061)^ mit
1200 Hennen (2070) fertig geworden sind, wohl aufoehmen. In der That fällt
ja auch Rüdiger mit allen den Seinigen , und erst der Amelungen unvorher-
gesehene Verwicklung in den Kampf entscheidet gegen die Burgunden. Somit
kann nach den eigenen Thatsachen des N. L. die Unwahrscheinlichkeit nicht
sehr groß sein; man pflegt aber bei solchen Vermächtnissen , wie 2127, auf
ein mehr oder minder von Möglichkeit nicht so viel zu sehen. Dasselbe gilt
von Strophe 2133, 4 und andererseits von 2142. Wilmanns ist übrigens durch
die eben zurückgewiesene Aufstellung in einen ziemlich sichtbaren Widerspruch
mit sich selbst gekommen : denn wenn es^ wie er in der Einleitung ausgeführt
hat^ nicht denkbar ist^ daß in der ursprünglichen Dichtung Rüdiger mit seinen
Mannen allein die Burgunden überwältigt habe y so ist ein glückliches Ent-
kommen der letzteren aus diesem Kampfe , auf den es Rüdigem allein an-
kommt, um so mehr denkbar. Auch daß sich 2129 viel schöner an 2125 an-
schließe ^ muß ich bezweifeln. Man könnte es wohl ertragen, wenn die zwei
Strophen unmittelbar auf einander folgten, und insofern sagt W. richtig: |,Rü-
diger hat nichts zu antworten als: Nu müez uns got gendden^; aber ich finde
es doch besser, wenn er auf 2125 f. wirklich antwortet, und was er antwortet,
ist gewiß schön und wohl am Platze; ich wüste gar keine bessere Bitte, die
Rüdiger an seinen Eidam, mit dem er kämpfen muß, richten könnte, als: Idl
die juncvrouwen niht entgelten min.
Das bisher Interpolierte war das Werk eines Interpolators (wenn man
von 2107 absieht^ über deren Ursprung nichts gesagt ist). Sogleich aber stoßen
wir auf einen zweiten. Die ganze Stelle 2129, 4 — 2144, wo Volker und Hagen
mit Rüdiger ausmachen, ihm im Kampfe auszuweichen, ist eine wieder von an-
derer Hand eingeschobene Episode, innerhalb deren aber derselbe Interpolator
wie zuvor seine Zusätze abgelagert hat. Diese letzteren Zusätze fasse ich wie
W. zuerst ins Auge: 2134 nimmt 2135, 4 voraus; solches Vorausnehmen ist
aber (cf. in dem schon Betrachteten Str. 2107) so häufig im N. L., daß es
zuerst als ein stehendes Kennzeichen der Unechtheit bewiesen sein müste; —
2136 f. sind unecht, weil 2136, 1 = 2121, 1 (was man gerade so gut so
auslegen könnte, daß der Verf. der einen Stelle den Ausdruck, der aber wahr-
Ifch nichts Besonderes hat , aus der andern gestohlen hätte) , und weil Hagen
den Lohn für die Güte Rüdigers nicht von Gott (2136) erwartet, sondern ihn
selbst gibt dadurch, daß er sich vom Kampfe fem hält; ein Grund, den mau
nicht zu widerlegen braucht; — 2139 gemahnt im Ton an 2134 und andere
jüngere Strophen, ist also auch jünger; — 2141 — 2148 sind interpoliert aus
folgenden Gründen: 2141 ist ein seltsamer Einfall (ich finde eine großartige
Ironie dai'in, daß Volker hie zer hodigezU y die so ganz anders ausgefallen ist,
die houge der Gotelind trägt und vorweist), und 2142 stimmt nicht zu Rüdigers
sonstigem Bewußtsein von seinem nahen Tode (darüber s. o.); daz toolde got
2142, 1, „wie zweimal vorher Gemot in jüngeren Strophen^ (an den beiden
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 209
StelleO; 3120, 21 24, spricht übrigens nicht Gemot, sondern Rüdiger); 2143^4
greift vor (worüber s. c). Alle diese Gründe der Unechtheit beziehen sich
theils auf die früheren, von mir zurückgewiesenen Athetesen , theils sind sie
sonst hinfällig. Im Grunde sind die meisten der 7 Strophen athetiert wegen
ihres weicheren Tones, wovon schon die Rede war. — Wichtiger ist die Athetese
des ganzen Abschnitts (2129, 4.) 2130—2133. 2135. 2138. 2140. 2144;
aber sie ist mindestens eben so schlecht begründet wie die andern. W. schil-
dert das Verfahren des Interpolators : „^^r sich daran gewöhnt hat, die Arbeit
der Interpolatoren zu beachten, wird sie hier leicht schon an der Art der Ein-
schaltung erkennen. Der Interpolator steht unter dem Eindruck seines Originals;
er bezeichnet den Punkt, »uf dem die Erzählung ist, und greift dann hemmend
in die natürliche Bewegung ein, um schließlich mit größerer oder geringerer
Mühe von seiner Abschweifung zum Ausgangspunkt zurück zu kehren". Beson-
ders viel Mühe hat diese Rückkehr in unserem Falle nicht gekostet; 2142 ge-
hört noch zu dem wesentlichen Gegenstande der Episode , und 2144 ist sie
schon zu Ende. Aber die Hemmung der Erzählung ist vorhanden: 2129 werden
schon die Schilde erhoben, als Hagens Erzählung wieder eine Pause veranlaßt.
Ich Icugue es W. nicht ab, daß Hagens Worte : beltbet eine wile u. s. f. nicht
sehr schön und kräftig sind, sondern eher langweilig klingen; „possenhaft^ ist
etwas zu viel gesagt. Aber ich glaube auch eine Erklärung zu haben fOr diese
Hemmung. Der Dichter wollte den Tausch der Schilde und das Versprechen
gegenseitiger Schonung einflechten; das muste eine Scene für sich geben, von
dem Gespräch mit den andern Burgunden, das keine Abmachungen zur Folge
hat, getrennt. So kam der Dichter auf diese Art der Einschaltung unserer
Episode. Woher er das Motiv hatte, wird sich kaum entscheiden lassen. Es ist
ja schon homerisch und öfter verwerthet, und er mag es irgendwo gefunden
habeu. In der Nibelungensage war es vielleicht zuvor noch nicht; die Thidreks-
saga z. B. weiß nichts davon. Aber das muß ich festhalten, daß 2130 — 2144
von demselben Dichter herrühren wie das Vorhergehende. Ich habe oben pa-
renthetisch auf den sehr charakteristischen und ganz im Wesen der Situation
begründeten Zug hingewiesen , daß Rüdiger auf die längeren Reden der Bur-
gunden stets nur mit einer Strophe antwortet. Dieser Zug geht auch durch
die Strophen 2130 — 2144 hindurch; Wilmanns hat ihn freilich durch seine
Kritik gründlich zerstört; allein ich glaube in diesem entschieden dichterische
Empfindung und Überlegung verrathenden Zuge ein positives Element gegen
seine Kritik zu besitzen: — falls die negativen nicht genügen sollten. — Mit
den Worten „durch mortrcechen willen*^ fängt nach W. wieder „der alte herbere
Ton" an. An dem obigen Beispiel, wie schief W. den Ton, der in Str. 2112
erklingt, aufgefaßt hat, kann man das kritische Gewicht dieses Satzes ungefähr
ermessen , der schon dadurch hinfällig wird, daß von einem mortraschen willen
auch nach dem, was W. an Strophen übrig gelassen hat, eigentlich nicht die
Rede sein kann. Beim Beginne des Kampfes bedient sich hier der Dichter,
wie im epischen Stil Ahnliches zu Dutzenden vorkommt , der sonst gebräuch-
lichen Schilderungen der Kampfeslust, obwohl von einer solchen in der obwal-
tenden Situation kaum geredet werden kann; ganz ähnlich 2143, 2 des muotea
er ertohte.
Die Ausscheidung der Episode 2130 — 2144 hat auch die Auswerfung
von 2148 zur Folge, in welcher Volker und Hagen und ihr fride mit Rüdiger
OERMANU. Neae Reihe XII. (XXIY. Jahrg.) \^
210 LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
erwähnt sind. Daß 2148, 1 »gans müiSig^ ist, kann wohl nicht ab Grand gelten;
die Strophe bleibt stehen. Ebenso 2149^ welche ^nur in stärkeren Ausdrücken
ausfuhrt, was in 2146, 4 gesagt ist", aber nicht einmal als |,8türeud^ bezeichnet
wird. 2151 hat schon Lachmann ausgeworfen , weil Dankwart daselbst erwähnt
wird. Wilmanns von seinem Ausgangspunkt aus kann diesen Grund nicht brauchen;
aber die Strophe ist ihm eingeschoben , weil Giselhers Eingreifen wirksamer
aufgeschoben sei, bis Rüdiger und Gemot gefallen seien (2161). Daß 2161, 1. 2
eben sehr wirksam wären, könnte ich nicht sagen; im übrigen haben wir in 2151
eine der vielen zasammenfassenden Strophen, in denen mehrere Helden ange-
zählt werden. Lachmann war diesen Strophen feind, ebenso Wilmanns; aber ein
triftiger G^rund y sie zu entfernen , ist nie beigebracht worden. Ob sich wohl
solche immerhin etwas lederne Aufzählungen als Verlegenheitsmittel nicht auch
bei andern Dichtem finden sollten? Die vorliegende Strophe wegzuwerfen, ist
übrigens deshalb mislich , weil alsdann in 2150 und 2152 zwei Variationen
desselben Gedankens unmittelbar zusammenstoßen würden : dem Ut de» tage»
BiUdegir harte wol ffelich daz er ein recke wasre vil lUene unde (unt ouch vü) lobelich ;
tril wol zeigte RiUdegir daz er was stark genuoc, Wilmanns scheint diese lucon-
venienz auch gefühlt zu haben; denn er hält eine von den beiden Strophen
für entbehrlich, also jünger. Für den Übergang zum Kampfe mit Gemot war
nur eine nötbig^ also wird auch nur eine ursprünglich sein; wieder das alte,
mit nichts motivierte Wegschneiden alles irgendwie Entbehrlichen. W. läßt aber
die Wahl, welche Strophe wir für alt halten wollen: „ich glaube 2152, aber
auch 2150 paßt gut und ebenso 2150, 1. 2. 2152, 3. 4^. Diese Unentschie-
denheit ist sehr lehrreich; sie zeigt, daß an beiden Strophen auch nicht das
geringste Merkmal verschiedenen Ursprungs ist; es werden also wohl beide
gleich alt und ursprünglich sein. Das Zusammensetzen von halben Strophen
kommt uns hier zum ersten Male vor. Ich habe gegen diese Art von Kritik,
die auch Lachmann, obwohl nur ganz selten, geübt hat, principiell nichts ein-
zuwenden; es ist wohl denkbar, daß ein Interpolator , wenn es nicht anders
gieng, eine Strophe des ihm vorliegenden Textes auseinanderriß. Ich beurtheile
abo solche Stellen durchaus nicht anders als alle übrigen. Schönbach hat iii
seiner Rec. Seite 379 ausgefährt, daß 2152, 3 die Zeile 2152, 2 voraussetze;
ich glaube, nothwendig nicht; aber W. hat gegen die vier ausgeschiedenen Zeileu
nichts Triftiges vorgebracht. — Endlich werden noch 2158 —2160 ausge-
schieden, wofür diesmal gar kein Grund angegeben wird. Noch dazu muß
W., um 2161 unmittelbar auf 2157 folgen lassen zu können^ in 2161, 1 statt
mit A bruoder vielmehr mit B swcher lesen; gleich ein Beweis, wie leicht er
mit der Hss.-Frage umgeht: „B hat die ursprüngliche Lesart bewahrt; die an-
dern Uss. ändern mit Rücksicht auf die Interpolation". Welche Verwirrung der
Logik in diesem Verfahren steckt, liegt auf der Hand. Sonst immer mit A zu
lesen^ und nun, um drei Strophen ausscheiden zu können, gegen die sich gar
nichts sagen läßt, auf einmal von A abzuweichen, während die La. von A bei
Erhaltung dieser drei Strophen ganz tadellos ist: ärgere Willkür lässt sich kaum
denken ; und W. hätte wohl gethan , die „kleineu Mittel des philologischen
Handwerks^ , von denen er in der Vorrede verächtlich spricht , minder neben -
Bächlich zu behandeln. An und für sich versteht sich, daß die La. von B
gleich gut paßt. Innerhalb der drei ausgeschiedenen Strophen soll wiederum
^if^Q jünger sein als die zwei andem , und in 2158 , 4 soll statt Hagen ur-
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 211
sprÜDglich Giselher geDannt gewesen seio; da die Einfuhrnng des Redenden in
Str. 2160 ohne Nennung seines Namens nicht ursprünglich sein könne* Solche
Einführung kommt aber gar nicht selten vor ^ und man merkt ja doch , daß
Giselher der Redende ist. Die Einmischung Hagens steht nach W. im Zusam-
menhang damit, daß ^Bearbeiter sich bemühten, Hagen auch in dieser Scene
einigen Antheil an der Handlung zu gewähren.** Ich weiß bloß einen solchen
Bearbeiter, den^ von dem die „Episode** 2130 — 2144 verfaßt oder eingeschoben
ist; denn 2148, falls von einem andern Verfasser, ist nur mit Beziehung auf
die Episode gedichtet. Da ich die Episode als einen integrierenden Theil der
Dichtung erkannt habe^ so können auch 2158 — 2160 ungerupft bleiben. Der-
jenige aber, der 21 58, 4 und 2159 Hagen eingeführt hätte, müste doch wohl
identisch sein mit dem, der vorher schon sich mit Hagen zu schaffen gemacht
hat ; wir werden uns kaum zwei Bearbeiter mit dieser nemlichen Tendenz thätig
denken wollen. Wir hätten also innerhalb dieses ersten Abschnitts , um uns
einmal probeweise ein Bild von W.s Resultaten zu machen , mindestens vier
Dichter: 1. die alte Erzählung; 2. den Interpolator von 2158 — 2160; 8. den
Dichter der Episode, von dem auch 2159 herstammen muß^ und 4. denjenigen^
der die sentimentalen Zusätze 2116 — 2118 u. s. f.» auch die innerhalb der
Episode, gemacht hat. Ob 2107. 2148. 2149. 2150 (oder 2152 oder 2150,
3. 4. 2152, 1. 2.) von einem dieser viere sind, kann man nicht wissen. Aber
es ist an vieren genug. Was für ein Rattenkönig von Dichtem in 56 Strophen I
Wie einfach sind dagegen Lachmanns Resultate! — Mit 2161 schließt die
Erzählung. W. untersucht die folgenden Strophen 2162 — 2171 nicht mehr.
Ich kann es mir also auch ersparen, zu untersuchen, ob 2161 einen Abschluß
bildet oder nicht, um so mehr, als, wie wir sehen werden, nach W.s Ansicht
die hier gefundene alte Dichtung doch ursprünglich noch Weiteres enthalten hat;
nur was uns von derselben erhalten ist, schließt mit 2161. Ob es aber nicht
mislich ist, solche isolierte Scenen für sich zu untersuchen und was darüber
hiuausliegt, auf später zu versparen oder, wie hier, ganz zu ignorieren? Das
letztere ist jedenfalls ein Fehler; denn aus solchen Übergängen wie 2162 —
2171 könnte unter Umständen dieß und das über die Entstehung zu folgern sein.
Auch gegen die Reihenfolge , in der W. die verschiedenen Abschnitte
untersucht hat und welche nicht durch den Zusammenhang der Überlieferung,
sondern durch die von W. behauptete Zusammengehörigkeit der verschiedenen
Stücke bestiiumt ist, ließen sich Einwendungen machen. Aber eine genau auf-
merkende Kritik kann sich über solche Dinge, welche das Resultat selbst we-
niger berühren als die Methode seiner Gewinnung, wegsetzen. Wir werden
jedoch Stellen finden, wo mir die Anordnung, die W. dem Stoffe gegeben hat,
auch auf die realen Resultate seiner Kritik von Einfluß gewesen zu sein scheint.
So versetzt uns W. nunmehr mit einem großen Sprung an den Anfang
der von seiner Kritik umspannten Erzählung und untersucht den Bericht von
Giselhers Verlobung, Str. 1606—1624. Auch hier finden sich «unerträgliche
Interpolationen^ oingestreut. Lachmann hatte 1618 ausgeschieden, weil 1613, 2
des Markgrafen Tochter wieder in den Saal geschickt worden ist, ab^ iai8
ze hove beschieden wird , als ob sie zuvor anderswo gewesen wftr^
vielmehr 1612 ausscheiden. Sein Grund für diese Athetese ist detf
1613, 1 offenlichen spricht: „als die Jungfrau hinausgegangen ift^
212 LTTTERATUS: ZUR KSITIK DER NIBELUNGEN.
Spielmann offen heraossprechen^. Ich meine, das Wort offenlkhe kann gerade
so gut motiviert sein durch die Anwesenheit der Jungfrau: obgleich sie da ist,
spricht Volker doch offen und laut. Den Maßstab modemer Scheu vor solchen
Dingen wird man nicht anzulegen brauchen und noch viel weniger mit Heinrich
Fischer, Nibelungenlied oder Nibelungenlieder? Seite 134 deshalb mit A in
1612, 2 die küenen statt die schämen lesen wollen^ denn die Ritter haben bis
jetzt den Saal nicht verlassen, können also auch nicht wieder in denselben ge-
fuhrt werden. — Da aber 1613 in A der selbe spilman nur möglich bt, wenn
die vorhergehende Strophe echt ist, so verwirft Wilmanns hier die La. von A
und recipiert die der Vulgata*) der edele spilman: „die Lesart in A setzt schon
die Verbindung mit der vorhergehenden Strophe voraus*. Eine methodische
Kritik muste vielmehr zu diesem Schlüsse fuhren : da A, welche sonst zu Grunde
liegt, 1613, 1 deutliche Beziehung auf 1612 zeigt, so muß 1612 echt sein.
Ich kann mich dieses Argumentes nicht bedienen; aber ich denke, die Grunde
gegen 1612 sind schwach genug. — £s fragt sich nun, ob also nicht 1618
interpoliert sei. An und für sich ist es ebenso auffallend, daß ein Interpolator
eine solche Incongruenz in der Situation in die Erzählung hineinbringen sollte,
wie , daß sie dem Dichter selbst entschlüpft sein soll ; denn auch jener wird
wohl die Situation in der Erzählung, die er interpolieren will, ein wenig über-
legen. Aber von dieser principiellen Frage abgesehen , ist es gar nicht noth-
wendig, hier einen unlösbaren Widerspruch zu finden. Der Saal, in dem wir
uns befinden, ist, wie solche Speisesäle überhaupt, wie insbesondere auch der
in Etzeinburg , sehr groß; sonst könnten nicht, wie es 1610 erscheint, alle
Ritter in demselben essen. Es ist also nichts Auffallendes , wenn die junge
liarkgräfin, die sich schon im Saale befindet, noch besonders ze hove beschieden
wird; wie auch Zamcke in seiner Rec. Sp. 1665 f. ausfuhrt. Es wird das
nichts anders bedeuten, als daß nach der Unterredung 1613 — 1617 die Fürsten
sieh erhoben haben und berathen, und daß man die Jungfrau vom Tische weg
zu ihnen schickt; — falls die Anwesenden überhaupt noch am Tische sitzen,
was durchaus nicht nothwendig ist; denn sie können sich auch sonst im Saal
ergehen. Was ich hier als in der Erzählung vorausgesetzt denke, ist allerdings
nirgends ausdrücklich gesagt, aber wohl nicht anders zu denken. Auch 1621, 1
setzt diese Situation voraus. Daß die Erzählung nicht ganz glatt ist, steht kaum
zu leugnen; allein Widersprüche enthält sie nicht, und man muß mit dem aus-
zukommen suchen, was da ist, — und das ist ganz wohl möglich. Wir werden
also sowohl 1612 als 1618 für echt halten dürfen.
Innerhalb der besprochenen Erzählung hat die Vulgata eine Strophe mehr
als A, die Str. 1614, 5. Für Lachmann war diese ohnehin eingeschoben; er
hat aber auch 1615, freilich mit sehr gesuchten Gründen, athetiert. Während
*) Ich werde ans den kritischen Apparaten von Lachmann and Bartsch nicht
klar, wie die verschiedenen Hss. hier lesen. In der Aasgabe giebt Lachm ann der edel
»püman als La. der Valgata an; in den Anmerkungen dagegen verzeichnet er bloß
die Variante von C der Hure tpileman^ ohne über selbe and edeU etwas anzugeben.
Bartsch giebt im Text edele; im Lesartenverzeichnis gibt er an y,edele g [so daß man
meinen maß, B a. s. w. hätten etwas anderes], sdbe A, tiure C. R. v. Math in seinen
Variantenverzeichnis von A (Zeitschrift für deutsche Philologie 8, 446 ff.) bringt die
Str. 1613 gar nicht Kurz, es ist nicht klar, wie die Sache steht; ist auch für unsere
Zwecke hier gleichgiltig. [Alle Hss. außer g haben die gekürzte Form edel, die, da sie
keine wirkliche Lesart ist, ich aufzofÜhren für uunöthig hielt. K. B.]
LITTERATUB: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 213
aber ihm 1615 für älter gelten mußte als die Divergenz nnserer Hss., 1614, 6
dagegen für ein Werk des Urhebers der Vulgata^ so hält Wilmanns vielmehr
beide Strophen für gleich alt, mit der Bemerkung: »in A sind hier, wie an
andern Stellen , jüngere Zusätze unvollständig aufgenommen,^ d. h.^ falls ich
diese Bemerkung richtig verstehe: in den echten, ursprünglichen Theilen des
Gedichts fehlt nichts in A, aber interpolierte Stellen sind mitunter in anderen
Hss. vollständiger erhalten. Wie ich mir nach dieser Aussage das 'Verhältnis
der Hss. denken soll, weiß ich nicht recht. Es müste der, von dem der A und
B gemeinsame Urcodex st}immt, in seinem Text die Zusätze irgendwie kenntlieh
gemacht haben (vielleicht wäre er selbst derjenige gewesen, von dem die letzte
Zurichtung des Liedes stammt); dann hätte der eine der Abschreiber diese Zu-
sätze ganz^ der andere nur theilweise aufgenommen. Oder soll man sich eine
Hs. denken, in der die Zusätze (aber welche?) noch nicht da waren und neben
der dann eine andere mit den Zusätzen benutzt worden wäre? In beiden Fällen
scheitert jeder Versuch, sich über das wie ? eine mögliche und klare Vorstel-
lung zu machen. Das wäre natürlich ganz wohl denkbar, daß A, wie an an-
dern, ganz alten Stellen, so auch an jüngeren hie und da ausgelassen hätte;
aber dann ist dieses Auslassen auch jüngerer Zusätze ein reiner Zufall. Und
das kann W. mit seinen Worten unmöglich gemeint haben. — Ich stelle mich
von der Hss. -Frage unabhängig und sage: auch mir gefällt 1615 ohne 1614, 5
nicht sonderlich. R. v. Mnth in seiner Einleitung in das Nibelungenlied S. 146
hat zu den wenig sagenden Gründen MüUenhoffiB (Z. G. d. N. N. 966 f.*) noch
einen weitem gegen 1614, 5 gefügt: dieselbe setze „die Werbung eines Königs
voraus, von der Volker nicht einmal hypothetisch gesprochen hat**. Muth hat
1614, 1. 2: oh ich ein fllrate wasre und $olde tragen krdne gänzlich übersehen.
Rüdigers Worte 1614, 5 beziehen sich auch keineswegs auf einen concret ge-
dachten Fall; und ich finde, Gemots Worte 1615 passen viel besser auf Rfi-
digers Bedenken als auf Volkers Äußerung hin: ;,doch, ich wäre gleich dazu
bereit, sold ich triutinne nach minem willen hdn'^, W. ninmit das für eine n un-
verholene Liebeserklärung^. Im Gegentheil: in Gemots Worten liegt ausdrück-
lich gesagt, daß er nicht in der Lage sei, ein Weib zu nehmen. Uns zu offen-
baren, warum, das können wir von dem Dichter nicht verlangen, der es wohl
selbst nicht wüste: er fand in der Sage Gemot als unverheiratet und Giselher
als Rüdigers Eidam und brauchte für beides keine weiteren Motive zu erfinden.
Damit erledigt sich W.s Frage: „wozu wird der jüngere Brader mit Gewalt
vorgeschoben, da der ältere so heiratslustig ist.^ Daß Hagen „möglichst un-
natürlich^ das Wort nehme (1615 f.), ist Geschmackssache; auch die Behaup*
tung, daß „der grimme Hagen unbeteiligt bei dem Liebeshandel * sein müsse,
ließe sich damit entkräften , daß er doch seinerzeit zu Günthers Vermählung
mitgeholfen hat; aber ich gebe zu^ daß der ganze Vorgang uns etwas ge-
zwungen und überrumpelt erscheint; den Zeitgenossen wobl nicht so sehr. Der
Dichter hatte hier schweres Spiel: Giselher und die junge Markgräfin haben
sich noch nie gesehen ; er konnte also die Verlobung nicht durch eine vorher-
gängige offene oder geheime Liebe, wie etwa bei Siegfried und Kriemhild, mo-
*) Ich kann nur nach der Seitenzahl der allg. Monatssehrifl f. W. u. L. von
1864 eitleren, da mir der Separatabdmck nicht zu Gebote steht R. v. Muth a. a. O.
gibt S. 90 an.
214 UTTERATUB: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
ÜTiereii. Ein modemer Dichter hfttte eine solche Erzählung gar nicht geschaffen,
und wo er, einen überlieferten Stoff behandelnd, auf eine derartige ungute Er-
zählung gestoßen wäre, hätte er die Motive verändert. Der alte Dichter schaltet
mit dem Stoff nicht so frei , und demgemäß hat er aus der vorliegenden Er-
zählung uomöglich ein großes Kunstwerk gestalten können. Denn das wird sie
auch Dicht dadurch, daß man mit Lachmann und Wilmanns 1616 unmittelbar
auf 1614 folgen läßt, wodurch die Erzählung nicht schlechter, aber auch nicht
besser wird. Leicht mag es sein wie R. v. Muth Z. f. d. Ph. 8, 486 f. aus
der Thidrekssaga , wo Giselher statt Gemots das für Rüdiger todbringende
Schwert erhält, und aus manchen Stellen des N. L. folgert, daß die Erzählung
in einer älteren Sagengestalt anders war, daß besonders Giselher eine größere
Rolle spielte, und dabei mag auch seine Verlobung anders und besser berichtet
gewesen sein; aber das ist eine Möglichkeit, deren Erwägung auf die kritische
Betrachtung unserer Stelle keinen Einfluß hat.
Auch in dieser Erzählung aber sollen , ähnlich wie wir s bei der von
Rüdigers Tod gefunden, „zwei Schichten von Bearbeitung übereinander liegen".
Wilmanns nimmt Anstoß daran, daß Rüdigers Tochter erst im Saale ist, dann
fortgeht und dann wieder eingeführt wird. Er sagt: „Wo eine Person auftritt^
dann ohne etwas gewirkt zu haben, weggeht, und von neuem herbeigerufen
werden muß, hat man in überarbeiteten Gedichten immer Ursache aufmerksam
zu sein. Ich glaube, daß in der ursprünglichen Dichtung die junge Markgräfin
im Saale blieb und zugegen war, als Volker seinen Antrag stellte^. In dem
Texte, wie er überliefert ist, ist sie auch wirklich zugegen; bloß die Athetese
von 1612 hat sie weggeschafft. Daß das N. L. ein überarbeitetes Gedicht sei,
hat sich uns bis jetzt nicht gezeigt. Und endlich ist das Weggehen der jungeo
Markgräfin und ihr Wiederkommen nicht unbegründet. Zarncke hat in seiner
Rec. Sp. 1665 darauf hingewiesen, daß auch bei Brünhilde und Kriemhilds
Vermählung diese beiden Fürstinnen die einzigen Damen sind, die am Abend-
essen theilnehmen. Nach Str. 558 sind die burgundischen Damen in ein tdl
tnUeM gadem gegangen , also gewiß ebenso Brünhilds Begleiterinnen; ferner
hat sieh nach derselben Strophe auch Rriemhild entfernt, die erst als Siegfrieds
Gattin 571 zum Essen kommt; könnte sie schon als Prinzessin und nicht bloß
als Königin daran theilnehmen, so hätte sie sich nicht vorher zurQckgezogeu.
Etwas anders liegt die Sache bei der Bewirthung der Burguuden durch Kriem-
hild. Da während des Mahles sich der Kampf erhebt ^ so konnte der Dichter
keine Damen im Saale brauchen. Aber daß er sie abwesend denken konnte,
ohne das zu erwähnen , beweist , daß nach seiner Anschauung bei höfischen
Banketten bloß die Landesfürstin anwesend sein durfte. So auch in unserer
Erzählung, wo der Dichter 1610 noch zum Überflüsse sagt: nach fjewonheife so
ächieden n sich dd, ritteve unde vrouwen die giengen anderswä. Es ist aus diesen
Stellen deutlich genüge daß die Erzählung des N. L. in diesem Punkte durch-
aus deutscher Sitte folgt; s. Wcinhold , die deutschen Frauen, S. 387. 389.
Vor und nach dem Essen aber ist die Zeit der Unterhaltung mit den Damen
gewidmet. — Für seine Annahme hat jedoch W. auch spccicUc Gründe. 1609, 4
der edel videlasre dem wirie holden willen truoc ist von der Erzählung, womit
Volker diesen holden willen bewiesen habe, durch 1610 — 1612 gcti*ennt. Für
Lachmann war das ein Grund, 1609 auszuscheiden; W. betrachtet vielmehr
die ihr folgenden Strophen als jünger. Die Worte 1609 , 4 sind eine jener
LITTERATÜR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 215
häufigen Vorausweisungen , die mitunter wirkungsvoll angebracht , groOentheils
aber bloßes FHckwerk zur Ausfüllung der Strophe sind. Wir dürften sie nur ver-
werfen nach gründlicher Prüfung aller Fälle, nicht aber so wie hier geschieht,
eine jede Strophe für sich. Fast denselben Fall hatten wir 2107, worüber oben
nachzusehen. Ferner soll nach W. das Lob Gotelinds 161 3 „durch den Fort-
schritt der Erzählung nicht gefordert^ sein und 1614 gar nicht an dieses Lob
anknüpfen; auch daß Volker 1614 noch einmal als redend eingeführt wird^
errege Anstoß. In Beziehung auf 1613 hat W. selbst zugegeben, daß sie |,der
Situation angemessen^ sei; die Verbindungslosigkeit zwischen 1613 und 1614
befremdet bei einem strophischen Gedichte nichts und ist, wie die nochmalige
Erwähnung des Redenden, gar nichts Unerhörtes. Aus diesen sehr schwachen
Prämissen folgert nun W.^ daß 1610. 1611. 1613 eine Interpolation seien, und
zwar eine ältere als 1612. 1614,5. 1615. Möglich sei, daß 1609 jünger sei
als 1608 , da die Zeilen 1 — 3 „bedeutungslos^ seien (ein sehr geringer
Grund!), aber jedenfalls älter als 1610 ff. — Wenn 1613 und 1614 nicht
zusammenpassen^ so genügte es, 1613 auszuscheiden ; womit ich gewiß keinen
positiven Gegenvorschlag machen, sondern nur zeigen will, wie aus W.s Grün-
den, auch wenn man sie zugibt, nicht immer seine Resultate nothwendig folgen.
Aus der spätem Entstehung von 1610. 1611. 1613 folgt weiter, daß
auch die Stelle , wo die junge Markgräfin wieder hereingerufen wird , jünger
sein muß. W. wirft 1617, 3. 4. 1618, 1. 2 aus; seine Gründe sind freilich
so schwach als möglich: 1617, 3. 4 „weisen unnöthig in die Zukunft^, 1618, 1
ist einfach „überflüssig^. Da wir für die Athetcse von 1610. 1611. 1613 gar
keinen Grund gefunden haben, so fällt auch jeder für die Entfernung der ge-
nannten vier Zeilen hinweg. Weiter gehören dieser älteren Interpolation an:
1619. 1620, wo das ausgeführt wird, was in 1617, 3. 4 angedeutet ist. Da
ich diese zwei Zeilen aus der echten Dichtung auszuscheiden keinen Grund ge-
funden habe, so ist auch für die Athetcse von 1619. 1620 keiner mehr vor-
handen. Daß Gernot, „ohne daß es in der Sache begründet wäre,^ angebracht
sei wie 1615, ist nicht richtig. Es ist doch ganz in Ordnung, wenn Günther
und Gernot als die beiden altem Brüder^ die beide gleichermaßen zur Sache
zu reden haben, auch beide den Eid leisten. In 1621 — 1623 findet dann
Wilmanns wieder alte Dichtung, so daß der älteren Interpolation die Str. 1610.
1611. 1613. 1617, 3. 4. 1618, 1. 2. 1619. 1620 angehören. Ob 1624 noch
zur alten Dichtung gehört, lässt W. zweifelhaft. — Er stellt nunmehr die in
den beiden untersuchten Abschnitten als ursprünglich erkannten Strophen zu-
sammen mit der Bemerkung: „Daß man nicht glauben darf, in ihnen Wort für
Wort die alte Dichtung wieder zu haben, daß man vielmehr annehmen muß,
die mehrfache Überarbeitung habe auch in den altem Stroph>3n den Text nicht
unberührt gelassen, scheint mir selbstverständlich'^. An sich finde ich das auch
sehr natürlich, und ich gestehe, daß mir an Lachmanns Theorie nichts uner-
träglicher erscheint, als eben die Annahme, daß die echten Strophen noch ge-
rade so, wie sie gewesen, sollen herausgeschält werden können. Aber für W.8
Kritik muß dieser Satz nothwendig sehr gefährlich sein. Wie oft führt er rein
formelle Gründe für seine Athetesen an! Hier ist der Ausdruck zu weichlich,
dort zu stark ; hier der Zusammenhang zu locker, dort zwischen zwei Strophen,
die in der Überlieferung durch jüngeres Machwerk getrennt sind, ein genauer,
bis auf wörtliche Gleichheit sich erstreckender Znsammenhang: wird dai af
216 UTTERATUB: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
iiDd ein gut Tbeil yon W.s kritischen Handhaben nicht alteriert darch die An-
nahme, daß der echte Text der alten Strophen doch manchmal von dem jetit
überlieferten verschieden gewesen sei? Laehmann und Müllenhoff haben sehr
wohl gewost, warum sie einer solchen Annahme keinen Raum gaben: sie maß
todtlich für jede Kritik sein, die so atomistisch verfährt (s. auch Schönbach,
Zs. f. ö. G. 1877, 878.).
Die beiden bis jetzt betrachteten Abschnitte schreibt W., wie ich ange-
deutet habe, demselben Dichter zu. Es sei denkbar, daß sie von verschiedenen
Dichtem herrühren; aber durch die überlieferten Strophen werde für eine solche
Annahme kein Anhalt gegeben. Ich meine, ein Kritiker, der so radikal zu
Werke geht, der die einzelnen Abschnitte der Dichtung in bunter Reihenfolge
einer Kritik unterwirft , welche in 19 Strophen mindestens drei verschiedene
Verfasser findet, sollte anders zu Werke gehen. Ihm muß jeder Abschnitt echter
Dichtung y den er aus dem Wust des Unechten glücklich herausgeschält hat,
zunächst ein Stück für sich sein , das er einstweilen zurücklegt , bis er nach
Prüfung des ganzen Complczes der Tradition versuchen kann , wie das bisher
Vereinzelte sich am besten gruppieren lasse. Erlaubt er sich, schon vor Been-
digung der ganzen Untersuchung zwei Stücke als Werke desselben Verfassers
zu combinieren , so kann er dieß , gemäß seinem Verfahren und seinen schon
erreichten Einzelresultaten , nur thun auf Grund besonders genauer Überein-
stimmung in den Motiven, wo diese in anderen Theileu der Dichtung abweichen
(W. hat aber noch keine solchen untersucht), und in der äußern Form. (Daß
diese, welche für die Kritik das allerwesentlichste Hilfsmittel bilden muß, bei W.
viel zu kurz kommt, haben schon Andere bemeriLt und werden wir bei Gelegen-
heit noch mehrfach sehen.) Statt aber dermaßen zu verfahren , hat W. auf
Grrund sehr vager Vergleichungspunkte die Zusammengehörigkeit beider Ab-
schnitte statuiert und darauf später Folgerungen gebaut, die ohne dieses Fun-
dament nicht Stand halten können. — Die beiden Abschnitte „stimmen nach
Inhalt, Composition und Stil durchaus zusammen **. Das ist kein Moment, so
lange nicht noch andere Theile untersucht sind, die nicht dazu stimmen.
Übrigens ist hinsichtlich des Inhalts die Übereinstimmung zwischen den ver-
schiedenen Theilen des Gedichts in allem Wesentlichen so groß, daß es kein
Wunder und von keiner Beweiskraft ist, wenn in 19 -f ^6 (oder nach Ent-
fernung des Unechten in 10 -f- 22) Strophen keine Discrepanzen vorkommen.
Den Stil hat W. gar nicht untersucht. Hinsichtlich der Composition bringt er
Einiges bei. Die drei Könige stehen beide Male im Vordergrund; neben ihnen
Volker, vgl 1613 ff. mit 2110 (eine äußerst gesuchte Parallele); Hagen ist
beide Male durch einen Bearbeiter hereingebracht worden. Diese Verhältnisse
ändern sich natürlich sofort, wenn man W.s Atbetesen verwirft, sind aber auch
an sich nicht sehr wesentlich. Es verschlägt nichts , wenn der sonst sehr im
Vordergrund stehende Hagen einmal für eine kleine Anzahl von Strophen in
den Hintergrund tritt, und bei der Verlobung hat ja W. ausdrücklich gesagt:
„der grimme Hagen ist unbeteiligt bei dem Liebeshandel '^. Also würde — W.s
Atbetesen als richtig angenommen — Hagens Zurücktreten beide Male nicht den-
selben Grund haben. Volker spielt überall im zweiten Theile des Gedichts eine
bedeutende Rolle; über die mangelhafte Analogie zwischen 1613 ff. und 2110
brauche ich nicht weiter zu reden. Daß die drei Könige in den Vordergrund
treten (übrigens soll ja die Erwähnung Gamets in der Verlobungsscene inter-
UTTERATUB: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 217
poliert sein!), ist nichts von anderen Theilen des Gedichts Abweichendes. Der
Dichter weiß ihnen überall , wo sie der Situation nach überhaupt auftreten
können, die gebührenden Ehren zu erweisen, und wenn er Andere, wie c. B.
Volker , mitunter in helleres Licht rückt, so ist das eine sehr dankenswerthe
Abwechslung. — Daß beide Scenen mehrfache Bearbeitung erfahren haben,
würde dann eine Wahrscheinlichkeit für die Identität des Verfassers bilden
können , wenn auch die Identität der Interpolatoren nachgewiesen wäre ; W.
nimmt dieselbe als wahrscheinlich an , findet aber keine „entscheidenden Be-
weise^. Seltsam nimmt sich in diesem Zusammenhang , wo die Zusammenge-
hörigkeit der zu Grunde liegenden alten Dichtung erwiesen werden soll , der
Zusatz aus: |,Dic Prüfung des Abschnittes [1626 — 1650], in welchem die Bur-
gunden sich aus Bechelaren verabschieden und Gemot das verhängnisvolle
Schwert erhält , wird du*. Thätigkeit desselben Literpolators deutlich erkennen
lassen. Doch muß sie noch aufgeschoben werden'^. Seltsam nicht an sich, son-
dern deshalb: jedermann wird aus diesem Satze indirect vermuthen, daß auch
die in 1626 — 1650- enthaltene Erzählung in ihren echten Theilen unserer bis
jetzt gefundenen alten Dichtung angehöre; dennoch ist dort das Resultat der
Untersuchung, wie wir sehen werden, ein ziemlich anderes.
Dieß die Einwendungen, die ich gegen die Zusammenwerfung der beiden
Abschnitte von Wilmanns' Standpunkt aus zu machen habe. Ich selbst
glaube denselben Dichter für den ganzen von ihm untersuchten Theil des Ge-
dichts nachweisen zu können, also auch für die beiden zuerst behandelten Scenen.
Der dritte Abschnitt, der zur Untersuchung kommt, ist Str. 2072 —
2105 , Rüdigers Entschluß gegen die Burgunden zu kämpfen. Auch
dieser Abschnitt gehört in seinen ältesten Theilen derselben Dichtung an; aber
wir dringen hier schon tiefer in die Hauptfragen der Kritik ein.
Gleich zu Anfang des Abschnitts sind die Str. 2073. 2074 von „ganz
wirkungslosem Inhalt^ ; was uns nicht hindern wird , sie für ursprünglich zu
halten. Ich muß an die Athetese dieser Strophen eine weitere Bemerkung
knüpfen. „An Str. 2072 , 4 daz weinte innecliche der getriuwe Rüedegir schließt
sich ganz genau 2075, 1 Do sack ein Hiunen recke. Rüedegeren atdn mit weinenden
ougen,"' Mit solchen Congruenzen hat Wilmanns öfter operiert, und wir werden
demselben Motiv noch öfters begegnen. Ob es gerade ein Vorzug eines Dich-
ters ist^ wenn er in dieser Weise zu Anfang einer Strophe das wörtlich wieder
aufnimmt, was er in der vorhergehenden gesagt hat, oder ob es nicht eben so
schön ist, wenn er eine oder zwei Strophen dazwischen legt, läßt sich im All-
gemeinen nicht ausmachen. Aber dieses Motiv ist nur eine concreto Anwendung
des an W. schon gerügten Bestrebens, die ganze Erzählung kritisch so zuzu-
stutzen, daß Alles Schlag auf Schlag geht, wie bei einer logischen oder mathe-
matischen Entwicklung. — Jünger soll auch 2076 sein , weil überflüssig und
den Satz von 2075 fortsetzend. Ich möchte diese Strophe ungern missen;
kräftig iflt der^ höhnische^Hinweis^ darauf ,^! wie viel Rüdiger Etzels Güte vor-
danke; dieser Vorwurf des Undanks kann in 2075 schon liegen, wäre aber
dort nur zweideutig ausgedrückt, sofern 2075, 4 allein eher den Vorwurf der
Feigheit zu erheben scheinen würde; nur diesen oder den der Faulheit enthält
auch 2077. Auch dürften die gleichen Reime 2075, 3. 4, 2077, 1. 2. die
Athetese nicht empfehlen.
218 LITTER ATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
Wichtiger ist das Folgende. Wilmanns nimmt Anstoß an der Einmischung
Etzels in die Scene nnd will ihn ans der ursprünglichen Dichtung entfernen.
Spuren davon findet er in den Str. 2075. 2079. 2082. 2084. — 2075 wird
Ton Etzeln in dritter Person geredet , woraus folgen soll , daß ^der Dichter
dieser Verse den König sich als anwesend nicht vorstellte''. Daß nicht selten
das Nomen proprium für die erste oder zweite Person (und hier ist nicht ein-
mal Etzcl angeredet) eintritt , brauche ich nicht auszuführen ; s. Muth, Z. f.
d. Ph. 8, 489. — In 2079 und 2082 soll Etzels Nennung und Auftreten
„seltsam'' und „höchst überraschend" sein; warum, wird uns nicht gesagt, und
auf Mnth's Entgegnung a. a. O., daß ja Rüdiger 2072 ee hove, also zu Etzel
und Kricmhild gegangen ist, dürfte nichts su erwidern sein. Scheinbarer ist
2084: do kam diu kiiniginne\ als ob Kriemhild nicht schon da wäre, da doch
der Hiunen recke 2075 ff. zu ihr spricht. Allein als schon zuvor anwesend,
wenigstens als Augenzeugin , wird sie gleich in den nächstfolgenden Worten
imd het ez ouch gesehen u. s. f. genannt Somit kann unter kom, wie Schönbach,
Z. f. ö. 6. 1877, 379 bemerkt, nichts anders verstanden werden als „trat herzu **,
zu Etzel und Rüdiger*). Letzterer geht eben zu Hofe, als der Zwischenfall mit
dem Ileunen sich ereignet ; Etzel mag 2082 ihm näher treten , und dasselbe
thut Kriemhild 2084; die ganze Scene aber spielt in nächster Nähe des Kö-
nigspaars. Daran wird nichts auszusetzen sein.
Freilich führt W. noch tiefer liegende Gründe gegen Etzels Betheiligung
an unserer Scene vor. Er glaubt, daß in einer wohlgeordneten Dichtung Rü-
diger nur durch die Eriimcrung an seinen Eid, den er als Freiwerber um Kriem-
hild dieser geschworen hat, zum Kampfe bewogen werden durfte. Wollte der
Dichter auch die Lehenspflicht und die schuldige Dankbarkeit gegen Etzel er-
wähneui so konnte er das in erster Linie thun, um dann endlich die Entschei-
dung durch Kriemhilds Erinnerung an den ihr geleisteten Eid herbeizuführen.
Das wäre eine schöne Steigerung gewesen. „Aber so ist es nicht in unserer
Dichtung. Sie bietet nur ein trübes Durcheinander.'' Auch später erwähnt Rü-
diger nur seine Verpflichtung gegen Kriemhild^ nicht gegen Etzel: 2103 kh
muoz tu (Kriemhilde) leisten, als ich gelopt h/in; 2115 ich muoz mit iu strlten,
wan ichz geloht hän micJi enwoltes niht erläzen des künic Etzelen wip.
Um mit dem Letzten zu beginnen, so ist das ganz in Ordnung« insbesondere
den Burgunden gegenüber. Nur der Eid , den er Kriemhilde geschworen hat,
kann Rüdiger stricte verpflichten, weil auch sie ihre Gegenverpflichtung, Etzeln
zu heiraten, endgiltig erfüllt hat. Sein Lehen will Rüdiger, um der Lehens-
p flicht ledig zu werden, sofort in Etzels Hände zurückgeben, 2094, und
Etzel kann darauf nicht erwidern , daß er das nicht annehme , daß Rüdigers
Verpflichtung fortdauere, sondern er kann nur Versprechungen machen, über-
haupt wird Rüdiger nirgends direct an seine Lehenspflicht erinnert. Was die
Anordnung des ganzen Gesprächs betrifft ^ so kann ich mir allerdintJ:8 ein«'
strenger geordnete und durch consequente Steigerung vielleicht auch noch kräf-
tiger wirkende denken, in der Art wie Wilmanns, Aber abgesehen davon, daß
es ein sehr zweifelhaftes Vorgehen ist , auf den Mangel einer solchen stren-
geren Anordnung einen Schluß grüuden zu wollen, so fragt sich auch, ob nicht
*) Man braucht also nicht mit Muth a. a. O. kom als Plusquamperfectiim
zu fa88€n.
LITTERATUB: ZUR KHITIK DER NIBELUNGEN. 219
diese — um einen vielleicht zu starken Ausdruck zu gebrauchen — (Jnord-
nuDg selbst gut und beabsichtigt ist. Ich finde sie charakteristisch für die lei«
denschaftliche Erregung dieser Scene. Jeder bringt in seiner Erregung vor^ was
er gerade weiß, und es geht dabei naturgemäß nicht so genau nach den Ge-
setzen einer regelrechten Steigerung zu.
Wegen der Erwähnung Etzels athetiert also W. 2082—2085. 2089—
2102. Ich muß hier zunächst fragen: was bleibt nach Ausscheidung der letzten
14 Strophen überhaupt noch übrig? So gut wie nichts, und ich glaube, jeder
poetisch Nachempfindende wird den Dialog , so wie er überliefert ist , mit all
seinem Durcheinander , der nackten Erzählung 2086. 2088. (denn , wie wir
später sehen y soll auch 2087 jünger sein) 2103 ff., in der freilich nichts fehlt
ak — die Poesie, unbedingt vorziehen. Weiterhin ist gar nicht abzusehen, wie
2086 auf 2081 passen soll. Auf beide Einwürfe wird allerdings W., nach dem,
was wir unten sehen werden, die Antwort haben, daß durch die dazwischen-
liegenden unechten Strophen Ursprüngliches verdrängt worden sei. Allein ich
glaube , es ist ihm hier das Ungeschick begegnet , daß er mit 2082. 2083,
welche wegen Etzels unecht sein müssen . ohne Noth auch die folgenden zwei
Strophen verworfen hat (wofür er nur den Constructionsübergang anführt), welche
Etzels Anwesenheit gar nicht nothwendig voraussetzen (das Wort ouch 2084, l
könnte ja von dem Interpolator von 2082 f. eingeschoben sein, und dem künigt
2085, 1 könnte mit dem nemlichen Grund oder Ungrund für Etzels Abwesen-
heit angeführt werden, wie bt Etzelen 2075, 4); denn daß das kom 2084, 1
keinen Anstoß geben darf, ist schon entwickelt. In der That , W. hätte von
seinem Standpunkt aus mit 2080. 2081. 2084—2086. 2088. 2103 u. s. f.
eine richtige und tadellose Erzählung herstellen können, mit deren Herstellung
weitere kritische Schlüsse weggefallen wären. — Es ist aber an der ungenü-
gend motivierten Ausscheidung der Str. 2082 — 2085. 2089 — 2102, die wegen
ihres gemeinsamen Motivs jedenfalls denselben Urlicbcr haben müssen, noch
nicht genug. Innerhalb der Str. 2089 — 2102 sind noch jüngere Interpolationen
ausgeschieden worden, gegen deren Athetese ich gröstentheils dasselbe zu sagen
habt',. was oben über die Unorduuftg des ganzen Dialogs bemerkt worden ist.
— t^09i3 „ist ganz überflüssig und weicht aus dem eingeschlagenen Gedanken-
gang^. 2097 schiebt sich „fremdartig^ zwischen die zusammengehörigen Str.
2096. 2098. „Unklar gedacht** ist 2091, da Rüdiger unmöglich si beide Idzen,
(\, h. weder kämpfen noch nicht kämpfen kann. Alle drei Strophen haben das
Gern einsame, daß Rüdiger in ihnen darauf Rücksicht nimmt, was die Leute von
seinem Verhalten sagen werden. Ist diese Frage eines Helden, dem die Ehre
Alles ist, so gar unwürdig? Wegen dialektischer Reflexion hat W. auch die
Strophen 2087 und 2090 für jünger erklärt; femer 2089, weil 20d 2 do bäten
si yenote matt sei nach si buten sich ze fuoze beide für den man (W. weicht in
seinem Citat von A unnöthigcrweisc ab). Die letztgenannte Athetese ist ganz
grundlos; können nicht, falls W. eine so genaue Steigerung verlangt, Etzel
und Kriemhild noch in 2092 Rüdigern zu Füßen liegen? Von allen andern
gilt das oben Gesagte. Solche Dialektik, solch unstätcs Herumirren des Geistes
in allen möglichen Gründen für und wider wird Jeder begreifen und echt psy-
ehologisch geschildert finden, der solche Pflichtenconflicte mitempfinden kann.
In einer solchen Aufregung des Geistes wird leicht, wie 2097 geschehen, logisch
ZuRnmmengehöriges unterbrochen durch eine sich plötzlich vorschiebende Re-
220 LFTTERATUB: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
flezion anderer Art ; in einer solchen ist TermeintUch scharfe , in Wahrheit
widerspruchsvolle Dialektik, wie 2091 , sehr natürlich*); nnd der mit sich
kämpfende Verstand greift auch leicht zu einer Distinction , wie 2087 : ich
swtwr tu , edel wtp , daz ich durch iuch wägte die Sre unde ouch den lip : deu
ich die srle fliese, desen h&n ich nihi geewom ; welche auch an sich nicht wider-
sinnig ist. Ohnehin ist W.s Bemerkung zu der letztgenannten Strophe: „ein
Gedanke, der doch weiterhin nicht Tcrfolgt wird**, ganz unrichtig; s. 2103 do
liez er an die wäge eile unde Itp. — W.s kritisches Princip faßt sich in seinen
Worten zusammen: „die Reflexionen. .. .sind für den Fortschritt der Erzählung
tiherfliissig^ ; für die Poesie der Darstellung nicht. — ,, Durch den stärkeren
Ausdruck (2089 — 2091) wird sich wohl jüngere Dichtung ankündigen'' ist un-
bewiesen; ein andermal gerade durch den sehv^cheren und matteren. — End-
lich ist es gar nicht wahr, daß 2093 aus dem eingeschlagenen Gedankengang
weiche: die Strophe enthält keine anderen MotiTe, als die umgebenden Strophen,
und W. hätte sie mit eben so viel Grund als eine aus diesen zusammengestop-
pelte Interpolation wegwerfen können.
Ich durfte hier etwas ausführlicher sein ; denn an die Ausscheidung Etzels
knüpft W. , wie wir gleich sehen, Folgerungen von größerer Tragweite, als
die zuvor gemachten Athetesen gehabt haben. Wie schon angedeutet, liegt die
Sache hier nicht ganz wie in den ersten zwei Abschnitten. Dort waren so und
so viel Strophen übrig geblieben, welche eine wohl zusammenhängende Erzäh-
lung bildeten , und in diesen Strophen hatte W. die ursprüngliche Dichtung
wiederzufinden geglaubt. Hier hat sich die Bearbeitung weiter erstreckt als
dort. „Wie viel von der alten Dichtung in der Bearbeitung erhalten ist, wird
sich genau nicht bestimmen lassen.'* Als Vermuthungen stellt W. auf, daß in
2079 und 2080 je die drei ersten Zeilen alt seien; femer könnte 2082 alt
sein, wenn ursprünglich Kriemhild statt Etzels redete. Sicher alt seien 2088
und 2103^ welche den Anschauungen der alten Dichtung, nicht aber der Be-
arbeitung gemäß seien. Bleiner Ansicht nach passen beide Strophen vollkommen
in den Contezt. In 2088 nimmt W. Anstoß an der Antwort Rüdigers ich hdn
iu**) selten iht verseit; soll das heißen: also thnc ich auch dießmal Euern Willen,
so sind die folgenden Bitten überflüssig; soll es heißen: aber dießmal kann ich nicht
gehorchen, ^dann wäre gerade der Hauptgedanke verschwiegen''. „Ursprünglich
mag die Strophe iu einem Zusammenhang gestanden haben, in dem sie verständigen
Sinn hatte." Sie hat solchen aucf^ in dem überlieferten Zusammenhang. Es ist
eine ganz charakteristische Verlegenhcitsantwort (wenn mir dieser etwas niedrige
Ausdruck erlaubt ist)^ welche Rüdiger gibt, wie man deren im Leben bei ähn-
lichen Mahnungen an früheres Versprechen, frühere Treue u. s. f. täglich hören
kann ; und daß die Folgerung , welche aus den Worten für die Zukunft zu
ziehen wäre, zweifelhaft gelassen ist, ist ja eben Absicht. Man denke sich diese
*) Schr^nbach a. a. O. 380 hat bemerkt, daß man diese Strophe nicht ^mit
zu modemer Logik" auffassen dürfe. An sich schon ein genügender Grund gegen
Wilmanns, doch glaube ich einen tiefer reichenden gefunden zu haben. Natürlich bin
ich nicht der Meinung, als ob der Dichter absichtlich, um Rüdigers Seelenstimmung
zu malen, solche Unlogik geschrieben hätte; das wäre wiederum modern. Aber die
Aufregung der Situation hat sich ihm mitgetheilt.
**) R. V. Muths Ausführungen a. a. O. S. 490 über das von W. weggelassene i
sind gegenstandslos, da die Stelle mit und ohne dieses Wort Sinn hat.
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 221
Worte nur in dem richtigen, düster- unentschiedenen Tone gesagt, um sie vor-
trefflich zu finden. Daß die Strophe zu der „ Bearbeitung**, d. h. zu dem Über-
lieferten, ganz gut passt, glaube ich gezeigt zu haben; inwiefern sie aber ge-
rade ^den Anschauungen der älteren Dichtung gemäß ** sein soll, sollte W. doch
genauer sagen. Ebenso wenig verstehe ich diese Aussage von 2103. Hier ist
der Widerspruch, daß Kriemhild 2103 weint^ nachdem sie 2102 froh geworden
ist, etwas scheinbarer; aber sollte ein Bearbeiter, dem 2103 vorlag , diesen
Widerspruch erst hineingetragen und sollte nicht Kriemhild bei aller grimmigen
Freude, in die Rüdigers Zusage sie versetzt hat, in der ganzen Situation Grund
genug haben , gleich wieder in Thränen auszubrechen? Jedenfalls kann ich
nicht sehen , wieso Kriemhilds Weinen der alten Dichtung besonders gemäß
war, da von dieser in vorliegender Erzählung fast gar nichts mehr übrig ist.
— Wenn nun 2103 der alten Dichtung angehört , so wird darauf nach W.
gleich 2106 gefolgt sein. Denn 2104 erwähnt Etzeln, und 2105 ist ohne 2104
nicht möglich. Für mich fallt natürlich dieser Schluß weg.
Derjenige , der die alte Dichtung in dieser Scene so durchgreifend um-
gestaltet hat, muß schon deshalb ein anderer sein , als irgend ein Interpolator
der zwei ersten Scenen. W. findet das aber noch ans einem andern Grunde.
Der Bearbeiter soll eine Gestalt der Sage gekannt haben , in welcher (s. o.)
statt Rüdigers Dietrich durch Kriemhild in den Kampf getrieben wurde. Daß
Überhaupt für die Annahme einer solchen Sagengestalt kein Grund vorliegt,
habe ich oben ausgeführt; und ich könnte hier, nach dem inzwischen Gesagten,
beifügen , daß sie auch sehr unwahrscheinlich sei , da Etzel und Kriemhild
Dietrichen gegenüber keinen zwingenden Grund zum Eingreifen aufzuweisen
haben, denn sein Verhältnis zu Etzel kann er jeden Augenblick aufheben;
wie sollte also er, der den Burgunden so nah Befreundete, sich zum Kampfe
bewegen lassen? Worauf es aber ankommt, ist die Frage, wo sich denn hier
diese supponierte Sagengestalt verrathe? W. meint; in Str. 2094 f. Sparen da-
von zu finden. 7)Die Verheissang du solt ein küfdc gewaUic M neben Etzelen
am (2095, 4) und hir künicj nu nemt hin widere moaz ich van iu hdn^ ich wil
af mtnen füezen in daz eilende gdn (2094, 2. 4) gewinnen ganz andere Bedeu-
tung, wenn man dabei an König Dietrich und sein Geschick denkt. '^ Es fragt
sich, ob die Worte 2094 in Dietrichs Munde, der sich im N. L. trotz seiner
Abhängigkeit von Etzel doch ganz selbständig geriert , so passend wären , wie
in dem Rüdigers, dessen Lehens Verhältnis zu Etzels ein öfters gebrauchtes Motiv
ist. Vor Allem aber ist gegen W. zu sagen , daß beide Stellen auf Rüdiger
ganz vollkommen passen und man durchaus keine Berechtigung hat, zu fragen^
wo sie etwa noch besser passen würden.
Falls aber W. Recht hätte, was hat den Bearbeiter bewogen, Etzeln in
diese Scene einzuschmuggeln? Die Antwort ist sehr einfach: ganz dieselben
Motive, welche nach Anderer Ansicht den gemeinsamen Dichter bewogen haben,
Etzel hier auftreten zu lassen. Es ist ihm von den Burgunden so viel Unglück
widerfahren , daß er unmöglich ganz passiv bleiben kann. Da es nun nicht
denkbar ist, daß ein Dichter, der die Ereignisse von der Ankunft der Burgun-
den an bis zum Saalbrand erzählt hatte, Etzeln hier nicht erwähnt haben sollte,
so muß folgen, daß der Dichter, der hier Etzels nicht erwähnte, d. h. der Ver-
fasser der bis jetzt zu Grande liegend gefundenen alten Dichtung — wir wollen
mit W. sie kurz Rüdigersdichtang nennen — , auch jene Ereignisse nicht
222 UTTERATUR: ZUR KBITIR DER NIBELUNGEN.
enählt hat ; somit mnß die Erzählung jener Ereignisse jünger sein als die Ton
Rüdigers Kampf; nnd mit Rücksicht auf jene Ereignisse wurde in unserer Scene
Etzel eingeführt. — Ich würde den umgekehrten Schluß ziehen: es folgt aus
dem obigen Vordersatze, daß die Erwähnung Etzels in unserer Scene ursprüng-
lich ist. Aber was für ein Bild muß man sich von der alten Rüdigersdichtung
nach W.s Anschauung machen? Die wesentlichen Momente der Erzählung von
1625 — 2071 finden sich alle in der Thidrekssaga^ müssen also, nach W.s An-
sicht Ton deren Verhältnis zum N. L., der alten Sage angehören. Ja die wich-
tigsten, zumal die Ermordung von Etzels Sohn, finden sich auch in der nor-
dischen Sage. Wie hätte also ein Dichter , der die Sage ^von dem Besuch in
Bechelaren bis zu Rüdigers Tod (nach den bis jetzt gefundenen Grenzen) be-
arbeiten wollte, alle diese Ereignisse unerwähnt lassen können?*) AuiVer der-
selbe hätte sich vorgesetzt, nur Rüdigers Schicksale zu besingen. So kann es
aber Wilmanns nicht gemeint haben; denn (s. u.) er vindiciert später dem
Rüdigersdichter die Erzählung 1746 — 1786, in der Rüdiger durchaus un-
wesentlich ist. Aber auch die übrigen Partien, 1626 — 1745 und 1787—2071,
welche W. in ihrem jetzigen Wortlaut, wie wir sehen werden, andern Dichtem
zuschreibt, können dennoch ihrem Inhalte nach schon in der Rüdigersdichtung
enthalten gewesen sein.
Ob nun die Verbindung der Rüdigersdichtung mit den dazwischen liegen-
den Ereignissen durch Contamination erfolgt ist, d. h. so, daß ein von diesen
Ereignissen berichtendes selbständiges Lied oder der entsprechende Tlieil einer
andern Dichtung in die Rütligersdichtung eingefügt ward, oder aber durch In-
terpolation , d. h. so , daß der Erzähler dieser Ereignisse seine Erzählung von
Anfang an dazu verfaßte, um sie in die Rüdigersdichtung einzuschieben, soll
die weitere Untersuchung ergeben. Für mich sind zunächst beide Annahmen
gleich gut oder gleich schlecht.
Wir stehen an einem Abschnitt in der Untersuchung. Bis jetzt hat W.
überall die alte Rüdigersdichtuug zu Grunde liegend gefunden. In den zwei
ersten Abschnitten, 2106 — 2161 und 1606 — 1624, war dieselbe mit Inter-
polationen durchsetzt , deren in beiden Abschnitten mindestens zwei Haupt-
schichten angenommen worden sind. Im dritten Abschnitt, 2072 — 2105, sind
nur wenige Reste der Rüdigersdichtung mehr erkennbar , weil sie eine durch-
greifende Bearbeitung erfahren hat von Seite eines Dichters, welcher auf einer
alten Sagengestalt fußte , in der Dietrich die jetzt Rüdigem zufallende Rolle
spielte ; — wir wollen mit W. diese Sagengestalt die Dietrichsdichtung
nennen. Ausser dieser älteren Bearbeitung hat der dritte Abschnitt auch noch
jüngere Interpolationen erfahren (welche, könnte ich in W.s Sinn hinzusetzen,
wegen ihres refiectierenden Charakters leicht von demselben Verfasser sein
könnten , wie die Jüngern Zusätze des ersten Abschnitts). — Was zwischen
diesen Abschnitten liegt, wird nunmehr Gegenstand der Untersuchung werden.
Wir treten damit in den interessantesten und geistreichsten Theil von W.s
Werk. Nirgends hat er so viel feine Beobachtung, so viel £in>;i'hcn auf den
epischen Stil der einzelnen Scenen gezeigt, wie hier; mid wenn wir ihm den-
*) Dabei habe ich nicht vergessen , daß nach W. der Empfang bei Etzel und
der Saalbrand in der Kfidigersdichtung erzählt war; aber beide gehören nicht zu den
Momenten, die Etzel veranlaßen mosten einzugreifen
LITTERATÜR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 223
noch auch hier in keinem Punkte ganz Recht geben können und ebenso wenig
in dem Gesammtresultate seiner einschlägigen Untersachang ^ so möchte sich
daran oft fast ein Gefühl des Bedauerns knöpfen.
Wilmanns beginnt aber nicht gleich mit dem ^ was unmittelbar auf Gi-
seihers Verlobung folgt , sondern untersucht zuerst die Erzählung von dem
Kirchgang und Buhurt, Str. 1787 — 1835, worauf er in ähnlicher Weise,
wie bisher, die anderen Abschnitte folgen läßt, die nach seiner Meinung dem-
selben Dichter angehören.
Lachmann hatte die Strophen 1788 — 1789 ausgeschieden. W. findet, daß
die Interpolation von 1788 sehr merkwürdig wäre, weil diese Strophe auf 1787
gar keine Rücksicht nimmt. — Ich glaube allerdings auch, daß, wenn 1787
schon da stand^ ein Interpolator gar keinen Grund haben konnte, die folgende
Strophe einzuschalten ; wohl aber ist es ganz gut mÖglichi daß ein und derselbe
Dichter beide Strophen gedichtet hat. — W. meint im Gegensatze zu Lach-
mann, es werde eher 1787 zugesetzt sein, »um eine engere Verbindung mit
der vorhergehenden Aventiure herzustellen **. Ich möchte wohl wissen, wieso die
Verbindung 1786/87 euger sein sollte als 1786/88. Aber sei dem wie ihm
wolle. W. behält von 1788 nur die ersten zwei Zeilen als echt und combiniert
sie mit 1789, 3. 4 zu einer Strophe. Die Gründe sind unbedeutend: die Ver-
bindung von 1788, 2 und 3 ist locker^ zwischen 1789, 2 und 3 gar keine vor-
handen; 1788, 4 ist überflüssig, 1789, 1. 2 albern. — In der gleich folgenden
Rede Hagens hatte Lacbmann 1793 und 1794 athetiert, in der folgenden die
Strophe 1796, alle drei mit der Motivierung: „Zwei innere Reime in dreien
übrigens guten Strophen zeigen, daß Hagens Frömmigkeit hier von dem nach-
mahlenden Dichter hervorgehoben ist, der vorher [1789] Heiden und Christen
einander entgegen stellte." W. schließt sich daran an, ohne weitere Gründe für
die Athetese beizubringen. Lacbmanns Motivierung ist nicht ganz widerspruchs-
frei. Inhaltlich ist ja 1796 mit den andern athetierten Strophen in gar keiner
Weise verwandt ; dennoch muß Lachmann seiner ganzen Ausdrucksweise nach
sie für ein Werk desselben Dichters halten. Ich finde es wohl begreiflich, daß
ein Dichter aus der Zeit der Kreuzzüge so hart neben einander demselben
Helden Worte devoter Frömmigkeit und wilden Kampfesmuths in den Mund
legen konnte ; wie man aber einem Interpolator zutrauen kann , daß er erst
durch Einschaltung von drei Strophen der Erzählung gefiißentlich einen christ-
licheren Anstrich gegeben und dann eine Strophe ganz entgegengesetzter Art
ciDgeschobon habe, das ist mir nicht recht erfindlich. Daß der Cäsurreim ein
Kriterium der Unechtheit ist, hat W. noch nicht bewiesen; er ist aber in Str.
171)3 jedenfalls nur Sache des Zufalls oder, wenn man so will, der Nachlässig-
keit; (U'nn wenn der Verfasser dieser Strophe ihn mit Absicht angebracht hätte,
so konnte er sich die Wirkung desselben unmöglich durch die gleichklingenden
Cäsaren in drei Versen: 1793, 2. 3. 4 vollkommen zerstören. — Außer diesen
drei Strophen hat W. noch 1791 ausgeworfen, welche Lachmann für echt hielt.
„Nur in Str. 1792 werden wirklichen Kleidern WafiPenstücke gegenüber gestellt,
den scidnen Hemden die Panzer, den Mänteln die weiten Schilde; in Str. 1791
ist von Rosen und Schapeln die Rede*'. Es ist durchaus nirgends gesagt, daß
nur von wirklichen Kleidern die Rede sein solle; es wird überhaupt der äußere
Aufzug zu festlichen und zu kriegerischen Gelegenheiten parallelisiert; and diese
224 UTTERATÜB: ZUR KRTTIK DER NIBELUNGEN.
Parallele ist in beiden Strophen gleich richtig. Das PositiTe ist die Rüstang,
deren Haupttheile alle aufgeführt werden^ und diesen gegenüber stehen dann
die entsprechenden Stücke einer friedlichen Ausrüstung: den Schwertern in der
Hand die Rosen, den Helmen auf dem Haupte die Schapel, den Panzern, die
den Leib zunächst bedecken, die Hemden, den Schilden als dem darüber her
gedeckten die Mäntel. Diese wohlberechnete Parallele zerstört Wilmanns, und
ohne jeden Grund. Denn Schapel und Rosen bieten keinen Anstoß. Daß schapel
auch eine männliche Kopfbedeckung ist, lehrt das Wörterbuch. Für die Sitte
der Ritter, bei Festlichkeiten Rosen in der Hand zu tragen, führt Zamcke im
mhd. Wb. n 1, 764 b nur unsere Stelle an; und er hat (nach gütiger Mit-
theilung) keine weitere anzumerken gefunden. Allein die Annahme dieser Sitte,
welcher nichts im Wege steht , die vielmehr mit dem fast sentimentalen Blu-
mencultus der Minnelieder zusammenstimmt, läßt sich durch typische Reste, die
sich bis heute erhalten haben, stützen. Weniger Werth lege ich auf die nicht
seltenen Bilder von Herren mit einer Blume in der Hand, sei's auf Einzelpor-
Iraits, sei's wie sie einer Dame die Blume überreichen u. dgl. Aber der Bube
auf den Spielkarten trägt als Vertreter des jungen Mannes, des knehtes, ganz
gewöhnlich eine Blume in der Hand ; und noch heute geht , wenigstens in
Sehwaben, der Bauembursch nicht leicht ohne eine Blume in die Kirche; vor
allem bei Hochzeiten würde das Weglassen dieses Schmucks von Seite der
männlichen Theilnehmer in streng am Alten hängenden Gegenden als Yer-
achtnng guter Sitte gerügt werden; der Bauer wählt aber in solchen Dingen
nicht nach freiem Geschmack, sondern folgt alter, hier von den höhern Ständen
auf ihn vererbter Sitte, wie in hundert andern Dingen. — W. fühit viel später
noch einen weitem Grund gegen unsere Strophe an, der hier noch nicht er-
ledigt werden kann ; einstweilen fehlt es uns , glaube ich , nicht an positiven
Gründen für ihre Echtheit.
Hagen befiehlt 1795 üf dem vr6nen vrithove stehen zu bleiben. 1797
geht er mit Volker ab, und dennoch antwortet, als 1799 Etzel die bewaffnete
Schar angeredet hat, 1801 Hagen. Die beiden Helden sind nur abseits ge-
treten, um Kriemhild zu reizen; dennoch hat dieser Versuch gar keinen Er-
folg, und weder Etzel noch seine Kämmerer wehreu dieser Flegelhaftigkeit. Um
dieser verwirrten Erzählung aufzuhelfen, athetiert W. die Strophen 1797. 1804.
1805. Nur gegen die erste derselben hat er noch den weitem Grund vorge-
bracht , daß das Wort daz in zwei Versen fünfmal [vielmehr sechsmal] vor-
komme ; ein Grand , der hinfällig ist , so lange W. noch nicht bewiesen hat,
daß eine solche UnschÖnheit nur in anderweit verdächtigen, nicht aber in sonst
anstandslosen Strophen vorkommt; sie kommt aber vor, denn Str. 1727 , die
in Z. 1. 2. denselben Mangel zeigt, hat W. nicht beanstandet. — W.s Be-
weisführung ist schief. Volker und Hagen gehen 1797 nicht fort, sondem bloß
fUr daz wUe münsterj um nahe dem Ausgang desselben ins Gedränge mit Kriem-
hild und ihrem Gefolge (s. Rud. Hildebrand in der Germania 10, 139 f.) zu
kommen. Da nun alle Burgunden auf dem Kirchhof stehen, so werden bei ihrer
großen Zahl Hagen und Volker unmöglich so weit von ihnen entfernt stehen
können, daß ersterer nicht Etzcls Frage hören könnte. Ja, weil sie sich so auf-
gestellt haben, daß Kriemhild an ihnen vorbei muß, so wird auch Etzel zuerst
auf sie stoßen, und warum sollte seine Frage nicht an Hagen gerichtet sein ?
Neben der Absicht, Kriemhild zu ärgern, welche übrigens gar keinen weiteren
LITTERATUB: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 225
Erfolg zu haben braucht ^ als den 1802. 1804 berichteten, erreicht Hagen
dnrch eein Vorantreten zugleich den Zweck, die Bewaffnung der Burgunden zu
motivieren; er sagt 1801,4: toir soldenz Ettelen sagen^ womit er sich und sein
Vortreten gleichsam legitimiert; zugleich ärgert die Lüge in 1801 Kricmhild
jedenfalls weit mehr, als wenn sie aus Günthers Munde käme; diesem würde
sie vielleicht widersprechen^ gegenüber von Hagen verschließt ihr der Trotz den
Mund. Der Dichter hat also wohl gewust, was er berichtete. Gedränge wird
bei der großen Menge kaum zu vermeiden sein, und mehr als dieses an sich
wird es Kriemhild ärgern, gerade an ihrem Todfeinde so hart vorbei zu müssen.
So werden auch weder Etzel noch die Kämmerer besondem Grund zum Ab-
wehren finden können. — Eine weitere Ausscheidung, die W. erst etwas später
macht, wird unten erwähnt werden; ich folge ganz seiner Anordnung.
In der Schilderung des Buhurts (1806 — J834) hat Lachmann ausge-
schieden: 1808. 1816. 1824 f. 1827 f. 1830. 1832. 1834. Von den zwei
ersten Strophen ist nachher die Rede. In der Athetese der übrigen schließt
sich Wilmanns an Lachmann an. Der wesentliche Grund für Lachmanns Athe-
thcsen war, daß die Tbeilnahme Hagens und der Könige an Volkers Ubermuth
mit dem Absteigen 1831 nicht vereinbar sei. Ich rede nicht davon, daß ebenso
gut 1831 ausgeworfen werden konnte, da sich 1830 und 1832 gut zusammen-
gefügt hätten ; es ist überhaupt kein Widerspruch anzunehmen. Die Burgunden
werden 1831 wahrscheinlich nicht absteigen, um sich einem drohenden Kampfe
zu entziehen, sondern im Gegentheii, um diesen bestehen zu können; denn de$
marcrdven mdge (1830, 2), die nach Schwertern und Schilden rufen, sind jeden-
falls nicht beritten; das wären sie wohl nur als Theilnehmer am Buhurt und
als solche müsten sie schon bewaffnet sein; es sind vielmehr unbewaffnete Zu-
schauer den Turniers. Sonst sind nur 1832 wegen überlaufender Construction
und 1834 wegen der Knechte athetiert (s. Lachmann zu 1808), worüber
Heinrich Fischer a. a. O. S. 137 genügend gehandelt hat*). Denn daß 1830
der erschlagene Heune auf einmal ein Markgraf genannt wird, wird durch An-
nahme einer Interpolation nicht erklärlicher. — Wilmanns hat zu Lachmanns
Gründen keine wesentlichen hinzugefügt. 1825 „fehlt in C ; das soll wohl die
Strophe noch weiter verdächtigen; daß aber auch C kritische Bedeutung haben
soll , haben wir noch nie gehört ; bis jetzt hatte W. nur die Vulgata beige-
zogen. — Sonst sind die athetierten Strophen nichts weiter als überflüssig
oder störend. — Wiefern 1831 <I6 huop sich von den Hiunen allenthalhen tekal
voraussetzen soll, daß 1830 noch nicht vorhanden war, wird vielleicht einem
Andern klarer als mir; dadurch, daß die Verwandten des Gefallenen nach Waffen
schreien, daß manche vielleicht gehen, solche zu holen, daß überhaupt Alles in
Aufruhr kommt, eben dadurch erhebt sich allenthalben Schall. Ob 1832 (ähn-
lich 1958 f.) ein besonderes „Bestreben des Bearbeiters" verräth, „den König
zu einem tapfern und tätigen Helden zu machen^, wird sehr Geschmackssache
sein; was aber die Hauptsache betrifft, die Analogie mit 1958 f., so hat W.
diese Stelle gar nicht untersucht!
'^) Nor bat er fälschlich das „Hinüberlaufen des Sinnes* ans 1833 in 1834 ge-
leugnet. Lachmann meinte jedenfalls keinen Constmctionsübergang — er hat ja selbst
nach 1833 einen Punkt gesetzt — sondern das Hinüberlaufen der directen Rede Etzels
ans 1833 in 1884, 1.
GERMANIA. Neao fieihp. XII. (XXIV. Jahrg.) '\^
226 LTTTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
Neben deu genauuteD Atheteseii Lachmanos macht Wilmanns selbst noch
weitere. 1824, 4. 1827, 4. 1830, 4 erwähoen, daß Etzel mit Kriemhild dem
Tuinier znschaiit. Da nun aoßer diesen drei nnechtcn Strophen dasselbe Motiv
in den entbehrlichen Strophen 1807 und 1810 wiederkehrt, so sind anch diese
beiden Strophen fnr jon ger zu halten. Von einer weiteren Begründung für die
Unechtheit der beiden Strophen ist kaum die Rede. 1807 soll in Zeile 3. 4
der Erzählung vorgreifen, da erst 1809 Volker den Buhurt vorschlage. Wenn
anch das Vorgreifen allein nichts auf sich haben würde (bei 1810 ist bloß die
Verfrühtheit von Z. 2 angeführt), so braucht man ja 1807, 3. 4 noch gar
nicht auf den Buhurt selbst zu beziehen. — Die Strophe 1808, die Lachmann
(s. 0.) verdächtigt hatte, hat W. mit Recht für ursprünglich erklärt. — Es
findet sich aber die Erwähnung Etzels und Kricmhilds auch 1817. Diese Strophe
hat W. als echt beibehalten, weil hier bei dem entscheidenden Aufreiten der
Hennen die Aufmerksamkeit mit Recht auf Etzel gelenkt werde. Ich finde viel-
mehr, die Erwähnung des Königspaares sei am meisten am Platze zu Beginn
der ganzen Scene, 1807; womit natürlich gegen die Echtheit von 1817 nichts
gesagt werden soll. In den vier übrigen Strophen werden beide oder (1830)
Etzel allein stets in der Schlußzeile erwähnt Wir haben also, wie so häufig,
einfache Flickverse vor uns , die zwar niemand für sehr schön halten wird,
weder hier noch sonst , die aber ans der Schwierigkeit ^ die Strophe stets mit
wesentlichem Inhalt zu füllen, sich leicht erklären. Wird sonst häufig auf die
Zukunft Bezug genommen, so bildet hier ein stehender Zug der Situation den
Inhalt dieser Zeilen. Sie zu verwerfen, ist sonst gar kein Qrund. Es will mir
auch nicht recht denkbar erscheinen, daß in eine so kurze Erzählung derselbe
Bearbeiter fünfmal dasselbe Motiv eingeschoben haben sollte, das zudem schon
einmal vorbanden war; das lasse ich aber Wilmanns ausmachen.
Ferner werden als interpoliert ausgeschieden die Str. 1815. 1816, in
welehen die Thüringer und die Dänen erwähnt werden: ,die beiden Scharen
auf die es allein ankommt sind Burgunden und Hennen; die Erwähnung der
Dänen und Thüringer stört^. Warum, wird so leicht Niemand einsehen. Die
Burganden treten hier im Buhurt eben denselben gegenüber , gegen die sie
später kämpfen müssen; nur Rüdiger und Dietrich mit den Ihrigen sind (1811
bis 1814) nicht Theilnehmcr am Turnier. Für die Ökonomie des Gedichts
schaden also die beiden Strophen gar nichts. Lachmann hat bloß 1816 athe-
tiert, weil hier, im Gegensatz zu 1815, nur die Dänen genannt seien; da aber
in der ersten Zeile auch Imfrit genannt wird , so hat sich der Verfasser von
1816 die Thüringer jedenfalls anwesend gedacht. Weiter führt W. gegen die
Strophen an, daß Thüringer und Dänen nachher „plötzlich verschwunden
seien **. Es wird aber ohnehin nur bis 1819 vom Buhurt selbst erzählt; nach-
her folgt die Ermordung des Hennen durch Volker, und 1834 f. ist nur ganz
kurz der allgemeine Aufbruch zum Essen berichtet: hätte dabei etwa der Dichter
recht peinlich alle Aufgeführten wieder ihre Schlußreverenz machen lassen sollen?
Femer sollen 1815, 4 und 1816, 4 verfrüht sein: das sind sie (obwohl dieß
nichts schaden würde) nur dann, wenn man 1810 der buhurt urU deu schcUlen
umrden beidiu gr&% mit W. auswirft; aber abgesehen davon ist es doch gar
nicht nothwendig, anzunehmen, daß der Buhurt erst beginnt, wie alle so und
so viel Tausend auf dem Platze sind!
UTTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 227
Außerdem sind 1820 und 1821 „überflüssig, störend und töricht''.
Die Strophen lassen sich wohl motivieren : Volker hat gemeint , der Bnhurt
werde in einen Kampf übergehen ; er bekommt es aber genug und räth auf-
zuhören. In dieser Situation ist der Mord des Hennen , der sonst nur rohen
Übermuth zeigt, psychologisch gut motiviert: im Arger, daß er so lang in Un-
gewißheit hat sein müssen, ob es los gehen werde oder nicht, muß es Volkern
reizen , dem nächsten Besten noch zu guter letzt ein gepiuze zu geben. —
1820,3. 1821,4 sollen denselben Interpolator verrathen wie 1791,1 [4?]. 1825, 4;
aber ist denn in diesen Zeilen irgend etwas Anstößiges? — Die Str. 1818, 5
soll unecht sein, weil sie in A fehlt; da sie gar nichts Anstößiges bietet, aber
auch durchaus nicht nöthig ist, so kann ihr Schicksal nur durch die Entschei-
dung der Hss.-Frage, also weder von W. noch hier von mir, entschieden wer-
den. — Endlich soll 1800 zweifelhaft sein. W. wagt nicht; sie direct als un-
echt zu bezeichnen, da sie „ohne Anstoß'* ist; nur folge 1801, 1 wirksamer
auf 1799, 4. Also derselbe Fehler wie mehrmals. Hier aber würde noch dazu
ein widerlicher Gleichklang der Versausgänge entstehen: gän: {und hat in iemen
iht) getäny {uns hat niemen niht) getan: gdn\ der, wenn er überliefert wäre,
vielleicht kritische Bedenken erweckt haben würde.
Dießmal folgen wir dem Faden der Erzählung und treten ein in die Un-
tersuchung über die Vorbereitung zum Kampf, Str. 1836 — 1857.
Rriemhild redet 1841 zu BlÖdel von den tötenden min, die Sifriden sluo-
gen ; dennoch wendet sich Blödel nicht gegen diese, d. h. Hagen und Qunther,
sondern gegen Dankwart und die Knechte. Aus diesem Widerspruch folgert
W., daß 1841 aus einer andern Dichtung herübergenommen sei, in welcher
Blödel zum Kampf gegen Günther und Hagen bewogen werden sollte , nicht
gegen Dankwart und die Knechte. Dieses Herübernehmen begreife sich aber
nicht dadurch , daß der Dichter nur unter dem allgemeinen Eindruck einer
solchen Dichtung stehe, sondern sei nur dann verständlich, wenn er die Aus-
drücke der Strophe ^in fertiger Form vorfand und beibehielt*^; „bei einer
selbsttätigen Gestaltung der Anschauungen , auch wenn sie etwa von wider-
sprechenden Berichten ausgingen, könnten die Widersprüche nicht so schroff
aufeinander stoßen.* — Wilmanns hat dabei übersehen, daß Blödel, wie er
wirklich gegen Dankwart zieht, 1860 und 1862 von Günther und Hagen als
Siegfrieds Mördern spricht; auch an dieser Stelle widerspricht es einer ängst-
lichen Logik , wenn er sagt : wan diz körnen daz mfne tnuoz din ende «te
durch Hagnen dinen hruoder ^ der Sifriden eluoc. Dennoch hat W. 1860 und
1862 unbeanstandet gelassen. Aber nur eine sehr ängstliche Logik kann in
unserer Stelle einen „schroffen Widerspruch'' finden. Ich kann nichts Besseres
thun als Schönbachs treffende Kritik (a. a. O. S. 381) hier wiederholen: »Schä-
digt denn Blödel die Burgunden nicht, indem er ihnen die Knechte und einige
Ritter erschlägt? Steht denn 1841: ^Dn sollst mir Günther und Hagen tödten ?
Es steht nur: Du sollst mir helfen und V. 4 steht: 'Wer mir den Mord Sieg-
frieds rächen hilft, dem werde ich immer ergeben sein • Blödel ist ein Held
zweiten Ranges; hatte der Dichter den Schluß im Auge, dann konnte Blödel
hier nichts Entscheidendes gegen Siegfrieds Mörder thun.'' Jedenfalls war es
für den Erfolg gleicbgiltig , ob der Dichter ihn die Könige oder das Gesinde
angreifen ließ; in keinem Falle wurde Kriemhilds Wunsch erfüllt. QV^ ^^x^^^xv-
UrnSATDK: ZDB KUTIK DEB XIBELUSGBS.
UMf BImIcI s*9ca die K»»riiitif kioipfea n Iweti , tod vucrcB Diekter
■iiMwt oder ob er iks m «Bcr Vorlag £ud, Bfit ndi aickt anl Sicjbcriieit
cfittifht. Die Thidul— fi, €•!». 376, kat die ÜBterredang KiiealifldB «»d
Biodek Bv soweit, ak Xib. 1841—1842 cBtepricfat. Dann aber wiid Gap. 378
Irim^ doreb Gold md Hold Kiiembilds bewogen, gegen die Kneebte n
was er nacb 379 fin. aaeb wiiklicb getban baben maß. Blödci konuit
ent 381 C gtgtn die Borgmden adbrt gesogen. Wekbe ron beiden Dantel-
fangen da« Eebte und velebe das Yenrirrfe bat, läßt sieb kanm ^t TöQiger
Siebcrbeit aagen. Eber tcbeint die DanteUimg im N. L. dk geordnetere m
«ein« Aber aaeb fitDs nispranglieh Iring gegen die Kneebte zog, ao bat anaer
Diebtor jedeafüla das tebon in aenier Vorlage gelonden, dafi einer der beiden
Hfldm Ton Kfiembüd bewogen warde, mit den Knecbtcn tn kämpfen. Wabr-
aebeinlicber aber iaty dafi das Blodel war; denn im X. L. fiodet «idi in der
Enibfanif; ron Iring« Kampf (wekbe W. einem andern Dicbter sasebieibt and
ia wekber sieb immerbio einige Besonderheiten xeigen) dorcbaos keine Spar
von einer aadem frnbem RoQe des Helden; umgekehrt tritt in der Tlu-Saga
friag noek einmal aof and zwar weaentliek so wie im X. L. (Cap. 387;^.
Wir baben gesehen, wie W. in Bezog aaf 1841 Benntzong einer älteren
QaeUe annimmt ; er findet noeb einige weitere Strophen , die aas derselben
Qaefle entlehnt sein sollen, aber nut dbenso wenig Grand als oben. In 1843
bietet Kriemhild Blddehi se wdeU Sflber and Gold and Nodangs Witwe, 1844
Agt sie die Mark NndangSy daz Umt tmo dem hw'gem^ hinzo. 1845 aber nimmt
bloft aaf die mUU and das Weib Bezog. Also ist 1844 junger als die anders.
Diese Strophe ist aber sieher ron demselben YerCMser, der in 1840 bloß die
Haj^graf^bafi erwähnt hat Da aber 1840 jeden^üs Ton dem Yerfasser des
ganzen AbschnittB sein mnfi (denn sie bildet den Übergang ron der Verband-
lang aiit Dietrieh zu der mit Blodel), so folgt daraas, daß dieser YerfiMser wie
die Str. 1841 (and, als Antwort daraof, 1842), so aaeb 1843 and 1845
•ebon Torgefonden hat — Diese ganze weittragende Beweisfabrnng b^abt
lediglich aof dem IfisYerständnis des Wortes miaU» Unter diesem Worte ist
Alles zasammengefaßty was Kriemhild Blödeln rerspricht; daß 1845 neben
dem «Hgemetnen dö der kirre Bladü die ndeU vemam noch hinzogefagt ist
wä dm im durch ir eekeene diu vrowe wol gexam , damit soll nicht die vrowe
als etwas Besonderes neben die miete gesteUt, sondern bloß dieser Theil der
mieU als derjenige herrorgehoben werden, der am meisten aof Blodel gewirkt
habe, wie ja aach 1864 f. Nuodungee brül hervorgehoben wird*^). Wenn 1840
in der yoraosanknndigang des Folgenden nur die Mark erwähnt, so darf man
an solche Floskeln nicht den Maßstab der pfinktlichsten Genaoigkeit anlegen.
— Entweder ganz onverständlich oder sehr unkritisch, Tielmehr das erste jeden-
hü» mehr oder minder, ist W.s Verfahren hinsichtlich der Str. 1846. 1847.
,yDie erste bewegt sich dnrchans in den AnschanongeD der Str. 1841; ja hier
spricht Blodel ganz bestimmt ans es mnos eramen Hagne daz er iu hdt getan.
Die andere scheint in den Worten wir wuln den vienden in die herberge gdn
*) Ich kaon leider Dörings AusfUhrongen, ZeitschTift für deatsche Philologie
t, 48—63, nicht fCir diese Ansicht anftlhren, da sie sich weiter über das Verhältnis
der Th. 8. zum N. L. rerbreiten, welches ich darchaas nnentschieden lassen will.
**) Ebenso Rchönbach a. a. O. 381.
UTTEBATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 229
•chon aaf den Überfall der Knechte hinzuweisen. '^ Aua diesen Worten würde
man zunächst schließen, daß W. 1847 dem Verfasser des ganzen Abschnitts
(der auch, s. u., Blödeis Kampf geschildert hat), 1846 aber seiner Vorlage
zugewiesen hatte, aus der 1841 herstammt. Statt dessen hat er beide Strophen
zQsammengenonmien und als „für den Zusammenhang der Dichtung entbehr-
lich^ ausgeschieden; aus zwei gleich hinfälligen Gründen: 1848, 1. 2. knüpft
eng an 1845, 3 an (ofiPenbar nur wegen des gemeinsamen Wortes ttrUi)^ und
1846, 1. 2. hat Cäsurreim, weshalb Lachmaun diese Strophe allein ausgeschie-
den hatte; allein wie Lachmann selbst andeutet, ließe sich durch Herstellung
der Form innen (mit A B D J b d) der Cäsurreim entfernen, faUs derselbe wirk-
lichen Anstoß bieten sollte. Wenn man die beiden Strophen zusammennimmt,
so bleibt von W.s Standpunkt aus eigentlich zweierlei übrig: da sie wegen der
Herberge 1847 nicht der Vorlage des Dichters angehören können, so sind sie
entweder von dem Dichter des Abschnitts selbst oder, falls diesem die Worte
€z muos eramen Hagne nicht zuzutrauen und Cäsurreime bei ihm sonst nicht
nachzuweben sind, von einem späteren interpoliert. Ganz klar ist nicht , was
W. meint; aber es scheint eher das letztere. Es ist jedoch durchaus unnötbig,
das Schicksal der einen Strophe von dem der andern abhängig zu machen.
Vielmehr muste W. von seinem Ausgangspunkte aus 1847, an der er lediglich
nichts aussetzen kann, dem Dichter des Abschnitts vindicieren^ 1846 aber ent-
weder dem von 1841 etc., oder, falls das der Cäsurreim nicht zuließ, einem
Interpolator. Aber wie gerade Wilmanns, der aus den supponierten Verschie-
denheiten der vorhergehenden Strophen so wichtige Schlüsse zieht, diese beiden
einem Dichter zuschreiben mochte^ kann ich mir nur dadurch erklären, daß
den Interpolatoren alles das gestattet ist, was sonst Anstoß erregen würde. In
solche Wirren und Widersprüche hat W. sich verwickelt durch seine hjperkri-
tische Bemängelung einer tadellosen Erzählung.
Recht dagegen hat er hinsichtlich der Str. 1849. Der Wortlaut derselben
paßt keineswegs vollkommen in den Zusammenhang unserer Dichtung. Denn
Ortlieb bietet hier gar nicht den Anlaß zum Kampfe, und Kriemhild zeigt auch
durchaus nicht die Absicht, ihren Sohn ermorden zu hissen. Doch bescheidet
eich W. hier, anzunehmen, daß der Dichter zwar die Anregung zu seiner Er-
zählung anderswoher erhielt, aber hier nicht wörtlich Stücke aus seiner Quelle
herübergenommen hat; ja 1849 könnte sogar von einem Interpolator herrühren.
Ich kann mich mit dieser Mäßigung seiner Kritik nur einverstanden erklären,
wenn ich gleich für die letztgenannte Annahme keinen Grund sehe: 1849 sieht
viel eher einem unverstanden stehen gebliebenen Rest älterer Sagengestalt gleich,
als einem späteren Machwerk; es müste denn der Verfasser der Strophe sein
Motiv gar nicht aus dem Gedichte) das er interpoliert, sondern aus einer an-
dern Darstellung geschöpft haben. Das aber verstehe ich nicht, warum hier W.
mehr Anlaß zu solcher Mäßigung findet als bei 1841 und den benachbarten
Strophen. Seine Gründe dafür sind sehr hinfallig, und diese Hinfälligkeit mag
indirect die Echtheit der Erzählung 1841 fiP. erweisen. Daß es sich 1841 ff.
um einen „ Widerspruch in den tatsächlichen Angaben^, hier nur um einen
„in der Beurteilung der Tatsachen^ handle, ist nach allem Erörterten un-
richtig. Umgekehrt ließe sich sagen, daß 1849 ihrem ganzen Tone und Cha-
rakter nach etwas Fremdartiges unter den umgebenden Strophen hat, was sich
von 1841 ff. nicht sagen Iftsst. Wunderlich ist, was W« hievon sagt: bei 1841 ff.
230 LTTTEBATUB: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
habe das Verhältnis za den umgebenden Strophen gezeigt, daß jene älter sein
müssen; ,,bei Str. 1849 deutet nichts ^uf dasselbe Verhältnis. Alles was
Str. 1850 ff. von Oitlieb erzählen, fuhrt viel mehr auf die Verhältnisse nuserer
Dichtung, als auf die abweichende Sagengestalt, welche die Thidrekssaga bietet.^
Eben daraus hätte geschlossen werden können, daß 1849 ein Rest älterer
Dichtung sei; und nach dem Vorgang von 1841 etc. hätte dieser Schluß für
W« nichts Unrichtiges haben können. Er hat aber den entgegengesetzten ge-
zogen, dem ich mich von meinen Resultaten aus fuglich anschließen kann.
Aber wie sollen wir uns die Elntstehung der Strophe und ihres — um mich
stark auszudrücken — Widerspruchs zum Folgenden erklären? W. hat die
entsprechende Stelle der Thidrekssaga (Cap. 379) angefClhrt, in welcher Str. 1849
ihre Erklärung findet. Der in der Th. S. erhaltene echte Zusammenhang
erscheint im N. L. in ganz ähnlicher Weise getrübt, wie bei Brünhilds Ver-
hältnis zu Siegfried oder bei Hagens Schilderung 1672. Phrasen und Motive
sind, halb oder gar nicht mehr verstanden, noch beibehalten, und daß sich
gerade eine so emphatische Stelle wie 1849 aus älterer Dichtung in unser
Lied herübergerettet hat, ist sehr begreiflich. Der Zusammenhang macht aber
die Verdunklung des Verhältnisses noch verständlicher. Durch die Einschal-
tung von Blödeis und Dankwarts Kämpfen ist die Scene mit Ortlieb in zwei
Theile zerrissen. An sich ist diese Einschaltung ein wirksames Mittel , . das
Spannung erweckt und gut episch retardiert. Aber da nun Hagen in Dank-
warts Nachricht einen Grund zum Losschlagen gefunden hat, so ist damit der
Schlag Ortliebs und Kriemhilds Aufreizung des Kindes überflüssig geworden
und weggefiillen. Daß bei diesem Vorgang 1849 stehen bleiben konnte, dürften
verwandte Beispiele leicht lehren*).
Noch weniger als den letzten Abschnitt hat die Kritik den folgenden
berührt: wie Blödelin erschlagen ward, Str. 1858—1887. Als Interpo-
tion ist hier nur 1872 entfernt worden, aus nichtssagenden Gründen: Z. 1
wiederholt den Inhalt von 1871, 2. 3, Z. 3 den von 1871, 4, und Z. 4 ist
„ein unnützer Hinweis auf die Zukunft.^ Dagegen nimmt W. die Zweifel, die
er gegen 1865 und 18G8 erhebt, sofort wieder zurück. 1865, 3. 4 ist ^ein
wunderlicher Einfall**, worin ich dem Kritiker vollständig Recht gebe. Ebenso
gebe ich ihm aber Recht, wenn er weiter sagt: „doch läßt sich wohl denken,
daß sie vom Dichter selbst ist. Denn da er eine ältere Dichtung vom Kampf
Blödeis gegen die Burgunden kannte nnd benutzte^, [was auch ich annehmen
muß, da ja das Motiv alt überliefert ist] und sehr wohl möglich ist, daß in
dieser Dichtuug der Todesstreich Blödeis mit denselben Worten begleitet war
wie in Str. 1864, 8. 4, so mag er das Bedürfnis gefühlt haben, zu erklären,
woher den Feinden diese Kunde gekommen.** Ich wünschte nur, daß W. auch
*) Kiegers (Zeitschrift ftir deutsches AUerthum 11, 206—209) geistreicher Versuch
aus 1849—1857 (uod 1917—1955) den Anfang (und Schluß) eines eigenen Liedes su
bilden, hat denselben Ausgangspunkt wie meine Entwicklung und wird bei Anhängern
der Liedertheorie gewiß Anklang finden als die beste in ihrem Sinne findbare Lö-
sung. Ich denke aber, meine Entwicklung erklärt die Entstehung der Unebenheiten
ebenso befriedigend.
LITTERATUB: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 231
sonst verwandte Betrachtungen angestellt hätte ; sie würden manche Athetese
überflüssig gemacht haben *).
In 1868 möchte W. ^eine Übertreibung, wie sie Interpolatoren ge-
läufig ist^ erkennen; aber er erkennt selbst an, daB der Dichter sich die
Knechte der Burgunden nicht bewaffnet gedacht hat^ da er 1869, 2 die Heunen
die gewäf enden nennt; wozu ich (mit Zarncke a. a. O. Sp. 1666) noch bei-
füge, daB Hagen 1790 ff. nur den Rittern, worunter auch Dankwart, gerathen
hat sich zu rüsten.
Ziemlich ebenso conservativ ist W.s Kritik der Erzählung, wie die
Burgunden mit den Heunen stritten, Str. 1888—1945. Die Strophen
1892 f. hat Lachmann wegen des Cäsurreims 1893, 1. 2 ausgeschieden. W.
läßt hier den Cäsurreim nicht als Grund der Athetese gelten, da 1896 den-
selben auch habe. Der angeführte Reim ist aber unrein^ enhccren : Aouemcsre,
und W. hätte somit eigentlich keinen Grund, den bisher verpönten Cäsur-
reim hier gelten zu lassen. Dagegen hat er für die Athetese der beiden
Strophen sachliche Gründe beigebracht. 1891 dient nach W. zur Begrün-
dung von 1894: ^niiO} daß Blödel von der Hand eines Helden erschlagen
liegt," [soll Hagen meinen] „ist wahrlich ein kleiner Schade: hier soll jetzt
besser gezahlt werden^. Ich frage, wo das steht, und in welchem logischen
Verhältnis die beiden Theile dieses Hagen in den Mund gelegten Satzes zu
einander stehen. Aber geradezu verkehrt ist die Behauptung: ^etzt erscheint
Str. 1891 als eine, wenig passende, höhnische Abweisung Dankwarts*^. Dazu
würde sie ja eben durch W.s Erklärung, während sie in dem überlieferten
Zusammenhang das durchaus nicht ist. 1891 sagt Hagen, daß Blödel, von
eines Helden Hand (ist das höhnisch?) gefallen, nicht zu bedauern sei (vgl.
2239, 4 VW eines kUneges handen Hg ich hie hirlichen (dl)'^ daran schließt sich
als genau passender Gegensatz 1892: „aber du, woher bist du so roth? bist
du verwundet und von wem?^ Die Str. 1892 verlangt auch die folgende;
und ebenso ist 1894 mit 1893 jedenfalls besser zu verstehen als ohne die-
selbe; Dankwart antwortet: ich bin nicht verwundet, und deshalb kann Hagen
ihn bitten: so hUetet uns der tür. — Die Str. 1902 hat W. gegen Lachmann
aufrecht erhalten, wenigstens die Möglichkeit ihrer Echtheit behauptet —
Sicher interpoliert aber sei 1908, weil Günther und Gernot je nur in einer
Strophe gelobt seien und die Lobsprüche jener Strophe übertrieben seien.
Lachmann hatte statt Giselhiren vorgeschlagen Volkiren. Allein beide ver-
kennen die Freiheit des Epos, dem gerne der Held, bei dem es eben ver-
weilt, der allergröste bt. Eine regelmäßige Abzahlung der Strophen aber
dürfte man im ganzen Abschnitt vei^eblich suchen.
Den Abschnitt 1917 — 1956 hatte Lachmann als Zusatz bezeichnet.
Wilmanns läßt 1917 — 1945 von demselben Dichter herstammen wie das Vor-
*) R. y. Muth, Zeitschrift für deutsche Philologie 8, 490, sucht 1865 zu^ent-
fernen, weil 1869 Dankwarts Nichtwissen um Blödeis Sendimg beweise und zwei anai
figTiiiiva (mehelen und- brdUmieU) in der Strophe seien. Das letztere beweist nichts,
denn es ist sonst von ähnlichen Dingen im N. L. nicht allsu oft die Rede. Die Aus-
sage über 1859 aber ist nicht beweisbar; denn Dankwart kann so auch sprechen, wenn
er von dem Sachverhalt weiß. Es ist übrigens klar, daß die Ver^wiektheit der Moti-
vierung 1865 die ganze Stelle schief macht.
232 UTTEBATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
hergehende, während er 1946 — 1964 gar nicht nntersncht. Rieger hatte in der
Zeitschrift ftlr deotsches Alterthum 11, 208 gegen Lachmann bemeriLt, daß
1916 kein Liedschlnß sei, da wir über den Aasgang des Kampfes im Saal
und fiber das Schicksal Etsels und Kriemhilds Nachricht verlangen; dssseibe
bemerkt mit Recht auch Wilmanns. — Verdftchtig findet er in diesem Ab-
schnitt vor allem zwei Stellen, die Volkers Tapferkeit hervorheben, was wir
an sich dem Dichter des Abschnitts selbst ganz wohl zutrauen dfirfen (wir
werden ihn spfiter den Spielmann noch mehr rühmen boren). Znnftchst sind
1936 — 1939 interpoliert, wieder einmal aus dem alten Grunde, weil sie als
Episode sich zwischen 1935 und 1940 schieben. Ein scheinbarerer Grund ist,
daß Etzel schon 1932 den Saal verlassen hat. Allein man darf in der Ord-
nmngy wie der Dichter erzählt, doch nicht immer eine chronologische Reihen-
folge finden wollen; oder soll ich den alten Kohl noch einmal aufwärmen,
daß der Dichter geoöthigt ist, Gleichzeitiges nach einander zn erwähnen?
Der Dichter erzählt zuerst in Str. 1932 — 1935, wer alles hinausgegangen
sei, and dann fügt er 1936 — 1939 eine Episode aus diesem Hinausgehen beL
Die vier Strophen sind, zumal die letzte, ganz vortrefflich. — Weiter wird
Volker hervorgehoben 1941—1944. Doch sollen diese Strophen von einem
andern Verfinsser sein; denn hier komme es «einem Fahrenden, am Schlaß
seines Vortrages, darauf an, seinen Zuhörern im Bilde zu zeigen, was sie
einem biedern Spielmann schuldig siud^. Das mag eine Nebenabsicht des
Dichters gewesen sein, die aber auch Sinn hat, ohne am Schluß seines Wer-
kes angebracht zu sein. Der Hauptonterschied zwischen diesen und den vorigen
vier Strophen ist der, daß hier Hagen nnd dort Etzel redet. W. will die
vier Strophen als echt gelten lassen, wobei er immerhin die Möglichkeit
offen läßt, daß sie doch jünger wären. 1936—1939 dagegen sollen Werk
eines Nachahmers sein (»vgl. 1939, 1 und 1944,3. 1941, 4, femer 1938, 3 und
1883, 3*^, also im ganzen zwei gemeinsame Bilder, beide ohne besonders
auffslleudcs Gepräge). — Dagegen soll 1918 jedenfalls unecht sein, weil sie
den Zusammenhang unterbreche; das Motiv 1918, 3 sei geschöpft aus 1926, 1
[ftbchlich 1924 gedruckt]. Vermissen würde die Strophe niemand, wenn
sie fehlte. Aber ich glaube, der Ausruf 1918, 4, der so wie er dasteht an-
vermittelt and ohne Folge ist, erweist eben das Alter der Strophe. Er wird
ähnlich wie 1849 aus älterer besserer Überlieferung stehen geblieben sein.
Hagen sagt 1897, 3 nu trinken wir die minne und gelten sküneges w'm. Es lag
nahe, dieses Bezahlen des Weines selbst als Schenken eines bitteren Getränks
an bezeichnen, und es mag ein verwandter Ausdruck 1918, 4 in älterer Dich-
tung an passenderer Stelle gestanden und sich hier an etwas unpassender
erhalten haben. Jedenfalls weit schwerer begreift sich das, wenn man eine
Literpolation annimmt. Die „entbehrlichen*' Str. 1919. 1921. 1922. 1930,
von denen ich keine entbehren möchte, hat W. selbst doch ftLr echt gehalten.
Die ganze Erzählung von 1787 — 1945, umfEtssend den Kirchgang , den
Bahurt, das Festmahl, den Kampf in der Herberge und im Saal, die Entfer-
nung Etzel, Kriemhilds, Dietrichs und Rüdigers, hält W. für das Werk eines
Dichters, den er, weil Dankwart die Hauptperson in der Erzählung sei, den
Dankwartsdichter nennt. & entwirft ein lebendig gezeichnetes, charak-
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 233
teristisches Bild von den EigeDthümlichkeiten dieses Dichters. Sein Hanpt-
held ist Dankwart, ihm zunächst Hagen und Volker; die drei Könige treten
hinter ihnen zurück. — Ich muß das gleich bestreiten. Die Haupthelden
des ersten Kampftages sind Hagen und Volker, und beide behalten ihre her-
vorragende Stellung auch am zweiten Tage noch bei; vgl. was ich oben
wider die Entfernung Hagens durch Wilmanns in der Erzählung von Rüdigers
Kampf gesagt habe. Wenn Hagen im Verlauf des Kampfes aus seiner Prota-
gonistenrolle zurück und in eine Reihe mit den Königen tritt, so ist das in
der Erzählung ganz wohl motiviert. Der Dichter ist Hofmann genug ; um
(s. 0.) den Königen ihren gebührenden Ehrenplatz als tapferen Helden anzu-
weisen. — Anders in den Scenen, die dem Kampfe vorangehen. Hagen ist
von Anfang an der Burgunden böser Geist, der sie in den verderblichen
Kampf treibt. Die früheren Partien des Gedichts, in denen diese seine Stel-
lung klarer ist, den Mord Siegfrieds, den Baub des Schatzes, die Ereignisse
an der Donau, kann ich leider nicht anführen, da W. sie nicht mit unter-
sucht hat. Allein mögen sie einen Verfasser haben, welchen sie wollen, diese
Züge sind in der Sage begründet Wir brauchen aber nicht so weit zurück
zu gehen. Gleich nachher werden wir sehen, daß W. auch die Scene, wie
er niht gen ir üf atuanty Str. 1696 1745, zu der Dankwartsdichtung rech-
net. Ist hier Hagen der trotzig den nicht mehr vermeidbaren Kampf her-
ausfordernde, 80 zeigt er sich ebenso, wenn er den Rath giebt, gewaffnct zu
gehen, wenn er der Königin den Weg vertritt, wenn er höhnische Worte
über Ortlieb redet und endlich durch den Mord des Kindes den Kampf im Saal
eröffnet. Jetzt hat er diese Rolle beendet und tritt hinfort in eine Reihe
mit den andern Haupthelden. Sein Schicksal ist auch das Volkers, der sich ihm
1696 f. gesellt hat und an seinen Thaten theilnimmt, so lange nicht der
allgemeine Kampf sie mit allen Andern vereinigt Als hätte der Dichter ge-
fühlt, daß der Stoff seiner Dichtung ihm später nicht mehr Gelegenheit geben
werde, mit besonderem Ruhme auf diesen Helden zurückzukommen, hat er in
dem Kampf im Saal den verklärenden Schimmer edelsten Heldenthums um
ihn gebreitet. Dankwarts Hervortreten, das man seine Aristie nennen mag,
so lange man nicht vergißt, daß die homerischen Aristien etwas anderer Art
sind'*'), ist durchaus durch den Stoff gefordert und beweist keine besondere
Vorliebe des Dichters für diesen Helden, welche aus freier Wahl des Dich-
ters hervorgegangen wäre. Denn Dank wart wird ja sonst so gut wie nicht
berücksichtigt, nicht nur in andern Theilen des Gedichts, sondern von dem
^Dankwartsdichter^ selbst. Leicht genug hätte dieser ihn auch außerhalb
der Partie, die ihn verherrlicht, mit besonderem Ruhm erwähnen können : er
thut es nicht, vielmehr hat er bloß den Kampf Dankwarts mit Blödel und
den Seinigen, vor allem sein Durchbrechen nach dem Saale und seine Hut
der Thüre mit den hellsten Farben gemalt; er beschränkt sich darauf, die
Partie, wo Dankwart seinem Amt nach auftreten muß, dichterisch auszu-
schmücken und mit dem Folgenden dramatisch zu verweben. Wie kann man
demnach sagen, daß Dankwart des Dichters Hauptperson sei? Wenigstens in
*) Von allen Aristien der Uias ist nur' die Patroklie durch den Stoff gefordert;
die des Diomedes, Agamemnon und Menelaos könnten ebenso gut gans andere Helden
haben. Durchaus anders bei Dankwart
234 LITTEBATUR: ZUB KBTnK DER NIBELUNGEN.
dem Sinne ist er es jedenfalls nicht^ daß die Vorliebe für seine Figor charak-
teristisch für den Dichter heißen könnte gegenüber der Ignoriemng derselben
bei andern Dichtem*). — In Beziehung anf die poetische Form hebt W.
die große Anschaulichkeit und Lebhaftigkeit der Erzäblaog hervor. Gewiß mit
Recht ; aber wo hätte der Dichter überhaupt lebhafter und kräftiger schildern
können als in diesen Scenen? und wie sehr die Schönheit der Schilderung
▼on dem Gegenstande abhängig ist, wie wenig sie also för sich allein ein
Ejriterium bilden kann, wird man leicht sehen, wenn man innerhalb der Dank-
wartsdichtung selbst die interesselose Erzählung vom Kirchgang und Buhurt
mit den graudioseu Kampfscenen nachher vergleicht. — Nach W.s Ansicht
gehört der Dichter in die Zeit, ^da der Stil des volkstümlichen Epos seine
Blüte erreicht hatte". Da wir diesen Stil bloß aus dem N. L. kennen, von
dem alle andern Epen der Heldensage theils abhängig theils durch entschieden
jüngeres Gepräge verschieden sind, so kann ich W.s Satz auf sich beruhen
lassen. Mit dem Stoff dagegen hat sich der Dichter nach W. nicht allzu-
viel Mühe gemacht. Er hat Strophen aus älterer Dichtung beibehalten, ohne
sie umzugestalten. Die Behauptung beruht nur auf den Str. 1841 ff., filllt
also weg; bei 1849 und 1918 glaube ich den Grund gefunden zu haben,
warum ältere Motive an unpassendem Ort stehen geblieben sind (was aber,
8. o., auch sonst, außerhalb der Dankwartsdichtung, begegnet). Wie wenig
sich der Dichter Mühe gegeben habe, soll auch 1836 zeigen, wo das Ver-
langen Ejriemhilds nicht deutlich ausgedrückt sei: als ob nicht nach 1685
— 1687 Dietrich ganz wohl wissen könnte, was Ejriemhild will ! Sollen aber
die angeführten Strophen nicht gelten, weil sie von anderer Hand sein könn-
ten^ so weiß auch in der Thidrekssaga Dietrich von Kriemhilds Plänen, ehe
sie ihn um Rache angeht (vgl. Cap. 375 mit 376). Auch um eine ge-
schickte Lösung war der Dichter nicht eben besorgt: ^Etzel und Kriemhild
werden gewissermaßen herausgeschmuggelt^. Das ist wahr, und sehr schön
ist es eben nicht: aber der Dichter wüste sich (vgl. das zu Giselhers Ver-
lobung Gesagte) dem Stoffe gegenüber nicht anders zu helfen, hätte sich auch
wohl nicht viel besser helfen können. — Die Frage, warum die Burgunden
bewaffnet seien (1799 f.), sei ursprünglich in Kriemhilds Mund gelegt gewe-
sen, wie Str. 1683 und in der Thidrekssaga Cap. 377, und hätte (wie eben-
falls in der Th. S.) beim Eintritt in den Saal erfolgen sollen. Dann hätte aber
der Dichter Kirchgang und Bnhurt, die er gemäß der deutschen Sitte seiner
Zeit beifügte, weglassen müssen. So wie die Erzählung ist, muste Etzel (oder
Ejriemhild; denn welches von beiden , macht doch nichts aus) schon beim
Kirchgang fragen, der nothwendig vor dem Festmahl stattfinden muste. Wenn
man übrigens genauer zusieht, so paßt die Parallele der Th. S. nicht auf
1799 f., sondern auf 1683 f., sogar mit wörtlichen Anklängen, so daß 1799 f.
als freie und tadellose Erfindung unseres Dichters — wenn man will, auch
eines unbekannten Vorgängers — gelten darf**). S. übrigens unten über diesen
Punkt — Daß der Dichter «im Einzelnen dasselbe Ver£Ethren wie im Ganzen"
*) Ich komme unten auf Dankwart zurück.
**) Wenn W. vollends die Namensnennung Etzel 1801, 4 dafür anfuhrt, daß
ursprünf^Uch Kriemhild die Frag^ende gewesen sei, so ist das ziemlich bodenlos. Auch
wenn die Namensnennung' des Angeredeten (s. o.) sonst nicht nachweisbar wäre, so
müste sie hier, wo Hagen fremden Auftrag ausrichtet, anbeanstandet bleiben.
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 236
beobachte, kann ich weder bejahen noch vemeinen; so lange W. keine Bei-
spiele giebt. Es wird aber wohl an dem bisher versuchten Nachweis genü-
gen, daß die Eigenthümlichkeiten der ^Dankwartsdichtung" zum Theil nicht
vorhanden, zum andern Theil im Stoffe begründet sind.
Von diesem Resultat aus könnte ich die von W. aufgeworfene Frage,
ob 1787 — 1945 als Interpolation anzusehen sei, füglich als gegenstandslos
bei Seite lassen. Allein W. ist auch hier nicht mit zweifelloser Sicherheit und
Consequenz verfahren, und es lohnt sich, das zu zeigen. Die Antwort auf
obige Frage lautet: „Der Schluß der Episode zeigt deutlich, daß der Dichter sein
Thema nicht frei aus sich heraus entwickeln durfte, er bearbeitete es mit Rück-
sicht auf eine schon existirende Sagengestaltung ; daß das unsere Dichtung war
zu bezweifeln, dazu hat man gar keinen Anlaß. Der Dankwartsdichter also
ist als ein Interpolator der Rüdigersdichtung anzusehen.^ Wenn ich den
ersten Satz recht verstanden habe , so kann unter „Episode^ nur die ganze
bis jetzt gefundene Dankwartsdichtung zu verstehen sein; und daß 1945
kein Schluß einer Dichtung sein kann , ist zuzugeben. Aber außer dem
Schluß, den ich daraus ziehe, daß die ^Dankwartsdichtung" genannten Ab-
schnitte nur Theile eines größeren einheitlichen Werkes seien, könnte W.
den dritten daraus ziehen, daß das Ende der Dankwartsdichtung verloren sei
(und zwar wohl durch die Contamination verschiedener Sagenberichte). Das
würde allerdings mit seiner Behauptung streiten, daß 1944 „am Schluß des
Vortrages** stehe. Aber eben diese Annahme, in 1944 ein Schlußmotiv finden
zu wollen, streitet aufs härteste mit der Behauptung der Interpolation; denn
wie konnte der Dichter einen solchen Schlußeffect anbringen wollen, wenn
sein Werk von ihm selbst zur Einfügung in fremde Dichtung bestimmt war?
Was die weitere Behauptung betrifft, daß der Dankwartsdichter der In-
terpolator gerade der Rüdigersdichtung sei, so fehlt dafür jeder Beweis, während
für die Identität des Verfassers der Rüdigersdichtung doch analoge Motive aus
den verschiedenen Partien citiert worden waren. Ich könnte also hier nichts
thun, als das bei jener Gelegenheit gesagte hier mit stäVkerer Betonung
wiederholen ; wenn nicht der weitere Umstand, daß von den zwischen die ge-
trennten Stücke der Rüdigersdichtung fallenden Str. 1625 - 2071 erst die
Str. 1787 — 1945 untersucht sind, also weder Anfang noch Ende (so daß
wir nicht einmal die Näthe zu sehen bekommen, wo der aufgesetzte Lappen
an das alte Gewebe anstößt), die Behauptung Ws noch viel willkürlicher
machte. Ohnehin sind wir mit dem Dankwartsdichter noch nicht zu Ende,
können also auch noch nicht wissen, ob seine sonstigen Strophen zu W.s
Behauptung stimmen.
Denn die Str. 1696—1745, Hagen und Volker vor Kriemhild, sollen
ebenfaUs dem Pankwartsdichter angehören. Im Gegensatz zu dem Bisherigen
ist der Kritiker hier ziemlich schonungslos zu Werke gegangen. — 1697, 3. 4.
1698, 1. 2 sind bloß „überflüssig''. — 1699, 8. 4. 1700, 1. 2 lenken die Auf-
merksamkeit von Kriemhild, welche 1699, 2 und 1700, 3. 4 erwähnt wird,
ab ; — wer möchte aber das kräftige alsam Her diu wilden gekaphet wurden an
vermissen? — 1702 ist „nicht guf : nach dem Anerbieten der Mannen 1702
sei die fiißfUllige Bitte 1703 nicht mehr nöthig. Ich möchte fast wetten,
daß von diesem oder jenem modernen Dichter dasselbe erzählt sein könnte,
236 UTTEBATUB: ZUB KRITIK DER NIBELUNGEN.
ohne daß ein Mensch Anstoß daran nfthme. Ein wesentlicherer Grund —
nach W.s Anschauungen — wäre der, daß Kriemhild 1703 ^nicht von neuem
als Redende bezeichnet wird''; wenn er nur wahr wftre: B. v. Muth, Zeit-
schrift fär deutsche Philologie 8, 490, hat schon bemerkt, daß 1703, 3 steht
sprach de$ küneges irtp. — Lachmann hat die Str. 1705 — 1707 ausgeschieden.
W. begnügt sich mit der Athetese Ton 1705, 4 — 1706, 3, wodurch aller-
dings die Hauptbedenken Lachmanns aufgehoben wären; denn daß 1707, 4
„sich in seiner unbestimmten Allgemeinheit wenig zur Einleitung des mißlun-
genen Versuchs eigne^, läßt sich nur dann aufirecht erhalten, wenn man die
Unechtheit aller ähnlichen matten Strophenschlüsse beweist. Aber auch die
Bedenken gegen 1705, 4 — 1706, 3 wiegen nicht schwer. 1705, 4 soll nach
W. unsinnig sein, „wenn der Hauptgrund der Besorgnis in der Anwesenheit
Volkers liegt^ Und dennoch soll 1705, 4 — 1706, 3 von einem Verfsaser
sein, wenn auch von einem Interpolator? Die Unsinnigkeit ist aber nicht so
arg. Wir haben eine einfache Klimax: mit Hagen werdet ihr so leicht nicht,
fertig und noch weniger mit Volker; das „und" oder sonstige Verbindung
fehlt, weil eine neue Strophe beginnt*). „Daß Volker über Hagen erhoben
wird, dazu sieht man keinen Grund ^; gerade an unserer Stelle läßt es sich
wohl erklären. Hagen kennen die Hennen, zum Theil noch aus persönlicher
Bekanntschaft (1734); Kriemhild sagt übertreibend, um zu recht umfassender
Rüstung zu mahnen: noch stärker als er aber ist der Andere. Ob sie damit
nach des Dichters Ansicht die Wahrheit sagt oder nicht, wird sehr gleich-
giltig sein**). Die „matte Wiederholung^ 1705, 4. 1706, 4 wird nicht viel
bedeuten; man könnte auch „wiederholte dringende Einschärfung^ daf^ sagen.
Und wen der Cäsurreim 1705, 3. 4 geniert, der lese 1705, 3 mit AB CD
(nach Bartsch mit allen Hss. ausser J b , welche willen haben) gedingen^ wof^
Lachmann ohne jede Noth gedinge gesetzt hat Wenn schließlich W. für den
Verfasser von 1705, 4—1706, 3 den Dichter der Str. 1936 — 1939 ansieht,
so liegt in beiden Stellen nicht das mindeste, was für sich schon diese
Annahme begründen könnte. — 1712. 1713 sind „fast albern^, n^^ ^^
Königin Hagen nicht wohl will, weiß doch Volker"; es steht aber 1712, 1
nicht ob n tu si gehat , sondern mn. Wiefern die Annahme , daß die
Hennen Brünnen unter ihren Gewändern tragen ^übel zum Vorhergehenden
stimmt^, kann ich wahrlich nicht entdecken. An und für sich ist jedenfalls
nichts gegen dieselbe zu sagen; vgl. Thidrekssaga Cap. 373, wo die Bur-
gunden die Brünnen unter den Röcken tragen. Es ist doch nicht noth-
wendig, daß Kriemhild ausdrücklich den Rath gibt, die Rüstung unter dem
Festgewande zu verstecken; vgl. übrigens Zaruckcs Bemerkung in seiner
Rec. Sp. 1666. Von einer „Besorgnis^ Volkers, welche zum Folgenden
nicht passen würde, ist in den zwei Strophen nicht die Rede; 1712, 2. 3.
*) Es wäre interessant, die Mittel der Anknüpfang innerhalb derselben Strophe
und von einer zur andern einmal gründlich mit einander zu vergleichen. So viel ist
schon deutlich, daß in letzterem FhIIs die Verbindung nicht selten fehlt, wie auch ganz
natürlich ist.
**) Auch Dankwart lügt 1861 : ick vhu ein to6nie kindel, dd Sifrit vlot den Up;
und wenn man das beanstandet und aus der Stelle vielmehr einen Schloß für die
Liedertbeorie zieht, so lOgt jedenfalls Hagen 1801, also wird es die tückische Kriem-
hild auch tbun dürfen.
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER KIBELUNOEN. 237
1713, 2 ist doch nur ein eines Helden ganz würdiger Rath zur Vorsicht und
Aufmerksamkeit. Daß 1714 ^hesser auf 1711 folge", bezweifle ich. 1713, 4
steht zu 1714, 2 in engster Beziehung, und ich bezweifle, ob einem Interpo-
lator naph dem Maß an Einsicht, das diese Leute bei W. gewöhnlich zeigen^
ein so scharfes Erfassen des Richtigen zuzutrauen ist — 1715 — 171*1 sind
bloß ausgeschieden worden, weil Hagen doch schon, als er sich Volker zum
Genossen erkor, sich auf seinen sichern Beistand verlassen muste. Ist des-
halb die Frage hier, im Angesichte der Gefahr^ unerlaubt? W. vermuthet hier
denselben Interpolator wie in 1712. 1713 und bei den „süßlichen Zusätzen **
in Rüdigers Kampf; für das Letztere kann er bloß die Worte nu I6n tu got
von htmele 1717, 1 und 2136, 1 anfahren. — An 1720 wird die ^Stärke der
Ausdrücke^ getadelt, in denen ich nichts Besonderes finden kann. 1720, 2
zeige einen reflectierenden Dichter wie 2087. 2091 : als ob nicht ebenso wie
dort die Verzweiflung, so hier der höhnische Grimm zu einem allgemeinen
Satz greifen könnte! — Daß das Gespräch Strophe um Strophe wechselt, hat
W. erst durch seine Athetesen zu Stand gebracht; — und wenn diese Regel-
mäßigkeit bei der Unterredung zwischen Hagen und Volker nicht festzu-
halten ist, so wird sie es auch nicht sein in der zwischen Hagen und Kriem-
hild, aus welcher W. nur um dieses Grundes willen 1728, 3 — 1729, 2 als
^ganz müßig" ausgeworfen hat. — Ebenso ist 1731 bloß „ein ablenkender Zu-
satz müßiger Reflexion^; zwischen 1730, 4 und 1732, 1 ist wieder einmal
Verbindung durch Gleichlaut in den Worten. — Str. 1733 ist „entbehrlich
und wegen des starken Ausdrucks in Z. 2 nicht ganz unverdächtig^ ; dieser
starke Ausdruck ist aber, wie ein Wörterbuch lehren kann, durchaus nicht
singuIär; übrigens hat W. die atrophe schließlich doch als echt aufgenommen.
— 1734 — 1736 sind „matt und störend**; ob das erste angesichts von Zeilen
wie 1736, 2 jemand zugeben wird? Störend aber ist der Zusatz nach W.,
weil die Rede, nachdem 1732 ein Heune erklärt habe, sich nicht mit Hagen,
1733 ein anderer, sich nicht mit Volker messen zu wollen, nicht wieder
zu Hagen umkehren dürfe. 1732 ist aber von Hagen mit keiner Silbe die
Rede, und 1733 soll ja verdächtig sein! Daß 1734. 1735 in ihrem Motiv
mit 1691 — 1695 gleich sind, beweist uns nichts; von den genannten Strophen
ist ja noch gar nicht die Rede gewesen. — Die Scene endigte mit 1738,
vielleicht schon mit 1737; warum, sehen wir nachher.
Also auch die vorliegende Scene soll von dem Dankwartsdichter ge-
dichtet sein, weil auch hier Hagen und Volker im Vordergrund stehen, beide
als Herausfordernde^ weil auch hier dieselbe Lebendigkeit des Dialogs und
der Darstellung sei und — was näher zu prüfen — dieselbe Sorglosigkeit in
der Composition. Das Ganze geschieht, während die Könige auf dem Hofe
stehen und die Absonderung Hagens und Volkers ist nicht motiviert. Also
dasselbe Motiv, das Lachmann zur Zerstückelung der Lieder 15 — 17 geführt
hat. Ich verweise deshalb auf die trefPliche Auseinandersetzung bei Heinrich
Fischer, Nib. Lied etc. S. 131 f. und auf die Bemerkung Zamckes in seiner
Rec. Sp. 1666. — Wir sollen aber in der Art, wie die Scene eingefügt ist,
nicht bloß den Dankwartsdichter zu erkennen haben, der sie einfach, ohne
auf den mislichen Punkt hinzudeuten, einschob, sondern auch den täppischen
Interpolator, der 1698, 1 recht ausdrücklich auf die Situation hinwies: noch
liezen st die Herren üf cUm have etdn; womit wir zugleich auch den wahrai
238 LTTTERATÜR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
Grund fiir die Atheteae dieser Strophe entdecken. Dieser selbe y,Biedennaim'
habe nun auch 1739 — 1745 verfaßt. Lachmann hatte 1740. 1741 verworfen,
weil nach 1738, 3 {puo den känigen hin se hove) die Könige schon zn Hofe
gegangen seien, was Fischer a. a. 0. 132 aufs beste widerlegt hat. 1739
soll nach W. nicht an ihrem Platze sein; sie gehöre nach 1737; daß 17B9
unecht sei, erhelle aus der Verwandtschaft mit 1715—1717 und 1720, 2.
Dennoch soll die Möglichkeit vorhanden sein, daß 1738 jünger sei als 1739
und von demselben Interpolator stamme, der auch sonst Völkern hervorzuheben
beflissen war und in 1737, 4 die La. von dem videlcere eingeschmuggelt hat. —
Über die Richtigkeit dieser La. will ich nicht weiter reden, da ich einen Inter-
polator, der mit der genannten Absicht verfahren wäre, nicht anerkenne; wer
die La. für falsch hält, mag sie weit einfacher mit Lachmann durch Abwei-
chen des Auges auf 1738, 1 erklären. Aber ist es an sich glaublich, daB
ein Interpolator in zwei Strophen hinter einander dergestalt verfahren w8re?
Und welcherlei besondere Hervorhebung Volkers enthält denn 1738? —
Auch zu der Umstellung von 1738 und 1739, wie ohnehin zu der Athetew
von 1789, welche sich nur auf die Analogie früherer Strophen gründet,
ist kein Grund. Die Reflexionen des Dichters unterbrechen nicht sehen
Zusammengehöriges. — Von demselben Verfasser stammen die syntaktisch
verbundenen 1740. 1741 und die Strophen 1742 — 1745, wo die bei dem
Dankwartsdichter „noch nicht^ vorkommenden Imfrit, Hawart und Iring er-
scheinen. — Von dem Constructionsübergang rede ich nicht mehr. Die Un-
echtheit von 1815. 1816, wo Thüringer und Dänen und mit Namen Imfirit
und Hawart erwähnt werden, habe ich zurückgewiesen. Charakteristisch ist
aber W.s Ausdruck „noch nicht''; gesetzt, die Namen seien bis jetzt in der
Dankwartsdichtung noch nicht gefunden worden , würde das etwas be-
weisen? Beim Saalkampf sind sie nicht und vom Buhurt könnten sie ja weg«
bleiben; dürften sie deshalb hier bei dem feierlichen Empfang nicht zugegen
sein? Wie eng und mechanisch muß W.s Anschauung von der Entstehung
unseres Epos und der Kenntnis seiner Fabel sein ! Entweder hätte der Dank-
wartsdichter die thüringischen und dänischen Helden gar nicht gekannt — aber
Iring erscheint in der Thidrekssaga *) — oder er hätte sie gekannt, aber nicht
anbringen wollen, aus welchem mehr oder minder kindischen Gknnde, wissen
wir nicht; aber mittelalterliche Dichter pflegen ihre Personen alle gebührend
anzubringen. — Übrigens findet auch hier W. die Strophen nicht richtig ge-
ordnet: 1744 gehöre hinter 1745, damit die Aufzählung der Heldenpaaie
nicht unterbrochen werde, und 1743 vor 1742. Das Erstere ist irrelevant
genug; gegen die letzte Umstellung muß ich protestieren. W. meint, 1748
würde sehr gut an 1741 anknüpfen {do each man sich gesellen die helde käCM
unde guot\ — stoie iemen sich gesellet) und 1744 an 1742 (d6 stich man jBtte-
deg^ren ze hove mit QiselMren gän\ — d6 sach man mit den künegen hin se
*) Vgl. Hennings treffende Worte a. a 0.69: nln allen übrigen Heldengedichten
der Zeit, der Klage, dem Biterolf, den sächsichen Liedern finden wir auch eine ver-
nünftige zosammenhäDgende , im Wesentlichen abgerundete und einheitlich gestaltete
Sagenkenntnis , einzig die Dichter uDserer Nibelongeu wären unwissend und unkundig.
Ein Glück nur, daß der eine immer noch etwas mehr wnste als der andere, so daß
dadurch doch etwas Vollständiges zusammenkam*'. — Wenn das nar nicht eben so gut
auf Lachmanns Lieder paßte!
UTTERATÜR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 239
^0176 gän). In früheren Fällen konnte ich nur behaupten, daß sich ans sol-
chem Gleichlaut kein Schluß ziehen lasse; hier aber ist derselbe, zumal in
dem zweiten Beispiel, so häßlich und klappernd, daß er, wäre er überliefert,
wohl ertragen werden könnte, keinesfalls aber durch kritische Machinationen
erst hergestellt werden darf*).
Mit 1746 beginnt wieder ältere Dichtung und zwar, wie wir sehen wer-
den^ ein Stück der Rüdigersdichtung. Dieser Strophe gieng nach W. 1738
unmittelbar voraus [oder 1737, falls jene Strophe, s o., für jünger zu halten].
,,Der Dankwartsdichter ging darauf aus einzelne Scenen voll auszugestalten;
Mittelglieder ohne inte ressir enden Inhalt verschmähte er.^ Der Sprung von 1737
(1738) auf 1746 ist immerhin etwas stark, möchte aber hingehen; nur be-
weisen W.s Parallelen nicht eben alle für solche Sitte des Dankwartsdichters.
1786 und 1788 werden nachher behandelt werden; immerhin ist auch von
1786 auf 1787 ein Sprung, der aber hier mehr in dem Mangel an formeller
Verbindung besteht, während in unserer Stelle sachlich wesentliches über-
gangen wäre. 1803 und 1806 hat erst W. zusammengebracht. Zwischen
1835 und 1836 ist gar kein Sprung; vielmehr dient ja 1836, 1 gerade zur
Verknüpfung. In 1849 tritt ein unerwarteter Gedanke auf (s. o.) ; aber die
Erzählung schreitet von 1848 zu 1849 stätig weiter. Nur 1857 und 1858
zeigen etwas Ahnliches, wie sich an unserer Stelle ergeben würde; aber dort
ist der Scenenwechsel ganz an seinem Platz und eine Verbindung der Scenen
nicht denkbar, hier würde eine leicht mögliche (und in 1739 — 1745 wirklich
vorhandene) Verbindung fehlen.
Die Untersuchung geht weiter. Ihr nächster Gegenstand ist der Em-
pfang bei Etzel und die erste Nacht, Str. 1746—1786; wie gesagt,
wieder ein Stück der Büdigersdichtung. — Hier wechselt auf einmal der Ton;
Alles ist vergnügt und guter Dinge ; als ob keine Warnung durch Dietrich,
kein Angriffs versuch auf Hagen vorangegangen wäre. Daraus schließt W.,
daß dieser Abschnitt und die vorhergehenden nicht von demselben Dichter
sein können. Dabei hat er auf zweierlei nicht geachtet. £inmal kann er
nur die wenigen Strophen 1746 — 1757 für seine Ansicht gellend machen;
1758 beginnt gleich wider ein feindseliger Ton; wir werden zwar sehen, daß
W. 1758 — 1761 auswirft, aber eben bloß wegen dieses Tones. Von den
12 genannten Strophen aber sind volle sechs durch Beden ausgefüllt, die
nicht anders als freundschaftlich sein können; denn — das ist der zweite und
wichtigere Punkt — Etzel weiß von all dem vorgefallenen Geplänkel gai*
nichts und sicher ebenso wenig von Ejriemhilds Vorhaben. Ob das, wie 1802
und 1803, ausdrücklich gesagt oder wie hier stillschweigend vorausgesetzt
wird, weil es aus der ganzen Erzählung folgt, wird nicht viel ausmachen. —
Es ist also kein Grund, anzunehmen, daß unsere Erzählung eine Dichtung voraus-
setze, „in der die Burgunden, als sie an Etzels Hof kommen^ noch keine
Ursache zur Besorgnis hatten."
*) W. findet auch sonst im N. L. die Strophen nicht immer in ihrer ursprüng-
lichen Ordnung überliefert und iflhrt dieß an Str. 1330—1838 aas, was loh, ab außer-
halb meines eigentlichen Gegenstandes fallend, unnntersucht lasse.
240 LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
Aus der ErzfthluDg selbst wird vieles ansgeschiedeD. — 1748 und 1749
stören das Ebenmaß der Dichtung, welche den Mannen nicht zwei Strophen
zutheilen durfte, den Königen nur eine. Daraus würde nur die Unechtheit
von 1749 folgen; aber 1748 soll durch die Wiederholung von gr6ze wille-
kamen in 1750, 4 verdächtig sein, was W. aliein gewiß noch für keinen
Grund gehalten hätte. Ist keine Ursache mehr vorhanden, den Abschnitt vom
vorhergehenden zu trennen, wo Hagen und Volker im Vordergrund stehen, so
werden auch die zwei Strophen nicht zu beanstanden sein. Ich mache darauf
aufoierksam, daß bei Begrüßungen oder Anreden an die Burgunden nicht die
Könige, sondern Hagen zu reden pflegt; s. 1663. 1676. 1801. 1855. (1956.
1957.) 2193. 2270 (wo noch dazu Günther ausdrücklich angeredet war) ; eine
Ausnahme machen nur 1931 (wo aber nur Günther reden kann, denn Hagen
kann nichts erlauben). 2028. 2114. — Die Str. 1752 ist verworfen, weil sie
eine mehrmalige Einladung der Burgunden voraussetze wie 1748, 4; worauf
nachher keine Rücksicht genommen wird. Allein das sind solche leere Be-
densarten, die man auch im heutigen Gespräch nicht auf die Goldwage legt;
und vollends W. hat gar keinen Grund, deshalb 1752 zu athetieren, da er
nirgends sagt, daß der Rüdigersdichter nur von einer Einladung gewust habe.
— 1754 ist bloß „überflüssig". — Obgleich aber das nach Entfernung dieser
Strophen übrig bleibende eine vollständige Erzählung bildet, könnte doch,
meint W», die Bearbeitung manches Alte fortgeschafft haben.
Daß Kjriemhild bei dem Empfang nicht auftritt, hält W. nicht für ur-
sprünglich und muthmaßt, daß etwas ähnliches wie Thidrekssaga Cap. 373
hier gestanden habe. Die einzige Begründung dafür ist, daß Kriemhild in
der Rüdigersdichtung nicht schon vorher in feindliche Berührung mit den
Burgunden gekommen sei, folglich jetzt nothwendig eingeführt werden müsse.
Für den, der unsem Abschnitt nicht von dem vorhergehenden trennt, ftllt
dieser Schluß ganz weg; über 1675 ff. ist ja noch gar nichts entschieden.
Wir sagen also einstweilen umgekehrt: weil der Dichter schon vor dem
Empfang bei Etzel einen solchen von Seiten der Kriemhild erzählt hat, brauchte
er sie bei ersterem nicht mehr einzuführen.
In der Schilderung der ersten Nacht flndet W. größere Zusätze; wir
werden sehen, daß hier die Hand des Dankwartsdichters thätig gewesen sein
soll. So gleich in 1758 — 1761, die nur wegen der „gereizten Stimmung'
und des „herausfordernden Wesens^ Hagens und Volkers, „wie es der Dank-
wartsdichter schildert^, athetiert werden; während diese Stimmung fär uns nach
dem in 1696—1738 erzählten ganz natürlich ist — Die Str. 1763. 1764
werden entfernt, weil 1762, 4 schon die Schilderung des Lagers abschließt;
allein diese Zeile ist ein reiner Flickvers, und in den zwei Strophen selbst
ist nichts Verdächtiges. — Einen nicht unwichtigen Schluß knüpft W. an die
(echte) Str. 1765. Es müsse sich etwas Besorgniserregendes zugetragen
haben, aber nach 1765, 3 „nichts so entschieden Feindseliges, wie wir in
unserem Nibelungenliede lesen^, sondern etwa dasselbe, was eben aus der
Thidrekssaga herbeigezogen wurde. Schönbach a. a. 0. 382 hat ganz richtig
erwidert: „was kann denn Feindseligeres gcf^chtet werden als was Giselher
in V. 4 fürchtet: seinen und seiner Genossen Tod?^ 1765, 3 mag sich dabei
auf die freundliche Einladung oder auf den freundlichen Empfang beziehen,
der Giselheren 1675 zu Theil geworden ist. — Str. 1767 ist überflüssig; nach
LITTEBATÜR: ZUR KBITK DER KTBELUNGEN. 241
Z. 2 könnte man annehmen, daß auch Volker zu Bette gehe, während er
1768 mit Hagen gehen will. Wer darin eine Unebenheit finden will, habeat
sibi! — Jünger ist auch 1769 wegen ihrer Ähnlichkeit mit 1715 — 1717;
8. o. — „Wunderlich** ist 1771, daß Volker erst gew&ffnet aus dem Hause
geht und dann nochmals umkehrt^ seine Geige zu holen. ,|Es liegt auf der
Hand , daß , wenn es von vom herein im Plan der Dichtung gelegen hätte,
den Spielmann hier seine Sangeskunst üben zu lassen, die Aufeinanderfolge
der Ereignisse eine andere geworden wäre." Das ist nun Geschmackssache; ich
kann mir den Hergang nach dem überlieferten Text recht gut und schön
denken; ja es will mir fast scheinen, als ob mit Aufgeben der Str. 1771 eine
cigenthümliche Schönheit verloren ginge. Allein diese Strophe ist mit den
folgenden aufs engste verbunden. Daher muß W. 1771 — 1774 alle aus-
werfen, wobei er an den Dankwartsdichter als ihren Verfasser denkt. Ich
weiß nicht, ob jemand, dem die Nachtscene in ihrer ganzen zauberhaften, un-
heimlichen Schönheit recht lebhaft vor Augen steht , die vier Strophen
einem — wenn auch noch so begabten — Bearbeiter zuzuschreiben über sich
bringen wird; tragen doch die Strophen so viel zu der charakteristischen
Schönheit der Scene bei, und ihre Stimmung bildet eine wesentliche Ergänzung
zum unmittelbar Folgenden. Es ist jedenfalls von W. nicht genug gesagt,
daß die Strophen „an und fär sich recht ansprechend* seien; sie haben bis
jetzt immer unter den Glanzpunkten des N. L. mitgezählt; und der Grund
för ihre Ausscheidung ist ärmlich. — Weiter werden 1776 — 1783 entfernt
Der Hauptgrund dafür ist, daß das Gespräch „nicht so gedrängt*^ sei, „wie
wir es nach der knappen Anlage der alten Dichtung erwarten müßten **.
Diese knappe Anlage hat sich in den bisher betrachteten Theilen der Rüdi-
gersdichtung als ein erst durch grundlose Athetesen hergestellter Zug erwiesen;
daß aber unser Abschnitt zu der Rüdigersdichtung gehöre, dafär ist bis jetzt
nicht der Schatten eines Beweises beigebracht worden; daß er älter sein
müsse als der vorhergehende, würde, wenn es erwiesen wäre, noch nicht die
Zugehörigkeit gerade zu der Rüdigersdichtung beweisen. Deshalb fällt die
mehrstrophige Rede in 1778 f.; 1781 f. nicht ins Gewicht, da ich die Aus-
scheidung von 1748 und 1758 — 1761 oben zurückgewiesen habe. Was aber
eigentlich hierin zwischen älterer und jüngerer Dichtung ftlr ein Unterschied
in der Knappheit sein soll, weiß ich nicht; denn zu Str. 1720 hat W. auch
dem Dankwartsdichter bloß einstrophige Rede vindicieren wollen ! Die übrigen
Gründe gegen die acht Strophen sind unbedeutend. Der allgemeine Gedanke
1776, 2 soll an 1720, 2 und 1739 erinnern. Das Hervortreten Volkers vor
Hagen 1778 sei verdächtig; wenn aber die Hennen dieselben sind, mit denen
Kriemhild vorher gekommen ist, so begreift sich dasselbe nach 1706 leicht
und hat auch sonst nichts auf sich, nachdem wir die Ausscheidung anderer
Strophen, welche Volkers Lob enthalten, als unbegründet erkannt haben.
Verkehrt ist die Bemerkung: „wenn Hagen erwartet [1781], daß die Heunen
näher herankommen werden, so wäre es das natürlichste, daß er seine Ge-
fährten weckt; oder aber die Sorge, daß es einigen Heunen gelingen möchte
in das Haus zu dringen, hätte ihm ganz fem bleiben müssen.^ Hagen fürchtet
ja nur, daß, wenn Volker (1780) sich von dem Haus entfernen würde, der-
selbe allein im Freien durch die Heunen in Noth kommen könnte; dann müste
er, Hagen, ihm helfen (1781), also sich auch vom Haua «ii^^tqaeii^ ^ns^^ ^%s)^
GERMANIA, Nrae Beihe XII. (XXIT. Jahrg.) Vc^
242 LtTTGRATÜB: ZUR KETTIK DER NIBELCNOEK. ^H
könnten leicht einige Hennen in da« Haua eindringen. Wenn sie »hft b«tdp.
im Bficken ^i, unter der ThSr stehen bleiben, so würde du geiiQgen, dii'
Hennen absuwebren, nnd dann brauchte mau die Schlafenden nicht au wecken.
Ist das nicht alles in beater Ordnung? Und wenn der Dichter es nicht in *v
peinlich logiBcbem Zasammenhang Toi^tragen hut, ist das fQr einen Dichter
ein Vornuif? — Daß der Gedanke von 1783 spSter nicht verwerthet wird,
darf nicht auffallen. Wie peinlich w&re es. mfisie der Dichter ap&ter einen
Streit darfiber anheben lauen, ob die Hennen die Schlafenden habet) übei^
falten wollen oder nicht ! Wie advocatenmSßig ! S. anch Schönbach a. a. O. 383.
In dem nach diesen zahlreichen Aasscheidungen übrig Hleibenden will
also W. ein Stück der RSdigersdichtnug erkennen , ^das Prototyp fär die
hBn£g wiederkehrenden Stellen, iu denen Hagen nnd Volker vor der Tör
des Uansea stehend erwähnt werden". — Diese Rolle hat ihnen der Dichter
ala Kiemlich stehend zDgewiesen, nnd es ist durchaus nicht noihwendig an-
suoebmen, daß in einem Fall Original und im andern Copie vorliege. Eine
genauere Parallele zn anserem Abschnitt findet sich nur in dem nnmlttelbar
vorhergehenden, 1696 — 1738; nnd xa diesem soll denn aach der Dankwarta-
dichter dnrcb unsere Scene angeregt worden sein. Diese Annahme ist dann
fast unvermeidlich, wenn man beide Scenen trennt nnd sie den Verfaaseni
zuweist, die sie nach W. haben. Aber an sich selbst ist sie eigentlich ver
kehrt. Im Ganzen wird man wohl kaum anstebeji, der iweiten Scene den
Vorzug größerer Schönheit zu geben ; aber das that nichts zor Sache, Hehr
Sagengehalt hat jedenfalls die erste; cf. 172t. 1732. 1725—1730. 1734—
1736; w&hrend die aweite weit mehr einer freien Erfindung gleich aieht. Es
wSre also an sich eher Grund, die zweite Scene für eine Nachbildung der
ersten zu halten. A priori kann ich wohl ala möglich, ja wahrscheinlich
anerkennen , daß die dreimalige feindselige Begegnung awiachen Hagen nnd
KriemhUd. bezw. ihren Abgesandten {1675—1684. 1606—1738. 1776 — 17B6)
in d«r Sage nicht urspränglich ist: ältere Sage mag sich, wie in der Thi-
drekasaga Cap. 373. 377, mit zweimaliger, die ursprün^iche (soweit Ober-
haupt die Motive der deutschen Sagen gestalt zurückreichen) mit einmaliger Offen-
barung dieaer Feindschaft begnügt haben. Aber im Nibelungenliede selbst
sind diese drei Begegnungen urBprünglich ; denn sie bilden eine bewuate
Steigerung, die das Werk eines Dichters sein mnS. Zuerst r«det Kriamhild
mit Hagen ; anf die GewiCheit hin, daG er sich vorgesehen hat, versucht sie
es mit Waffengewalt, zuerst an Hagen allein (Völkern kann sie einmal mclit
von ihm trennen) bei Tag und in ihrer persönlichen Gegenwiut. dann heltn-
Ucb bei Nacht an allen Bu^unden: die Manifestation ihrer Bachsuchl wird
immer IbaUftcblicber und zugleich hinterlistiger.
Auch in der Darstcllnng findet W. die Züge des Büdigeradichtera. Der
„knappe Ausdruck' nnd ^.einfache Stil" beruhen erst auf drn gemacfateii
Atheteaen. Dagegen trete, sagt W. . zum Untersebied von der Oankwart*
dicharag Volker in die erste Linie, wie iu 1613 £ naii 3110. Da« ist kein
Beweisgrund. Der Dichter wollte den 1
hinter diMen surflcktreten laaaen, daS C /^
Seite gelegt kut«. and beide aumal ri^'1'
len in Parallelv grstellten C
y «te> renrauiiüTiieb, trenn d«r I
LITTERATUB: H. OSTHOFF U. K. BRUGBiAN, UNTERSUCHUNGEN ete. 243
grund ruckte? W. sollte das Moment schon deshalb nicht herbeigezogen haben,
weil 1809 und gar 1823. 1826, wo Volker noch in ganz anderer Weise die
Initiative ergreift, dem Dankwartsdichter zugefallen sind ; außerdem steht W.
hier mit sich selbst im Widerspruch, insofern er soeben 1778 wegen unge-
bührlicher Herrorhebung Volkers athetiert hat. — Wichtiger ist die Bemerkung:
V Hagen erscheint als der treu besorgte Hüter seiner Herren ; herausfordernder
Trotz und über die Grenzen der Natur getriebene Leidenschaft sind ihm hier
fern. Das stimmt wieder zu jener Stelle der Thidrekssaga [Cap. 373]
Sigfriden den schnellen und seine Wunden lassen wir nun ruhen' u. s. w.
Wie contrastiren diese gelassenen fast milden Worte mit dem Bilde Hagens,
wie es der Dankwartsdichter entwirft, oder wie es in Str. 1678. 1682 uns
entgegentritt.^ Um zuerst von dieser Parallele zu reden: Wird aus Hagens
Worten nicht vielmehr der schneidendste Hohn reden ? Und hat W. ganz und
gar vergessen, daß die genau der Str. 1682 entsprechenden Worte Hagens
in eben jenem Cap. 873 der Th. S. stehen?! Und von der Th. S. abge-
sehen: Trotz und herausfordernden Hohn hat in unserer Scene der Dichter
eben in Volkers Mund gelegt; er mochte es für überflüssig halten, Hagen
auch hier so auftreten zu lassen. Der „treu besorgte Hüter seiner Herren^
ist aber Hagen auch sonst. Ich erwähne die Baiemschlacht (1539 ff.).
Wessen Werk ist diese? Hier läßt uns W. nach seinem Programm, das erst
mit 1606 beginnt, im Stiche; und hier ist einer der Fälle, wo, wie ich zu
Anfang erwähnte, nothwendig die früheren Partien der Dichtung hätten bei-
gezogen werden müssen. Könnte die Baiemschlacht, in der Dankwart neben
Hagen auftritt, ja sogar 1554 seinen Bruder errettet, in der der Dialog eine
so wesentliche Rolle spielt, nach W.s Voraussetzungen nicht auch ein Werk
des Dankwartsdichters sein?
Auf das durchgeprüfte Stück der Rüdigersdichtung folgt unmittelbar das
größere der Dankwartsdichtung bis Str. 1945. Zwischen 1945 und 2072
folgen der Kampf Irings und der Seinigen, 1965 — 2015, und der Saalbrand,
2024 — 2071. Was zwischen diesen Scenen liegt, „scheint mehr den Zweck
zu haben, diese Hauptabsehnitte zu verbinden und in ihrer Bedeutung her-
vortreten zu lassen **, wird abo als interpoliert anzusehen sein. Einen Beweis
dafür hat W., wie wir sehen werden, nicht erbracht.
(Schluß folgt)
HERMANN FISCHER.
Hermann OsthofF und Karl Brngman, Morphologische Untersuchungen auf
dem Gebiete der indogermanischen Sprachen. Erster Theil. Leipzig 1878.
Die Verfasser, deren in letzter Zeit erschienene Arbeiten schon so viel-
fach wechselseitigen Ideenaustausch zeigen, haben sich hier zu einem gemein-
samen Unternehmen vereinigt. Das Band, welches die einzelnen darin von
ihnen gelieferten Arbeiten zusammenhält, ist die Übereinstimmung in den
Chrundanschauungen, von denen aus sie eine Beform der indogermanischen
l^prachwissenschaft anstreben, Anschauungen, um deren theoretische und prak-
lalieDiirchfahmng sich beide bereits ein bedeutendes Verdienst eT^Q»x\Ms^Va^«cv.
ifreehen sich in der Vorrede sehr klax und '^«i^t&ibX d»artX^T «^« "^^^
244 LITTERATÜR: R 08TH0FP ü. K. BRUGMAN, UNTERSUCHUNGEN etc
Quintessenz derselben läßt sich etwa in folgende Sätze zasammenfassen. Die
Sprachwissenschaft hat bisher viel za sehr mit abstracten Formeln gerechnet,
ohne sich die wirklicl^en Vorgänge bei den sprachlichen Wandelungen klar
zu machen. Es kommt darauf an, eine Erkenntniss der diesen Wandelungen
zu Grunde liegenden physischen und psychischen Processe zu gewinnen. Diese
wird nur erlangt, wenn mau sich entschließt bei den modernen Spracheni-
wickelungen in die Schule zu gehen, wo uns allein ein ausreichend gesichertes
und vollständiges Material geboten wird. Die in dieser Schule gewonnenen
Einsichten sind auf die älteren und ältesten Sprachperioden anzuwenden. Das
verhängnissvolle Vorurtheil muß aufgegeben werden, als seien diese mit einem
andern Maßstabe zu messen ^ da doch die leiblichen und geistigen Existenz-
bedingungen immer die gleichen gewesen sein müssen. Die Richtung der
Sprachwissenschaft, welche die aus dieser Anschauung sich ergebenden Con-
sequenzen gezogen hat, die junggrammatische', wie sie die Verf. nach ander-
weitigem Vorgange bezeichnen, charakterisiert sich durch zwei wichtige me-
thodische Grundsätze. Erstens: aller Lautwandel, soweit er mechanisch vor
sich geht, vollzieht sich nach ausnahmslosen Gesetzen. Zweitens: der For-
menassociation , d. h. der Neubildung von Sprachformen auf dem Wege der
ABalogie ist för die ältesten Perioden die gleiche ßedeutuDg zuzuerkennen
wie fÄr die jüngsten. Sie ist als Erklärungsmittel überall da, allerdings auch
nur da herbeizuziehen, wo die Lautgesetze nicht ausreichen. — Diese von den
Verf. ausgesprochenen Grundsätze sind auch nach der Überzeugung des Ref.
Cardinalpunkte, deren unbedingte Anerkennung heute von einem jeden verlang^
werden muß, der den Anspruch erhebt, für einen Vertreter der wissenschaft-
lichen Grammatik zu gelten. Wenn die Verf. die erste Anregung zur Aus-
bildung ihrer Richtung auf Scherers Buch zur Geschichte der deutschen Sprache
znrfiekföhren, so haben sie damit gewiß recht. Indessen darf dies nicht so
verstanden werden, als sei das Verfiihren Scherers bereits das gleiche wie
das ihrige. Im Gegentheil liegt zwischen beiden noch eine weite Kluft. Es
fehlt bei jenem noch die Hauptsache, das Axiom von der unbedingten Gül-
tigkeit der Lautgesetze, wodurch erst die Willkür eines, immerhin vielleicht
genialen Rathens durch die zwingende Nothwendigkeit methodischer Forschung
ersetzt wird. Dieses mit allen seinen Consequenzen zuerst klar erkannt und
praktisch verwerthet zu haben, ist eben gerade hauptsächlich das Verdienst
der beiden Verf., schon in ihren früheren Arbeiten.
Die erste Abhandlung von Brugman ist überschrieben Das verbale
Suffix ä im indogermanischen, die griechischen Passivaoriste und die sogenannte
äolische Flexion der verba contracta • Die Existenz eines Suffixes d i»t schon
mehrfach von anderer Seite behauptet. B. zeigt, daß dasselbe in sehr viel
mehr Fällen anzunehmen ist, als man bisher geahnt hat. Zu dieser Erkennt-
niss haben ihm seine früheren Beobachtungen über die Vocalabstufung ver-
helfen. Ans denselben hat sich ergeben , daß es im idg. eine schwächste
Stufe der Wurzel gibt, die sich durch gänzliche Ausstossung des Grundvocals
charakterisiert, in Folge wovon die Wurzel in den meisten Fällen nicht mehr
als eigene Silbe bleibt, sondern zu einer Consonantenverbindnng , ja nicht
selten zu einem einzelnen Consonanten zusammenschrumpft. Diese Stufe nun
ist es, an welche das Suffix -d antritt. In der Aufdeckung und Durchfahrung
dieses Gesetzes liegt der Kernpunkt der Arbeit. B. stellt eine Reihe von
LITTERATÜB: H. OSTHOPF U. K. BRUGMAN, UNTERSUCHUNGEN etc. 245
BilduDgen mit den Belegen aus den verschiedenen Sprachf&milien zusammen,
die er unter folgende 5 Kategorien ordnet: 1. die Wurzel endet auf t\ z. B.
i'd' von i (richtiger ai) *gehen , ghu-ä- von ghi*- (richtiger ghau-) rufen' ;
2. die W. besteht aus a 4- Geräuschlaut , z. B. k-d' von oA;- scharf, spitz
sein ; 3. die W. besteht aus a -f- Nasal oder Liquida, z. B. m-d* von am-
einsammeln y schöpfen ^ mähen ; 4. die W. beginnt consonantisch und endet
auf einen Geräuschlaut, z. B. bhs-d- und daraus weiter ps-d- von bhcu- mal-
men, kauen ; 5. die W. beginnt consonantisch und endet auf Nasal oder Li-
quida, z. B. pr-d- von par fCillen. Es erhalten so viele Fälle ihre richtige
Beurtheilung, für die man bisher eine Umstellung der Laute angenommen
hatte (z. B. ka aus ak)y und manches, was J. Schmidt im zweiten Bande
seines Vocalismus über die Einwirkung von Liquida auf Vocal aufgestellt hat^
ergibt sich als hinfällig. Auch sonst finden manche Schwierigkeiten, nament-
lich des griechischen eine glückliche Lösung. Dabei werden viele neue ety-
mologische Combinationen gemacht^ die zum Theil einzeln hingestellt aben-
teuerlich erscheinen würden, an die kühnsten Phantasien der vorwissenschaft-
lichen Zeit erinnernd, denen aber die zusammenhängende, streng methodische
Untersuchung genügende Garantie der Richtigkeit oder mindestens Wahrschein-
lichkeit gibt. Für das germ. ist allerdings die Ausbeute nicht so ergiebig
wie namentlich für das griech. Nach einer Seite hin läßt die Untersuchung
eine Lücke, deren sich übrigens der Verf. vollkommen bewußt ist, vgl. S. 2
unten. Statt des langen a-Lautes, unter den zunächst alle Fälle zusammen-
gefaßt sind, wären jedenfalls eigentlich mehrere schon im idg. qualitativ und
quantitativ verschiedene Laute anzusetzen, die genauer zu unterscheiden erat
noch eine Aufgabe der weiteren Forschung sein wird. Übrigens kann loh auch
den Zweifel nicht unterdrücken, ob diese a-Laute wirklich als Suffixe zu be-
trachten sind und nicht vielmehr zur Wurzel gehören. Ich verweise in dieser
Hinsicht auf meine Anm. zu Beitr. z. Geschichte d. deutsch. Spr. u. Lit.
G, 118. Auf den letzten Theil einzugehen, der sich speciell mit griechischer
Formenentwicklung beschäftigt, ist hier nicht unsere Sache. Von Einzelheiten
bemerke ich noch^ daß B. das ai in got. vaia, saia mit Holtzmann als t faßt,
eine Auffassung, der ich mich noch nicht entschliessen kann beizustimmen.
Die Schwierigkeiten, welche die Schreibungen saijip^ saijands in den Weg
stellen, werden durch die Anm. nicht in befriedigender Weise gehoben. Und
dann bleibt es doch immer das nächstliegende das i mit dem westgermani-
schen j zu identificieren.
Es folgt eine Abhandlung von Osthoff Formenassociation bei Zahlwörtern
(92 — 132). Man hat schon früher gelegentlich Beeinflussungen beobachtet,
welche theils verschiedene; namentlich benachbarte Zahlwörter ; theils Ablei-
tungen aus einem und demselben Zahlwortstamme auf einander ausüben.
Der Verf. stellt hier eine ganze Menge derartiger Fälle aus den ältesten wie
den jüngsten Phasen der indogermanischen Sprachen zusammen, zu deren
Annahme jetzt die stricte Observanz der Lautgesetze zwingt. Was das ger-
manische betrifft, so ist folgendes auszuzeichnen: fidvar statt *hvidvor nach
fimf (S. 94); saihM wie lat. sex aus *8vekß mit Verlust des v nach sibun (96);
afiries. achtunda gegen got. ahtuda nach tibwnday niugunda (104). Besonders
hervorzuheben sind die Ausführungen über das b in aibun. 0. zeigt S. 97 ff.,
daß die Grundform der Siebenzahl nicht als ^sapim mit Betonung der letzten Silbe,
246 UTTERATÜR: B. 08TH0FF ü. K. BRÜGMAN, UNTERSUCHUNGEN eie.
sondern als *sdptm wie *ndvm^ *ddkm anzusetzen ist Demgemäß müßte man
nach dem Vemerschen Gesetze *stfun erwarten. Das b ist von der Ordinal-
aahl mbunda übertragen, die auf eine Grundform ^saptmid- zurückgeht (131).
Umgekehrt ist taihunda statt des zu erwartenden *tigunda an taihun ange-
glichen. Dazu bemerke ich, daß die ursprungliche Form der Ordinalzahl noch
wirklich vorliegt in alts. tegothan (Freck.) neben fekandon (Hei.), afries. tegotha
neben tiandaj ags. ttogoda neben Uoda, Auch die Erhaltung des auslautenden
Nasals in «i&tcn, ntun, taihun föhrt 0. mit Recht auf Einwirkung der Ordinal-
zahlen sibunda etc. zurück (130). Daß aber gar keine andere Einwirkung
daneben möglich gewesen wäre, möchte ich nicht mit solcher Bestimmtheit
wie er behaupten. Es läßt sich jedenfalls nicht mit Entschiedenheit bestreiten
and ist sogar wahrscheinlich^ daß es bereits urgerm. flectierte Formen sihuni
oder wenigstens tibunim etc. gab, ohne daß wir dieselben darum mit der sla-
visch-Iitauischen Flexion in Zusammenhang bringen müßten. Die Beispiele
fiBr Association im germ. lassen sich übrigens noch vermehren. So ist das
-Oft in alts. elleuan^ ags. eUefan, endleofan, afries. dlefa^ andlofa (-a =^ -an)
angetreten nach tehan. Altn. dttandi für älteres dtti nach niundi, tiundi. West-
nord. ß6rdi gegenüber ostnord. fjardi verdankt seine Länge der Angleichung
an fjMvy vgl. Beitr. z. Gesch. d. deutschen Spr. u. Lit. 6, 28. Auch altn.
priggja = got. prije beruht wohl auf Anlehnung an tveggja = got. ivaddjt.
Noch manches andere liesse sich unter diese Kategorie unterbringen.
Osthoffs Arbeit greift vielfach über ihren eigentlichen Gegenstand hin-
aus, indem in Anmerkungen und Excursen wichtige Lautverhältnisse der idg.
Sprachen erörtert werden. Ich hebe daraus hervor das Lautgesetz, wonach
NasaÜB sonans, sofern sie im idg. betont war, im skr. und griech. nicht a,
sondern <m gibt (98). Als germanischen Vertreter setzt Osthoff nach dem
Vorgange Brugmans in an im Gegensatz zu dem un, welches die unbetonte
Nasalis sonans vertritt Diese Auffassung kann schwerlich gebilligt werden,
worüber man jetzt Beitr. 6, 238 vergleiche. Wichtig sind femer die Erör-
terungen über die Vertretung von Nasalis sonans im kelt (eit, em, tn, im,
S. 105 ff,) und armenischen {an^ S. 114 ff.) vor allem aber die Mittheilung
einer zunächst von K. Vemer ausgehenden Idee^ wonach die Entstehung des
arischen c und j auB idg. Ic^ und g^ durch einen folgenden hellen Vocal ver-
anlaßt wird, als welcher nicht bloß i^ sondern auch Brugmans a| = europ.
s sich erweist, welcher Laut demnach auch in den asiatischen Sprachen min-
destens eine dem s nahekommende Aussprache gehabt haben muß (116fi. Anm.).
Bmgman handelt S. 133 — 186 über die Geschichte verschiedener Per-
sonalendungen. Er beginnt mit einer energischen Abweisung des bisher üb-
lichen Verfahrens, welches, von der aprioristiBchen Annahme ausgehend, daß
die Peraonalendungen aus den uns vorliegenden Stämmen der Personalpro-
nomina entstanden seien, sich danach die Urformen zurechtlegt, ohne sich
daran zu stossen, daß man bei der Herleitung der einzelsprachlichen For-
men mit den sonst geltenden Lautgesetzen in Conflict gerath. Er verlangt
im Gegensatz dazu, daß man zunächst von allen Theorien über das ursprüng-
liche Wesen der Personalendungen absehe und zu den überlieferten Formen
der Einzelsprachen solche Grundformen suche ^ aus denen sich die ersteren
ungezwungen ableiten lassen. Diese zwanglose Ableitung erweist sich wieder
nur unter der Voraussetzung als möglich, daß man die mannigfachen Asso-
LITTEBATUB: H. OSTHOFF U. K. BRUGBIAN, UNTERSUCHUNGEN etc. 247
ciationen beachtet , denen die PerBonalBiiffize im Laufe ihrer Entwickelung
ausgesetzt sind. B. schließt sich der Ansicht Scherers an, daß der Unter-
schied der Verba auf -o von denen auf -^i in Bezug auf den Ausgang der
1 sg. ind. indogermanisch sei (S. 139 ff.). Er stützt diese Auffassung durch
genaueres Eingehen auf die Verhältnisse der einzelnen Sprachfamilien.
S. 187 — 206 wird von Brugman der Gedanke ausgeführt ^ daß die
arischen Passivbildungen mit Suffix -ya- Denominative von den Futurparticipiis
auf -ya- sind.
Den Schluß (20 7 --290) bildet eine Untersuchung von Osthoff Aber den
gen. pl.y erstens im idg. und zweitens im germ. Im ersten Abschnitte löst
der Verf. die lautlichen Schwierigkeiten, die sich bei einer Vergleichung der
Endungen aus den verschiedenen indogermanischen Sprachen ergeben, durch
folgende Annahme: die Endung ist nicht, wie man bisher angesetzt hat -dm,
.sondern -am; die danach ursprünglich bestehende Differenz zwischen den
((-Stämmen und den übrigen ist in den einzelnen Sprachfamilien durch Aus-
gleichung beseitigt, indem in den meisten (so auch im germanischen) die
Endung der a-Stämme {-am) den Sieg davongetragen bat, in einigen aber,
sicher namentlich im slavischen die der consonantischen. Im zweiten Ab*
schnitte wird die Doppelheit 6~^ im gotischen gen. pl. behandelt Dies gibt
Veranlassung zu einer Erörterung des gegenseitigen Verhältnisses von anshw-
tendem 6 und i im allgemeinen und entsprechenden Differenzen in den übrigen
Dialekten. Der Verf. gelangt zur Aufstellung eines urgermanischen Laut-
gesetzes, dessen Wirkungen durch mannigfache Ausgleichungen verwischt er-
scheinen, wonach nasaliertes 6 durch ein vorhergehendes j (i) zu S geworden
ist. Dies ist jedenfalls ein sehr glücklicher Gedanke. Nur hält "Ret eine
Modification und Erweiterung des Gesetzes für erforderlich, die er bereits
Beitr. zur Gesch. d. deutschen Sprache 6, 209 ff. auszuführen versucht hat.
Danach ist das Gesetz so zu fassen, daß überhaupt jedes lange oder kurze o
im nrgermanischen durch vorhergehendes j oder » zu e gewandelt ist Be-
sonders muß noch auf einige eingestreute Anmerkungen aufmerksam gemacht
werden, in denen über gewisse Lautverhältnisse AufiBchlüsse von grosser Wich-
tigkeit und Tragweite gegeben werden. S. 227 ff. wird das Lautgesetz auf-
gestellt, daß im idg. m und n in der Flexion nur nach G«räuschlauten als
Sonanten, nach Sonorlauten dagegen als Consonanten angetreten sind. Daraus
erklärt sich im frerm. namentlich die 1 sg. ind. prat des starken Verbums:
ursprünglich *[§e]8cUttm aber *[he]barmf daraus ^saiu — bar und dann mit Aus-
gleichung, worauf wohl die schon gleiche 3 sg. mit einwirkte, scU -= bar.
Ähnlich im acc. sg. fdtu — auh$an etc. 8. 288 ff. wird nachgewiesen, daß in
den reduplicierten Perfecten von kalda , haita ^ auka etc. der scheinbar man-
gelnde Ablaut latent enthalten ist, indem nach einem durchgehenden Gesetze
'iie Stellung vor Doppelconsonans, respective im Diphthongen die Entfaltung
des Vocals zur Länge (6) verhindert hat.
Wir scheiden von dem Buche mit dem Wunsche, daß der zweite Theil bald
nachfolgen möge, worin Osthoff eine Arbeit über den Bau des indogermanischen
Wortes in Bezug auf den Vocalablaut zu liefern versprochen hat Eine solche
ist im Augenblick gewiß das dringendste Bedürfniss der indog^ermanischen
Laut' und Formenlehre.
FREIBURG i B. 2. Decamber 1878. H. ]
348 LITTERATUB: J. GROOf, DEUTSCHE BfTTHOLOOIB.
Deutsche Mythologie von Jacob Grimm. Vierte Ausgabe, besorgt vob
£. H. Meyer. 3 Bände. 8. Berlin 1875—78. Dümmler.
Mit dem dritten sehnsuchtsvoll erwarteten Bande ist die vierte Ausgabe
von Grimms Mythologie abgeschlossen. Bd. 1 und 2 enthalten einen unver-
änderten Abdruck der zweiten Ausgabe; doch sind die Nachträge derselben
in den Text eingereiht worden^ ausserdem ist in Klammem durch die Be-
zeichnung * s. nachtr. auf den zu erwartenden dritten Band verwiesen. Der
Beichthum der Nachträge ist ein staunenswerther , sie umfassen 873 Seiten.
Man sieht aus ihnen, daß J. Grimm bis in die letzten Jahre immer noch ge-
sammelt haty und man fühlt ein schmerzliches Bedauern, daß es ihm nicht ver-
gönnt war, eine Neubearbeitung seiner Mythologie selbst noch zu vollenden.
Ein Benutzer seiner Ezcerpte konnte nicht das thun, was der Meister getban
hätte: diese in organischer Weise in den Text verarbeiten, denselben theil-
weise auf Grund der Nachträge umgestalten, die oft nur in einer kurzen Be-
merkung angedeuteten -Gedanken weiter ausfahren ; der Herausgeber mußte sich
darauf beschränken, die Masse von Citaten und Andeutungen, Gedanken und
Einfölien« je nach ihrer Beziehung zum Texte des Handexemplars [der Ausgabe
von 1844] in passende Gruppen zu sondern und durch die blosse Anordnung
oder auch durch ein paar erläuternde und verknüpfende Worte in einen ver-
ständlichen Zusammenhang mit einander zu setzen. Auf die Richtigkeit der
Citate hätte größere Sorgfalt verwendet werden sollen; namentlich sind die
romanischen mitunter recht übel weggekommen, und der Herausgeber , der
offenbar vom Altfranzösischen nichts versteht, hätte gut gethan, hier einen
Sachverständigen zu HUfe zu nehmen. Ich führe beispielsweise S. 12 an.
Ein noch leicht zu entschuldigender Fehler ist 'Maßm. Erad.' weil jeder hier
Eracl.^ erkennen wird; schon weniger leicht ist ^ds. 2, 50 zu errathen, was
'is. (d. h. Laßbergs Liedersaal) sein soll. Viel schlimmer steht es mit den
firans. Citaten ; ich will auf voir f^r vedr Z. 9 v. u. kein Gewicht legen ; aber
was soll man zu folgendem Citate sagen: diex la puist cradieu, trat t^etpee
de Um fuerre «*e« porfen iox juwenterl Berte 31 ; woran sich 2 Zeilen nachher
anschließt: que» eniraiüesl Mdon 1, 310. Die beiden Citate sind aber so zu
schreiben: diex la puUl craventerl Berte 31. dieu trai t^etpte de Um fuerre, aes
porfen tos juaqu'es erUraiüee. M6on 1, 310. J. Grimm hat diesen Unsinn gc-
vriß nicht verschuldet! So ist S. 352 eome de est traite Z. 15 v. u. de verlesen
für ele, wie J. Grimm unzweifelhaft richtig geschrieben hat.
Sehr erwttnscht ist der Wiederabdruck des Anhangs der 1. Ausgabe,
der in der 2. und 3. keine Aufnahme mehr fand. Der lateinische Segen, der
auf der letzten Seite in der Anm. citiert wird, ist nach einer Kölner (Darm-
städter) Hs. des 9. Jahrhs. in Mones Hymnen 1, 367 herausgegeben und jüngst
von mir (in der Zeitschrift ftlr romanische Philologie 2, 212 ff.) nach seiner
rhythmischen Seite besprochen worden.' Die von Grimm angeführte Cam-
bridger Hs. ebenfalls aus dem 9. Jahr, hat das besondere Interesse, daß ihr
eine angelsächsische Interlinearversion beigegeben ist ; der Name des celtischen
Dichters, Lathacan in der Kölner Hs., ist hier in Loding entstellt. Für den
Anhang scheint übrigens J. Grimm nicht weiter gesammelt zu haben; die
Äusserung bei Haupt 4, 581 , wo er von dem angeschwoUnen Vorrath des
Aberglaubens und der Segensformeln spricht' bt nidit so zu deuten, als wenn
LITTERATUB; PH. STRAUCH, ADELHEID LANGMANN. 249
die Masse des von ihm selbst excerpicrten und gesammelten so angeschwollen
sei, sondern auf die reiche Litteratur von Sammlungen der Volksüberlieferungen
zu beziehen, die in den vierziger Jahren anhebt. Gewiß würde dies alles
vereinigt allein einen starken Band und mehr ausmachen ', es ist das aber wohl
kaum ein Bedürfniss, da die landschaftlichen Sammlungen jedem Forscher
leicht zugänglich sind. Wichtiger aber und wünschenswerther wäre der Aus-
bau des Grimmschen Anhanges dahin , daß alle Segensformeln ans Hand-
schriften des Mittelalters vereinigt würden, deutsche und lateinische. Dann
erst würde sich zeigen, wie viel Treue und Stätigkcit diese Formeln in der
Überlieferung zeigen, wenn man sie mit den heute noch umlaufenden vergleicht.
Wir haben jüngst an einem Kinderspruch (Germania 23, 343) gesehen , wie
diese Art von Überlieferung sich treu durch mehr als vier Jahrhunderte er-
hält; bei den Segcusformeln , bei welchen das Volk noch viel ängstlicher
darauf hält, daß ja kein Wort anders gesagt oder weggelassen werde, weil
sonst der Segen unwirksam wird, wird sich diese Treue noch viel mehr heraus-
stellen. Auch das ist einer der vielen Arbeitsstoffe; an dem eine jüngere
Kraft sich mit Erfolg versuchen kann. K. BARTSCH.
Die 0£fenbarangen der Adelheid Langmann, Klosterfrau zu Engelthal. Her-
ausgegeben von Philipp Strauch. 8. (XLII, 119 S.) Straßburg 1878.
Trübner, (Quellen und Forschungen XXVI.)
Die vorliegende Publication reiht sich an die Herausgabe des Büchleins
von der Gnaden Überlast und an ähnliche x. Theil noch ungedruckte Werke,
wie die Offenbarungen der Christina Ebnerin, welche Strauch ebenfalls her-
auszugeben beabsichtigt. Sie alle bilden einen anziehenden Beitrag zur Ge-
schichte des Geisteslebens im 14. Jahrhundert. Die Visionen der Adelheid
Langmann sind nur in 2 Handschriften (in Berlin und München) aufbewahrt,
von denen Strauch die erstere im wesentlichen zu Grunde gelegt hat, indem
er die Aufzeichnung in M fär eine mehr geglättete und gleichmäßigere ansieht.
Nur wo B duich M entschieden emendiert wird, hat er sich eine Mischung
beider Texte erlaubt. Eine fleißige Zusammenstellung des Sprachlichen bildet
den zweiten Thcil der Einleitung, Anmerkungen, zu denen namentlich Denifie
beigesteuert hat, schließen sich dem Texte an. Ein paar kleine Bemerkungen
seien hier angefügt. Wenn es 2, 19 in B heißt Nu hei diseu junge wüwe di
ywonheü an »r, H alle tage nam nben scharf discipline; was Str. aufnimmt, M
dagegen hat doM si altag; so ist ersichtlich, daß daz durch Versehen des
Schreibers in B ausfiel, und M das richtige bewahrt hat. Allerdings braucht
nicht nothwendig ein Satz mit €laz su folgen, sondern parataktische Form
wäre erlaubt, aber dann müßte es in B hcissen si nam alle tage, die Trennung
von 91 und nam zeigt deutlich den Best der hypotaktischen Form. Unter den
syntaktischen Erscheinungen hätten Ausdrucksweisen wie do antwurt fr unser herre
im gedanken B, 3. 8 Erwähnung verdient, ainl^etusent 6, 5 kann wegen der
Form ainlefe nicht Compositum sein, sondern muß in zwei Worte getrennt
werden. 23, 30 nu unrt unser herre sein trewe ctuch an mir brechen , B, wo M
prechent, richtig, wie sich aus 24, 6 ergibt.
Ein kurzes Reimgebet ist in die Prosa eingefiochten 43, 27 ff. Nicht
unwahrscheinlich ist mir, daß auch 16, 25 zwei Beimseilen aDZunehoMSOL
250 UTTERATUR: PH. WACKERNAGEL, DA8 DEUTSCHE KIRCHENLIED.
leid gerne durch mich.
sich was ich glitten hon durch dich;
denn diese .Anrede Christi kommt in ganz ähnlicher Fassung auch sonst Tor.
Auch 22, 1 stellen sich ein paar Reime ein:
und wil ewiciich dor inn bleihen.
ich wil dich auch in mein hertze schreiben
und 34, 1
ich wil in doch etwaz durch dein willen geben,
das si mir iht uf heben.
Das Einflechten gereimter Stellen kennen wir aus den Offenbarnngen
der Mechtild; in denen der Langmann zeigt es sich nur im Keime und in
einzelnen Spuren. K. BARTSCH.
Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahr-
hunderts. Mit Berücksichtigung der deutschen kirchlichen Liederdich-
tung im weiteren Sinne und der lateinischen von Hilarius bis 6eoi|;
Fabricius und Wolfgang Ammonius. Von Philipp Wacker n agcl. 5 Bände.
Lex. 8. Leipzig 1864—77. B. 6. Tcubner.
Es war dem greisen Verfasser nicht mehr vergönnt, den Abschluß des
letzten Bandes seines Lebenswerkes zu t* rieben ; doch war das Manuscript dasa
vollständig ausgearbeitet, und so liegt denn jetzt das Ganze, eine Frucht
treuesten und redlichsten Sammler- und Forsch erfleisses, vollendet vor uns. Wa-
ckemagels Kirchenlied wird auf Generationen hinaus die unentbehrliche Fundgrabe
bleiben fifir alle, die auf dem Gebiete der älteren kirchlichen Ldederdichtnng
arbeiten. Wackeraagel hat, wie er schon auf dem Titel andeutet, den Begriff
des Kirchenliedes auf die kirchliche Liederdichtung ausgedehnt und ebenso
die lateinische Hymnendichtung aufgenommen. Letzteres wird sicherlich nie-
mand mißbilligen: schon deshalb weil ein nicht geringer Theil der alten Kir-
chenlieder auf lateinischen Texten beruht, wird man der Bequemlichkeit wegen
die lateinischen Originale gern an der Spitze des Werkes sehen, auf welche
in den folgenden Bänden immer verwiesen ist Bedenklicher ist, auch wenn
man den Kegriff Kirchenlied nicht allzu enge fassen will, die Erweiterang
des deutschen Programms. So beginnen die deutschen Texte mit 19 Nummern
aus Otfned. Das ist kaum su billigen; höchstens hätten diejenigen Stöcke
an^g^ommen werden können, in denen 0. den Refrain anwendet, die er also
offenbar zum Singen bestimmt hatte. Auch die massenhafte Aufiiahme von
Sprüchen der Minnesänger, die über religiöse Dinge handeln , die aber mit
der Liederdichtang nichts zu thun haben, war unnothig, und es ist dadurch
der ohnehin so bedeutende Umfang des Werkes ganz unnütz angeschwellt
worden. Zusätze und Berichtigungen im einzelnen lassen sich in grosser An-
zahl machen. Die Chronologie und Datierung ist oft seltsam und wenig be-
gründet Ich kann hier natürlich nicht das ganze Werk durchgehen ; ich be-
schränke mich daher auf den zweiten Band, welcher das Mittelalter und den
Anfang des 16. Jahrh. umfaßt. Mit welchem Ghrunde Nr. 45 (2, 44) ins
12. Jahrh. gesetzt ist, vermag ich nicht einzusehen; die Hss. gehen nicht
über das 13. Jahrh. zurück und älter ist nach Stil und Kunst, diese Bear-
beitung des 51. Psalms sicher nicht. Unbenntit und unbekannt geblieben
LITTERATÜR: PH. WACKERNAGEL, DAS DEUTSCHE KIRCHENLIED. 251
ist eine Erlauer HaDdachrift des 1 4. Jahrh. , welche im Anzeiger för Kunde
der deutschen Vorzeit 1856, 101 erwähnt wird. Aach Nr. 46 und ff. werden
ganz grundlos ins 12. Jahrh. gesetzt. Die Conjectur zu 47, 3, 1 wird schwer-
lieh Beifall finden. Nr. 51, bei Wackemagel einem alten Drucke um 1470
entnommen, ist, was W. entgangen, nach einer Nürnberger Handschrift in
meiner Ausgabe der Erlösung S. LXVlJi in besserem Texte (rgl. die letzte
Zeile) gedruckt. — Nr. 54, 1 ist natürlich das gynne des alten Druckes in gym-
me {: stijmme) zu verwandeln, ein Beweis, daß der Drucker ein älteres Ms.
vor sich hatte, das er nicht verstand. — Nr. 57 war nach derselben Münchener
Handschrift schon in K. Roths Denkmälern S. 47 gedruckt — Nr. 58 ist über-
sehen, daß diese Bearbeitung der zehn Gebote sich auch in einer Wiener
Handschrift findet; W. hat eine Leipziger und eine Münchener benutzt. —
Von Nr. 428, der Regenbogen beigelegten Veronica, scheint W. nur alte Drucke
zu kennen; er gibt den Text nach einem von 1497, mit Hülfe der verschiedeneu
Handschriften und Drucke wird sich ein ungleich besserer Text des nicht
uninteressanten Gedichtes herstellen und auch endgültig feststellen lassen,*
ob die Attribution an Regenbogen berechtigt ist oder nicht. — Die aus einer
Dresdener Hs. des 15. Jahrhs. unter Nr. 430 ff. mitgetheilten Meistergesänge
gehören sicherlich erst diesem, und nicht dem Anfang des 14. Jahrhs. an,
in welches sie W. (unmittelbar nach Regenbogen) setzt. — Das Gedicht der
sSle wirdikeit ist Nr. 452 nach der Münchener Hs. cgm. 142 gegeben; dabei
aber übersehen, daß das Gedicht auch in der Handschrift von Alberts Ulrich
steht, wonach es Schmeller 8. VUl hat abdrucken lassen; die Benutzung
derselben wäre, abgesehen von ihrem höheren Alter, schon wegen der Lücken
in cgm. 142 nothwendig gewesen. — Das Gedicht S. Bernhards Klage (Nr. 454)
ist nach meinem Texte (Erlösung S. 225 ff.), der einer Nürnberger Hs. ent-
nommen war, wieder abgedruckt; die Existenz zweier anderer Handschriften
(in München und Donaueichingen) ist mithin W. entgangen. — Nr. 456 war
nach derselben Gießener Hs. schon durch Weigand bei Haupt 6, 480 ff. her-
ausgegeben worden, was Erwähnung verdient hätte. — Nr. 541 steht nicht nur
in der Hs. des germanischen Museums, londem auch in der Wiener 2880
(Hoffmann S. 161) und war darnach durch Kehrein schon 1853 herausgegeben.
— Nr. 547, vom Mönch von Salzburg, gibt W. nach drei Handschriften, einer
Wiener und zwei Münchenei ; unbenutzt sind geblieben zwei andere Münchener,
die W. nicht gekannt zu haben scheint, und vielleicht eine Klostemeuburger,
die, wie ich glaube, das Lied auch enthält. — Nr. 553. 554, ebenfalls von
dem Mönch, steht nicht nur in den vier von W. benutzten Texten ^ sondern
noch in vier weiteren, die ihm entgangen sind. — Ganz besonders auffallend
ist, daß W. von der Existenz des Bruder Hans und seiner von Minsloff her-
ausgegebenen, von Bech in dieser Zeitschrift eingehend recensierten Gedichte
gar keine Ahnung zu haben scheint; denn er druckt 8. 772 ff. die Gedichte
des Bruder Hans anonym nach einer Kölner Handschrift ab; und selbst die
Schlußbemerkung zu Nr. 1023 'Hans könnte der Name des Dichters sein
hat ihn nicht auf den richtigen Weg gewiesen«
Zu tadeln ist femer, daß W. die Refrains nicht mitdmekt: er verweist
sie, als wäre es etwas was nicht zum Liede gehört, unter die Schlußbemer-
kungen. So z. B. Nr. 1217 (wo hinter der ersten Zeile der zweizeiligen
Strophe Maria, hinter der sKweiten Nun hilf um du Jungfnmo Maria immer
252 lilTTERATUB: L. BLUME, DBEB DEN IWEIN DES HABTIIANN Y. AÜEL
m wiederholen war. Wenn man auch nicht bei jeder Strophe den Refirain
abdrucken lassen wird, so gehört es sich doch, daß wenigstens in der ersten
und der letzten derselbe in den Text aufgenommen wird.
Gar nichts in einer Sammlung von Liedern hat Nr. 971 su thun. Denn
das bt nichts als eine wörtliche Proeaübersetzung des Regina coeli laetare*,
wie man aus den mangelnden Reimen deutlich ersieht.
Das Quellen material fOr das deutsche Kirchenlied ist, wie sich beispiels-
weise aus vorstehenden Bemerkungen ergibt, zwar nicht yollst&ndig, aber
doch in grosser Fülle von W. zusammengeh&uft. Damit ist freilich die For-
schung über den Gegenstand keineswegs abgeschlossen^ sie hat im Gegentkeil
an vielen Punkten erst recht zu beginnen. Die chronologische Anordnung be-
darf vielfach der Berichtigung, die Texte der Verbesserung. Eine Menge von
Einzeluntersuchungen lassen sich anknüpfen, z. B. über den Mönch von Salz-
burg, dessen literarisches Eigenthum schärfer zu prüfen und zu sondern ist.
Daß Heinrichs von Laufenberg Gedichte , deren Originalhandschriften leider
1870 untergegangen, durch W. zum weitaus größten TheUe aufbewahrt sind,
ist kein geringes Verdienst seines Werkes. Ja man möchte wünschen, er h&tte
von diesem für das Kirchenlied so bedeutsamen Dichter alles abdrucken lassen;
wir hätten lieber die massenhaften und werthlosen Abdrücke aus v. d. Hagens
Minnesingern entbehrt. Jüngere Germanisten finden in W.'s Werke reick-
liehen Stoff zur Arbeit und Forschung, den sie sich hoffentlich nicht ent-
gehen Ussen. K. BARTSCH.
9ber den Iwein des Hartmann von Ane. Ein Vortrag von Ludwig Blume,
Professor am k. k. akademischen Gymnasium in Wien. Wien. Alfired
Holder 1879. 8. 31 S.
Der Verf. dieser kleinen aber gedankenreichen Arbeit ist uns bereits
aus seiner vor ftnf Jahren erschienenen hübschen Studie über 'Das Ideal
des Helden und des Weibes bei Homer mit Rücksicht auf das deutsche
Alterthum' (Wien. Alfired Holder 1874) vortheilhaft bekannt. Diesmal ist
es ein Hauptwe^ des höfischen Epos, der Iwein, den er zum Gregenstande
einer eingehenden Untersuchung gemacht hat, die für Germanisten wie Ro-
manisten gleiches Interesse bietet
Ausgehend von der Beobachtung, daß die methodische Durchforschung
der ritteriichen Dichtungen nach ihrer culturhistorischen Bedeutung, und zwar
nicht bloß in Bezug auf das Leben einer Nation, sondern in ihrem universal-
historischen Zusammenhange, noch kaum begonnen ist, ja daß die einzelnen
Werke der grossen Dichter selbst mehr auf ihre sprachliche und metrische
aU auf ihre künstlerische Form und am wenigsten auf ihren Inhalt hin ge-
prüft* sind, und daß namentlich die sogenannten Artusromane in dieser Hin-
sicht bisher schlimm wegkamen, legte er sich bezüglich des Iwein die Frage
vor, ob sich eine grundlegende Idee erkennen lasse, auf welche die ganze
Composition des Gedichtes Bezng nehme, und wie hienach rücksichtlich seines
inneren Gehaltes der poetische Werth des Iwein zu bestimmen sei .
Entgegen der Ansicht Lachmanns , daß der französische Dichter des
Chevalier au Ijon dem deutschen überall nur den rohen Stoff gegeben habe,
ist Blume, der selbst eine Arbeit über das Verhältniss Hartmanns zu seiner
LITTERATUR : L. BLUME, ÜBER DEN IWEIN DES HARTMANN V. AUE. 253
Quelle in Aussicht stellt, Tielmehr mit GenriDUs der Ubeizeugaog, daß Hartmann
rücksicblHch des Inhalts, der Idee und Composition des Iwein dem Franzosen
so gut wie alles verdanke. Was er also von Hartmann sagt, gilt eigentlich
vielmehr von Chrcstien und jener ist nar deshalb in den Vordergrund gestellt,
weil die Aufmerksamkeit unserer Literarhistoriker zunächst seinem Werke sich
zugewendet hat.
Über die Idee des Iwein sind die Ansichten bekanntlich getheilt. Wäh-
rend die Mehrzahl der Kritiker eine durchgreifende Idee vermißt, glaubte Benecke
eine solche in den einleitenden am Schluß des Granzen wiederkehrenden Worten
von 8€elde und ire, die bei Chrestien fehlen, zu erkennen. Allein diese Worte
haben, wie auch Blume sieht, mit der Idee des Iwein, wenn eine solche vor-
handen ist, nichts zu schaffen. Richtiger hat Wackemagel geurtheilt, wenn er
'die Kunst bewußter Aufstellung und Versöhnung sittlicher Gegensätze nämlich
der Liebe und des Heldentbumes rühmt. Hierin sieht auch der Verf. den
Wink, der längst hätte den richtigen Weg zur Erklärung des Iwein sollen
finden lassen , und diesem Winke folgte er selbst im wesentlichen bei seinem
Versuche eine leitende grundlegende Idee nachzuweisen.
Nach Blume ist der eigentliche Vorwurf unseres Gedichtes gegeben, in-
dem Gawein den Helden aus dem Zustande seligsten Glückes, in den ihn der
Besitz Laudinens versetzt hat, aufrüttelt und an die Idee mahnt, der sein bis-
lieriges Leben gewidmet war, die Idee des Ritterthums. Zwischen dieser Idee
und der Liebe kommt es nun zum Conflicte, zunächst in der Brust des Helden,
dann aber auch zwischen Iwein und Laudine. Denn während das liebende
Weib nur Liebe ist, und wie es sieh bedingslos, selbstvergessen hingibt, auch
den ausschließlichen Besitz des Geliebten erwartet und fordert, hat es für den
Mann bereits ehe er liebte etwas gegeben, das sein ganzes Wesen in Anspmch
nahm: die Idee, für die erlebt, die ihm nicht angeboren, sondern anerzogen
ist^ deren Dienst ihm die heiligste Pflicht geworden, die jedoch das Weib,
weil es nur Natur ist, nicht begreift und der es sich deshalb, da von dieser
Seite seinem ausschließlichen Besitze des Geliebten Gefahr droht, feindselig
und eifersüchtig gegenüber stellt.
Aber freilich dieser Conflict, der überall eintreten müßte, wo die Liebe
Gelegenheit findet ihre Rechte uneingeschränkt geltend zu machen, wie in der
Ehe, wird gemildert durch die Liebe des Weibes selbst Aus Liebe zum
Manne, gegen seine Empfindung und Einsicht, läßt sich das Weib zu einem
Compromisse bereit finden, tritt es freiwillig vor der Idee zurück. Aber nicht
für immer. Nichts empfindet es schwerer als wenn der Mann den festgesetzten
Zeitpunkt seiner Rückkehr ans der Ideenwelt in die Welt der Liebe versäumt,
wenn er vergißt zurückzukehren. Dann flammt die Eifersucht auf und kann
wohl Liebe in Haß wandeln. Darum ist es nicht Laune , sondern tief in der
weiblichen Natur begründete Empfindlichkeit, wenn Laudine es mit der Iwein
zur Rückkehr gesetzten Frist so genau nimmt, und da er sie versäumt, mit ihrer
Drohung unversöhnlichen Hasses Ernst macht und ihm ihre Liebe aufkündet.
Es ist ein Problem der Ehe, das Blume im Iwein vorgelegt findet.
Wie aber hat es der Dichter gelöst? Der Kampf für Lunete, der
Laudinens sichtliche Theilnahme für den Unerkannten weckt, bereitet die Ver-
söhnung wohl vor, kann sie aber nicht hitrbeifübren. Iwein scheidet unerkannt.
Erst muß er durch glänzende Tbaten die Berechtigung der Idee« der ec fAsaoL^
254 UTTERATUH: L. BLUME, OBER DEN IWEIN DES HABTIIANN V. AÜB.
Liebe hintangesetxt hat, erweisen and so die Achtung seiner Fnn nea er-
werben. Wie aber Chrestien schließlich die Versöhnung wirklich hM-beifÜlirt.
das ist ein Kunstgriff, keine Losung. Dies ist auch offen eingestanden in dem
Bekenntniss Laudinens, weder freiwillig noch durch Zwang hätte sie sieh lar
Versöhnung bestimmen lassen, wenn sie nicht der Eid bände. Das Probkn
bleibt ungelöst, wie Blume meint^ entweder aus höfischer Galanterie wonadi
das Weib zuletzt recht behalten muß oder aus einem Bestreben, das für die
französischen Dichter auch der Gegenwart fast als national gelten darf, geist-
reich zu sein und dabei nicht tiefsinnig.
Ich habe mich im Vorstehenden bemuht, den Gedankengang des Verf.8 mog^
liehst treu und in seinem Zusammenhange erkennbar darzulegen, und mich dabd,
soweit es nothwendig schien, seiner eigenen Worte bedient. Und ich zweifle nieht,
daß der Leser, der meiner Darlegung bisher gefolgt ist, mir beistimmen werde,
wenn ich Blumes Auffassung zum mindesten nachrühme, daß sie geistreich mid
das Ergebniss ernsten tief eindringenden Denkens und h'ebevoUer VerseDkong
in den Gegenstand ist. Für den Iwein aber könnten wir uns nur freuen,
wenn Blumes Auffassung richtig ist; und nicht nur auf das einzelne Gedicht,
auf die gcsammte höfische Epik und die höfische Gesellschaft des Mittelalters
würde von da aus ein überraschendes günstiges Licht fallen. Ich für meine
Person bekenne, nachdem ich Blumes Ausfuhrung wiederholt gelesen und den
Iwein selbst darauf hin wieder durchgegangen, daß dieser G«danke für mich
etwas sehr ansprechendes hat. An der philosophischen Formulirung der Idet>
stoße ich mich nicht. Anders sieht und spricht der Dichter die Idee aus.
anders der Kritiker. Mag sie jenem vielleicht von vornherein in concreter, sinn-
lich anschaolicher Gestalt vorschweben, dieser kann bei seinem analjtischai
und nachconstmirenden Verfahren der Abstraction nicht entrathen, und BegriflBi-
schärfe bt bei ihm eine wesentliche Tugend. Und sollte er dabei sogar über
die bewußten Intentionen des Dichters hinausgehen, darin zeigt sich ja bekannt-
lich jedes echte Kunstwerk in gewissem Sinne unerschöpflich, daß es über den
niehsten beabsichtigten Gebalt hinaus noch auf ein weiteres hindeutet und daß
wir bei jeder neuen Betrachtung etwas Neues entdecken. Worauf es ankommt,
ist, daß der ganze Gang des Gedichtes sich der Idee, welche der Kritiker
darin finden will, ohne Zwang füge. Und das ist bei Blumes Gedanken in
allem wesentlichen der Fall, mag man anch über Einzelheiten vielleicht anderer
Ansicht sein, wie denn ich selbst z. B. über den Kampf mit dem Riesen am
Morgen vor dem Gottesgericht über Lonete nicht ganz so günstig nrtheile wie
Blnme. Auch die Parallele mit der der Weltliteratur angehörigen Geschichte
von der treulosen Witwe und mit der Werbung Annas durch Richard bei
Shakespeare, welche Blume heranzieht, nm das Verhalten Laudinens gegen Iwein,
der ihren Gatten erschlagen, zu rechtfertigen, ist zwar zutreffend, ob aber da-
mit jeder ästhetische Anstoß gehoben ist, darüber Hesse sich doch noch
streiten. Dies alles aber berührt die Hauptsache nicht, und darum begnüge
ich mich anch anf die Parallele mit R. Wagners Lohengrin nur hinzuweisen.
(S. 25 f.)
Nach einer Richtung aber bleibt die Anerkennung der kleinen Schrift
sogar nnabhängig davon, ob man ihrem Hauptresnltate zustimmt oder nicht.
Das ist der ganze Geist, aus dem die Untersuchung unternommen ist und welcher
sie durchdringt. Wir werden ans wohl hüten aof die arbeitsvolle Zeit, welche
MISCELLEN. . 255
die altdentschen DichtungeD TorwiegeDd auf ihre sprachlichen und metrischen
Eigenthümlichkeiten untersuchte und welche sich begnügte sie in einer der
ursprünglichen Form möglichst nahe stehenden Gestalt der Nachwelt zu übcr-
liefern; etwa je geringschätzig und undankbar herabzusehen. Aber wir werden
auch gut thun uns zu erinnern, daß jede Dichtung zunächst bestimmt ist als
Kunstwerk aufgefaßt und genossen zu werden ^ und daß alle jene hingebungs-
volle Arbeit ihrem letzten Zwecke nach doch dem poetischen Verständnisse
dieser Werke zu dienen hat. Wie weit sie eine Prüfung nach dieser Richtung
zu bestehen Termögen, ist abzuwarten. Wenn wir auch die Verurtheilnng , die
so viele von ihnen getroffen, bei erneuter gründlicherer Prüfung lediglich zu
unterschreiben haben sollten, so ist der Gewinn, welchen die historische Auf-
fassung jener ganzen Zeit nach den verschiedensten Gesichtspunkten aus solchen
Studien ziehen müßte, an sich reich und lohnend genug. Und darum wollte
ich das meine beitragen, daß nicht nur der hübschen Arbeit die verdiente
Theilnahme werde, sondern daß auch die anregende Wirkung, welche der Verf.
wünscht; zu seiner Freude nicht aasbleibe.
PRAG, 23. Februar 1879. H. LAMBEL.
MISCELLEN.
Aas Rostocker Handichriften.
1.
Dit bet scholtu lesen vor enem ghuden ende.
Grotet sistu leue here [ihesu criste]
dor diner leuen moder ere,
slut up mjn herte unde sin
unde lat den hillighen gheyst dar in,
5 de myn leoent so beware
dat id an der enghele schare
ane ende vrolik bliue;
so wan myn sele van desseme lyne
mot na dineme bode varen,
10 so motest dn se here bewaren.
eja here ihü crist^
de du en schepper aller dinghe bist,
ik bidde di dor dinen dot
unde dor dine groten not,
15 dat du mj willest gheuen
en so dan leuent
dat ik to diner vorderen haut
mit den rechten jummer werde bekant.
in den suluen standen
20 wen da dine wanden
256 MISCELLEN.
walt toghen oaer uns armen,
80 lat di dat vorbarmen
oft ik gicht hebbe gbedan,
seten ghan edder atan,
25 dat wedder dine bolde si:
dat vorghif leue here my
unde lat my wesen so gheboren
dat ik werde myt den rechten ghckoren
de dines vederliken (1. vader rikc)
30 scbolen besitten ewicbliken.
Eya maria maghet rejne,
sint dy god dar to alleyne
ut alle der werlt heft ghekoren,
dat he wolde van di werden gheboren,
35 Da bist vul odmodicheyt,
thoghe denne dine barmehartichheyt
unde wes unser armen trost,
dat wy van p3men werden lost.
lat ans des ok gheneten
40 dat da bist gheheten
en vroawe boaen allen vroawen.
ghif my myner sunde rouwen.
ok so bidde ik di,
dat myneme leuende si
45 [salicb] en salich ende io jammer bi.
in godes namen. Amen.
Aus der Handschrift IV. 1. 7 (perg. 14. Jahrb.) der Kostocker Univer
sitätsbibliothek.
2.
In hemmele und an erden
kan nemant recht vrolik werden
ane de herten reyne:
de moghen syck vrouwen alleyne,
5 wente ewicb scolen se schouwen
Xpm, se syn man effte vroawen.
selich is de doghentheyt,
tucht und ere io besteyt.
wor de lere tnchtich is,
10 dar is god, des sy ghewys.
leve is eyn metich (1. mechtich) knith :
wat se beroret, dat wart trud.
wyl wy uns hir in leve vorbyndcn,
so moghe wy uns myt gade vynden.
15 des helpe uns Cristus dorch synen doet,
dede uns hefft vorloset uth aller no^t.
Aus Handschrift IV. 1. 28, vor einer niederdeutschen Auslegung des
hohen Liedes. K. BARTSCH.
METRISCHE BEMERKUNGEN.
I. Zur Alliterationspoesie.
Seit dem Erscheinen von F. Vetters verdienstvoller Arbeit «Zum
Muspilli und zur germanischen Alliterationspoesie^ sind 5—6 Jahre
vergangen ; dieselbe hat auf die seitdem erschienenen metrischen Unter-
suchungen von K. Hildebrand und Ed. Sievers, von M. Rieger und
lUchard Hörn*) vielfach anregend eingewirkt; natürlich nicht, ohne im
Einzelnen Einschränkungen, Widerlegung oder doch Widerspruch zu er-
fahren. Auch bei mir hat sich im Laufe der letzten Jahre eine Summe von
Betrachtungen und Überlegungen gesammelt, die im Ganzen und Großen
den von Vetter eingeschlagenen Weg — vor Allem seine energische
Opposition gegen die Vierhebungstheorie — nur bestätigen können, in
Einzelheiten aber — und in nicht ganz unwesentlichen — auf eine etwas
andere Formulierung mancher metrischen Grundsätze hinauslaufen.
Der Charakter dieser Neu-Formulierung würde sich kurz als ein Ver-
folgen der von F. Vetter theils zuerst theils wiederum vertretenen Auf-
fassung des germanischen Versbaues bis zu ihrer theils unvermeidlichen,
theils allein genügenden Consequenz bestimmen lassen. Um aber zu
diesen Consequenzen zu gelangen, muß man aufhören, einerseits die
Vierhebungstheorie, andererseits den Vers von zwei Hebungen als a
priori gegeben zu betrachten. Wenn es F. Vetter gelungen ist, die
Vierhebungstheorie, auf den_Tod zu verwunden, so ist es ihm, meine
ich, nicht gelungen fUr den Vers von 2 (resp. 3) Hebungen überall
die wünschenswerthe Beweiskraft beizubringen**). Gleichwohl werden
gewöhnlich diese Grundfragen nicht weiter emsüich erörtert, man be-
ruhigt sich bei der scheinbaren oder selbst wirklichen Übereinstimmung
Mehrerer in solchen Fällen und richtet die Untersuchung mit Vorliebe
auf Einzelheiten des Systems. Auf diese Weise kann sehr Beachtens-
*) Vgl. Zachere Zeitschrift ErgSiunmgsb. 1874 (p. 74 fg.); Zeitschrift fOr deut
sches Alterthnm XIX, 43 fg. ; Zachers Zeitschrift YD, 1 fg. ; Paul V, 164 fg.
**) Vgl. auch Bieger a. a. O. VII, 1.
«EBMANU. Nene B«ihe. HL (XXIV. Jahrg.) Yl
258 E. WILKEN
werthes geleistet werden; schon die Fülle des zur Besprechung ge-
brachten metrischen Materiales kann unter Umständen sehr dankens-
werth sein; abschließend und erschöpfend können aber derartige Unter-
suchungen solange schwerlich genannt werden, als über die Funda-
mentalfragen der altgermanischen Metrik noch immer ^ und wie ich
meine mit Recht, gestritten werden kann. Denn bei einer anderen
Beleuchtung des ganzen Gebietes erscheint natürlich auch das Ein-
zelne oft in einem ganz anderen Licht. Sollte es überflüssig sein,
gerade diese Hauptfragen noch einmal einer kurzen, aber wie ich
hoffe nicht ungründlichen, Erörterung zu unterziehen?
^eger ging mit Recht von Snorri's leider sehr gedrängter Be-
handlung~der Alliteration in Hdttatal C^^7 aus. Aber so gedrängt
dieselbe ist; so läßt sich gleichwohl Mehr daraus lernen , als bisher
geschehen zu sein scheint Es genügt nicht, das dort gebotene Ma-
terial exegetisch zu verwerthen; man muß ebensosehr das dort nicht
Gesagte beachten, wenn es so wichtig ist, daß es so zu sagen zu
unserem metrischen ABC gehört. Snorri theilt die Strophe in 4 Vier-
telstrophen, jede Viertelstrophe in zwei Sätze (oder Zeilen; buchstäb-
lich Strophen- Worte : visuord), flir jeden Satz werden sechs Silben
verlangt; fiir den Stabreim wird im zweiten Satze ein Hauptträger
(Hauptstab), im ersten Satze aber ein doppelter Nebenstab oder zwei
Stützen (studlar) verlangt. Über den verschiedenen Modus bei voca-
lischem und consonantischem Stabreim wird noch kurz gehandelt, aber
mit keinem Worte der Möglichkeit — geschweige denn der Regel —
gedacht, daß ausser den gereimten Stabwörtem noch andere, neuer-
f/^^ dings so genannte ^reimlose Stäbe^ vorhanden sein sollten. Dies Be-
' denken wird auch dadurch, daß Snorri zunächst skaldische Allitera-
tionspoesie vor Augen hat, in keiner Weise erledigt; dieser strengere
Kunststil konnte sehr wohl die Forderung von 6 Silben für jeden Satz
der Strophe, nicht aber die Umgehung des rhythmischen Gesetzes von
angeblich stets 2 Hebungen veranlassen. Es ist klar, daß Snorri,
der C. 168 — 171 Beispiele von Fomyrdalag, Bälkarlag, Starkadarlag
und Ljödahattr bietet, mit Bezugnahme auf seine früheren Angaben,
fUr dieselben keine wesentlich andere Auffassung kennt als für den
Dr6ttkv«dr hättr; also den Satz nur in Silben theilt, bei den Silben
aber (abgesehen von milfylling) nur die Existenz oder Nicht-Existenz
des Stabreimes in Anschlag bringt und von einer festen Anzahl geho-
bener Silben in wenigstens theilweiser Unabhängigkeit von den Reim-
stabsilben sich durchaus Nichts hat träumen lassen. Und doch hätte
eine Technik, die sogar die früher freigelassene Zahl der Silben eines
METRISCHE BEMERKUNGEN. 259
Satzes überhaupt zu fixieren suchte, sicher ein schon bestimmtes Zahl-
verhältniss der Hebungen nicht fahren gelassen*).
£s sträubt sich gewiß etwas in uns gegen die schwankende Zahl
der Hebungen von 1 — 2, ja in den längeren Verszeilen bis 3; wir ver-
langen (um mit Rieger zu sprechen) ein festes Gerüst neben der zufölligen,
willkürlichen Umkleidung derselben durch die Senkungen. Richtig ist
zwar, daß eine Verszeile ohne Hebung überhaupt nicht denkbar ist,
während die Senkungen bekanntlich in der freieren Allit.-Poesie alle
fehlen dürfen — aber weiter zu gehen sind wir mit unserer Ordnungs-
liebe nicht berechtigt. Es liesse sich im Gegentheil sogar behaupten,
daß die freie Auffassung der Senkungen eine ähnliche der Hebungen
voraussetze, daß auch hier kein abstractes Zahlenverhältniss gelten
könne, daß zwei Hebungen in einer Verszeile recht wohl das Gewicht
einer einzigen in einer andern Zeile beanspruchen dürften, daß schon
die Formel 2 -{- 1 hierauf hinführe u. dgl. m. — So verzweifelt ich
auch die Amelungsche Betonung h^lägna g§st (bei Zacher HI, 282)
als Rettungsmittel für die Lachmannianische Vierhebungstheorie be-
trachte; das Princip einer musikalisch-rhythmischen Auffassung auch
der Hebungen muß ich als durchaus richtig anerkennen. Wie wenig
in der altnordischen und angelsächs. Poesie an und fiir sich die Zwei-
oder Vierhebungstheorie begründet ist, folgt schon daraus, daß ein so
gründlicher Kenner derselben wie Rask von zwei langen Silben (statt
zwei Hebungen) sprach, die sich in der Verszeile des Fornyrdalag finden
müßte. Diese Ansicht, welche einen noch engeren Anschluß an die
antike Metrik verräth als die Lachmannsche, bedarf heutzutage wohl
keiner Widerlegung, unbefangene Betrachtung wird einräumen, daß
die Forderung von stets 2 Hebungen kaum minder willkürlich ist.
F. Vetter war S. 19 nahe genug Dasselbe zu sagen, wo es heißt: ge-
eignet war eine bestimmte Anzahl von Hebungen, um bei einer reicheren
Gestaltung der Melodie, beim cantus firmus statt des bisherigen Reci-
tativs u. s. w. Gleichwohl heißt es dann S. 24: wesentlich für die
alliterirenden Verse sind nur zwei gehobene Silben. Aber warum
zwei? Ist die Stelle aus dem ags. Phoenix (V. 667 fg.) mit den latein.
Versen neben den angelsächsischen etwa dafUr entscheidend? Im Gegen-
theil wäre eine Betonung wie mör^ri nur bei wirklichem Gesänge allen-
falls denkbar, bei recitativischem Vortrage ist nur mer^ri oder (dem
*) Vielleicht ist übrigens die Silbenzählang in der Metrik überhaupt das filtere, |
die Licenz der Volkspoesie jüngeres Princip. Vgl. Scherer zur Qesch. p. 159. /
260 B- WILKEN
Stabreime zu Liebe '^) m^reri denkbar, ebenso ist aber auch die Be-
tonung })ät ye motan her, hafad us älyfed rhythmisch nicht nur voll-
berechtigt, sondern weit wirksamer und wohltöoender als häfad us
adyfed, })ät ve motan hä: — welcher Nachdruck liegt denn auf den
Hilfszeitwort hafad**)? Ich glaube, wer Betonungen wie kdmö tiio^
härt6 wis^, p6hh^s pink (Musp. 20—22) ablehnt, wird überhaupt einer
Heranziehung des Tieftones nicht das Wort reden, und ebensowenig
gawiirchknne (Wess. 16), ^omkhtig (Hei. 31) lesen dtlrfen. Der
letzten Kategorie gehören auch die zahlreichen Composita wie Judeono
liudio, Ebreo-liudi (Hei. 97, 104), ellean-ruoba (Hei. 69) und so manche
rhythmisch völlig gleich werthige Verbindungen an wie räd burda (71),
LSvias cunnes, Jacobas nenneas, guodero thiodo (74 — 75) u. s. w. an;
in allen diesen Fällen wird, wer nur den Versuch macht, statt mit dem
Auge, vielmehr mit dem Ohre über metrische Fragen zu entscheiden,
einfach durch rhythmischen Vortrag sich von der Berechtigung der
hier vorgetragenen Ansicht, die (wie gezeigt) mit derjenigen eines
Snorri identisch ist, überzeugen können. Allerdings werden hier und
da einige Worte, die grammatisch betrachtet, nicht völlig bedeutungslos
sind, sich keiner Hervorhebung durch den Stabreim erfreuen, aber ebenso
imberechtigt, wie die Forderung einer arithmetisch feststehenden An-
zahl von Stäben (wenn wir nicht nach der Formel Snorri's 2 -f- 1 gehen,
dann aber die Silbenzahl überhaupt festsetzen wollen), ist die andere
Meinung, daß der Stabreim überall mit der logisch-grammatischen Be-
tonung sich decken müßte. Letztere Ansicht weist im Principe selbst
Lachmann (kl. Sehr. I, 139) zurück, wenn er im Gegensatze vom
Endreim^ der dem Inhalte diene, von der Alliteration rühmt: ^sie herrscht
und hebt das Einzelne mit wunderbarer Kraft hervor, oder wenn er
(S. 137) nur verlangt, es ist natürlich, daß die Buchstabenreime „wo
möglich'' auf die bedeutenderen Wörter fallen müssen^. Denn bei
einem rhythmischen Kunstmittel, wie dem Stabreime, ist es ja von vorn-
herein gar nicht denkbar, daß dasselbe mit den Interessen der gram-
matisch-logischen Betonung sich überall ohne Weiteres gedeckt habe.
Gerade formelhafte und daher füglich wohl als alt zu betrachtende
Wendungen wie on })äm dage })ysses llfes Be6v. 197 fügen sich nicht
immer dem grammatischen Principe; im Anfange der frymskv. (1, 3)
müssen wir stns hamars (um saknadi) gegen die grammat Geltung
*) Die Anwendang derselben in unserem Falle hat natürlich etwas spielendes
nnd kfinstliches.
**) V. 668 wäre anch mötun h6r rhythmisch allenfalls denkbar, aber nicht mOtun
h4r, wie Vetter ansetzt.
METRISCHE BEMERKUNGEN. 261
des Pronomens, ähnlich Vegtamkv. 13, 2 sem ik hugda betonen, wo
wenigstens kein besonderer Nachdruck auf dem Pronomen ruht. Richtig
ist nur, daß die germanische Metrik allerdings einen derartigen etwas
schroffen Widerstreit zwischen logischem und metrischem Accent nicht
gerade liebt, und denselben nur ausnahmsweise duldet. Wer möchte
aber leugnen, daß in allen solchen Fällen die Ausgleichung des
Widerstreites wesentlich durch schwebende Betonung, die dem einen
Worte ebenso viel nimmt als sie dem andern über das gewöhnliche
Maß der Prosa zutheilen muß, erleichtert wird, daß eine Betonung wie
^k hugda fast als angenehme Abwechslung neben dem ek hugda der
Prosa klingt (auch nhd. läßt sich ja sagen : wie ich dachte) während
ein ^k hugda eine selbst flir Prosa, wie vielmehr für ein Becitativ un-
erträglich schwerfällige Betonung wäre? Unter dieser Wucht der Be-
tonung würde namentlich die (kürzere) ags. und an. Verszeile völlig
zerdrückt sein, die bekanntlich oft nur 4, bisweilen selbst 3 oder
2 Silben zeigt, z. B. ä Gimle (Völ. 66, 4), seomodon Gen. 72, fär Noes
ib. 1323. - Zweisilbige Verse sind z. B. Häv. 75, 1 ; Sigrdr. 37, 4. —
(Die L. E. citiere ich nach Hild.)
Allerdings aber werden wir, wie in den Fällen wirklichen Wider-
streites mit dem Wortaccent einen Ausgleich durch schwebende Be-
tonung (die eben nur durch Zurücktreten des Wortaccentes in diesen
Fällen möglich wird), so auch dort, wo grammatisch bedeutsamere
Worte im Stabreime nicht zur Geltung zu kommen scheinen, an ein
Verfahren denken dürfen, wie diesem Ubelstande in etwas kunstmäßigerer
Weise als durch die unbedingte Festhaltung jedes Hochtons auch als
metrische Hebung abgeholfen werden könnte. Dies Mittel liegt bei
der ohnehin zur Amplification neigenden epischen Ausdrucksweise nahe
genug, es beruht in der Voraufnahme oder Wiederholung desselben
Begriffes, der in einem bestimmten Verse rhythmisch ohne Hervor-
hebung bleiben mußte, sei es in einem voraufgehenden oder einem fol-
genden Verse. Dabei kann natürlich von Synonymen nach Belieben
Anwendung gemacht werden. Als Beispiel fUr die Voraufnahme dienen
fg. Fälle aus dem Beövulf (426-428):
Ic |>e nn pk,
br^o B^orhtdena bfddan ville
^odor SkyldiDga ftnre bdoe.
Im letzten Verse bleiben zu Gunsten der rhythmischen Wirkung
Skyldinga sowie b^ne ungehöben, unbeschadet zugleich des gramma-
tisch-logischen Gewichts dieser Worte, da für Skyldinga das Synonym
Beorhtdena schon dem Ohre rhythmisch eingeprägt ist und das be-
JtOJ) B. WILKKN
Kriflfticko Monunit von bonc p^leichfalls schon in dem rhythmisch ge-
hoht^iuui hiililun dos vorhorgohendeu Verses involviert ist. In V. 428
hntto dor Dichlor dorn Uodauken nur die Nuance „um Eines^ noch
«uOlKon woUon; um dioa poetisch ausBudrUckeUi war zun&chst der Vers
Aim« b^no , dann «ur Completierung auch die synonymische Wieder-
holuuK von hv\^f^\ IU^)rhtdona nöthig. (Qana ähnlich tritt 464 Ar-Skyl-
diniia als Syaonym «u dem Silddena von 403, um einen Reim zu fAwL
«u hildf>n*) V^l man mit V. 427 — 28 den ähnlichen Gedanken , wie
«ir Siitkv« *k« (A 1 ^^ bogognct, so ist das Verfahren dort ganz analog,
nur ruht d<ur Maclidruck dort auf der «letzten^ Bitte. — Öfter noch
k^^iniut das oiustwcil«u rhythmisch vemachl&>sigte Wort in einem der
t^^lTt^d^) V<ur»o tu »«iuom Rochto, so kann madelode 499 ungehoben
MtvibM) « da AOl <vuband b«adurüno noch deutlicher den B^riff der
(fifjudlioh j;^4riohl<olcn') Ked« auj^drUckt. Wenn SOG richtig vunne als
VfNTMcldm^ );ih man kann nämlich das Wort auch mit dOT verbinden
^> i«: ^{^)<'4))aU$ ;»cbor, daß noben den beiden hier scharf beUmtes
JVr^WttW'Ä IWvulf XMui Rivca kein andexej^ Wort irgendwie eine rijtii-
«aix'b^ H<^rv<vrb^kun4: xvnrä^^ ohne den Wohllaut des Ver&es za
«uVhMUs l>a» in xuium' b<^ndo B^^rnffEHiK^nent wird dann aber
KVs^PNmWjh bi)iiy^u^b<ttd ui^Mt. Ebenso braucht 546 cejildo»! keäz»
Tt^^dnai^o Hf^Ktt;'^^^ wvil die ^, äw>w Verse in SynonyiiMai den Ob»-
vrakttr «^M^ \Vüt»(4ii»M: pN&:^$^:&d «nd xaii i^Ythsui^iwas X&cbdz<Dc:kf ^or-
l^biv«^ IXuitfi^W V<4^üLtita$äEi Mi:t »c^ uns im Hioazrd, -Lztä luLrisD
ISaML <^b»i^ Ni>ü; ^«^ w<teii^4^^:n^^SM:»e AinjCiäcasswiZ; Sft^ eipiscbäL Scika»
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IfETRISCHE BEMERKUNGEN. 263
wundete an der Spitze seiner Schaar stand; 4877, daß er Malchus
hieß; 4878, daß er an der rechten Seite und zwar (4879) am Ohre
verwundet ward. Während 4880 — 82 die Verwundung dann genauer
in ihrer äusserlichen Erscheinung schildern , wird im Folgenden noch
die Wirkung auf die Zuschauer der Scene uns vorgeführt. Die schein-
bare und (in gewissem Sinne) wirkliche Weitschweifigkeit dieses Ver-
fahrens zeigt uns nun die Kehrseite jenes von Lachmann gerühmten
Vorzuges, daß der Stabreim das Einzelne wunderbar hervorhebe, er
vermag aber zur Zeit immer nur Einzelnes zu urgieren, und muß Eines
nach dem Andern unter den durch den Versbau gegebenen Bedingungen
vorführen, wenn er seine Wirkung erweitern will. Dem Vortragenden
bleibt es dann überlassen; durch ein rascheres Hingleiten über die
nur aus metrischen Gründen geforderten Verstheile der Ermüdung
des Hörenden vorzubeugen, ja vielmehr durch jenes raschere Tempo
ein Colorit unruhiger Erregtheit über die betr. Textstelle zu breiten,
die unter Umständen (so gerade auch H51. 4874 f.) natürlich oder
geradezu nothwendig ist. Das raschere Tempo läßt auch die verschie-
denen, durch den Reim gehobenen, begriflFlich verwandten Worte sich
wieder näher rücken und erleichtert so auch dem Hörer ihre Ver-
knüpfung zu einem in der Vorstellung abgeschlossenen Gesammtbilde.
Anschaulich für das Verfahren der Alliterations-Poesie ist auch der
neuerdings wiederholt besprochene Hymnus Cädmons in nordhumbr.,
westsächs. und lat. Aufzeichnung. Die letztere ersetzt (vgl. Zupitza
Zeitschrift für deutsches Alterthum XXH, 221) mehrfach 2 oder 3 Sy-
nonyma der ags. Fassung durch einen lat. Ausdruck, weil eben nur
die ags. Alliteration zu jener Amplifikation des Stiles geführt hatte.
In der abd. Poesie treflFen wir Ähnliches an. In Wess. 6 (Müll.)
könnte man sich wundem, cot rhythmisch ungehoben zu finden. Er-
wägt man aber, daß ilmahtico schon als ein Synonym dazu gelten
kann, manno miltisto desgleichen, so schwindet das Bedenken. Da
V. 8 cöotliche : cöt rhythmisch gehoben erscheinen , liegt sogar eine
Feinheit darin, daß V. 6 sich eine andere rhythmische Aufassung
findet. — Hild. 5 wäre allerdings „suert** wohl besser rhythmisch ge-
hoben, als gurtun; man muß und kann aber in diesem Falle gürtun
sih (iro) suert ana als änen Begriff, als ein rhythmisches Compositum
ansehen, welches dann richtig auf dem ersten Theile betont ist, wenn-
gleich diese Voranstellung des Verbums vor das Substant. (ohne Stab-
reim) immerhin dem gewöhnlichen Gesetze metrischer Wortstellung
(vgl. w. u.) nicht entspricht. — V. 13 könnte man fragen, warum „al
irmindeot^ in rhythmischer Senkung steht. Das Object des Rennens
264 £• WILKEN
ist aber schon im vorhergehenden Verse rhythmisch betont: ik m! de
ddre wSt; das dort rhythmisch vemachlftssigte wdt kommt V. 13 in
dem synonymen Ausdrucke chüd (is m^) zu seinem rhythmischen Rechte.
Auch will der alte Hildebrant offenbar nicht sagen, daß ihm das ginae
Menschenvolk bekannt sei; al irmindeot steht hier ähnhch abgeschwächt
wie etwa im Französ. tout le monde. ^ Daß V. 14 (ähnlich 36, 45;
vgl. auch 7) der Name allein rhythmisch gehoben ist, nicht gimahalta,
versteht sich so zu sagen von selbst; ich möchte aber nach dem G^
brauche unseres Liedes denn doch nicht das im H§L so häufige quad
he (z. B. 4821) mit M. Rieger ftlr spätere Zuthat erklären , nur bei
rascherem Wortwechsel (vgl. Hild. 58) scheint der epische Stil die An-
deutung der jedesmal sprechenden Person als unnöthig oder störend
zu empfinden. Die VV. 59 — 62 geben schöne Belege ftlr unsere Auf-
fassung. In V. 59 ist w^l lustit ein rhythmisches Compositum , ähn-
lich unserem nhd. Subst. Wollust. In V. 60 bleibt gudeä rhythmisch
gesenkt, weil es das betonte wiges (V. 59) nur formell wiederaufnimmt,
gehoben wird hier das (eine neue Begriffsnüance darstellende) Adj.
gimeinün. — Die Worte niuse de mötti glaube ich auch (vgl. Rieger
Germ. IX, 310) nur als eine etwas entstellte, aber der as. Formel he
niate ef he moti (Hei. 224) entsprechende Wendung fassen zu dürfen*).
Ist dies für die rhythmische Auffassung auch anscheinend irrelevant,
so ist doch in diesem Falle die Betonung mötti doppelt gerechtfertigt,
man vgl. nhd. „Freue sich wer kinn!* — Das niuse wird dann im
Folgenden näher ebensowohl grammatisch wie rhythmisch erläutert,
wo nun wiederum muotti (= mötti) unaccentuirt bleibt, weil es hier
reines EUlfszeitwort ist. Auch V. 62 ist briinnono bödero mit Recht
rhythmisch gehoben, weil sowohl die Brttnne als Hauptstück der Beute
wie namentlich die Aussicht auf die beiderseitige Ausrilstung für den
Sieger noch besondere Hervorhebung verträgt, während waltan (weil
nur schwächeres Synonym fQr sih hruomen) billigerweise nur die Cadenz
ftült. — Musp. 37 bietet mit der Betonung weroltr^htwison eine Aus-
nahme von meiner, aber auch von der Vetter-Riegerschen Auffassung.
Offenbar ist das Wort für die regelrechte Betonung weroltrehtw. zu
\ schwer und lang geworden, wie wir im Nhd. jetzt öfter schon bei
dreisilbigen Worten zu einer ähnlichen Tonversetzung flüchten, und
z. B. (im Hannoverschen) Kreishaüptmann für Kreishauptmann sagen.
^) Daß far mötti im folgenden Vene muotti begegnet, kann bei der schwan*
kenden Schreibweise des Denkmales (frdt6ro 8, frote 16) nicht aoffaUen, de = the
as.; ninse snnSchst -= ahd. niose. (So jetzt auch Sievers.)
BfETBISCHE BEMERKUNGEN. 265
V. 38 kann „pägan^ mit Recht verklingen, weil der folgende Vers
auf den Kampf noch deutlicher hinweist. Ebenso wird 46 pivallan
durch das folgende synonyme sigalds werdan rhythmisch vertreten.
V. 50 ist Eliases pluot als rhythmisches Compositum zu fassen. Auch
V. 51 fg. (der himil noch zu V. 53 zu ziehen) ist eine zwar massige,
aber noch nicht ganz gesunkene Technik zu finden. In Anfang und
Schluß der Schilderung werden Substantiv und Verbum gleichmässig
gehoben; in der Mitte entweder nur die Substantiva (^rdu : ahä 52,
mäno : mittilagart 54) oder zwei begriffiich verwandte Verba (farswil-
hit sih : swilizöt 53) rhythmisch gehoben , vgl. jedoch noch w. u. —
Aus Stellen wie H^l. 2593 (wo das zunächst rhythmisch gesenkte erda
2595 im folgenden Verse synonymisch durch allaro bewo bredöst mit
rhythmischer Hebung wiederholt wird) oder 3700 fg. läßt sich die kunst-
massigere, freilich etwas compliciertere Behandlung derartiger Schilde-
rungen im Hei. erkennen ; wenn 3701 afstät rhythmisch gesenkt bleibt,
so liegt die Erklärung wohl darin, daß „ni afstdt nigcn^ hier nur den
in f^Uiad schon rhythmisch accentuierten BegriflF variiert, während
Musp. 55 st§n ni gist^ntit noch mäno vallit sich in einer andern Lage
befindet*). Man sieht, wie auch hier der Wechsel der Betonung
keineswegs auf Willkür beruht. Die herrschende Ansicht (vgl. z.B. Hein- 1
zej, Über den Stil der altgerman. Poesie p. 4, 5) vermag in der Häufung [
der Synonyma lediglich ein pathetisches Moment zu erkennen, fdr j
sie ist pehhes pina Musp. 22 lediglich ein Schmuck, eine Wiederholung/
von hella fiiir in V. 21. Wie anders, wenn wir in 21 h^Ua fuir, in 22
pehhes pina lesen — da ist nichts Überflüssiges mehr.
Nicht ganz analog ist das Verhältniss in der an^_AUiterations£oesie.
Hier hat schon die feststehende Strophenform einen etwas gleich-
massiger gemessenen Vortrag der einzelnen Verszeilen erfordert, als
dies bei der stichischen Poesie der Hochdeutschen, Sachsen und Angel-
sachsen, die ich mir (mit Vetter) nicht gesungen, nur im freieren Re-
citativ vorgetragen denke, der Fall war. An wirklichen Gesang ist
zwar nach Dem, was wir über die Vortragsweise der färöischen Lie-
der, der jetzt ausgestorbenen isländischen Tanzweisen u. s. w. wissen,
auch bei den Edda-Liedern schwerlich zu denken, immerhin gebietet
schon die nahe Verwandtschaft zu der silbenzählenden skaldischen
Poesie hier an eine etwas weniger freie Behandlung der Senkungen
zu denken, die im Heliand gar nicht selten die Zahl von 8 erreichen,
*) Auch ersieht man leicht, daß in afstad der Beimstab der nächsten Zeile
schon vorspielend anklingt, vgl. Vetter 8. 60 %•
266 ^ WILKEN
ja überschreiten*). Rein äosserlich pflegt man die Sache so darsu-
stellen^ daß die an. Alliterationsverse kürzer seien; in der Thai kommt
namentlich in dem sehr leicht wirksam zu behandebiden Lj6Aahittr
selten ein grammatisches Begrififswort rhythmisch zu km*z^. Schon
eher ist dies bei dem (öfter sogen.) kviduhdttr der Fall, obwohl auch
hier meistens die in rhythmischer Senkung stehenden Silben sich theik
proklitisch, theils enklitisch oder als rhythmische Composita der Stamm-
silbe ungezwungen anschliessen. Als ein Beispiel von schon unge*
wohnlich schwerem Ictus war mir seit Jahren der Schluß von Big.
sk. 27 auffällig:
ein veldr Brjmhildr
ölla boM.
* *
Hier kann nämlich der Name Brynh. keineswegs für gleichgiltig
gerechnet werden, wie viel leichter in rhythmischer Hinsicht wäre:
einn veldr Aili u. w.
War der Name Brynh. aber gegeben^ so war es einmal möglich
nach der mehr sttdgermanischen, aber doch auch im Norden durchaus
nicht unerhörten Weise der Amplification des Ausdruckes (vgl. z. B.
Sigkv. 65, 1—4) etwa zu schreiben:
Brynhildr hefir | Büdia döttir
Ein um valdit | 611a b^lvi
oder es muß, da Brynhildr hier schwerlich in rhythmischer Senkung
stehen darf, in Brynhildr und b^lvi ein zweiter Reimstab angenommen
werden. Einen solchen bin ich aber (mit R. Hom a. a. O. p. 166) in
der Regel nur als zufalligen, eher gemiedenen als gesuchten rhyth-
mischen Schmuck anzuerkennen geneigt. Sobald man nämlich sich
klar macht, daß der Stabreim dem Verspaare seinen Stempel auf-
drücken soll, so ist noth wendige Folge, daß in der Regel auch hier
die homerische Ansicht, daß nur Einer das Regiment fahren soll, am
Platze ist. Zwei verschiedene Stabreime, die bei Neueren (z. B. W. Jor-
dan) geradezu beliebt scheinen, geben einerseits dem Verspaare eine
gewisse, nur hier und da angebrachte sinnliche Weichheit, und ver-
wirren leicht das rhythmische Gehör, das nur nach äner Richtung hin
angeregt oder bestimmt zu werden wünscht Daß Snorri, der sogar
die öftere Wiederholung derselben Reimbuchstaben als nach der Formel
2+1 fehlerhaft findet, und nur bezg. der vocalischen, so viel leichter
*) Die Zahl 9 findet sich s. B. 3769 H., wo ich nur wi(he) als Hebang gehen
lasse. Aber wir sprechen nhd. selbst 11 Senkungen neben einer Hebung unanstössig,
X. B. : uuvorhergesehenerweise thit ich dies.
**) Daß ich auf rhythmisch rohe Gedichte wie Harbij. oder einzelne comipte
Stellen anderer Lieder nicht eingehe, liegt nahe.
METRISCHE BEMERKUNGEN. 267
wiederkehrenden, Alliteration als noth wendiges Übel duldet, die An-
wendung zweier verschiedener Stäbe geradezu perhorresciert haben
würde, liegt auf der Hand. Wir haben uns aber doch auch vor
allzu ängstlicher Auffassung derartiger Regeln zu hüten*). — Wo
der Hauptgrund des Bedenkens gegen den Doppelreim insofern zu-
rücktritt, als der eine von beiden Stabreimen sich doch als der eigent-
lich herrschende darstellt, der andere nur als ein Hilfsstab sich daneben
stellt — und dies kann doch wohl auch von Sigkv. 27 ex. gelten, wo
auf ein ein sehr starker Ictus fkllt — da ist die Anwendung und zwar
gerade als Ausnahme neben der Regel gestattet, denn variatio delectat
wie im Leben so in der Kunst. Allerdings gibt es, glaube ich, noch
eine andere Möglichkeit, ein logisch gewichtiges Wort ohne Anwendung
des Stabreimes überhaupt gleichwohl rhythmisch zu accentuieren. Hier
muß aber zunächst die Bedeutung der Wortstellung im Alliterationsverse
überhaupt skizziert werden, über die Hildebrand a. a. O. S. 114 fg.,
Sievers S. 47, Rieger S. 18 fg., R. Hom S. 175 im Allgemeinen zu
ähnlichen Resultaten gelangt sind. Überall zeigt sich dabei freilich
ein Ausgehen von grammatischen Kategorien, die den alten Epikern
schwerlich bereits geläufig waren. Es wird daher erlaubt sein^ die-
selben Resultate unter etwas anderer Beleuchtung vorzuführen**). Am
meisten kommen fUr den Stabreim Nominalbegriffe in Betracht. Ste-
hen Subst. und Adj. zusammen, so pflegt (wenn nicht Beide am Stab-
reim theilnehmen) das Adj. bevorzugt zu werden, d. h. voranzustehen
und den Stabreim zu tragen. Es bildet sich so ein rhythmisches Com-
positum, das ganz analog dem grammat. Comp. (z. B. Großknecht)
behandelt wird. Sogar ein Eigenname kann enklitisch einem voran-
stehenden Adj. folgen, wie säncta Hierusalcm Cyn. Crist. 50 und sdncta
Maria ib. 88 zeigt; vgl. franz. Saint- Pierre = St. Peters Dom. Das
Adj. bringt das unterscheidende Moment hinzu, dies wird logisch und
meist auch rhythmisch bevorzugt. Solche Adj. dagegen, die häufig
und ohne besonderen Nachdruck gebraucht mehr als epitheta ornantia
y' gelten (vgl. Hßrn S. 177), können sich enklitisch dem gehobenen Sub-
*) Ich kann hier gelegentlich auf die Schrift des durch seine Arbeiten auf dem
Gebiete der antiken Metrik wohlbekannten W« Brambach: Über die Betonungsweise
in der deutschen Lyrik (Leipzig Teubner 1871), und lieber auf die ganze Schrift als
eine einzelne Stelle derselben verweisen, da sie mit aller Feinheit der Beobachtung
auch jenen freien Blick verbindet, den die sonst so fleissigen metrischen Untersuchungen ]
von germanistischer Seite so hftufig vermissen lassen.
**) Ausserdem kann ich meinerseits natürlich von reimlosen Hebungen nicht
reden, da sich der in rhythmischer Senkung stehende Hochton eines Wortes kaum
von den übrigen Senkungen unterscheidet
268 E. WILKEN
Btantive anschliesseD, einzelne (wie allr^ margr, engl im Altnord.,
Hild. 115) sogar prokiitisch voraofgehen. Zahlworte sind, wenn (wie
gewöhnlich) die Zahl mit Nachdruck genannt werden soll, vor dem
Substantiv bevorzugt, Ausnahmen in Fällen wie twenie m&a^ twe wff|
})ridda Misael hätten von Rieger (S. 20) nicht anstössig genannt werden
dürfen y der Unterschied der Betonung ist wie in nhd. Wendungen:
ich wünsche ein Pair (= zwei) Handschuhe — ein paar Rndben spielten
auf der Strasse; oder: zum dritten und letzten Male — drittens H^o,
viertens Hafer u. s. w. — Das unbetonte Adj., Zahlw.^ Pronomen vor
dem Subst. vertritt auf dem Gebiete rhythmischer Composition Das,
was die tonlosen Präfixe in der gramm. Composition darstellen^ z. B.
in ahd. unubarwüntan. — Bei der Verbindung zweier Subst geht die
rhythmische Compos. auf Verbindungen wieSünon Petrus (vgl. Hom 178)
entsprechend etwa unserem nhd. Hansjäcob unbedenklich ein. — Wo
genetivische Verbindung zweier Subst. begegnet| ist von Sievers S. 48
allerdings nach Analogie der grammat. Compos. ein beständiger Vor-
gang des Genetivs gefordert, wogegen Hom S. 175 sich nicht ganz
ohne Grund ausspricht^ so wenig der dort eingenommene Standpunkt
sich übrigens mit dem meinigen deckt'*'). Die von Rieger S. 19 ge-
gebene Regel glaube ich nun (auf Subst. beschränkt) meinerseits so
fassen und zugleich erläutern zu können: Verbindungen zweier Sub-
stantiva^ deren eines im Gen. steht, werden immer nach Analogie der
grammatischen Compos. behandelt^ aber mit jener Freiheit, die das
Wesen der rhythmischen Compos. gestattet Es ist daher nicht nur
gödes Word (== Götteswort), sondern auch w6rd godes (= das Wort
Gottes), aber wohl nicht word g6des (zu Hei. 2 vgl. jetzt Sievers) ge-
stattet, weil die Betonung eines C!omp. der Regel nach nur auf dem
ersten Theile richtig ist.
Scheinbare Ausnahmen war Rieger um so mehr berechtigt , un-
berücksichtigt zu lassen^ als man bei einer im Ganzen so freien Dicht-
weise wie der nicht skaldischen Alliterationspoesie immer auf einzelne
Nachlässigkeiten gefaßt sein muß. Die Regel zeigt namentlich deut-
lich, wie schon Vetter S. 47 hervorhob, das ags. Epos in Betonungen
wie: Beövulf madelode , b^arn Ecg^eöves neben Hünferd mad., EcglA-
fes beam oder Vigläf mad. Vihstänes sunu (3076), Hrodgär mad.,
h^lm Scyldinga (371)^ die zu constant sind, um irgend einen Zweifel
*) So richtig Hörn die AdaL grammat. Compos. and rhythmischer Wortfolge im
Allgemeinen beortheilt, so findet derselbe gleichwohl eine Betonangsrerschiedenheit
derselben Formel unter dem Einflasse der Alliteration nnglaablich!
METRISCHE BEMERKUNGEN. 269
zu gestatten. Freilich weicht meine Auffassung von der Vetters und
Riegers insofern ab, als ich in b^am Ecg^e6ves nur eine Hebung (auf
b^am) anerkenne. Logisch ist ja freilich in allen diesen Fällen der
Eigenname (des Vaters, des Volkes) gewichtiger, und Betonungen wie
Viglaf mad., Vihstänes s. müssen als die „idealen" (so zu sagen) gelten;
und daß hier sunu ganz suffix-ähnlich sich verhält, zeigt die neuere
(namentlich nordische) Sprache in Bildungen wie Petersen, Jörgen-
sen u. s. w. Nicht immer läßt sich jedoch das Ideal des Einklanges
rhythmischer und logischer Betonung verwirklichen, nur „gewöhnlich**,
wie schon Lachmann meinte. Die Ausnahme ist hier insofern auch
völlig unanstössig, weil es in den betr. Fällen eigentlich nur auf die
Bezeichnung des Redenden, also die Hervorhebung des Beövulf oder
Hrodgär ankommt; wo dagegen das Geschlechtsverhältniss als solches
behandelt wird, ist die rhythmische Betonung des Vatemamens unent-
behrlich; es heißt 262 fg.:
vSs miD fäder, fölcum gecjded
adele ördfrnma itcgpedv h&ten.
Ebenso kennen wir aus dem Anfange des Gedichtes die Stellung
des Hrödgär zum Schildungengeschlechte schon genügend, um uns eine
Betonung wie h^lm Scyldinga (371) nach der rhythmischen Analogie
von Sigeskyldinga (597) gefallen zu lassen.
Ist so die Stellung der Nomina im Wesentlichen charakterisiert,
so läßt sich vom Verbum sagen, daß es im Allgemeinen rhythmisch
weniger berücksichtigt wird. Eine grosse Anzahl häufig gebrauchter
Verba, wie (im An.) munu, skulu, mega, (knega), hyggja, ))ykkja,
vilja, vita, lata, kveda, telja, segja, bafa, vera, verda sind schon von
Hildebrand (S. 91 fg.) in ihrer den Hilfszeitwörtern ähnlichen, zur
rhythmischen Proklisis oder Enklisis geneigten Weise charakterisiert
worden. Auch da, wo hafa grammatisch betrachtet nicht auxiliar steht,
z. B. Sigrdr. 21 ästräd ))in ek vil 611 hafa (halten, benutzen) ist die
Betonung des Objectes 611 rhythmisch richtiger und Betonungen wie
Fäin. 13 Sündrbomar mjpk hygg ek at nomir s^ (mit s^ als Haupt-
stab) nach RrU werden durch andere Hss. corrigiert Freilich ist
auch die Betonung s^gi ek, at nomir s@, nicht allzuschön, aber er-
träglich nach dem betonten nömir 12, 4; Nörna 11, 1. — Auch in Ver-
bindungen mit Adverbien und Adv. präpositionen ziehen in der Regel
diese letzteren (wie bei der grammat. Compos.) den Ton auf sich und
zeigen Dies durch die Alliteration, z. B. w^l lustit Hild. 59, vgl. Sie-
vers S. 47, 48. — Den Stabreim trägt das Verbum gewöhnlich nur,
wenn ganz tonlose Enklitika oder noch schwächer betonte ^--^-^rx
270 E. WILKEN
daneben in rhythmischer Senkung stehen, vgl. Rieger S. 25. Neben
Substantiven kann das Verbum am Stabreime partieipieren, z. B. in-
prfnnant die b^rga Musp. 51, wo dann das Subst. aber wohl etwas
höheren Ton hat. Besprechung verlangen nur die seltenen Fälle, wo
das Verbum vor dem Subst. allein durch den Stabreim ausgezeichnet
wird, die man überdies mit Rieger S. 24 vielleicht theilweise noch auf
Corruptelen zurückflihren kann. UnanstÖssig aber ist, und vielleicht
als Gesetz zu betrachten, die rhythmische Präponderanz eines betonten
Imperativs vor dem ganzen folgenden Verse, was ich aus an. Beispielen
belege.
Für unbetonten Imperativ geben die Vaf))r. 20 fg. viele leicht
verständliche Beispiele: segäu ))at it eina — segdu })at annat (22) u.s.w.,
wie nhd. Sage Erstens u. s. w. — Für betonten Imperativ finden sich
in der Lokas. (wo unbetonter Str. 1, 1; 10, 1 begegnet) 17 Fälle, die
das Verhältniss völlig klar legen, davon 16 mit dem Imperativ }>egi
(Str. 17, 20, 22, 26, 30, 32, 34, 38, 40, 46, 48, 56, 57, 59, 61, 63
Hild.), der in wenigstens 8 Fällen sicher als rhythmisch gehoben an-
gesehen werden muß, wonach also die an und für sich controversen,
ganz analogen, Fälle 17, 1 ; 20, 1 u. w., wo man versucht sein könnte,
den Accent auf die angeredete Person zu legen, sich dahin erläutern,
daß auch hier dem Imperativ ))egi der erste Reimstab, und dem P^ro-
nomen des folgenden Verses (J)ik 17, 2; 30, 2; J)ess 20, 2; })^r 22, 2;
26, 2; 32, 2) der Hauptstab gebührt, wie auch das jenem ))egi syno-
nyme hsBttu in 36, 1 den ersten Reimstab trägt. — Andere Fälle von
betontem Imperativ, wie Helr. Brynh. 14, 8; Hdlfssaga (Bugge) S. 11, 19
zeigen dasselbe Verhältniss, das also festzustehen scheint und ja auch
vom logischen Gesichtspunkte aus leicht verständlich ist
Abgesehen vom Imperativ kommt eine Erhebung des Verbums
über ein im Verhältniss rhythmischer Compos. zu ihm stehendes Subst
zwar vor, aber selten. Musp., bekanntlich keineswegs durch sorgfältige
Technik ausgezeichnet, bietet bei ca. 100 Doppelversen, die mit wenigen
Ausnahmen (wie z. B. 88) doch alle ein Verbum enthalten, nur etwa
8—9 Fälle, die einer Erläuterung bedürfen. Gewöhnlich steht das rhyth-
misch bevorzugte Verbum vor dem Substantiv, so V. 22, 27, 28; das
Verfahren selbst läßt sich in einigen Fällen durch logische Präpon-
deranz des Verbums, so V. 27—28 (här^t ze gote, wänit sih kin&dä
und ähnlich V. 30 after ni wörköta fftr das wohl richtigere dfter ni
werk.) zwar erläutern, bedingt aber immer eine etwas prosaische Färbung
des Satzes, wie ausser den angegebenen Fällen auch V. 67 mdrrit daz
rehta, 71 daz er iz allez kis^§t beweisen , wo die Betonung iz
METRISCHE BEMERKUNGEN. 271
ällaz u. w. ungleich poetisch wirksamer wäre*). Einfach unbeholfen
scheint die Betonung in V. 22 : dar piutit Satanäz (der altisto), doch
bleibt zu erwägen, ob nicht die rhythmisch gedämpfke Bezeichnung des
Satans unter Umständen wirksamer sein kann, als die gehobene. Auch
war der Name bereits V. 8 rhythmisch accentuiert. Verständlicher ist
V. 58; wo daz pr^ita wasal zusammen als Nominalcomp. anzusehen
ist. In V. 80 ist Doppel reim geboten^ der aber besser vermieden wäre
nach der Formel wechant deotä, ze dinge Von V. 98 und 99,
die in der Überlieferung gelitten haben, sehe ich ab. Besonders merk-
würdig ist aber der schon oben besprochene Vers 53: muor farswilhit
sih, swilizot lougju (der himil). Wie Riegers Regel (S. 24), daß das
Verbum (ob vor oder nachgestellt) dem Subst. im Tone nachsteht, auf
den Vers: muor farswilhit sih, passen soll^ sehe ich nicht. Fflr mich
liegt die Sache etwas einfacher, insofern muor (weil ungereimt) über-
haupt nicht Hebung ist, sondern ebenso wie allaz in V. 71 zum Auf-
tacte gehören muß. Daß diese Auffassung die betr. Schwierigkeit er-
leichtert, namentlich wenn man sich über die Natur des Auftacts ver-
ständigt (vgl. w. u.), liegt nahe ; ich bekenne überdies, daß so sinnlich-
kräftige Verba wie farswilhit sih, swilizot*'*') auch ohne Schaden der
poetischen Wirkung vor Subst. bevorzugt werden können, zumal wenn
dadurch eine angenehme Abwechslung in der rhythmischen Coloratur
eines längeren Gedichtes erzielt wird. Ich kann nicht umhin, hier
über meine Auffassung des Auftactes kurz Rechenschaft zu geben;
derselbe ist verschieden je nach dem Umfange und Tongewichte des
ganzen Verspaares. — Wer wie ich reimlose Stäbe überhaupt leugnet,
wird natürlich auch der Annahme Vetters S. 38, daß die je zwei He-
bungen des Verses um einen reimlosen (dritten) Stab vermehi*t werden
können, nicht zu folgen vermögen. Das ist ja freilich richtig genug,
daß in bewegterer Rede, bei lebhaften Schilderungen und dergl., wie Hei.
4390 fg. etwas längere Verspaare als sonst begegnen, daß die Häu-
fung derselben in solchen Fällen, wie z. B. 3494 f g , wo die Reue
des im Alter noch vom Sündenwege Umkehrenden in ergreifender Art
geschildert wird — während sie vereinzelt theils als Langzeilen,
theils als Halbzeilen auch sonst (so 3321, 3345 H. u. oft) begegnen,
wohl eine bewußte Anwendung dieses rhythmischen Mittels beglaubigt;
*) Diese Bevorzugung des nominalen vor dem verbalen Wortsioffe in der
Alliterationspoesie erläutert sich z. Tb. durcb die grössere sinnlicbe Fülle und Le-
bendigkeit, die ersterem im Allgemeinen eignet. Auf eine Ausnahme komme ich sogleich.
**) Ähnlich situiert wären etwa nhd. es brennt, es blitzt, es donnert, es zischt
— aber nicht es trieft (Musp. 60) n. Ähnl.
272 £. WILKEN
womit wir aber noch lange nicht berechtigt sind, von einer besonderei
„Kunstform'' zu reden, da sich vielmehr auch im As. und Ags. sehr
häufig einzelne kürzere Zeilen zwischen den längeren finden. Bei der
Schilderung des jüngsten Gerichtes V. 4390 fg. herrschen längere
Verspaare vor, dazwischen aber stehen 4407 ^ 4412 , 4414, 4418 and
einige Andere, die hoffentlich weder mit drei Hebungen gelesen noch
emendiert werden sollen. Richtig ist nur, daß während sonst sehr
häufig das Reimschema 1 -f 1 g^i^^^y bier wohl häufiger 2 4~ 1» g^
legentlich auch 2 -|- 2 (so 3064? 4406?) begegnet; ja wenigstens die
Möglichkeit, daß einmal 3 Reimstäbe einem Verse zufallen, hier im
Hinblicke auf 3063 eingeräumt werden kann; namentlich aber kann in
diesen Fällen eher an die Annahme eines zweiten Reimes innerhalb
der Langzeile gedacht werden*).
Wer über rhythmische Fragen nicht mit dem Äuget, sondern dem
Ohr urth<sU_t, wird freilich schon empfinden, das es etwas prekär ist,
auf die „Länge^ hin einen scharfen Unterschied der Verspaare begründen
zu wollen. Jenes kürzere Verspaar 4412 (und ähnlich 4414) ist den
längeren Nachbarzeilen an rhythmischem Gewicht nicht nur völlig ge-
wachsen, sondern (wenn ich richtig höre) fast überlegen. Wie es län-
gere Zeilen von sehr leichtem Tongewichte gibt (namentlich bei ein-
leitenden Bemerkungen, z. B. 1994), so andererseits nicht selten stärker
accentuierte von sehr massigem Umfange; äusserlich aber ziemlich
gleiche Verspaare können von ganz verschiedenem Tongewichte sein;
Sigkr. sk. 27, 5— 8 bietet 4 Verse von je 4 Silben, aber wie verschieden
stark ist der rhythmische Accent: ek veit görla | hvi gegnir nü || Ein
veldr Brynhildr | pUu bolvi! — Hier möchte ich fiir das erste, ja nur
einleitende Verspaar höchstens ein Drittel der Gesammtsumme des
rhythmischen Tactes ansetzen. Es möchte also gerathener sein, Frei-
heiten in der Technik, namentlich den Gebrauch des Doppelreims oder
Steigerung des einfachen Reimschemas auf 2 -|- 2 flir die „stärker be-
tonten^, nicht flir die „längeren^ Verse in Anspruch zu nehmen, da
ja auch jenes kurze Verspaar Sig. sk. 27, 7—8 Doppelreim zeigt. Es
ist aber von selbst gegeben, daß bei stärker betonten Versen, abge-
sehen von dem Bedürfnisse einer reichlicheren Pause auch der Auftact
eine andere Rolle zu übernehmen hat; daß wir berechtig sind töt ist **)
Hiltibrant, H^ribrantes sunu zu lesen, da hier auf Hiltibrant ein viel
*) Ist es Zafall, daß die Formel s&Uge sind 1308, 1312, 1314 wenigstens einen
Nebenreim zuläßt, während 1300, 1316, 1320 anf s&Uge der Hanptreim fällt?
**) Das cnrsiv Gesetzte bezeichnet den Anftact
IfETRISCHE BEMERKUNGEN. 273
stärkerer Accent raht als z. B. 45: Hiltibrant gimahalta u. s. w.*)
— So nun auch Musp. 53: muor /arswilhit sih, swilizöt lougju der
himil. — Das letztere Beispiel zeigt zugleich, daß bei stärkerem Ictus
der Langzeile auch eine grössere Fülle der Cadenz gestattet ist, die
natürlich Alles nach dem Hauptstabe Stehende umfaßt. Dürfen wir
so, wie ich meine, als eine Aushilfe für den Fall, daß logisch-gram-
matisch bedeutsame Worte nicht zur rhythmischen Hebung sich eignen,
die Placierung im ^^verstärkten Auftakte^ oder in der „volleren Cadenz''
betrachten — und ersteres Mittel ist um so verständlicher, als das zu
Anfang einer Zeile stehende Wort nur durch ein absichtlich rasches
Hingleiten über dasselbe der verdienten Beachtung entzogen werden
kann, welches Verfahren aber für den „verstärkten Auftakt^ nicht zu-
lässig, vielmehr ein ruhiges, nur etwas gedämpftes Tempo einzuhalten
ist, wodurch der betreffende Passus sich dann genugdam markiert —
so möchte ich wenigstens die Möglichkeit nicht absolut bestreiten, daß
der alte Stabreimdichter auch zuMlig sich darbietende Mittel anderer
Art, in rhythmischer Senkung stehende, logisch irgendwie aber beach-'
tenswerthe Worte, dem Ohre doch auch rhythmisch zu empfehlen,
gelegentlich angewandt habe. Der richtige Theoretiker wird freilich
in dem Endreime ein dem Stabreim von jeher feindliches Princip er-
kennen, ich urtheile anders. Wie in unseren Tagen nicht selten die
Alliteration dem Endreime sich förderlich zugesellt, z. B. bei Platen,
wo am wenigsten an unbewußtes Verfahren zu denken ist:
Nor die LangeweUe nenn ich Zeitverlust und diese kaum,
Denn sie lehrt, wie lang das Leben, das nns dünkt ein kurzer Traum
(Verh. Gabel)
80 ist, für die alte Zeit ein ähnliches aber umgekehrtes Verfahren an-
zunehmen, nicht von vornherein unzulässig. — Wendungen wie enieo
ni wönteo (Wess. 5) oder Hälfssaga 11, 16 — 17 (Bugge)
ktit yatn angom
011 ky^tt tpnnnm
mögen hier genügen. Auf an. Gebiete kommt auch die Halb- und
Ganzassonanz in Fällen wie: ein veldr Brynhildr oUu bplvi Sigkv.
sk. 27 oder: ok burir bjggja brcsdra tveggja (Vol. 65) in Anschlag«
Von diesen Mitteln, wozu noch das bereits früher berührte Anklingen
eines Stabes schon im vorhergehenden, oder das Nachklingen im fol-
*) So lese ich jetzt aneh HAt. 76 (and 76) 1—8 Deifr fd, dejQä irsendr, d^
sjAlfr it sima. — Wessobr. 6 lies mUeo fd wdnteo; wdnteo will aneh Hom S. 191
betonen. Gerade in diesem Falle ist der st&kere Ictos der LangseUe, an weleb^^
Aoftact (und Cadens) partieipiert, gani unverkennbar.
OERMANU. Nene Beihe HL (XXIV.) Jahrg. "S^
274 B. wHiKEN
genden Verspaare gehört^ wird jedoch der kunstsinnige Voiksdiehtsr
wohl nur dann, wenn sie so zu sagen von selbst sich darboten , Qe-
brauch gemacht haben; das Hauptmittei einem rhythmischen Bedürfiiiss
abzuhelfen bleibt immer die Amplification des Ausdrucks durch Wie-
deraufnahme von Synonymen. Der dröttkysedrhättr, den man seines
stfirkeren Tongewichtes halber den „längeren'' Versen der as. und ags.
Poesie mit Recht an die Seite gesetzt hat, wiewohl er nur über 6 Siiboi
verftagt, hat dagegen die Anwendung der Assonanz neben der Alliteration
zum ständigen Usus erhoben. — Kehren wir aber zu dem vorher be-
handelten verschiedenen Tongewichte der Langzeilen zurtLck, so liegt
uns die Frage nahe, wie das Tonverhältniss der beiden Hälften einer
Langzeile sich etwa in der Regel zu einander verhalte? Hildebrand
hat aas dem gewöhnlichen syntaktischen Baue der Ljödahittr str. nach-
gewiesen, daß hier der erste Vers höher als der zweite betont zu sein
pflegt; bez. der kviduhittr-str. ist Derselbe (S. 104) allerdings in zwei-
feli\der Weise geneigt, für den zweiten Vers ein stärkeres Tongewicht
anzunehmen, vielleicht mitbestimmt durch den überlieferten Ausdrads
hoindstafir für den Reimstab des zweiten Verses. Ob dieser Ausdruck
überhaupt eine Präponderanz vor dem ganzen ersten Verse oder nur
ein den beiden ersten Hebungen gleichkommendes Gewicht des Tones
andeuten soll, mag schon fraglich erscheinen^ jedenfalls dürfen wir die
Regel, wie sie Hildebrand zu fassen versuchte, nicht allzu fest for-
mulieren und auf eine ziemlich reiche Fülle von Ausnahmen gefaßt
sein. Für den Liödah. ftlhre ich Häv. 66, 2 und 67, 2 an — in beiden
Fällen möchte ich wenigstens ein rhythmisches Übergewicht des zweiten
vor dem ersten Verse erkennen.
Weit reichlicher aber fliessen die Ausnahmen auf der andern Seite.
So Vol. 4 (Hild.) 1—2, während 3—4 sich der bez. Regel fügt; in
manchen Fällen kann Zweifel walten. Soll ich aber nach -dem vor-
läufigen Eindrucke meiner bez. Leetüre urtbeilen, so haben wir aach
ftbr Kviduh. dem ersten Verse in der (aber nicht pedantisch zu ver-
stehenden) Regel den höheren rhythmischen Ton zuzuerkennen, ent-
sprechend dem das ganze germanische Sprachgebiet durchdringenden
Principe der absteigenden Betonung. Daß auch Lachmann wenigstens
1819 (vgl. EL Schriften I^ 137) geneigt war, in dem ersten Stabe den
Hauptstab zu erkennen; im formellen Anschluß an Olafsons allerdings
nicht correcte Terminologie (Om Nordens gamle digtek. S. 26) kommt
doch in Betracht In Str. 7 könnte nur etwa V. 7—8, in Str. 8 (zu
14 Versen) nur allenfalls V. 3—4 ftbr die rhythmische Präponderanz
des je zweiten Verses sprechen. — Ein völliges Gleichgewicht beider
METBISCHE BEHEftKUNGEN. 275
Verse ist eine andere Art der Ausnahme; diese dtirfte namentlich bei
Aufzählungen von Eigennamen hier und da vorkommen.
Eine besondere Beachtung verdient das rhythmische Tongewicht
des Lj6dahättr bezfiglich der letzten, gewöhnlich etwas längeren Zeile
der Halbstr. — Daß diese nämlich immer länger sei als je einer der
andern Verse trifft eben so wenig zu*), wie sich auch nur mit Dietrich
(bei Haupt lU, 91) sagen läßt: Hauptsache ist nur, daß ein Doppelglied
mit einem einfachen fühlbar verbunden sei; denn z. B. Häv. 79 Hild.
]>at er ]>& reynt,
er ]>ü at rünnm spyrr
inam regin kminiiiii
wird nach dieser Regel nicht richtig gelesen werden. Nach dieser und
der in der Hervarars. so häufige Ebilbstr.:
G6A er gftU ]>in,
Gestümbllndi,
getit er )>eirarl
halte ich mich jetzt auch nicht mehr befugt, zwei (natürlich gereimte)
Hebungen für die Schlußzeile des Lj6dah. zu fordern, und lese dem-
nach auch HAv. 8, 6: innars bijöstum t; 9, 6: innars br. or; 36, 6:
ännars fletjum ft; 110, 3: ürdar brunni at; 114, 6 e;^arünu at und
analoge Fälle nur mit je einer Hebung, nicht mit gewaltsamer Urgie-
rung der nachgesetzten Präposition, die ja formell eine zweite Hebung
tragen kann. (Der gewöhnlichen Ansicht von 3 Hebungen, gereimt
oder ungereimt ftlr die Schlußzeile schlägt ausser diesen Beispielen ein
so völlig correctes Beispiel wie m^ ok missen 60, 6, über das ich noch
weiter unten handele, den Boden aus, abgesehen von allen principiellen
Bedenken gegen reimlose Stäbe überhaupt.) So scheint freilich durch-
aus kein fester Unterschied zwischen den beiden ersten und der Schluß-
zeile einer Halbstrophe zu sein, und für das Auge besteht hier in der
That kein derartiger Halt Wer Ghrimn. 9 vor sich hat, wird einräumen,
daß hier 9, 4 vor 9, 6 rhythmisch bevorzugt zu sein scheint, denn ab-
gesehen von dem eigentlichen mit 9, 5 gemeinsamen Reimbuchstaben
sk weist dieser Vers noch einen inneren Reim auf r auf^ während 9, 6
sich mit einem solchen (auf b) allein begnügt. Wollte man darnach
nun die ganze Halbstrophe mit allmählich absteigender Betonung lesen,
so wäre dies vöUig verfehlt. Vielmehr verlangt gerade die Schlußzefle
der Halbstrophe in diesem Versmaasse stets einen verstärkten Ictus,
*) Man Tgl. 2. B. mAl ok misseri 60, 6; i hOfi hafk (64, 8 — wo 64, 2 einen
IXngeren Vera bietet). — Wenn nun allerdings aach so kmse Vene, wie 64, 1; 42, 1
nnd 43, 1 am Schloß der Halbstrophe nicht begegnen, so bietet doch die Länge
allein keine sichere Unterscheidimg.
276 B- WILKEN
and dieser Umstand ist es, der sie auch bei gleicher oder selbst g^
ringerer ,,Lttnge^ (anf welche die meisten Metriker eine so sSitlidie
Rücksicht nehmen) immer genugsam von ihren Vörgftngem bei ridi-
tigem Lesen unterscheiden kann, selbst wenn diese über kleine rbytii-
mische Hilfsmittel (wie den unnöthigen Nebenreim in 9, 4) überdies
▼erftigen sollten«
Es dürfte keinen Widerspruch erfahren, wenn ich die Sohloßseik
der Halbstrophe in Lj. als Zusammenziehung zweier Verse «nsehe,
wobei man nun zunächst nicht an die uns geläufigste Form der eddi-
schen Fomyrdalagy immerhin aber an eine yerwandte, wahrscheiiiliek
etwas kürzere Versart zu denken hat, vgl. Rieger S. 3, doch bedarf
dies noch weiterer Prüfung. — Aus diesem Umstände erklärt sieh
nun, daß die Schlußzeile gewöhnlich etwas länger, immer stiiker
betont ist als die beiden andern, weil sie eigentlich über swei Ven-
accente zu verflogen hat. Die Länge darf andererseits nicht sn einer
Zerlegung in zwei Verse auffordern. Einige scheinbar widersprecheiide
Fälle (so Häv. 129, 6—7; 140, 6—7) sind entweder geradezu ab FeUar
zu ändern^ oder als Nachlässigkeiten nicht weiter zu urgieren. Hebungen
sind gewöhnlich zwei, viel seltener nur eine oder drei (Lokas. 18^3
dtiert Dietrich) vorhanden, wohl nicht Häv. 72, 6. Jener Satz, so richtig
er hoffentlich ist, darf femer nicht in theoretischer Starrheit an^efiifil
und dahin interpretiert werden , daß man die bez. Schlußzeile nim
stets und immer in zwei Elemente noch sondern und sozusagen die
Probe für die Richtigkeit unseres Satzes machen könnte. Der poeti-
schen Technik gilt als das Wichtigere vielmehr die rhythmische Wir-
kung als solche, die Abwechslung zweier leichter betonter und einer
stärker accentuierten Zeile; daher kann sich die letztere unter um-
ständen auch mit einem Beimstabe begnügen, wie in der rhythmisch
durchaus berechtigten Halbstrophe derHervararsaga: die Steigerung des
Tones liesse sich durch eine fireie Verdeutschung, wie etwa
Hübseh ist dem Bithsel
Mein holder Geselle
Und ich hiibe^) die LOsong —
dem Ohre noch eindringlicher machen. Begreiflicherwebe ist die Fort-
fbhrung desselben Reimes bis in die Schlußzeile nur dann rhythmisch
^) Ich benntie diese Gelegenheit, um darauf hinsnweiBen, daß ähnlich wie be-
tonter ImperatiY (nebst dem adhortativen ConjnnetiTe) einen starken rhythmischeo
Accent TertrSgt, dies aneh bei dem IndicaÜy dann der FaQ ist, wenn derselbe die
Wirklichkeit eines gewtlnscfaten oder gef&rehteten Falles nachdrficklich nrgiert
BCETBISGHE BEIIEBKUNGEN. 277
correcty wenn der rhythmische Accent der beiden ersten Verspaare
milderer Art ist und daher eine noch stärkere Anspannung derselben
Tonsaite (so zu sagen) erträglich macht; dies zeigt sich auch H&v
79, 1 — 3. — Viele sonst aoffidlige Freiheiten des Ljödah. erscheinen
nach unserer Auffassung in milderem Lichte; sie ist ganz auch der-
jenigen bezüglich der „längeren** Verse im Hll. analog. Wir haben
hier schließlich noch einige Fragen von allerdings mehr theoretischer
Natur zu erörtern , deren richtige Beantwortung gleichwohl nicht un-
fruchtbar fiir die richtige Würdigung der Alliterationspoesie zu bleiben
braucht. Wie wir uns oben bereits gegen eine Auffassung des hpfud-
stafr als des absolut rhythmisch bevorzugten Reimstabes — mag dies
nun Snorri's Auffassung gewesen sein, oder nicht — zu yerwahren
hatten, so ist ein solches Verfahren auch gegenüber der verfELhrerischen
Annahme nothwendig, als ob das von Snorri als allein correct ange-
gebene Verhältniss derBeimstäbe (2:1) zugleich das ursprüngliche sei*).
Daß fbr die skaldische Technik nicht allein historische, mehr noch
technische Motive geltend waren, liegt nahe; gegen den Wohlklang des
bevorzugten Schemas wird Niemand Einspruch erheben können^ wenn-
gleich eine ununterbrochene Anwendung desselben die gtlnstige Wir-
kung eher zu schwächen , als zu fordern im Stande ist (vgl. Vetter
p. 46). Wir finden daher auch (abgesehen von der streng-skaldischen
Technik) immer ein starkes Bruchtheil Langzeilen nach der Formel
1 -|- 1 gebaut^ so im HIL von annähernd 6000 Langzeilen 2364 (Hom
S. 164). — Auch kann ich in dem Umstände, daß unsere ahd. Denk-
mäler die Formel 1 -j- 1 noch stärker bevorzugen , an und fUr sich
kein Zeichen des Verfalls erblicken*^). — Nimmt man dagegen 1+1
als das ursprüngliche Gesetz an, so würde sich die gewöhnliche Bei-
behaltung desselben im je zweiten Verse dadurch erklären , daß hier
(zur Bezeichnung des Abschlusses für das ganze Verspaar) eine vollere
*) So Vetter 8. 46, Hörn 8. 164 fg, — Es eeheint die jetst Yorhemchende
Ansicht in sein. — Es wird sich zeigen, da5 2 4"^ vielmehr jenes mittlere Schema
darstellt, das Lachmann in 4 -|- 4 gefunden an haben glaubte.
**) Vgl. Hom 188 ^. Anch güdea gimeümn habe ich oben schon durch das
vorhergehende wSges su erllntem gesucht, ebenso niuse de mdtti, wo niuse r
Imperativ ist wie in: fireue sich, wer kinn. — Anderes bleibt freilich aoff
folk skeiStantero, hier scheint folk Shnlich abgeschwächt wie sonst vilo, n
Shnliche adj. AusdrQcke. In XhnL abgeschwächte Betonung steht nhd. ein'
hfihner. Doch auch altnord. gilt die Begel nicht ungebrochen, s, Bugge 1
Vn, 896.
278 ^ WELKEN
Cadois erwünscht war*), die bei der Formel 2 -f 2 sn
fiüligeii Verlftngeraiig des je zweiten Verses hAtte fbhren müsaeii.
Und derselbe Gesichtspunkt, den Vetter S. 46 za GoDsfan der
Formel 2 + 1 geltend macht^ hat mich stets zu dem entgegengesetztei
Resultate geführt Ich verweise auf ähnliche Elrscheinaogen bes. des
Endreimes; wer in dem «schlecht und recht*^ unseres altvoIksdilfaB-
liehen Ausdruckes, in dem Geld regiert die Welt!, in dem EÜA-wmwek
der Eindersprache u. AhnL das Verspaar leugnet, der mag es aoeli
in Fftllen, wie Haus und Hof und so vielen ähnlichen thun. Daß ein
einsilbiges Wort schon in den ftltesten unserer grösseren literarisdien
Denkmäler ausreicht , um einen Vers zu bilden, während deyr ft «•
ÄhnL doch noch in der Eklda begegoet^ erklärt sich ja ohne Weiteras
daraus, daß sowohl die Vorstellungen sinnlicher Dinge^ als die vsin
geistigen Begriffe, und die Bezeichnung der verschiedenen Personen u. a. w.
durch den häufigen Gebrauch in der Weise sich abschwächen, daß
nun eine etwas grossere Fülle von Wortsilben dazu gehört, am einen
rhythmischen Tact (Vers) zu ftülen. Denken wir uns z. B. den Iiiiif
eines Baches geschildert:
Über Stock und Stoiii
Entipnuig er spradelnd —
so ist dies etwa die Ansprache des Erwachsenen, dem die bez. Vor-
stellungen längst gel&ufig sind. Ein Kind dagegen dedamiert sieher
eben so richtig:
Über Stock
Und Stein
Entspring
Er spnidehid —
und bringt auf diese Weise zwei Verspaare wirklich heraus. Und in
der feierlichen Bechtssprache sollten Betonungen wie
bin ddma
endi bödskepi; and ddU
unzulässig gewesen sein? Ich halte sie ftlr die ursprünglich einzig
möglichen I der^i allmähliche Abschwächung mit Rücksichtnahme auf
die yielen anderen wirklich trivialen Ausdrucke des epischen StUes,
die zu einem rascheren Hingleiten der Stimme aufforderte , erst das
Schema 2 -(- 1 zu Wege gebracht hat.
Ich kann hier nicht umhin , gelegentlich eines äusserlich schein*
bar analogen 9 innerlich aber ganz verschiedenen Falles zu gedenken.
^) Für dieselbe sind nicht immer besondere Wortsilben erforderlieh. — Mnsp.
15 ist das überlieferte: cUr mti fieomon siAh ohne Tadel, weil siikh hier sowohl lant-
lich, wie begrifflich einen so starken Ictns vertrigt, daß es Air Hebung und Cad
allein anareicht
BfETBISCHE BEMEBKUNKEN. 279
In der Annahme (richtiger Einbildung) vieler Metriker besteht die
Möglichkeit, ältere Sprachformen den in den Texten begegnenden zu
substituieren y und die Betonung auf jene älteren , vielfach volleren
Formen zu beziehen. Man ist ja auf diesem Wege glücklich dahin
gelangt, sogar von „nicht verwirklichten Hebungen^ im ags. Epos zu
reden; eine Kühnheit , neben der die Annahme einer Betonung wie
misseri Häv. 60, 6 unter Hinweis auf missari (von är) noch liebens-
würdig bescheiden genannt werden müßte, obgleich ich sonst eine ver-
schiedene Betonung von misseri und gersimi, svaradi*) (abgesehen
von der gewöhnlich schwächeren Verbalbetonung) ftir ausgeschlossen
halten muß, solange nicht für jeden einzelnen Fall eine Ausnahme von
der allgemeinen Regel nachgewiesen ist, daß wohl die Schrift hinter
den Veränderungen der Aussprache zurückbleibt, nicht aber die alte
Aussprache verbleibt, wenn die Schrift sich verändert; denn ohne Noth
wird die schriftliche Fixierung des Lautes nicht angewandelt Aus«
nahmen gibt es natürlich von dieser so gut, wie von jeder anderen
Regel: die Wirkungen des p sind in der homerischen Technik noch
erkennbar, wenn auch das Zeichen mit der Zeit von den Abschreibern
ausgelassen wurde. Aber für eine rhythmische Form wie misseri müßte
mindestens die Nothwendigkeit einer derartigen Betonung, nicht die
blosse Möglichkeit nachgewiesen werden, so dem selbsterfnndenen Ge-
setze der regelmässig drei Hebungen ftir die Schlußzeile der Halb-
Strophen im Lj. nachzukommen. Von einer Betonung mfil ök misseri
will ich hier ganz absehen; bei deutschen Metrikem ist freilich wie bei
Mythologen eigentlich Alles möglich. Wird eine andere Erklärung ge-
geben, die sowohl mit den theoretischen Angaben der altnord. Technik
wie mit dem Stande unserer poetischen Texte sich ungleich besser ver-
trägt, so dtlrfte jene Betonung k la ultima ratio von jedem besonnenen
Metriker künftig vermieden werden. Einen Einfluß jener bekannten
Abschwächung vollerer Endsilben auf die Metrik wird man nur inso-
fern einräumen dürfen, als auch dies Moment die Zusammendrängung
einer grossem Silbenzahl in den Rahmen des Verspaares erleichterte.
Endlich darf hier auch der Frage nicht ausgewichen werden,
in wie weit der Alliterationspoesie reimlose Verse zustehen. Eine be-
stimmt ausgesprochene Tendenz (ähnlich wie bei den sogen. Waisen
*) Das letste Beispiel deutet logleich an, da5 ich auch auf die Quantität der
Stammsilbe an und für sieh keinerlei (Gewicht legen kann, nnr auf die Stärke des
Hochtons und den Versaceent. Es kommt mir recht, daß jetzt selbst fllr die End-
reimdichtung die rhythmische Berechtigung einer Betonung wie sftlida ab prekär er-
wiesen ist, vgl Sieyers bei Paul und Braune IV, 622 %., und H. Traotmann: Lach-
manns Betonungsgesetse und Otfrids Yers (Halle 1877).
280 B. WILKEK
der Endreimdichtung) habe ich allerdings nicht sicher sa entdeekei
yermocht; andererseits ist aber doch das Vorkommen (namentlich im
Ags., vgl. Rieger S. 15) zu häufig, um überall an einen blossen Za-
fall denken zu dtlrfen. Auch im An. sind derartige Fälle nicht oner-
hört, wenn auch von der Kritik nach Kräften angefeindet, so Bkr,
36, 2 = 37, 2; 70, 2. An letzterem Platze gestehe ich der Überliefismng
keinen genügenden Sinn abzugewinnen, und ähnlich mag ancb Yaf)>r.
5, 5 ein Fehler stecken; aber in den beiden andern (übereinstimniendeD)
Stellen der Häv. sehe ich von jeder Änderung ab. Erwägt man nia-
lichy daß es ja wesentlich nur um die rhythmische Charakterisierong
des Verspaares sich handelt, so läßt sich in einzelnen Fällen die Formel
2 4- 0 als für diesen Zweck ausreichend, als eine Variation von 1+1
ansehen*). Daß unter den ags. Beispielen Riegers die Psalmen am
reichlichsten vertreten sind, ist wohl nicht bloß aus dem späten Ab-
fassungsalter zu erläutern; die Psalmendichtung ist nämlich da, wo der
Parallelismus der Glieder etwas fester hervortritt^ z. B. (in Lntlien
Version) Ps. 23, 1: Wie der Hirsch schreiet nach frischem Wasser, so
schreiet meine S^ele, Gott, zu Dir — der Alliterationspoesie ganz ähn-
lich geartet, jedoch ohne Zwang (tir den Parallelismus der Vorstellungen
(den Sinnreim, könnte man auch sagen) stets durch Stabreim einen
formalen Ausdruck zu bieten, und diese freiere, aber nahe verwandte
Weise konnte leicht auf den ags. Übersetzer reagieren. Überall, wo
sich die germanische Technik mit dem sogen, grammat. Reime begnügt
(Hildebr. p. 117 ^^), steht sie der hebräischen so wie so sehr nahe.
Die hier in kurzen Zügen skizzierte rhythmische Auffassung des
Alliterationsverses — theilweise schon durch Andere in ähnlicher Weise
formuliert — läßt neben einer möglichst grossen Freiheit der künst-
lerischen Auffassung, der es gestattet ist, den Vers von zwei auf mehr
als zwölf Silben^ von ^iner Hebung bis allenfalls auf drei zu steigern,
gleichwohl nicht die wirklich wünschenswerthen Beschränkungen , die
im Interesse der rhythmischen Wirkung selbst liegen, vermissen. Schlägt
man W. Jordans Nibelungen, eine in formaler Beziehung jeden&Us sehr
*) Für einige besondere F&lle läßt sich yielleicht darin eine ErkUning findao,
daß der fehlende Stabreim eine (vorQbergehende oder wirkliehe) Dissonani der Vor-
stellongen andeutet Ersterer Art Hfty. 36, 2; 37, 2: )>dtt litit sd = so anansehnÜdi
(der Baa) auch sei, so wenig er auch dem Ideal entsprechen möge, gleichwohl ist
Jeder in seinem Hanse ein Herr (oder ein ganzer Ifann). — 7iel stärker ist der Dis-
sonanzcharakter im ags. Satan V. 825, da hyht eigentlich nor von angenehmen Er>
wartongen üblich ist — Auch yaf}>r. 38, 6 (wo 6—7 wohl zu streichen) drückt in dem
fehlenden Stabreime (ja nicht Am kom!) yielleicht den Gegensatz des Yanen IQSrSr
SU den Äsen (TgL Y* 8) absichtlich aus.
BIETBI8CHE BEMEBKUNOEN. 281
aDerkennenswerthe Leistung , auf, so hat man sofort Gelegenheit , die
Wirkung zu constatiereny welche die Nichtbeachtung mancher jetzt
erkannten rhythmischem Gesetze zur Folge hatte. Sehr häufig begegnet
1. Erhöhung des Tieftons über den dazu gehörigen Hochton; in
der alten Technik wohl nur dann anzutreffen, wenn schon die Sprache
selbst in eine Verlegung des Hochtons gewilligt hatte , so werolträht-
wisoD Musp. 37 und das von Rieger bemerkte Nordh^^mbron Byrhtn. 266.
Die unzähligen y leicht zu vermeidenden Verletzungen dieses Gesetzes
bei Jordan zeigen deutlich die üble Wirkung; so Hildebr.Heimk. 11 Ges.
Die Hand auf die Stfm. — Als das FelseogestAde
Wie unnatürlich und unvortheilhaft diese Betonung ist, zeigt am besten
die entsprechende richtige:
Befestigte sie den Fisehernachen. (11 Ges.)
2. Tonerhöhung eines Verbums über das zugehörige Nomen ohne
besondere Veranlassung:
Und legte den Finger an ihre Lippen. (11 Ges.)
Noch viel störender^ wenn das Verbum nur den Werth eines Auxi-
liars hat:
Und neigte den NAcken. — So nilunen sie Abschied. (21 Ges. Schluß.)
Ahnlich auch:
Verankert ligen. Da5 grOßeste lösend. (11 Ges.)
3. Nicht ganz so störend, immerhin aber zu tadeln, sind Beto-
nungen, wie:
(a) Statt, wie sie geglaubt, sogl^ch nach Drontheim
{b) Znrfick ra kehren, in anderem Kahne (11 Ges.)
In (a) ist die Betonung sogUich logisch eorrect^ aber prosaisch statt:
sogleich nach Drontheim. — In (6) besteht der Stabreim^ wenn man nicht
undeutsch lesen will, eigentlich nur ftLr das Auge. — Die Betonung:
Sie hab ihn gekfißt mit so kälten Lippen (28 Ges.)
ist correct, wogegen die sonst auch begegnende:
Mit heissen Kfissen ihr KSpfshen ....
nicht ganz sauber ist — Nicht zu loben ist femer
4. die Neigung zu unzeitiger Häufung des Stabreims, sei es (bei
einem Reimstabe) zu der Formel 1 -f- 2 oder 2 -f- 2 oder zur Anwen-
dung eines Nebenreimes,' z. B.:
Daß ich meüite, da schwämme ein maüsgroß Mdnschlein (11 Ges.)
Erlöste vom Selbstschein die lebende Seele.
Berechtigt mag der weichere Rhythmus dagegen erscheinen in Fällen wie:
Bfit lieblichen Tönen die Töchter der Luft!
Völlig unvereinbar endlich mit der« alten Technik erscheint mir die öfter
begegnende Nöthigung^ ein gar nicht im Stabreim stehendes Wort
über die Reimstäbe im Ton zu erhöhen:
Und Verseihnng werth macht — Dir M (so) Tersiehen.
382 ^ wHjKEN
Oder sollen hier Und und ist die beiden herrschenden Reimstibe Min?
— Für die Richtigkeit der neuerdings aufgefundenen Regeln aber liOigt
(ausser der im Allgemeinen bestätigenden Praxis des Älterthtuns):
L Die Übereinstimmung mit dem Geiste , welcher die Betonung
der germanischen Sprachen überhaupt bestimmt
n. Der berechtigte Unterschied des poetisch-rhetorischen Aecentes
von dem logisch-prosaischen«
Ad L Während eine aufmerksame Beobachtung lehrt, daß der*
selbe Gedanke, welcher das Wesen der grammatischen CompeatioB
geregelt hat, auch — in erweiterter Anwendung — der rhythmisdien
Composition zu Ghrunde liegt, spricht die unnöthige Erhöhung
Tieftons über den vorhergehenden Hochton oder die Annahme
annähernd gleichstarken Betonuug — in componierten oder nicht oom»
ponierten Worten — dem Genius der Sprache Hohn und annulliert
eigentlich wieder die grammatische Composition, was in Fällen wie
«
■oido wdrdlfco wördun l&bhodon
und vielen Andern doch sicher nicht die Absicht des Dichters war,
wenn auch Vetter S. 53 darin einen Vorzug zu finden scheint. Aber
auch Beöv. 2515 wäre eine Betonung
of terdsMe üt gefliced
ein trauriges Vergnügen, da der Rhythmus die Einheit der Compodtion
zu erhöhen, nicht zu zerstören suchen muß. Wollte man aber dnrdi
die Anwendung des Gravis in solchen Fällen sich vor dem Vor-
wurfe einer Abschwächung des Hochtons schützen wollen, so tan^ dies
Argument vortrefiFlich ftirs Auge, aber ebenso schlecht Airs Ohr: ent-
weder ist nämlich der Accent auf der bez. Silbe so schwach, daß er
einer besonderen Unterscheidung von den tonlosen und unbetonten
Silben ebensowenig bedari^ wie man diese letzten beiden Gassen (nach
der z. B. von Zamcke angenommenen Unterscheidung) durch besondere
Accente auszuzeichnen braucht, oder er ist so stark, daß er der Wir-
kung des rhythmischan Hauptaccentes schon Eintrag thut, wenn er
sich diesem auch formell unterordnet Um dies zu verdeutlichen
braucht man nicht einmal Verse — aber womöglich richtig — zu lesen,
sondern kann sich schon an die bewegtere, ungebundene Rede halten.
Ein erzürnter Vater sagt etwa zu seinem Sohne:
a) leh si^ Dir Dies jetst —
h) loh hibe Dir Dies schon einmsl gesagt. —
e) SoU ioh^Dir Dies etwa warn dritten Male sagen? —
In 6) läßt sich auch die Betonung schon einmal oder sch6n einmal
denken, welche aber dann Versetzung von „ich habe^ in rhythmische
METRISCHE BEMEKKUNOEN. 288
Senkung nicht nur zuläßt, sondern erfordert, wenn das Ohr nickt durch
einen wunderlichen Doppelaccent*) irritiert oder der Satz statt in Einern
Athem, vielmehr in zwei Absätzen:
ich hibe Dir Dm
schon einmal (gesagt —
gesprochen werden soll, wodurch er nicht mehr einem Verse, sondern
einem Verspaare entspricht — Auch e) liesse sich: S611 ich u. s. w.
(mit zwölfsilbiger Cadenz) oder in zwei Sätzen vortragen. — Da die
hier als fehlerhaft bekämpfte Betonung von so ttLchtigen Metrikem,
wie Vetter und Rieger — als Consequenz der Zweihebungtheorie —
flir richtig gehalten wird, mag hier auch daran noch erinnert werden,
daß neben der Heranziehung von Tieftönen zu Versaccenten auch in
Fällen wie eordsele, td gebidanne (Beöv. 2452) u. s. w."^ auf der
anderen Seite öfter eine Verlegenheit entsteht, wenn man von einer
grösseren Anzahl scheinbar hebungsftlhiger Silben doch (dem Schema
zu Liebe) nur zwei sich aneignen darf, was sehr häufig z. B. 2517:
hyAte h^bnberend hfndeman Aäe
der Fall ist, warum nicht hämbirend? oder härentd häarda? (2475).
— Sollten nicht etwa die Vierhebungsmänner Recht behalten oder etwa
einer DreihebungsAeorie die Zukunft gehören? Schwerlich! Vielmehr
wird jede Theorie, welche darauf abzielt, ftlr den alliterierenden Vers
eine bestimmte Anzahl von Hebungen (abgesehen natürlich von der
skaldischen Technik, auf die ich sogleich noch zurtlckkomme) anzu-
setzen, in unseren Texten bald vielleicht die gewünschte Zahl, aber
eben so oft sicher ein Plus oder Minus erhalten, und alle Versuche, dies
thatsächliche Verhältniss lediglich auf eine Verwirrung und Verirrung
der Überlieferung zurückzuftlhren, wird der ehrliche Forscher als ver
gebliche Selbsttäuschung allmählich aufgeben müssen. — In Fällen wie
Häv. 73, 1 kann man nach logischer Betonung 3 Hebungen nicht ent-
behren, bei rhythmischer Lesung genügt öine.
Daß aber auch die skaldische Technik, welche allerdings eine
feste Anzahl von Hebungen kannte, als unentbehrliches Kennzeichen
derselben den Stabreim ansah — daß es also, vom Standpunkte der
*) Ein toloher ist rfaythmiseh mir aUen&Us berechtigt in etwas stirkeren
Aceentvenen, wie Sigkv. sk« ST, 7^8, wo dsnn ein wirklieher Nebenstahreim ania-
nehmen ist. Aber in FSllen wie B^y, 1 erkenne ieh ihn nicht
**) Noch gewaltsamer sind freilich Betonungen, vor denen auch Rieger 8. 81
nicht zurückschrickt: 6i |>Am ddle Crist 1076, oder: ic mdgeüAe Be6y. 1661, also
vielleicht auch 6f ^rdsele B^v. 2616. — Da sind wir fireUieh schon mit einem Fasse
in der Grabe! — Daß ich hier die scheinbare Alliteration der Vocale nur als die von
Snorri selbst gestattete Freiheit tonloser Worte ansehe, versteht sich von selbst
284 E* WILKEN
alten Theorie aus, ebenso ungereimt ist von „reimlosen Stäben* oder
wie man sonst diese Bastarde poetischer und prosaischer Betonuif
nennen will; wie es in der Praxis immer ein unfruchtbares BobIIImi
sein wird, in unseren Texten sie nachzuweisen — dies geht klanr
noch als aus den oben citierten Worten des Snorri aus denen seiiMS
Schülers 6Ufr HvitaskÜd hervor, der (Sn. Edda AM U, 148— ISO)
das Wesen der Alliteration also frisch und fröhlich beschreibt:
Paromeon er )>at, er m9rg ord hafa einn upphafs-sta^ semhdr:
Sterkum stilli styrjar y»ni.
l^essi figüra er mjpk hofd i m^Usnildarlist, er Retorika haitir, ok
hön er upphaf til kvedandi ])eirar er samanheldr nomenum ■^^^^•^fi
sem naglar skipi er smidr gorir, ok ferr sundrlaust ella bord fii
bordi; svä heldr ok ])essi figdra saman kvedendi i skittdskap meA
st9fum )>eim er studlar heita ok hpfudstafir. In fyrri figiira*) gorir
fegrd med hlj6dsgreinun i skildskap, svä sem felling skipsborda; en
)>6 eru fastir vidir saman, )>eir sem negldir eru, at eigi si vel feldir,
sem kvedendi heizt i hendingarlausum hättum. — OUfr unteracheidei
also mit Recht an der skaldischen Alliterationsdichtung die nur durch
äussere Convention zum (dort allerdings sehr beliebten) Schmuck ver-
wandte Halb- und Ganzassonanz von dem Stabreime, der filr diese
Dichtart so wesentlich sei, daß die Reimstftbe gewissermassen den
Nageln gleichen, welche die Planken eines Schiffes zusammenhielten*
Die ganze Darstellung, sowie das gewählte Beispiel bezeugen, daß er
von reimlosen Stäben keine Ahnung hat; ihre Annahme ist nicht nnr
überflüssig, sondern redudert die rhythmische Wirkung der andeni
Stäbe, da nun die Alliteration nicht mehr als das wesentliche Moment
für die rhythmische Hebung in der Alliterationspoesie gelten kann, sie
wird zum zufUligen, wenn auch conventioneilen Schmucke, wie bei
Oläfr die Assonanz.
Ad U also über den Unterschied prosaischer und poetischer Be-
tonung mögen folgende Bemerkungen Allbekanntes, aber wie es scheint
noch zu wenig Beachtetes, hervorheben« Der poetischen Redeweise
widerstreibt 1. jede unnöthige Anwendung von Partikeln und nament-
lich die übliche Umschreibung der Negation durch negative Partikeln;
sie ersetzt den Gebrauch allein durch Betonung. Statt des prosaischen :
„Ich will mich dazu entschliessen, denn ich weiß leider keinen andern
Rath'^, genügt poetisch:
Idi wfll es Uuuiy
loh weiß nichts Anderes n« dgL
*) Gemeint ist die im Vorhergehenden besprochene Assonans.
IfETBISCHE BEMERKUNGEN. 285
Auch die Negation wird, wenn sie nicht scheinbar völlig fortfkllti doch
jedenfalls in poetischer (oder anch nur gehobener nngebundener) Bede
nicht betont; daß: ich thüe dies nicht! richtiger betont ist, als: ich
thue dies nicht! wird Jeder filhlen, vielleicht ohne den Grund sich
angeben zu können (vgl. w. u.) — Wenn hier das Verbum dem blossen
Formwort, der Partikel u. s. w. gegenüber den Vorrang behauptet, so
ist es selbst wieder dem Substantivum gewöhnlich in der poetischen
Betonung untergeordnet, wahrscheinlich, weil wir uns doch die durch
das Verbum angedeutete Thätigkeit oder Passivität nicht so klar vor
das Auge der Vorstellung stellen können , wie die (in den älteren
Sprachen ja überwiegend auf sinnlicher Anschauung beruhenden) No-
mina. Unter den Nominibus hat wieder das determinierende Eigen-
schaftswort sehr häufig vor dem Substantivimi den Vorrang, weil es
gerade die beachtenswerthe Seite nicht nur andeuten , sondern scharf
hervorheben will:
Die schönste Jongfiran siteet --
Ihr g<Sldnes G^eschmeide blitiet,
Sie kimmt ihr goldenes Btaa o. s. w.
Ein ganz ähnliches Verhältniss ist es, wenn das die Bichtung des Ver-
bums charakterisierende Adverb vor diesem rhythmisch bevorzugt wird :
tritt leise auf! u. Ähnl. — Nicht auffUlig ist, daß Localadverbien unter
Umständen einen sehr starken rhythmischen Accent vertragen, so:
dort 6ben wooderbar,
WO „wunderbar^! so stolz es klingt , doch eigentlich nur die Cadenz
des Verses ausftült, während mit „dort öben^ unserem Blick eine
bestimmte Bichtung angewiesen wird. — Zu beachten ist femer, daß
Pronomina in der älteren und poetischen Sprache häufig stärker betont
erscheinen, wie in der Prosa, in einer Weise, die uns jetzt schwerer
verständlich ist, als die vorher genannten Abweichungen. Betonun-
gen wie
on |>lm dige PftMt Ilfes
oder die von Hügel, Über Otfrids Versbetonung S. 10 fg. als ^kind-
liche^ Manier bezeichnete Betonung:
in th^ selben thingon
behalten ftür unser Sprachgefllhl , indem die demonstrative Bedeutung
der bez. Pronomina zu sehr abgeschwächt ist, etwas Auffiüliges. Auch
die mhd. Weise, das Personalpronomen dem jft! und nein! noch hin-
zuzufügen, und wohl gar im Tone ttber dasselbe zu erhöhen, z. B.
JQDcfroawe, wdlt ir nemen mieh?
spneohe ich nü: hfoe, nein lehl (mhd. Wb.)
286 ^ wHjKEN
gehört eben der lllteren Sprache eigenthümlich an. — IMe gedachten
Unterschiede sind aber nnr znm Theil als Unterschiede des llteren
und modernen Sprachgeftlhls zu betrachten; zum Theil steht noch heute
der Ausdruck des gewöhnlichen Lebens in bewegteren Momenten auf
Seiten der älteren, heute noch nicht ganz veralteten Technik.
Sobald man nftmlich nur beachtet , daß neben der wechaebiden
Tonstftrke auch eine sehr unterschiedliche Tonftrbung besteht, ao wird
man sich Betonungen wie: ich Aüe das nicht u. s. w. sehr leicht er*
liutem, auch an Verwendungen wie Ei ja wohl! im negatiren Sinne
(Gr. Uly 766) und anderen Wunderlichkeiten nicht weiter ^mAo^
nehmen. Soweit wir n&mlich Einsicht in die n^ativen Partikehi habeD|
sind dieselben ursprfinglich sei es im indefinitiven , oder geradesu üi
positiven Sinne verwandt, vgl. z. B. jamais! point! an. manngi = goL
mannahun, nhd. kein = dehein u. dgl. m.*) — Diese Partikeln dienen
nicht sowohl zur Bezeichnung, als zur Umschreibung der N^ation;
man hatte sich gewöhnt, die Worte gewöhnlich mit negativem Aocent^
zu sprechen, und so wurde ihre Anwendung im positiven Sinne afl-
mfthlich ungebräuchlich und sie gelten nur ab „negative* Partikdn
oder Pronomina. Weil aber der negative Accent, nicht die nnr sor
Bequemlichkeit des lässigen Ausdruckes üblichen Formworte, das We-
sentliche ist, ist auch eine Betonung Ich thüe das nicht, oder
vata sindr ne §mr
ni ffvilar nimir —
gip Tsr gimmiiga,
en gtiä hvergi
die scheinbar den Unterschied von positiv und negativ ganz vernach-
lässig^ vollberechtigt; es sind eben sandr, saar, svalar unnir, graa mit
negativem, gap ginnunga. mit positivem Accent zu lesen. Und weil
eben der negative Accent schon auf gris ruht, in hvergi nur gerade
so nachklingt, wie der positive von gäp in var, so ist auch «» gria
hvergi ebenso gut ein rhythmisches Compositum***) wie der vorher-
gehende Vers ein solches darstellt
*) Abgesehen Ton dem biB ins Skr. hmaof gehenden ne (na), das aber jeden.
faUf keine reine Negation ansdrficken kann.
**) Wem damit eine nnbekannte CkOsae Torgeatellt wird, der denke rieh etwa
einen in peennilrer Bediingniae Befindliehen animfen: schöne Worte gibts fiberaU,
aber Geld! Man TgL damit die Betonung in: Geld regiert die Welt
***) Da5 diese AnflEuanng, an den unter den Neueren namentlich auch Hom
schon hinneigt, der alten Technik nicht fremd war, beieugt der nicht bloß in Hitt,
sondern hlufig belegte an. Ausdrack Ylsuord oder bloß ord (s. Vigf. und Mob. a. y.)
Der Inhalt derselben galt gewissermaasen als din Wort^ und auch di(
BIETBISCHE BEMEBKUNOEN. 287
Verwandt aber der negativen ist eine andere Betonüngsweise, die
ich als retardierenden Accent bezeichnen möchte; sie drückt aus, daß
die mit dem Worte verknüpfte Vorstellang oder der bez. Begriff nicht
ohne Weiteres angenommen ^ nicht zur vollen Geltung gelangt sei
oder wenigstens dieselbe nicht angehindert erreiche. Vergleichen wir z.B. :
erlegen seiner Liebesqnal
mit dem Qoetheschen:
Glück ohne Boli,
Liebe, bist Dn!
80 wird für den letzteren Ausruf die Betonung des Wortes Liebe in
dem vorhergehenden Verse vorgezeichnety sie darf von der in Liebes-
qual nicht wie Tag und Nacht verschieden sein, muß sich aber in
jenem Falle schon durch den retardierenden Accent zu der in Qual
liegenden Begriffsi&rbung abstufen , um nicht eine rhythmische Disso-
nanz ärgster Art hervorzurufen. Daß auch das einfache: ich liebe!
mit sehr verschiedenem Accent, mit stark retardierendem z. B. in dem :
Ich liebe meine Mutter
des Don Carlos in Schillers Trauerspiel zu sprechen ist, kann man
von jedem halbwegs geschulten Schauspieler lernen. Nach solchen
modernen Mustern sind nun aber Verse, wie
at HAlfir konongr
hlsBJandi dö (lies Ujbj)
und: er eigi Uttar»
lif en dandi (BiXü s. C. XIII)
zu lesen. Es ist namentlich der letzte Vers nicht ganz leicht zu re-
citieren, es muß in demselben eine gewisse Lebenssattheit auf lif zum
Ausdrucke kommen, die das Leben als mindestens ebenso schwer wie
den Tod ansieht Dem retardierenden Accente gegenüber steht nicht
nur der positiv -verstärkende, sondern auch eine Betonung, welche
man ,, triumphierend^ nennen könnte, welche die mit dem Worte ver-
bundene Vorstellung so zu sagen mit Füssen tritt| z. B. Musp. 15
dar fdH neoman sinh (so Cod.),
WO die negativen Coloraturen in der rhTthmischen Senkung erst au
siuh zum Ausdrucke kommen können, wo nun die Betonung sozusagen
triumphiert über den Begriff: Krankheit — Als dassisches Beispiel
ftlr den ^^polemischen Accent*' kann ich an das bekannte: Quos ^o!
Benennung spricht daftlr , daß ursprfln^oh nur din Beimstab dem Verse snkam.
Vgl. auch HAv. 140, 4 — 6. Auch die ags. Technik seheint ord als Beseiohnung Ar
die Versseile verwandt sn haben: vord öder fand Beöv. 871, wo ich swar ord mit
Orein im ags. Glossar als N. Sing, fssse» aber auf das Beimwort (nebst Enklitids)
besiehe.
288 ^ WILKBN
Vergils erinDern. Hier wird allein durch die Betonung das VerliiltniH^
das eventuell zwischen Subject und Object eintreten würde, in einer
Weise colorierty daß Letzteres schwerlich nach einer genaueren De-
finition Verlangen trägt Auch unser nhd. Wortwechsel pflegt
mit einem, wenn auch massig polemischen Accent gesprochen sa
den, so daß wir ausdrücklich von ^friedlichem Wortwechsel'' redet
müßten ; wenn wir das ags. «vordum vrixlan^ aufnehmen wollten^
Ebenso ist die Wendung „ein Wort gab's andere^ nach unserem nhd.
Sprachgefühl immer mit polemischer Coloratur zu sprechen, wihrend
das der grammat Construction noch wohl ganz entsprechende aga. ord
dder fand**) vielmehr das erwünschte Sichfinden der Beimstäbe mant
und daher zu möglichst conciliantem Accente auffordert — Die Be-
achtung der verschiedenen Toncoloratur ermöglicht nicht nur one
fehlerfreie Betonung von hl&jandi dö mit äner Hebung , sondern lißt
auch die scheinbare Dissonanz der Vorstellungen viel leichter mk
auflösen y als dies bei einer Betonung mit zwei (oder gar vierl) He-
bungen der Fall wäre. Bei „lif en daudi^ muß auf In schon der Ae-
Cent eine gewisse Todessehnsucht andeuten, die mit dem folgenden
daudi verschmilzt, dann ist auch dieser Vers ein tadelloses rhydh
roisches Compositum.
Die hier kurz skizzierte Auflassung der AUiterationspoeeie wurde
in ihren Hauptzügen bereits im Winter 1874 — 1875 in einer Vorlesung
über altd. Metrik entwickelt, seitdem habe ich wiederholt gelegentlidi
angedeutet, daß ich nur ^ine Hebung fbr die Yerszeile der AUiteratims*
Poesie ftir nöthig hielte. Sollten Andere bereits zu ähnlichen Besaltaten
gelangt sein*^, so würde es mir recht lieb sein; ftLr mich selbst besteht
kein Zweifel mehr an der Bichtigkeit der hier entwickelten Auffassung,
welche sowohl in der Theorie sich völlig consequent bleibt, als aneh
der skaldischen Kunstauffusung gerecht wird, endlich unseren Terten
nicht Dur keinerlei Zwang anthnt, sondern einen wirkungsvollen Vor^
trag derselben allein ermöglicht Niemab sind wir genöihigt_Vme
ohne Senkung anzunehm^ — Die Zweöiebungstheorie dagegen hat
*) Nalilrfioh kmim sich ein polemiAeher Accent nnr dnrch allmihliclMn Usoi
lestsetien, er beniht in diesem Falle Tielleicht auf einem Vergldoh mit Aosdiüekss
des Kampfes, TgL das mhd. sperwehseL
**) ,Wort reihte sich an Wort" fibersetst Grein richtig im ags. S^mehaehstiy
anders erklirt es Heyne im Gloss. tu Behr.
*^*) Wenigstens heißt es in der nenen Ausgabe der AnaL Norr. Ton Th. |ISbto
8. S74: Die Hebungen im Verse des Fomyrdalag sind swei, wenn nicht bloß eisa
oder drei. — Übrigens erdefat man, daß Mobins anch jetst noch reimlose Hebungen ^'
annimmt. ~
BfETRISCHE BEMERKUNGEN. 289
auch in ihrer neuen Begründung durch Vetter den Widerspruch der
Lachmannianer und nicht bloß dieser, sondern auch einiger andern
Anhänger der Vierhebungsthoorie nicht zu entkräften vermocht; sie
krankt noch immer an dem irrigen und fast wunderlichen Meinen, das
Wesentliche (die Zahl der Reimstäbe) einem ziemlich freien Wechsel
überlassen, das relativ Unwichtigere (zwei grammatische oder logische
Hochtöne, event. einen Hochton und einen stärkeren Tiefton) fest be-
stimmen zu wollen. Indem sie damit das grammatisch -logische Princip
über das rhythmisch-poetische erhebt, verfällt sie dem Fehler, an
Fragen der Poesie den Maßstab der Prosa zu legen — und da, wie
ich nachgewiesen zu haben hoffe, die rhythmisch-poetische Betonung
(abgesehen von einzelnen immerhin verzeihlichen poetischen Freiheiten)
zugleich die eigentlich auch dem modernen Sprachgefühl nach richtigere
und logischere ist , so kann sich die Verkennung des poetischen
Betonungsprincipes auch nicht durch eine wirkliche Rücksichtnahme
auf Logik herausreden. Ihr einziger Vorzug besteht darin, der prosai-
schen — d. h. aus Nachlässigkeit ungenauen — Wortbetonung sich
anzuschliessen und somit sehr bescheidene Anforderungen an die
Kunst des Vortragenden zu stellen; was man dann aber zu hören
bekommt, ist nicht Stabreimdichtnng, sondern nur eine Art Reimprosa.
— Sollte es nicht Zeit werden, zu einer richtigeren Auffassung zurück-
zukehren?
Denjenigen aber, welche noch mit Zweifeln gegen die absolute
Richtigkeit unserer Auffassung zu kämpfen haben, sei zu bedenken
gegeben, d|iß_un8er System keine Schablone sein will, in die jeder
Vers ohne Weiteres sich fügen soll und muß. Vielmehr sucht sie nur
die aUgemeinen Grundsätze für die Versöhnung des rhythmischen und
des grammatisch -logischen Tonprincipes in der Alliterationspoesie zu
vermitteln, und ist um so weniger geneigt auf eine über allen Anstoß
beim Recitieren erhabene Vortragsregel sich steifen zu wollen, als die uns
vorliegenden alliterierenden Denkmäler offenbar einen Übergang von der
einfachsten , älteren Weise des Stabreims zu jener complicierteren
Kunstform bilden, wie sie auf dem altnordischen Gebiete die skaldische
Technik darstellt Die Entwickelung verhielt sich in den Hauptzügen
so, daß in der ältesten Zeit nur verwandte, zumeist nominale Bildung
mit wenigen, praefix- oder suflßxartigen, Partikeln umkleidet das Vers-
paar dai*stellten, z. B. noch nhd.:
Tod und Teufel!
weiterhin aber jjlie Abschwächung des Worttones schon für die Prosa
die Composition, d. h. eben das Sichbegnügen mehrerer Worte mit
GERMANIA. Nene Beihe. XII. (XXIY. Jahrg.) \^
/
290 E- WILKEN
änem Hocbtone; in weitem Umfange förderte, welcher Vorgang tk
den Vers sieh in noch weiterem Masse verwirklichen läßt. Wir glanbla
uns berechtigt, as. word godes ebenso gut wie unser nhd. Oötteswwt
als rhythmisches Compositum zu fassen , und fanden nur dort eine
Art von Schwierigkeit, wo disparate oder doch gewöhnlich scharf iints-
schiedene Begriflfe und Vorstellungen von äinem Versaccente beherrsch
werden sollen, wie in
hliejandi dd.
Daß sich derartige Fälle hier und da ergeben, war eine Folge der
durch die gewöhnliche Abschwächung des Wortaccents bedingten Hir
fung mehrerer Worte im Verse; und wenn man nun auch ftlliwift^^»
sagen könnte , daß nach der Analogie der weit überwiegenden FiHe,
wo die im Verse zusammenstehenden Worte sich auch begrifflich mtit
leicht componieren, auch jene scheinbaren Ausnahmen sich rickleB
müßten y so habe ich doch vielmehr die Möglichkeit zu erweisen ge-
sucht, durch einen etwas kunstvolleren Vortrag auch derartige Woit-
verbindungen wie lif en daudi als rhythmische Composition erkemia
zu lassen. Und wer die von mir oben geforderte Betommg als n
künstlich bezeichnen möchte, der steht gerade auf dem Standpunkte^
von dem aus sich das Verhältniss der prosaischen zur poetischen Be*
tonung am leichtesten erläutert Allerdings sind wir im Stande mit
Ich will es thuD,
Ich weiß nichts Anderes
durch einen pathetisch-resignierten, negativen Accent von ziemlidier
Stärke (der eben die Verwendung des Verbs zur rhythmischen Hebung
rechtfertigt) auf „weiß^ eben so Viel oder Mehr zu sagen, als die
Prosa mit «Ich will es meinetwegen thun, denn ich weiß ja leider
wirklich mir nicht anders zu helfen^. Durch noch stärkere Betonung
von weiß (vgl. mit will; wird in rhythmischer Weise der Causalnezos
beider Sätze angedeutet; das stärker betonte Glied bildet die natfirliche
Grundlage für das leichtere. Aber ebenso gewiß wie die Correcthttt
der rhythmischen Betonung ist andererseits ihre Unbequemlichkeit ftr
den gewöhnlichen, fortlaufenden Vortrag; diesem ist selbst eine so
massenhafte Anhäufung von umschreibenden Partikeln und Adverbien,
wie ich sie in der Paraphrase anwandte, weit mundgerechter als die
einmalige Verwendung eines gesteigerten und dabei verschieden-nflan-
cierten Wortaccentes. — Finden wir dies Verfahren wohlverständlieh,
so dürfen wir noch weniger der Poesie aus ihrem Festhalten an der
wahröcheinlieh älteren, jedenfalls wirksameren rhythmischen Betonunga-
METRISCHE BEMERKUNGEN. 291
weise*) einen Vorwurf machen. — Auch da, wo wir poetische Frei-
heiten einräumen, sind dieselben doch meistentheils nicht so, daß sie
eine Unrichtigkeit involvieren. Die Betonung bdam Ecg))eöves oder
h^lm Scyldinga, die ich oben forderte, mag noch auf Widerspruch
stossen ; sobald man sich aber klar macht, daß die betreffenden Worte
für den Sinn in allen Fällen dieser Betonung entbehrlich sind, in
vernünftiger Prosa (nicht einer ängstlichen Paraphrase) also fortfallen
müßten, daß sie nur das Versmaß zu füllen bestimmt sind, nur ein
Ausfüllen der Versmelodie durch einige Worte bezwecken, so wird man
einräumen, daß hilm Scyldinga = Sigeskyldinga hier keinen Anstoß
mehr bietet. — Am auflUlligsten bleiben unserem Gefühle vielleicht
die pronominalen Betonungsweisen wie
on )>fiin däge )>j^sses lifes,
wobei möglicherweise die Begriffscorrespondenz oder der Sinnreim von
„däg" und „lif" (vgl. unser: Licht des Lebens, Licht der Welt) als
Reim geroeint ist, wenngleich zu dieser Annahme die häufige Verwen-
dung von ))ysses lifes in der ags. (namentlich geistlichen) Poesie gerade
nicht ermuntert. Derartige Einzelheiten aber mögen und dürfen immer-
hin genauerer Prüfung vorbehalten bleiben ; mir kam es hier zunächst
darauf an, die Hauptfragen der Stabreimtechnik in ein etwas helleres
Licht zu setzen.
Noch liegt mir daran zu betonen, daß unsere Alliterationspoesie
keineswegs den Charakter einer bereits fest abgeschlossenen Kunstform
zei^t. Jenes allüberall gelegentlich auftauchende sei es Streben nach Ver-
stärkung der rhythmischen Kunstmittel oder sei es nur Zuiriedensein mit
gelegentlich unterlaufenden Endreimen, Assonanzen, vor- und nachklin-
genden Stabreimen, Doppelreimen läßt sich ja in Kürze dahin charakteri-
sieren, daß für den mit der Zeit wortreicher gewordenen Vers namentlich
in Fällen etwas stärkerer Betonung der Stabreim sei es als 1 -|- 1, sei es
auch als 2 4- 1^ gehandhabt nicht immer mehr ausreichend erschien,
die Herrschaft allein zu behaupten. Die wenigstens ftlr mein Geftlhl
kunstgemässeste Lösung fand die .skaldiache. Technik., indem sie auf
jede Steigerung des Stabreims über die Formel 2 + 1 verzichtend**)
*) Noch wirksamer und nGancenr eicher ist natürlich die Sprache des Auges,
die ebendarum auch wohl die älteste sein wird. Wen hier die eigene Erfahrung
nicht belehrt, der mag an Schillers schönes Rüthsel (Par. und Räthsel 6) sich mah-
nen lassen.
**) Daß eine vollere Cadenz fllr den zweiten Halbvers erwünscht war, zeigt die
Häufigkeit von Betonungen wie i'iptekumanne goma-thigg^an n. s. w. neben ganz verein-
zelten wie: dilr nist neoman siiih.
292 ^' KEINZ
▼ielmehr in der Assonanz ein neues Mittel fand, um die innere EiBhät
des Verspaares auch bei etwas grösserer Wortfiilie sicher xn stdki;
die Assonanz hat darin einen sozusagen weiblichen, dem nngesehnhB
Ohre oft kaum merklichen Einfluß zu bewähren unter der Herrsdnft
des männlich angelegten Stabreimes. Man vgl. mit jenen oben 1ml
sprochenen Stellen der Hälfssaga (hl»jandi do) oder mit dem scki
leichteren (Atlakv. 24,1—2):
er til hjarta skAm
wo ich die rhythmische Accentfiürbung wohl nicht mehr zu definMRi
brauche, den Schluß der Kräkumal (Fas. I, 310)
(28, 9—10) 6s8 mana «air bj6da,
er at s^Undi daadi. —
(29) F^samz bins at hetta.
heim bjöda mSr disir,
sem fr& Heijans hOlla
hdfir Odiiin m6r sendar;
* *
gladr skal ek öl med asnin
i Ondvegi drekka,
lifs em lidnar standir —
Isejandi*) skal ek deyja! E. WUXES.
DEUTSCHE NATIVITÄT DES XII. JAHR-
HUNDERTS.
Nachstehendes Bruchstück bildet den Inhalt eines Qnaiiblattai»
das auf dem Hinterdeckel des Clm 19515 der Münchener Bibliothd^
aufgeklebt war. Bei der Ablösung hat die Rückseite etwas an Schrift
verloren; doch ließ sich fast der ganze Text nach einiger Waachmi^
mit ziemlicher Sicherheit herstellen. Das Blatt ist in der Mitte von
oben nach unten, aber ohne Schaden filr die Schrift in 2 Stücke aer-
schnitten; und mögen unten 1 — 2 Zeilen fehlen^ oben ist die linke Ecke,
ungefi&hr wie nachstehend zur ersten Seite angegeben, weggeschnitten.
Die schöne Schrift wird an die Scheide des Xu. und XIII. Jahrhun-
derts gehören. Die wenigen Längezeichen (auch in lün) stehen in der
Hs., e hinter d ist auch im Innern der Wörter dem d oben angehXngt;
bei dem zweimal vorkommenden stcite ist unsicher zu entscheiden, ob
*) FOr hlspjandi.
DEUTSCHE NATIVrrÄT DES XII. JAHliHUNDERTS. 293
stette oder Bteite geschrieben sei, doch lese ich mit ziemlicher Sicherheit
steite (vgl. vreivel). Der Schreiber hat zweierlei z, das einem h ähn-
liche nur ausnahmsweise; daftir aber auch c (dieses fast immer in cehen).
röm Wirt in vier
ist zu allen dingen gvt
wirt gvt. vn vrevntliche. d'v mait
ne vn niht alt. d*r sieche stirbet schiere
er gilt vi! lange, df tröm wirt war. Dev dri
cehen te lün. ist von mittem tage gvt. si ist aber niht g^t anzevahen
ein leglich dinch Gebomz chint wirt manhaft Chvene vn her. vn wirt
niht alt d*v mait wirt vreiuel vn her. vn stirbet schiere, dr sieche
wirt schiere gesunt. od'r er stirbet schiere, df tröm erget in siben
tagen. Dev viercehente lün ist ze allen dingen gvt. Daz gebom chint
wirt chuen her vn stirbet schiere, d^'v mait wirt ker vn chivsche mit
mannen, vn stirbet schiere, dr sieche gnist schiere odr er stirbet schiere,
df tröm erget schiere Dev vumftcehente*). lun ist niht g^t. df alt**)
wirt niht steite. daz gebom chint wirt g^t vn chivmt in not von isen.
odf von wazzer. dv mait wirt chivsche vn minnechlich. df sieche stir-
bet ob er nach zuain tagen niht gsvnt wirt. df tröm schadet
Rückseite.
Dev sehscehente^ | sieche wirt. . . ^ | milt vn steite. dv mait wirt. . . ^ |
dr tröm wirt nach langen ziten vm^ | sibenzehente lün ist allen
tach gvt. daz geb^(om) | chint wirt vrevntliche charch. lirnich. chvene
vn I warhaft, dev mait wirt chivsche vn rieh, df sieche | lit lange***),
df tröm wirt schiere (war?) Dev ahtze | (heute) lün ist ze allen nit
f ) gvt wan dv chint ze limen zuset zen df gebom sun wirt | sige-
haft. vmbedrozzcn vü redlich, dv mait wirt | chivsche. vn arbaitsam.
df sieche wirt gsunt schier | df tröm wirt in cehen tagen war |
Dev nevntzc | heute lün ist zv allen dingen gvt. daz gebom chint |
wirt getrev gvt. charch wise. dv mait wirt sam. df sieche wirt schier
gesunt von erzenie. df tröm | erget in viumf tagen. Dev zvainzigest
lün ist allen tach gvt si ist aber ze werche unnutze, daz | gebom
chint wirt charch. dv mait wirt sam. | df sieche serwet lange df tröm
wirt unnuitze. F. KEINZ.
*) Das erste t ist nur mehr am Querstrich erkemibar und scheint radiert zu sein.
**) Zwischen a und t ein Loch; das i nicht sicher.
***) nndeutlich.
t) Loch.
294 K. BARTSCH
MARGARETENLEGENDE DES Xlf. JAHRHUN
DERTS.
In dem kürzlich von der königlichen Bibliothek zu Berlin
worbenen Codex der Enenkelschen Weltchronik, germ. fol. 927, einer
Papierhandschrift des fünfzehnten Jahrhunderts, steht auf der Vorder-
seite von Blatt 235 der nachfolgende Anfang einer unbekannten Mar-
garetendichtung. Ich verdanke Arnold Schröer eine sorgfkltige Ab-
schrift derselben. Die Legende ist von anderer^ weit scUechterer
Hand geschrieben als die Weltchronik. Die ersten drei Zeilen sind
etwas nach rechts gerückt ^ um dem fehlenden Anfangs-E Raum tu
lassen. Ich gebe zunächst einen kritisch bereinigten Abdruck , don
ich die nothwendigen Bemerkungen folgen lasse.
Hi hebet an sente Margareten buch.
Ein stat di heizet Antioch
und 8t@t in Eoichen lande noch,
da was ein herre gesezzen
wtse und vormezzen,
5 edel unde riebe;
he lebete heidenliche:
Teodoslus was he genant,
als uns di schrift tut bekant.
he was der beiden bischof :
10 des namen si plegen noch,
di türisten under in,
di er ^warten sin.
der selbe heidenische man
eine tohter gewan,
15 di wart Margarete genant.
c daz megetin du wurde alt,
du starp sin müter,
eme zungüte.
der vater moht daz kint niht bewarn,
20 he sante ez andercswar
einer witwen in ein ander stat:
daz kindichen he zien bat.
Überschrift Margreten. 3 herre /«AÜ. 4 unde. 5. 6 tti einer Zeile.
riche fehlt 8 also. 10 namen feliU. 1 1 Dy furstcii under on. 15 Margaret
J8 Eme zu gute. 20 and'e war.
MARGARETKNLEOENDE DES XII. JAHRHUNDERTS. 295
daz tut man noch hüte,
daz man kuschen lüten
25 junge megetin bevelit,
wan daz harte wol zemit,
daz man di in der jugende
züt zu solchen tugenden,
daz si in ubbekeit iht leben,
30 swanne si di man genemen.
di wetwe was edel und riebe:
si enphing di maget gütliche
und zöch si mit solchen 6ren
alse si er kint w6re.
Die Handschrift ist, wie man sieht, von erheblichen Fehlem nicht
frei. Für die Beschaffenheit der Vorlage bezeichnend ist der Umstand,
daß zwei Zeilen (5. 6) auf diner Zeile stehen; es scheint daraus her-
vorzugehen, daß die Vorlage nicht in abgesetzten Versen, sondern
fortlaufend wie Prosa geschrieben war, wie dies bei Dichtungen des
12. Jahrhunderts das übliche ist.
Denn daß wir hier den Anfang einer dritten] Margaretendichtung
aus dem 12. Jahrhundert vor uns haben, lehrt der Augenschein. Unter
den 17 erhaltenen Reimpaaren sind neun mit Reimungenauigkeit, wobei
die vocalische Freiheit in: sin 11 f. nicht mitgerechnet ist. Überschüssiges n
oder r in klingendem Reime (17 f. 23 f. 27 f. 33 f.) ist in allen Dichtungen
des 12. Jahrhunderts etwas so gewöhnliches, daß es keine nähere Zeit-
bestimmung ermitteln hilft. Wichtiger sind die Reime 9 f. 15 f. 25 f. 29 f.
Reimbindungen wie hischof : noch kommen In Genesis und Exodus, Ro-
land^ Kaiscrchronik^ Leben Jesu (Fundgr. 1, 190) und Herzog Ernst vor.
Die Bindung genant : aü hat ihr entsprechendes in Genesis und Exodus,
Anno, Roland, Alexander, Kaiserchronik, Rother, Wernher vom Nieder-
rhein, Graf Rudolf Burggraf von Regensburg und dem Mtlnchener Aus-
fahrtssegen. Dem Reime bevelit : zemit entsprechen ähnliche Reime in
Genesis und Exodus, Bücher Moses (Diemer), Roland, Kaiserchronik,
Bruchstück vom jüngsten Gericht, Hartmanns Glaube, Graf Rudolf.
Endlich begegnen Reime wie ld>en : nemen in Genesis und Exodus,
Roland, Kaiserchronik, Rother, Leben Jesu, Hartmann.
Unter allen diesen ist keine Dichtung, welche über die Zeit von
1170 — 1180 herabgeht; in dies Jahrzehnt also werden wir unser Bruch-
stück zu setzen haben. Dazu stimmt der sorgfältige Versbau, wie wir
24 kusch« late. 26 beuilt. 27 äy iöefrowe. 28 csuet. thog^nden.
29 ubekeyt 30 wao. 34 aU»y er.
296 K. BARTSCH
ihn um dieselbe Zeit bei Eilhart antreffen. Die ganze Darstellung
bekundet einen gebildeten formgewandten Dichter, der sich darin ge-
fällt Beziehungen auf die Sitten der Gegenwart einzuflechten (10 ff*.
23 ff.). Seine Heimat haben wir im mittleren Deutschland zu suchen^
darauf weist weniger der Reim bewam : war 19 f. (wohl bewaren : toare
zu schreiben) und Sren : wSre 33 f. als bevelü : zemü 25 f. (Hs. bevät : zemyt),
da die Abwerfung des h in ersterem Worte nicht oberdeutsch ist (Wein-
hold, mhd. Gr. 312 f.). Die mitteldeutsche Färbung der Abschrift stimmt
daher im Ganzen mit der Sprache des Originals überein.
3 herre habe ich ergänzt, nicht man, weil auch bei Wetzel es
heißt ein vil ricRer herre und in der Bearbeitung B (Germania 4, 442)
Theodosius als ein vil edel man bezeichnet wird.
6 Derselbe Vers begegnet wörtlich in Rudolfs Barlaam 7, 18 und
das Wort heidenUche ist überhaupt bisher nur aus Barlaam belegt
Dennoch wäre es voreilig, daraus auf einen Zusammenhang zwischen
beiden Gedichten zu schliessen. Die Bildung heidenlich als Gegensatz
zu dem häufigen hristenlich war eine so naheliegende^ daß man sich
wundem muß sie nicht öfter angewendet zu sehen.
9 hischof entspricht dem Ausdruck patriarcha der lateinischen
Legende und mehrerer deutscher Bearbeitungen. Vgl. namentlich
Wetzel 117 ff. dem hete diu heidenschaft verlihen die herschaft daz er u*
patriarche wda.
10 namen habe ich ergänzt des Sinnes wegen; dem Verse hätte
die Verwandlung von noch in inoch genügt. Denn des kann nicht wohl
auf den vorausgehenden Satz bezogen werden, sondern der Sinn ist:
^diesen Namen (Bischof) ftlhren sie noch heutzutage'.
11 Die Änderung in türisten empfahl Vers und Sinn zugleich; das
under in wie der nachfolgende conjunctivische Relativsatz wiesen auf einen
Superlativ, fursten aber in seiner ursprünglichen Bedeutung zu nehmen
'die ersten' schien mir für jene Zeit gewagt. Auch würde das die Be-
tonung die noth wendig gemacht haben, zu welcher gar kein Anlaß ist.
Der Schreiber fand tursten vor, das er wahrscheinlich nicht verstand
und daher in fursten änderte.
18 eme zu gute hätte den Sinn 'ihm zum Glück\ d. h. der frühe
Tod der Mutter war Ursache des himmlischen Glückes, das Margarethe
durch die Marter zu Theil wurde. Allein viel natürlicher ist es zu-
nächst die irdischen Leiden zu erwähnen, welche der Tod der Mutter
für die Tochter veranlaßte. Die Änderung zungHte wird bestätigt durch
das was andere Bearbeitungen an dieser Stelle haben. In A (Haupt
KLEINE MITTHEILUNGEN. 297
1^ 159) heißt es ir muotei' atarp ir fruo: dS gienc ndt der tohter zuo] in B
(Germania 4, 442) diu muotei* etarp im fruo : dem kinde gie arbeit zuo.
19 vielleicht en moht daz kint bewäm.
24 Die Abkürzung kuschs hde kann in k&echem lüte aufgelöst
werden, und man dürfte geltend machen, daß der sing, lüt nicht in einer
so jungen Hs. stehen würde, wenn er nicht in der Vorlage stand. Aber
daz Hut wird immer nur von einer grösseren Menge gebraucht, was hier
nicht paßt, lüte ist vielmehr nichts als ein Versuch den Reim zu glätten.
29. Auch die Schreibung ubeketft mit b weist auf eine alte Vorlage.
K. BARTSCH.
KLEINE MITTHEILUNGEN.
8. Verse des XII. Jahrhunderts.
Frowe tugintriche
nu tu so tugintliche
swenne ihc uon dirre werlt uar
so geruche selb chomen dar
daz gezemt diner g&te wol
magd aller gnaden uol.
In der Münchener Hs. clm. 19463 (Teg. 1463) des 12. Jahrhun-
derts auf Bl. 35. Catalogus cod. lat. bibl. Monac. II, 3, 248.
_ K. BARTSCH.
ZU PARZIVAL IX, 915 £
D6 Lueifer ßwr die heUevart
Mit schar^ ein mensche nach im wart.
Um meine in dieser Zeitschrift 7, 298 gegebene Auffassung
obiger Verse, gegen welche sich Sprenger in den Beiträgen z. Runde
d. ig. Sprachen III, 175 erklärt hat, besser zu stützen, verweise ich
auf folgende Stellen, in denen mit eehar, analog und synonym dem
häufigeren mit her ^ ebenso wie bei Wolfram sich gebraucht findet:
Kaiserchronik ed. Diemer 487, 13 der chunich unt dt eine Riten mit
8car dar in (= ed. Maßm. 15911); Kindheit Jesu 79, 57 daz volc zoh
alumbe dar Herhaß unt mit schar; Pfeiffers Altd. Beispiele in Haupts
Zt. VII , 363 die (vrösche) beruoßen sie (die nahtigale) m it schar (: wx»r) ;
298 A. NAGELE
dazu noch das Beispiel aus Biterolf 8756 mit schar besehuUen sie dm
man, was schon Lexer 11, 662 venseichnet hat. Lachmann hat wohl
hauptsächlich aus stilistischen Orttnden nach hellevart interpnngiert;
was er sich aber unter schär gedacht hat, kann wohl Niemand wissen,
da er es uns zu sagen unterlassen hat^ auch Sprenger nicht. Die Ver-
muthung des letzteren, daß schär hier eine germanisierte Form des
altfr. char, chair sei, welches Fleisch, menschliche Natur bezeichnet
habe, bleibt eine unsichere, so lange nidit andere Nachweise tob dem
Vorkommen desselben beigebracht werden können. Auch finde ich
nicht, daß die Präposition mit zur Bezeichnung des Stoffes, aus dem
etwas gemacht ist, gebraucht werde. Einer solchen Auffassung g^en-
über würde ohnehin das in dem darauf folgenden Verse stehende liz
der erden zu auffällig erscheinen.
ZEITZ, Februar 1879. F. BECH.
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS
IL
Die Grundlosigkeit der Annahme, daß Walther am Wiener Hofe
1200 das Fest der Schwertleite des Herzogs Leopold des Glorreichen
und 1203 das seiner Vermählung mit Theodora Komnena mit begangen
habe, habe ich oben (Heft 2) dargethan, wo ich sämmtliche Sprüche
des ^Wiener Hoftones*^ in die Jahre 1198 und 1199 verlegte. Hier will
ich den Wiener Aufenthalt Walthers filr die Jahre 1207 — 1209, wie
ihn Menzel p. 164 annimmt, sowie fbr die Zeit von 1217 — 1220, wie er,
soviel ich sehe, von den Walther-Forschern wohl durchweg festgehalten
wird; in Frage stellen. Deshalb werde ich auch irgend einen Spruch
des ^Wiener Hoftones^ hier nur in so weit heranziehen, als dies etwa
zur Durchführung des Nachweises für die Richtigkeit der eben gc-
stellten Behauptung nothwendig sein sollte. Als Grundlage für die
Anschauung, es habe sich Walther zeitweilig in den Jahren 1217 bis
1220 am Wiener Hofe aufgehalten, gelten folgende Sprüche des Dich-
ters: L. 34, 34; 36, 1; 35, 17; 84, 1; 28, 11. Femer hat man noch zu
weiterer Begründung die Sprüche L. 24, 33; 32, 7; 31, 33 verwenden
zu können geglaubt*).
*) Bei Wilm. 83, 131; 83, 141; 83, 161; 63, l; 84, 61; und öl, 1; 83. 121;
83, 161. Bei WR. 35, 11; S5, 21; 36, 8; 56, 3; 49, 11; und 17, 9; 28, 17; 28, 7. B%\
Pf. B. 119, 120, 121. 127 152 ferner 86, 107 und 108. Bji Simr. 62, 61, 63, 72, 79
and 4, 69, 60.
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS H. 299
Wenn man L. 31, 33 und 32, 7 mit cinandor vergleicht, so wird
man eine inhaltliche Verwandtschaft kaum abzuläugnen vermögen.
Beide Strophen sind gegen die Störer und Beeinträchtiger des höfischen
SSangcs gerichtet. L. 32, 9 ff. heißt es:
ich sihe wol^ das man herren guot uud wlbes gruoz
gewalteclich und ungezogenlich erwerben muoz.
ainge ich minen höveschen sanc, sd klagent eis Stollen.
Damit ist zu vergleichen L. 32, 1 ff. :
ich h&n wol und hofelichen her gesungen:
mit der hövescheit bin ich nü verdrungen,
daz nü die unhöveschen ze hove genaemer sint, dann ich.
daz mich dren solde, daz unIret mich.
Ferner spricht sich Walther L. 32, 7 in folgender Weise aus :
Nü ifil ich mich des scharpfen sanges ouch genietcn.
und L. 31, 33 sagt er:
In nomine dumne: ich toil beginnen: sprechet amen
(daz ist guot für ungelücke und fSr des tievels sämen).
Sollte da kein Zusammenhang sein? Man hat zwar die Behauptung
aufgestellt, es sei L. 31, 33—32, 6 der Weihespruch für den ganzen
Ton oder aber fOr einen abgegrenzten Theil der Sprüche dieses Tones
— allein bewiesen hat man weder hier noch anderwärts, daß wir wirk-
lich solche einen Ton einweihende Sprüche vorliegend haben.
Für die gegenwärtige Beweisftlhrung sind nun aber von beson-
derer Wichtigkeit die Schlußverse der beiden Sprüche, in denen Wal-
ther sich auf den Herzog von Österreich beruft bei L. 32, 14 ff. :
ze Osterriche lernt ich singen unde sagen:
d& wil ich mich aller irat beklagen:
vind ich an Liupolt höveschen trdst, so ist mir min muot entswollen.
und L. 32, 5 — 6:
herzöge üz Osterrfch Liupolt nü sprich :
dun wendest michs alleine, sd verhöre ich minc zungcn.
Es handelt sich darum, welcher von beiden Sprüchen dem andern
zeitlich vorangeht Wackerneil p. 36 setzt L. 31, 33 ff. vor L. 32, 14 ff.
und an den KämthnerHof. Von dort verdrängt habe sich Walther flehend
an den Herzog Leopold gewendet (L.32,5 — 6). „Leopold scheint aber mit
seiner Antwort gezögert zu haben, darum will er sich in L. 32, 7 (Pf. 107,
S. 59) nun wirklich*) des scharpfen sanges mich genieten und gewaltec-
lich und ungezogenlich vorgehen. Er kennt jetzt den Führer der
Gegner am Kärnthner Hofe, es ist der Sänger Stolle'^. Wa-
ckemell bringt, wie dies vor ihm schon andere Forscher gethan, L. 31,
*) Was dies nwirklich** eigentlich zu bedeuten hat, ist mir nicht klar.
300 A. NAGELE
33 ff. und L. 32, 7 £ in Verbindung mit L. 32, 17 ff. und L. 32,
27 ff.*), d. h. er läßt alle diese Spräche am Kämthner Hof entstandoi
sein. Nun ist aber schon zu wiederholten Malen darauf mit Tollem Beeht
hingewiesen worden, daß inhaltlich zwischen den beiden Bemfiiiigs-
und den Kämthner-Sprüchen absolut kein Zusammenhang bestehe.
Man hat nun aber in gewohnter Weise einen solchen Zusammenhangs
der sich natürlich nicht ergab, künstlich arrangiert, indem man auf
die Möglichkeit hinwies, daß der bei L. 32, 11 erwähnte Stolle einem
in der Brixner Oegend ansässigen Geschlechte angehört^ und auf die
weitere Möglichkeit, daß derselbe eben deshalb ganz leicht an den
Kämthner Hof gekonmien und dort mit Walther zusammengetroffen
sein könne**).
Von einer Möglichkeit bis zur Wahrscheinlichkeit oder gar bis
zur Gewißheit ist es freilich noch sehr weit, einen Beweis aber, daß
die beiden Berufungssprüche an den Kämthner Hof gehören, vermag
nun diese Möglichkeit gewiß nicht zu liefem. Allein der Kämthner
Aufenthalt Walthers ist überhaupt höchst problematisch, wenn er nioht
vollends durch die nachstehenden Erörterangen widerlegt wird.
Die Worte des Dichters bei L. 32, 17 : Ich hdn des Kerendaerm
gäbe dicke enphangen können nicht als Beleg für diesen Aufenthalt
beigebracht werden, da Walther des Kämthners Gaben auch ander-
wärts, nicht nur an seinem Hofe empfangen konnte. Der zweite
Spruch aber, der sich auf den Kerendaere bezieht L. 32, 27 — 36 spridit
nun ganz unzweideutig durch seinen Wortlaut selbst gegen diese An-
nahme. Denn wie sind des Dichters Worte L. 32, 33: ichn weiz^
wer mir in dinem hove verkeret minen sanc] ferner L. 32, 34 . . . . t«<
er niht ze kranc, endlich L. 32, 36 .... ervar uns werz vei'kere mit
der Ansicht zu vereinen, daß dieser Sprach am Hofe von Kämthen
entstanden sei? Diese Worte haben doch kaum einen Sinn, wenn sie
an diesem Hofe entstanden gedacht werden, denn da konnte Walther
ja selbst sich darüber orientieren, wer denn jene seien, die ihm seinen
Sang verkehren, da brauchte er sich nicht an den Herzog zu wenden
mit der Bitte: und ervar titw, werz verkere. Wackemell p. 35 ftihlte
Übrigens selbst die Unhaltbarkeit seiner Ansicht, es sei dieser Spruch
am Kämthner Hofe verfaßt; allein anstatt die unerwiesenc Behauptung
vom Kämthner Aufenthalt des Dichters einfach fallen zu lassen, zieht
er eine neue Hypothese herein, daß es nämlich den Gegnern Walthers
*) Es sind dies die beiden auf den rt^ermdaere'^ bezüglichen Sprache.
**) Ansftihriicher Bericht Aber diese HypotheM bei Wackemell a. a. O. p. 91 lu SS.
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS H. 301
gelungen sei, ihn aus der Nähe des Herzogs zu verdrängen,
und da habe dann derselbe „aus der Ferne dem Herzoge über das
Treiben der hovehellen die Augen zu öffnen gesucht**. Man ersieht
leicht aus diesem Auskunftsmittel , welch schlechte Auspicien die Er-
härtung des Kämthner Aufenthaltes Walthers hat. Man müßte aber auch
noch weiterhin bei dieser Annahme die ganz geschmacklose Ansicht
festhalten^ daß Walther gegen Fürsten die vertrauliche Anrede mit „Du"
gebrauchen durfte, eine Ansicht^ die trotz ihrer Oeschmacklosigkeit
leider noch nie ganz fallen gelassen wurde. Auch Wackemell hält
daran noch fest a. a. O. 126 ff. und es scheint ihn sein Recensent im
Lit. Centralblatt 1877, Nr. 34, S. 1143 diesbezüglich wohl mißverstanden
zu haben*). Endlich erscheint es ganz unerklärlich, wie Walther
jenen ^ der ihm seinen Gesang verkehre, nicht gekannt haben soll,
wenn es, wie Wackemell glaubt, der Sänger Stolle gewesen ist. Hat
denn der so still gesungen, daß ihn Niemand hörte? Dann war er in
der That kein gefährlicher Mann und Walther hätte dann ganz ruhig
an dem vermeintlichen Kämthner Hofe weilen können.
Aus diesen Ausftlhrungen hat sich^ wie ich hoffen darf, wohl mit
ziemlicher Wahrscheinlichkeit ergeben, daß der Kämthner Aufenthalt
Walthers nur ein Phantasiebild ist. Wenn ich nun nach Beseitigung
dieser Hypothese nochmals die Frage aufwerfe, welcher von den beiden
Berufungs-Sprüchen als der früher gedichtete zu betrachten ist^ so muß
ich diese Frage dahingehend beantworten , daß dies L. 32, 7 — 16 sei.
Es geht dies 1. aus dem Inhalt der beiden Sprüche selbst hervor,
wenn man L. 32, 11: sing ich minen höveaehen sanc^ so Idagent siz
Stollen mit L. 32, 20 vergleicht: mit dei* hövescheit bin ich nü ver-
drungen, indem der letztere Ausspruch unzweifelhaft einen Fortschritt
des Einflusses der unhöfischen Sänger bezeichnet. 2. zeigt sich dies,
wie bereits oben angedeutet wurde^ in der Zusammenstellung von
L. 32, 7 mit L. 31, 33 (den Anfangsversen der beiden Sprüche). 3. und
das ist entschieden Ausschlag gebend deutet L. 32, 15: da {ze Osler-
*) Ich gedenke übrigens auf die Anredeform in Walthers Sprüchen noch znrflck-
zukommen. Hier erkläre ich nar, daß ich in Tollster Weise mich der Ansicht Men-
zels p. 128 anschliesse, daß nämlich die Anrede mit i,Da** nur aus der Feme gestellt
werden konnte und daß sie dann als poetische Figur betrachtet werden muß. Daß
darunter ja nicht ^die respectvolle Feme*, wie sie Wackemell a. a. O. annimmt, be-
griffen werden kann, ist selbstverständlich. Ad absurdum hat sich übrigens die An-
sicht, es entstamme diese Anredeform einer grösseren Vertraulichkeit zwischen Dichter
und Fürsten, dadurch selbst geführt, daß sie eine solche Vertraulichkeit auch zwischen
Walther und Engelbert, dem gewaltigen ßartUn meüler annehmen mußte.
a02 A. NAGELE
riehe) toil ich mich allererst beklagen mit solcher Bestimmtheit darauf
hiiii daß die hier ausgesprochene Berufung die erste sei, daß es wirk-
lich Wunder nimmt, wie man auf die gegeutheilige Ansicht verEedlen
konnte. Daß aber die beiden Sprüche nicht am Wiener Hofe selbst
entstanden seien ^ dafür spricht die Berufung , die ja dann gans
zwecklos wäre, selbst deutlich genug.
Ich gehe nun auf L. 35^ 17 ff. über. Dieser Spruch mit der
„reizenden Idylle*^) in die uns ^der scherzhafte Streit^ zwischen Forst
und Dichter versetzt, wird fast durchweg, nur Menzel a. a. O. p. 276
scheint nicht ganz einverstanden zu sein, an den Wiener Hof selbst
verlegt. Auf all die verschiedenen Deutungen, die dieser Spruch über
sich ergehen lassen mußte, kann ich mich hier, weil es einerseits sa
weit führen und andererseits auch ganz zwecklos sein würde, nicht
einlassen. Ich verweise aber daillr auf die diesbezügliche interessante
Zusammenstellung bei Menzel p. 273 ff. Daß der Spruch kein harm-
loser Scherz war spricht sich deutlich aus in L. 35, 20:
du wünschest underwUent biderbem man, dun weist joch wie,
weiter L. 35, 23 ff.:
wie käst dQ. sus getan
daz »cA dich an dm gemach gewünsdtet hän^
und du mich an mtn ungemach'i
und L. 35, 35—36:
.... l& stdn:
wis d& von dan, Id mich 62 in: so leben wir sanfte beide.
Wie man diese Äusserungen als einen ^»harmlosen Scherz*^ auffassen
kann, verstehe ich nicht. Es war diese Anschauung wohl nur da-
durch in Aufiiahme gekonunen, weil man nicht zu denken vermochte,
daß Walther an Leopolds Hof diesen Spruch, wenn es damit voller
Ernst sein sollte, dichten konnte. Und in der That ist der Ton, den
Walther in diesem Spruche anschlägt, so herb, daß schon aus diesem
Grunde die Annahme ausgeschlossen bleibt, daß er am Wiener Hofe
verfaßt ist.
Aber wo ist er dann entstanden? Dort, wo L. 31, 33 ff. und
32, 7 ff., die beiden Berufungssprüche nämlich, gedichtet wurden. Leo«
pold hatte auf des Dichters Berufung hin, diesen, dem er
wohl noch „seiner alten Schuld^ wegen gram war, an-
muthsvoll in den Wald verwünscht Dies war nun — die
Fama pflegt bei solchen Anlässen sehr geschäftig zu sein
— Walther hinterbracht worden, wonach der Sänger zorn-
müthig den obigen Spruch gegen Leopold schleuderte
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTRER8 II. 303
Dadurch ist auch der Einwurf Menzels S. 164 beseitigt: „die beiden
Appellationen hätten gar keinen Sinn^ wenn sie in leerer Luft verhallt
wären. Sicher hat der Dichter Sorge getragen, daß Leopold seine
Klagen vernahm und Alles aufgeboten, um seinen Zweck zu erreichen.
Wäre ihm aber dies nicht gelungen, wie Rieger p. 15 und 28 an-
nimmt, so dürften wir mit Recht in Walthers Sprüchen eine Andeu-
tung darüber erwarten^*). Mir scheint^ der Spruch L. 35, 17 ff. gibt
in der Weise, wie ich ihn verstehe, Andeutung genug hierüber.
In gleicher Weise, wie L. 35, 17 ff. ist auch L. 24, 33 ff.**) hu-
moristisch gedeutet worden. Es gehört dieser Spruch in die Reihe
jener Sprüche, welche von Simrock unter dem Namen des «Wiener
Hoftones^ zusammengefaßt werden und die ich anderswo, wie ich
hoffe, mit annehmbaren Gründen in die Jahre 1198 — 99 verweise.
Hier will ich nur in Kürze meine auf diesen Spruch bezüglichen Er-
örterungen wieder geben.
1. Die bereits von Simrock zu 4 hervorgehobene Ähnlichkeit
zwischen L. 25, 7—8 und L. 25, 32—38, läUt schliessen, daß die bei-
den Sprüche zeitlich nicht allzusehr von einander getrennt sind, weil
sonst eine derartige Beziehung kaum erklärlich wäre, besonders dann
nicht, wenn man genöthigt ist eine Zwischenzeit von 17 — 19 Jahren
anzunehmen.
2. Stimme ich allerdings mit Rieger p. 28 überein, daß dieser
Spruch, wenn er als ernste Klage aufgefaßt würde, nicht nach dem
Tode Friedrich des Katholischen und zwar unmittelbar und in Folge
desselben entstanden sein könne, weil Walther bei solchem Anlaß
ebensowenig persönliches Qefähl fUr den Hingeschiedenen, als allge-
meines Schicklichkeits-Oeflihl verrathen hätte. Allein ich setze den
Spruch nicht unmittelbar nach Friedrichs Tod an, sondern verweise
ihn in eine etwas spätere Zeit, als nämlich in Folge der Einmischung
Leopolds in den ungarischen Bruderzwist die Kriegsfurie auch nach
Osterreich verheerend vorgedrungen war, also ins Jahr 1199***).
Daß bei solchen Verhältnissen der Zustand des Wiener Hofes ein
äusserst kläglicher war, liegt auf der Hand.
*) Ich glaabe übrigens, daß man ganz mit demselben Rechte eine Andeutung
darüber erwarten dürfte, daß es ihm gelangen war ~ doch diese Andentang fehlt und
zwar aus leicht begpreiflichen Gründen.
***) Der hof ne Wiene tpraeh se mir etc.
***) Feßler-Klein : Gesch. von Ungarn Lpz. 18G7. I, 294, 295. Vgl Wilmanns
in Haupts Zeitschrift XIII, 877 ff.
904 iL NAGELE
3. Vermag ich unmöglich in dem Sprache Scherz und Hmnor n
entdecken, andere haben ihn übrigens auch nur deshalb gefanden,
weil der Spruch sich so leichter in den unhaltbaren Wiener Aafenthah
von 1217—1219 einzwängen Keß.
4. Wie konnte Walther hoffen, daß, wenn der Herzog und der
größte Theil seiner Edeln auf dem Kreuzzug sich befand^ am Wienar
Hofe ein glänzendes Leben sein werde. Das wäre doch eine ganz
unbillige Forderung gewesen. Aus allen diesen Gründen nun kaim
ich mich der Annahme, der Spruch gehöre zu 1217-— 1219, nicht an-
sdiliessen*).
Ich komme nun zum Spruche L. 34, 34 ff. : Die wUe ich wek
dri hüve 80 lobeRcher manne. Dieser Spruch deutet mit voller Be-
stimmtheit darauf hin, daß Walther die Verhältnisse dreier Höfe, nini-
lich des von Aquileja, von Wien und endlich von Mödling ab der-
artige kannte, daß er bei L. 35, 6 behaupten durfte: mirst nä «cnnft
daz ich durch handelunge iht verre striche. Was beweist denn aber,
daß er diesen Spruch gerade am Wiener Hofe gedichtet haben muß ?
Warum denn nicht an dem von Aquileja, den er ja zuerst nennt?
Mit dem Patriarchen von Aquileja, Wolfger '^), war Walther schon su
der Zeit bekannt, da dieser noch Bischof von Passau war, wie ans
den von J. V. Zingerle herausgegebenen Reiserechnungen Wolfgers
ersichtlich wird***). Freilich hat Wackemell a. a. O. p. 100 zu 29 ange-
nommen, um das dem Patriarchen von Aquileja ertheilte Lob er-
klären zu können, daß Bertold von Andechs im Jahre 1219 zogleich
mit seinem Verwandten Heinrich von Andechs am babenbergischen
Hofe geweilt habe, aber dies bleibt eben nur eine durch nichts er-
*) Es muß fibrigens Wunder nehmen, wie man anf den seltsamen QedankMi
verfallen konnte, daß Walther, der doch bereits sein sicheres Heim hatte, das gewift
nicht gar so schlecht gewesen sein wird, als es der „lannige Dichter^ den p/ajffm,
die die Kreuzzngssteuer sammelten, schildert, sich von dort aufgemacht haben soll,
nm an den Wiener Hof in sieben , wo doch die Sparsamkeit desselben notorisch sein
mußte. Daß er es nur that, „um der kleinen, sparsamen GeseUschaft*' mit seinem
humoristischen Gedichte einen vergnügten Tag su machen, vrill nicht gans einleuchten.
**) Daß der im Spruche erwähnte Patriarch dessen Nachfolger Berthold Ton
Andechs sein soll, hat man offenbar nur behauptet, um den Spruch in eine Zeit
hineinzudrängen, für die man schon einmal, wie dies leider so oft der
der Fall ist, ein Vorurtheil gefaßt hatte. Es spricht absolut nichts für die
Annahme, daß es Berthold von Andechs sei, den da der Dichter meint.
•»*) Winkelmann hat in der Recension dieses Werkes Germania XXTH, S. 236 ff.
in scharfsinniger Weise die auf Walther beaügliche Stelle auf das Jahr UM ge-
deutet und zwar mit Gründen, die mich vollständig übeneugt haben.
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS H. 305
wiesene Annahme, die die andere ebenfalls unbewiesene, daß nämlich
Walther 1219 am Wiener Hofe sich aufgehalten habe, erhärten sollte.
Man sieht leicht , auf welch schwanker Grundlage man sich da be-
findet. Es bat übrigens wohl sehr wenig Sinn, daß Walther deshalb,
weil der Patriarch von Aquileja in Wien weilte, dessen Hof und zwar
sogar in erster Linie, gepriesen haben soll. Viel einfacher erklärt
sich die Sache, wenn wir annehmen, daß der Spruch am Hofe von
Aquileja verfaßt worden ist. Dort konnte der Dichter auch den
Wiener Hof , sowie den von Mödling preisen, denn erstens waren
ihm ja beide aus seinem langjährigen Aufenthalt in Oster-
reich hinlänglich bekannt und zweitens kennen wir ja
Walthers Sehnsucht nach dem Wiener Hof — durch das
diesem so reichlich ertheilte Lob mochte er hoffen, daß
sein Sehnen Erfüllung finden werde. So ist es auch ganz
leicht erklärlich, daß der hövesche Sänger den Hof des Patriarchen
zuerst erwähnt.
Bezüglich des Spruches L. 84, 1, zu dem ich nun übergehe, ist
die Annahme eine fast allgemeine, daß derselbe nicht am Wiener,
sondern an einem andern Hofe und zwar an dem von Thüringen oder
Kämthen entstanden sei. Da nun aber der letztere durch die obigen
Ausflihrungen an und fär sich schon ausgeschlossen ist, so bleibt nur
mehr der Thüringer Hof als Abfassungsort übrig. Darauf weist na-
mentlich auch der Spruch L. 82, 11 — ^23: Rit ze hove Dietrich. Daß
dieser Spruch nicht am Wiener Hofe gedichtet sein kann, geht schon
aus dem Inhalte desselben mit unbezweifelbarer Deutlichkeit hervor.
Denn wie lassen sich die Worte, wenn man den Wiener Hof als Ort
der Abfassung festhält, erklären:
Drt sorge hab ich mir genomen:
möht ich der einer zende komen,
und daz dritte hat sich mfn erwert anrehte manegen tac,
daz ist der wünnecltche hof ze Wiene:
in hirme unz ich den verdiene.
Walther begründet auch seine Sehnsucht nach dem Wiener Hofe, in-
dem er singt:
Bit er 86 maneger tagende mit so staeter triawe pflac.
man sach Liapoltes hant da geben, daz si des niht erschrac.
Es sind diese beiden letzten Verse des Spruches von Wackerneil
a. a. O. p. 84 zu 23 offenbar ganz falsch aufgefaßt worden, wenn er in
L. 84, 12 „eine Anspielung auf die Zeit, wo Walther unter Friedrich
(dem Eatbolischen), am Wiener Hofe lebte, wodurch er Leopold sehr
GRRMANIA. NenA Reiho Xlf. (X^IY. Jahrg.) 20
306 A. NAGELE
fei n(!) jenes innige Verbältniss nahe iegt^ erblickt Es gehören im
Gegentheil beide Verse auf das innigste zusammen und rühmen die
staei^ triuwe in des Fürsten Freigebigkeit^ eine Tugend, die Walther
an Herzog Leopold ja auch dann noch gerühmt hatte al»
Des farsten milte ds Osterriche
fröit dem suezen regen gelfche
beidia Hute und euch daz lant
und doch dem gemden Sänger des aUes niht enwirt ein tropfe*),
Wackemell hat nun aber a. a. O. p. 30 entg^en dem gaos
klaren Wortlaute des Spruches denselben nichts desto weniger am
Wiener Hof verfEÜ^t sein lassen. Allein diese Ansicht hat ttberhaopt nur
durch die Behauptung Zingerle's eine Grundlage erhalten, daß Waltbtf
im November 1203 von Wolfger beschenkt und daß zugleich um die-
selbe Zeit Leopolds Hochzeitsfest gefeiert worden sei, was den Bischof
von Passau und Walther von der Vogelweide nach Wien gefiihrt haben
soll, allein diese Grundlage ist ihr von Winkelmann entschieden ent-
zogen worden, indem er a. a. O. p. 238 darthut, daß sich die besagte
Schenkung viel wahrscheinlicher auf das Jahr 1199 als 1203 beziehe,
indem fbr letzteres nichts, fiir ersteres aber so manches spreche*^
Es gehört also auch dieser Spruch nicht an den Wiener Hof selbst —
nachzuweisen aber, wann und wo er entstanden sein mag, ist für die
gegenwärtige Erörterung von gar keinem Belang, nur möchte ich ge-
legentlich darauf hindeuten ^ daß Menzels Ansicht , die er a. a. 0.
p. 157 ausspricht, es könne der Spruch nicht vor 1217 entstanden sein,
„da der Dichter unter den drei Sorgen, die ihn nicht ruhen lassen siner
frowen minne aufzählt, letztere ihm aber im Alter von 50 — 60 Jahren
keine Sorge mehr gemacht haben könne^, mir nicht durchschlagend
erscheint, indem Walther bei L. 28, 1 ff. nur wenige Jahre früher singt:
Von Rdme vogt, von PüIIe künec, I&t iuch erbarmen
das man mich bi rfcher kanst lAi alsus armen.
gerne wolde ich, mdhte es stn, bl eigenem fiore erwarmen.
zät wiech danne suDge von den YOgeUinen,
von der beide und von den blaomen, als ich wilent sanc!
swelch aehoene wtp mir denne gaebe ir hahedane y
der lies ich liljen unde rdsen üz ir wengel schtnen,
*) Ich verweise fibrifrenR hiebei, mn gerade in diesem Punkte Walther^s ün-
eigennfitsigkeit nnd edle Denknngsart sn illustrieren auf L. 80^ 27 ff. :
Ich bin dem Bogenaere holt
gar dne gäbe und äne 90Ü:
er ist milte swie kleine ichs geniuse.
s6 niese in aber ein Pöl&n aide ein Riose
daa iti alle: dne mtnen Aas.
**) Die Widerlegung der Zingerle-Zamcke'schen (gegen Winkelmann) Aosicht
0 ich in einem der nSchten Hefte folfen.
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS H. 307
Es spricht aber gegen Menzels Ansicht, die auch von Wacker-
nell^ weil sie ihm gerade paßt, acceptiert wird (a. a. O. p. 83 zu 23)
Walthers ganz positive Erklärung bei L. 66, 27 :
wol vierzec jdr hab ich gesungen oder mi
von minnen und als ieman sol.
Es geht eben daraus mit voller Bestimmtheit hervor, daß Walther im
Alter von 50—60 Jahren noch immer von Minne gesungen, und der
greise Sänger , als der er uns in diesem Liede entgegentritt, er-
klärt darin keineswegs, daß er die Absicht habe, den Minnesang auf-
zugeben.
Es erübrigen nun noch zwei Sprüche, die auf den Wiener Auf-
enthalt Walthers gedeutet werden, zu besprechen^ nämlich L. 28, 11 bis
20 und L. 36, 1 — 10. Der erste gehört dem aus 19 Sprüchen beste-
henden Ton an, der von Simrock, freilich mit wenig Berechtigung,
„Köuig Friedrichs Ton^ genannt wurde. Für die chronologische Be-
stimmung desselben ist es nun nothwendig, einen kurzen Blick auf die
Chronologie der übrigen Sprüche dieses Tones zu werfen.
Es kommen dabei, da manche dieser Sprüche ihres ganz allge-
meinen und auf bestimmte Zeitverhältnisse nicht bezüglichen In-
haltes wegen, eine chronologische Fixierung naturgemäß ausschliessen,
nur die folgenden in Betracht: L. 26, 23 ff. (Pf. B. 147; WR. 47, 11;
W. 84, 11; S. 76); L. 26, 33 (Pf B. 148; WR. 48, 10; W.84, 21 ; S. 77);
L. 27, 7 (Pf. 151; WR. 49, 1; W. 84, 31; S. 81); L. 28, 1 (Pf. B. 149;
WR. 47, 1; W. 84, 111; S. 78); L. 28, 31 (Pf. B. 150; WR. 47, 21;
W. 84, 121; S. 80); L. 29, 4 (Pf. B. 146; WR. 43, 10; W. 84, 91; S. 89);
L. 29, 15 (Pf. B. 153; WR. 50, 3; W.84, 131; S. 82); L. 29, 25 (Pf.
B. 142; WR. 44, 5; W. 84, 41; S. 85); L. 29, 35 (Pf. B. 143; WR. 44,
15; W. XIV, 31 ; S. 86). Femer können auch noch nach der gewöhn-
lichen Annahme hierherbezogen werden : L. 28, 21 (Pf. B. 139 ; WR.
42,19; W. 84,51; S.90); L. 30, 29 (Pf. B. 144; WR. 46, 8; W.84,
101; S. 92).
Davon weisen nun offenbar auf die Zeit des Übergangs Wal-
thers vom Dienste Ottos in den Friedrichs L. 26 , 23 ff. L. 26,
33 ff. L. 29, 4 ff. L. 29, 25 ff. L. 29, 35 ff. Femer auch L. 28, 21 ff.
und L. 30, 29 ff. Wenn wir nun annehmen, daß die Sprüche des
von Simrock zubenannten Kaiser Ottentones L. 11, 6 — 13, 4*) in die
*) Die Sprüche des Tones, den Simrock als den „zweiten Ottenton" beseich-
nete, gehören nicht in diese Zeit, sondern in eine viel frühere, wie ich noch anderswo
nachzuweisen gedenke. Nur zwei Gründe seien hier zur ErhSrtong meiner Be-
hauptung angeführt: 1. Gebraucht Walther bereits schon den „Kaiser OttentotL**
30g A. NAGELE
Jahre 1211*) bis 1212**) gehören, so könnte der Bruch Walthen imt
Otto noch im Jahre 1212 erfolgt sein. Dahin deutet nämlich der Äm-
dmck bei L. 28,1: Von Rdme vogt^ von Pulle künec Es ist
dies eine Titulatur, die der heimatlose Sänger wohl nicht nach der
(ersten) Krönung Friedrichs zam deutschen Könige 9. Deoember 1212
an die Spitze eines Spruches, in welchem er sich als ein Hilfe flehender
an König Friedrich wandte, gestellt haben kann. L6A iuch erbarmm
(so lautet die ruhrende Bitte des von Kaiser Otto schmählich behaa*
delten Dichters)
daz man mich bi richer konst Iftt alsus armen.
gerne wolde ich, mohte et sSn, bf eigenem finre eiwai'uieu.
Ffir diese Zeit hat auch der Hinweis Walthers auf des Königs dgene
Noth den besten Sinn***): die n^ bedenkent, miUer künee^ daz Mmxr
n6t zerge. Wir dQrfen kaum zweifeln, daß König Friedrich bald des
Sängers Bitte erhörte ^ wodurch er eine neue Macht in seinen Dient
zogy deren Bedeutung uns Thomasin von Zerkläre in seinem welM^em
Oast klar genug dargelegt hat Dem Jubel über die Erfüllung seines
so lange vergeblichen Wunsches gibt der Sänger in L. 28, 31 ff. hen-
innigen Ausdruck. Hier nennt er Friedrich schlechtweg künee, wes-
halb dieser Spruch, sowie L. 27, 7 wohl in die Zeit nach der entes
Krönung Friedrichs zu setzen sein wird.
Der Spruch 29, 15, der einzige, der noch erübrigt, kann unmittd-
bar nach der zweiten Krönung Friedrichs 25. Juli 1215 frühestens
entstanden sein, weil da Friedrich, hingerissen von dem feierlicfaeo
Momente, der ihm die Kaiserkrone und damit das Ziel seiner Wünsche
Rdgesprachen ^gen den Papst bei L. 11, 6-17; L. 11, 18—29 and L. 12, 30 bb
13, 4; waram sollte er dann zu weiterer Rfige einen neuen Ton erfanden habesT
2. Hat man die Sprache L. 34, 4—13 and L. 34, 14-23, wo von den Opf&tUkkm
die Rede ist, anf das Jahr 1213 bezieben sa mfissen geglaubt, weil die Aafrtell«i|
solcher Opferstöcke ßn den Kirchen Deutschlands zu diesem Jahre berichtet wird;
allein wenn man die weitere Bestimmung, daß der Stock 3 Schlösser and die
Schlüssel dazu ein Priester, ein Laie und ein Ordensgeistlicher habei
soll, ins Auge faßt, so sieht man leicht, daß dieselbe zur ersten Aafiitellaii^ der
Stöcke nicht passen will. VgL übrigens Harter, Innoc. ÜL 2. Bd., p. 509.
*) Auf dieses Jahr scheint sich L. 1 1, 6 zu beziehen, da Otto bereits Not. 1210
dem Banne verfallen war. Dahin scheint denn auch L. 12, 30 ff. gesetst werdea
zu müssen.
**) Darauf weist L. 11, 30 ff., da Otto gleich zu Beginn des Jahres 1212 des
deutschen Boden betrat.
***) Mau vgl. die Bemühungen Thumwalds .die Noth** zu erklären in seiner
^ „Dichter, Kaiser und Papst". Wien 1872, p. 80 zu 13.
ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHERS II. 309
in nahe Aussicht stellte, das Kreuz nahm. Daß Friedrich aber, als
dieser Spruch entstand, bereits auf seiner Römerfahrt, wie man be-
hauptet, begriffen war, ist ein leeres Phantasiegebilde.
Ich habe somit dargethan, daß diejenigen Sprüche, die die meisten
Anhaltspunkte für Festsetzung der Zeit, in der sie entstanden sein
mögen, bieten, grossentheils mit voller Bestimmtheit in die Jahre 1212
bis 1215 gewiesen werden können und daß, wo dieser Nachweis nicht
erbracht worden, wenigstens nichts bindert, diese Zeitbegrenzung fest-
zuhalten und nichts für eine andere Zeit in die Wagschale fällt. Sollte
nun der Spruch L. 28, 11 ; Pf. B. 152; WR. 49, 11; W. 84, 61; S, 79»),
um den es sich eben hier handelt, einzig und allein ins Jahr 1219
gehören ? **) Ich glaube, daß schon dieser eine Grund überzeugen muß,
daß der bisherige Ansatz dieses Spruches nicht richtig sein könne.
Ich halte ihn im Gegentheil für einen der ersten, wenn nicht
überhaupt für den ersten Spruch dieses Tones und glaube, daß er in
Deutschland verfaßt ist, als Leopold gegen Ende des Jahres 1212 von
seinem Ereuzzuge nach Spanien zurückkehrte, wo er zu spät gekommen
war, indem er die Sieger von Tolosa bereits auf der Rückkehr zu
Calatrava fand, weshalb er sich begnügen mußte, an St Jakobs Orab
zu Compostella zu beten, die Araber am Minho und Duero zu be-
drängen und die Ketzer im südlichen Frankreich zu schrecken***).
Damit hat nun freilich die schöne Hypothese, der auch noch in jüng-
ster Zeit Thumwald p. 56 beipflichtet, ein unerwartet trauriges Ende
genommen, daß nämlich Walther an der Spitze einer Wiener Depu-
tation den aus Palästina heimkehrenden Herzog in Aquiieja mit dem
obigen Spruche überrascht habe. Die Deputation, diesen mehr mo-
dernen Begriff, wird man wohl überhaupt fallen lassen müssen, denn
der Umstand, daß in den Versen 2,3,6,4,7 und 9 des Spruches Walther
als Sprecher einer Mehrheit erscheint, berechtigt noch nicht dazu, gleich
auf eine Deputation zu denken, da er uns in ähnlicher Lage öfters
begegnet, so L. 32, 36; L. 84, 29; L. 84, 34—35; L. 83, 25.
*) Herzog uz d»terriche, ez iH iu wol ergangen*
**) Es wird sich überhaupt im Laufe meiner Untersuchiingeu zur Chronologie
der Sprüche Walthere von der Vogelweide, wie ich hoffe, mit durchschlagendem Er-
folg, der Nachweis liefern lassen, daß die alte, von Simrock so lange festge-
haltene Ansicht, daß die Sprüche eines Tones chronologisch ge-
bunden sind, die allein richtige war.
***) Leider stand mir zur näheren Bestimmung dieser Verhältnisse weder ein
Regesten- noch irgend ein Qaellenwerk zur Verfügung, sondern ich mußte mir
diesen allerdings nebensächlichen Punkt auf Hormayrs theilweise entschieden
tige Ausführungen, die ich über diese Verhältnisse in seinem Werke vorfinde
seine Geschicke und seine Denkwürdigkeiten. Wien 1823. 11^ ä^ G4. «\55ia.^iQk«
310 ^ NAGELE, ZUR CHRONOLOGIE DER SPRÜCHE WALTHEB8 IL
Ich könnte hiermit schliessen, denn nachdem ich nadigewiesen
habe^ daß alle Sprüche Walthers , die auf Leopold oder den Wiener
Hof bezüglich sind, entweder dort bis 1199 oder wenn sie nach diesem
Jahre entstanden^ fem von Wien verfaßt sind, wird wohl Niemand
glauben, daß der einzige Spruch , der noch übrig ist, nämlich L. 36,
1 — 10*) an den Wiener Hof gehört Dennoch will ich auch ihn einst
Besprechung unterziehen, da ihn Menzel a. a. O. p. 165 auf „aeinen*
zweiten Wiener Aufenthalt glaubt deuten zu mtlssen. Er seist dea
Beginn der sparsamen Zeit am Wiener Hofe, von der Walther in dem
Spruche handelt^ spätestens in den Anfang des Jahres 1206 und ftahrt
zum Beweise ein Schreiben Innocenz IH. vom 25. Februar des näm-
lichen Jahres, das an den Herzog Leopold gerichtet ist, an ^ „wcnin
ihm der Papst mittheilt ^ er habe vernommen , daß der Hersog nA
entschlossen habe, eine Kreuzfahrt anzutreten, was auch durch die
Angaben der Melker , Garstner und Klostemeuburger Chroniken ba>
stätigt werde^.
Bis hieher stimme ich Menzel vollständig bei. Allein nicht ein-
verstanden muß ich mich mit der Ausführung, die er etwas fifther
bringt, erklären, daß „die genaue Bekanntschaft des Dichters mit dem
Verhalten des Hofes und der Adelskrcise in Wien während jener spar-
samen Zeit unwiderleglich (!) beweise, daß er selbst 2ieuge davon
war*^. Soll denn die Sparsamkeit Leopolds und des österreichischen
Adels zu dem Zwecke eines Ereuzzuges^ nachdem der Plan des Unter-
nehmens bereits zu Ohren des Papstes gedrungen war, an den deut-
schen Höfen ein Qeheimniss geblieben sein? Zeigte sich die Sparsam-
keit Leopolds und des Adels nur am Wiener Hofe und nicht aller-
wärts? So zuversichtlich darf demnach diese Behauptung, Waltfaor
müsse Augenzeuge gewesen sein, wohl doch nicht hingestellt werden.
Was Menzel noch für diesen angeblichen zweiten Wiener Auf-
enthalt Walthers von der Vogelweide anführt, ist bereits früher schon
als unrichtig dargethan worden**). ANTON NAGEUB.
*) D6 LiupoU spart df gote9 vaH, <kf künftig $re etc.
**) Daß die beiden Sprüche des „Wiener Hoftones% die in dieser Abhandlnng
keine weitere Besprechong fanden, nSmlich L. 20, 31 ff. : Mir iH vertpaH der Botiden
tor nnd L. 25, 26 ff.: 06 ieman spreche, der nd lebe in der Zeit von 1198 — 1199
gehören, glaube ich, wie bereits bemerkt wurde, oben S. 160 ff. nachgewiesen sa
haben; hier sei nur so viel erwähnt, daß der letztere Spruch nach meiner dort Tor-
getragenen Ansicht bei den Huldigungsfeierlichkeiten nach der Rftckkehr Lieopolds
von seiner Belehuuug, also etwa gegen Ende August 1198 entstanden ist.
A. JEITTELES, ZU DEM BA1BI8CHEN BEäEGMUNOEN'. 311
ZU DEN 'BAIRISCHEN BESEGNUNGEN'.
Die von Birlinger S. 74 unter Nr. 3 mitgetheilte Besegnung
findet sich in etwas veränderter Form auch in einer mit Pfeiffers Arznei-
buch II (Sitzungsb. d. Wiener k. Akad. d. Wiss. Bd. 42, S. 127 ff.)
vielfach übereinstimmenden Innsbrucker Pergamenthandsohrift aus dem
14. Jahrhundert
(foL 19P) Ad partum mulierum.
Swenne daz wip ze chemn&ten sol gdn, so sol man disen prief
schreiben und sol ir den legen üf den buch: de viro vir, virgo de
virgine, vicit leo de tribu Juda. Maria virgo peperit Christum , EUi-
zabeth peperit Johannem Baptistam. Adjuro te, infans, per patrem
et filium et spiritum sanctum , si masculus es aut femina, ut exeas de
Vulva ista! Exinanite*), exinanite! Als daz chindlin gebom wirt, sd
solt du vil palde den prief ab loesen.
In derselben Handschrift, deren weitere Benützung ich mir vor-
behalte, befinden sich u. a. auch folgende Segensformeln.
(fol. 197") Ad febres cottidianas.
Idem. Wellest du des schier puozzen , so nim ainen apfel
und tail den in driu und 1& si doch alliu an ainander**) haften und gib
im die drei tage näh ainander ***) ze ezzen nuohter. An ain tail schreip
den vers: increatus pater; an daz ander tail: inmensus pater; an daz
dritte: etemus pater.
(fol. 214*) Contra febres.
So der mensch daz vieber hat, so sol man im salben die lanchen
und den ruggen und diu pain mit artagaton und mit marciaton —
die salben chennent die arz&t wol — und sol danne leken vil wol in
ainem vazze , so wirt er gesunt. Helf daz niht, so bedeke den men-
schen in ainem vazze und tuo dar in glüend stain und s» L s^e üf
die stain habren und leke dar üf mit vil starchem win und lä den
*) Darnach muß das bei Birlinger miYentllndlicbe Wort (a. a. O. S. 74, 11
und 38) corrigiert werden.
*»•) anander.
312 A. JETTTELES, ZU DEN BAIRISGHEN BESEONUMOEN*.
toam g^D in den menscben, so er die hitze aller maist müg erllden.
Helf daz niht, so nim attichen und siud die vaste und mache dar ui
ain vollebat und b» den menschen vast and vlizichlich in dem bade^)
mit den attichen und tuo daz drl tag und gib im alle morgen ze
trinchen harn nüehter, sd wirt im baz. Wil du stn schier bQeEEen, so
nim ainen apfel und tail in in driii und lä si doch alliu driu an ain-
ander ^) haften und gib im den apfel ze ezzen dii tag. An ainen
tail schrip den vers: increatus pater etc.^ an den andren tail: inmen-
BUS pater etc., an den dritten: etemus pater etc. Helf daz niht, sft
nim driu porren bleter und schrib an ainz: dextera domini fecit dto;
an daz ander: dextera domini exal. me; an daz dritte: dextera do-
mini liberavit me^ und ezze diu bleter dri morgen nüehter. Hdf das
niht, so schrib an dri obläten: o febrem omni laude colendam; an das
ander: o languorem sanitatis et gaudii; an die dritte: ascribendam
nax pax max. Die sol der sieche dri tage nüehter ezzen. Hta
du der obläten niht, so nim ain rinden ab dem bröt: diu ertsnf ist
versucht.
Andere in dieser Us. enthaltene Besegnungen und Zaubermittei,
gegen Fallsucht, Fieber, Nasenbluten, kommen in wenig verschiedener
Fassung bei Pfeiffer S. 151, 8. 153, 24. 154, 17 vor, jene Mittel nicht
gerechnet, die auf blosser Sympathie beruhen. Noch andere %airisehe
Besegnungen' zu Heilungszwecken stehen bei Pfeiffer a. a. O. 139, 13.
141, 26. 148, 10.
Die von Birlinger unter Nr. 13 mitgetheilte Besegnung ist sowohl
in Pfeiffers Arzneibuch (150, 4 ff.) als in der Innsbrucker Handschrift
(fol. 196*) in ungleich ausfflhrlicherer Behandlung enthalten.
INNSBRUCK, 18. Februar 1879. ADALBERT JEITTELES.
*) uiv bade; niv durch Punkte tlarutiUr getilgt.
**) anander.
UTfERATUB: ZUR KRITIK DER NIBELUNOEN. 313
LTTTERATÜR.
Zur Kritik der Hibelungen.
(Schloß.)
In das EigeDtbum eines neuen Dichters « von dem wir noch nichts ge-
funden haben, treten wir ein mit der Erefthlang Ton Iringt Tod, Str. 1965
— 2015. Die Interpolationen sind hier nur genug. Vor Allem sind ein-
geschoben 1966 f. 1969—1971. 1998 f., alle fiberflüssig und nur angebracht
mit der Absicht, „Hagen und die Bargunden, noch ehe sie angegriffen werden,
an der Handlang zu beteiligen''. Peweislos, wie diese Behauptung vorgebracht
ist, bedarf sie auch keiner Widerlegung^).
Nur die Wirkungslosigkeit von Hagens höhnenden Worten in 1993 und
und 1994 hat Wilmanns angeführt. Ich finde darin einen schönen Zug. Iring
will als durchaus edler, ritterlicher Mann nichts von einem Wortwechsel wissen;
1996 ff. zeigt er mit der That, daß Hagens Rede ihn gereizt hat, und man
mag, was freilich nicht nothwendig ist, seine Worte 1996, 3 den UhermUeten
man auf 1993 f. beziehen. — Weiterhin wird 2005 für interpoliert erklärt,
weil Iring nicht um des Geldes, sondern um der Ehre willen in den Kampf
gegangen sei. Wir werden nachher sehen, daß dieser Satz sehr zweifelhaft
ist; er soll aber richtig sein, so widerstreitet er doch dem Inhalt von 2005
durchaus nicht: Iring spricht hier nicht von sich^^), sondern warnt die von Du-
ringen und die von Tenelant, sich nicht durch Kriemhilds Oold in den Kampf
treiben zu lassen, was ja Etzels eigener Bruder gethan hat. Daß Imfrit und
Hawart, um Iring zu rächen, ohne Bezahlung in den Kampf gehen, streitet
auch nicht im geringsten mit 2005; und ebensowenig beweist es etwas gegen
2012, welche W. ebenfalls athetiert, obwohl er sich hier die gans richtige
Bemerkung selbst macht, daß in 2012 der Feind Volker spricht. — ^012
soll aber noch aus einem anderen Grunde verdächtig sein. Da Volker und
Hagen die Thür hüten, so sei Volkers Commando 2012 befremdlich. Ich
glaube, es werden nach 2011 doch noch mehr Bnrgunden vor dem Saale sein,
und Volker kann ganz füglich diesen befehlen, den Weg in den Saal frei zu
machen. Ob nan dieser Befehl an sich auffallend ist oder nicht, ist gleich-
giltig. Jedenfalls kommen die Feinde 2013 f. wirklich in das Haus und werden
darin alle erschlagen. — Str. 2014 greift zurück; 2013, 4 „ist die Erwähnung
Gemots und Giselhers unmotivirt". W. combiniert daher 2013, 1 a Dd die
ühermüeten mit 2014, 1 b k6men in daz Ms u. s. f. Beide Argumente haben
keine Kraft. — Mit 2015 schließt W. die Scene ab.
*) Lachmann hatte von allen diesen Strophen nur 1971 ausgeschieden; er selbst
hat die Echtheit der Strophe nur „bezweifelt**, und seine Gründe sind schwach genug ;
nach 1970 wird auch die Strophe kaum zu entbehren sein.
**) Ich brauche deshalb meine Zuflucht nicht zu B. v. Muths
richtiger Bemerkung (Zeitsehrift für deutsche Philologie 8, 491) m nehr
Nehmen einer Miete überhaupt nicht gegen den Geist der Zeit war.
314 UTTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
Wir haben in dieser Scene, wie voraus angedeutet, einen Dichter tot
uns, dem wir noch nicht begegnet waren, den Iringsdichter. W.s Qrfinde
haben hier weit mehr Scheinbarkeit als sonst, weil er sich hier genauer in die
elementaren Dinge der stilistischen Darstellung eingelassen hat; man mag des-
halb entschuldigen, wenn ich etwas ausfShrlicher werde.
Der Rüdigersdichtung soll die Scene vor Allem nicht angehören ; dagegoi
sprechen die geringen Interpolationen. Es hätte aber doch wohl znfiUlig ein Ab-
schnitt der alten Dichtung existieren können, der die Interpolatoren weniger nr
Thätigkeit gereizt hätte als andere Sceuen. Femer spricht gegen die Zagehörig-
keit zur Rüdigersdichtong die Ausführlichkeit der Behandlung eines dfirfkigen
Stoffes und die üppige Farbengebung. Beides gründet sich auf die Atiietesei
in der Rüdigersdichtung, besonders das zweite; denn in den Str. 1772 f. 1779.
2184. 2149 f. darf man auch wohl von kräftigem Colorit reden; anch war in doi
grinunigen Kampf unserer Scene viel mehr Gelegenheit, grell und glänaeiid n
malen, als in dem Idyll zu Bcchelaren, dem Festessen und der nnheiBliehai
Nachtwache oder der düstem Scene von Rüdigers Tod. — Auch die geringe
Bedeutung der auftretenden Helden, die unsern Dichter vom Rüdigersdicktar
unterscheiden soll, bietet keinen Anstoß; der Dichter folgt eben der Über-
lieferung, und Iring kommt ja in der Thidrekssaga vor. — Anch von das
Dankwartsdichter ist der Iringsdichter verschieden, obwohl er ihm näher «tekt
Es fehlt ihm das dramatische Element, das den Dankwartsdichter anssttchnek,
welcher sich meist in Rede und Gegenrede bewegt. Der Iringsdichter hat frgt
gar keinen Dialog. — Allein dieses Resultat ergibt sich erst aus der Aihe'
tierung von 1966 f. 1969-- 1971. 1993 f. 2005. 2012, in welchen, aiMnr
in 2005, inmier Hagen und Volker redend auftreten. Eben diese zwei reden
bei dem Dankwartsdichter so besonders viel, und der trotzige Inhalt ilutr
Reden ist hier und dort gleich. Wir haben aber gesehen, daß die genannten
Strophen ganz grundlos weggeschafft worden sind. Lassen wir sie stehen , so
kommen in unserer Scene auf 51 Strophen 14 mit directer Rede, also nieht
ganz Y3, in den Kampfscenen des Dankwartsdichters, die doch allein ver-
glichen werden dürfen, 1858^1916, auf 59 Strophen 28 oder 29, also niekt
ganz die Hälfte; das ist wohl ein geringer Unterschied. — Das |,starke Auf-
tragen der Farben^ ist schon erwähnt; der Dankwartsdichter hat daran übrigens
auch seinen Theil. Auffallend ist allerdings, was W. als Einzelheit eriHUint|
daß das Funkensprühen von dem Iringsdichter viermal erwähnt wird (1980, 2.
1990, 4. 1999, 1. 2. 2009, 3), von dem Dankwartsdichter gar nie. Das Motiv
ündet sich sonst noch 2212, 4. 2215, 1 (worauf W. an einer späteren Stelle
zu reden kommt); und in den von W. nicht untersuchten Partien 185, 3« 3.
1552, 3. Also in einer Kampfscenc viermal, in einer zweimal, in zweien je
einmal und in dreien gar nicht. Das ist immerhin ein Unterschied ; ob aber
für sich allein von Bedeutung, fragt sich*). -^ Den Vergleich zwischen Schwert
und Fiedelbogen hat der Iringsdichter gar nicht. Wir wollen etwas genauer
zusehen, wie weit das trifft. Volker kommt im Iringslied vor 1969 f. 1977 f.
2008 f. 2012. Zur Anbringung des Bildes wäre Platz gewesen in (1970.)
1978. 2008. 2012—2014; also nur 5 — 6 mögliche Stellen. Das Bild kommt
*) Den viermal (1978. 1980. 198%. %(M%^ f^CkVkttxv«.ViV«i\ Ausdruck mn Un^ be-
erst später', daher s. u.
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 315
überhanpt vor an folgenden Stellen : 1723.1759.1903.1913.1939.1941.1943.
1944 (ziemlich verschieden ist 2206 f.). Alle diese Stellen enthalten entweder eine
allgemeine Bezeichnung des Schwerts als Fiedelbogen, oder eine ebenso allgemeine
Vergleich ung des Kampfes mit dem Saitenspiel. Thells ist das Bild hergenommen
von den Tönen, den Leichen, die Volker fiedelt^ theils mag man auch an das
Hinondherzncken des Schwertes denken. So schön und glanzvoll dieses Bild ist,
so lächerlich wurde es sofort, wenn es der Dichter da verwenden wollte ^ wo
Volker auf einen bestimmten Gegner losschlägt; hier würde sofort das Tertium
fehlen. Der Dichter war Dichter genug, das zu empfinden, und hat an allen
den Stellen, wo er Völkern einem bestimmten Gegner im Kampf gegenüber-
stellte, das Bild weggelassen: 1826. 1936. 1958. 2214. 2222. Und nun
zurück zu der Iringsdichtung! 1969 f. konnte das Bild der Fiedel ohne Zwang
nicht angebracht werden; 1977 f. 2008 f. hat Volker einen bestimmten Gegner
vor sich; und nur 2012 — 2014 wäre Raum für das Bild gewesen. Der sehr
scheinbare Unterschied erklärt sich also von selbst. — Aber, kann man weiter
fragen, warum hat denn der Dichter bei dem Kampf im Saal seine Schilderung
so allgemein gehalten, daß er das Bild verwerthen konnte, und nachher nicht
mehr? Im Saale stosscn die Burgunden auf keine namhaften Gegner, alle solche
treten erst später auf, mit Ausnahme des vorher abgefertigten Blödel. Nur den
Heunen stehen sie gegenüber, und unter diesen konnte oder wollte der Dichter
keinen besonders erwähnen. Anders nachher, wo Iring, Irnfrit, Hawart, Rüdiger
und die aus sonstiger Sage mit Namen bekannten Amelungen auftreten; hier handelt
es sich um Einzelkämpfe. Natürlich haben — und es ist das auch immer
erwähnt — alle diese Helden namenloses Gefolge mit sich. Aber der Kampf
mit diesem wird immer, wie natürlich, ganz kurz berichtet, ebenso der mit den
dazwischen hinein wider ausgesandten Heunen (2020 — 2022. 2065—2071).
Nur den ersten allgemeinen Kampf hat der Dichter nicht versäumt ausftlhr-
licher und mit allen Mitteln poetischer Ausschmückung zu schildern. — Das
führt uns weiter. Nach W. ist der Iringsdichter arm, er reiht willkürlich und
ohne jemals einen lebhaften Eindruck zurückzulassen, Zweikampf an Zweikampf,
nur um alle burgundischen Helden anzubringen. Allein die Kämpfe alle nach
dem im Saal haben an dieser Armuth mehr oder minder Theil, und der be-
sondere Charakter des Lringsliedes läßt sich leicht erklären. Iring muste ange-
bracht werden, da seine Person überliefert war; aber viel von ihm zu sagen
wüste der Dichter nicht. Es ist also kein Wunder, wenn seine Darstellung
wenig Interesse darbietet. Irings Kampf ist, im Gegensatze zu dem Dankwarts,
eine eigentliche Aristie: ohne zwingenden, sachlichen Grund tritt der eine Held
auf die Bühne und verschwindet, ohne etwas Wesentliches an der Sachlage
geändert zu haben. Wenn man will, läßt sich also leicht annehmen, daß Irli
Kampf Gegenstand eines besonderen Liedes gewesen sei. Aus einem soll
mag der Dichter die etwa vorhandenen besonderen Züge der Scene gesoP
haben, das planlose Hin- und Herrennen Irings (wenn nicht für dieses die 1
losigkeit des Dichters einem unbedeutenden Stoff gegenüber mit mehr Recht
antwortlich gemacht wird), das viermalige Funkensprühen q
noch finden mag*); obwohl kein zwingender Grund für so
^) Hennings Vorbringen (a. a. O. 68), daß das Iringslied
altertümliches und stilvolles, das Dankwartslied em ^^^«raa vfifii
\ehenäigereD Vortrages ausgerüstetes Lied** sei, luim \^ ^^^^
keine Begräadang dafür beigebracht hat, aac^ k^ne Y^^VnsXk'ftim
31H LITTERATUR: ZUK KRITIK DER NIBELUNGEN.
huiden ist. — Warum nehme ich aber, könnte ich leicht gefiragt «erdca,
nicht lieber mit Lachmann hier ein besonderes, noch Torhandenes Lied aa?
Wir wissen, daß die Nibelungenaage Gegenstand yielfaeher epiacher Behaad-
long in Deutschland gewesen ist, gewöhnlich wohl in kleineren, einen beatunintai
Punkt der Sage fixierenden Liedern. Geben wir nun sn, daß im K. Ij. sieh
da und dort Verschiedenheiten der Au£Rftssnng| der Darstellung, des To«es
finden — im Ganzen gehen sie doch bei näherer, auf den jeweiligen €kgen*
stand eingehender Prüfung nahe genug zusammen — so lassen sich diese gar
leicht erklären durch die verschiedenen Lieder, die der Dichter kannte, wmm
großen Theil gewiß auswendig wüste. Läge uns ein Stoff, von dem wir wfistflBy
daß er in Deutschland zuTOr nie bearbeitet worden, in einer Dicbtmig vor,
die wesentliche Unterschiede zwischen ihren rerschiedenen Theilen zeigte, so
könnten wir kaum anders , als diese rerschiedenen Theile verschiedenen Yer*
fasscm zuschreiben. Da wir aber beim N. L. Vielheit der Quellen annehiaai
dSrfcn, aus denen der Dichter geschöpft hat, so sind wir hier zu der Annäht
mehrerer Dichter noch nicht genöthigt. Diese Annahme könnte nur gcetüiit
werden auf fundamentale Verschiedenheiten des Sprachgebrauchs , das Bciiii
und anderer elementarer Dinge, auf welche der jeweilige Stoff und also
die jeweilig vorhandene Quelle ohne Einfluß oder doch nur von ganz
ist: solche Merkmale sind es, an welchen sonst die einzhlnen mhd« Dichter
ziemlicher Sicherheit unterschieden werden können. Man weise also in dii
Dingen eingreifende und beträchtliche — denn bis zu einer vhm. hohen Gi
kann Zufall herrschen — Verschiedenheiten nach^ und man wird der serlegendaa
Kritik eine sichere Handhabe gegeben haben. Aber dazu sind bis jeiat nar
dürftige Anläufe gemacht worden; und Bartsch' Satz, daß in allen fonaellea
Dingen alle Theile des N. L. sich so ziemlich gleich seien, ist bis jetst nicht
widerlegt worden. Wilmanns zieht, wie wir sahen, nur höchst selten Derartiges
herbei; es mibte aber, wenn es Beweiskraft haben sollte, durchaus and con-
sequcnt geschehen. Ich bin aus dem Satze seiner Vorrede (S. IV f.) bis jetzt
nicht ganz klar geworden: „Beobachtungen des Stils, des grammatischen Qe*
brauches, des Wortschatzes, des Versbaues sind nutzlich und notwendig, m
ein lebendiges und treues Bild von der Art eines Dichters zu entwerfen; aber
man kann eolche Beobachtungen mit Erfolg erst dann anstellen, wenn das Werk
eines Dichters vorliegt; wenn man kritiklos zusammenraflft , was verschiedenca
Individuen gehört, sind solche Sammlungen ohne Wert.^ Man rafft eben
nicht kritiklos zusammen, sondern stellt methodisch neben einander; und daß
man auf diesem Wege aus dem überlieferten Complex von Werken eines
Autors mit Glück Fremdes ausscheiden oder aber die Zusammengehörigkeit ge-
sonderter Stücke beweisen kann, dürfte die Geschichte der classischen und der
modernen Philologie zeigen. Warum soll also nicht der dritte denkbare Schloß
erlaubt sein, aus dem Mangel an Verschiedenheiten (inneren und äusseren)
innerhalb eines überlieferten Gänsen dessen Einheit zu folgern?
Wilmanns hat einen Anlauf zu derartiger Behandlung genommen, wenn
er sagt , daß die Reime Hagent : sagene u. ä. von dem Dankwartsdichter ge-
braucht werden, der als der begabtere weniger Werth auf formelle Glätte gelegt
habe, nicht aber von dem Iringsdichter. An sich hätte letzterer selbst bei
pedantischer Peinlichkeit diese Reime, die als klingende bei den höfischen
Epikern erscheinen, nicht zu vermeiden gebrauch^ falls er nur genau reimte
LITTERATÜR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 317
Aber die ganze Behauptung beruht nur auf der Ausscheidung der Str. 1966.
1993. Der Dankwartsdichter hat, wenn man die interpolierten Strophen mit-
rechnet, diese Reime 12mal in 209 Strophen (1719. 1726. 1740. 1811.
1825. 1855. 1862. 1889. 1891. 1896. 1916. 1942), also einen auf je
35 Reime; der Iringsdichter hat sie in 51 Strophen 2mal, also einen auf je
51 Keime. Ist das ein erheblicher Unterschied?*)
Den eigentlichen Beweis für die Verschiedenheit des Dankwarts- und
Iringsdichters findet aber W. in derThatsache, daß keiner von beiden das Werk des
andern gekannt habe, da weder der erstere die Thüringer und Dänen noch
der letztere Dankwart erwähnt. Ich habe für die Ausscheidung Ton 1815 f.
keinen Grund gefunden. Au£PaIlender ist, daiS beim Saalkampf Thüringer und
Dänen nicht erscheinen, da doch Dietrich und Rüdiger beim Essen anwe-
send sind. Ich halte das aber nicht für genügend zur Trennung der beiden
Abschnitte. Rüdiger und Dietrich entziehen sich absichtlich dem Kampfe; des-
halb muste ihre vorherige Anwesenheit erwähnt werden. Iring und die Seinigen
treten erst später handelnd auf; und der Dichter konnte, ohne daß man sie Termißte,
ihre Anwesenheit oder Abwesenheit unerwähnt lassen. Im Saale konnte er sie
nicht brauchen; moste er aber deshalb ausdrücklich sagen, daß sie nicht da
gewesen? Daß er aber gar ihre Abwesenheit begründet hätte, werden wir
nicht von ihm verlangen wollen. — Dankwart wird überhaupt nach dem Kampf
in der Herberge und im Saal wenig mehr erwähnt; der Mohr hat seine Arbeit
gethan. Lachmann hat ja deshalb alle Stellen entfernt, in denen Ton ihm noch
die Rede ist, und ich komme später auf dieselben su reden. An sich kann
ich die Nichterwähnung Dankwarts hier nicht auffallend finden.
Auch darin findet W. einen Unterschied, daß beim Iringsdichter wie in der
Rüdigersdichtung Hagen und Volker an der Thür stehen, in der Dankwartsdich-
tung Dankwart und Volker. Ich frage, ob der Dichter sich keine solche Abwechs-
lupg erlauben darf oder ob vielleicht seine Thätigkeit bloß darin bestehen soll, das
nämliche traditionelle Leitmotiv zu variieren (oder vielmehr nicht zu variieren; son-
dern wiederzukäuen) ? In der Dankwartsdichtung ist die Sache zudem naturgemäß
begründet; denn Dankwart steht da schon an der Thür und muß an derselben
stehen bleiben. — Etzel ist in der Iringsdichtung gar nicht da, wie in der
Rüdigersdichtung, wo Rüdiger zum Kampf schreitet; Kriemhild veranlaßt den
Kampf, sieht aber demselben, wie in der ältesten Dichtung, nicht zu. „Der
Dankwartsdichter brachte beide in unmittelbare Nähe des KampQ)Iatze8.* Zum
so und sovielten Mal wider das alte unkritische Verfahren, Verschieden-
heiten , die im Gegenstand begründet sind , auf die Person des Dichters
überzutragen! Natürlich ist in der Dankwartsdichtung das Königspaar auf der
Stätte des Kampfes, der nach der Tradition (cf. die Thidrekssaga) beim Essen
beginnt; aber der Dankwartsdichter selbst noch hat beide entfernt; und wie
1958 Etzel sich in den Kampf begeben will, wird er zurückgehalten. Kriem-
hild ist nach 1961 jedenfalls so nahe, daß sie hören kann, was vorgeht;
das Sehen wird in dem Gewühl von Kämpfenden nicht immer möglich sein, es
hat also wohl Sinn, wenn sie 1991, 2 von Hagens Verwundung hört. Etzeln
brauchte der Dichter nicht; er tritt überhaupt nur noch in den Pausen des
*) Ich muß auf diese Reime bei anderer Gelegenheit. surüekkommeu.
318 LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELÜNOEN.
Kampfes anf. Auffallend ist aber in W.s Munde die Behauptung, daß Kriem-
hild den Kampf veranlasse. Sie hat Iring nirgends ausdrücklich gebeten; daft
er durch sie veranlaßt werde su kämpfen, kann man nur dann annehmen, wen
man die Zwischenscene , die dem Kampfe vorausgeht, dazu nimmt. Dann ist
Irings Rüstung veranlaßt durch Kriemhilds Anerbieten 1962; und das ist sehr
wahrscheinlich; denn wie Iring nur davon redet, mit Hagen kämpfen an wolleDi
so hat Kriemhild ihre Belohnung für Hagens Tod ausgesetzt*). Aber wie
kann W. das annehmen, nachdem er behauptet hat, Iring kämpfe nur um der
Ehre willen? — Aus 1981 ff. folgert W., daß Giselher des Dichters Ldeblinga-
held sei; aus andern Strophen könnte man gerade so gut dasselbe für Hagen
folgern. Daß Volker und Hagen ohne den ,|reckenhaften Ubermuth^ encbeoMn,
den sie beim Dankwartsdichter zeigen, kann nur durch die Atheteae von 1966.
1970. 1993 f. 2012 aufrecht erhalten werden.
Da die Iringsdichtung den Anschauungen der Rüdigersdiebimg nirgends
widerspricht, so folgt daraus, „daß man ebenso wenig wie bei der Dnoewli-
dichtung irgend welchen Grund hat zu der Annahme, es sei die besproelMna
Scene nicht von vom herein dazu bestimmt gewesen ein Teil jener ftltesten
Dichtung zu werden*. Somit sei der Iringsdichter ein Interpolator der Bftdi-
gersdiehtung. Zu so vorschnellem Schluß hatte W. eigentlich bei der Dank*
wartsdichtung noch mehr Anlaß und Begründung als hier. Denn bei j(
hatte er doch wenigstens gefunden, daß der Mangel eines selbständigen SeUi
darauf hinweise, daß die Er^Uilung zur Einfügung in ein grösseres Qanaea be*
stimmt gewesen sei. Das ist hier durchaus nicht der Fall; es ist also fttr W.
gar kein Grund vorhanden, Lachmanns Annahme eines selbständigen Irings-
liedes zu verwerfen.
Wichtig ist aber der aus den bisherigen Annahmen ganz richtig ge-
zogene, für mich natürlich nicht weiter discutierbare Schluß: ,da die beiden
Interpolationen ganz unabhängig von einander entstanden sind, so folgt weünr,
daß unsere Überlieferung eine Contamination zweier verschiedener Bearbeitungen
desselben Gedichtes ist**. Wir hätten also eine Interpolation Rüd. 4~ Dankw.
und eine weitere Rüd. 4~ ^^'t ^°" deren Zusammensetzung unser Gedicht ent»
standen wäre. Wie wir aber bei der Untersuchung von Str. 2072 — 2105
sahen, hat die Rüdigersdichtung eine dritte Erweiterung erfahren dureh die
Dietrichsdichtnng. Die Spuren dieser Dichtung und der Folgen ihrer Anschweiasong
lernen wir in den folgenden Abschnitten kennen.
Verwickelt ist die Untersuchung über den Bericht von dem Saalbrand,
Str. 2024 — 2071. Vor Allem fällt hier auf, daß Etzel, an den noch (}emots
Worte 2033 f. gerichtet sind, in Str. 2035 auf einmal verschwunden ist, ohne
nur zu antworten; statt seiner treten die Etzden recken und nachher Kriemhild
auf. Etzel wird auch gegen das Ende des Abschnitts erwähnt, 2061. 2066
— 2068. 2071; aber diese Stellen sind nach W. alle unecht: 2061 ist über-
flüssig; 2065, 3 weist schon auf 2069, 1 hin, was noch bezweifelt werdoi
kann, obwohl es gar nichts auf sich haben würde; 2071 „hat Lachmann schon
*) Damit ist auch 2005 (s. o.) noch einfacher verständlich; wenn Iring selbst
am Goldes willen in den Kampf gegangen ist, so ist es ganz natürlich, daß er sagt:
die pdhe $61 enphähen iwer deheinet kamt.
LITTERATÜR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 319
ausgeschieden*', ich fuge bei^ bloß weil sie ^unbedeutend ist und am Ende
eines der gewiß erst bei der letzten Anordnung beliebten Abschnitte steht*^
(Anmerk. S. 255) ; Wilmanns wird die Strophe eher des Constructionsüber-
ganges wegen yerwerfen, der für Lachmann im 20. Liede kein Grund der
Unechtheit war. — Aus dem allem schließt W. weiter, daß Etzel nur durch
Interpolation hereingekommen sein könne und zwar erst nach und in Folge
der Einschiebung der Dankwartsdichtung, deren Ereignisse nothwendig machten
ihn zu erwähnen. Gegen diesen zweiten Theil der Folgerung muß ich mich
entschieden rerwahren. Ich kann mir gar nicht denken, wie irgend eine Dar-
stellung der Sage Etzeln während der ganzen Katastrophe hätte unerwähnt
lassen können; in der RUdigersdichtung selbst hat er 1746 ff. die Gäste
empfangen, und die Ökonomie des Gedichtes rerlangt, daß er bei Gelegenheit
wider erwähnt werde, wie es in der überlieferten Dichtung der Fall ist. Etwas
anderes ist die Frage, ob es nicht, wenn sonst erwiesen, denkbar sei, daß der
Dichter Etzeln gerade in der vorliegenden Scene unerwähnt gelassen hätte. Das
wäre schon möglich, müste aber begründet sein. Und das ist es nicht genü-
gend. Über die grundlose Athetese der Str. 2061. 2066—2068. 2071 sage
ich nichts weiter. Scheinbarer ist die Differenz zwischen 2033 f. und 2035.
Allein sie läßt sich zurechtlegen. Man mag in den EtzeUn recken den König
selbst mitfinden; die Möglichkeit dieser Erklärung hat R. Hildebrand in der
schon angeführten Stelle Germania 10, 189 ff. und Zeitschrift für deutsche Phi-
lologie 2, 469. 470 f. nahe gelegt. Man kann aber auch das Überspringen
Yon Etzeln auf seine Recken so erklären, daß Etzel 2085 gewissermassen als
Unparteiischer in die Mitte gestellt ist zwischen seine Mannen und Kriemhild,
80 daß er, da diese weiter redet, Terschwindet| ohne rermißt zu werden.
Aber nicht nur Etzel, sondern auch Kriemhild soll ursprünglich nicht in
persönliche Berührung mit ihren Brüdern gekommen sein; ganz entsprechend
der Darstellung in den bis jetzt gefundenen Bruchstücken der Rüdigersdichtung
und im Iringsliede. In der RUdigersdichtung war für Kriemhild lediglich keine
Veranlassung, mit ihren Brüdern in Berührung zu treten; und in der Irings-
dichtung redet 1998 f. Hagen zu ihr; wie schlecht begründet die Ausscheidung
der beiden Strophen war, haben wir gesehen. Es bandelt sich aber Tor Allem
darum , zu sehen , ob in unserer Scene selbst ein Grund ist , Kriemhilds An-
wesenheit als unursprünglich anzusehen. W. findet einen solchen in der Unter-
handlung Giselhers mit den Hennen 2029 f., „die auffallend wenig zu den
Anschauungen der umgebenden Strophen stimmt^; warum, gestehe ich nicht
zu wissen; ich finde es schön, daß neben den Verhandlungen mit Etzel auch
eine Appellation an seine Mannen, gleichsam an die vox populi stattfindet, da
diese an Kriemhilds Racheplänen jedenfalls unbetheiligt sind; und in wessen
Mund wäre diese Appellation besser zu legen gewesen als in den Giselhers?
Str. 2085, 3 soll ebenfalb auf Kriemhilds Abwesenheit hindeuten, womit 1991^ 2
▼erglichen wird. Aber dax gehSrte kann wohl heissen „hörte mit eigenen
Ohren *", was 1991, 2 nicht der Fall ist; es war aber aller Grund, besonders
zu sagen, daß Kriemhild das 2035^ 1. 2 Gesagte gehört habe; denn die Worte
der Mannen Etzels sind nicht an sie gerichtet, sondern unter- und durchein-
ander geredet. Wenn nun in der Scene selbst gar kein Grund liegt, Kriem-
hild zu entfernen, so fragt sich nur, ob die überlieferte Darstellung mit dem
Vorhergehenden übereinstimmt. Und das ist der Fall. Kriemhilds Worte 1992
320 UTTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNaEN.
hat Hagen gehört; sie befindet sich also in solcher Nähe desKampfplataea, daß
aaf beiden Seiten einander hören kann. Wenn sie in derselben Strophe Iringy der
leider zuo den 9inen gekommen ist, selbst den Schild abnimmt, so wird nch
das so am besten erklären, daß sie sich auf der andern Seite des Hofet tm
Ausgang eines Hauses befindet. Dasselbe kann nach 1957 ff. mit Etsel der
Fall sein, der ohnehin am naturlichsten bei Kriemhild gedacht wird. 2020 ~
2022 findet der Kampf mit den 20000 Hennen sUtt; auch hier hindert nichti»
das Konigspaar an demselben Orte befindlich zu denken. An denselben Plali
werden sich beide auch an der Stelle begeben (2164 ff,)^ wo sie wegen der
langen Stille, die auf Rüdigers Kampf gefolgt ist, unruhig geworden, von Yolkff
belehrt werden, daß Rudiger gefallen sei**). Hin und her rufen, wie Str. 1957 C
1993 f. 2166 ff., kann man naturlich über den Hofraum; aber in nnserer Seea^
wo die Burgundcn eines vride* gern, bitten sie naturlich ^ dos mam brakU dm
ktinie zuo in dar, und er kommt auch wirklich mit Kriemhild so ihnen. Des
ist wohl eine ganz ebene, zufriedenstellende Erzählung.
Da aber die ganze Darstellung, wie sie einmal ist, auf Etaels and Kiics-
hildfi persönliche Anwesenheit gebaut ist, so muß es, wie auch W. angibt, wm-
möglich sein, genau zu ermitteln, was von der alten Dichtung in unserer Er
Zahlung erhalten ist. Unter „der alten Dichtung*^ ist natürlich die Bndigwr
dichtung zu verstehen, wie immer; allein daß gerade diese hier m GroBii
liegen soll, ist durch nichts bewiesen. Wir können aber die Frage Torerst fBgU
im Anstand lassen. Wilmanns will so viel erkennen, «daß die mite Diehts^g
einen wesentlich andern Gang nahm^ und „warum die Überarbeitung diät
Bahn verließt. Hier kann ich nicht umhin, ihm in Einzelnem Recht an gibce,
ohne seine Consequenzen zu theileii.
Daß die Burgunden (2033 f.) bitten, man möge sie aus dem Saale Uti.
mochte ich trotz des t;<yT£pov MQOtiQOv 2033, 3**) weniger bcanstandea,
obwohl es mit Stellen wie 2012 f., wo sie die Feinde, eben nm sie sichsfw
zu fcmichten, in den Saal lassen, nicht recht übereinstimmt. Auffiülender sb
dieser Wunsch, der dem Dichter wohl einmal in die Feder kommen konate,
ist die Thatsache, daß 2047 die Burgunden in das Hans getrieben werdok
Mit allem Recht hat W. dagegen daran erinnert, daß doch dieselben bis dahis
immer siegreich gewesen (ich fuge aus den von ihm nicht berücksichtigtes
Str. 2020 ff. hinzu, noch soeben mit 20000 Heunen fertig geworden) sind.
Das ist klar; hier ist eine Verwirrung vorhanden, die Lachmann, der mit 20SS
ein neues Lied begann, nicht zu entwirren brauchte, die aber W. und noek
mehr die Verfechter der Einheit des Gedichtes zu entwirren alle Anffoide*
rung haben.
Hier muß ich mich aber gleich gegen W.s Versuch wenden, mit der
Sache fertig zu werden. Wenn die Darstellung unseres Abschnitts mit der dsi
Dankwarts- und Iringsdicbters nicht übereinstimmt, so braucht deshalb nuNii-
*) Darf ich, gleichsam als Urtheil von Unparteiischen, hier die DarsteUoi^cs
der bildenden Künstler anführen, welche, wie Gomelins, Schnorr, Rethel (in der Bea-
demann-Hübnerischen Prachtausgabe), das Konigspaar den Kämpfen an der Stiege des
Saals sowie der Vorzeigung von Rüdigers Leichnam aus dem Fenster eines benacb*
harten Hauses zuschauen lassen?
**) Vgl. über dasselbe auHser Rieger, Zur Kritik der Nib. 44, und Hofinsns,
Zur Textkritik der Nib. 82, auch noch Müllenhoff, Zur Geschichte der N. N. 96S.
LITTERATÜR: ZUR KRITIK DER NIBELUNOEN. 321
halb des Abschnitts keine Verwirrung zu sein. Nur wäre freilich kaum glaub-
lich, daß diese beiden Interpolatoren in ein Gedicht, das die Burgunden als
eingeschlossen darstellte, Abschnitte eingeschoben hätten, welche dieselben durch-
aus als Sieger schilderten. Aber auf wie schwachen Füssen die Annahme
steht, daß die beiden Dichter Interpolatoren der Rüdigersdichtung seien, haben
wir gesehen. Und wenn auch: womit ist bewiesen, daß wir hier Stücke oder
auch nur Motive der Rüdigersdichtung vor uns haben? Nicht mit dem Schatten
eines Beweises! Statt nun aber durch die Annahme einer ganz andern Dich-
tung oder durch die Verwerfung des Verhältnisses zwischen Rüdigers-, Dank-
warts- und Iringsdichtung sich zu helfen, hilft sich W. auf eine Weise, die
gar nichts erklärt oder bessert. Er nimmt an, daß der Inhalt von 2045 —
2048 vor 2033 ff. vorhergieng. Wie die Burgunden das Haus brennen sehen,
bitten sie hinausgelassen zu werden (2033 f.); die Hennen möchten wohl (2035),
aber Kriemhild gibt es nicht zu (2036 f.). — Sieht denn W. nicht, daß diese
Annahme ebenfalls voraussetzt, daß die Hennen im Stand waren, die Burgunden
in das Haus zurückzudrängen und darin festzuhalten, und zwar einige Zeit?
Denn mit dem Brande kann es so schnell nicht gehen, daß nicht die stets
Siegreichen noch im Stande sein sollten, durch die vor dem Hause Stehenden
durchzubrechen. Es steht also die scheinbar sehr plausibel reconstruierte Dar-
stellung immer noch im Widerspruch mit der vorhergehenden Erzählung, und
es fällt damit jedes Motiv für diese Reconstruction weg.
Kann man also der Erzählung nicht aufhelfen, ausser indem man sie,
wie Lachmann, vom Vorhergehenden trennt? Ich glaube doch. Mangelhafte
Benutzung abweichender Quellen hat hier die Verwirrung hereingebracht Der
Dichter muste, seiner Quelle gemäß, erzählen, daß die Burgunden den Saal
während des Brandes nicht verlassen haben, und konnte das mit der vorherigen
Erzählung nicht genügend vermitteln. Er erzählte also, wie satt sie des Kampfes
gewesen seien (2024 f.), und dachte damit es motivieren zu können, daß sie
sich in den Saal zurücktreiben Hessen (2047). Aus der zuletzt angeführten
Strophe geht dieses Suchen nach einer genügenden Motivierung ihrer Ein-
schliessung deutlich hervor, zumal aus den sonst ganz unerklärlichen Zeilen
2047, 3. 4; daraus aber wird die Thatsache erhellen, daß der Dichter, der die
vorherigen Kämpfe schilderte, und derjenige, der den Saalbrand geschildert hat,
eine Person ist. Auch hier liegt , wie öfters , die Unebenheit in den über-
lieferten Thatsachen und in der Benutzung verschiedener Quellen.
Wilmanns will erklären, wie die von ihm reconstruierte Erzählung in
Verwinting gekommen sei. Er nimmt dabei einen Anlauf zu ganz ähnlicher
Erklärung, wie ich sie soeben gegeben habe. Wenn man frage, warum der
Dichter ein so furchtbares Mittel angewandt habe, das doch ohne alle Folgen
bleibt*), so könnte man, sagt er, antworten, daß der Dichter die Sage schon
vorgefunden habe und ihr treu gefolgt sei; ähnlich wie in der Thidrekssaga
könnten verschiedene Berichte benutzt sein, und die unnatürliche Sage wäre aus
der Vereinigung der widersprechenden Angaben hervorgegangen. Das wäre dem,
was ich eben zur Erklärung beigebracht habe, ganz ähnlich. ,Im vorliegenden
Fall aber ist es so gewiß nicht gewesen; die unnatürliche Entwickelung der
*) S. übrigens Henning a. a. O. 66 und besonders das dort angezogene, dem
unsem ganz ähnliche historische Beispiel.
GEBMAinA. Neae Reihe ZU. (XXIV. Jahrg.) ^\
322 LITTERATtnt: ZUK KRITIK DER NIBELUNGEN.
Sage liegt nicht vor unserer Dichtaug, sie hat sich iu ihr selbst volliogeo.*
Id der alten Dichtung, die hier zu Orundo liegt, kamen die Burgunden in den
Pluminen um, et stand also der Stmlbrftnd am Suhluege de» GaDzeo; ,oad
ilieeo alte Dichtung nar ohne Frsgn dieselbp, auf die wir im Übrigen al* dir
älteste geituBflen sind, die Rüdigers d i ch tang " . Das ist eine Enchleichung-
DhÜ die Burguudeu in der zu Grunde liegenden Dichtung iu den Flftrauien
umgekommen seien (daß es einen solchen Bericht gegeben haben katin, will
Ich nicht bestreiten), ist nur gefolgert ans der rorher vorgenooimeuen Um-
stellung der Strophen und folgt aus dieser nicht einmal mit Sicherheit. Dil!
aber jene Dichtuug, die mit dem Feuertode der Burgunden geschlossen
soll, eben die Rüdigers dichtuug sein mdise, ist mit gar nichts enriesen.
die letKtere sich bis jetzt immer als die ülteste herausgestellt habe, kiinq
kein Bewejsgruud gelten. Denn es steht nichts der Anunhme entgegen
die suppouiertu Dichtung älter, noch auth, daü sie Jünger sei als die Rüdigere-
dichtungi älter ist sie nur im Vergleich zu dem überlieferten Teit. Eine aach-
liche Analogie aber iwischen beiden Dichtungen läßt sich nicht finden.
Auf diese total anf Sand gebaute Hypothese baut aber W. gleich eine
neue auf. Wie eu Anfang der ganzen Untersuchung ausgeführt wurde, mII
Dietrich ursprünglich nicht um Hudigers und seiner eigenen Mannen Tod lu
rächen, sondern aus Auftrag Kriemhilds In den Kampf gegangen sein. RQ-
digers Tod und Dietrichs Theilnahme am Kampf können bei solcher Darstelluag
nicht verbunden gewesen sein. Das Verlangen nun, den Bericht, na<:h welchen
Dietrich die Entscheidung lierbciführte, mit der Rüdigeradichtung zu vereinigen,
hat nach W. den Saalbrand »u aeiner jetzigen Wirkungslosigkeit herahgedrückt
und zugleich dazu getrieben, denaclbcu vurRUdlgers Kampf lu stellen. „Übrlgeni
ist fraglich, ob der Dirhter, welcher unserm Nibelungenliede seinen jetzigen
Schluß gab,' diese Umstellung vornabu]. Ea ist sehr wohl möglich, daß er die
Sceae ganz ausschied und erst ein späterer Bearbeiter sie wieder hinein bracht«.*
Die letztere Frage Ist überhaupt ganz uneotscheiilbar und für mich vollendi
gleichgiliig ; ebenso die weiterhin von W. aufgeworfene Frage, ob wohl Kriem-
hild In der ursprünglichen RÜdigersdichtung zum Schluß noch aufgetreten »et,
wofijr er als Beweis der Möglichkeit die Thidrekasaga, Cap. 392, aiifülirt.
Ich habe die Ansicht von einer Dichtuug, In der Dietrich durch Krie»*
hild in den Kampf getrieben worden sei, so entschieden lurückgewleseb , dafi
leb diese ganze Combination nicht weiter zu zergliedern brauche. Aber inner-
halb dieser Combination selbst gebt es nicht gana xweifellos richtig zu. Daß
Rüdiger« und Dietrichs Tbeilnahme am Kampf nicht ursprfiDglich verbunden
■ein konnlen, Ist ganz unbeweisbar; angenommen, Dietrich tei auf Kriemhilds
Bitten eingeschritten , konnte sie nicht beide hinter einander in den Kampf
treiben, wie sie es in der Überlieferung mit Blödel und Iring macht ? Ist es
aber mc^glich , daß Dietrich und Rüdiger neben einander von Anfauj
waren, so f^llt alle and jede Nötbigung für W.a weitereu SchluÜ weg,
glänzende, mit dem Bewustsein vollster Sioherbut vorgetragene HvpotbQw
in sich Ensammen.
Mit dem zuletzt gefundenen Resultat haben wi
von W.S Kritik erscliupft. Wir fanden oben, daß
Qeslalt des N L. eine '
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 323
selben ältesten Dichtung: 1. Rüd. -|- Ir.*), 2. Rüd. -|- Dankw. Da nun auch
eine Combination Rüd. -|- Dietr. angenommen ist, so fragt sich, ob diese vor
oder nach den beiden andern Interpolationen anzunehmen ist. Zweifelhaft muß
dies bei dem Iringsdichter bleiben, da dieser keinen Anlaß hatte, Dietrich zu
erwähnen. Aber der Dankwartsdichter kannte Dietrichs Freundschaft mit den
Bnrgunden (1811—1813. 1836—1838. 1920 ff.); somit hat er die Combi-
nation Rüd. -|- Dietr. schon vorgefunden. Wir hätten also anstatt der Formel
Rüd. + Dankw. einzusetzen : (Rüd. -|- Dietr.) -\- Dankw., möglicherweise auch
statt Rüd. + Ir. die Formel (Rüd. + Dietr.) + Ir. — Auch dieser Schluß ist
gänzlich yerfehlt. Dietrichs Freundschaft mit den Burgunden ist in der Sage
altbegründety ygl. die Thidrekssaga ; sie konnte also der Dankwartsdichter ganz
wohl erwähnen, wenn er auch den Schluß des Gedichts, in dem Dietrich ent-
schied; nicht vor sich hatte. Es wäre also die Formel (Rüd. -[' Dankw.) -|-
Dietr. eben so denkbar und demnach auch die andere (Rüd. -|- Ir.) -}- Dietr.
Die folgenden und letzten Abschnitte beschäftigen sich nun weiter mit
der Feststellung des Verhältnisses der Dietrichsdichtung zu den drei andern,
wozu die Str. 2172 — 2316 untersucht werden; sowie mit der Nachlese der
noch übrigen Abschnitte 1651—1695 und 1626 — 1650.
Zunächst kommt also zur Untersuchung der Kampf der Amelunge
gegen die Burgunden, Str. 2172—2816.
„Wenn der Dancwartsdichter Dietrichs Teilnahme an der Handlung schon
kennt und berücksichtigt , so läßt sich vermuten, daß der Dietrichsdichter
von Dankwarts Heldentaten noch nichts wußte. ^ In dieser Allgemeinheit
kann ieh das nicht zugeben. So viel ist richtig, daß, wenn in der Dietrichs-
(bzw. Rüd]ger8-)Dichtung Dancwarts Aristie schon mit ähnlicher Ausführlich-
keit erzählt war^ wie sie uns vorliegt, der Dankwartsdichter keinen Anlaß zu
seiner Thätigkeit gefunden haben würde. Allein es könnte dasselbe^ was wir
jetzt mit der höchsten dichterischen Ausschmückung erzählt finden, in der
früheren Dichtung magerer behandelt gewesen sein und dadurch zur Nach-
dichtung gereizt haben. Oder aber — das werden wir Vertreter der Einheit
annehmen — beide Dichter könnten identisch sein. Wilmanns zieht diese Mög-
lichkeit in Betracht; meint aber, daß alsdann der Dichter die beiden letzten
Aventiuren früher verfaßt haben müste als die von Dankwart handelnden Scenen;
denn die Dank wart erwähnenden Strophen der letzten Aventiuren seien inter-
poliert.
W. sucht dies ausführlich nachzuweisen. Seine wesentlichen Gründe
sind identisch mit den von Lachmann (Anm. Seite 255) gebrauchten, ^wenn
sich der Dichter Dankwarten anwesend dachte , so muste er öfter und bedeu-
tender auftreten.^ Ich leugne gar nicht , daß die betreffenden Strophen (wo-
bei ich etwas weiter in der Dichtung zurückgreife) zum Tbeil ziemlich verquält
*) Hier hat W. noch nachträglich eine Parallele aus der Thidrekssaga beige-
braeht, um zu beweisen, daß in der Iringsdichtong wie in der Rttdigersdichtnng Etzel
abweeend gedacht wurde; Th. S. Cap. 386 wird erzählt, daß, als BlOdel und Iring im
K« varan, Etzel nicht dabei war. Abgesehen davon, daß der Kampf überhaupt
'""■ dargestellt ist, als im N. L., will die Parallele auch sonst nichts besagen.
'asupf betheiligt sich Etzel im N. L. nicht, er sieht lkl6<ibaNMQa vi> \K&i^T&5dDx
rte Th. 8. nicht.
324 LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
sind and daß man deutlich fiiblt, wie ihr Verfaiser das Bedfirfhia hatte^ Dnk-
warty von dem er in seinen Quellen wohl nichts mehr Torfknd, ron Zeit n
Zeit anzubringen. Am meisten wird man diesen Eindruck haben bei S091.
2044, während die Obrigen Strophen 2151. 2162. 2217. 2228 niehta Airf-
fallendes und Erzwungenes an sich haben. Der Dichter hat seineneit Daak-
warts Vertheidigung lebhaft geschildert; ob ihm dazu eine ausgeiahrte Dii^tnf
als Quelle vorlag oder ob er selbst der Erfinder der Scene wmr, Iftßt ädi
natürlich niemals entscheiden. In beiden Fällen aber fand er spiter mdli
mehr über ihn berichtet, wenigstens nichts, was neben den mit Iringi Aa&
treten anhebenden Einzelkämpfen hätte Interesse erregen können. Doeb
er das Bedürfnis gefühlt haben, aus einem gleichsam statistiscben
Dankwart nicht gänzlich verschwinden zu lassen. So wird sieb, £alla
einen sehr absoluten Begriff von dem Dichter mitbringt, die spondiecbe
zum Theil ungeschickte Erwähnung Dankwarts leichter erklären laeaen mls
Athetese der betreffenden Strophen: der Verfasser von Dankwarts Ariatie
wohl mehr Veranlassung, ihn noch zu erwähnen, als ein Interpolmtor.
Sehen wir aber, wie W. die Athetierung der einzelnen Strophen
det. Die zwei unangenehmsten, 2021 und 2044, sowie die Str. 2151
2162, gehören nicht in unsem Abschnitt. — Dankwarts Tod, 2228, durfte
W. nicht so kurz erwähnt werden, falls der Held ursprünglich der DicbtOig
angehörte. Oegen diesen Satz könnte ich bloß das eben Gksagte wisderbekfr
Wichtiger ist, daß Hagen, der über Volkers Tod sich sehr erbost (9926 L).
sich um Dankwarts Fall gar nicht kümmert. Aber die Saehe ist einfiaeb.
um Volkers Tod an Hildebrand zu rächen, ist Hagen 2227, 4 kammemdi
gegangen: er sieht also den Fall seines Bruders gar nicht. Der Diebter
somit, wenn er 2228 nicht Hagen, sondern Günther und Giselher Dankwaita FU
beklagen läßt, ganz richtig in der Situation. — Übrigens will W. auch 2225 mlslit0>
polation erkennen. Es soll, wie zwischen 2227 und 2228, so aueh awia^ien 9221
und 2225, zwischen 2225 und 2226 der Zusammenhang fehlen; Hagena
um Volker und seine Drohung sollte auf 2224 folgen, und der
wäre ganz correct, wenn die Strophen so auf einander folgten: 2224. 922(.
2227. 2225. 2228. Das wäre eine ganz schöne logische Ordnaog, gegen die
kein Mensch etwas einzuwenden fände; so, wie die Strophen überliefeit mai,
ist zwischen Volkers Fall und Hagens Klage darüber die Erwähnung der Tapier
keit der Amelnngen eingeschoben. Aber das schadet doch nichts, snmal ii
einer wilden Kampfsccne! Wenn nun aber mit der genannten UmsteUmg dir
Str. 2225 so gut an ihrem Platz ist, warum soll sie dann unecht sein? Ledig-
lich deshalb, weil auf 2227, 4 dn gie er houtoende dan die Worte 2299, 1 St
wUe gie och Wolf hart beidiu wider unt dan gut passen; also dasselbe MoliT.
wie schon so oft! Übrigeos hätte W. ohne die Umstellung mit der alleinig«
Athetese von 2228 dieses Resultat auch erzielt.
Aus der Unechtheit von 2228 folgt die von 2217. Diese und die tot-
hergebende Strophe sollen den Zusammenbang stören. Bis dahin sind laater
amelungischc Helden als thätig erwähnt, und nun treten 2216 f. die Bnrgvadfls
auf, aber ohne namhafte Gegner. 2218 treten die Amelungen wieder herror.
— Der Fall ist also derselbe, wie soeben. Ich kann es nur passend finde%
daß nach der Erwähnung der Angreifer der Dichter auch auf die Angegiifleeei
übergeht; wenn in Str. 2216 f. keine Gegner der Burgunden genannt
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 325
so ist ja das uämliehe von der andern Seite in Str. 2218 — 2220 der Fall! —
Weiterhin wird 2219 für interpoliert erklärt, weil sie zu Hildebrand und Wolf-
hart zurückkehrt; daß das ^^sehr Qberflüssig^ ist, werden wir dem nicht so
peinlich sparenden Dichter zu Gute halten. Aber auch hier soll Verwirrung
in der Strophenordnung sein: die interpolierten 2216. 2217. 2219 waren nach
W. bestimmt, auf 2218 zu folgen. Denn Günthers und der Seinigen Erwäh-
nung in Str. 2216 passe besser nach der Aufeäblung der Amelnngen. Warum
hat dann W. diese Strophe, statt sie zu athetieren, nicht einfach hinter 2218
gesetzt? Noch wunderlicher ist die Aufstellung, daß 2219, 1 gut auf 2217, 4
passe; also gilt das Motiv der gleichlautenden Strophenschlüsse und Stropben-
anfänge auch für die Interpolatoren, deren Machwerk sieb doch sonst von dem
Echten so sehr unterscheiden soll!
Wenn nun der Dietrichsdichter von Dankwart nichts wüste , so wird er
auch Etzels TheiLsahroe an den Kämpfen nicht vorausgesetzt haben, welche
erst durch die Interpolationen des Dankwartsdichter veranlaßt wurde. Unter
der „Theilnahme an den Kämpfen^ ist aber nicht active Betheiligung zu ver-
stehen, zu der es auch in der Überlieferung nirgends kommt, sondern die
passive Zuschauerschaft nebst solchen Zwischenereignissen, wie sie 1958 f. 2020.
2026 ff. 2082 ff. erzählt sind. Wie sollte es aber möglich sein, daß in irgend
einer vollständigen Erzählung der Katastrophe Etzel nicht genannt worden wäre,
der doch als Wirth und Landesfürst nothwendig, wenn auch als Statist, dabei
sein muß und der in der Büdigersdichtung selbst Str. 1746 ff. erwähnt wurde!
— W. findet aber wirklich, daß in unserem Abschnitte eine Andeutung von
Etzels bisheriger Abwesenheit enthalten sei. 2173, 4 sagt ein Amelunge, der
den Jammer um Rüdigers Tod gehört hat: ich wcme der ktifUe selbe ist zuo
der hoehgeante kamen, »Der Dichter der diese Worte brauchte, setzte offenbar
voraus, daß Etzel bisher an der hoehgetnU noch nicht beteiligt war.** Ich ver-
stehe W. nicht ganz. Das ganze Fest überhaupt kann unter der höchgeiite
nicht verstanden sein, da ja Etzel zu Anfang dabei war (1746 ff.). Ist aber
unter höchgezUe mit einer etwas sarkastischen Wendung das zu verstehen, in
was die höchgeztte ausgeartet ist, der Kampf, so steht 2173, 4 im vollen Ein-
klang mit der sonstigen Überlieferung. Denn Etzel und Kriemhild sind mit
den Amelungen zusammen fortgegangen, und was sich seither ereignet hat,
können diese nicht wissen; sie schliessen nur aus dem Wehklagen, daß etwas
Besonderes vorgefallen sein müsse, daß etwa der König selbst gefallen sein
könnte. Das letztere wäre nur möglich, wenn er activ, ab Kämpfer zuo der
hochgexite gekommen wäre, und davon erzählt die Tradition nichts. — Übrigens
konnte W. hier ebenso gut oder übel wie sonst die La. von A verlassen und
mit den andern Hss. lesen ich wceti der kiinec Etzel ist selbe zuo dem schaden
komen\ ich habe jedoch keine Nöthigung, über die Vorzüge der einen oder der
andern La. mich zu verbreiten.
Wenn aber Etzel von Anfang an abwesend gedacht wurde ^ so hält es
W. für wahrscheinlich, daß ihn der Dichter unseres Abschnitts auch weiterhin
nicht auftreten ließ, da durch das von ihm Erzählte sein Auftreten nicht mo-
tiviert war. Ich bin der Ansicht, der Dichter muste den König, wenn auch
bloß wie schon gesagt als Statisten, zum Schluß noch auftreten lassen. Das
verlangt in so traditioneller und formelhafter Dichtung die Form; nicht der
Inhalt, für den Etzels Person überhaupt sehr gleichgiltig ist. Wenn das nicht
326 LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
sehr geschickt geschehen ist^ so ist es kein Wunder, weil ja Etzel nichts m^
zu thun hat. — Ungenügend sind aber jedenfalls die Gründe , mit denen W.
ihn wegschaffen will. — 2310, 4 will er statt Etzel vielmehr DietHek lesen.
Daß Etzel vorher nicht erwähnt wird, ist richtig, aber es wird sich nach dem
Gesagten zurechtlegen lassen. Was Etzel über das Verhalten seiner Frau sagt,
finde ich nicht gerade „seltsam^. Daß aber Dietrich „ganz mit Still eehweigei
übergangen wird^, ist nicht Nachlässigkeit. Er hat die Gefangenen an Kriemhüi
ausgeliefert und sich damit jedes Anspruchs auf sie begeben. Es ist daher
gute höfische Sitte, wenn er zurücktritt, nachdem er das Nöthige geleistet hat
Daß nachher Hildebrand sich darein mischt und Kriemhild erschlägt, ist en
Durchbrechen der alten, nicht durch ritterliche Sitte gezähmten Heldenart, das
der Dichter wohl nicht ohne Absicht von dem ritterlichen Dietrich, der in der
Thidrekssaga und noch im Anhang zum Heldenbuche Kriemhild tSdtet, weg-
gewälzt hat auf den mehr im Dämmerlicht alter Heldensage stehenden Hilde-
brand. Es ist somit kein Grund vorhanden, an der erwähnten Stelle Dietrieb
an Etzels statt einzusetzen, sondern eher ein Grund dagegen. — Weiterhin ist
Etzel noch 2814, 3 erwähnt. W. schafft diese Stelle weg, indem er 2814,
1. 2. 2815, 8. 4 verbindet. Von einer Begründung ist nicht die Bede, ausser
daß die ausgeworfenen Zeilen 2314, 3. 4. 2315, 1. 2 „die Wirkung der Stelle
nicht erhöhen^. Schöner wird die Stelle durch die Athetese nicht; denn es
folgen damit in einer Strophe zwei Reime mit i aufeinander. Das wfirde
weiter nichts schaden, braucht aber ebensowenig erst künstlich hergestellt an
werden , zumal da die so reconstruierte Strophe den Schluß des ganzen Oedicbts
bilden würde; denn 2316 wird, weil sie sich „in demselben Gedankenkreise
bewegt wie die vier ausgeschiedenen Zeilen^; ebenfalls athetiert.
Ausser diesen für die Geschichte der Dichtung wichtigeren Stellen ent-
fernt W. noch mehrere Strophen als interpoliert.
Zunächst nur eine Umstellung. 2175 paßt nach W. nicht auf 2173 f.,
da noch niemand, was doch Dietrich 2175, 2 voraussetzt, hat gdhen wollen.
Dagegen würde 2175 nach 2183 gut am Platze sein. — Es gibt aber aoch
die überlieferte Strophenordnung keinen Anstoß. Dietrich zeigt sich so durch-
aus besorgt vor unzeitigen Streichen, und in 2073 f. liegt schon indirect die
Hinweisung, daß man hingehen und fragen müsse; beides motiviert die vorsorg-
lichen Worte Dietrichs genügend. Die Versetzung von 2175 nach 2183 hat
auch das Mißliche, daß Dietrich auf Wolfharts ruhigere Worte 2176 in 2177
strenger antworten würde, als nach 2183 auf die dirccte Erklärung seiner Kampf-
bereitschaft. — Wenn es weiter heißt: ,)daß Dietrich den Burgunden seinen
Frieden zugesichert habe ist eine Voraussetzung, die der Dichter der beiden
letzten Aventiuren ans dem abweichenden Sagenbericht, den er benutzte, beibe-
halten hat^; so maß ich bemerken, daß diese Voraussetzung sich im Wesent-
lichen in Str. 1929 und 1931 findet. Denn der Friede von Seiten Günthers
involviert doch zugleich den von Dietrichs Seite; wenigstens kann man sich,
wenn man keine statistische Genauigkeit verlangt, damit zufrieden geben (8*
a. unten).
Für; die Unechtheit der Str. 2200 und 2201 ^
ihre „Erbärmlichkeit^ angeführt; Wolfharto nof^
gtaa unmotiTiert. Im GegentheU, gerade die
LITTERATÜR: Züß KRITIK DER NIBELUNGEN. 327
Günthers (W. spricht von „mildem Scbulmeisterton^, das Sententiöse^ Allgemeine
der Strophe ist aber der Verlegenheit des Redenden ganz angemessen) reizt
Wolfharten zur Ungeduld. Daß 2202 an 2199 sich anschliesse wie 2183 an
2182 y ist nicht richtig; man müste mindestens statt tcie lange ml wir flegen
erwarten une lange weit ir fligen (vgl. 1930, 1). Die Ähnlichkeit der beiden
Strophen mit 1739 und 1793 f. rührt mich nicht. Wenn aber 2201 echt ist,
80 muß es auch 2200 sein , wie vor allem aus dem Worte loenen hervorgeht.
— Weiterhin sind 2206 — 2209 athetiert. Die Worte 2210,1 sollen nur
nach 2205 am Platze sein, nicht nach 2209, weil 2206—2209 nur von Wolf-
hart handeln. Weiter fällt W. auf, daß Hildebrand 2208 Wolfharten zurück-
hält und doch 2211 ihm voran in den Kampf eilt. Die Erwähnung von Vol-
kers Spielm annikunst lege nah, die Strophen dem Dankwartsdichter zuzuschreiben.
Alle diese Gründe sind hinfällig, der letzte für mich ohnehin. Wenn nach W.s
Herstellung die Beruer durch die Strophe 2205 vil ßSre erziirtiet werden, die
doch gewiß gegen Wollhart speciell gerichtet ist, so wird ihr Zorn auch nach
den vier folgenden Strophen begründet sein. Wenn aber Hildebrand 2208 seinen
Neffen zurückhält, so ist das 2210 nicht mehr möglich, wo ihm die andern alle
nachfolgen ; es liegt aber ganz im reckenhaften Charakter Hildebrands, daß er
nunmehr auch der erste sein will. Durch W.s Athetese sind auch wieder ein-
mal die Reime muot : gtwty gemuot : guot unmittelbar an einander gerückt worden.
— Der Anfang von 2286 unterbricht die Erzählung, daß Hildebrand Wolf-
harten fallen sah und zu ihm hineilte. Diese Unterbrechung werden wir nicht
sehr schwer nehmen. Aber nicht ganz verstehen kann ich, was W. mit der
„engen Beziehung zu Str. 2245^ will; 2245 wird nicht athetiert, 2239 müste
also ans jener Strophe entlehnt sein; aber zu welchem Zweck denn? Es gab
hier weder zu glätten noch irgend einen Helden anzubringen. Wenn W. auf
die Hs. C hinweist, in der die Ähnlichkeit zwischen beiden Strophen noch
grösser sei, so ist das doch recht unkritisch. — Überflüssig sind 2239 und 2240.
„Die erste spricht in der vierten Zeile einen Gedanken aus, den an anderer
Stelle der Dancwartsdichter sehr schön verwertet hatte (1891).*' Von der
Schönheit , die an der angeführten Stelle nach W.s Kritik noch übrig bleibt,
habe ich schon oben geredet; der Gedanke ist 2239 wohl noch schöner aus-
gedrückt und besser am Platze. Gegen 2240 gilt, daß sie „von den Klagen
des Publicums spricht wie die interpolirten Zeilen 2814,3 — 2315,2.^ Für
mich also kein Grund; allein das Motiv ist an beiden Stellen ganz verschieden.
In den Schlußstrophen spricht der Dichter mitfühlend von dem Jammer der
Überlebenden; hier freut sich Wolfhart, sein Leben theucr verkauft und man-
ches Weib zur Witwe gemacht zu haben. Ich glaube, das sind zwei ver-
schiedene Stimmungen! — Möglicherweise sollen aber 2236 — 2240 alle unecht
sein; es sei wunderlich, daß, nachdem 2235 alle Amelungen schon gefallen
sind, Hagen Volkers Rache noch hinausschiebe. Die Str. 2236 — 2240 sind
aber an sich schön und tadellos; und wäre es nicht gegen alle ritterliche
Sinnesart, wollte Hagen seinem Gegner nicht mehr gestatten, sich mit dem
Btcrbeaden abzugeben? — Weiter werden 2251, 3. 4. 2252, 1. 2 athetiert;
' fotiton Zeilen sind überflüssig und „die genealogische Bemerkung in
■uitfiriioh'^; ich meine, im mittelalterlichen Geiste ganz natüriich
8S6d ist nach W. überflüssig und unrichtig; Hildebrand
irii erfahren, wer Rüdigetn «c%^VA«b%«ii V^^. ^^^st VX.
328 LTTTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUV6EN.
aber die Notiz, wer es gethan habe, besser angebracht als sie es in d«m Qe-
spräch 2191 ff. w&ro; und hätte der Dichter hier etwa aosdrücklieh «agei
sollcD, woher Hüdebrand die Kunde hatte, wie er es 1865, nicht siim Vei^
theil der Stelle, gethan hat? — - Str. 2256 ^sncht"^ syntaktische Yarbindn«
mit 2255. Wen das genieren würde ; der sollte, statt gleich mn atheüem,
nach des gie im wcerltchen not einen Punkt setzen, wie der in diesem Fall ga-
wiß unparteiische Zamcke thut (das von Bartsch gesetzte Semikc^
dasselbe). Daß 2257 Dietrich nochmals als Redender genannt wird,
eher für 2256; er ruft rersweifelnd aus: »6 hat mtn got vergeaMm^ wie 4m
den Schmerz auslösende Wort gesprochen ist^ gewinnt das Intereaae die Ob«-
band, zu wissen^ wie das möglich sei, und er beginnt von neuem: wim
es tich gefUegeuj sprach aber her Dieirieh^ — Str. 2258 «unterbricht d
liehen Zusammenhang". Wer sich genauer in den Ideengang des
▼ersetzt, wird leicht finden , daß die Stiophe gut motiriert ist: die
mng, wie denn die streitmnden Bargunden die Amelungen alle hätten
können, hat sehr natürlich die Frage im Gefolge, ob denn von den
Jemand am Leben geblieben sei. Die Strophe ist übrigens entbehrlieh und
wird, da sie in C fehlt, von denen, die eine gemeinsame Quelle too *B und
*C annehmen, für unecht gehalten werden ; aber Wilmanns jedenüiüla hmt kei
Grund, das Fehion in C als Motiv zu benutzen.
Ohne jeden andern Grund, als weil sie die Wehklage Dietrichs, ^e
den unechten Zeilen 2252, 1. 2 berichtet war, wiederholen, werden die
2261, 8. 4. 2262, 1. 2 athetiert. Hier ist es dem Kritiker zum
aufgefallen , daß die dadurch entstehende Strophe 2261, 1. 2. 2262, 3. 4
gleiche Reime hat. Er führt dafür 1431. 1475. 1691. 1704. 2299 na («o-
▼on 1691 als interpoliert abgeht); allein das zweimalige Hüdehrami wfizde dod
widerwärtiger sein als das zweimalige man 1691. 1704. Immerhin kann des iwci-
malige Dietrich 2256 f. verglichen werden, obwohl dieses sich zwei aof Strophsi
vertheilt; aber es ist gar keine Nothwendigkeit , eine so üble Strophe hem-
stellen. — Str. 2268. 2269 enthalten ,ein müssiges Bin- und Hergerede*.
Diese Behauptung ist weniger wesentlich als die andere: „der Anfang tob
Str. 2268 entspricht nicht einmal dem Zweck Dietrichs; er will den Bargimdca
ihr Unrecht gegen die Amelunge Torhalten und erinnert sie dabei an den Tod
ihrer Verwandten und Freunde, die doch vorzugsweise durch die Amelunge
gefallen sind.^ Es entspricht dem milden Sinne Dietrichs recht wohl,
er zu dem Vorwurf: was habt ihr mir da gethan! den weitem fugt: nnd
habt ihr euch selbst damit geschädigt! — Noch schlimmer sind 2271. 227S.
Die Anfangs werte sind unpassend ^ denn Hagen hat nichts gesagt, was dem
Bericht Hildebrands widerspräche; dagegen sind weder 2271 noch 2272 der
Wahrheit gemäß. Ein psychologischer Widerspruch ist jedoch in der
ganzen Stelle nicht vorhanden. Aus 2270 schließt Dietrich^ Hagen wolle die
Amelungen als Ursächer des Streits bezeichnen ; er redet daher von dem Spott,
mit dem ihnen begegnet worden sei. Hildebrand hat wirklich 2250 ersihlt,
daß ihm der Leichnam Rüdigers versagt worden sei, und gespottet ist 2203.
2205. 2209 genug worden. 2272 aber nimmt Günther auf sich, was 2203
Volker gesagt hat, und das sowie die Ausrede in Zeile 3 wird auch keinen Ansteft
bieten. Daß die Erörterung durch die beiden Strophen noch etwas hingezofea
wird, kann man an sich nieht beanstanden; 2270 hat ja nur den «nerteiti
LITTERATUR: ZÜB KBITK DER NIBELUNGEN. 329
gemachten RechtfertigungsTersuch enthalten. — „ Weniger störend, aber doch
auch wohl jünger** sind 2276—2278. Daß das Motiv 2276, 1 und 2279 das-
selbe ist, was schadet das? Oder schadet es etwas, daß 2277 Dietrich sich
selbst überbietet? Er hat 2274, 2. 3 gesagt $6 wil ich heküeUn^ $o ich aller
beste katiy daz dir hie wen Hiunen niem/en fdht eintuoi\ hier nun sichert er
noch ausdrücklicher freies Geleite au. Ist aber 2277 nicht zu beanstanden,
so muß auch 2278 stehen bleiben; daß wir mit dieser Strophe wieder auf
demselben Fleck stehen wie 2275 , liegt in der Sache. Übrigens ist Hilde-
brande Herausplatzen 2279 durch seine fast geringschätzige Erwähnung in
2278 veranlaßt; so daß ich aus diesem Grunde die drei Strophen nicht missen
möchte. — Str. 2286 ist „entbehrlich^, soll aber doch echt sein. Sie muß
echt sein; denn die Partikel euch 2287, 1 reiht das furchtbare Schwert Ha*
gens an seine furchtbare Person 2286, 4 an. Was hätte wohl dieses oueh für
einen Sinn nach den Worten Nibelvnget ewert da» guaU vil lüte üf Dieifieh
erklancll — Dagegen ist 2292 „sehr verdächtigt. Die Bitte Dietrichs. Hagen
zu schonen y komme 2301 an passenderer Stelle, und der Trost 2292, 8 sei
, seltsam^. Dietrichs Bitte steht aber hier gerade am rechten Platze. Er geht,
nachdem er Hagen an Kriemhild ausgeliefert hat, gleich wieder fort, um mit
Günther zu kämpfen. Wie lange wird der Kampf währen? Könnte er nicht
vielleicht zu seinen eigenen Ungunsten ausschlagen? Und könnte Kriemhild
nicht während der Zeit Hagen tödten lassen? Grund genug, ihr die Schonung
des Gefangeneu anzuempfehlen« 2292, 3 hat für unser modernes Gefühl etwas
Widerwärtiges, nicht für den Dichter des N« L. : Kriemhilds GManken drehen
sich ja vor Allem um den Hort, und diesen, meint Dietrich, könnte Hagen
vielleicht verrathen wollen, um sein Leben zu retten; falls er es nicht selbst
glaubt, so denkt er doch durch dieses Motiv auf Kriemhild einzuwirken. —
Str. 2295 wird athetiert, weil « Günthers Stärke ganz ungebührlich hervorge-
hoben wird**, was Geschmackssache ist; daß die Strophe „die Schilderung des
Kampfes unterbreche'', ist nicht wahr; die Erwähnung der Stärke des einen
Kämpfers bildet doch wohl auch einen Theil der Kampfschilderung. — End-
lich werden 2302. 2303 ausgeschieden, weil die Strophen nichts Wesentliches
enthalten, wohl aber die Angabe, daß Dietrich geweint, die schon zweimal von
lutcrpolatoren gemacht worden war, wiederholen. Wenn der Dichter dasselbe
dreimal erzählt, und zwar nach etwas längeren Zwischenräumen, so kann man
dagegen nichts sagen; uns kommt es etwas langweilig vor, aber die mittelalter-
lichen Dichter sind mit dem Berichten solcher Gefühlsäusserungen freigebig.
Aber was soll man von der Annahme sagen, daß dieses Motiv in eine Dich-
tung, die dasselbe noch gar nicht enthielt, dreimal von demselben Interpolator
eingeschmuggelt worden sei? Übrigens halte ich die Strophen für nothwendig;
wenn man sie ausscheidet , erwidert ja Kriemhild auf Hagens Bitte gar nichts,
sondern geht ziemlich flegelhaft von dannen.
Wilmanns wirft nach Vollendung dieser athetierendcn Thätigkeit die Frage
auf, ob der Bearbeiter, der an die Rüdigersdichtung das Auftreten Dietrichs
anflickte, eine vorhandene Dichtung verwerthete und Stücke aus ihr aufnahm
oder ob er die ihm vielleicht in einer Dichtung vorliegende Sage selbständig
gestaltete. Im ersten Fall wäre erwiesen, daß unabhängig von einander zwei
Gesammtdarstellungen existiert hätten, eine Rüdigers- und eine Dietrichsdichtung ;
330 LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGBK.
was für die Geschichte der Nibelungenstrophe wichtig wäre. Vorent
gelangt diese Frage noch nicht zur definitiven Entscheid ong*).
Mit viel ScharfBinn hat W. in unserem Abschnitt eine Ansahl ron Panklei
nachzuweisen unternommen, an denen eine allmfthliche Erweiterung dea Stoffei
stattgefunden habe. — Helfrichs Sendung ist bedeutungslos, denn Hildelyraad
kann auch keine andere Nachricht bringen, als jener schon gebracht hat. —
Hildebrand greift nicht Völkern, dessen Worte die Amelungen gereut hmbea,
sondern Hagen an. In dem allgemeinen Kampf werden versehiedene Amehiegw
mit Namen genannt , von denen doch keiner einen der burgondiaelMMi HeMt
erlegt. Erst der Zweikampf Volkers und Hildebranda ist wieder weeeulliefc|
und die Str. 2223 kehrt somit zu der Situation zurQck, die 2211
ist**). — Hagens und Hildebrands Kampf ist ohne wesentliche Folgen,
letztere konnte schon nach 2235 gehen. Überhaupt scheint Hüdebreiid w>
sprünglich an der Handlung keinen Antheil gehabt zu haben; sonst bitte der
Dichter ihn einen der beiden Überlebenden bezwingen lassen***). Str. 2283
greift auf 2264 zurück, es hätte daher das dazwischen Liegende fehlen ktanenf).
— An allen diesen Punkten also will Wilmanns eine allmfthliche Anahildnf
der Erzählung erkennen; es sei möglich , daß ursprünglich Dietrich allein dm
Bnrgunden gegenüberstand, daß er, wie in der Thidrekssaga , KriembiM er-
schlug, ohne daß Hildebrand und die andern Amelungen aufgetreten wim.
„Aber^, fährt er fort, „wenn diese Entwickelung stattgefunden hat, Tollsog m
sich doch nicht in unserer Dichtung; sie muß vor ihr liegen.** Denn alle diaK
Episoden hängen mit einander zusammen. 2199 setzt Helfrichs Sendung rot-
aus; Sigestaps Tod ist die Voraussetzung für Hildebrands Kampf mit Volk«
und dadurch auch mit Hagen; der letztgenannte Kampf wird Toraosgesetst
durch 2812.
Diese weise Mässigung des Kritikers überhebt mich des Amtes, nach-
zuprüfen, ob an allen jenen Stellen auch wirklich Unebenheiten Torliegce;
einiges haben die letzten Anmerkungen schon berührt. Aber ob wobl dieK
Mässigung mit W.s sonstigem Vorgehen . auch im vorliegenden Abschnitt, in
Einklang steht?
Im Grossen und Ganzen gesteht W. dem Dichter des Abschnitts die Fä-
higkeit zu, ^durch eine zweckmässige Reihenfolge der Ereignisse das InteresM
des Zuhörers zu steigern^. Auch daß die Darstellung Anfangs breiter ist, sa-
letzt Schlag auf Schlag folgt^ ist von guter Wirkung. W. bezweifelt aber, ob
*) Wir werden unteu sehen, daß Wilmanns sich für die zweite Möglichkeit
entscheidet Ist es die Schuld W.s, der sieb nicht ganz zweifellos ausgedrückt hat.
wenn Schönbacb a. a. O. 377 vielmehr meint, er habe die erste gewählt? Oder hat
Seh. die weitere Beantwortung der Frage übersehen und nur aas dem tlnscbendsB
Wortlaute dieser Stelle geschlossen? S. u.
**) Hier verhält sich die Suche doch anders. Von den namhaften burgua-
discben Helden leben noch Ganther, Hagen, Giselher, Dankwart und Volker (ausser
ihnen tritt Überhanpt nar Gemot hervor). Dankwart fällt in der nach W. freilich inter-
polierten Str. 2228, Volker 2224, Giselher 2231. Der Dichter konnte nicht jedem
namhaften Amelungen einen eben solchen Burgunden zum Gegner geben.
***) Ich halte es doch Hir berechnete Absiebt des Dichters zur Erhöhung voa
Dietrichs Ruhm, daÜ er ihn allein — trotz Hildebrands Anwesenheit — beide be-
zwingen läßt.
f) Daß dieses Zurückereifen in der Dichtung, so wie sie ist^ wohl begrün-
det ist, habe ich gleich za Annmg der Untersuchung nachgewiesen.
LITTERATÜR: ZUR KRITIK DER NIBELUNOEN. 331
das letztere beabsichtigt sei. Der Dichter könnte auch müde geworden sein.
Dafür, findet W. eine Begründung darin, daß die Reime auf Hcigen« von 2248
an*) vorkommen, während sie vorher fehlen. Es ist übrigens zu bedenken,
daß diese Reime, wie sie in den 73 Strophen 2172 — 2244 fehlen, so auch in
den 21 von 2249 — 2269 und in den 33 von 2284—2316 nicht zu finden
sind; man wird also besser thun, hier blossen Zufall anzunehmen.
In der Auffassung der Personen findet W. einen Unterschied zwischen
unserem und den früheren Abschnitten. Er stellt Ortliebs Tod und die Er-
mordung Kriemhilds, die Stelle 1726 ff. und Rriemhilds Gold- und Blutgier
am Schlüsse des Gedichts einander gegenüber, um zu beweisen, wie viel roher
dieser letzte Abschnitt gehalten sei. Statt aber „diese wildere, rohere Auf-
fassung der Quelle des Dietrichsdichters zuzuschreiben**, werden wir besser eine
beabsichtigte Steigerung darin erkennen; abgesehen noch davon, daß Kriemhild
schon 1677 ff. Hagen nach dem Horte gefragt hat.
Zum Schluß des Abschnitts fragt W«, ob derselbe nicht das Werk eines
der bisher gefundenen Dichter sein könnte. Mit dem Iringsdichter findet er
manche Ähnlichkeiten. Die Art der Kampfschilderung lasse ich unberührt, sie
liegt beidemale im Gegenstand. Ferner findet sich der Ausdruck an laufen^
der in unserem Abschnittt einmal (2213) vorkommt, viermal bei dem Irings-
dichter (1978. 1980. 1982. 2008); ebenso das Funkensprühen (2212. 2215).
Über das letztere s. o. ; der einmalige Ausdruck an Umfen hat aber doch nichts
Besonderes an sich. Auffallender scheint, daß ihn der Iringsdichter viermal ver-
wendet, und das könnte die Annahme von der Benutzung eines besonderen
Iringsliedes zu verstärken scheinen , zumal da das Verhältnis im ganzen N. L.
ähnlich ist wie bei dem Funkensprühen ; der Ausdruck findet sich ausser der
Iringsaristie nur fünfmal: 212. 466. 926.1551.2213; aber man muß hier vorsich-
tiger sein, denn das unstäte Hin- und Herrennen Irings hat 1978 und 1980 den
Ausdruck veranlaßt. — Daß ausserdem 1976 mit 2172 und 2296 Ähnlichkeit
hat, ist doch zu unbedeutend. — Wenn der Irings- und Dietrichsdichter iden-
tisch wären, meint W., so müste unser Abschnitt zuerst verfaßt sein und dem
Dankwartsdichter der jüngere über Iring noch nicht vorgelegen haben ; was sich
natürlich nur auf die Athetese von 1815 f. gründet. Wahrscheinlicher, meint
aber W. , sei es , daß der Iringsdichter unsem Abschnitt nachgeahmt habe ;
denn seine Auffassung sei eine rein äusserliche; — was wieder in der beide-
maligen Situation begründet ist
Eher könnte nach W. der Dankwartsdichter unsem Abschnitt ver-
faßt haben, jedenfalls aber dann vor seiner Dankwartsdichtung ; was sich auf
Dankwarts Ausmerzung aus den zwei letzten Aventiuren stützt. Momente für
diese Identität findet jedoch W. keine. — Interessant aber ist es zu sehen,
wie hier auf einmal die grossen Unterschiede, die ehemals zwischen dem Dank-
warts- und Iringsdichter da waren, verschwunden sind. Die Dietrichsdichtung
kann nach W. sein: 1. von dem Iringsdichter, 2. von einem, den der Irings-
*) Vielmehr schon von 2246 an. Wilmanns* Zusammenstellung ist ungenau; es
steht (nach A)
Hagene : gademe 2248. (2270.) 2280.
Hagene : degene 2246. (2270.) 2276. 2283.
Hagme : tragene 2279.
Hagene : sagene 2278.
332 UTTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBBLUNaEN.
dichter nachahmte; 3. von dem Dankwartsdiehter ; warum können alao nichk
4. alle diese Dichter einer und derselbe sein? Wosn nor noch fehlen w&dc^
daß er auch Verfasser der RSdigersdichtnog wäre.
Noch zwei Abschnitte sind übrig; die das bis jetzt (Gewonnene
und rervollständigen sollen.
Verwickelt ist die Untersnehnng fiber die Ankunft der BvrguildM
im Heunenlande, Str. 1651—1695. Die Bewillkommnong und Warmmg iter
Bnrgunden durch Dietrich bildet die Vorbereitung zu seinem enteeheidendei
Eingreifen am Schlüsse. Es könnten also beide Abschnitte rom gleiten Dichtar
sein. Nothwendig ist das nicht; denn, was wir in dieser Allgememheit den
Kritiker wohl glauben dürfen, ,es ist sehr wohl denkbar, daß ein Besibeitar
eine Dichtung durch neuen Stoff bereicherte, ohne alle Consequenien ma siehsB
und die Dichtung so umzugestalten, daß sie alle nötigen Voraussetzungen für die
Erweiterung bietet" *). — So hat Dietrichs Wegbleiben vom Kampf eeiafla
Grund darin, daß er den Bnrgunden Frieden entboten hat, 2175. 2249. Aber
die überlieferte Dichtung erzählt daron nichts, auch nicht 1929; Tielmehr iMt
der Dankwartsdiehter selbst in der Voraussetzung, daß zwischen Dielrieh xad
den Bnrgunden Friede geschlossen war. — Ich habe oben gesagt, daß das
1929 und 1931 Gesagte genüge als Voraussetzung für das Spätere. IGer
ich mich gegen die sehr scheinbare Vermuthung wenden, daß in der
1924 ff. ein schon geschlossener Friede Torausgesetzt sei. Man könnte 1998,1
buote unde ntone dafür anfuhren; allein diese kann auch versprochen werden,
wenn kein Friede besonders geschlossen war. Wenn dies der Fall wftre, so
müste wolil Günther davon reden, ob denn Jemand von den Seinigen den Frieden
gebrochen habe; er könnte nicht auf die verneinende Antwort hin 1981 ,ir-
louben''f daß die Ameluogen gehen, da das vielmehr seine Pflicht wäre; and
auch Wolfhart würde kaum so reden, wie er 1930 redet, wenn aosdrnek-
lieh schon Friede gemacht wäre. Vielmehr bleibt nichts übrig, als die obige
Annahme,, daß 1929 und 1931 wirklich den Abschluß des Friedens bezeiehnei.
Rüdiger und Dietrich stehen in dieser Scenc den Bnrgunden beide in g^leidier
Weise gegenüber; dem erstem aber wird 1934 der Friede ausdrücklieh ge-
währt; also findet dasselbe auf Dietrich Anwendung.
Entschieden kann die Frage, um die es sich handelt, ob die frühere Be-
gegnung Dietrichs von dem Verfasser der zwei letzten Aventiuren ist, nur werden
durch genr.uc Untersuchung des ersteren Abschnitts, welche W. nunmehr
unternimmt.
Mit 1675, wo Lachmanns siebzehntes Lied beginnt, fängt jedenfalls ein
neuer Abschnitt in der Erzählung an, 1675 — 1687^ welcher zunächst unter-
sucht wird. Hier werden gleich 1678 — 1681 ausgeworfen. 1682 fahrt „sn-
sammenhangslos^ fort und paßt nur auf Kriemhilds Frage 1677: sa^et toat tr
mir bringet; der Intcrpolator wollte statt der Andeutung des Nibelungenhortes
*) Als ein Beispiel dafür bringt W. bei, daß Hagen durch dns Schwert
frieds, das er auf dem Zuge mit sich führt, das Leben verliert, ohne daß irgendwo ge-
sagt wäre, daß er sich dasselbe angeeignet habe. — Der Fall ist doch sehr leicht;
Hagen ist ja überhaupt zum Kauber an Kriemhild geworden; daß das Schwert sieh
wohl nicht im Horte befand, hat der l>icbter nicht überlegt.
LITTERATUB: ZUR KRITIK D£R NIBELUNGEN. 333
denselben deutlich genannt haben. Das einzige an dieser Anfstellang, was
Widerlegung verdient, ist die n^QS&iDinenhangslosigkeit" swischen 1681 und
1682. Der Darlegung des Inhalts nach hat W. nicht, wie Lachmann, 1681
vorneweg ausgeschieden. Lachmanns Athetese war auf den Binnenreim und
die y^Müssigkeit^ und ^Unbestimmtheit^ der Strophe gegründet. Heinrich
Fischer hat S. 135 sehr schlagend entgegnet, daß 1682 nach der La. von A
ohne 1681 gana unmöglich seL Wilmanns bat insofern richtiger gehandelt,
indem er statt der einen die vier Strophen auswarf, als sich wirklich 1682 an
1677 gut anschliessen würde. Aber irgend ein Omnd ist zu dieser Athetese^
ausser wenn man den unschuldigen Cäsurreim in 1681 dafür gelten lassen
wollte, nicht vorhanden; denn ich bringe iu den tiuvel sehließt sich ganz wohl
an tr habet ndrs noch vU whdc her se lamdt braht an. Andererseits w&re das
Gespräch ohne die vier Strophen nicht besser, sondern nur abrupter und minder
eindringlich.
Die Str. 1682 — 1687 werden unbeanstandet gelassen, und es ist nunmehr
die Frage aufzuwerfen, ob die Scene 1675 — 1687 von dem Verfuser der zwei
letzten Aventinren gedichtet sei. Dafür würde die gleiche Behandlung von
Kriemhilds Charakter und von Dietrichs Verhältnis zu den Burgnnden sprechen.
Da diese beiden Punkte aber in der Sage begründet sind, so beweisen sie
nichts. Dagegen aber spricht nach W. aufs bestimmteste die Str. 1686. In
der den zwei letzten Aventiuren zu Grunde liegenden Sage hat Dietrich Kriem-
hild als seine Königin geachtet, denn auf ihr Geheiß geht er in den Kampf*),
und demgemäß begegnet er ihr (2290— 2292. 2301) mit Ehrerbietung; ebenso
geschieht es beim Dankwartsdichter (1838 f. 1920 ff.); in unserer Scene aber
„wetteifert Dietrich an wegwerfendem Trotz mit Hagen^. Dadurch werde
wahrscheinlich, daß auch der Dankwartsdichter unsere Scene noch nicht gekannt
habe. Auch die mit 1675 ff. parallelen Abschnitte der Dankwartsdichtong,
1696 fi. = 1675—1682 und 1799 ff. = 1683 f., gewinnen, fährt W. fort,
ihre Bedeutung erst, wenn man von unserem Abschnitt absieht. Denn es ist
unnatürlich, daß Kriemhild, nachdem sie auf dem Hof mit Hagen zusammen-
gerathen ist, wieder aus ihrem Zimmer hinuntersteigt, um nochmals auf dem
Hofe mit ihm anzubinden; ebenso, daß die Burgunden, die am ersten Tag ihre
Waffen nicht ablegen, am zweiten erst durch Hagen veranlaßt werden müssen,
sich zu rüsten. Wenn also der Dankwartsdichter unsere Stelle nicht gekannt
hat, so kann sie auch nicht des Dietrichsdichters Werk sein.
In dieser Beweisführung läuft Wahres und Falsches unter einander. Wahr
ist, was ich schon oben zugegeben habe, daß das Motiv der feindseligen Be-
gegnung zwischen Kriemhild und Hagen sich wiederholt. Ich habe aber eben-
falls bemerkt, daß die drei Scenen 1675 ff., 1696 ff. und 1775 ff. eine gewiß
beabsichtigte Gradation darstellen. Schlimmer für W.s Schluß aus dieser
Wiederholung ist es, daß 1775 ff. sich schon in der Rüdigersdichtnng befunden
haben sollen; wie kam da der Dankwartsdichter dazu, seine Scene 1696 ff.
hinzuzufügen? Und doch soll er es gethan haben! — Die sachliche Incongruenz
zwischen 1675 ff. und 1696 ff. beschränkt sich darauf, daß Kriemhild sich in
ihre Zimmer zurückzieht; und das ist eigentlich auch nichts Unebenes. Was
*) Über dieses für W.s Beweisführung ziemlich wesentliche Moment gehe ich,
dn es längst erledigt ist, hier ganz hinweg.
334 UTTERATUS: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
soll sie nach Str. 1686 thun? Sie geht, 1687, und nan wird sie neh woU
nicht aaf dem Hofe bei ootergeordDeteren Gästen hemmtreiben , WMideni m
geht gans natürlich in ihre Kemenate. Darin aber liegt nichts Widersprechendes,
daß sie nachher mit den Hennen doch wieder herunter kommt. Denn Hagci
und Volker sind 1698 Über den hof vil verre fllr einen paku wU gegangen; uid
auf diese Absonderung von den übrigen Burgnnden baut Kriemhild ihren eralei
Bacheplan. W.s Darstellung verdreht den Sachbestand. — Minder eben ist,
daß die Bnrgonden am ersten Tage schon gewaffoet bleiben und dennod
Hagen sie am zweiten dasn auffordern muß; noch auffallender ist, dmß Etiel
sie am zweiten Tage fragt, warum sie in Rüstung seien, wenn sie doeh aa
ersten Tag schon gerüstet waren ; sollten sie bei dem Abendessen 1 746 £ nieht
ebenso gut in Festkleidern sein? Und hätte also Etzel nicht schon hier Anfaii
zu seiner Frage? Doch das ist eine Schwierigkeit, welche sich doreh das Be-
streben eines Dichters, parallele Berichte (oder auch fremde Berichte mit ei|
Erfindung) zu verbinden, ebenso natürlich erklärt wie durch Gent
Konnte denn ein Contaminator nicht auf solche Widersprüche stossen? da dock
ein solcher in derartigen Ausserlichkeiten (falls er anders gut eontaminierte^
was im N. L. jedenfalls der Fall sein dürfte) wohl peinlicher sein mochte ah
der frei sich seiner Erfindungsgabe überlassende Dichter. — Die Versehieden-
heiten in Dietrichs Auftreten liegen nur auf der Oberfläche. Sein ritierlichei
Benehmen ruht wesentlich darin, daß er in den Händeln zwischen Kriemhüd
und Hagen immer zurücktritt, weil ihn die Sache nichts angeht, nnd, narhdcn
er Günther und Hagen an Kriemhild ausgeliefert hat, sich zurücksieht. Seine
Worte sind mehr als einmal scharf genug. Daß er 2290 ff. sich ehrerbietig
gegen Kriemhild zeigt, entspricht ganz seiner Rolle, ob man nun darin die
Absicht finden mag, die Königin milde zu stimmen, oder vielleicht richtiger
eine edle Reservation, die es verschmäht, das Benehmen des argen Weihet sa
rügen. Wilmanns hat aber vergessen, daß er 2311 in Dietrichs Mond legen
wollte, und daß diese Strophe doch nicht eben höflich wäre; vor Allem aber,
daß auch der Dankwartsdichter Dietrich 1839, 1 die Worte in den Mnnd legt
diu bete iuch Ititael eret. Str. 1686 aber hat Dietrich zu seinem im smo, si-
^ofidtiiiie! besonderen Anlaß durch die Worte Kriemhilds: und wease teil «er
daz tcete^ ich riete im immer ätnen tot. — Es sind also zwischen unserer 8eene
und der übrigen Dichtung durchaus keine wesentlichen Unterschiede wahr>
zunehmen.
Wilmanns fragt weiter, ob die Scene wohl aus einer selbständigen Dich-
tung aufgenommen sei. Rüdiger, den man als Vermittler hier erwarten könnte,
fehlt. Eine einheitliche Dichtung würde ihn hier nicht vergessen haben; wohl
aber kann ein Interpolator, der eben nur diese Scene und Dietrichs Auftreten
einschieben wollte, ihn darüber vergessen haben. „FfSir die Annahme, daß neben
der Rüdigersdichtung eine Dietrichsdichtung in derselben Strophenfonn ezistiii
habe, fehlt auch hier ausreichender Orund^. Nun hat W. bei den zwei lösten
Aventiuren durchaus nichts Positives gegen diese Annahme beigebraeht; nach
seiner vorhin verfolgten Ausfuhrung müste aber die etwa in 1676 — 1687 zu
Grund liegende Dietrichsdichtung eine ganz andere sein als die vielleicht die
Grundlage von 2172 — 2316 bildende. Somit ist eigentlich die Frage, ob 2172
— 2316 aus einer vorhandenen Gesammtdarstellung entnommen oder Ton einem
Späteren ex suo der Rüdigersdichtung angeflickt sind, noch gans and gar
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 335
unentschieden und bleibt es aaeh hinfort. — Für mich kommt hinsiehtlich der
Abwesenheit Rüdigers nar in Betracht, ob dieselbe in dem überlieferten Zu-
sammenhang begründet oder doch erklärbar ist; und das ist sie. Rüdiger fällt
bei Hof nicht auf; er ist Etzels Dienstmann und wird sich gleich bei seiner
Ankunft in Etzeluburg nicht zu den Gästen gestellt haben, sondern mit den
Seinigen in seine gewöhnliche Herberge gegangen sein. Nachher, als der
feierliche Empfang stattfindet, tritt er mit Beoht wieder auf, und zwar als Ab-
geordneter von Etzels Seite, wie Dietrich, Imfrit, Hawart, Iring und Wolfhart
(1742). Welche Rolle in unserer Scene muthet ihm auch W. hier zu? Eine
sehr jämmerliche; zwischen Rriemhild und Hagen ist keine Versöhnung mög-
lich, und seine Vermittlerrolle müste sehr kläglich ausfallen. Etwas ganz an-
deres ist es, wenn am Schluß der siegreiche Dietrich Kriemhilds Gnade
erbittet; er hat als Sieger das Recht, als der milde, ritterliche Held die
Pflicht dazu.
Wir kommen zu der Untersuchung von Str. 1688 — 1695. Die Strophen
sind bemerklich durch ihre Erwähnung der Walthersage. Diese ist auch be-
rührt in 2281 ; und da der Dietrichsdichter, wie hier zwischen 1688 und 1689
der Fall ist, den Constmctionsübergang in Str. 2221 f. duldet, so könnte man
versucht sein, ihm auch die vorliegende Episode zuzuschreiben. Aber die Unter-
schiede, meint W., sind dazu doch zu groß. 2281 ist kurz, bestimmt und bei
passender Gelegenheit angebracht; unsere Stelle breit und leer, aus echter Sage
und neuer Zuthat gemischt und ungeschickt angebracht; denn statt daß Etzel
sich in seinem Zimmer Hagen zeigen läßt, hätte die Episode ebenso leicht bei
viel passenderer Gelegenheit, etwa beim Mahle, angebracht werden können;
die überlieferte Scene erweckt das Gefühl, ^daß Dietrich nur deshalb Hagen
die Hand reicht, damit der König fragen kann, wer da neben Dietrich stehe^.
— Aus der Ungeschicklichkeit, mit der hier die Notizen über Hagens Vergan-
genheit angebracht sind, läßt sich allein noch kein kritischer Schluß »eben.
Während die Burgunden auf dem Hofe stehen und sich, wie Zamcke in seiner
Receusion Sp. 1666 richtig bemerkt, erst zum festlichen Zuge ordnen müssen,
hat der Dichter mehrere Zwischenfälle sich ereignen lassen, die er wohl nicht
besser als an diesem Ruhepunkte anbringen konnte. Das Verlangen, daß die
Sache an passenderem Orte, mit mehr Illusion, angebracht sein sollte, ist doch
nur hervorgegangen aus der Kenntnis geschickt gemachter modemer Lustspiele
oder Erzählungen, in denen derartige Notizen aus der Vergangenheit der han-
delnden Personen auf derartige Weise untergebracht werden. Der alte Dichter
ist hierin naiver. Ganz ähnlich berichtet ja Hagen über Siegfrieds frühere
Thaten, während derselbe zu Worms auf dem Hofe steht, Str. 87 — 102; Laeh-
mann hat allerdings nur die erste und die letzte dieser Strophen stehen lassen (s.
jedoch Heiorich Fischer S. 32 f.), aber das Motiv bleibt damit doch dasselbe
wie hier. Richtig ist es gewiß, daß 1688 f. nur dem Zweck dienen, Etzeln
aufmerksam zu machen; aber damit ist kein neues Moment gegen unsere Epi-
sode gegeben. Auch daß die Walthersage geschickter und vielleicht richtiger
in Str. 2281 verwendet ist, bildet nur einen Unterschied der Darstellung, wie
er in dem Werke eines Dichters oft genug vorkommt.
Lachmann hatte gefunden, daß 1689 nicht ursprünglich auf 1688 gefolgt
sei. Aber aus der Str. 1688 allein kann Dietrichs Rede nicht bestanden haben.
Vielmehr muß, meint W., 1688 den Anfang einer Warnung Hagens durch
336 LITTERATUR: ZUR KBSTIK DER NIBELUNGEN.
Dietrich gebildet haben. Was aber arsprünglieb auf 1688 folgte, iat
worden, da Dietrich schon 1662 — 1669 die Barganden gewarnt hat. — Du
beruht aaf einer Verkennung des Inhalts von 1688 f. Dietrich hat die Bv-
ganden gewarnt; es ist der Auftritt mit Kriemhild gefolgt; was ist natilflickcr,
als daß, nachdem diese gegangen ist, Dietrich sa Hagen sagt: i^ich bedanc,
daß du gekommen bist, wenn Kriemhild solche Worte hat fallen lasaen^. Beüe
reden gewiß noch weiter mit einander, und das kann auch aas 1689, 3 ge-
schlossen werden; aber Dietrich noch einmal ausführlich seine Befürcbtongci
aussprechen zu lassen vermied der Dichter, eben weil er schon eine Wamosg
der Burgunden durch Dietrich erzählt hatte*).
Strophe 1688 und was ursprünglich darauf gefolgt sei, hält W. for eiMs
Theil der Dankwartsdichtung , weil 1696, welche su dieser gehört, auf 1688
Bezug nimmt. Ich kann diesen Schluß schon an sich nicht geltoa lassen. Nsck
W.s Ansicht ist doch der Dankwartsdichter Interpolator einer älteren Dichtnag;
warum sollte nicht ebenso gut seine Interpolation Oberhaupt erst mit 1696
begonnen haben? Er hätte dann, wie ein Interpolator wohl immer thim wiid,
falls er überhaupt denkt, an die ihm überlieferte Scene 1688 jSl angeknfipfl.
— Der weitere Grund, womit Wilmanns seine Ansicht begründet, ist nieht ge-
nügend, obwohl er scheinbar dünken kann. Er findet nämlich, daß ^m mm im
Darstellung des Dankwartsdichters rortreflnich passe, wenn Hagen allein gewaiii
worden sei; denn die Burgunden ziehen erst auf seine Auffordenmi^ die Rü-
stungen an (1790 ff.). Die Interpolation von 1791 wird dadurch erkISrt; im
Verfasser dieser Strophe wollte durch die erste Zeile derselben die Dmrstdlatg
der Dankwartsdichtung mit der Erzählung in Einklang bringen, nach welelwr
auch die andern Burgunden gewarnt worden waren ^. — Daß der oben gegcs
1791 vorgebrachte Beweis gänzlich unstichhaltig war, ja daß wir positiven Qnai
haben, die Strophe für ursprünglich zu halten, glaube ich erwiesen an habea.
Es könnte sich also nur um die erste Zeile handeln. Und hier fragt sieh: iit
die Erzählung, wonach Hagen die Burgunden auffordern muß, sich an waffiMi,
mit einer früher erfolgten Warnung an alle Burgunden nicht rielleieht doek
vereinbar? Und das ist sie, wenn man den Intentionen des Dichters, der ste-
henden Rolle, welche Hagen bei ihm spielt, nachgeht. Es kümmert den Di^
ter keineswegs, ob nicht die andern Burgunden von sich selbst hätten so Uig
sein können, sich zu waflben; Hagen steht ihm einmal dnrchaos im Vorde^
grund als der, welcher antreibt, den Impuls zu Allem gibt; also auch hier. Ick
weiß nicht, ob W. diese Erklärung mit seinem Begriffe von einem epis^es
Dichter vereinigen kann; mir scheint sie dem Verfahren eines Dichters übe^
hanpt und speciell des unseren vollständig angemessen.
*) Sehr wnnderlicb ist es^ daß W. sagt: ^ans den Worten, mit denen Dietridi
seine Hede beginnt, sieht man. daß er seine Besorgnis über das Verhalten der ITiimi
hild aussprechen will**; denn dieses Verhalten ist doch eben das 1676 ff. berichtete.
auf welches sich 1689, 1 deutlich genug besieht; in der Athetese von 1689 stimmt aber
W. mit Lachmaon überein. — Daß femer Dietrich mit Hagen allein redet, bedeutet
nicht, daß er ihn allein warnen will, sondern ist, wie ich ausgeführt habe, aus dsr
vorang^angenen Scene sehr einfach zu erklären.
**) Auch 1738 wird dadurch nach W. aufs Neue verdächtig. Daß die früheres
Gründe gegen diese Strophe null waren, haben wir gesehen. Dieser neue aber filh
mit dem, was Ober das Verhältnis zwischen 1790 ff. und 1688 ff. gleich zu sagen ist
von selbst hinweg.
UTTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 337
Wenn nun die Scene 1688 (nebst den darauf ursprünglich folgenden^
jetzt ausgeworfenen Strophen) und die unmittelbar darauf folgende 1696 ff. dem
Dankwartsdichter angehören, so haben wir ausser diesen noch die Warnung aller
Burguudeu , 1656 — 1669, und die erste Begegnung zwischen Kriemhild und
Hagen. Wilmanns nimmt an^ daß die beiden Warnungen nicht durch Interpo-
lation, sondern wiederum durch Contamination verbunden worden seien. Ein Inter-
polator^ meint er, würde nicht, um die Warnung aller Burgunden anzubringen^
die Warnung Hagens ganz ausgeschieden und eine neue Scene gedichtet haben;
sondern er hätte sich damit begnügt, an die Warnung Hagens etliche Strophen
anzuhängen. — Diese Beweisführung wird gegenstandslos^ sowie man meiner
obigen Ausführung beipflichtet, nach welcher die erste Scene mit Kriemhild
und das Gespräch zwischen Dietrich und Hagen ganz correct aufeinander folgen.
Denn nunmehr hat das letztere nicht den Zweck; Hagen zu warnen, sondern,
zunächst wenigstens, bloß den, ihm Dietrichs Bedauern über Elriemhilds Be-
nehmen ausdrücken zu lassen. Eine besondere Warnung, gleichviel ob an Hagen
oder an Alle gerichtet, hat also daneben ganz wohl Platz. — Was aber W.
aus seiner Annahme einer Contamination weiter folgert, ist noch weit boden-
loser. «Die Scene, wo Kriemhild die Ankommenden insgemein begrüßt (1675
— 1687) und Dietrichs Warnung vor allen Burgunden geschieht, werden der
Iringsdichtung angehört haben." — Giebt es denn hier nur die Wahl zwischen
den vier bis jetzt entdeckten Dichtem? Wir haben den Iringsdichter bis jetzt
nur in der Schilderung von Irings Kampf gefunden, und was würde hindern,
ihm zunächst nur diese zuzuweisen? Ich verlange hier einen positiven Grund,
warum er die beiden in Frage stehenden Scenen gedichtet haben soll, gleiche
Motive , gleiche Eigenthümlichkeiten in der Form , wie im „Iringsliede^ ; und
ich gebe mich mit dem nichtssagenden Moment, daß die Scenen weder von dem
Rüdigers-, noch von dem Dietrichs-, noch von dem Dankwartsdichter sein
können — auch wenn das erwiesen wäre, was es nicht ist — in keiner Weise
zufrieden. Ganz unverständlich ist mir aber, was W. in einer Anmerkung bei-
fugt: „Damit soll nicht behauptet sein, daß Str. 1675 — 1687 denselben Ver-
fasser haben, wie die Aventiure, die Irincs Ritterlichkeit verherrlicht." Ich
quäle mich vergebens ab, su entdecken^ wie das zugehen soll, daß etwas zu
der Iringsdichtung gehöre, deren einziger bisher entdeckter Bestandtheil die
Aristie Irings ist, und doch nicht von dem Verfasser dieser Aristie herrühre.
In der Erzählung der ersten Begegnung zwischen Dietrich und den Bur-
gunden, Str. 1656 — 1669, findet W. mehrere Anstösse. Vor allem fällt auf,
daß Dietrich seine Warnung zuerst an Alle richtet und dann mit den Königen
sunder sprächen geht, ohne hier weiter sagen zu können; femer, daß Volker,
der doch bei dieser letzten Unterredung nicht gewesen sein kann, 1669 sich
darein mischt. Das erstere haben schon die Bearbeiter von B und C als miß-
lich empfunden und, um den Anstoß zu mildem, statt w<iz sol ich tu sagen
gesetzt waz sol ich iu mere sagen, — Zunächst rede ich von der letztdtierten
Instanz. Nach Bartschs Variantenverzeichnis hat A das Wort mire auch, und
R. V. Muth hat in seiner mehrerwähnten Collation von A nichts dagegen vor-
gebracht. Es wird also sehr gerathen sein, die Hss. hier aus dem Spiel zu
lassen. Übrigens alteriert das Wort mire den Sinn nicht weiter; auch ohne
dasselbe muß vorausgesetzt werden, daß Dietrich wegen irgend einer Angabe,
die er zuvor gemacht hat, des näheren gefragt worden ist. Aber auch sacb-
eSKMANU. Neae Beihe. XII. (XXIV. Jahig.) 23^
338 UTTEBATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
lieh kann ich durchaos keine Unebenheit entdecken. Ein
weder in der änsserh'chen Erzählung noch in den dichterischen und
logischen Motiven vorhanden. Und ob die Erzählung eben besonders
und vollendet ist, darauf werden wir doch so grossen Nachdrack nieht
wollen. Einen anderweitigen Tadel hat aber W. nicht finden können,
die Einmischung Volkers, welche auch sehr unverfänglich ist, da wir uns Difll-
richen mit den Königen durchaus nicht weit entfernt zu denken brauchen wmk
da dieses etwas naseweise Dreinreden in etwas, das ihn gar nichts angeht, gav
in Volkers Art ist (cf. 1740 f.). Wenn wir bedenken, daß Dietrich wirkfid
nicht mehr weiß, als daß Kriemhild beständig klage — denn erst 1685 ttCt
sie ihre Absicht deutlich merken — so werden wir in unserer Ersablo^
welche ihn zuerst die Thatsache berichten und dann sagen läßt, daß er mM
mehr wisse, höchstens eine kleine Ungeschicklichkeit des Ers&hleis finden, mit
lässige Breite, die ihm auch sonst nicht fremd ist. Wäre die ErsShlimg die, id
Dietrich 1662. 1664 redete und auf Günthers verwunderte Frage (1665) sofort ol-
gegnete toaz sol ich tu mire sagen u. s. f. , so würde auch W. wahraehenlifk
nichts auszusetzen finden. Störend ist nur das umständliche: ich kan «a wd
geraten f hütet iu diu mcere hoM wt tiigene u. s. f. und das feierliche d6
iunder sprächen die dri kifnege fichj weil man bei der Resnltatlosi^keit
Sondersprache an das parturiunt montes zu denken nicht umhin kaim;
solche Umständlichkeit, solche Feierlichkeit in der Behandlung sehr
Dinge zeigt der Dichter öfters; vgl. 1949. 2053.
Wilmanns erklärt die nach seiner Ansicht vorliegende StomiiK des %t
sammenhangB wiederum durch Contamination. Der Contaminator habe die W»
nung Hagens, die er in der Dankwartsdichtung vorfand, „aber an ihrer SlA
nicht beibehalten durfte", hier mit der Warnung der Könige venehoMbaa
Ich brauchte nach dem schon Gesagten gegen diese These weiter nichli ■
sagen, muß aber doch fragen, wie denn nach W.s Meinung der Contaaumlv
dazu gekommen sein sollte, aus der Warnung Hagens die^eine Strophe 1688
stehen zu lassen, wenn diese, wie W. meint, in der Uberiieferang so ■»•
passend dasteht ? Welchen denkbaren Grund konnte er denn haben, nicht aDti
wegzuwerfen, was er zur Aufnahme in seine Contamination nicht braodMi
konnte? Und weiter muß ich Verwahrung einlegen gegen das ^aber an ihm
Stelle nicht beibehalten durfte". Warum durfte der Contaminator das ni^?
Warum konnte er nicht ebenso gut die ihm wfinsehenswerth scheinenden Strophet
aus der allgemeinen Warnung in die Hagens herübemehmen ? W. wird sages:
das ist seine Sache; aber um eine solche Contamination anzunehmen , sötte
man doch unabweisliche Motive haben ^ welche den Contaminator getrieb«
haben müsten. — Da nun in den Strophen 1656 — 1669 Altes und Neues
mengt sein soll, so macht W. einen kleinen Versuch, die Bestandtheile di
Mischung zu trennen: „Str. 1663 kann so, wie sie überliefert ist, ans te
Dancwartsdichtung beibehalten sein; Str. 1667 ff. ^ die geheime Besprcchoig
der Könige, die in unserem Nibelungenliede unmotivirt und ganz nnfrachtbtr
bleibt y kann der Dancwartsdichtung nicht angehört haben; sie wird also tii
Teil der andern Bearbeitung, der Iringsdichtung gewesen sein«*' Möglich, wtas
man W. bisher beigestimmt hat; aber nothwendig auch dann nidit. Str. 1663
ist ihrem Johalti ja fast dem Wortlaut nach, wie W. selbst früher einmal v
wähnt hat, in der Thidrekssagai Oap. ^1^^ «ii^«\\eii\ «& Vsl «Iso ^ar kein bt-
LTTTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 339
stimmter Grund vorhanden, sie gerade dem Dankwartsdicbter zuzuschreiben, am
wenigsten für W.^ der bisher die Übereinstimmung mit der Thidrekssaga nicht
als Eigenthümlichkeit der Dankwarts-, sondern der Rüdigersdichtung zu erweisen
gesucht hat. Richtig ist nur die Bemerkung über 1667 £f., falls man W.s
vorherigen Annahmen beipflichtet; von dem aut-aut Dankwarts- oder Iringsdich-
tung rede ich hier nicht weiter. ,,Aber auch die übrigen Strophen mögen ein-
zelne Zeilen aus den altem Vorlagen bergen z. B. 1662, 4. 1664, 4; man
kann das nicht wissen.^ Allerdings: ebensowenig aber, warum W. gerade diese
zwei Zeilen gewählt hat.
Übrigens weiß W. doch, wo die Arbeit des Contaminators beginnt. Er
findet den Anschluß von 1661 an 1660 mangelhaft. Es würde, da 1660 die
Amelungen in der Bewegung den Burgunden entgegen geschildert sind, 1661, 1
erwartet werden : do si der künic Cruniher ffin im komen tachj statt, wie es heißt,
do si der hirre Dietrich gm im komen aach. Da aber 1658 f. die Burgunden
aufgefordert werden, den Amelungen entgegen zu gehen, so sind diese beiden
Strophen als die Voraussetzung für 1661, 1 ebenfalls verdächtig. Es werden
also, folgert W., 1656. 1657. 1660 zusammengehört und einen Theil der
Dankwartsdichtung gebildet haben; „in dieser Bearbeitung muß Dietrich nach
der Begrnssung mit den Gästen zu Hofe geritten sein ; die Warnung erfolgte erst
nach der Ankunft. ** Die Str. 1658. 1659. J661 f. dagegen sind jünger. — Daß
in der Dankwartsdichtung die Warnung erst nach der Ankunft bei Hofe erfolgt
sei, geht, wenn man W. folgt, theils aus dem vorher Gesagten, theils aus dem
gleich Folgenden hervor; da also diese Aufstellung an sich gar nichts Neues
enthält, so kann ich sie unberücksichtigt lassen. Anders die Trennung von
1656. 1657. 1660 und 1658. 1659. 1661 f. Schlechter begründet als diese
sind nur wenige von W.s Behauptungen. Im Sachlichen der Erzählung liegt
jedenfalls nichts Anstössiges ; daß die Burgunden , wie sie die Amelungen auf
sich zukommen sehen, ihnen entgegen gehen, ist doch ganz in der Ordnung.
Der einzige Ausgangs- und Stützpunkt von W.s Kritik ist ein formaler. 1660,
3. 4 sind mit si die Amelungen bezeichnet, 1661, 1 dagegen die Burgunden.
Da aber diese 1660, 4 ausdrücklich genannt waren, so konnte der Dichter
füglich voraussetzen, daß die Beziehung des n 1661, 1 von Jedermann ver-
standen würde. Daß dieser schnelle Wechsel der Besiehung sehr schön sei,
werden wir nicht behaupten wollen; aber wo sonst lediglich nichts Unpassendes
zu finden ist, müssen wir eine so geringfügige Härte ruhig mit in Kauf nehmen.
Ein Stück der Dankwartsdichtung zwischen der Begrüssung und der War-
nung findet W. in 1670 — 1674, auf welche er mit Lachmann unmittelbar
1688 folgen läßt. Nur scheidet W. zuvor 1671 als jünger aus, wofür er
aber keine andere Begründung hat, als die Überflüssigkeit dieser Strophe. Diese
wird man zugeben müssen; ebenso, daß 1688 ohne Anstand auf 1674 folgen
könnte. Aber nicht um das Können^ sondern um das Müssen handelt es
sich. Nachdem wir W.s Auslassungen über die Scene zwischen Hagen und
Rriemhild sowie über die nachfolgende geprüft und grundlos befunden haben,
fällt auch jeder Grund weg, den Zusammenhang der Erzählung von 1670 — 1695
zu verdächtigen. Denn die Erzählung schreitet hier ganz vernünftig fort. Die
Burgunden kommen zu Hofe; Jedermann möchte gern Hagen sehen (1670).
Die Begründung dieser Neugierde, wie sie 1671 gegeben wird^ \fl ^^ \^«l^^^
die man sich denken kann. Hierauf folgt an der mtkÄ^XDi^ATk ^X.^^ ^^ ^^~
340 LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
Schreibung Hagens, 1672.' Den Dienstleuten der Burgunden wird ihre Herbeqe
angewiesen, nach der sie Dankwart zu fuhren hat (1673 f.). Die Konige wd
Ritter werden von Rriemhild begrüßt, 1675, und hiebei kommt der eben ge-
schilderte Hagen sofort iu Wortwechsel uit der Königin, 1676 ff. Daß du
Folgende wohl zusammenhängt, ist schon auseinandergesetzt; und in der eba
gegebenen Erzählung wird niemand einen planvollen Zusammenhang
Vor allem läßt sich nicht leugnen, daß die Schilderung Hagens hier
Stelle steht, nicht nur, was auch nach W. der Fall wäre, um Hageni
tung für die Vergangenheit (1671, 2. 3) und für die Zukunft ins helLite Lick
zu rücken in dem Moment, da er durch den Eintritt in Etzels Bur^ sich vaä
die Seinigen dem unabwendbaren Verderben preisgibt, sondern mnch
um die gleich folgende Scenc mit Kricmhild zu illustrieren. A^Uerdings
man sagen, für den erstgenannten Zweck wäre es vortheilhafter, wenn die
1689 ff., wo Etzel nach Hagen fragt und von seiner Vergangenheit redet, m-
mittelbar auf 1674 folgte; W. freilich kaim diesen Einwand nicht machen, h
er 1689 ff. als interpoliert ansieht. Aber die Beantwortung dieses JBinwsaft
zeigt zugleich, daß der Dichter nicht ohne Plan gedichtet hat. Es war not-
wendig, zwischen der ersten und der zweiten Begegnung Kriemhilds und Hagw
eine Ruhepause zu lassen. Jeder planmässig arbeitende Dichter mnste dai tibn,
und der unsere hat es auch später gethan, indem er zwischen die Scess
1696—1739 und 1775—1786 die Begrüssung durch Etzel und das Abesd-
essen einschob. Wie dort für einen Augenblick alles friedlich und ^ter Dagt
zu sein scheint, damit der nächtliche Überfall um so wirksamer erscheine, m
hier, wo nach Kriemhilds Wortwechsel und dem offenen Ausdruck ihrer Ab-
sichten (ig 85) Etzel sich an das frühere freundschaftliche Verhältnis zu Hsgn
ennnert
Wenn wir also in dem Zusammenhang der Erzählung nach 1670 kciie
Unebenheiten gefunden haben, so ist der Zusammenhang vor 1670 noch a
untersuchen. Von 1656 — 1669 ist, was das Verhältnis zwischen den yin«f>»*
Strophen betrifit, schon die Rede gewesen. Ich fuge hier bei, daß die Vcr
bindung von 1669 und 1670 nichts zu wünschen übrig läßt. Die Buigmdci
thun 1670 das, was 1669 Volker ihnen gerathen hat; ja W. hätte nach
sonstigen Vorgehen allen Grund, die zwei Strophen für ursprünglich w
gehörig zu halten; denn der wörtliche Gleichklang, den er so oft durch Atbe
tierung hergestellt hat, ist hier überliefert: 1669, 3 wir nUn ze hove rite;
1670, 1 die käenen Burgonden hin ze hove riten'*). — Wie steht es aber bä
den Strophen vor 1656? Lachmann hat 1653 — 1655 unmittelbar mit l€7il
Tcrbunden. W. meint anders. Er läßt auf 1650 gleich 1656 folgen. Bei^
Strophen sollen dem Dankwartsdichter angehören. Auch diese ZusanunoistdliBe
würden wir, trotz der vier gleichen Versschlüsse {sant : lant^ lant : Hüdtbfwd).
*) W. hat über den Zusammenhang der Strophen 1669 und 1670 nichti gf>
sagt, sondern nur im Grossen und Ganzen, doch ohne sonderliche Begründung, die A^
schnitte 1656—1669 und 1670—1674 getrennt; ich habe aber de^alb doch nicb
versäumen wollen, darauf hinzuweisen, daß beide Strophen sich wohl an einander ftgci
Die atomistische Kritik, welche hier einen Fetzen von 5 Strophen der Dankwsit^-
dort einen andern der Iriugsdichtung zuwirft, ist in diesem Abschnitt mehr als irgcs^
anderswo der elementaren Aufgabe xm^e^Xx^xi ^«wox^vKi-. d\Q überlieferte ErsiUof
Strophe für Strophe nach ihrem Ziusainmeii\i«ji% tM ^tü\«iiv.
UTTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 341
wenn sie überliefert wäre, nicht beanstandco. Aber auch hier müssen wir
fragen, was den Kritiker genöthigt habe, die fünf dazwischen liegenden
Strophen zu entfernen. W. schließt sich an Lachmann an in der Trennung
von 1655 und 1656. Sein Grund dafür ist der Mangel einer Verbindung
zwischen den beiden Strophen. Wäre der Dichter beider derselbe oder wäre
1656 interpoliert, so würde es 1656, 2 etwa heissen: do gevriesch ouch diu
nuere der alte Hildehrant. Der überlieferte Wortlaut beweist nach W., daß dem
Dichter von 1656 die Strophe 1655 noch nicht vorlag, daß also „die Dank-
wartsdichtung von der Benachrichtigung Etzels durch Boten nichts wußte". —
Ich glaube nicht, daß der Dichter irgendwie genöthigt sein konnte ^ zwischen
1655 und 1656 eine Verbindung herzustellen; denn mit der letzteren Strophe
wechselt die Scene, was die Überlieferung durch den Beginn einer neuen Aven-
tiure anzeigt.
Innerhalb der Str. 1651 — 1655 wird aber wieder getrennt und geschieden.
1651 und 1652 werden von den drei folgenden Strophen weggerissen. „Str. 1653
bedarf keiner Einleitung" [falls es aber dem Dichter gefallen hätte, eine solche
zu geben, was würde sich dagegen sagen lassen?] „und die kurze fast abgerissene
Darstellung dieser drei Strophen sticht merklich von der behaglichen Breite
der beiden vorhergehenden ab.** Ich weiß nicht, ob Jedermann diese Ver-
schiedenheit des »Stils wahrnehmen wird. Ebenso wie 1653 die Angabe, daß
die Boten zu Kriemhild gegangen seien, fehlt (das einzige Merkmal besonderer
Knappheit in 1653 — 1655), ganz ebenso fehlt 1652 die Angabe, daß Rüdiger
Boten abgeordnet habe. Von der in C ausgeglichenen Discrepanz, daß 1652
von einem, 1653 von mehreren Boten die Rede ist, hat W. hier gar keinen
Gebrauch gemacht; weiter unten erwähnt er sie, und es soll dabei von der-
selben geredet werden. — Da aber 1655 und 1656 nicht zusammengehören,
so können 1653 — 1655 nach W. nicht zu der Dankwartsdicbtung gehören;
sie werden also aus der Iringsdichtung sein, zu welcher (1667. 1668. 1675
— 1687) auch der Stil stimme. Ich rede hier nur vom Stil, da die Begrün-
dung des ganzen Schlusses durch meine Ausführungen schon abgethan ist. Das
Gemeinsame in dem Stil der angeführten Strophen ist jedenfalls nichts anderes
als die „kurze fast abgerissene Darstellung" in Str. 1653 — 1655, von der wir
eben geredet haben. 1653 hat in ihrer Anlage Ähnlichkeit mit 1667 (warum
aber 1668 angeführt ist^ kann ich nicht errathen), und auch in dem Dialog
1675 — 1687 ist öfters die oratio directa ohne Nennung des Redenden gegeben.
Aber W. hätte zunächst zu beweisen, daß das gerade nur dem Iringsdicbter
eignet oder ihm in ganz besonderem Masse. Diesen Beweis ist er schuldig
geblieben. Seinen alten Rüdigersdichter hat er hier ganz vergessen, an dem er
dereinst (zu 1746 ff., Seite 49) „den knappen Ausdruck, den einfachen Stil,
die kurzen schlagenden Wendungen" hervorgehoben hatte*).
Genauere Betrachtung und schärfere Kritik verdient die weitere Aufstellung
W.s, daß auch „die Ähnlichkeit mit einer Stelle der Thidrekssaga, zu der auch
Str. 1675 — 1687 in einzelnen Zügen grosse Verwandtschaft zeigten^, für die Zu-
gehörigkeit von 1653 — 1655 zur Lringsdichtung spreche; W. meint natürlich die
*) Ich werde mich wohl des sehr leicht zu führenden Nachweises überhoben
halten dürfen, daß solche Kürze, wie in unsem Strophen, sich m «.^^n T^«\^\k. ^%%>
N. L. findet.
342 LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
Stelle Thidrekssaga Cap. 872. Ich hätte kaum nothwendig, dieses MotiT amdrick-
lich SU widerlegen; es würde der Hinweis darauf genügen^ daß gerade in de
Gegend, in der wir uns befinden, die derDankwartsdichtung sugewiesene Str. 16C3
ihre Parallele in der Thidrekssaga findet (s. o.). Aber es muÜ herworgekobci
werden, daß auch in den Prämissen der W.schen Kritik keinerlei BereehtigHf
liegt; Thidrekssaga und Iringsdichtung in Zusammenhang za setsen. Wo W.
bisher die Thidrekssaga herbeigezogen hat, ist es theils direct nun Beleg 4er
alten Rüdigersdichtung geschehen , theils um eine der Dankwartsdichtmig u
Grund liegende, von ihr zerstörte ältere Sagengestalt zu erweisen^). Nur m-
mal, S. 59 Anm. , hat er zwischen der Abwesenheit Etzels während Imgi
Kampf und der Stelle der Thidrekssaga (Cap. 386) eine Parallele gesopif
welche von einem Kampf redet ^ in dem BlSdel und Iring, nieht aber Etal
zugegen gewesen sei. Diese Parallele wird W. selbst für zu anbedeatend «•
klären müssen, um eine engere Beziehung zwischen Thidreksssf^ nnd Lmp'
dichtung auf sie zu gründen. In der Erzählung 1675 — 1687 allerdings kt
W. Züge aus der Thidrekssaga wiedergefunden, und diese Ersfthlnng soll de
Iringsdichtung angehören. Daß aber diese Zutheilung ohne jede positive Mb-
tivieruug geschehen ist , haben wir gesehen , und ich füge nur bei, daß, wot
Dietrichs Grobheit gegen Kriemhild (1686) die Autorschaft des Dietridit- w^
Dankwartsdichters ausschloß (wovon übrigens schon die Rede war), wenn Ditf-
richs Erwähnung überhaupt die des Rüdigersdichters undenkbar machte , disR
beiden Instanzen (was ich objectiv von ihnen halte, brauche ich wobl wiM
mehr zu entwickeln) nur auf den Schluß der Scenc Anwendung finden koantv;
die Strophen, welche Anklänge an die Thidrekssaga zeigen, enthalten in ad
nichts, was ihre Zugehörigkeit zur Rüdigersdichtung undenkbar machte. Aber
wir haben vorhin schon gesehen, der Rüdigersdichter ist von W. Tergewei
worden: einen Grund, warum er ihn ausgeschlossen sehen will, hat er nirgesdi
angegeben.
Da nun 1653 — 1655 aus der Iringsdichtung stammen, 1656 aber v-
sprünglich sich unmittelbar an 1650 angeschlossen hat, so fallen 1651 f. duck
das kritische Sieb und werden dem Contaminator zugewiesen. Das „Hereii>
ziehen eines unbeteiligten Publicum»*' (1652) „ist ganz nach der Art der jö-
geren Bearbeiter^. Was es mit diesen jungem Bearbeitern auf sich hat, habet
wir gesehen, und wir wollen doch gewiß dem Dichter die unschaldi^ Freude
gönnen, die ihm die kurze Erwähnung gemacht haben wird, wie der Bote dnck
Österreich reitet, den Neugierigen überall erwünscht als Bring^r angendine
Botschaft. Steht nicht zu der harmlos heitern Str. 1652 Kriemhilds grimmige
Freude 1654 in wirksamem Contrast? — Die oben erwähnte Differenz, diS
1652 nur ein, 1653 mehrere Boten erwähnt werden, rechtfertigt, wie W.
meint, die Ansicht noch nicht, daß 1651 f. aus einem andern Liede stammfli
sollten (wie Lachmann gemeint hatte). W. ist hier laxer, als er sonst so seil
pflegte. Wer ganz unbedeutende Differenzen so sehr urgiert, wie er seboi
öfters gethan hat, durfte diese nicht so leichten Kaufs drein geben. Er moste
sich fragen: wie kam ein Interpolator , dem die Erwähnung mehrerer Botm
*) Das erstere s. Seite 44 f., zu 1746 ff.; S. 49, desgl.; 8. 68 f., n dem ab
möglich angenonunenen ursprünglichen Ende des Saalbrandes; letzteres 8. S7 f., si
1849; S. 38 Anm., zu 1799 f.
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN 343
vorlag, dazu, nur Ton einem zu reden? Denn wer zwischen zwei Strophen
eine oder ein paar neue einschieben will, sieht sich doch wohl nicht bloß die
Strophe an, die seinem Machwerk vorausgehen; sondern auch die, welche ihm
folgen soll! Ich kann mich aber der sachlichen Erörterung dieser, wie W.
richtig sagt, kleinen Incongruenz fQglich entschlagen. Ist es möglich, daß 1652
zu der früher vorhandenen 1653 hinzugefügt wurde, so muß auch möglich
sein, daß beide das Werk desselben Dichters sind. — Ein Übermaß von Scharfsinn
hat aber W. wieder einmal aufgewandt, wenn er in der angenommenen Ver-
bindung der Dankwarts- und Iringsdichtung auch das Motiv zur Interpolation
von 1702 findet; „deren zweiter Vers [w<m vnr iuch niultehe haben vr6 ge-
sehen] eich auf Str. 1655; 1 zu beziehen scheint. ** Konnten denn die Hennen
Kriemhild niemals ftroh — wenigstens scheinbar — sehen, als in dem durch
1653 — 1655 bezeichneten Moment? Und wenn sie 1655 ihre Freude bemerkt
haben, die sich in der deutlichsten Weise auf die Realisierbarkeit ihrer Rache-
gedanken bezieht, wie kommen sie dann dazu, 1702 so zu fragen, wie sie
thun? da doch die Frage 1702 nichts andei*s bedeuten kann als: „wir meinten,
du habest dein altes Leid vergessen*'. Ebenso will W. für das oder in 1700, 4
die Begründung in 1655 finden; als ob nicht Kriemhilds Herz zwischen Freude
und Betrübnis wahrscheinlich heftig genug hin und her schwankte! Diese
Beziehung kann ich mir Qbrigens gefallen lassen ; denn ich bin ja der Ansicht,
(aß 1655 und 1700 von demselben Dichter stammen, der aber wohl nicht an
D peinliche Beziehungen zwbchen den verschiedenen Strophen seiner Dichtung
gedacht haben wird.
Mit Hilfe der Thidrekssaga hat W. versucht, die Lücke zwischen den
b«den Theilen der Iringsdichtung, 1653—1655 und 1675 ff., auszufüllen. Es
misse in dieser Lücke vor der Warnung, deren Rest 1667 f. ist, die Begeg-
nug der Burgunden mit Dietrich gestanden haben, und dieser könnte leicht,
wii in der Thidrekssaga Cap. 371 erzählt wird, von Etzel aufgefordert gewesen
seit, die Burgunden zu empfangen. Über die vage Möglichkeit kommt
abe W. nicht hinaus; und sie zu erörtern wäre nach den Ergebnissen unserer
Kritk sehr überflüssig.
Sehr nöthig dagegen war es, daß W. am Schlüsse dieses Abschnitts die
Resu'iate zusammengestellt hat; zu denen er in demselben gelangt ist. Ich thue
desglichen. Dem Iringsdichter gehören nach W. an: 1653 — 1655. 1667 f.
1675-1687 (nach Ausscheidung der interpolierten Strophen); dem Dankwarts-
diclit€: 1656—1660. 1670—1674. 1688. 1696 ff: — Erquicklich ist die
Betradtung dieses Resultats in keiner Weise, ebensowenig als die des Wegs,
auf dei CS gewonnen worden ist. Die Kritik hat hier gegen das Ende hin
nicht E^hr den grossen Zuschnitt, den sie früher hatte. Es wird nur noch in
kleinen Portionen jede Partikel in die schon vorher bereiten Fächer geschoben.
Wie erjirungen die Vertheilung zwischen Irings- und Dankwartsdichtung ist,
haben t^> gesehen; Henning hat in seiner Recension S. 68 ganz richtig be-
merkt, dß alles übrige ausser Irings Aristie „nur faute de mieux" zur Irings-
dichtung geschlagen sei, und von den Stücken der Dankwartsdichtung^ die W.
hier find^ will, gilt dasselbe. Ich muß die Frage wiederholen, warum der
Rüdigersdhter auf einmal verschwunden ist. Daß ihm die Str. 1653—1655
und 1675-1684 etwa zagewiesen werden konnten, haben wir schon gesehen;
bei andemStellen wäre es gleicbfaUs nicht anmöglich. Aach dem Dietrichs-
344 LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
dichter hätte gewiß einiges zugeschanzt werden können ; warum z. B. nicht die
Abschnitte 1656« 1669 (d. h. nach W.s Verfahren irgend welche Theile di-
von). 1688 ff.? Wo die Bestandtheile zweier Dichtungen so ineinander verfifal
sindy wie die der Dankwarts- und Iringsdichtnng nach W. in diesem Abtduitt
sein sollen, daß immer nur Fetzen von 1, 2, 3, 5, höchstens 9 Strophen bd
einander geblieben sind : da können gerade so gut ebenso grosse Parük^ tob
andern Dichtungen stecken. Denn daß etwa die Motive des ganxen Absdmitti
von 1651 — 1695 weder zu der Rüdigers- noch zu der Dietrichsdichtong pastss
würden, davon hnt W. kein Wort gesagt; es würde ihm wohl aaeh s^wer ge-
fallen sein, etwas derartiges zu erweisen.
Mit der Betrachtung des letzten Abschnitts will W. „alle wichtigeren Ab-
schnitte*' des N. L. von 1606 an untersucht haben. ,, Übergangen sind mehren
Stucke, welche zur Verbindung der ursprünglich nicht zusammengeh5rigen Ab-
schnitte dienten: Str. 1946—1964. 2016—2022. 2162—2171. Die Kritik
dieser Abschnitte, die mehrfach auch Bestandteile verschiedenen Ursprangi
erkennen lassen, würde zugleich die kleineren, den Hauptabschnitten eingeigtes
Interpolationen in ihr Bereich ziehen und, so viel als möglich, nach ihren ver
schiedencn Verfassern sondern müssen. Aber ich will auf diese schwierige lad
in vielen Punkten sehr unsichere Untersuchung hier nicht eingehen, da sie fib
die Beurteilung der Hauptresultate dieser Abhandlung kaum von Belang
dürfte.^ Ich habe mich schon früher gegen diese Vernachlässigung
Partien ausgesprochen; wer so ins Kleinste eingeht wie W., dem sollte in allei
Fällen auch das Kleinste groß genug sein, um es zu berücksichtigen; abgesehe
davon, daß gerade an solchen verbindenden Stücken, wie die drei nicht-onte-
suchten sind, im Fall einer Zusammensetzung aus Bestandtheilen verschieden'
Ursprungs die Näthc besonders deutlich sichtbar sein müsten.
Nur die Str. 1626—1650, welche den Abschied der Burgunden vi
Bechlaren schildern, hat W. noch zum Schluß untersucht.
Str. 1630 soll sich an 1629 mangelhaft anschliessen, da 1630, 1 scoa
nach dem ersten Satz von 1629 stehen sollte. Ich werde nachher davon roen,
daß man gerade das Untereinander der beiden Motive , der Abreise und der
Beschenkung, wenn man will, charakteristisch und wohlberechnet finden luin.
Aber es wird kaum nöthig sein^ dazu die Zuflucht zu nehmen ^ da doc) von
einer störenden Verwirrung in der Erzählung nicht die Rede sein kann, iben-
falls für hinfällig muß ich W.s andern Grund für die Trennung von 169 und
1630 erklären. „Während nämlich — wie es am natürlichsten ist — in Stri632.
1633 und auch wohl in Str. 1629 der Wirt als der freiwillig Bietenc» die
G^te als die gern Empfangenden erscheinen, werden in Str. 1630 di«6ftste
als die Begehrenden, der Wirt als der gern Gewährende dargestellt.^ Einen
Widerspruch kann ich aber darin nicht finden; sollte nicht der Scknkende
auch manchmal gefragt haben, was sich Jemand wünschte? Ziemlich 1er Str.
1630 entsprechend geht es bei Hagen, 1635 ff.; wir werden freilich scen, daß
W. diese Strophen gleichfalls verdächtig findet. Wem meine Erklärtg nicht
behagen sollte, dem wird schwerlich etwas im Wege stehen können, >es iemen
gerfe nemtn nicht von laut ausgesprochenem Verlangen , sondern m inner-
lichem Wunsche zu verstehen; cfaz veradter niemen setzt (als negjver Satz)
ebenfalls nicht nothwendig eine ausdrückliche Bitte voraus; obwo7 die eiste
UTTERATUK: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 345
Erklärung sicher vorzuziehen iat. — Zwischen 1629 (1630), wo die Geschenke
im Allgemeinen erwähnt, und 1632 — 1645, wo sie einzeln aufgeführt werden,
drängt sich 1631 ,,mit ungehörigem Inhalt'' ein. Die Erzählung ist aber doch
sehr durchsichtig und anschaulich. Die lebhafte Bewegung, das Durcheinander,
man möchte sagen das Reisefieber des Aufbruchs ist vortrefflich dadurch ge*
schildert, daß zwischen die Erzählung von den Geschenken hinein die auf dem
Hofe vor sich gehende Rüstung zur Reise geschildert ist. — W. hat aber noch
ein anderes Bedenken gegen den Zusammenhang. Da ir edel ingeainde 1631, 1
nur die Knechte der Bnrgunden sein können , so müsse , meint er , mit tnl
vremder recken (Z. 3) das Gefolge Rüdigers gemeint sein. „Aber die Einfuh-
rung desselben ist überraschend und undeutlich, da Rüdigers Absicht, die Bur-
gunden zu begleiten noch gar nicht angedeutet ist. Erst in Str. 1646 erhält
diese Strophe ihre natürliche Fortsetzung.'' — Schadet es etwas, wenn schon
hier vorübergehend davon die Rede ist, daß Rüdigers Mannen mitgehen wollten ?
Wenn das aber den Kritiker geniert, so kann er auch, wenn er will, unter
den vremden recken die burgundischen Ritter verstehen; denn 1630. 1681.
1632 sind gleichzeitig gedacht, und wir können uns leicht die, welche schon
beschenkt sind , abziehend denken ; das Gefolge wird doch ohnehin das Haus
vor den Königen verlassen. Jedenfalls sind die Anstösse in der Erzählung hier
so versteckt, daß man sie recht mit der Laterne suchen muß. — Auch daran,
daß Giselher allein leer ausgeht, nimmt W. Anstoß; 1632 weise darauf hin,
daß er durch Rüdigers Tochter abgefunden sei; „seltsam genug**. Es ist nun
zwar gar nicht noth wendig anzunehmen, daß 1632, 4 diesen Zweck hat; diese
Zeile kann ebenso gut die dritte Zeile derselben Strophe erklären sollen : wer
Giselhers Schwäher sein will, muß schon ein reicher Mann sein. Aber ich habe
Grund, W.s Auslegung beizustimmen, einen solchen freilich, der gegen W.s
kritische Schlüsse spricht. Der Kritiker hätte sich hier ebenso wohl wie ander-
wärts an seine Thidrekssaga erinnern können , welche in Cap. 369 und 370
neben den Geschenken , welche die andern Burgunden erhalten , ausdrücklich
die Jungfrau als die Giselheren zugedachte Gabe aufzählt*). Somit wird
der Gedanke der Zeile 1632, 4, falls er je als ^seltsam '^ erscheinen sollte,
jedenfalls als echt und alt anzusehen sein; die etwas fragmentarische Form
über, in welcher dieser Gedanke im N. L. ausgedrückt ist, erklärt sich sehr
einfach. In der Thidrekssaga wird Giselheren seine Braut angeboten zwischen
den Geschenken, welche die andern erhalten; hier erscheint also der Gedanke
auch in der natürlichsten Form seiner praktischen Ausführung. Im N. L. da-
gegen ist die Verlobung — und zwar nicht in Form eines Geschenkes
Rüdigers**), sondern, s. Str. 1619 ff. , in Form eines beiderseitigen Ver-
trags — schon vor etlichen Tagen vor sich gegangen; das Motiv kann also
hier nicht mehr, ohne plump zu sein, des Breiteren ausgeführt werden. Eb ist
somit ein altes Motiv durch seine Beibehaltung in einem veränderten Zusammen >
'*') Die ganze Frage wird dadurch nicht alteriert, daß Giselher in der Thidreks-
saga ausserdem das Schwert Gram erhält, mit welchem er später seinen Schwäher
erschlägt. Ich habe nichts dagegen, das mit Muth (s. o.) als die echtere Sagengestalt
anzusehen; aber an dem, was ich hier anführe, ändert es nichts.
**) Eher erscheint K. als der Begnadete, Str. 1614, 6; jedenfalls geht ja hier
der Antrag nicht von ihm, sondern von- den Burgunden ans.
346 LITTEBATÜR : ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
hang yerkümmert, wie so oft. Die „Seltsamkeit^ Ton 1632, 4 miiß kb «Im
für diese Strophe geltend machen.
Auch an der Verbindung von 1635 und 1686 hat W., wie
Anstoß genommen. Lachmanns Grund war aber ein viel besserer als der
Nachfolgers*). Jener hatte 1634 wegen des Binnenreims athetiert, gegen 163S
aber gesagt: „die echte Lesart [d. h. die von AB gegenüber der siditfith
aus pedantischer Ängstlichkeit entstandenen von C] ^er weigerte neh das Ge-
schenk anzunehmen ist spitzfindig aus dem folgenden mire nikt in Hngene Bede
heraus gedreht, die keiner Einleitung bedarf^. Die Beobachtung Laehmanns iit
insofern ganz richtig, als die Worte mSre mht mit der Torhergehenden Stiephs
in causalem Zusammenhang stehen. Aber das Gkuiae ist ebouto leidift m er-
klären, wenn man 1635 und 1636 demselben Verfasser lutfaeilt; die Spüi-
findigkeit ist nicht weit her, und eine Einleitung zu 1636 zu geben, kann dod
dem Dichter nicht verwehrt werden. Dagegen behauptet Wilmanns, daA HagM
hier „ganz zusammenhangslos als ein Heischender eingeführt werde^. Man wiid
sich über diese Behauptung wundem, da Lachmann gerade die gesnehte Ver-
bindung mit dem Vorhergehenden gegen 1635 angeführt hat. W. meint es
aber so. Die Stelle wäre , denkt er sich , in Ordnung , wenn der TfirWndoniii
Gedanke ausgesprochen wäre: „jedoch, sagte Hagen endlich, wenn da mir ek
Andenken geben willst, so möchte ich nichts anderes^ u. s. w. Ich begreife
nicht, wie man aus dem Fehlen dieser Wendung dem Dichter einen Vorwarf
machen kann. 1636 enthält doch unter keinen Umständen Hagens ganae Bede;
der Dichter hat nur ihre Schlußworte gegeben; die Ablehnung des AnerlneC^
ist schon in 1635, 4 ausgedrückt; und wäre es denn unmüglich an
^nein, ich danke für deine Gaben; von allem, was ich je gesehen habe, wäre
mir jener Schild am liebsten?*^ — W. zieht also aus der schlechten VerliiB-
dung von 1635 und 1636 den Schluß: 1636 stand ursprünglich in anderen
Zusammenhang, und 1635 (über 1634 werden wir unten das Nähere hSrca)
ist gedichtet, um 1636 in den jetzigen Znsammenhang zu bringen. Mit der
Athetierung von 1634 f. glaubt aber W. nicht auszukommen; vielmehr ist iha
1636 — 1645 von einem ganz andern Verfasser als das Vorhergehende. Sebea
wir, auf welchem Weg er dazu gdangt. Hagen wird von Gotelind beschenkt,
1636—1639; ebenso Volker, 1643—1645. Die dazwischen liegenden Strophen
sind nicht ursprünglich. Über 1640, die Beschreibung des Schildes, weiß W.
nichts zu sagen , als daß er ^nicht glaube'', daß sie von dem Verfasser von
1636 — 1639 sei; er erinnert an 1722, zu deren Athetierung er aber ebenfalls
gar keinen Grund beigebracht hat. — Scheinbarer ist die Athetese von 1641.
Die Erwähnung Dank warte findet W. unpassend zwischen die zusammenge-
hörenden Hagen und Volker eingeschoben, welche auch beide von Gotelbid
beschenkt werden. Noch deutlicher werde die Unechtheit der Erwähnung Dank-
warts dadurch y daß er 2130 — 2144, wo Hagen und Volker mit Rüdiger ver-
abreden, nicht gegen ihn zu kämpfen, keine Erwähnung gefunden hat. — Zu-
nächst sieht das ganz wahrscheinlich oder wenigstens sehr möglich aus, ist ab«
bei näherer Betrachtung sehr unwahrscheinlich, und, wenn ich für einen Augenblick
vorausgreifen darf, mit W.s Resultaten wenig in Übereinstimmung. Der Inter-
*) Sehr unrecht hat Heinrich Fischer^ wenn er S. 134 behauptet, daß Lack-
mann gar keinen Qmnd beigebraoht habe.
LTTTERATÜR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 347
polator, welcher 1641 Dankwart angebracht hat, wird doch derselbe sein, der
— nicht in der Episode 2130 ff., aber — öfters in den letzten ATentiuren
eine Erwäbnang Dankwarts eingeschoben haben soll; denn W. hat nirgends
einen Gmnd beigebracht, weshalb wir mehrere solche Interpolatoren annehmen
sollten. Warum hat derselbe alsdann vergessen, seinen Helden 2180 ff. anzu-
bringen ? Das möchte noch sein ; aber die Resultate W.s stimmen^ wie erwähnt,
zum Obigen nicht. Es wird doch ganz natürlich sein^ anzunehmen, daß die
parallelen Scenen 1686 ff. und 2180 ff. yon demselben Verfasser seien ^ wie
man auch, W.s bisherige Ausführungen zugegeben, nothwendig annehmen wird,
daß die beiden Abschnitte, in welche diese Scenen eingeschoben sind, von dem-
selben Dichter herstammen. Wir werden aber finden, daß der Abschnitt , in
dem wir uns befinden (1626 ff.), nicht von dem Rüdigersdichter sein soll, dem
der Bericht vom Kampfe Rüdigers angehört; ebenso werden wir finden , daß
1636 ff. der Iringsdichtung angehören soll, ohne daß W. ; was doch zu er-
warten wäre, hier nachgetragen hätte, daß demgemäß auch 2180 ff. ein Stück
der Iringsdichtung sei. Die Athetierung von 1641 fußt aber ganz wesentlich
auf der Parallelisierung von 1686 ff. und 2180 ff.; fällt letztere weg, so bleibt
für jene kein Grund mehr übrig; denn daß ^Hagen und Volker zusammenge-
hören". Dankwart aber „nichts zu thun habe^, ist an sich kein Grund, da diese
Zusammengehörigkeit nach W. nicht bei allen Dichtern, die am N. L. bethei-
ligt sind, erscheint*). Es hat aber, wie gesagt, jene Parallele nur einen Sinn,
wenn 1636 ff. und 2130 ff. von einem Verfasser sind; da das W. nirgends
ausgesprochen hat (ausser am Schluß des zweiten Abschnitts, S. 16, ganz an-
deutungsweise), so fällt jeder Grund für die Athetese von 1641 weg. — Ebenso
natürlich auch für die Unechtheit der ,,reflectirenden ganz überflüssigen**
Str. 1642, welche ohne die Athetese von 1640 und 1641**) wohl unangetastet
geblieben wäre. Ein weiterer Grund gegen 1642, sowie gegen die schon be-
handelten 1634 und 1635, welcher zugleich für alle denselben VerfSasser be-
weisen soll, ist der: „alle drei Strophen sprechen die Verwunderung aus, daß
so hohe Herren sich beschenken lassen". Ich muß zunächst die alte Bemerkung
wiederholen : es ist um kein Haar wahrscheinlicher, vielmehr weit unwahrschein-
licher, daß ein Interpolator — was nur mit bewuster Absicht geschehen könnte
— so kurz hinter einander denselben auflfallenden Zug dreimal anbringe***),
als daß der Dichter selbst ohne besondere Absicht ihn etliche Male wiederhole.
Weiterhin aber ist zu sagen, daß dieser Zug gar nichts Auffallendes enthält.
Er wäre nur dann auffallend, wenn man darin die moderne Anschauung finden
wollte, daß ein nobler Herr sich nichts schenken lassen dürfe. Das wäre
allerdings gegen den Sinn unseres Epos. Aber so ist es auch nicht gemeint.
Vielmehr soll Rüdigers Reichthum dadurch^ wie öfters, hervorgehoben werden:
Günther hat noch selten eine Gabe empfangen (1634, 3), weil er ein gar
mächtiger König ist, der viel häufiger in die Lage gekommen ist, selbst zu
schenken; also wird er vollends von einem eilenden ^ wie Rüdiger, nur dann
'^) Gerade bei dem Iringsdichter, dem 1686 ff. angehören sollen, ist ne bisher
nicht erschienen.
**) W. weist alle drei Strophen, 1640—1642, demselben Interpolator tu.
***) Übrigens bezieht sich 1636, 2 t^ si der künii nam so deutlich und un-
mittelbar auf 16S4, daß man nur von zwei Stellen, 1684 t und 1642, reden kanu.
348 LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN.
etwas aDnehmen, wenn dieser anbedingt im Stand ist reichlich xn achenkeo. Dio*
selbe Tendenz^ Rüdigers Reichthum in helles Licht zu rücken — was ja anck
dem etiketteknndigen Hörer und Leser gegenüber nothwendig war, iub GKsd-
hers Verlobung nicht als Mesalliance erscheinen zu lassen — yerfolgen noch
andere Stellen, wie 1620. 1628; es kann also nicht verwundem, dasselbe avch
ein paar mal mit anderem Augenpunkt ausgeführt zu sehen.
In einen höchst wunderlichen Widerspruch hat sich W., hier mehr db
sonst y durch die Herbeiziehung der Thidrekssaga verwickelt. Er will asi
Cap. 370 derselben erschliessen, „in welchem Zusammenhang Str. 1636 ir>
sprunglich gedacht war**; obwohl er sagt, daß «an eine unmittelbare Benetsoig
des einen durch das andere gar nicht zu denken** sei. — Hat W. oben die
Zusammenstellung Hagens und Volkers, sowie ihrer beider Beaehenkiuig dmtli
Gotelind als charakteristisch hervorgehoben , so fehlt Volker in der Scene der
Thidrekssaga gänzlich , und Hagen wird von Rüdiger gefragt , was er ai^
wünsche, also wohl eher von diesem^ als von Gotelind, beschenkt. Sieht am
aber das ganze Capitel der Thidrekssaga an, so findet man^ daß die Ersfthlmig
nicht mit der Scene 1636 ff., sondern mit dem ganzen Abschnitt voa
1626 oder 1632 an parallel läuft; mit denjenigen Verschiedenheiten , weMe
beide Gedichte auch sonst zeigen. Anstatt also die Thidrekssaga herbeiznaiehea,
um den Abschnitt 1636 ff., der in Wesentlichem von ihr differiert, za erkIi^a^
hätte W. dieselbe vielmehr benutzen können und sollen , um die Darat^iug
des gesammten Abschnitts als ursprünglich zu erweisen.
W. schließt weiter: ,,Wenn nun Str. 1636 ff. in unserer Dichtung der
natürlichen Voraussetzung entbehren, so wird man wieder zu der Annahme
geführt , daß sie aus einer andern Bearbeitung als die vorher benutste an^-
nommen sind; und wenn ferner der Contaminator unseres Nibelungenliedes sieh
veranlaßt sah, die Beschenkung Hagens und Volkers aus einer andern Beai^
beitung aufzunehmen, wenn er selbst erst die Beschenkung Dancwarts aml
Günthers hinzufügte, so muß man daraus schliessen, daß die Bearbeitung , der
er vorher folgte^ von der Beschenkung der einzelnen Helden nichts erzählte.*'
Auch von anderer Seite her findet W. dies wahrscheinlich. yyDie einaige Gabe
auf die es ankommt ist das Schwert, das Gernot bekommt' ; wie W. dasselbe
auch in der Erzählung von Rüdigers Kampf ausgeführt hatte. Weiter sehlieftt
er: ,,Gab es aber überhaupt eine Bearbeitung, die sich auf das Notwendige
beschränkte, so kann die Rüdigersdichtung, die unserem Nibelungenliede za
Grunde liegt ^ nicht mehr enthalten haben. ^ Wir werden nachher finden« daft
auch wirklich nach W.s Ansicht der Erzählung 1 626 ff. der Bericht der Rndi-
gersdichtung zu Grund liegen soll, und das Resultat der Untersuchung wäxe so
ein ganz befriedigendes: hier und in der Schilderung von Rüdigers Kampf
würde die Rüdigersdichtung nur Geniots Schwert erwähnt, ein Interpolator aber
Hagen und Volker episodisch eingeschoben haben. Wir haben vorhin gesehen,
daß letztere These von W. gikr nicht einmal völlig ausgeführt worden ist, und
ich kann mich zur Zurückweisung des ersten Theils des letzten Satzes aaf die
bisherigen Resultate meiner Kritik berufen, nach welchen sowohl die hierher
gehörigen Ausscheidungen aus der Erzählung von Rüdigers Kampf als auch die
Athetese von 1634 (von 1636 ff. und 2130 ff. noch ganz abgesehen) ganz
unbegründet sind. — Aber auch der letzte Schluß W.s ist in sich nicht ohne
Fehler. Vor allem ist zu bezweifeln, daß es „überhaupt eine Bearbeitung gabt
LITTERATÜR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 349
die sich auf das Nothwendige beschränkte.^ £b wäre an und für sich nicht
gerade in der Art des Dichters, bloß das eine an Geraot gegebene Geschenk
ausdrücklich zu erwähnen. Ich will aber zugeben, daß die verhängnisvolle
Bedeutung des Schwertes seine alleinige Nennung begründen kann: so bleibt
die Unwahrscheiulichkeit vun einer andern Seite her, da doch die Thidrekssaga
die einzelneu Helden alle aufführt; denn wenn^ wie dies nach W.s Ansicht
über Thidrekssaga und N. L. anzunehmen ist, eine ältere Fassung der Sage
existierte, welche die Beschenkung Aller einzeln aufführte, so ist es ganz un-
vereinbar mit der Art , wie unsere mittelalterlichen Epiker verfahren , anzu-
nehmen, daß aus einer solchen breitem Erzählung der Rüdigersdichter mit künst-
lerischem Gefühl des für die Ökonomie des Ganzen Wesentlichen den Bericht
zurecht gemacht hätte, den ihm W. vindicieren will. Das wäre moderne Art,
von der bei einem mittelalterlichen Dichter das genaue Gegentheil zu erwarten
sein würde. — Eine petitio principii ist die Behauptung, daß keine andere
als gerade die Rüdigersdichtung den von W. herausgeschälten kürzesten Bericht
habe enthalten können. Wenn ich es auch nach dem soeben Gresagten für
ganz unwahrscheinlich halten muß, daß etwa die Rüdigersdichtung einen aus-
führlicheren Bericht enthalten, ein Bearbeiter denselben gekürzt hätte: so kann
doch W. die Möglichkeit nicht ausschliessen , daß ein eben so kurzer Bericht
der Rüdigersdichtung von einem Bearbeiter durch den ersetzt worden sei, den
er hier kritisch herausgeschält haben will*). Nur die Übereinstimmung zwi-
schen 1626 ff. und 2106 ff. konnte — alle Prämissen W.s zugegeben — die
Autorschaft des Rüdigersdichter für 1626 ff., bzw. die in diesen Strophen ver-
arbeitete ältere Erzählung, beweisen. — Um diese Autorschaft steht es aber
von anderer Seite her mißlich genug, wenn die Thidrekssaga, deren nahe in-
haltliche Verwandtschaft mit der Rüdigersdichtung mehr als einmal betont wurde,
hier auf einmal einen von dem der Rüdigersdichtung supponierten sehr ver-
schiedenen Bericht enthält.
W. findet also, wie er zusammenfassend hinzufügt, die Theile der Bear-
beitung, in welche 1686 ff. eingeschoben worden sind, in den Str. 1626 — 1633.
1646 — 1650^ nach Ausscheidung von 1630 und 1632. Von diesen beiden Strophen
ist schon die Rede gewesen; gegen 1680 bringt W. hier noch vor, daß das
Verhältnis zwischen Geber und Empfängern in dieser Strophe dasselbe sei wie
1636; nachdem wir die Ausscheidung von 1636 ff. als unbegründet erkannt
haben, muß auch 1630 stehen bleiben. Str. 1632 wird nun noch deswegen
verdammt, weil die Zeile 4, die Erwähnung des Giselheren gewordenen Ge-
schenkes, nur denkbar sei, wenn auch die Geschenke der Andern erwähnt
würden; ist aber gegen 1634 ff. nichts zu erweisen, so ist auch das Motiv
1632, 4 ganz richtig. — Die Strophe wird aber noch weiter verdächtigt. Nach
W.s Ansicht, von der schon oben die Rede war, enthält 1631 ihre natürliche
Fortsetzung in 1646; und da er die Erzählung von der Beschenkung und die
von den Rüstungen zur Abreise und der Abreise selbst getrennt haben will,
bo muß er weiter schliessen, daß die Beschenkung vor 1631. 1646 erzählt
*) Was ich da sage, ist eine ganz vage, grundlose Möglichkeit, die aber an-
gedeutet werden muste, einmal weil W.s Schluß ebenso grun^os ist, und dann vor
allem, weil wir (s. u.) nach seiner Meinung in 1626 ff. wirklich nicht die reine Rüdi-
gersdiclitung, sondern eine Bearbeitung vor uns haben sollen.
350 LTTTERATUR: ZUR KBITIK DER NIBELUNGEN.
worden sei; d. b. er stellt die Str. 1631 und 1633 um und erh< dadui^:
1626—1629. 1633 für das, „was im Hause vor sich geht", 1631. 1646—
1650 für Aufbruch und Abreise. Da aber 1632 in Z. 2 auf den Aafbm^
Bezug nimmt, so folgt für W. aueb daraus ihre Unechtbeit. — Ich werde
nach dem; was ich oben auseinandergesetzt habe, daß die Einatrcauiig rm
1631 zwischen die übrige Erzählung mir gerade recht passend and
erscheine, über die eben erwähnten Folgerungen W.s nichts mehr so
brauchen.
Die Frage^ weshalb denn aber 1631 aus ihrem ursprünglichen Zi
menhang genommen und umgestellt worden sei, beantwortet W. höchst nngenfigcnd.
Wir haben gesehen, daß nach W. die Erzählung 1636 ff. Beziefanngca
zur Thidrekssaga zeigen soll. In dieser aber (Cap. 370 in.) apricht Bfidigv
schon vor der Auatheilung der Geschenke von seiner Absicht, mitzureiten. la
derselben Weise, meint nun W. , könnte die Erzählung geordnet gewesen sda
in der Bearbeitung, der 1636 ff. angehören, und daraus würde sich« ericÜKB,
daß die Strophen in der Weise untereinander geworfen sind, wie sie sich jettf
zeigen. — Wir haben gesehen, daß die Ähnlichkeiten zwischen 1686 ff. md
der Thidrekssaga nicht sehr weit her sind; aber auch abgesehen dmvoa Ht
doch die blosse Verschiedenheit der Anordnung in zwei Erzäblnngen, die, wie
Cap. 370 der Thidrekssaga und der Abschnitt 1626—1650 im Ganzen, ii
allen wesentlichen Einzelheiten des Inhalts übereinstimmen, von viel an wea%
Belang. Ich nehme hier nochmals diese wesentliche Übereinstimmnng ßkr dis
ursprüngliche Einheit des ganzen Abschnitts 1626 — 1650 in Anspruch.
Ohne die Andentungen, die ich ein paar mal im voraus geben mute^
würde gewiß jeder der Meinung sein, daß W. nun die Str. 1626—1629. 1633.
1631. 1646 — 1650 als Eigenthum des Rüdigersdichters ansehen werde. Des
ist aber^ wie gesagt, nicht ganz so. — W. geht von 1636 — 1645 ans. Kesi
können nach allem schon Gesagten nicht der Rüdigersdichtong angehören. Ebei-
sowenig aber der Dankwartsdichtnng; denn Dankwart ist 1641 erst doreh Inter
polation angebracht worden. Also werden 1636 — 1645 der Iringadichtuf
angehören. Das Übrige muß dann, meint W., der Dankwartsdichtung mngebörea»
da 1627 f. Dankwart nseine Bolle spielt* und auf 1650 (s. o.) die snr Dank-
wartsdichtung gehörige 1656 unmittelbar gefolgt ist. Was aber von dieses
Strophen der Dankwartsdichtung aus der vom Dankwartsdichter überarbeitete
Rüdigersdichtung stamme, glaubt W. nicht sicher bestimmen zu können, h
1647, welche Z. 4 meinen alten Abschluß* enthalte, der dem in Str. 3161
entspreche, will er das Eigenthum des Rüdigersdichters erkennen. Sieher oder
doch wahrscheinlich dem Dankwartsdichter würden 1648 — 1650, sowie 1627 L
angehören; „daß sich aber der Interpolator auf die Einschaltung dieser beides
Strophen [1627 f.] beschränkt und das Umgebende unverändert gelassen habe.
wage ich nicht zu behaupten.*
Es wird wohl noch andern so ergangen sein wie mir, daß sie ganz andere
Schlußfolgerungen erwartet haben, als W. gezogen hat Die Episode 1636 —
1645 dem Iringsdichter zugetheilt zu sehen, muß jeden frappieren. Ein posi-
tives Moment dafür hat W. gar nicht beigebracht, sondern nur das negative,
schon mehr beleuchtete, daß die Episode von den vier bekannten Dichtem keinem
andern zugewiesen werden könne. Aber auch dieser Nachweis ist keineswegs
gelungen. Für den Dankwartsdichter hätte hier alles gesprochen, was in so
LITTERATUR: ZUR KRITIK DER NIBELUNGEN. 351
wenigen Strophen gefunden werden kann. Vor allem die Nebeneinanderstellang
Hagens nnd Volkers; dann die Erwähnung von Volkers Spielmaunskunst (1648);
von beidem weiß der Iringsdichter nichts. Auch die ausführliche Darstellung,
die Einmischung von Reden würden weit mehr für den Dankwartsdichter sprechen.
Daß 1641 interpoliert sei, habe ich als unerwiesen verworfen. Wenn ich es
aber auch für einen Augenblick zugebe , so spricht das noch gar nicht gegen
den Dankwartsdichter. Er könnte in der Anbringung seines Helden Dank wart*)
leicht sparsamer und discreter gewesen sein als der Interpolator oder Conta-
minator, der Dankwarten öfters so schlecht angebracht haben soll; — und
warum sollte der letztere, dessen Existenz ich hier unerörtert lasse^ nicht eben
so gut in die Dankwarts- als in die Rüdigersdichtung seine Elaborate eingestreut
haben? — Ebenso wenig ist ein Grund vorgebracht, warum 1626 — 1633 und
1646 — 1650 nicht vom Rudigersdichter sein könnten, auf den doch die Pa-
rallele mit dem Bericht von Rüdigers Kampf hinweisen würde« Daß Dankwart
in der Rüdigersdichtung gar nicht vorkommen dürfe, ist nirgends gesagt worden ;
und wenn auch, so hat W. selbst kurz erwähnt, daß 1624 und 1629 gut an
einander passen würden. Also könnten ja 1625 — 1628 von dem Dankwarts-
dichter oder dem andern uns bekannten Verehrer Dankwarts herstammen, der
Rest der Erzählung aber, von 1629 an, Eigenthum des Rüdigersdichters sein.
Den andern Grund ^ daß 1650 und 1656 zusammengehören , glaube ich oben
genügend zurückgewiesen zu haben.
Ich wollte mit der Erörterung dieser Schlußfragen | die ich mir nach
Zurückweisung aller Prämissen ganz füglich hätte schenken können, nur wieder,
wie schon mehr — hier freilich vielleicht an einem besonders deutlichen Bei-
spiele — f zeigen, daß man von Wilmanns* Prämissen in einzelnen Punkten
auf ganz verschiedene Resultate kommen kann, ja daß das von ihm gewonnene
von diesen selben Prämissen aus mitunter als das minder wahrscheinliche sich
herausstellt. Und noch eins kann zum Schluß gezeigt werden, was auch schon
gestreift wurde: wenn es trotz aller ehemals zwischen den verschiedenen Dich-
tern gezeigten Unterschiede möglich ist^ ein in nicht unwesentlichen Zügen an
den Dankwartsdichter, in keinem an den Iringsdichter erinnerndes Stück doch
diesem letztem zuzuschreiben, eine so nackte, jedes dramatischen Elements
entbehrende Darstellung wie 1629. 1633.1631 dem Dankwartsdichter: so muß
der ehedem so groß gezeichnete Unterschied zwischen den in Frage stehenden
Dichtercbarakteren schließlich als recht geringfügig erscheinen und der Vermu-
thung die Thüre weit geö£fnet sein, welche zu erweisen Zweck meiner Kritik
war: daß alle betrachteten Abschnitte am Ende doch das Werk eines Dich-
ters sein könnten, dessen Theile sich nicht mehr von einander unterscheiden,
als wir dasselbe auch in unbesweifelt einheitlichen Dichtungen zu finden ge-
wohnt sind. HERMANN FISCHER.
*) Von der ich aber seinerzeit erwiesen su haben glaube, daß sie in der Sache
und nicht in einer besondem Vorliebe des Dichters für Dankwart ihre Begründung findet.
352 LITTERATÜR: E. WILKEN, DIE PROSAISCHE EDDA.
Die prosaische Edda im Aiuiuge nebst Yolsnngasaga und ■omgHli'
thAttr. Mit ausführlichem Glossar herausgegeben von Ernst Wilkei^
Theil I: Text Paderborn 1877, Schöniugh. (CVIU, 264 S. 8®,) A. u. d. T.:
ßiblioth<'k der ältesten Deutschen Litteratur- Denkmäler. XL Band*).
Wilkeus Ausgabe enthält von der Snorra-Edda die Gylfaginning, Bngt-
roedur und die mythologischen wie sagengeschichtlicheu Abschnitte des SkaU-
skaparmal, also im Wesentlichen dieselben Theile, die sich in Pfeiffers Lieseba^
finden, nur daß W.s Sammlung vollständiger ist, indem die Capp. 33, 34, SS,
45 und 64, die bei Pfeiffer fehlen, und ausserdem die Capp. 53 nnd 63 n-
dem Inhalts aufgenommen sind. Eine neue Ausgabe dieser Theiie der Sn. L
wäre an sich um so dankenswerther , als das Pfeifi'er^sche Lesebuch vergriffci
ist. Wir würden indessen bei einer solchen excerpierenden, nur für Anfing
bestimmten Ausgabe einen einfachen Abdruck des AMagn. Textes — etvs
mit Berichtigung einiger weniger^ auf keinen Fall su billigender Lesarta
(wo W :=: U offenbar besser ist als r) — erwartet haben , der dnr^h du
Glossar seinen selbständigen Werth erhalten hätte. Wollte der Verf. auch ät
Varianten nach der AM. mittheilen, so war das swar, meiner Ansicht nadi,
eine unnöthige Mühe, aber man hätte sich das sehr wohl gefullen lassen konoci.
Ganz anders aber steht die Sache, wenn Verf., von andern Ansichten über
das Handschriftenverhältniss ausgehend, einen ganz neuen Text herstellen wollte.
Ich habe mich schon früher in dieser Zeitschrift (21, 442) dahin ansgesprocheir
daß die Hs. U mehr Berücksichtigung verdiene**); femer halte ich für ebe
neue Ausgabe eine neue CoUation der Haupthandschriften^ namentlich von W.
für unerläßlich. Da ich nun des Verf.*s „Untersuchungen zur Snorra-Eddt*
bisher leider vergebens erwartet habe, so muß ich eine eingehendere Bespreehom
dieses Punktes mir für später versparen : weiß ich doch nicht einmal ob Wilkci
für seine Ausgabe die Hs. W, die er zu Grunde legt, hat vergleichen könnet;
er sagt nichts darüber und nach der Ausgabe selbst scheint es nicht so [ntdk
Unters. 14 hat W. eine erneute Vcrgleichung der Haupthandschriften nicht for
nöthig gehalten]. Daß W gegenüber r den Vorzug verdiene, ist allerdin^
auch meine Überzeugung. Doch scheint mir nicht nur bei einer Ausgabe da
ältesten kritisch herstellbaren Textes der Sn. £. überhaupt, sondern selbst der
Bearbeitung rW die Hs. U weit mehr Berücksichtigung zu verdienen als m
auch bei Wilken gefunden hat. Unter allen Umstünden hat r = U die richtig
Lesart gegenüber W, wenn die Übereinstimmung nicht auf gering^gige Dingt
sich bezieht und daher zufällig sein kann. Zu tadeln'*^*) sind also unter aUsi
Umständen in Wilkens Texte Lesarten wie z. B. p. 5, 11 sür häsceti^ at f«
var statt hdsceii süry var (aus rU combiniert); 5, Häv. 1, 4 a< vi(a r, vUaÜ
*) Kurze Zeit nachdem diese Anzeige der Red. der Genn. eingesandt wir,
erschienen die „Untersuchungen zur Snorra-Edda". Ohne die Anzeige noch umarbeiteB
zu können, habe ich nun hier und da in [ ] auf die „Unterss.** verwiesen, die idk
unmittelbar nachher besprechen werde. — [Vgl. Lit. Centrbl. 1878, Sp. 1448 ff.]
**) [Sie ist übrigens von W. mehr als bisher heranzogen. Sie einer kritisdieE
Ausgabe zu Grunde zu legen hat freilich seine grossen Bedenken, wie W. mit Recht
bemerkt (Unterss. 28. 31 f.). Man mUste eben *rW und *U neben einander druckea.]
***) [Auf die Griinde, welche W. für sein Verfahren vorgebracht hat, komae
ich noch zurück.]
LITTERATUR: E. WILKEN, DIE PROSAISCHE EDDA. 353
fehlt fälschlich in W; 5, 15 svarar st. aeffir, vita st. spyrja . . • p. 93| ÜO jäta
hdnum fylli sinni af iixanum (W^ aus dem vorhergehenden wiederholt) statt
jdta pvi rU; 95, 9 at statt er (r, hvar U); 94, 1 f. pd var foat hondin vid
sfongina, en annarr endir viä hak amarins W statt pd var foat atqngin {»U v,
/. U) vid hak {kropp r) amariiUi en hendr Loka [v6ru fastar U] vid annan
[st an gar U] enda. Vgl. die Quelle dieaer Stelle Hausfl. 7. 1 ff. (AM. I, 310).
\ik yard fastr vid föstra [ondurguds = riassa]
farmr-Sigynjar-arma [= Loki] . . .
loddi r4 vid ramman-
reimud-iotunheima [= Piassa]
en hoUs vinar Hoenis [= Loka]
hendr vid stangar enda.
Geradezu falsch ist die aufgenommene Lesart von W p. 95, 16 Äagrin-
dir statt Äagrindr rU. Ein recht arges Versehen ist dem Verf. passiert, indem
er aus at dkvedinni [atundu (atefnu W) AM. I, 210, 15 at atefnu atundu ge-
macht hat (p. 94, 10). Im Übrigen ist, so weit ich nachgeprüft habe, der
Text (bezw. die Lesarten von W) der AMagn.- Ausgabe ziemlich getreu wieder-
gegeben, Kleinigkeiten abgerechnet und einzelne Fälle wie p. 6, 4 f., wo zwei-
mal er fehlt und 11, 10 wo ok in den Hss. fehlt. — Bemerken muß ich noch,
daß die Hs. U, deren Varianten in AM. I bekanntlich sehr unvollständig sind,
nach dem Abdrucke in AM. II vollständiger hätte herangezogen werden
sollen, während Verf. sich vielfach auf die Varianten in AM. I beschränkt hat,
80 — um nur einige Fälle zu nennen — Cap. 56, Anm. 35 fehlt: hvar U;
Cup. 2, Anm. 20 fehlt: ok aegir U, Anm. 34 fehlt: segir U, Anm. 35 fehlt:
spyrja U; Cap. 5, Anm. 28: vera fehlt auch U; Cap. 8, Anm. 9 fehlt: or U,
Anm. 11 fehlt: norpra avpra U; Cap. 9, Anm. 4: peir auch U; 9, 17 fehlt:
pd fehlt U; 20 hdt\ er U; 21: statt peira cett — Äagard «chreibt U peirri
cett er aaa <bU er hygpi aagarp'^ p. 18, Z. 15 fehlt in U ok fyrir pvi md
kann heita] heitir kann U u. s. w. In diesen und vielen andern Fällen ist die
Lesart von U nicht, oder doch nicht ausdrücklich, in AM. I angef&hrt.
Nach diesen kurzen Bemerkungen , auf die ich mich hinsichtlich der
Sn.-E. hier beschränken muß, wende ich mich zur Volsnngasaga und dem Nor-
nagests ))4ttr. Der Abdruck dieser Stücke war wirklich ein Bedürfhiss, da die
Bugge'schen Texte leider in Deutschland nicht leicht zu beschaffen sind. Auch
hier würde ein Abdruck jener Bugge*schen Texte meiner Ansicht nach sich am
meisten empfohlen haben und ich halte daher den ziemlich getreuen Abdruck
der Volsnngasaga für ein wirkliches Verdienst Wilkens, da nunmehr diese
hochwichtige Saga jedem in einem guten Texte zugänglich gemacht ist und
durch das zu erwartende Glossar auch für Anfänger benutzbar werden wird.
Es weicht nämlich der Text der VS. — abgesehen von durchgehenden
graphischen Änderungen , und zwar meist Besserungen — nur in sehr unbe-
deutenden Dingen von dem Bugge*s ab, auch dabei aber sind mehrfach Bugge's
spätere Conjecturen (in den Tillseg og Rettelser' auf dem Umschlage) benutzt.
Freier sind nur die citierten Strophen behandelt (Sigrdr. 5 hrynpinga valdr
= Gg., Sigrdr. 21 flgja statt fleyja, flosja). In Sigrdr. 17 ist Vers 5 fort-
gelassen, was ohne die entsprechende Änderung in Vers 2 bedenklich ist.
Weniger kann ich des Verf.'s Verfahren bei seiner Ausgabe des Nor-
nagests-Jsättr billigen. Die Gründe, welche hier den Verf. bestimmt haben,
GERMANIA. Nene R«ihp XII. (XXIV.) Jahrg. ^"^^
354 LITTERATÜR: E. WILKEN, DIE PROSAISCHE EDDA.
die FlateyjarlMSk der von Bugge benutzten Hb. S voraiizieheDy kann icii duck-
ans nicht billigen:
1. nämlich, daß S mit der Lieder-Edda meist genaaer stinimt ab F,
wird doch, da S sonst fast immer bessere Lesarten seigt*), kaum Jemand nft
dem Verf. auf nachträgliche Berichtigung des Textes in S nach der Lieder-
Edda surückfuhren wollen — und nicht vielmehr auf übereinatimoiend riektwi
Überlieferung in der Quelle von SF und der Lieder-Edda, während nur in F.
wie auch sonst, der Text entstellt ist**). Zum mindesten ist ea mir nnerfindfick,
wie man aus diesem Verhältnisse von F und S zur Lieder-£dda einen Gmi
für F und gegen S entnehmen kann.
2. S soll kürzen gegenüber F. Doch ist das umgekehrte, daß F erweitert
hat, mindestens ebenso wahrscheinlich. Es betrifft dies hauptaächlicsh den Anfing
(und das Ende) von Cap. 1. Hier zeigt sich, wie mir scheint , die
rung in F noch recht deutlich darin, daß es 235/236 in F heißt ktnm
tu wmgr eins manna er par Id tUarliga (iu der Hauptsache anch = $)•
als ob vorher noch gar nicht von diesem Fremden die Rede gewesen, wie te
thatsächlich in S der Fall ist. — Diese Annahme findet auch in dem nom^dgm
Verhalten der Flatejjarbök, z. B. in der Hallfredarsaga, eine Bestatigong.
Unter diesen Umständen können wir es nur bedauern, daß ea dem VoC
„geboten schien, in F (A u. w.) die altberechtigte Vulgata der Überliefen^f
anzuerkennen, S dagegen nur in einzelnen, wenn auch nioht gana lüttciti
Fällen zur Correctur heranzuziehen".
Bei diesem principiellen Widerspruch gegen den Standpunkt des
gebers denke ich auf Einzelheiten nicht weiter eingehen zu brauchen ;
lieh der Helreid Br. kann ich auf Germ. 23^ 413 ff. verweisen. —
Eingehender als mit den Texten selbst haben wir uns nun noch mit 4»
Einleitung zu beschäftigen; denn es ist in derselben gar viel enthalten, m
eine Besprechung erheischt, zumeist freilich entschiedenen Widerspruch
fordert. W.'s Erörterungen beziehen sich fast durchweg auf VS. nnd N)>.
auf deren Verhältniss zu einander und zur Lieder-Edda, sowie an dem
ansauge in Ska]dskaparm41 (Sn.-E.). Seine von der herrschenden Tollig ik-
weichende Ansicht läßt sich etwa so zusammenfassen:
Die Eddalieder sind nach einer altem Sigurdssaga (d. i. Volsnngasagi)
gedichtet, die in mündlicher Überlieferung — nach Zeugnissen (p. LXZXI)
— um 1000 bestand, aber „vermuthlich noch 1 — 2 Jahrhunderte höher kii-
aufreicht^ (p. CHI). Andererseits sind die Eddalieder in einer jüngeren
sion der VS. benutzt, aber nicht nach unserer Sammlung, sondern naeh
lieber Tradition (LXXI f.). Die alte Sigurds- und Volsungensaga « die QoeBe
der Eddalieder, ist auch die gemeinsame Quelle unserer (jüngeren) VS., der
Capp. 39 — 42 von Skaldskm., des N)). und der Prosa der Liedersanuninng —
z. Th. auch der l^s. (p. CIV). Wo diese Texte unter sich über^natinuMB.
da haben wir die Sigurdssaga^ d. h. die alte Vplsungasaga ; diese gemeinssae
Quelle liegt relativ am reinsten in der ^kurzen Skizze der Skalda uns vor'»
1
*) Wie W. selbst p. LXXXVI zugibt
**) Für das von W. angenommene ^Ausgleichungsverfahren** müßten doch
und schlagendere Beispiele vorgeftlhrt werden als 73, 14, W. p. 256, 10, 7 f.
LITTER^TUR: £. WILKEN, DIE PROSAISCHE EDDA. 355
Die Gylfaginning , die — mit dem Prolog [genauer: mit den älteren Theilen
desselben, Unterss. 153 — 159] — wahrscheinlich im 12. Jahrh. geschrieben
sein soll'*'), hat schon eine literarbehe Fixierung der VS. benutzt, aus welcher
im Anfange des 13. Jahrhs. eine ^im Ganzen und Grossen^ unserer Recension
der VS. entsprechende Gestalt der Saga entstand (CVI). Jene Recension ist
wahrscheinlich schon in dem betr. Abschnitt der Skalda benutzt, während
unsere Recension (CVI, Anm. 5) doch wieder „spurweise '^ die Skalda be-
nutzte. Weder Sk. noch N}). zeigen Kenntniss der r idrekssaga ; unter anderem
deshalb soll der N)). „um (oder bald nach) 1250*^ verfaßt sein*^). Dagegen
wird Piodrekr in der Prosa der Liedersammlung (vor Gndr. U) und in Gudr. UI
auf Einfluß der rs. zurückgeführt'***). Daher soll die Liedersammlung um
1260/70 entstanden, N}). aber in der Liedersammlung benutzt sein (!) ; dagegen
soll sich in N}). noch keine Spur einer Liedersammlung finden f). Die VS.
BoU sich zu den Eddaliedern verhalten, ¥ne die Ps. zu den Kämpeviser (nach
Storms Auffassung, der sich W. bedingt anschließt).
Man sieht aus dieser (an p. CIII — CVIII sich anschliessenden) Zusam-
menstellung, daß der Verf. geneigt ist, die Verhältnisse geradezu auf den Kopf
zu stellen. — Zunächst gilt das von dem Verhältniss der VS. zu den
Eddaliedern, die nach der älteren VS. gedichtet sein sollen.
W. schließt das nämlich daraus, daß bei den Skaldenliedem das gleiche
Verhältniss obwalte ff). Aber abgesehen davon, daß dies nicht richtig istftt),
hat man durchaus kein Recht, was von skaldischer Kunstdichtung etwa gelten
könnte, ohne weiteres auf die Entstehung der Eddalieder, namentlich deren
besserer und älterer, zu übertragen.
Was das Vorhandensein einer Sigurdssaga vor der Eddasammlung be-
trifft, so sehe ich (wie ich Germ. 23, 186, Anm. *** angedeutet habe) keinen
Grund, diese Möglichkeit in Abrede zu stellen. Zunächst könnte man die von
Wilken angeführten Zeugnisse *t) von 998 und 1030 — wenn man auf seine
Ansicht eingehen wollte — nur auf eine mündlich fortgepflanzte Volsunga-
saga beziehen. Überhaupt aber müßte eine als s(iga Sigurdar bezeichnete Ge-
*) Die Gründe werden die „Untersuchungen zur Snorra-Edda'' bringen [Un-
terss. p. 164—167].
**) Nothwendig ist dieser Schluß durchaus nicht: die wesentlichsten Abwei-
chungen der {>s. fallen in den zweiten Theil der Sage, auf den ja N]>. nicht ein-
geht. Auch würde die von Maurer (Altn. p. 192) angenommene Abfassungszeit der
erweiterten Olafssaga Tr. dem widersprechen, falls nämlich — wie W. p. LXXXVI
meint — der )>ättr von vornherein nicht selbständig, sondern nur als Episode dieser
Olafssaga bestand — was freilich auch fraglich ist.
*^ ) Mit Unrecht, vgl. Germ. 23, 86 f.
t) Doch ist die saga Sigurdar citiert, womit höchst wahrscheinlich der be-
treffende Abschnitt unserer Liedersammlung gemeint ist; s. u. p. 361 ff.
tt) p. LXXXVI, Anm. 197 und früher schon in den Gott. gel. Anz. 1877,
Anz. von Rauzmann, Niflunga saga [Unterss. 107].
ttt) Eptir peii*i aogu orti N. N. bezieht sieh gewiß in den allermeisten Fällen nur
auf den Inhalt der Sage: 'diese Geschichte behandelte N. N.'; nicht aber ist eine uns
erhaltene Aufzeichnung oder eine <ere Recension derselben gemeint. In dem citierten
{eptir pesmm sqgum hafa flui skald ort) ok tekü ymsa pdUu —woffir W. selbst übrigens
in seinem Text liest ok tekü vid ynua h&ttu (p. 123) — kann dem Zusammenhange nach
pdttu nur meinen * Abschnitte, Theile' der Sage, wie z. B. Brage den Fall Sorles und
Hamdis bebandelte.
*t) Ersteres spricht nur fttr Vorhandensein der Sage, vgl. die vorige Anm..
356 LITTERATITR : E. WILKEN, DIE PR08AISCHE EDDA.
stalt der Saga, wie W. anzunehmeD gezwungen ist 1. ohne die etateo 8 Ci>
pitel, 2. ohne dio Kagnarssaga existiert haben. Erateres snebt Verf. p. Xf
bis XXII nachzoweisen, indem er, gegen Symons, aof die Annahme einer iUeim
in den rimur benutzten Recension zurQckkommt. Wesentlich Neues bmt iedeaa
W. dafür nicht vorgebracht, und ich meinerseits kann nicht finden, daß fit
Capitel 1 — 8 den Eindruck machen, als seien sie aus einer amffthriiiWiw
Darstellung verkürzt*). Das zweite behauptet gleichfoUs Wilken**) gC|gB
Symons***) dessen Gründe mich wenigstens überzeugt haben. AneH fiadn
sich auffallende Berührungen in Stil und Sprachgebranch zwischen beiden SagpiL
z. B. FAS. I, 237^ 7 heiGt es svd bar hiin af ollum konum «f /n hjartr af othm
dtfTum — dieselbe Wendung die VS. (FAS. 205) aus Guitr. II / 2 entnaki:
3 Vögel sagen der Kraka Ragnars Geheimniss (256); [239, 20 ok e«nfir m
mikill gnffr f hang fjorbrofum, at skemman »ktlfr ^l = VS. 232, 28 f. (FAflj
md mikill gnifr t^rd i hang fjorhrottim, at undan gengu milur i küsmt cktf»
feil hiisit allt]: 256 f. ok hennar nafn man uppi, medan veroldin wUmdr ^ V&
205 hang nafn mau aldri fyrna$t^ medan heimrinn stendr ; 295, 5 mni mikit at oy
vissi dftmi til hve mikit = VS. med meira geydngi enn dcemi finncui tii 167, 21:
verra enn menn viti dosmi til 222, 2 u. s. w. ; gefa at nafn/eHi 258, 16 £ =
VS. 136, 8 f.; 257, 9 saga er til pess = VS. 151, 15; lyngormr 237, 16 =
VS. 151, 6. 159, 11 u. s. w.
So weit zieht auch W. die Consequenzen aus seiner Annahme. Aher ■■
müßte dabei noch weiter gehen und annehmen: 3. daß die alte Saga mit to
Tode Sigurds und Brvnhilds abgebrochen hätte, also mit Cap. 31 (oder M
32); auch sollte man erwarten, daß Cap. 9 und 10 damals nicht daao gckirt
hätten: auf die ganze Erzählung von Cap. 9 — 52 dürfte der Titel ^Sigorii-
saga^ schlecht passen. Endlich müßte man aber auch 4. annehmen, daB
alte Vplsungasaga vielfach in umfangreichen Partien wortlich gleich gi
sei der uns in R erhaltenen Prosa der Liedersammlung. Wenn wir aher
Consequenzen ziehen, so kommen wir nicht mehr auf eine „ältere Volsogr
saga*^, sondern eben auf das, was ich mir unter der saga Sigrttrdar dei^
nämlich den Abschnitt der Sammlung , der speciell von Sigurd handelt ^ vd
der nach meiner Ansicht höchst wahrscheinlich schon vor der Laiedersanu^nf
für sich bestand, von dem Sammler der Lieder aber — vielleicht dnreli
Schub von Liedern und Liedestheilen vermehrt — als Ganzes seiner
lung eingefügt ward. Meine Gründe für diese Annahme habe ich Germ. 21
186 f. angedeutet. Daß die saga Sigtirdar weder unsere VS., noch eine itev.
in der Hauptsache aber mit derselben übereinstimmende Fassung dervdbn
meinen kann, werde ich unten (p. 361 f.) zu zeigen versuchen.
Hinsichtlich des Verhältnisses derVS. zur Sn.-E. (Skalda) hat WO-
ken, in Folge irriger Auffassung der Stellung von U zu rW, die wohlbegriiadcf'
'") Wären wirklich einzelne Zöge in den rimur auf eine abweichende
der VS. zurück zn führen , so hraachte dies doch nicht nothwendig eine <ere
In wieweit die nengefnndcno Hs. der Volsunga-RagnnrsBaga (vgl. Storm, Ragnar Lo^
brok p. 107) Über die wir von ßngge AafBchluß zu erwarten haben, einen abweidMt*
den Text bietet, bin ich noch nicht in der Lage anzugeben.
**) Cap. 43 ist doch auch nach ihm als „Anknüpfung der Ragnarasaga aa ^
VS.** letzterer angehängt.
***) Dessen Ansicht auch Storm, Ragnar Lodbrok p. 109 theilt.
LITTERATUR: £. WILKEN, DIE PROSAISCHE EDDA. 357
Ansicht Sjmons' — daß nur rW*) = U, d. h. Cap. 39 [and 40 *J eine von
der Prosa der Liedersammlung und der VS. unabhängige Darstellung bieten,
Cap. 40^ ff. aber eine z. Th. auf VS. beruhende Interpolation ist — einfach
abgewiesen (p. XV) [ebenso Unterss. 142], und doch liegt es auf der Ehind,
daß der erste Theil sich wesentlich anders zur VS. und R stellt als der zweite : in
orsterem erscheint R (und indirect VS.) abhängig von Sn.-E., während in letzterem
umgekehrt R (und VS.) benutzt ist. Es scheint doch nicht überflüssig noch
einmal näher auf diesen Punkt einzugehen.
Was den ersten Theil betrifft, so kann ich nicht umhin, hier Be-
nutzung des einen Textes im anderen anzunehmen, und zwar scheint nach allem
R ein Excerpt aus Sn. >£.**), yielleicht nicht aus dieser allein, zu bieten, welches
der Sammler (bezw. Verf. der Sigurdssaga) als Erzählung von Regins Vorfahren
diesem in den Mund legte. Dabei mußte er dem entsprechend hier und da
ändern, was jedoch unbeholfen und unvollständig geschah und erst in VS.
besser durchgeführt ist.
Die wörtlichen Übereinstimmungen der VS. mit der Prosa der Samm-
lung können sich nämlich nur aus Benützung des ^inen Textes im anderen
ei klären. Da nun aber die VS. die Lieder in derselben Reihenfolge kennt
(was sich freilich allenfalls auch sonst erklären Hesse, s. Wilken p. LII) und
zwar alle benutzbaren (s. Symons, P.-B., III, 217 — 219) unter ihnen wirklich
benutzt hat, andererseits aber keines , das nicht in R steht oder gestanden
haben wird — so wird die Benutzung gerade unserer Sammlung (aber nicht
der Hs. R) in der VS. an sich höchst wahrscheinlich, vgl. Germ. 23, 328,
Anm. *. Dazu kommen bestimmtere Gründe, die Sjmons p. 210 f. vorgebracht
hat und die ich nicht wiederholen will.
Namentlich aber ist die Anordnung der Prosa in den sog. Reginsmal
beweisend. Diese erklärt sieb nämlich aus der Tendenz des Sammlers (oder
des Verfassers der Sigurdssaga): in der Prosa des Sammlers erkennen wir noch
die unvollkommene Durchführung der dem Regin in den Mund gelegten Er-
zählung, während dies in der VS. schon verwischt ist. Offenbar hat also
letztere den jüngeren Text, d. h. hier kann nur die VS. aus der Liederprosa
geschöpft haben, nicht umgekehrt, weil sonst die unvollkommenere Ein-
ordnung der Vorgeschichte des Hortes in die zusanmienhängende Erzählung
sich nicht erklären liesse***). So heißt es in R (Hild. p. 168^), obgleich
Regin die Worte spricht: Fdfnir olc Regin krofdu Hreittmar nidgiodda eptir
Otr hrodur sinn ... })d beiddisk Reginn at hafct fodurcurf »inn ... ]ni lei-
tadi Reginn rdda vid Lyngheidi syslur sina y hvernig kann gkylds heimta
fodurarf sinn. Letzteres (von pd leüadi ab) sowie Str. 10 — 12 fehlen in
Sn.-E.f). Diese Stelle schrieb der Verf. der VS. offenbar nach und merkte
*) Ich meine damit immer die durch r und W repräsentierte Handschriften-
gruppe, in W selbst (und 756) fehlt der ganze Abschnitt, auch Cap. 39.
**) Das zeit^t sich z. B. in der sofortigen Schindung des Otters.
***) Gegen W. p. XCU, Anm. 17 ist zu bemerken, daD Niemand behauptet,
Str. 13/14 gehörten ursprünglich an den Anfang unserer sogen. Reginsmal, vielmehr
daß sie mit den vorhergehenden Prosazeilen den Anfang eines Reginsliedes bildeten,
und dai^ da8 Vorhergehende, einer abweichenden Sagenauffassung folgend, mit jenen
eigentlichen Reginsmal ungeschickt verbunden ist. Vgl. Germ. 23, 316, Anm. '*^*,
t) Auch in VS. Vielleicht kannte VS. audi den ersten, echten Theil des
Berichtes der Sn.-£. und ließ die Strophen 10-12 ab dort fehlend aus (vielleicht
358 UTTERATUR: E. WILKEN DIE PROSAISCHE EDDA.
die IncoDBequenz zuerst nicht: er schrieb 91'dan drap Fdfidr f2^tur «am, l^
sann sich dann aber und fugte hinzu: — tegir Beginn — wormnf er ferttti
ok ndda ek engu af finn.
Ganz anders steht es im zweiten Theil des Sagenabriases der Skilii,
der nur in rW enthalten ist. Benutzung der Lieders amnilnng^ ist hier gv
nicht abzuweisen. Diese ist die Hauptquelle gewesen, wie denn im Allgeaeiati
bei wörtlichen Berührungen die Sn.-E. sich genauer an R als mn die YS. m-
schließt*), die der letzteren eigenthümlichen Züge nicht kennt *^ md vich
hat, was in VS. sich nicht findet — ich verweise beispielaweise nur aof ie
Zusammenstellung unten Anm *
Sjmons hat ausserdem namentlich Benutzung der VS. in 8n.'£. rW
angenommen. Dafür könnte zunächst die Übereinstimmung in einxelnen W«lBi
sprechen, die in R fehlen oder anders lauten f); aber wir können nicht wiMii
ob VS. diese Nebendinge nicht aus dem von ihr benutzten besseren Teste iv
Sammlung — welcher auch wohl der Sn.-E. rW vorgelegen haben mag —
entnahm. In der Partie, welche der Lücke in R entspricht, finden sieh fkk
wörtliche Berührungen mit Sd.-E., aber wir können nicht wisscsn, ob nicht genk
diese Stellen wörtlich ans R hernbergenommen sind — wie sie denn m^ifiMk
aach aus einem anderen Grunde) ; vgl. guUU er Man kallat otrggioid ok her dam ^
iekm (W. 175, 6) mit Skskm. p. 114, 1 (Wilken); 116, 8. So auch Wilken XXX.
▲nm. 61.
*) Ein Beispiel möge genügen: es beißt in
H (193*): VS. 178 ff. W:
Signrdr ok Reginn foru upp k Gni- Nu nda )>eir Sigurdr ok Reginn Ufif *
taheidi ok bittu jmr sl6it Fafhis, \>k er heidina a )>ann farveg, er FAfnir rar rm
hann skreid til vatns. par gördi Si- at skn'da, er hann f6r til vatns ..
gurdr grof mikla a veginum,ok gekk [178, 34—179,6]. Signrdr gerdi grof cisi.
Sifcurdr )>ar 1. En er Fäfnir »kreiä ok er bann... [Ztuatz van den *S On-
[af gollinn, bl^s hann eitri, ok hraat |>at ben], Ok er ormrinn skreid tili ratai.
fyr ofan hofud Sigurdi. En er Fäfnir vard sva mikill landskjalfti. . ., hann fioifai
9kreid\ yfir^grofna )>a lagdi Sigurdr eitri... Ok er ormrinn skreid jfir grofisi.
hann med sverdi til hiarta. l>a leggr Si<^irdr sverdinu oudir bcexlit
vinstra etc.
Der Text von Sn.-E. (1 17, 9 ff.) lautet:
Eptir )>at f6ru )>eir Sigurdr ok Regi nn k Gnitaheidi; |>a grof Signrir
f^rof k veg Fafnis ok settiz l>ar i. En er Fafnir skreid til vatus, ok Iiibb
kom yfir grofna, )>ä lagdi Sig^urdr sverdinu i gögnum hann eCe.
Man sieht leicht, dati Sn.-E. sich viel genauer au R als an VS. anschließt —
[über m vatna siehe unten] — namentlich im Anfange. Weiterhin scheint Sn.-£. dorek
Abirren die in [ ] gesetzten Worte übersehen zu haben — zugleich ein gewichtig«
Grund für die Prioriät der Prosa der Liedersammlung (bezw. der VS.), während Wilken
die entgegengesetzte Ansicht vertheidigt, ohne doch selbst dem Zugest&ndnisse Be-
nutzung der jüngeren VS. in Sn.-E. sich entziehen zu können (CVI, Anm. 5). IIb
beachte namentlich, daß auch in Sn.-E. Sigurd an Hjalpreks Hofe von Regin auf-
gezogen wird — eine Vermischung zweier verschiedener Sagengestalten, die Temutih
lieh der Sammler (oder Verf. der Sig^dssaga) zuerst herstellte. Wenigstens hat diei
Aufwachsen bei Hjalprek nur Sinn im Zusammenhange mit der Vaterrache, ron d«r
die Sn.-E. aber nichts erwähnt.
**) So die drei Gruben und das Auftreten Odins; femer 178, 33 — 179, 6 n. s.w.
••*) Femer: ok lagdiz al sofa 117, 16 = R, fehlt VS.; hann hugdi, nt fidU-
teikt mundi 117, 17 = R, fehlt VS.
t) Z. B. 117, 11 Hl vatng (s. oben Anm. *), wo diese Worte wohl aus R 19S*
Z. 8 entnommen sind, wie auch in VS. 179, 13.
LITTERATUR: E. WILKEN, DIE PROSAISCHE EDDA. 359
mit denen zasammentreffen, bei denen ich in VS., Gripiaspa (nnd Sig. sk.) über-
einstimmend getreue Wiedergabe in der Lücke ausgefallener Strophen annehme
(Germ. 23, 174, Anm. * und 326—330).
Die fraglichen Übereinstimmungen sind etwa folgende:
Sn.-E. 118, 16 (Wilken) Gunnarr ok Hpgni söruz f broedralag Tid
Sigurd = VS. 197, 35 peir srerjaz nü i broedralag; vgL Sig. sk. 1, 5 ff.
tok vid trygdum tveggja broedra, seldusk ei da eljunfroeknir. — 118>17f6ru
t)eir Sigurdr ok Gjükasynir at bidja Gnnnari konu..., Brynhildar,
vgl. Grip. 35, 3 Brynhildar bidja. . Gnnnari til handa; Sig. sk. 3, 1 |>eir
Brynhildar bidja f6ru, svk at peim Signrdr reld i sinni. — 118, 20 hdn hafdi
ptBB heit strengt, at eiga ]}ann einn mann, er J>ordi at rida rafrlogann, vgL
VS. 203, 16—23, (^r auch R 204*, 19—21 (Hüd.). — 118, 25 pk skipta
pek litum=VS. 198, 28 vgl. Grip. 37, 5 (38, 2 f.). — 119, 4 dr6 bann s?erdit
Gram. . . ok lagdi i milli pem = VS. 200, 5 Hann tekr sveiKlit Gram ok
leggr 1 medal })eira bert, vgl, Sig. sk. 4, 2 — 4 lagdi srerd nökkvit ... 4
medal J>eira. — 119, 8 Signrdr reid til f^Jaga sinna; skipta J>eir pk aptr
litum = VS. 200, 10 f. ridr hann ... til sinna fölaga, ok skipta l>eir aptr
litum, vgl, Grip. 43, 5 f. — 119, 14 pk 6ä Brynhildr üt 4 4na fr4 landi :=:
VS. 200, 28 pk 6& Brynhildr lengra üt 4 4na. — 119, 19 hann y4 F4fni
ok Regln ok . . . reid vafrlogann, vgl. in dem entsprechenden 2kuammenhange
201, 3 f . ; vollständiger aber und noch genauer entspricht 202, 2 ff. {vgl, meira var
))at vert = ok ))at er meira rert) — gestützt auf eine Strophe ^ die (unserer
Vergleichung nach) in VS* vielleicht in unrirJUigem Zusammenhange ange-
ftlhrt ist. — 119, 26 pk })agnadi Brynhildr ok gekk heim = VS. 201, 7
Brynhildr för heim ok m»lti ekki ord. — 119, 30 hann lagdi Sigurd sverdi i
gögnum sofanda vgl. R 214^ 5 (N)>. 253, 6). — Zu 120, 1 vgl. VS. 209, 10,
aber auch Sig. sk. 22, 7 ff.
Man sieht, daß fast überall, wo R selbst nicht zu vergleichen ist (wie
118, 20; 119, 30 und etwa 120, 1) die auf den verlorenen Liedern beruhende
Grip. und Sig. sk. 1 — 4 mit ebenso wörtlichen, ja wörtlicheren Übereinstim-
mungen zur Seite stehen. Erwägen wir femer, daß mehrfach Sn.-E. die rich-
tigere*) oder ausführlichere**) Darstellung hat, so werden wir die Überein-
stimmungen zwischen VS. und Sn.-E. (im zweiten Theil) zunächst auf gemein-
same Entlehnung aus dem verlorenen Thcil der Liedersammlung erklären und
auch hier in der Sammlung die Hauptquelle der Sn.-E. vermuthen.
Dagegen spricht anderes für die Benutzung der VS. neben der Samm-
lung. Wichtig ist, daß Brynhild und Sigrdrifa zusammengeworien werden und
daß Aslaug als Tochter Sigurds und der Brynhild erscheint, und zwar in Ver-
bindung mit der Bagnarssaga***), was nach Symons* Ausführungen, denen ich
beipflichte, nur aus der Ragnarssaga entnommen sein kann. Sodann : an einer
Stelle, wo VS. ihrer Tendenz gemäß die Berichte der Akv. und Atlam. ver-
schmolzen hatf), p. 225, 18—25, gibt Sn.-E. (121, 3^5 djbetrrt ndtt) dieselbe
Darstellung. Ausserdem scheint der Passus 120, 2 — 4 aus VS. 212, 12 — 13.
16 entnommen zu sein. Auch für die Jprmunrekssage scheint die VS. benutzt
♦) 119. 6-8. 28—26 (vgl Symons a. a. O. 280 f.).
**) Z. B. 119, 13—16. **^) ok eru padan aUir komnar storar 123, 6.
t) Damach ist G^erm. 23, 418 * an streichen.
360 LITTERATUR: £. WILKEIY, DIE PROSAISCHE EDDA.
zu sein« Für BeDutznng der VS. in Sn.-E. spricht z. B. aaeh
118, 5 f. heißt es UDgewöhnlicher Weise Nii er sagt, koer $aga er til put^
er gulUt er kallat htjl eda hygd Fdfnis\ ähnlich heißt es aber in der V8«
er ^7 pess 173, 2 (= Ragn. 257^ 9). — Nach allem dem glaube ich,
die nar iu rW erhaltene Erweiterung unsere Liedersammlung benatste,
aber auch unsere VplsungaRagnars-Saga und andere Quellen^.
Eine cigeuthQm liehe Stellung nimmt der erste Absatz des Cap. 40 (40') di
U gibt nämlich den Inhalt desselben ganz kurz wieder , doch scheiiit U Ur
gekürzt zu haben ^. Andererseits hat aber der Interpolator ron Cap. 40,
Absatz, und Capp. 41 ff., d. h. von p. 116, 25 ab, in r^A/ auch
Cap. 40' (p. 116, 10 — 24) wesentlich erweitert. Namentlich deatlieh tritt «i
henror, wenn es 116, 13 ff. beißt y>a^ var ordd peira brcedrüf at ßeir drdp%
fydur sinv til guUsint, worauf rW fortfahren pd heiddin Reginriy ai Fdfmir «%ü
skipta gtillinu r helminya med peim, Fdfnir svarar svdy at liUl vdn mt, ^
hcmn mundi midla gulUt vid brodur «in», er kann drap f^dur minn tu ^■fl^
ifi«. Hier hat nur Fafhi***) den Vater getödtet und verweigert daher dem
Bruder seinen Antheil am Golde; vorher aber hatten ihn beide getödtet Hier
wird also die Darstellung der Liederprosa benutzt sein (vgl. R 189% 1), w
Regln, weil der Erzähler, den Vatermord auf Fafni allein schieben mofile.
Dagegen zeigt sich wieder Benutzung des rW und U gemeinsamen Stlckes ii
Rt)y wo erst krofdu steht ("dann aber Fd/nir lagdi sverdi Hreidmar ttatf
drdpu rWU). — Ich meine also^ daß der Hauptinhalt von Cap. 40^ (116.
10 — 24) noch in der gemeinsamen Quelle von rW und U stand, etwas air
führlicher als in U, aber kürzer als in rW.
Endlich das Vcrhältniss zur r id rekssaga betreffend hat der Verf.
auch ganz eigenthümliche Ansichten. Indem er die Nothwendigkeit einer Eis-
wanderung der jüngeren Sagengestalt vor der Fs.ff) ignoriert, komait er dan
in der Sammlung Benutzung der rs. anzunehmen, und zwar (s. Qött. gcL
Anz. 1878, p. 86) der isländischen Bearbeitung AB^ also Ps. — AB — Eddi*
Sammlung? rs. aber soll wieder die VS. benutzt haben, worin W. sich der
irrigen Auffassung Sjmons' anschließt, obwohl auch er dessen Irrthum hin&ieht-
lieh des Cap. 22 der VS. erkannt hat. — Ich denke demnach nicht zu viel daaut
gesagt zu haben^ daß der Verf. hier Neigung und Anlage zeigt, die Verhilt-
nissc auf den Kopf zu stellen. Zum mindesten scheint er mir zm seiner xa-
weilen etwas hämisch hofmeistemden Kritik Symons gegenüber wenig bereefati|:t
zu sein.
*) So sicher rlie Kagii;ir>drajm lAM. 1, 370 f.) 1, 7-8 in 121. U und 1, 1
bis 4 in 122, 23 {o/ nött, /»d er ftann «va/ji vgl. Buggc, Z. f. d. Ph. VII^ 384.
**) Vgl. 116. 12 1". Ht-eidiitarr tumi peim entkis penning's (rW, fehlt l*
mit 115, 3 f kvad hann eigi ikgldu Iiafa einn penniny (rW = U).
***) AusdrQc'klifli gesagt ist das freilich nicht, doch läßt die Art, wie e:
Kegins Aii sinnen zurück weiüit darauf »chliesen, ebenso die folgende Drohuni^ ha«1 üeym,
fara braut y en at odrum kosti viuudi hann fara »em Hreidmarr (d. h. auch Ton Fatsi
getödtet werden).
f ) Die Worte Fd/nir ok lUyinn beidditz af uokkurs i lr6dur*jjald &iud iE
R fast wörtlich su wiedergegeben: Fdfnir ok Beginn krofdu... nidgßalda eptir...
brddur tinti.
tt) Vgl. Germ. 23, 86 f. und 386 f.
LITTERATUR: E. WILKEN, DIE PROSAISCHE EDDA. 361
Während eine neae Untersuchung über die VS. neben der von Symona,
und zwar gegen diese gerichtet , von vom herein Bedenken erwecken maßte,
wäre eine vorurtheilsfreie Untersuchung über den Nornage8t8-})4ttr recht
erwünscht gewesen. Leider aber leidet des Verf/s Untersuchung auch hier an
den gleichen Fehlem. Auch hier soll der N)). älter sein als die Liedersamm-
lung, was ebenfalls schon durch Hinweis auf den Eingang der Reginsmal sich
als unmöglich erweist. Auch hier liegt die wahrscheinlich in der Liedersamm-
lung (oder Sigurdssaga) zuerst entstandene*) seltsame Verbindung zweier ver-
schiedener Sagengestaltnngen zu Grunde , auch hier der Einschub der Vor-
geschichte des Hortes, die hier freilich thatsächlich ausgelassen**) ist and
(242, 16 f.) nur angedeutet wird. Dagegen Wilken CVII, Anm. 10, der geneigt
ist, die wörtlichen Übereinstimmungen auf Benutzung des Nj>. in der Sammlung
zurückzuführen, so daß also diese die VS. und den Nt>. nebeneinander (vorher
aber, nach p. XIV. XCVIII, N}). die VS.) benutzt hätte. — Die Benutzung eines
Textes im andern ist allerdings zweifellos , aber ebenso klar ist es, daß die
Abweichungen des N}). von der Sammlung durch die Einfuhrung des Norna-
gest als Erzähler veranlaßt sind***). In vielen Fällen entspricht übrigens die
VS. nicht t), so daß N|>. auch nicht etwa durch Vermittlung der VS. auf die
Liedersammlung zurückgehen kann. Einmal steht sogar VS. gegen R = N|).
(R 190', 8—13 = NJ). 243, 5—8 = Sn.-E. 117, 6—9 gegen VS. 176, 3—6)
und in vielen anderen Fällen sind abweichende ft) oder ausführlichere fff)
Darstellungen der VS. in Nj>. nicht benutzt Nur an zwei Stellen (Sp. 248, 6
= VS. 178, 8 scekir Sigurdr fram [i möti] und Nf). 244, 1 f. asUar at herja
fi Hundings aonu = VS. 176, 26 vüjum vir finna H. ».), wo der N(). etwas
ausführlicher als R ist, hat VS. neben vielem Abweichenden ein paar geringe
Ähnlichkeiten, die jedoch wahrscheinlich zufällig sind. Wo sonst VS. und' N().
an gleicher Stelle den Text von R erweitern , geschieht dies in der Regel in
verschiedener Weise, z. B. VS. 198, 3 ff. vgl. mit N}). 250, 9 ff.; VS. 177, 16 ff.
vgl. mit N)). 248, 1 ff. Es ist also gar kein Gründet) vorhanden, Benutzung
der VS. neben der unzweifelhaften Benutzung der Sammlung, soweit sie die
Sigurdssaga umfaßt, anzunehmen, vielmehr finden sich Differenzen in der Dar-
stellung (s. auch Wilken XCVII f.). Wir können also nicht in der Sigurdar-
Saga, auf die Nf). verweist, die VS. vermuthen, wie denn auch Bugge diese
früher (in N}). p. 80) aufgestellte Ansicht in N. F. XLIII wieder zurückge-
nommen hat. Ich beziehe wie gesagt mit Bugge die Verweisung auf den betr.
n Vgl. p. 368, Anm. ^.
**) Weil diese fortgefallen, ist 243, 9 nach Fäfui eingeschoben brodur siim.
Der Germ. 23, 316, Anm. ** betonte Widerspruch ist hier beseitigt, s. aber die fol.
gende Anmerkung.
♦**) Vgl. z. B. 242, 3 f gegenüber R 176, 26 f. ; 246, ö— 7 (nach .S) und 249,
15 f.; 244, 3—5; 177, 14, vgl. 249, 6 f. — Die Erzählung von Keglns Verwandten
ist wohl ausgefallen, weil Nornagest jene Dinge nicht miterlebt haben konnte u. s. w.
t) Z. B. 242, 22 ff.: N}>. Cap. V bis Str. 18 incl, wörtlich == R, fehlt z. Th.
VS.; — N)). 246, 8 bis Str. 25 mcL ebenfalls; — Helreiü Brynh. fehlt in VS. gänzlich.
tt) 246, 15—246, 1 = R, gegen VS. 177, 7—13; — 249, 13 ff. inhaltlich =
R, anders VS. 178, 18 ff.
ttt) Z. B 242, 4-8, 10—12 — R, viel ausführlicher m VS.; — 244, 2-3
= R gegen VS. 176, 24—26. 27 ff.
*t) AuffaUend ist nur das Zusammenwerfen Sigrdrifas mit Brynhild 250, 6.
was aber aus der gedrängten Zusammenfassung sich erklären kann.
362 LITTERATUR: E. WILKEN, DIE PR08AI8CHS EDDA.
Thcil der LiederBammlang^ der schon für sich bestanden haben wiid, d
in die Sammlang aufgenommen ward. Unter dieser Voraassetnuig wMi
lieh die Folgerung kaum zu umgehen sein, daß entweder N)i. vordarft
lung entstand — was nach Obigem unmöglich ist — oder aber, dsl ii
gurdssaga auch nach ihrer Auftiahme in die Sammlang noch Ar skk krf
zum mindesten unter eigenem Titel einen eigenen Abschnitt der 2ami
bildete.
In dieser Hinsicht ist es auch höchst beachtenswerth , daß 11)>. m
Liedersammlung nur das kennt, was wir als Sigurdar saga xiuMmmak
können. Es beginnt nämlich in R mit 176, 24 ff. deutlich ein nmm, imt
hergehende nicht voraussetzender Abschnitt (s. Genn. 23, 187, Abb.)* fci
zur Prosa von Hcireid Brh. reicht, womit die ErzlEblung abbricht*). I
Nomagcst (ausser der Sage von den LodbrokssÖhnen) noch die S^ga ■
Helge Hund., von SinQotle u. s. w. kennt, beweist nicht, daB ersieaaail
Sammlung kannte; die knappe, nur eben andeutende Enrähnnng
Gegensatz zur wörtlich rn Wiedergabe des Textes der Signrdasaga'
dagegen. Nur innerhalb der Sigurdssaga ist Benutzung der Prosi,
fast immer wörtliche Benutzung nachzuweisen. Es scheint daher, daft iv^
des N|). überhaupt keine andere Prosa kannte. Vielleiekt
diesen Theil der Sammlung sogar noch in einer älteren G^talt, wieid*|
Germ. 33, 186, Anm. ** als einmal vorhanJen glaubte erBchliessen n
Im N|i. ist nämlich 242, 3- 10 = R 176, 26—33; dann geht N)>.
Repinsmal über: 242, 12—17 = R 186, 2— 6**); 242, 17 &ßt B'»|
bis Prosa nach Str. 12 kurz zusammen; [242, 18 — 21 gehört der
der Erzählung an]; 242, 22 — 243, 10 und Str. 15 = R, Prosa aaeh 9tl
Z. 3 bis Str. 15; 244, (1) 2—3 + 10 f. = R, Prosa nach Str. 15, HJ
|244, 3— 5 gehört der Einkleidung an]; 242, 5—8(10) irt kamr
aus Sinfj. R 175, 2 — 17 4- 24 f.***): 245. 10—12 = R, Pro» maA
3—5; [245, 12—14 Erweiterung]; Str. 16—25 = R, nnr daß 241, M
Weiterung ist, desgl. 248, 1 — 249, 18 erweitert ans R, Prosa aaeh 9k.^
Str. 26 - -- R (249. 20 f. Zusatz]. Dann folgt 250, 1 C ein knn«
F&fni^mal ^ und ', ;uif die Prosa nach Fafn. und den Anfang tob Sici^i
OS hrilJt: ol: fnnt />ara (Si^urds und Brjnhilds) 9kipH ^em Megir { mm
/o/nifbitmi', 250. !» 252, 1 bezichen sich auf den bekannten Autvaeki
tvjrl. VS. 19S. 2-4, Aihim. i>5 f.; US. 183 f. 354; Nordalh. Stad. I,lMl
dorn Sjirhhonkriogo im \L entspricht [252, 2 — 253, 2 gehören sorBikW
2r>;*i. 2 — II handeln von Sigurds Tod, darunter Z. 6— »H wortIick=L
n:ieh »rot, Z. i?— 14 [Z. 4—5 dieser Prosa entspricht Nb. 253, 5 iH
Nun wird sogleich zu Brynhilds Tode und Bestattung uberKenara ä'
^ R, Prosa n.*ich Guitr. I, Z. 6 — 9 (kleine Abweiehn^-S^A-irf <
-?.>.*. 14 f. unmittelbar die Lmschreibung ^on Siff k. Sfr *■'
*> Pio woitoro Tro*.! bis vor Gudr. III halte ick ^
iMiTi'niliohi'u Sictirilssa^.i vjfl. Gorm. 23. 334^. ^^ ^"**
*M veiifi Simrfi r'.<f:r ist vielleicht abMchtlick
Hpnu-hv-» O'iC^^ix -iVi, -J-i if . — H ISy' Eir»% dag etc
ist evwoilorwvW XvuVuXxTww-g.. ^**
UTTERATÜR: E. WILKEN, UNTERSUCHUNGEN ZUR 8N0RRA-EDDA. 363
253, 16 — 19 ist eine, nur theilweise wörtliche Wiedergabe von R, Prosa vor Helr«,
Z. 1—7, während 253, 22-24 ungefähr R, Z. 7—9 entspricht [253,24
bis 254, 4 sind Ausschmücknngen, wie z. B. auch 245, 13 f.]; 254, 4 f. folgt
das Lied ganz.
Fassen wir also zusammen, was N(>. sicher ron der Sigurdssaga kannte,
80 ist es dies: der auf Sigurd bezügliche Schluß des SinQotlalok, Reginsmal
vollständig in der Anordnung des Cod. R, Fafn., Sigdr. (Anfang), Besuch bei
Sigrdrifa und Brjnhild (zusammengeworfen), Sigurds Vermählung mit Gudrun
und sein Aufenthalt bei ihren Verwandten , Sigurds Tod (nach Sig. sk. ?) und
die Prosa hinter dem Brot, dann sofort die Prosa vor Sig. sk. und von diesem
Liede die letzten Strophen, die Prosa vor Helr. und dieses Lied vollständig. —
Darauf folgt unmittelbar die Erwähnung der Lodbrökaraynir^ woraus W. meiner
Ansicht nach mit Unrecht schließt, daß unsere V9lsunga-Ragnars-Saga vorge-
legen habe: es wäre dann wohl etwas von Ragnar selbst und nicht nur die
beabsichtigte Romfahrt der Lodbrokssöhne erwähnt worden.
Wenn ich schließlich leider nicht finden kann, daß Wilken's Unter-
suchungen die erörterten Fragen in irgend einem wesentlichen Punkte gefor-
dert haben, so hoffe ich dies Urtheil durch die voraufgehendc längere Be-
sprechung ausreichend begründet zu haben und kann nur bedauern, daß diese
Arbeit, auf die offenbar viel Fleiß verwendet ist, sich — nach meinem Urtheil
— von vornherein in verkehrter Richtung bewegt hat.
LEIPZIG, im Anfang des September 1878. A. EDZARDI.
Unteren ehnngen rar Snorra-Edda. Als Einleitung zur „Prosaischen Edda im
Auszüge"" von E. Wilken. Paderborn 1878. Schöuingh. (296 S. 8^.)
Nachdem nunmehr die lange erwarteten „Untersuchungen zur Sn.-E."
erschienen sind, lasse ich eine kurze Besprechung dieses, die „prosaische Edda"
ergänzenden Buches der obigen Anzeige jenes Werkes nachtragsweise sich an-
sch Hessen. Wenn ich hier zunächst auf des Verf. 's Begründung seines tezt-
kritiscben Standpunktes eingehe, so werde ich dabei besonders zwei Punkte
ins Auge fassen: nämlich 1. des Verf.'s Ansicht von U, bezw. die Beur-
thcilung der Stellen , wo rU der Hs. (oder Gruppe) W gegenüber stehen ;
2. die Stellung der älteren Fragmente und die späteren Hss.
Was ersteren Punkt betrifft, so ist U freilich weit mehr herangezogen
als in früheren Ausgaben, namentlich ist W = U mit Recht in den Text
gesetzt, sofern es sich nicht um wahrscheinlich zufällige Übereinstimmungen*)
handelt. Derselbe Grundsatz aber hätte, meine ich, auch da befolgt werden
sollen, wo rU gegen W stehen und die Übereinstimmung von r und U nicht
etwa als zufällige — bei naheliegender Änderung oder leichtem Schreibfehler*^)
— gelten kann, Einselne Stellen , wo W gegen rU offenbar im Unrecht ist
*\ ^ wo die falsche Seitenzahl der AM. 428
nicht iv '
« "M, s. B. haldast statt haUoit
(g^ 9S>^ *% die eigenartige, übrigens
hn JBif «nch dem Text in C w
GfHM ^
364 LITTEKATUR: K. WITJCKN, UNTERSUCHUNGEN ZUR SNORHJl-EDDA.
und trotzdem in den Text gesetzt ist, habe ich oben (p. 352 f.) notiert;
der Art sind z. B. diese: bei W. p. 9, Anm. 28: vera zu streichen; lO** ■■■
statt fRtmt; 11^ 9egir statt avarar^ 11'* ist die Reihenfolge Nordri Smäri =
rU herzostellen ; 11*''^ ist aus rU herzustellen [( mitt ginnungtt^p] d kmm
büsdi ofan ok nedan (die Wörter in [ ] fehlen bei Wilken); 12^ ist mit rU
fundu peir und davor Komma zu setzen. Es handelt sich bier am eine pria-
cipielle Differenz, indem Wilken es für unstatthaft erklärt , von einer Gnppe
rW gegenüber U zu reden, was ich nach den Giundregeln der Textkritik fir
iiuthwendig halte, da r und W auf eine gemeinsame Vorlage *} zturSck^
auf welche U nicht zurückgehen kann.
Daß U häufig kürzt und ziemlich nachlässig geschrieben ist, ist
richtig und auch von mir schon (in dieser Zeitschrieft 21 , 443 ff.) betoet,
doch ist häufiger noch das umgekehrte der Fall, daß nämlich f\Af erweitert ki^
und namentlich, wo es sich nicht um knapperen Ausdruck in U handelt, aoodcni
um das Fehlen von Sätzen , Capiteln oder längeren Abschnitten , werden vir
meist in rW Zusätze zu sehen haben**). Dies Verhältniss zeig^ sich dentSdi
auch da, wo wir die benutzten skaldischen Strophen noch vergleichen können***}.
Im Allgemeinen stimmt der kürzere Text von U mit der Quelle überein, wik-
rcnd der wortreichere Text rW in dem, was er mehr hat, sich seltener mit
der skaidischen Quelle deckt. Doch kommen auch solche Fälle mehrfach tw
— wo dann also U gekürzt hat. In der Regel aber, wie gesagt, entspricht
U der Quelle genauer; in diesem Falle hat dann rW durch seine Text-
erweiterung sich von der gemeinsamen Vorlage entfernt oder ansnahmsweiM
auch wohl einmal rW gekürzt. In wiefern Ähnliches von dem Verhältniss a
den benutzten Eddastrophen gelten kann, mag hier unerörtert bleiben f).
*) Auch Wilken erkennt p. 40 da» nenge Vcrhältuisä zwischen heiden* si
und hält es für „iinahwoisbar, eine gemeinsame Vorlage anzunehmen** (p. 43). Wie er
sich das Verhältnisä denkt, siehe auch p. 62.
**) Eine noch ungedruckte hiesige Doctordissertation von £. Mogk Uaudeh
eingehender darüber.
***) In dieser Hinsicht habe ich Germ. 23, 434 eini(;eä angemerkt. Ich steDe
alles «US jener Vergleichung mit der Ilusdr^pa sich ergebende hier zusammen : ^l^lkss
p. 72, Z. 4 gein um (t/jir r) rW ojcahofndU rW, btU a onglinvm U; Hüsdr. gma^
Jiumjvm raudhita taugar (das ist das aU Köder benutzte Ochsenhaupt) = Uj^m. gm
vid agiii] — 72, 7 üt at {d r) hord'mu rW, vid hordimt U; Hüsdr. ii/ cU bordi; —
72, 14 sa-rinn ßll \ul ok rW] imi [o/nolkvan (rW, nokktit ü); Husdr. tcMisk ädr
fodf) atflausti aw/* lAiii; — l'i, 18 ok aegja »lenn, ai.. rW, fehlt U =r Hüsdr
hlaat irmaii »vo vünnom (^eiiau in demselben Zusammenhange)?, vgl. Germ. !i3, 42d:
— 72, 21 reiddi til hnefann ok setr ri(f eyra rW. Unat vid eyra l"; Uusdr. te
hne/a akialla vid eyra. — Auch bei dem Theil der Haustlpng, welcher von Idon
handelt^ zeigt sich in BragaruMtnr theilweise enger Anschloß der Prosa an die Strophea.
Hier entspricht Wilkiii p. 93. 15 der Hstl. 3. 3 t. ; 93, 16 der Hstl. S, 5—8 ixf\, «ick
/.u 93, 16 I eikina Y\>X\ G. 3 af eikinitu) — dies alles fehlt in U; 93, 18 ^fifiu wms
[af uxanvm rW], Junan hltit uf hclgu akutli 4, 1—4; 93. 23 rekr (lautt U) d inp-
pinn (rW, cid hak r\ Hst). 6, 5 tf. drwpi medal herila entspricht genauer der Fassung:
in U; 94, Anm 11 viif [stangtlV V] enda = Hstl. 7. 8 vi'f stangar &nda (s. oben
p. 358); 94, 16 urdu illo t-i«/ klingt au Hnhi-al hryggvir (Hstl. 10, 1 f.) an, dies wie 94.
16 f. (wörtlich — Hstl. 10. 5-8) tchlt I ; 14, 9 ok er eigi at sinni »ogd ßeiri Udmäi
um peira ferd, dtir peir konui htim cntsiiricht thatsächlich der knappen Darstelluiif
in Hstl. 9; in L' fehlt der Sats ebenso wie 95, 8 drv arnsAff = Hstl. 12, 5—9
lagdi anuAg, {Genn. 24. 63: AM. II, 286, 27 und 287, 2 nur U — HatL]
t) Über dns Verhältniss der H^hniskrida zu V und rW s. Germ. 23. 484.
LITTERATUR: E. WILKEN, UNTERSUCHUNGEN ZUR SNORRA-EDDA. 365
Die Untersuchungen über die in AM. II abgedruckten Pergamentfrag-
mente leß (Fr): p. 48 ff.; 748 (A) und 757 (M): 54—57, sowie über das
Pergamentfragment 756 (W*): 47 f.; die Pergamenths. S: 50 f., und die Pa-
pierbs. H: 51 ff. — für letztere drei nach dem Arnamagn. Apparat — sind
geeignet, nicht sowohl die in dieser Hinsicht bestehende Lücke auzsufüllen,
als vielmehr zu eingehenden Specialuntersuchungen anzuregen. Von lefi meint
Wilken mit Recht, wie auch ich (Germ. 21, 443. 446) andeutete, daß diese
Hs. auf eine über P stehende, vielfach bessere Hs. zurückgeht; für die beson-
dere Wichtigkeit von W* neben W (p. 47) hfttten aber triftigere Gründe
vorgebracht werden müssen. Die Zusammenstellungen über das Verhältniss
von S zu U und P sind interessant, ein sicheres Urtheil wird man sich aber
wohl erst auf Grund einer vollständigen Collation der Hs. erlauben dürfen;
dasselbe scheint mir von H zu gelten. — Die Fragmente 748 (A) und 757
(M), mit denen es freilich eine eigene Bewandtniss hat, hält Verf. für eine
allen anderen Hss. gegenüber selbständige Gruppe*), wofür sein Beweisgrund
freilich nicht ausreicht. Hier vor Allem hätten wir eine gründliche Untersuchung
über die Stellung der interessanten Fragmente gewünscht, während W. sich
darauf beschränkt hat, „nur im Allgemeinen die Stellung derselben zu skizzieren'*
(p. 56). Hätte Wilken darin Recht, daß AM zu einer neben der Redaction
pWU selbständig bestehenden (Gylf. und Bragar. ausschliessenden) Redaction
der Skalda gehörten, auf weiche die Überschrift in U hinweise**) — so daß
also nicht etwa AM ein Auszug aus der über PW und U stehenden Grund-
form der Snorre'schen Skalda wäre — so würde freilich auf die von ihm an-
genommene frühe Zusammengehörigkeit des g^rammatischen Anhangs mit der
eigentlichen Edda (p. 43) ein neues Licht fallen. Vorläufig aber behalte ich
meine Bedenken gegen diese Annahme (vgl. Germ. 21, 446).
Die schwierigen Fragen, welche die tintstehung der Edda und Snorre's
Verfasserschaft betreffen, sind von Wilken p. 129 — 220 eingehend behandelt
worden. Er kommt zunächst hinsichtlich der Gylf.***) zu dem Resultat, daß
dieselbe schon vor Snorrcf) entstanden sei (etwa um 1150), und zwar mit
dem auch in U überlieferten ältesten Theil des Prologs (163 ff.). Es hängt
diese Auffassung damit zusammen, daß Wilken „als die Haupttendenz des
Werkes die einer Verständigung zwischen den (wenn auch nur heimlichen)
Anhängern der Asa-Lchre und dem Christenthume*' auffaßt (166, vgl. 163).
Wenn ich dpm auch nicht beistimmen kann, so glaube doch auch ich Spuren
verschiedener Schichten der Überlieferung in der Gylf. zu erkennen tt) «nd bin
*) Nach p. 199 soll diese Redaction die Gylf. nicht mit umfaßt haben, dieselbe
(mit den Hragarcedur) vielmehr (weisen AM. IL 582, 10 v. u.) als ein eigenes, speciell
.«Edda** genanntes Buch eitleren. Dies ist wohl richtig; mir scheint damit aber nicht
iiusgeschlossen , daß der Verf. des Originals von 748 nnd 7S7 eine, auch die Skalda
umfa.ssende „Edda'' kannte und letztere auszugsweise benutzte.
**) Die p. 64, Anm. 102 citierten Worte beweisen das aber nicht
***) Deren eklektischen, namentlich alle obscönen Mythenstoffe vermeidenden
Charakter er betont (162).
t) W. denkt wieder an Ssemunds Verfasserschaft (167 f.)
ff) Man denke z. B. nur an die, neben der knappen Darstellung im Allge-
meinen etwas fremdartig erscheinende, lange und behaglich breite Erzählung von Thors
Fahrt zu Utgarda-Loke und an die Art, wie sie eingeleitet wird (p. 65, 12—66, 18).
Vgl. noch 366, Anm. **.
366 LITTERATITR: E. WILKEN, UNTERSUCHUNGEN ZUR 8NORBA-E00JL
aach geneigt, die ursprüngliche Verbindung mit der Skald« sd benreifdi,
vielmehr in den ältesten Theilcu der Gylf. eine selbständige — vielleicht sieht
einmal in erster Linie für skaidische Zwecke bestimmte — syslenuLtiadie Zt-
sammenfassung der wichtigsten alten Mythen zu sehen. Ich kann mich der
Vermuthung nicht erwehren, daß dieser älteren Fassung die diaIog:i8che Eife-
kleidung ursprünglich abging oder doch, ausser am Anfang und Schloß, mehr
zurücktrat — worauf auch die Überlieferung in U weist. Stil and Wort-
schatz in den dialogischen Partien sind auffallend einförmig ^) and weichen tw
denen der Erzählung selbst**) mehrfach ab***). Wie dem anch sei, so hat
Verf. doch gewiß darin Becht, daß die Bragar. jünger als die Qylfäg, oad
dieser nachgebildet, gewissermassen auch zu ihrer Ergänzung bestimmt sind.
Anitprechend ist die (übrigens an N. M. Petersen anknüpfende) Annahme^ daß sie
als später zugefügte Einleitung zur Skalda die Verbindung zwischen dieser osd
der Gylf. herstellen sollten (p. 176). Snorre soll nämlich die Gjrif. , d. h. dx
schon durch einige Interpolationen erweiterte (p. 220) Gestalt derselben Torherf)
mit der Skalda verbunden haben. Von letzterer hat Snorre nach Wilken du
H&ttatal, d. h. auch die Prosa, sicher ff) verfaßt, die 'kenningar aber um
einer älteren Gestalt derselben umgearbeitet und vielleicht durch Hinxalngiiif
der 6kend heiti — mit Benutzung der nafna()ulur — ergänzt. Verf. koDBl
nämlich zu der Annahme einer vor Snorre entstandenen älteren Redaction der
kcnningar , weil in den ökend heiti manches für Snorre*s Verfassecschafi
spreche (193), dieselben aber »ein hauptsächlich auf die 6k. heiti, ▼idkennis-
gar und sannkenn, bezüglicher Nachtrag zu einem älteren, die eigentlichea
kenningar behandelnden Ezposd zu sein scheinen". Freilich war verschiedeit-
liche Erweiterung und Überarbeitung gerade bei den kenningar ebenso leicht
wie natürlich, und in der That zeigen sich in Skaldskapann41 (vomehmlid
bei den kenningar) Spuren von Überarbeitung. Ein bestimmteres Urth«l
*) So kehren in den verhältnissraässig wenigen dialogischen Zeilen folgendt
Wendungen und Wörter wieder : pat veU triia min 29, 2; 40, 4; 49, 10, vgl. 51. 5; —
geysi- 22, 14; 29, X; 50, 2. 13; - eiyi er par Ulü af at tegja 11, 2 f.; wutrt «r cyTsC
•egja 23, 1, vgl. 81, %\ — atburdir 29 (3 mal); 52, 5: 56, 10; —frödr madr 6, 16; 26.
21; 29, ll;/^dtmcnn 70. 9; /Wrf^i^a 16, 6; — Äa/cw/ al 6, 19; 11, 1; 17, 11; 29, 14;
— alimikUl ist häufig; — miklir pykkja nUr pessir fyrir sir 34, 6; vgl. 61, 12; 70,
4. 6; — t^ muntd Ju/a 40, 2 = hana mtmtu wÜ hafa 16, 8: — hverir <Ubmrdit üi
hvers nckfna 29, 3, vgl hvert hverrar bcenar 34, 7; — kurnia 9kyn\ 29, 8; 34, 8; —
pd er MuMpeUs tynir herja 17, 8; 47, 16; — stör merkt 22, 19; störeirki SO, 17;
atortidmdi 29, 12; — vgl. 9, 3 mit 11, 2; 70, 7 mit 78, 7 u. s. w.
**) Eine Ausnahme macht gerade die erwähnte lange Erzählung Ton Thor:
P<U veU trüa min 68, 1. 21*, ajMiverfingar 68, 4 = *4, 9; endaak (ausreichen ) 68, 10
«= ♦49, 6 [sonst noch 48, 5]; — litU mark 66, 22 = »47, 12; meira inarAr«60, 4 u. s.w.
Daß die äussere Einkleidung der Gylf. an die Situation gerade in dieser firalhlong
auffallend erinnert, hat auch Wilken (p. 170) und vor ihm schon Bergmann bemerkt
***) Viel ist natürlich auf Rechnung des dialogischen Charakters au setseo.
aber lange nicht alles; so kommt z. B. geyti- in der Erzählung selbst meines Wissens
nicht vor.
t) Man könnte sich das trotz des p. 185 geltend gemachten doch gleichseitig
und Snorre als Verf. der Bragar. denken.
ff) Ganz neuerdings hat Stevers (Beitr. V, 461 ff.) gewichtige Gründe dagegen
geltend gemacht. Doch bleibt zu erwägen, ob die offenbar in die Zeit nach Snorr«
weisenden Stellen des Commentars nicht etwa erst durch eine spätere Überarbeitnof
eines älteren, von Snorre verfaßten Commentars hineingekommen sein mOgen.
LITTEBATUR: E. WILKEN, UNTERSUCHUNGEN ZUR SNORRA-EDDA. 367
möchte ich mir bis jetzt weder über diese schwierige Frage — die W. wohl
gefördert, aber keineswegs zum Abschluß gebracht hat — noch über den frag-
lichen Antheil Snorres an der Gjlf. erlauben, der aber unter allen Umständen
über ein äusserliches Nebeneinanderstellen*) hinausgegangen sein wird.
Von beachtenswerthen Einzelheiten erwähne ich noch Folgendes: das
Verzeichniss der entsprechenden kenningar in den verschiedenen Überlieferungen
(213 — 219) ist geeignet die Orientierung zu erleichtem, was man von der
Zeichnung zur Veranschaulicbung des Handschriftenverhältnisses (220) weniger
rühmen kann. — Das Verhältniss der einzelnen Hss. zur Lieder-Edda wird
p. 57 ff. erwogen — wobei ich nicht unterlassen will auf die Bemerkungen
zur VoluspA (63 f.) hinzuweisen — und p. 136 ff. wird die Quellenfrage für
die Gjlfaginning erörtert.
Die übrigen Theile des Buches bieten erstens von dem Gegenstande
weit abschweifende Excurse — über den Antheil Norwegens und Islands an
der norrönen Literatur (p. 221 — 262), über das Verhältniss von mündlicher
und schriftlicher Überlieferung (262 — 273) sowie von Poesie und Prosa (274 ff.).
Die auch hier entwickelte verkehrte Ansicht vom Verhältniss der Eddalieder
zur (älteren Gestalt der) VS. habe ich in obiger Anzeige eingehend besprochen.
— Ferner gibt Cap. 3 eine Überschau über den „mythologischen Standpunkt
der prosaischen Edda*' (p. 68 — 135), in der sich neben manchen annehm-
baren**) auch gar manche Ansichten finden, denen ich nicht zustimmen kann.
Da indessen hier eine Menge von Fragen nur andeutungsweise ***) berührt
sind, kann ich diesem Abschnitte unmöglich in wenigen Zeilen gerecht werden
und verzichte daher darauf, weiter auf denselben einzugehen. Dasselbe gilt
von dem 4. Cap. |,Die nordisch -germanische Heldensage in der prosaischen
Edda".
Ich freue mich die „Untersuchungen^ besonnener und brauchbarer ge-
funden zu haben als die „Vorbemerkungen", und wenn auch im Einzelnen
sehr Vieles darin nicht Beifall finden wird, so dürfen doch die Partien über die
Entstehung und Überlieferung der Snorra-Edda als ein dankenswerther Beitrag
zur Lösung dieser schwierigen Fragen der Beachtung empfohlen werden.
LEIPZIG, im October 1878. A. EDZARDI.
*) »etja Mdman wird auch sonst von dem Verfasser eines Prosawerkes ge-
braucht, vgl. z. B. AM. II, 427, wo Olaf Thordarsons Verhältniss zu seinem vorher-
gehenden Traktat ebenso bezeichnet wird (vgl. auch Keyser, Efterl. 8kr. I, 106).
**) Da mehrfach W. mit von mir in dieser Zeitschritt (Beiträge zmr Gesdiichte
und Erklärung der Eddalieder) geäusserten Ansichten zusammentrifft, so erlaube ich
mir anzumerken, daß der erste bis dritte Theil jener „Beiträge** schon gedruckt, der
vierte aber in druckfertigem Mskr. in den Händen der Redaction war, als Wilkens
„Untersuchungen" mir zugingen.
***) In dieser Hinsicht ist das (auch für die „Vorbemerkungen" bestimmte) Re-
gister (290—92) besonders erwünscht.
368 LITTERATUR: H. GERING. FINNBOGA SAGA HTNS RAUWL
Finnboga saga hins ramma. HerausgegebeQ von Hngo Gering. Halle a. &
1879. WaisenhausbuchhandliiDg. 8. XL, 116 S. M. 3.60.
Die Finnboga saga lag bisher nar in der grossen Qaartaiisgabe fsi
1812 vor ond in einem isländischen Drock von 1860; letiterer, fStr des Qt-
brauch auf Island berechnet, scheint hiefur zu genügen, aber taogt nickt fii
wissenschaftliche Benützung; die ältere Ansgabe ist schwer zu besehaffn oii
für heutige Ansprüche nicht mehr ausreichend. Eine Lücke war somit woU
auszufüllen, und sie ist, wie ich gleich bemerken will, durch G«riii^ wirUiek
ausgefüllt. Es fragt sich nur, ob denn nicht fühlbarere Lücken Torhandki
sind, und ob man dem deutschen Publicum, das an nordischen Aasgaben wak-
lich nicht reich ist, nicht Besseres hatte aus Kopenhagen holen seilen ab dk
Finnboga saga. Für eine ebenso sorgsam vorbereitete, handliebc Ausgabe iv
Grettissaga, Egilssaga Sicallagrims sonar, Nj41a oder, wollte derselbe Goio
benützt werden, der V/gnglnms saga oder Laxdaela hätte Gering Tiel ng^
theilteren Dank erwarten dürfen. Doch wollen wir nicht engherzig sein wi
wünschen, Gering möge das Versäumte recht bald nachholen.
Die Einleitung gibt zuerst Rechenschaft über die benützten Codiesii
zumal Ober AM. 132 fol., sec. XIII/XIV, der durch die Fornsogur ed. G. ¥j|*
füsson und Th. Möbius bei uns weiter bekannt geworden ist. S. V — XIX iil
Orthographie und Formenstand dieses Textes dargestellt; der Grammatiker wiid
für die genauen Sammlungen dankbar sein. Einige Bemerkungen Geriap
möchte ich hier hervorheben ; zunächst was über das wechselnde Vorwalten dei
i- und des u- Umlautes im Verbum gora gesagt ist. Ganz merkwürdig stiant
nämlich das dreimal belegte prät. gjord-, gegenüber den Präs. gera, geri, wSk
neunordischem gjorde von gjorre, gjera (o in gjorde ist lang and dumpf frä
== ü). Natürlich geht gjorda zurück auf *giorv(ta, und da o in unserer Hschft-
für neuisländisches ö = o gebraucht wird, auf *giarvda, also eine Form oIm
i-Umlaut; war ehemals hier i gestanden ^giarvida, so muß es ausgefallen icis.
ehe Umlaut eintrat, zu jener Zeit also, wo die kurzsilbigen -ja-Verba ihr i
einbüßten; kurz wäre die Form *gar-i(ta oder vielmehr gpr*ida wo t schon ii
ältester Zeit beseitigt worden wäre; gorida wäre dann denselben Weg gegaagv
wie *talida. Hiegegen sprechen nun freilich Verba wie bygda, hrygäa, tiygdt,
die ihr v über die Zeit der Differenzierung der lang- und kurzsilbigen StibuM
hinaus als Position bildend beibehalten zu haben scheinen und mit den langal-
bigen Umlaut zeigen. Zu vergessen ist nur nicht, daß im Präsens überall
neben byggva etc. auch byggja etc. (nicht aber byggvja) vorkommt und diß
dieser Wechsel nach dem altschw. (byggja) zu schliessen alt ist, daß femer hier
im Pft. ursprünglich (^auch nach Wegfall des v) immer noch gg Position machte.
— Es verlohnt sich, zur Erklärung etwas weiter auszuholen. Gering fokrt
selbst einige weitere altisländischc Formen an. Ich vergleiche aus dem Ah-
schwed. (Rydquist, Svensk. spr. lag. I, 9G) gaira (=: gera) : gior)>i ; gien:
gierjii; gora i = gOra) : gör|>i und gior))i; giora : giorJ>u, also gior)>i öfter bd-
abhängig vom Präsens, gier|)i nur, wo auch dieses keine Einwirkung des t
kennt. Abweichende Formen gibt Schlyter noch folgende: giara, gara, gjn
(= gera); gyr))i findet sich, wie es scheint, nicht. In neuschwed. Dialekten
heissen die uns angehenden infin. präs. und ind. prät. gera : gjol (= gjord}:
gära (: ptc. gftredur); gar : gjorda; göralgjole; merkwürdig ist das (fftlscUieb
LITTERATUR: H. GERING, FINNBOGA SAGA HINS BAMMA. 369
Participium genannte) Adject. gor, göl neben gjol. Im Pft. also anch hier
keine Spur von i-Umlant, im Präsens wenigstens Formen ohne ihn neben solchen
mit ö, e. — Im Dänischen finde ich für die alte Zeit bei Lund o nur im
Particip. : gorth neben garth; Pft. nar gertha (2 mal*); Präsens gdra; neu
dagegen auch hier gjorde» gjort; in neuen Dialekten finden sich die präs. göra,
gor, györ, gyr; die pft. und ptcp. gor, gjor, gjo, gjore, ganz vereinzelt gSr,
vorwiegend also o, ohne i-Umlaut. Färöisch kann ich jetzt nur gjördi, gjört
zu gjera beibringen; jedenfalls Wirkung von v im Pft., von i im Präs. Um
zum westnordischen noch weitere Belege zu geben führe ich ans den norwe-
gischen Dialekten gjera, göra : gj6rde, gjaaraa an.
Alle bisher betrachteten Formen zwingen nun durchaus nicht, an eine
Grundform garyjan zu denken; fast nirgends ist a erhalten. Bedenken wir die
grosse Übereinstimmung in Setzung des j in den verschiedensten Theilen des
nordischen Sprachzweiges, so muß wohl ein Zweifel sich regen, ob denn wirk-
lich überall bloß — wie Gu(tbrandr Vigfüsson sich ausdrückt — das i «pho*
nctical not radical** sei, d. h. die palatalc Aussprache bezeichnen wolle. Sonst
ist ia, io, 10 Brechung von e, warum nicht auch hier? Wir hätten also folgende
Formen : mit erhaltenem e : gera etc. ; eine Form mit der gewöhnlichen Brechung
vor gedecktem r kommt nicht vor, wohl aber mit der durch v veranlaßten Trü-
bung: gior))i giÖrdi; endlich Trübung des e (v-Umlaut) durch das v allein:
in gj&ra, gdTj>i; und der Infinitiv? er wäre ursprünglich gervan, der Prilsens-
stamm (ich will mich auf die Frage ob Präsens habai- oder haha- nicht weiter
einlassen) gervai-, die Conjogation dieselbe wie in hafa — hafda. Sehen wir uns
weiter um, zunächst noch auf skandinavischem Boden in der Runensprache.
Isländische Inschriften kommen nicht in Betracht^. Auf norwegischen (nach
Djbecks Ruua II. Saml.) inf. kera (auf demselben Stein e für ei, i für den
i-Umlaut von a), das pft. kipru (sL kir))u) und kuiri)>i; das i nach r entscheidet
nichts, nach und vor liquid, sind parasitische Vocale nicht selten, vgl. bnru-
])ur; die Inschrift ist überdies schlecht geschrieben (es ist Nr. 8). Auf schwedischen
(ebd. und Runa I, Runurknnder I und 11) ; kiara (in derselben Inschr. iftir =
eftir und bjam als accus.), karva (Umlaut von a : i in iftiR) ; freilich auch kira
und kir}>i, daneben kar})i, kiar)>u; ptcp. einmal kamt. Auf älteren dänischen
Steinen (Thorsen, D. runemiodesm.) ist einmal ein zweifelhaftes kirva, sonst
nur karua, kaurua u. s. w. Thorsen kennt kein einziges gesichertes kirva oder
kerva. Das Präteritum heißt entsprechend karl>i, kapi, kar})u, ohne daß frei-
lich immer die Geltung des a völlig genau zu erkennen ist. — Den Samm-
lungen von G. Stephens (North, runic monum. II, p. 1000) entnehme ich für
das gesammte skandin. Gebiet folgende Zahlen (vom Unterschied zwischen
g und k , e und i, t und d sehe ich ab): präs. Formen mit e: 10,
mit a : 5 (davon 2 mit an und m), mit ia: 14 (davon 3 mit ru), mit ie: 2,
mit ru im Ganzen 8; präterit. mit e : 13, mit a : 23, mit ia : 9, mit ie : 1, mit
-ri}>- 2 auf demselben Denkmal, einmal mit a, einmal mit i; nehmen wir nach
dem oben angeführten Erklärungsweg e und ia zusammen: 22 prät. mit ur-
sprünglichem Stamm gerv gegen 23 mit gar (oder garv?); für Präsens und Prät.
zusammen 49 mit e und ia, 25 mit ia, 28 mit a, 23 mit e> die zumal im
*) Wimmer, Rnneskr. opr. p. 849 gibt jedoeh auch giorthas an.
*•) Vgl. K. Biaurer, Germ. XXIV, p. 92.
GERMANIA. Nene B«Ui«. XII. (XXIV. Jaktg.) ^^
370 LITTERATUR: H. GERING, FINNBOGA SAGA HINS RAMMA.
Prüens auch als i-Umlaut aufgefaßt und zu a gezählt 51 ergeben wfirdeB. Ek
Stamm mit a ist also kaum abzuweisen ; soll der InfinitiT garTJft(n) ■iniiftiw
sein? Es findet sich hier keine Spur von erhaltenem j; oder ist aach ^gutth
aufzustellen ? Einigen Anhalt gewährt Tielleicht der Wechsel im AdjeetiTaB idL
gorr und gerr; den übrigens, soviel ich sehe, S. Bugge (Rocksten p» 43 £
[sie!]) nicht so bestimmt wie Gering au&ßty auf garvas : garvis sufiekfibt
auch garvr : gervr konnten die nordischen GrnndtTpen gelautet i*i^t-i Ak-
schwed. heissen die Adject. gor, gjor, garv^ neuichw. ganr; altdlniaeh gsn^
norw. nur gjor. Einen Rest des alten garva könnte man in Dorw. gmrvm, fjk-
ben, erkennen, Aasen hält es für niederdeutschen Import.
Ich gehe zum Angelsächsischen über; hier finden wir: geamwiaD, gev-
wian : gearwad , gearwodon, gegearvad^ gegearvod. Daneben gerraiiy ginVi
giervan, gjrvan (gegärwan) : gyrede r= gierede, girede, gegerede; pte. gcgp
ved ^ gegierved ; weiter das Adjectivum gearu, das Subst. gear{w)a. NmthiM
brisch (nach Bouterweck) georwia, georwung neben gearwia scheint Inr cm
urspr. Form gerw- zu sprechen, sie ist aber nicht völlig gesichert, da im Norfk
ea und eo nicht selten vertauscht sind. Wir haben im Aga. eine BildHf
garwai- (gervai-?) neben garwj- anzuerkennen, auch wohl ein EUn&beiacliwaikfl
in die -oClasse. Welche die ursprüngliche war? — Altfriesisch ist weder ht
Verbum noch das Adj. belegt; in den neufriesischen Mundarten habe iA u
den Sammlungen von J. F. Minssen, von Ehrentraut, von Saxild-Ljngbj nidfe
finden können ausser im Wangerogschen das adj- gder comp, gderder was Mck
oeld, foer = ald, fader auf gar oder garv zurückweist. — Im Altniederfir. aai
von Cosiju und Heyne belegt: gegeruuot (vgl. irfullot, generoda), genuiai
(vgl. uuiskindero, lastrindero), geruuida, geruuedod, gereuuedos etc. , cadU
gigeroda. Bei solchem Wechsel ist natürlich die Möglichkeit zweier Bildofgr
arten nicht ausgeschlossen, nur kommt ein Hinüber- und Herüberschwaaktt
in den betr. Quellen zu oft auch sonst bei ganz sicheren Bildungen vor, ab
daß man darauf bauen könnte; dürfen wir daraus, daß in den Glowea da
infin. geruuon steht, dies als normale Form erschliessen? Das Adj. garo, gan
beweist für den Stamm garv, holländisch gerfkammer gehört hierher, nieht fl
gerief (s. für letzteres gerif bei Schiller und Lübben, Frommann, Mandartea T,
526, Nr. 564) wie hd. gärbkammer (s. Schmeller) mark, garwkaom'r (Danaeil
p. 61) etc. beweisen, eben die deutschen Formen lassen an Entlehnung da
umgelauteten Wortes im hoU. denken. — Alts, bietet Hei. mon. durchweg in
präs. uod ptc. a : garuuuian, gigaruuuenne , gigarewid ; im prät. nur e : geri-
uuida, gereuuida u. s. w., im cott. dagegen nur Formen mit e und die Goajr
gation wie die von nerian; der Mangel des Umlautes im mon. erinnert an dti
ags., wir haben wohl auch hier eine Bildung mit ai oder 6. Die kleinere
Denkmäler haben nur das Adjectivum, das wie sonst a hat: gare a. ä. — Mad-
hat nur noch Verbalformen mit e, im adj. allein a.
Es bleibt uns das Hochdeutsche. Ahd. nur (garawjan? und) garaw^
kein gerwan; erst mhd. gerewen-garte ; prät. ahd.: garawita, garwita, ganrts.
karata, gareta, garta: neuhd. bloß umgelautete Form im Verbum^ bloß a «ic
von jeher im Adj. — Ob Bildungen wie garta wirklich alt sind (analog dea
zalta u. a.) lasse ich dahin gestellt; dürfen wir es glauben, so wäre für nor-
disches gar)>a auch sicherere Erklärung gefunden. Es hindert uns jedoch niektii
LITTERATUR: H. GERING, FINNBOGA SAGA HINS BAMMA. 371
wenigstens eine nebenhergehende Bildung mit -6n aofsustellen in der Form gar-
w^n (biezu auch karata?).
Kehren wir zum Nordischen zurück. Die hier fibrig gebliebenen Fragen
haben nur theilweise Erledigung gefunden ; für die Bildung ^gerrai- war nur im
North, ein schwacher Halt zu entdecken; im as. ist wenigstens die Möglichkeit
vorbanden, e so zu erklären. Die Ableitung mit ai dagegen läßt sich so ziem-
lich überall wahrscheinlich machen. Wir können für das Nordische nun etwa
folgendes Resultat gewinnen. Ursprüngliches Thema mit ai ist sicher, ob der
Stamm a oder e (letzterem analog ahd. etwa melddn, wem§n, stechen, werfdn,
wentön, brechön?) enthielt oder neben einander beides, wird durch die An-
nahme oder Verwerfung des phonetical i in giara u. ä. entschieden. Für den
Wechsel zwischen hellem und dunklem Yocal in verschiedenen Temp. läßt sich
keine Analogie (höchstens das Gegentheil im as. Hei. mon.) erbringen. Gera-
gjorda (in gjera, z. Th. wohl auch in dem gjöra der Literatursprache will j
nur phonetical sein) sind also wohl Formen einerseits ohne und andererseits mit
(hier durch den Anschluß von d begünstigter) Brechung; im Schwedischen ist
die Brechung ea ungleich häufiger als z. B. im isld. (vgl. seax : sex), hier
ist denn auch im Präsens giara häufiger als irgendwo anders. (Daß die ia schon
großentbeils die Wirkung des v-Umlautes in sich tragen , also auf dem Weg
zu i^ sind, brauche ich nicht weiter zu berühren.) Eine weitere, vielleicht man-
chem mehr zusagende Deutung des Wechsels wäre die: neben (gervai- und) garvai-
gebt (vgl. ags.) garvj- her präs.gerva prät.garda (oder wie Graff ähnlich für*8 ahd.
vermutbct garja, gera : garda?); letzteres nur noch in wenigen Beispielen alter
Zeit erhalten, hat dem gleichfalls mit gi (g ist hier durch i palatal geworden, wie
im präs. durch e) anlautenden giorda Platz gemacht; im Präsens endlich sind
beide Bildungen meistens zusammengefallen, aber nicht immer. Giöra ist viel-
leicht als giarva, gera ebensogut als gerva wie als gar vja aufzufassen. Wollte
man^ um auch dies noch kurz zu berühren, der Bildung vom adj. die eine, der
von einem starken Yerbum die andere Form zuschreiben, so hätte man ein Yer-
bum geran, gar, gärum (gurwum), gor(v)an oder gesan, gas, gftrum (gurvum),
zu Grunde zu legen. Ist ahd. jesan wirklich ursprünglicher als gesan und ist die
Bedeutung auf die wir von Gischt ans kommen nicht erst abgeleitet? Oder sind
zwei Stämme zusammengeschmolzen, das Onomatopoetikon jesan und das Yerbum:
gervan ^gar werden ', von letzterem gerwe Germ^ Hefe, von ersterem Gischt,
Gescht? — Ich glaube nicht die Frage endgiltig entschieden zu haben; es
genügt mir die von Gering ausgegangene Anregung etwas nachdrücklicher weiter
zu verbreiten.
Eine zweite grammatische Erscheinung, die Besprechung verdient, ist der
von Gering (S. XI) beobachtete Wechsel von t und d im Auslaut (schwach-
oder unbetonter Silben); d steht nämlich fast ausschließlich nur, wenn vor
dem Schlußvocal t steht: also litid, aber mikit. Daß hier t den Wechsel geradesa
veranlaßt habe^ ist nicht zu denken; es wurde eben die ohne Zweifel beste-
hende Erweichung des t, der Unterschied von der wirklichen Tenuis, bester
fühlbar, vielleicht \iuch etwas stärker markiert, wo ein echtes t anmittelbar vor-
ausgieng ; vgl. übrigens über derartige Erweichungen Axel Koehi N^*^ ''^'^■Vr.
f. F. o. P., Band lU der neuen Reihe 1878, p. 241—58, wo
eine gründliche Yerarbeitung des Materials vermißt; sie wird
bereits von Koch selbst vorgenommen worden sein«
9
372 LITTERATUR: H. GBKIKG, FINNBOGA SAGA HINS BAIOIA.
Ob der p. XIII ausgesprochene Satz ^vor g ist n elidiert in |Mgil 3v^
44'*^ wirklich so zu heisseu hat, oder ob nicht etwa )>angat sein n too Uipl
entlehnte, möchte ich näherer Prüfung empfehlen; mir scheint die Etyaolopi
)>ann veg at nicht Tollkommen sicher, da ich nirgends eine Zwiseheoslifei
etwa |>annig at finden kann; ich denke an pk gata (über gats vgL anil
Schlyter's Glossar), dessen Schlußvocal in dem adverbial gewordenen Compwilsi
vor dem Eintritt des u-Umlautcs abgefallen wäre. Ich sehe freilich anck his
Schwierigkeiten. Femer möchte ich zu Zweifeln veranlassen, ob Inendka wiik-
lich Verkürzung von fraendkona sei (Ger. p. XVII); ich erinnere
Bninka (Pferdsname).
Von p. XIX an behandelt Hsg. die Obrigen benützten
(hauptsächlich ß = AM. 510. 4®) und kommt zu dem Resultat, dmft
und B nur ein BruchstGck C = AM. 162 ß. fol. kritischen Werth
Über das Verhältniss von C zu A und B muß ich Gerings Zweifel theflei:
während nämlich einzelne Stellen des (pg. XXI — XXIV vollständig mitgeÜwillBi)
Fragmentes wohl ursprünglicher sind als A und B, wo n&mlich diese ganz iber-
flüssige Bemerkungen einschieben wie (hefir) bectit |>eirar konn er ek Tilldi
veita, oder Namen statt der Pronomina, Superlative statt der FoeitiTe
müssen wir doch meist in der Knappheit der Darstellung von C Kfirsmg tf*
blicken. Hervorgehoben muß übrigens werden, daß C oft an B, A gegenüber,
anschließt, also
A (57*^ ofdul: B und C ofbeldi
A (57*) faerien X: B und C en tolf
A (Ö9^<^) heilsadi vel Jokli: B ))eim Jokli: C heilsadi )>eini
A (62*) (Grimr) band ])eim Finnboga: B baud hann Finnboga ebenstC
Vgl. femer: 62*® fara 62" halda 62«* mikill.
Direct auf ß geht C freilich auch kaum, wie man aus A 62* schliesMi
mag, wo A: ]>eir bnedr })orer ok |>orsteinn B: ]>orer ok |). C wieder: |>eir
|)or8teinn zeigt; entscheidend ist die Stelle nicht. Ein sicheres Zeichen jÜDgacr
Überarbeitung in C ist die Beseitigung des in A und B erhaltenen inr. lif.
nppburflaminui. Der auf p. XXXI gegebene Stammbaum scheint für C tsD-
kommen richtig zu sein, für die Unterbringung der Papierhandschriften ist wo
Controle nicht möglich, wohl auch kaum nöthig.
Der Text der Ausgabe beruht auf A, Varianten aus B gibt der mitlaufende
kritiflf:h'; Apparat. Der Abdruck ist buchstabengetreu; war es doch Geriofs
Hauptzweck, d(>m Grammatiker ein zu Untersuchungen über Orthographie isii
Formenwechsel hinreichend langes Muster einer wichtigen Handschrift sn bietn.
Die Durchführung grosser Anfangdbuchstaben bei Eigennamen, die Interponktie-
rung kann eine grammatische Änderung nicht genannt werden, leistet aber bei
der Lectürc manchen Vorschub. Mögliebste Genauigkeit des Abdruckes scheint
mir, soviel sich eben ohne die Handschrift erkennen läßt, erreicht.
Dem Text folgt ein Glossar, das eine Ergänzung zu Möbius' trefflickea
Buch bilden soll, freilich auch wieder dieses zur Ergänzung bedarf. Ln der
Wiedergabe der Wortbedeutung, zumal bei Compositis, hätte Refer. fnr eis
Buch, das, wie eben das Glossar zeigt, auch fQr Anfanger im Nordischen be-
stimmt scheint, lieber auf schöne deutsche Ausdrücke versichtet als auf wwt-
LITTERATUR: H. GERING, FINNBOGA SAGA HINS RAMMA. 373
liehe Übersetzung*). Ferner hätte wohl B durchaus berücksichtigt werden
sollen; in der Art etwa, daß Synonymen aus B bei den Wörtern aus A mit
verzeichnet worden wären, so z. B. ofdul = ofbeldi in B (und C). Auf diese
Weise würde am leichtesten reiches Material für historische Lexikographie
gewonnen ; in der Regel dürfen wir ja annehmen, daß ein gewöhnliches Wort
für ein im Aussterben begriffenes eingesetzt wird, so wenig natürlich ein einzelner
Fall für sich beweisen kann, so sicher werden die Resultate bei Yergleichungen
mit grösserem Material ; ich führe ein Beispiel an: 14*^ A: aptan^ B kvelld;
in der That ist kvöld heut zu Tage das Gewöhnliche (s. K. Gislason, Dönsk
orctabok s. v. aften), ferner 19'' wo B älter (d. h. der Urhandschrift getreuer)
ist und das seltene 9mbuna zeigt^ Alauna; 17^^ aus dem Wechsel von var-
ningr und vamadr etwas schliessen zu wollen, wäre natürlich verkehrt.
Das angefügte geographische Register hätte G. ohne grosse Mühe für
manchen Leser viel nützlicher machen können, wenn gleichmässig, wenigstens
für die Hauptorte^ die Lage genauer angegeben worden wäre. Kalund macht
uns geringe Hoffnung für das rasche Vollenden seiner Topographie von Island **) ;
so sind anderweitige Erleichterungen in dieser Richtung immer willkommen.
Es hätten Angaben genügt wie etwa Flateyjardalr i. Nordland, zwischen Eyja-
fjordr und Skjdlfandi ; Ljosavatn südöstlich hievon; Modruvellir an der Eyja-
fardard (nicht am fjordr selbst, wohl aber in der nach ihm benannten Eyja-
fjardarsyssla), Vididalr i. Nordld. südlich vom Hünafloi, Bolstadarhlid südöstl.
vom Hünafl. Doch sind das nur specielle Wünsche des Ref. im Interesse
von Lesern, die mit den Hülfsmitteln minder vertraut sind.
Was den Inhalt der Saga betrifft, so hat den historischen Kern Gering
selbst von p. XXXIII an behandelt, das Urthcil über den historischen Werth
ist meines Erachtens auch so ziemlich maßgebend für die Würdigung der
Saga überhaupt. Erwähnen möchte ich, daß in der Porläkss. 11, cp. 17
BS. I. 384 ein Finnbogi ^anz ähnliches Schicksal hat, wie der erste Finn-
bogi unserer Saga; jener muß gegen das Ende des 12 sec. gelebt haben.
Die Ausstattung des Buches ist gut. Druckfehler bemerkte ich nicht,
ausser in dem oben berichtigten Citat. Nicht verschweigen will ich, daß die
Anwendung der Type d statt des ganz ungehörigen S (warum nicht auch b
statt d?) wie sie hier durchgeführt ist, anderwärts Nachahmung verdient.
Scheut sich doch niemand b drucken zu lassen.
Ich schliesse die Anzeige mit dem Wunsche, daß der ersten Ausgabe
nordischer Werke aus Gerings Hand recht bald weitere folgen möchten.
MÜNCHEN, 12. Februar 1879. OSCAR BRENNER.
*) S. bes. s. vv. dragloka, endemi, filyndr, fötsidr, fridr, gildi, heimakona, hp-
fudbcnda u. a.
**) Nachdem das Manuscript aus meinen Händen war, erschien nun danach
ein weiteres tieft dieses vorzüglichen Werkes (eben das Nordland umfassend) mit dem
Kahind im Mai d. J. promovierte; hoffentlich folgt der Schluß recht bald nach.
374 LITTERATUR: LOOTEN8 ET FEY8, CHANT8 POPULA1RE8 FI.A1U1K
Chants popolaires flamands avec les aira not^s et pönales popolaim 4
▼eraes recueillis k Bmges par Adolphe Lootens et J. M. £. Feys.
Bniges. Imprimerie claesiqae de St.-Aagastin. Descl^e, De Broawer & C
1879. XI und 309 Seiten Octov.
Die beiden Herausgeber der vorliegenden Sammlung sind den Lesen te
Germania bereits durch eine kleine Anzahl Märchen bekannt, die sie gieichfdi
im Brüggischen Dialekt im Jahre 1868 herausgaben und ich an dieser Sldk
Bd. XIV, S. 84 fF. besprochen habe. Zugleich theilte ich einige Proben ds
Volkslieder mit, welche sie bereits damals zu sammeln begonnen , und a
erfreut mich höchlich die Beendigung dieser mit so grosser Ansdaner fiMt*
gefShrten , langathmigcn Arbeit mittheilen zu können , in Besag anf wekk
ich aus der Vorrede Folgendes herausbebe.
^Les pi^ces qui composent cc volume nous ont 6tä transmises ptm»
en totalit^ par une seule personne. Elles forment ce qu^on poarrait a^idv
le r^pertoire d'une dame de la bonne bourgeoisie de Bniges. Cette dase
d*une intelligence remarquable, douee d*une excellente memoire, poss^dait k
sentiment de la melodie et du rhjthme, a su retenir ä pen pr^ tont ee qi'dr
a entendu. N^e k Bmges en 1795 de parents bourgeois , eile a coaMni
dans son souvenir les morceauz que^ dans son enfance, chantaient soa p^
et sa m^re et ceux qui ^taient sans cesse r^pdt^s dans les ^coles deilrf'
li^res. On peut donc afiirmer que nous poss^dons aujourd'fani ces morceiB
tels qu*il8 se chantaient k Bruges an milieu du si^clc demier. Oatre es
piices eile en a appris plus tard d*autres qu^elle a entendnes A BmgM d
qui sont facilement reconnaissables k leur coupe tonte moderne. Tel ot
proprement le fond de cette publication. Les chants recueillis ailleoifi Nrt
peu nombreuz et vicnnent en general de personnes äg^es. Encore, atni
de les admettre, nous sommes nous assur^s, que, par la tradition, ils a|ifv-
tenaient k la ville de Bruges. Les collections imprim^es n*ont pas ^te waaa
k contribution.*'
„Ce volume se compose de deux parties bien distinctes, les püw
chant^es et les poesies diverses. . . . Des notes plac^es apr&s chaque morecfi
renvoient k ceux des auteurs ou des recueils consult^s qui donnent des pikft
analogues. En g^n^ral et a peu d'exceptions prfes les morceanz d^A pnbfiff
aillenrs ne sont repris par nous ici que 8*ils offrent des differences os ötf
▼ariantes un peu notables.^
Die erwähnten Verweisungen beschränken sich jedoch anf die YlimiKbca
und die bekanntesten deutschen Liedersammlungen ; andere als diese sii^
streng ausgeschlossen, und auch meine Absicht ist es nicht das hier Fehlesdf
zu ergänzen, vielmehr geschieht dies nur da, wo sich ohne längeres Sud«
StofF dazu darbot; so z. B. hatte ich zu dem German a. a. O. S. 93 mit-
getheilten Liede Nr. 33 „De Zavelboom^ vergessen anzufahren Svead
Grundtvig, Danmarks Gamlc Felke viser Nr. 66 'jomfruen i Linden* I, 244 ff-
und dazu 11, 667. III, 840. — Zu Nr. 39 ^De Gouverneur van ZeeUod*
ist es den Herausgebern entgangen , daß Shakespeare's Measore for Measnv
denselben Gegenstand behandelt^ obwohl sie nicht unterlassen, in dem Nsck-
trag zu Nr. 50 (p. 296) auf dessen Cymbeline hinzuweisen. — Nr. 57 .Hft
UTIERATITR; LOOTKNS ET FEYS, CHANTft P0PÜLAIRE8 FLAMANDS. 375
Brandmerk^ gehört zu der Erzählungareihe , die ich hier oben S. 138 zu
dem schwedischen Volksbuch ^Djefwulen och Käringen angeführt Das vlä-
mische Lied endet mit folgender (8.) Strophe:
^De tooveresse is gekommen
Bij den duivel om haar geld.
De duivel zei : 6ij doet mij zeifs schromen .
En hij vluchtte in het veld.
Hij riep luidop: Gij doet mij zelfs schromen^
'k Ben bevreesd als ik u zien!
Hij heeft een lange pers genomen,
En kwam haar 't geld zoo antebien.'*
Hier tritt also Geld statt der sonst gewöhnlich vorkommenden Schuhe
ein. — Nr. 71 „De Ganzetjes** ist der aus Boccaccio Giom. IV» Ein-
leitung bekannte Schwank oder Parabel über die Stärke der Frauenliebe,
worüber vgl. mein ^Zva Volkskunde". Heilbronn 1879. S. 112 f. Avadftna
Nr. 27 *Le roi et Telephanf. — Nr. 86 „De Kloefmaker**. Hier schickt
eine Frau durch einen Gauner ihrem verstorbenen Manne Geld und Kleider
ins Paradies; so hatte sie nämlich verstanden, während jener nur gesagt, er
käme von 'Paris . Nachher setzt er sich auch auf listige Weise in den* Besitz
eines Pferdes, auf welchem ein Mann ihm war nachgesandt worden, also ganz
wie in Ayrers Forster im Schmalzkübel (Nr. 61, S. 3063 ed. Keller); s.
hierüber Reinhold Köhler in der 'Literaturzeitung' 1878, Artikel 298 zu Nr. 25
„Die Sendung in die Unterwelt^ in Bernhard Schmidt's Griech. Märchen ;
fügo hinzu das russische Märchen aus Afanasief's Sammlung in Gubematis's
Thicre in der indogerm. Mythologie. Leipzig 1874. S. 155 f. und eine eng-
lische Version in Henderson's Notes on the Folk Lore of the Northern
Counties of England etc. London 1866, p. 319 'Jack Hannaford . — Nr. 92
„Het weeldig Land"* gibt eine vlämische Schilderung des Schlaraffen-
landes und bildet eine Ergänzung zu Poeschers Abhandlung über dieses herr-
liche Land in den ^Beiträgen zur Geschichte der deutschen Sprache und Li-
teratur Bd. V, Heft 2 ; andere Ergänzungen aus Italien habe ich gegeben in
meiner Anzeige von Guerrini^s Vita e Opere di Giulio Cesare Croce . Bo-
logna 1879 in der Zeitschrift für roman. Philol. 3, 121 ff. —Nr. 151 ,Kol-
1 emoei e".
„KoUemoeie zat achter d'baag
Met hären pottebezeme,
Toen kwam mijnherre de kapelaan
Met zijnen boek al lezene:
'Kolle^ Kolle, 'k heb u zoo lief!
— *Ba ja je, mijnheer, j'en geeft mij niets.
Mijn beere deed af zijn hoedje,
En Kollemoeie deed 't aan.
Toen zei Kolle: 'k Ben de man,
'k Heb mijnheeres beste kleeren,
*k Heb mijnheeres hoedjen aan! ^
Dazu ist bemerkt: |,Pour les couplets suivanta ou substitue, v^
11, les mots pruikje, schoentjes' et autres semblables, & hoed
376 LITTESATUR: LOOTEN8 ITT FEYS, CHANT8 POPULAIRE8 FLAMin
Bujeaud s Chants et Chansons populaires des provinees de roaest etc. 2oM
1866. II, 268 findet sich ein Seitenstack zu diesem Liede. Es nt *»
schrieben Margoton et son car6' und die erste Strophe lautet: ,Maigitw
prend son panier, — S'en va-t-aux meures, — M*sieur Teure »'en ▼a-t^m
— Lisant ses heares: — Margoton, attends me, attends me, — Maigotoa
attends me donc. — M'sienr i'cure, je nc saurais, . — Si n'donnez qae!^
chose.' — M*sieur Teure prend son rabat — Et le lui donne. — 'En vm
r*merciant Monsieur Tcur^, — D' m*avoir si bicn enrabate, — Vooa et* n
honnßte homme'*'. Die siebente und letzte Strophe lautet: «Margoton prad
son panier , — S'en va-t-aux mcures , — M*siear i*cur6 ß'en va-t-apite —
Lisant ses heures: — ' Margoton , attends me, attends me, — MargotOL
attends me donc . — M'sieur Teure , je ne saurais — Si n'donnes qnekpr
chose. — M sieur Teure tire sa chemise — Et la lui donne. — 'Eb twi
r'merciant, Monsieur Teure, — D' m'avoir si bien enrabate*, — D' mareir
si bien encalott^ , — D* m'avoir si bien cnculott«^ , — D' m*avoir ai Im
ensocquette , — D' m*avoir si bien enchau8Sonne\ — De m'avoir ai Imi
enchemisc , — Yous ^t un honnßte homme **. In Bolza's Canzoni popokri
comasche. Vienna 1867 (Sonderabdruck der Sitzungsber. der Wiener Aksi
Philo8.-hist. Classe, Bd. LIII) findet sich (Nr. 40) ein Seitenatück za da
vorstehenden Spottliedcm, wo indeß ein armer Teufel von LiandgendaiBa
der Gegenstand des Spottes ist, indem man ihm nach und nach alle leiie
Kleidungsstücke wegnimmt, obschon man sie ihm endlich aus purem IfitkiJ
wiedergibt. — Die erste der fünf Strophen lautet: »AI povero campagaob
— G'han tolto la berrctta, — £ per amöre ghe Than tdmada a d&. — D«-
berrettä! — E per amore ghe Than töinada a da**. Die letzte: |,A1 poTcn
campagnolo — G^han tolto le calzette — E per amore ghe i hau tdmsde a
di. — Desberretä, — Dcsperrüccä, — Desmarsinä, — DescalzönA, — Descil-
zettä, — E per amöre ghe i hau tornude a d^". — Das in Bede stehende
vlämische Lied befindet sich unter den Kinderliedem, ebenso Nr. 160 |,Wi(
zit er in mijnen toren^, welches wie viele andere der letzteren bei einea
Kinderspiel gesungen wird. Ist letzteres der Fall, so ist stets die Besckm-
bung desselben beigefügt und so ersehen wir, daß das Spiel und Lied n
denen gehört, welche Mannhardt, Germau. Mythen S. 491 ff« besprockn
hat*, vgl. besonders S. 492, Nr. 1. Dies ist das vorletzte Lied des erstes
Theiles der Sammlung, welcher die fünf Unterabtheilungen NoSls et Cantiqaei
— Chansons mystiques et moralcs — Chansons narratives, sagas, balladei
et legendes — Chansons comiques et satiriques, chansons d'amonr — und
Chansons d'enfants enthält. Über den zweiten Theil heißt es in der Vor-
rede: ^Sous le titre de po^sies diverses, on trouvera un certain nombre
de pi&ces connues a Bruges sous le nom gcudral de tellingcn. On appelle
ainsi des po^sies populaires, dont les m^lodies originales sont oubli^s on
perduesy et qui sc cbantcnt k peu pr^s toutes sur un m€me air non rhythme
et tr^s monotone .... Les tellingen servaient a supputer le nombre
des mailies faites par les dentelli^res dans la confectiou de la dentelle dite
annouwsel, tr^s-en vogue k la fin du si^cle demier et au commencemeot
du si^cle actuel. Pendant le temps necessaires k la recitation d'un yeis, li
dentelli^re faisait une maille et la maintenait par une Ringle. Le nombre
des vers d^bit^ d^terminait ainsi le nombre des mailies ou des ^pinglei.
LITTERATUR: L00TEN6 ET FEY8, CHANT8 POPÜLAmEB FLAMAND8. 377
Dans les ^coles des filenses, les tellingen etaient pareillement chant^s, pour
rögler sans doute les divers mouvements du rouet; mais dans les ^coles de
couture et de tricot, ils servaient de distraction pendant le travail . • . • Nous
avoBS distribud les tellingen en qnatre classes: 1® un r^cit biblique ; 2° les
nombres; 3^ les po^sies narratives; 4® les tellingen proprement dits^ sur
lesquels nous allons donner quelques dclaircissements. — Au premier aspeet,
ces compositions sont d^une bizarrerie et d'une incoh^rence inexplicables , et
Ton sc demande si ce n^est pas lä une espfece de defi port^ au sens commun.
Toutefoisy apr^s un ezamen plus attentif, on reste convaincu que ces tellin-
gen sont un assemblage de Fragments r^unis au hazard, et provenant de pi6ces
satiriques , de chansons profanes , de legendes religieuses ou historiques,
d'hymnes de TEglise et 'de croyances superstitieuses . . . nous j avons ren-
contr^ beaucoup de fragments de chansons qoi fignrent dans la premi^re partie
de ce volume. C*est pour ce motif , et & la demande expresse de plusieurs
savants que nous nous sommes decid^s k donner ces productions singuli^res.
Teiles qu elles sont, elles remontent par une tradition non interrompue, jusque
vers 1730^ sans qu*aucun changement appr^ciable y ait ^ apport^ depuis.
Ces tellingen Etaient repandus dans toute la Flandre ... De Coussemaker
a publik aussi des fragments assez ^tendus qui ont ^tö repris par Firmenich,
dans les Germaniens Yölkerstimmen . . • Firmenich a donn6 des
chansons analogues, une entre autres intitul^ Ellermann Bellermann
(III, 163)qu*il appelle un Strange amalgame^ compos^ de fragments de chan-
sons populaires les plus diverses.*^ Gehen wir zu den einzelnen Unterab-
theilungen dieses Theils über^ so bildet der 'R^cit biblique in der ersten ein
Gedicht 'De Schepping von 111 Zeilen; in der zweiten *Les Nombres finden
wir deren drei, von denen besonders das erste (p. 260) zu einer Classe von
Liedern gehört; die Reinhold Köhler in Benfey's Orient und Occident 2, 558 f.
zu dem jüdischen Osterliede Eins das weiß ich, einig ist unser Gott' be-
sprochen hat; vgl. mein Zur Volk«kunde' S. 164 f.; die dritte Unterabtheilung
enthält sechs Gedichte und die letzte eilf eigentliche Tellingen. Was die
Herausgeber über dieselben gesagt haben und oben mitgetheilt worden ist,
findet sich vollkommen bestätigt. Wer Lust und Geduld genug besässe diese
Stücke genauer zu durchforschen, würde mancherlei Funde machen oder doch
Anspielungen aller Art entdecken, wie schon die Herausgeber bemerkt haben.
Hei flüchtigem Durchgehen derselben stieß ich z. B. p. 277 auf die Zeile
(53): „'k Wil dat de meeste dief van Brügge verhangen ware^. Hier ist
unbedingt zu lesen meesterdief*; denn gemeint kann nur sein die Geschichte,
welche das altniederländische Gedicht *De deif van Brugghe erzählt, heraus-
gegeben in Haupts Zeitschrift 5, 385 ff.; vgl. Grimm KHM. Nr. 192. — Auf
p. 289, Z. 69 ff. finden wir folgende Schilderung des Genter Ommegang:
„Van Gent tot (sie) in den ommegang
Daar wandelt een reus en een* reuzin met den olifant.
Z'en wandelen niet alleene,
Met hunne kinderen kleene,
Met hunne kinderen wel bewaard
Van 't ro8 Beiaard.
*t Ros Beiaard^ 't ros Beiaard^
378 UTTERATUR: L BOCK, ÜBER EINIGE FÄLLE DES CONJUNCnVÜS.
Was 't Bchoone peerd!
Er hangen drie bellen aan zgn steert,
En een flambeeuw op zijn kop,
Er zitten drie eelmans kinderen op!^
Über dergleichen Aufzüge, in Flandern Ommegang' genannt , b. meiB
„Zur Volkskunde" S. 70.
Pag. 290, Z. lU ff. heißt es:
„ Goen Sint Jan, waar is uw moeder?
— Mijn moeder is in den hemel,
Hooger als en kemel,
Hooger als een bonte koe.^
Also auch in Brügge kennt man eine bunte Kuh'; zweifelhufl aber
ist, ob die nämliche , welche Mannhardt, Wald- und Feldculte 1, 190 (r^
195, Anm.) bespricht; warum wird sie als hoch* bezeichnet? Und endlick
p. 291^ Z. 15 ff. lesen wir:
„Als al mijn noten zullen kraken.
Als wij met de schelletjes over de zee zullen geraken.''
Hier wird ohne Zweifel auf den Aberglauben angespielt , nach welchem
die Hexen in Schalen über die See fahren; gewöhnlich sind es freilich Eier-
schalen, weshalb man dieselben auch, wann man Eier gegessen, zerbrechen
soll; so in England, s. v. d. Hagens Germania oder Jahrbuch u. s. w. 7,
438, Nr. 31; in Holland, s. Notes and Queries 3, 387, Nr. 9 (Choice Notes
from N. and Q. London 1859, p. 7) und in Portugal, wie ich aus einem
portugiesischen Gedichte ersehe; doch glaube ich auch statt der Eierschalen
Nußschalen bei solchen Seefahrten der Hexen erwähnt gefunden zu haben.
Wir sehen also, daß, wie bereits bemerkt, sich bei sorgfältiger Durchforschung
dor Teilingen mannigfache Ausbeute gewinnen Hesse.
Ehe ich die vorliegende verdienstvolle Sammlung verlasse, die durch
Beigabe der Melodien einen um so höhern Werth erlangt hat, will Ich noch
erwähnen, daß ausser einem sehr vollständigen Inhaltsverzeichniss auch ein
alphabetisches Verzeichniss der Liederanfänge die bequeme Nutzbarkeit dar
Arbeit bedeutend erhöht, während andererseits die Abwesenheit sprachlicher
Erklärungen, namentlich der dialektischen Idiotismen, sich den Nicht-Brttggem
zuweilen sehr fKhlbar machen wird.
LÜTTICH. FELIX UEBRECHT.
Ludwig Bock, Über einige Fälle des Conjunctivus im Mittelhochdeutschen.
Ein Beitrag zur Syntax des zusammengesetzten Satzes. Straßburg (Trübner)
1878. Vm und 74 S. 8.
Bei der Untersuchung syntaktischer Erscheinungen kann man auf
fache Weise zu Werke gehen. Die eine Methode möchte ich die rlminijiÜH
nennen^ sie sagt einfach: zu der Zeit tritt die und die '
daneben jene andere, zu einer anderen Zeit wieder ^^
Construction. Der zweite Standpunkt ist der hj
einer Construction allmählich eine aadeie wi**
einselnen Encheinungen bis in ihve ÜMi
LITTERATITR: L. BOCK, ÜBEB EINIGE FÄLLE DES CONJUNCTIVUS 379
der Arbeit Bock's gegenüber auf den ersteren Standpunkt, so können wir nicht
umhin , ihr ein entschiedenes Verdienst zuzuerkennen. Es sind zwar meist auf
der Hand liegende Dinge y die B. feststellt: die Behandlung des Modus nach
Comparativ und Superlativ, in den Nebensätzen bei ^Es ist Sitte, es muß
sein etc/, in den Nebensätzen bei imperativischem Hauptsatze; der Modus
nach negiertem Hauptsatze, nach den Begriffen: „glauben, überzeugt sein*^.
Allein die hier geltenden Regeln sind nirgends mit der nöthigen Klarheit und
Entschiedenheit ausgesprochen, deshalb auch vielfach verkannt worden ; daher
sind die hierauf bezüglichen Darlegungen Bock's sehr nützlich und er-
wünscht. Von weniger verbreiteten Erscheinungen erwähne ich die Modi-
ficationcn, welche eintreten, wenn der regierende Comparativsatz hypothetisch
ist, den Conjunctiv nach alle und den Conjunctiv im Folgesatz nach posi-
tivem Hauptsatz.
Soweit Bock's Arbeit in Beziehnung auf den descriptiven Standpunkt.
Wer aber höhere sprachwissenschaftliche Tendenzen verfolgt, der kann sich
damit, mit der Feststellung der Thatsachen, nicht begnügen, der muß sich
der historischen Behandlungsweise zuwenden. Und diesen Standpunkt nimmt
in der That B. in seiner Einleitung ein. Er will beobachten, wie in der
späteren Sprache der Indicativ weiter vorruckt und wie die verschiedenen
Arten des Gedankenausdrucks miteinander kämpfen ; auch in den Schluß-
worten bewegt sich Bock auf den Höhen historischer Betrachtung. Aber der
eigentliche Kern der Arbeit will dem nicht recht entsprechen, und für die
Erkenntuit-s der historischen Vorgänge innerhalb der mittelhochdeutschen
Periode hat der Verfasser viel weniger geleistet als er bei richtigerer Methode
hätte leisten können. B. gibt seine Beispiele nach Jahrhunderten geordnet:
gut. Aber nirgends erfahren wir auch nur das Geringste darüber, daß im
14. Jahrhundert der Indicativ im Vergleich mit dem Conjunctiv zahlreicher
geworden ist; es ist nicht zu ersehen, ob B. das überhaupt sicher erkannt
hat. Weiter hat B. seine Belege danach gruppiert, ob das Verbum finitum
ein Hülfsverbum ist oder nicht. Ob er den Gedanken von Scherer hat, weiß
ich nicht; jedenfalls ist es ein Scherer'scher Gedanke und zwar ein beher-
zigenswerther. Aber vergebens befragen wir Bock, ob nun wirklich ein Zu-
sammenhang zwischen dem Häufigerwerden der Hülfsverba und dem Zuiück-
weichen des Conjunctivs besteht. Weiter unterscheidet B. , ob bei dem Verbum
eine Partikel steht oder nicht, weil er die Anschauung von Lidforss billigt^
daß möglicherweise bei gesetzter Partikel die Modalität durch diese schon
hinlänglich bezeichnet sei, und daß daher die Sprache sich mit dem blossen
Indicativ begnügen könne. Er meint, die Beobachtungen Lachmann's über
den Gebrauch und die Bedeutung von ie und iemerf nie und niemer hierher
beziehen zu können, während doch Lacbmann gerade das Umgekehrte gethan
hat, den Einfluß der Modalität des Satzes auf diese Partikeln untersucht hat.
Und schließlich ist das^ was ß. gibt, nichts anderes: er sagt, in dem und dem
Satze werden jene Partikeln so und so verwandt, was kaum in den Bereich
seiner Untersuchung hexeingehört. Ein letzter Gesichtspunkt fär 6
seiner Belege ist Bock die Frage, ob der Modus ein präsentiflch
präteritaler ist. Trotzdem ist es ihm entgangen, daß der C
Nebensatz einer Aufforderung viel häufiger ist, wenn das V^Aiwa.
als wenn es im Präteritum steht. Auch dadxxtcYi \«X. %^t
38(^ LITTERATUR: L. BOCK, ÜBER EINIGE FÄLLE PKS CONJUNCTTITW
geworden , daß von seinen Beispielen des Conjunetivs Prftteriti nach Cob-
parativ fast sämmtlichc im Reimo stehen. So richtig und gut gewiklt il»
an sich die von Bock für die Eintheilung verwertheten Geaicfatspankte siid.
so wenig sind sie für ihn bezw. für die Erweiterung unserer Kenntniaae fiaek-
bar geworden ; wenn er seine Beispiele nach der Zahl der in ihnen enW>
tenen Silben eingetheilt hätte, wäre der Erfolg nicht anders geweien. Fir
alle die aufgeworfenen Fragen heißt es einfach: zählen und VerhftltniaaaUei
geben. Das ist von Bock nicht geschehen; auch sind aus dem von ihm ge-
botenen Material diese Verhältnisszahlen gar nicht zu entnehmen. Ich htm
daher leider dem Berichterstatter der Augsb. AUg. Zeitung nur in tehr be
schränktem Masse beistimmen, wenn er Bock's Untersuchang als eine g^
diegene Vorarbeit för eine allgemeine historieche deutsche Syntax beseicluMt
Wer eine solche unternimmt, muß den ganzen Stoff gerade noch eininal dai^
arbeiten.
Es ist begreiflich, daß dieser Mangel an historischem Sinn sich anek
ffihlbar macht, wenn Bock die einzelnen syntaktischen Erscheinnngen zu er
klären versucht. Bezeichnend für seine Anschauungen ist es, daß er w«U
von der Bedeutung eines Conjunctivs, nie aber von seinem Ursprnif
redet. Von einer Herleitung der Modi im abhängigen Satze aus denen te
unabhängigen ist nirgends eine Spur. Wem es so speciell auch nm die E^
klärung der Thatsachen zu thun ist, der hätte doch etwas mehr darauf Rflck-
sicht nehmen müssen, wie Andere dabei verfahren ; er hätte vor allen Dingn
von Erdmann Vieles lernen können far seine ganze Auffassnngsweise.
Unrichtig ist es, wenn er den Conjunctiv nach den Begriffen ,,glaiibeB.
überzeugt sein^ als einen Conjunctivus der Nothwendigkeit auffaßt, noch n-
richtiger y wenn er ihn mit dem Conjunctiv nach ^es ist ist Sitte etc.^ lud
dem Conjunctiv nach imperativischem Hauptsatz identificiert. Er meint: -die
Kategorie der Möglichkeit und Nothwendigkeit kann nicht nach der der Wiii-
lichkeit erst geworden gedacht werden". Darauf will ich nur eines erwiden:
wenn irgendwo, so gilt für die Entwickelang der menschlichen VorHtellungfi
der Satz Humes, daß ein propter hoc nur die Folge eines wiederholten pn'
hoc sei ; nur nachdem der Mensch Hunderte von Malen die Erfahrung von der
Wirklichkeit einer Erscheinung gemacht hatte, konnte er zn der VorsteDing
ihrer Nothwendigkeit gelangen. Wenn B. femer meint, es habe eine Zeit
gegeben, y,wo man den Indicativ noch nicht fär den Ausdruck der Gewißheit
^es ist habe setzen können'', so widerstreitet das einfach den Thatsachen der
indogermanischen Syntax.
Wie dieser Conjunctiv nach „glauben'' etc. zu erklären sei, scigf
ich Zeitfolge der abhängigen Rede im Deutschen p. 20 ff. Der ConjanctiT
nach „es ist Sitte" etc. entstammt wohl dem selbständigen Anffordeningt-
satz. Den gleichen Ursprung hat nach meiner Ansicht der Conjunctiv in
Nebensatze des Aufforderungssatzes. Anschaulich zeigt das noch heute dif
parataktische Redeweise des gemeinen Mannes. Der Bauer aa^^ s. B. n
seinem Sohne: bring mer e Messer, *s muß awwer scharf aeiä. Das viit
mhd. : bring mir ein mezzer : daz si scharf. Versetzen wir ona noch
weiter in die Zeit zurück, wo noch die Wortstellung im Hanptaatxe mOgfiek
war, die heut zu Tage der Nebensatz zeigt, so erhalten wir „ein nezier
bring, daz scharf si" und damit die firagliche Constructiony wie ale B. ht-
MISCELLEN. 3gX
spricht. Durch diese Entstehungsweise erklärt sich auch, weshalb das Prä-
teritum in diesen Sätzen viel seltener im Conjunctiv steht als das Präsens.
Irrig ist auch z. B. was B. zur Erklärung des blossen Indicativs nach
positivem Comparativ sagt. Er meint unter Anderem , daß man bei Hülfs-
zeitwörtem, „wie sie denn einmal an Gewicht und Ton verloren haben-,
auch bald auf die Ausgestaltung der jedesmal ganz adäquaten Form weniger
Rücksicht genommen habe^. Das müßte sich doch vor Allem an den Hülfs-
zeitwörtern haben und sein zeigen, was thatsächlich nicht der Fall ist.
Nicht billigen kann man das Verfahren B.'s, wenn er aus der ver-
schiedenen Behandlung zweier Sätze im Neuhochdeutschen auf ursprüngliche
principielle Verschiedenheit derselben schließt. In der älteren Sprache ist es
für die Consecutio temporum ganz gleichgültig, ob der Hauptsatz positiv oder
negativ ist; und doch macht das Nhd. hier einen Unterschied (s. meine Zeit-
folge der abhängigen Rede im Deutschen p. ß9).
Zum Schluß noch zwei Einzelnheiten. Wie kommt B. p. 30 zu dem
Satze, daß beim Conjunctiv nach Superlativ stets ie oder ifmtr stehe, wäh-
rend er selbst p. 31 ein Beispiel anführt — Kehr. 1266 — , wo dies nicht der
Fall ist? Und femer, wie vermag B. zu entscheiden, daß gewunnen Bari. 151,
27 (p. 12), wurden Eckh. 400, 22 (p. 13), künde Veldccke MF. 57, 22 (p. 17)
Indicativ und nicht Conjunctiv ist?
HEIDELBERG, den 11. August 1878. OTTO BEHAGHEL.
MISCELLEN.
Personalnotizen.
Dr. F. Bechtel hat sich an der Universität Göttingen für Linguistik
habilitiert.
Der Privatdocent Dr. Aldabert Bezzenb erger an der Universität Göt-
tingen ist zum ausserordentlichen Professor ernannt worden.
Dr. Wilhelm Creizenach hat sich an der Universität Leipzig für
neuere deutsche Literatur habilitiert.
Dr. Joseph Seemüller hat sieh als Privatdocent der germanischen
Philologie an der Universität Wien habilitiert.
Dr. R. M. Wagner hat sich an der Universität Graz ffir deutsche
Sprache und Literatur habilitiert.
t 8. April 1879 Professor Dr. Alois Lütolf in Bern im 55. Le-
bensjahre.
t 3. Mai 1879 Joseph Maria Wagner in Wien im 41. Lebensjahre,
t IG. Mai 1879 der Rector a. D. Georg Schambach in Einbeck.
382 MI8CELLEN.
Zu Oennania XXTTT, 52.
Freudhof fOr Friedhof findet sich in den Vol ksm&h rchen ron
N. Vogel, Wien 1837, S. 55 und 60. Auch anderwftrts meine ich FrcadW
schon gelesen zu haben.
WEIMAR. BEINHOUD KÖHLER.
Sanct Dorothea.
Der Druck des Gedichtes von Sanct Dorothea, welchen SteiiUMTfr
in Wagners Archiv 1873, S. 232 flP. beschreibt, ist in den Besitz von Ajitiqis-
buchhäudler Albert Cohn in Berlin übergegangen und in dessen Katälofe
CXXV, S. 62 für 180 M. zum Kauf angeboten. K. BARTSCH.
Zu Otfrid.
Piper bemerkt Otfrid Einleitung p. 45 Folgendes: «zur Aufhellang ^
Geschichte der Hds. P könnten noch die Worte beitragen, welche nntoa irf
S. 90 n eingekratzt sind: Kicila diu scoaza (scolta?) nuiz filo^, und er dedkt
bei Kicila au Gisela, die Gemahlin Konrads des Saliers. Seemfiiler dagvgn
(Anzeig. V, 190) will scoaza in suaza ändern; nach dessen Meinung ist das gme
nichts Anderes als ein Zeichen der Erinnerung an eine „sfiase Gisela", St
ein verliebter Leser statt in Baumrinde in das Pergament der Hs. kratite.
Beweisen läßt sich Piper's Vermuthung nicht; diejenige Seemfiller*s iiK
sicher unrichtig. Es war von vornherein zu vermuthen, daß Piper fdbck
gelesen, denn eine derartige Randbemerkung ist doch wohl Autograph, sieht
Abschrift. Und so ist e.s in der That; es steht da: Kitila ^ dann in neaei
Zeile diu scona min filo\ darunter noch die oberen Reste eines l and y, dt-
zwischen Raum etwa für einen Buchstaben^ der mit den unteren Theilen da
/ und des J beim Einbinden abgeschnitten worden. Dieses letzte Wort kav
nur /o« geheissen haben. Also: ^Kizila die schöne hat viel von mir gelesea'*
sagt das Buch.
HEIDELBERG, Sl. Mai 1879. OTTO BEHAGHEL.
Deutsche mittelalterliche HandBchriften der Ffirst-Georgs-Bibliothek n
Dessau.
(Fortsetzung.)
9.
Beschreibung der Seuchen und ihrer Behandlung. •
Ein in zwei (mit gepreßtem Pergament überzogenen) Pappdeckeln feH
gebundener Folioband, 39 c. hoch, 27 c. breit, sauber geschrieben, voizüf-
lieh gehalten y wahrscheinlich der 2. Hälfte des 15. Jahrb. angehörig. Cbff
die Provenienz desselben gibt eine handschriftliche Bemerkung eines firftlMn
MI8CELLEN. 383
Besitzers auf der InneDseite des vordem Deckels einigen Aufschloß: »Dis buch
habe ich graff Hans albrecht von Mansfeldt deme durchleuchtigen hochgebomen
Furststen und Hern Hern Jochim Ernsten Furststen zu Anhalt, Gräften zu asca-
uien Hern zu Zerbst vnd Bemburk^ den 30. Januarij zu Dessau . . . ge-
schenkt vnd den 5. Februarij geschikt a. 1525^. Der Codex besteht aus
274 beschriebenen Blättern, welche in Lagen zu 12 Blättern liegen. Diese
12 Blätter sind in den ersten 4 Lagen je 10 Papierblätter, um welche sich
gleichsam als Umschlag 2 Pergamentblätter legen. Von Lage 5 an bestehen
sämmtliche Lagen ausschließlich aus Papier. Das Papier trägt als Wasser-
zeichen eine Krone über einer einem gothischen Majuskel-M ähnlichen Figur.
Die Lagen waren, wie es scheint, ursprünglich sämmtlich signiert (jedesmal
auf der ersten Seite unten), doch sind die meisten Signaturen beim Einband
abgeschnitten worden, nur auf Bl. 25, 181 und 229 finden sie sich noch,
auf Bl. 265 zeigt sich noch der obere Rand einer alten Signatur. Eine alte
Paginierung zeigt der Codex von Bl. 13 — 24, doch ist dieselbe durchaus fehler-
haft. Custoden hat die Handschrift nicht. Die ursprüngliche Handschrift reicht
bis Bl. 271. Dann folgen Bemerkungen einer zweiten und auf Bl. 273 einer
dritten Hand. Den beschriebenen Blättern gehen drei leere Papierblätter voraus
und ebenso sind die beiden letzten Blätter der letzten Lage leer (nur daß
auf der letzten Seite des Codex von einer vierten Hand ein Medicament
gegen „den worm der pferd^ verzeichnet ist). Die Seiten sind zweigespalten,
die Spalten haben 40 — 42 Zeilen, der beschriebene Raum ist jedesmal von
4 Linien eingefaßt und liniert. Überschriften, Capitelbezeichnungen u. dgl.
sind roth, die Anfangsbuchstaben der Capitel bald roth, bald blau. Im Texte
sind viele grosse Anfangsbuchstaben durch einen rothen Strich hervorgehoben.
Leere Partien im Codex weisen darauf hin, daß man denselben wohl mit
kunstvoll ausgeführten Initialen und Ahnlichem auszustatten beabsichtigt hatte.
Das Werk zerfällt in zwei grosse Hälften, von denen die erste von Bl. 1
bis 132 in sieben Büchern die Krankheiten, die zweite von Bl. 133 — 271
in fünf Rüchern deren Behandlung beschreibt. Den Büchern 2 — 7 der ersten
Hälfte sind Register vorausgeschickt Der Codex beginnt: „In dißem buche
wirt be | schrebin eyne igliche aewche | vnd gebrechin dy ok möge | werden
an des menscbin leibe | von dem houpte biß an dy | fuße^ vnd werdin in
dißem | buche dy krangheit adir aewche I adir gebrechin geschrebin | laty-
nisch vnd daz latyn vorbas ym | duczschen wirt ergintlichin vßgeleit | ynand
mit langin reden ynand mit | knrczin uff das man is dester baß | möge wissen
vnd irkennen ym gemeyne | was dy sewche adir gebrechin syn | an dem leibe
des menschin** u. s. w W. HOSÄUS.
Bratmisse.
Wenn eyne Bruthmisse gesungen wert, schal me den köstern to lü-
dende geven VIU ßl. sundisch unde den Pulsanten up den Thom e3rne Mölye.
Rostocker Hochzeitsordnung des 15. Jahrhunderts in Selecta jurid.
Rostoch. I (1741), 128. Das Wort fehlt im mnd. Wörterbuch.
384 MI8CELLEN.
Dteikönigibildchen.
Ein altes Mirakelbfichlein von den bl. Dreikönigen &• 1722 wieder
aufgelegt, besagt S. 25: y^Von Hex- und Zauhereyen dtrtn $eind wol taummd-
mal durch dergleichen Bilder oder Pfenningen vertrieben und verhindert worden.
Also wirst du mit diesen (Dreikönigs-) Bilderen auf Otteren und BasOiskeD
geben und zertrennen Löwen und Dracben nämlieb Zauberer und deren Un-
holden und Nacheteliungen'^ , (Collen zu bekommen in der Mutter Grottes
Capellen im Hoben Tbumb bei denen zeitlicben Herren Offizianten daselbst
Qüldenes Handbücblein.) A. BIRLINGER
Meister Hemmerlin = Teufel.
Zum D. WB. IV, 2, 3J7 (Heyne).
Wie sieb aber diser scbamloss Menscb, dieser unbestandbaftiger wan-
kelmüthiger Lutber bemacb als er mit seinem Tiscbgesellen mit deme er
mebr als ein Salzscbeuben auffgefressen mit deme er aucb bei der Nacht
disputiert und von yme dem Meister Hemmerlin gelemet Meß balten, in
bessern kuntschaft geraten ist, sieb selb Lüg gestrafft, ins Maul geschlagen
dasselbig zu einer Tascben und Lügenberg gemacbt bab. (Leicbpredigen t.
J. Feucbtius, Colin 1601, S. 195.) A. BIRUNGER,
8. Johannes Danti Anno 1874.
Diese Zeit erbub sieb ein Firlefautz
hieß man Sanct Johans Dantz
Junge und alt sein gelauffen
mit Buberey zu bauffen
So heißt es in der „Reimchronik der Stadt Nieder Wildungen von Veit
Weinberg Stadt Schreiber zu N. Wildungen", vom J. 1575, die bis dahin
noch nicht herausgegeben ist. Welcher Tanz mag gemeint sein? Ist an das
Schwärmen böser Geister in der Johannisnacht zu denken, an das Sachen
versunkener Schätze (Gr. M. 922 ff. Simrock Hdb. 2. Aufl. 585. Birl. I,
228)? Zur Zeit des Veit Weinberg (f 12. Jan. 1580) muß der , Sanct
Johans Dantz" noch bekannt gewesen sein, da der Chronist die einlache
Notiz ohne jegliche Erklärung gibt, was sonst nicht seine Weise ist.
PARCHIM. A. FRETBE.
Asohenpüater.
Nostratesy denotaturi hominem obscumm et misanthropum eandem per
ludibrium appellant eenen Aschenpüster.
Selecta jurid. Bostoch. 3, 24.
VON DEN ZWEI SANGT JOHANNSEN.
Id dem Oedicht Heinzeleins von Eonstanz von den zwein Sanct
Johansen wird bekanntlich erzählt, wie zwei Nonnen eines Klosters
darüber, welcher von den beiden Johannes, der Täufer oder der Evan-
gelist, der größere Heilige sei, mit einander auf das heftigste und so
lange stritten^ bis eines Nachts jeder von ihnen ihr bevorzugter Hei-
liger erschien, ihr wegen ihres Streites Vorwürfe machte, die Vorzüge
des andern Johannes auseinandersetzte und ihr befahl sich mit ihrer
Gegnerin zu versöhnen, worauf am Morgen beide zur 'Meisterin (Äbtissin,
Priorin) kamen, ihr Alles erzählten und dann einander zu Füßen fielen
und um Verzeihung und Buße baten.
Es wird vielen Lesern unbekannt sein, gleichwie es den bis-
herigen Herausgebern des Gedichts ^) unbekannt gewesen, daß Cäsarius
von Heisterbach (gestorben im viei^ten Decennium des 13. Jahrhunderts)
in seinem Dialogus miraculorum (Distinötio VUI, cap; LI) ganz das-
selbe und zwar als zu seiner. Zeit in einem Nonnenkloster der Diöcese
Trier vorgefallen berichtet'). Seine Erzählung lautet also:
Duae sanctimoniales fuere, et adhuc sunt ut puto in Lutere mona-
sterioDioecesisTreverensis'), exqnibus una specialiter diligebat sanctum
Johannem Baptistam, altera vero sanctum Johannem Evangelistam.
Quae quotiens conveniebant, inter se de illorum majoritate conten-
,•') Docen im Müseum f&r altdeutsche Literatur und Kunst II, 80 ff., Oraff in
seiner Dintiska 11, 240 ff., von der Hagen in seinen Minnesingern III, 408 ff. und
F. Pfeiffer in seinem Heinzelein von Konstanz'.
i'' ') Es ist wohl kaum nOthig Aber Cfisarins auf die treffliche Schrift von Ale-
xander Kaufmann, CSsarius von Heisterbaeh, 2. yermehrte Auflage, COln 1862, su ver-
weisen.
■ *>. *) Lutere (Lutra, Fraulautem), nobilium monialinm coenobina ordinis B. Augu-
.'. stinl D. Treverensis, iuxta oppidum Saarlonls. Index in Caesarii Heisterbacensis Dia-
. lognm. Confluentiae 1857, S. 26.
GERMANIA. Nene Ri^iho XII. (TXIT. Jskrg.) 26
386 R. KÖHLER
debanty ita ut magistra quandoque vix posset eas compescere. IIU
omnia dilecti soi praevilegia in medium proponebat, cui ista sui dilecti
praerogativis v alide satis obviabat Nocte quadam ante matutinas sanc-
tus Johannes Baptista suae dilectrici in somnis apparens, sie ait:
^Soror, noveris sanctum Jofaannem Evangelistam me majorem. Non-
quam homo castior fuit iilo, mente simul et corpore virgo^). Ipsom
Christus ad Apostolatum elegit; ipsum ceteris Apostolis plus dilezit*);
ipsi gloriam suae transfigurationis ostendit. Ipse beatissimus in pectore
Jesu in Coena recubuit^; ipse morienti astitit^); ipsi virgini Christus
yirgo matrem virginem commendavit »). Ipse ceteris Evangelistis altios
volans^) et oculos mentis in rotam divinitatis plenius defigens, Evan-
gelium suum sie exorsus est: In principio erat Verbum, et cetera.
Scripsit et Apocalypsim, qua nihil in coelestibus figuris obscurius est*).
Plurima etiam pro Christo passus est tormenta, flagella, fervens oleum'),
exilia. Ecce propter ista et alia multa sua praevilegia major est me
et dignior. Mane ergo voces sororem tuam ante . magistram , et pro-
cidens ante pedes illius pete ut ignoscat tibi, quod totiens eam ex-
acerbasti mea causa.' Quae ad signa matutinalia expergefacta de tarn
clara visione cogitare coepit. Dictis vero matutinis, cum se alten
sopori dedisset, sanctus Johannes Evangelista per visum affiiit, et
sub sensu verborum herum suam allocutus est dilectricem: 'Soror,
scias, beatum Johannem Baptistam longo majorem esse me. Inter naloi
mulierum^ teste Christo, non surrexit major illo*). Ipse Propheta est
et plus quam Propheta'®). Ab angelo est annunciatus^'), a sterili matie
contra naturam conceptus '') , in utero supra naturam sanctifieatos ^
*) Vgl. Heinzelein Str. 47, 1.
*) Heins. 48: [Got] in üs der swelfboten schar ie sonderlichen meindo.
') Heins. 49: d6 er üf gotes brOste . . . entsUef.
*) Heins. 63—64: [dd] in die jonger über al gar flflhtecliche lieien: D6 wollt
Ton im scheiden niht Jdhannes der vil guoter.
^) Heins. 64: Got im enpfalch in sine pfliht die sine sarte maoter.
*) Heins. 48 — 49 : ich wene niht das ie kein ar sd hdhen flog ertweinde Alsaa
der werde SSwangelist.
^) Vgl. Heins. 55 and 56.
*) Heins. 61 : Dd in Domici&nns sties in wallende Ql semAle . . .
*) Heins. 26: Got sprichet selber, das nie wib den sinen gends gebwe.
'*) Heins. 31 : ob den proph§ten ist sin nam genennet und gerfiemet.
**) Heins. 23: jA wart durch Gabridles mont sin name, sin leben gekündet
**) Heins. 27: Er kam, dar an man wnnder spürt, von nnberiuifteiB stamB«.
**) Heins. 27 : er wart geheiüef^oX ^aiL^« ^%\&cl la ainer maoter Wamme.
VON DEN ZWEI 8ANCT JOHANNSEN. 387
in heremo sine omni peccato conversatus ^). Quod de nie diei non
potesty qui lucris inhians inter saeculares saeculariter vixi. Salva-
toreniy quem in utero agnovit*), inter turbas ad se venientem digito
demonstravit et in Jordane sacris manibus baptizavit^). Ipse coelos
vidit apertos, Patrem audiens in voce, Filium videns in homine, Spiri-
tum sanetum in speeie columbae*). Tandem pro justitia martyrizatus
est^). Ergo me major est. Unde hodie vocare debes sororem tuam
ante magistram tuam, et prostemere te pedibus illius, sieque eam
rogare ut tibi ignoseat, quod totiens illam exaeerbasti, me contentiose
Praecursori Domini praeferendo.' Mane singillatim ad magistram
veniunt, quid viderint exponunt. Tunc simul se prosternentes, et ab
invicem, ut eis jussum fiierat^ veniam postulantes, mediante matre
spirituali reconciliatae sunt, monente illa ne de cetero de meritis
sanetorum contenderent, quae soli Deo nota sunt.
Vergleicht man diese Erzählung des Cäsarius mit Heinzeleins
Gedicht, so weichen beide, was den erzählenden Theil betrifft, nur ganz
unwesentlich von einander ab, insofern nämlich bei Cäsarius zuerst
die Erscheinung Johannes des Täufers und dann die des Evangelisten
berichtet wird, bei Heinzelein aber es umgekehrt ist, zweitens insofern
bei Cäsarius Johannes der Täufer 'ante matutinas', der Evangelist
'dictis matutinis' erscheint, Heinzelein aber ausdrtlcklich (Str. 41) an-
gibt, daß beide Heilige ihren Verehrerinnen ganz zu derselben Zeit
eines Nachts erschienen seien, und endlich insofern bei Cäsarius die
Heiligen den Nonnen im Schlaf, bei Heinzelein im Wachen erscheinen.
Was aber die Reden der beiden Heiligen betrifft, so legen Cäsarius
und Heinzelein, wie man aus den oben unter dem Text des Cäsarius
gesetzten entsprechenden Citaten aus Heinzelein sieht, dem Evangelisten
fast ganz dieselben Grflnde für den Vorrang des Täufers, nur in ab-
weichender Folge, in den Mund, während dagegen Johannes der Täufer
*) Heinz. 28: Er s6ch sich Irüeje von der strfts se walde tod den Unten.
') Heinz. 26: J6haunes in der mnoter Itb erkante sinen schOpfore.
') Heinz. 29: Oot selber in sich tonfen iiez und ander in sich neigte, der
n ouch agnns dei hiez und üf in vingerzeigte.
*) Heinz. 80: Er hdrt den rater in dem ddn and sach des sones bilde,
den beilegen geist, geformet sehdn in einer tüben wilde, oach sach er offen stftn
den trdn.
^) Heinz. 31—32: die marter h&t er oach alsam mit ^em blaote geblüemet
Man sach in darch der warheit kip den kflng Herddes strftfen, dd er bi stnes
braoder wip süntliohen wolte slAfen, d& von den tagentberaden lip eralao« 4»» >ii^:BAr
ges wftfen.
388 R- KÖHLER
fbr den Vorrang des Evangelisten bei Heinzelein noch mancherlei vor-
bringt, was bei Clisarius fehlt ^).
Heinzelein erklärt selbst (Str. 9), daß das Märe nicht erdacht
sei, sondern daß er es in einer Schrift gelesen und daraus in Rdne
gebracht habe:
Daz selbe m»re ist niht gestift,
daz ich iu hie betihte,
ez h4t ze lagin keine trift,
noch ist erd&ht von nihte:
ich las ez eben üz der schrift
als ichz ze rime rihte.
Daß nun der Dialogus des Cäsarius die von Heinselein benutste
Schrift gewesen sei, scheint mir recht wohl möglich, und die Ab-
weichungen und Zusätze Heinzeleins würden dann sein EigoithiiiD
sein. Freilich ebensogut kann Heinzelein aus einem andern Bach ge-
schöpft haben, denn die Geschichte von den beiden Nonnen wird wdü
mehrfach aufgezeichnet gewesen sein.
Aber nicht allein von zwei Nonnen wurde erzählt, daß sie Aber
den Vorrang der beiden Johannes gestritten hätten, bis die Heiliga
selbst durch ihre Erscheinung den Streit beilegten, auch von zw«
Klerikern oder von zwei Magistern der Theologie wurde dasselbe ei^
zählt, worüber ich folgende bis jetzt, so viel ich weiß, noch nidit
zusammengestellte Mittheilungen machen kann.
Thomas Cantimpratanus erzählt in seinem 1263 vollendeten Bonim
universale de apibus^ — Buch II, cap. XXIX, §.11 — Folgendes.
Tempore beatac memoriae magistri Petri, quondam cantoris Pari*
siensis^), duo cleriei vita et opinione probati, fuisse dicuntur, qoonni
*) Nemlich daß Johannes, *^te8 muomen bam', *den man heiaek den himd
(Str. 45), um Qottes Willen Vater und Freunde Terließ nnd von seineB Waiba
(Str. 46), daiS Qott selber bei seiner *brütloaft' sagegen war nnd da ana Waaaer Wdi
machte (Str. 47), daß Jobannes, als er auf Gottes Bmst eingeschlafen war, die fEm-
melchöre dnrchmaß (Str. 49, 50), daß er, als ihn Domitianos in * wallendes öl' stiti
davon nicht su leiden hatte (Str. 51), daß tddtliches Gift an ihm keine Wirining ukk,
daß er aber die an dem Gifte Gestorbenen vom Tod erweckte (Str. 5S), eodfieh id
Gott selbst ihn kurz vor seinem Tod zu seinem Tisch einlud (Str. 67) — lantcr be
kannte Überlieferungen der heiligen Schrift und der Legende.
') Man vergleiche darüber die verdienstliche, der Jenaer philoeopliiaelien Fi*
cultät vorgelegte Dissertation von Paul Kirsch , Des Thomas Yon ChantiBipi^ Bv^
der Wunder und denkwürdigen Vorbilder, Gleiwita 1875.
') Über den 1197 gestorbenen Petrus Cantor, den Thomas auch I» 19» |. 8, Q. t
§. 19, und 30, §. 12, erwähnt, seh« man Colvener*8 Aasgabe dea Bomui »m^^*— 1^
Duaci 1627, Notae. p. 23 f., und OrasM:« \A\«tix%«&<^\<^\A \V %^ S61, nach.
VON DEN ZWEI 8ANCT J0HANN8EN. 389
unus Joannem Baptistam, alius Joannem Evangelistam miro venera-
batur affectu, ita quod zelo nimio^ quo suum quisque praeferrety dissi-
debaDt; ergo gloriosam vero virginem Christi matrem tarn mirabili
devotione fervebant, ut cum quis eos in disputationibus irritare volebat,
matrem Christi nequaquam assumptam cum corpore contenderet; et
hoc frequenter risum sociis excitabat, et per hoc taedium cordis ex
sincerissima simplicitate saepius sustinebant. Ergo ubi solemnitas glorio-
sissimae assumptionis instabat, dicti clerici jejuniis, vigiliis et orationi
vacabant, rogantes sanctos suos, Baptistam dico et Evangelistam Joan-
nem, et obnixius Christi matrem, quatenus per Signum aliquod evidens
suam verecundiam relevarent in repressionem contrariae opinionis, qua
Mariam assumptam cum corpore praedicabant. Quid igitur? Numquid
apud summum judicem erat justorum simplicitas deridenda? Absit,
cum sit cum simplicibus sermocinatio ejus. Ergo ubi quilibet per se
in conclavi orationibus insistebat, Ulis singillatim Joannes Baptista et
Joannes Evangelista apparuerunt, dicentes: 'Exaudivit dominus preces
vestras, et nunc vobis primo dicimus, ne pro praerogativa meritorum
nostrorum ulterius contendatis, cum nos in caelo de pari meritorum
privilegio concordemus. Gloriosam vero Christi matrem assumptam cum
corpore, nullus ambigat christianus, et hoc signum omnibus, qui vos
noverunt: imum ex vobis naturaliter imbarbem barbatum reddimus,
alium vero calvum penitus restituimus copiosissime recrinitum.' His
dictis disparentibus sanctis mane revelationis effectus apparuit in am-
bobus, et se magistris quibusdam et dericis in argumentum testatissimae
veritatis quanto gratius, tanto humilius ostenderunt.
Aus einer gemeinsamen älteren Quelle müssen die beiden folgen-
den Stellen geflossen sein, von denen die eine in dem 1284 vollendeten
Rationale divinorum officiorum des Guillaume Duranti ') im 42. Capitel
des 7. Buches, welches Capitel die Festtage des h. Stephanus, des
Johannes Evangelista und der Unschuldigen Kindlein bespricht, die
andere im 86. 'de nativitate sancti Johannis Baptistae' handelnden
Capitel der Legenda aurea des 1298 gestorbenen Jacobus a Voragine^
sich findet. Beide Stellen, sowie die unmittelbar vorausgehenden, uns
hier nicht berührenden Sätze stimmen zum Theil wörtlich überein.
') Vgl. über G. Daranti die vortreffliche Abhandlung Ton V. Le Giere in der
Histoire litt^raire de U France, XX, 411—97. Eine, wie es scheint, wenig bekannt
gewordene, mit werthvollen Noten and Excursen ansgeetattete französische Obersetsang
des Bationale hat Ch. Barth^lemy (Rational oa Bianael des divins offiees de 0. Du-
rand, Paris 1854, 5 Bände) geUefert.
^) Vgl. den Artikel * Jacob von Varaggio* von F. Wächter in der Erscli- unsl
Oraber'scheu Encyklopädie.
390 S- KÖHLER
Die Stelle des Rationale lautet: ....nam non esBe de ipBomm
[Joannis Baptistae et Joannis Evangelistae] majoritate dispatandnm
divinitos est ostensum. Cum enim duo magistri, quorum unus Baptistam,
alter praeferebat Evangelistam, solennem ad hoc indixissent disputatio-
nem, et quilibet valde solicite investigasset autoritates et rationes effi-
caces, quibus suum Joannem praeferre posset, tandem die disputationis
adveniente quilibet sanetorum aemulatori apparuit dicens: ^Bene oon-
cordes sumus in celis, de nobis non disputetis in terris.' Tunc illi aibi
invicem et omni populo visionem publicaverunt et dominum bene-
dixernnt.
In der Legenda aarea (S. 363 der Grässe'schen Ausgabe) lesen
wir : .... non enim decens est , quis major sit eorum , disputare.
Quod etiam quodam exemplo divinitus est ostensum. ESrant eitam,
ut legitur, duo doctores theologi, quorum unus Johannem Baptistanit
alter vero Johannem Evangelistam praeferebat. Tandem super hoc
sollemni disputatione indicta quilibet valde soUicitus erat auctoritates
et efficaces rationes invenire, quibus suum Johannem posset praeferre,
adveniente autem disputationis die quilibet sanetorum aemulatori sqo
apparuit eique dizit: 'Bene concordes sumus in coelis, de nobis noa
disputetis in terris.* Tunc illi sibi ad invicem et omni populo visionem
publicaverunt et dominum benedixerunt
Nur des Streitens zweier Meister von Paris über die beiden Johannes,
nicht aber auch der Erscheinung der beiden Heiligen gedenkt Bmd«
Berthold in seiner Predigt 'von dem hSren kriuze' mit folgenden Worten
(S. 537 f. der Pfeiffer'schen Ausgabe): Wan es kriegent die meister
von Parts etewenne, welich heilige der höhste in dem himeliiche ei
unde von weihen tugenden einer hoeher s! danne der ander; unde der
selbe kriec ist ein nützer kriec und ein guoter kriec und ein liutsieliger
kriec .... Ez kriegeten zw6ne meister mit einander. Da kriegete einer,
sant Johannes baptiste wsere hceher da ze himel. Dft kriegete ein«*,
sant Johannes dwangeliste der wsere hoeher, unde sie erzalten ietweders
liebe unde minne, die got an ir ietwederm hete begangen. Der eine
der jach, daz sant Johannes baptiste d& von billiche ze himelriche
hoeher solte stn, daz er heilic w»re in siner muoter libe. Dö sprach
der ander: 'da entslief aber dirre üf unsers herren brtlsten und unser
herre liez in trinken den brunnen der wfsheit siner gotelichen süese-
keit. Und also kriegeten sie mit einander, unde was der kriec dodi
liutsslic. Und als ie der eine von disem eine tugent vant, sd vant
der ander ein ander tugent von dem den er d& lobte. Und also siat
eie Ane mkze hdch inUmelTtcW
VON DEN ZWEI 8ANCT J0HANN8EN. 891
Obige Stelle Bertholds hatte auch Jacob Ghrimm in seiner Anzeige
der Eling'schen Berthold-Ausgabe in den Wiener Jahrbtlchem^ Bd. 32
(1825) ausgehoben und dazu an Heinzeleins ^hübsches Lied über die
beiden Johannse' erinnert, sonst aber nichts weiter zu dem Streit
über die beiden Heiligen beigebracht. Aber in dem Wiederabdruck
der Anzeige im 4. Band der ^Kleineren Schriften J. Grimm's finden
sich (S. 326, 1. Anm.) zu unserer Stelle folgende Nachträge, die sich
Orimm notiert hatte: 'des Streits über die Johannese gedenkt Lorrich
zu Ovid p. m. 291. Auch Caesar, heisterb. 8, ÖL Tross besitzt ein lat.
gedieht des scholaster France aus Meschede vom j. 1330 (dem pabst
Johann 22 gewidmet) über diesen gegenständ.'
Mit 'Lorrich zu Ovid' ist die Auslegung der Metamorphosen von
Oerhard Lorich aus Hadamar gemeint, welche der Wickram'schen Um-
arbeitung der Metamorphosen-Übersetzung Albrechts von Halberstadt
beigeftlgt ist^). Was 'p. m/ bedeuten soll, weiß ich nicht. Mir liegt
nur eine der späteren Ausgaben der Wickram'schen Metamorphosen
vor, nämlich die von Sigmund Fejerabendt zu Frankfurt am Main
1681 herausgegebene. In ihr findet sich S. 113 — in Lorioh's Aus-
legung der Fabeln von Meleager, Proteus, Erisichthon, Perimele, Phile-
mon und Baucis — folgende Stelle:
'Superstitio ist ein falscher Gottesdienst und Aberglaab. Als
dann ist, so sich die Gelehrten zanken, ob Joannes der Täufer mehr
im Himmel Verdiensts hab dann Joannes der Evangelist, und ob
unser liebe Frauw gnediger sei zum Grimmen Thal, daselbst sie umb
ein Vorbitt zu erbitten, dann in einer jeden Pfarrkirch.'
Von dem Gedicht des Franco ist mir nichts bekannt.
WEIMAR, Mai 1879. REINHOLD KÖHLER.
') In der ersten Aasgabe der Wickram*Boben Metamorphosen (Mains 1646) ist
Lorieh's *Zti8chreibang sampt dem Berieht der poetischen Art' datiert: *datam za
Meyntz im Augustiner Kloster, Anno auf Dinstag nach Bartholomei, Anno 1646 , and
unterzeichnet: 'Der Kirchen Christi vnwirdiger Priester Ewer Ehmaesten gutwilliger
Gerhardt Lorich von Hadamar/ 8. K. Bartsch, Albrecht Ton Halberstadt S. CXXXII :
— In seinem Aufsatz über * Albrecht Ton Halberstadt' erwähnt J. Grimm die * alberne
theologische Auslegung* Gerhard Lorich's (Haapt's Zeitschrift VIII, 399).
392 A. NAGELE
WALTHER UND WOLFGER VON PASSAU.
Gegenüber den Aasfflhrungen Winkelmanns in dieser Zeitschrift
23, 236 ff.y wo derselbe die Ansieht vertritt, es sei die Stelle in den
Rechnongen: Sequenti die apad Zeize(muruni) Walthero Cantori de
Vogelweide pro pellicio V. sol. longos nicht, wie Zingerle annimmt,
dem Jahre 1203 angehörig , sondern auf das Jahr 1199 zu beaeheOf
sucht Zamcke*) neuerdings die fiühere Ansicht festzuhalten und in
gelehrter und scharfsinniger Weise zu begründen. Zamcke erUiit
a. a. O. S. 32: Durch eine abermalige Discussion der in Betracht
kommenden BIfttter habe ich mich von Neuem tiberzeugt , daß Zia*
gerle's Entscheidung für das Jahr 1203, nach allen Regela
der Wahrscheinlichkeit, nicht anzufechten ist.
Und zum Schlüsse seiner Erörterung sagt er: Aus dem Ange-
fbhrten geht, wie mir scheint, mit Sicherheit hervor, daß wir keiim
andern Tag als den 12. November des Jahres 1203 als den Tag an"
zusehen haben, an welchem Walther von der Vogelweide in Zeiasl-
mauer vom Bischof Wolfger 5 Solidi fElr den nunmehr „hiatoriseh
gewordenen'^ Pelzrock empfing.
Wenn ich nun in meinen beiden Aufsätzen in der Germania
XXIV: zur Chronologie der Sprüche Walthers von der Vogelweide
noch immer an der Ansicht Winkelmanns festhalte , so will daa aaf
irgend eine Weise gerechtfertigt sein.
Diesem Zwecke ist die folgende Untersuchung gewidmet, in der
ich Zamcke's Ausführungen Schritt für Schritt folgen und ihre Be-
rechtigung prüfen werde.
Ich stimme zunächst der Behauptung Zarncke's auf S. 33 voll-
ständig zn^ daß nämlich die Blätter IX und X nicht zu den öbrigen
gehören**). Zamcke f&hrt dann fort: „Über die Blätter IV— VIH
•) Berichte der k. sSchs. Gesellschaft der Wissensehaften, Phaologiaeh-Hkle-
rische Classe 1878 8. 32 ff. ,mar Waltherfrage*" (SiUong Tom 13. ICiim 187S).
**) Auf beiden Blltteni erscheinen nor die Orte Moedefeadorf (Ifaatendoff?
im Longaa) 8. 61, 7, S. 62, 12 and 8. 63, 10 (Mederendorf), sowie St. Veit und Kls-
g^nfdrt als Aofenthaltsststionen der Jugdgesellschaft angegeben. In Mantemdorf (?)
hielt sieh die Gesellschaft 9 Wochen, in St Veit 3 Wochen and 4 Tage, in Klages-
fort Tom 19. — 30. Jinner aaf, weil es heißt: Expense domini facte in Clagefart a n-
giliM Saocti Sebastiani aaqne in feriam qaintam post prandiam prozimam poal eonfW'
monem Saocti Pauli ad XU ^leea et iko«\«sT\l. ISvvm^ ki^aM^jÜMn ^ohen offsater
WALTHER UND WOLFGER VON PA88AU. 898
herrscht ÜbereiDstimraung. Sie haben eine Reise Wolfger's nach Italien
zum Gegenstände^ die am 1. April 1204 in Neustadt bei Wien, also
mit dem Austritt aus seiner Diöcese begann und Mitte Juli mit seiner
Rückkunft nach Passau endete.^ In der Anmerkung zu diesem Absätze
bemerkt dann Zarncke weiter: „Wenn Winkelmann sagt, die Daten
des italiänischen Itinerars seien ebensogut, was Zingerle übersehen
habe, auf das Jahr 1199 zu beziehen wie auf das Jahr 1204, doch
sei das letztere allerdings vorzuziehen, so begreife ich diese Behaup«"
tung nicht. Allerdings, daß die Vigilia St. Johannis auf einen Mittwoch
und der Tag Petri et Pauli auf einen Dienstag fiel^ das paßt sowohl
auf 1199 wie 1204, aber die von Ostern abhängigen Feste sind allein
dem Jahre 1204 eigen, wo Ostern auf den letztmöglichen Tag, auf
den 25. April, fiel. Da wir es mit einem so gut wie vollständigen, Tag
für Tag aufPahrenden Itinerar zu thun haben, so ist die Concurrenz
der beweglichen und unbeweglichen Feste genau zu controlliren. So
sind die Reisenden (S. 54, 12) in octava pentecostes in Inns-
bruck, die dann folgende feria quarta wird vigilia sancti
Johannis genannt; war also der Tag vor Johannis (d. 23. Juni)
ein Mittwoch, so war der Sonntag nach Pfingsten in dem Jahre unserer
Reise d. 20. Juni, und dies kann nur stattfinden, wenn Ostern auf
den 25. April iUUt. Das war nun, wie angegeben^ im Jahre 1204
der Fall; vorher erst 1109 und nachher erst wieder 1451. Das
Jahr 1204 ist also nicht bloß „vorzuziehen'', sondern allein
möglich.
Dieser Behauptung Zarncke's vermag ich nun nicht mehr zu-
zustimmen; ich weiche aber auch von Winkelmann insofeme ab, daß
ich nachweise, daß das Jahr 1199 nicht nur neben 1204 ins Auge
gefaßt werden könne, sondern daß das Jahr 1199 allein mög-
lich ist.
Ich will zunächst zur leichtern Uebersicht und Vergleichung die
drei Itinerare, die uns vorliegen, in Bezug auf die Route von Inns-
bruck nach Augsburg (Rückreise des Bischofs von Rom nach Passau)
neben einander setzen.
voratiB die a vigilia Epiphaniae ad XIIU dies ooto Tenatoribns gemachten, also in
der Zeit vom 5. — 19. Jäaner und wohl ebenfalls in Klsgenfart^ jedoch vor Ankunft
„des Herrn'' — veniente domino ad Clagefort in vigilia — wenn wir dazu Sancti
0^>aBtiani erginaen dürfen. Wir haben mithin: expense domini und expeose vena-
tonim vorliegen.
\.V
394
A. NAOELE
S. 31, 4—12 (BI. IV b)
Aput Insprucken
Apnt Barthenkirchen
Aput Widengowe : (ul-
tra statutam elemosi-
nam 8ol. schongo-
w e r e) Aput Thiglisgen
Apnt Aagustam
S. 59, 27 (VIII*)
Aput SehoDgowe
Aput Augustam
S. 54, 11—55, 15
(Bi. vn b)
In octava pentecostes
nocte aput Insprurchen
feriaBecunda aputZirle
Nocte aput Barthin-
kirchen feria qointa
aput Withingowe (noc-
te in coquinam VII sol.
Bchongoven. monete)
— pro ferramentis et
pilliis XX vn den. feria
quarta vigilia Sancti
Johannis aput Thiglin-
gen Ibidem in die
sancto Nocte et feria
sexta aput AuguBtam
pro lerramentis et
parandis sellis etc. V.
Bol. et VI. den.
Das reichBte unter den drei Itineraren ist, wie man leicht sieht
das mittlere^ das auf BI. VII b verzeichnete. Damach ist Wolfger am
1. Sonntag nach Pfingsten in Innsbruck, am Montag darauf bei Ziri,
Nachts bei Partenkircfaen, am Donnerstag nachher bei Withingowe und
erst am Mittwoch in der darauffolgenden Woche in Thiglingen. Dieser
Mittwoch ist als Vigilia sancti Johannis bezeichnet, daher der 23. Juni;
der Donnerstag vorher, der Tag, an dem Wolfger in Withingowe sicli
aufhielt, ist dann der 17., der Sonntag vor demselben der 13. Juni,
mithin fiel der Pfingstsonntag auf den 6. Juni und ist das Jahr der
Reise unbedingt das Jahr 1199.
Wo die Orte Withingowe und Thiglingen**) gelegen sind, vermag
ich bei dem Mangel der nöthigen Hilfsmittel freilich nicht zu bestim-
men, allein schon der Name Thiglingen weist mit voller Bestimmtheit
*) Das dritte Itinerar enthält nor diejenigen Beisestationen , in welchen Geld
eingewechselt wnrde. Eine solche Station ist nun zwischen Verona und An^Bbuf
nor der Ort Schongan ^ am linken Lechofer, eine Station, die in den beiden andeni
Itineraren nicht Torkommt
**) Daß die Beisenden snerst nach Withingowe and dana erst nach Thi|^iiigw
kMm0D, das ergibt sich wohl aueb daraus, daß die Reihenfolge In beidin
dietelbß ist
WALTHEB UND WOLFGER VON PASS AU. 905
auf Schwaben, auf das Gebiet jenseits des Lech. Daranf deutet auch
eine Stelle, die unter den Rechnungen, die aput Withingowe zu Stande
kamen, sich findet S. 55, 4 ff.: Cuidam, qui ad explorandum in-
feriorem Lici pontem de nocte cucurrit, sol. august.
Daß die Reise wirklich in nordwestlicher Richtung von Parten-
kirchen verlief, geht auch daraus hervor, daß Schongau auf der Reise-
route von Partenkirchen nach Augsburg berührt wurde, wie das dritte
Itinerar nachweist. Und es ergibt sich aus dem Umstände^ daß bis
Winthigowe unter den Geldsorten stets sol. veron., in dieser Station
aber zuerst sol. schongoven. vorkommen, daß die Reisenden zuerst
nach Schongau, wo eben die Einwechslung vorgenommen wurde, dann
erst nach Withingowe kamen.
Daß die feria quinta bei Withingowe nicht identisch sein kann
mit dem Fest des hl. Johannes ergibt sich schon daraus, daß es aus-
drücklich heißt: Ibidem (Thiglingen) in die sancto undNocte et sexta feria
aput Augustam und aus anderem.
Wir haben hier offenbar ein mangelhaftes Itinerar und es ist nicht
unwahrscheinlich, daß wir es hier mit einem kleinen Abstecher ins
Schwäbische zu thun haben.
Vielleicht kann auch die oben citierte Stelle bezüglich der Lech-
brücke einen Anhaltspunkt geben, die ziemlich bedeutende Verzögerung
der Reise von Schongau nach Augsburg zu erklären'*').
Doch sei dem, wie ihm wolle, das Eine steht fest, daß diese Reise
ausschließlich auf das Jahr 1199 paßt.
Ich gehe nun über auf die Bestimmung der 2. Gruppe der Rech*
nnngen, die sich auf den Blättern I — III verzeichnet finden und ver-
folge die Zarncke'schen Ausführungen, die Einleitung dazu vorläufig
ausser Acht lassend, wie sie sich S. 35 ff. vorfinden. Bezüglich des
Einnahmenverzeichnisses stimme ich mit Zamcke ganz überein; ebenso
mit, der Reconstruction des ersten Ausgabenverzeichnisses (B). Es
ergibt sich darum Air B die Zusammengehörigkeit folgender Partien:
S. 2, 10-4, 17, dann S. 7, 16— lOfin.**); ferner 5, 14—7, 15, weiter
4, 18-5, 13.
*) Bemerkenswerth ist fibrigens Doch der UmsUmd, daß Wolfger durchweg
in den Rechnungen als episcopus erscheint, so noch am 11. Juli (S. 58, 12), nachdem
schon am 24. Juni ihm die Annahme der Wahl vom Papste gestattet und eine acht«
tigige Frist sich zu entscheiden angegeben wurde. Auch das paßt zu 1204 nicht.
**) Hier ist dann die Reise Ton Mautem nach Weidra anzuschliessen, auf den
ersteren Ort weist, wie auch Zamcke 8. 36 anfahrt, die Stelle 8. 10, Anm. 2 Hu-
glino etc. verglichen mit 8. 16, 1 — 8; auf den letsteren, was Zamcke nicht boiAsh.*
sichtigt, die Stelle auf 8. 7, Anm. 6 Apud Widra de. ^ett^\e\i«ci timX ^. \^> ^^ ^-
396 ^ NAOELE
Dazu gehört nun noch, was Zamcke nicht erwähnt, die Steik
auf S. 7, Z. 11—15, wie ein Vergleich derselben mit der betreffen*
den Stelle in C, dem zweiten, im Ganzen vollständigeren Veraeich-
nisse derselben Reiseroute, ersichtlich macht Die Stelle findet sidi
S. 18,5-9.
Diese Reise dauert nun vom 22. September bis 1. Januar, be-
ginnt in Göttweih und endet, was wohl zu beachten ist, nicht in Passau,
sondern in Engelhartszell*).
Nach diesen Rechnungen findet sich zu B ein Zwischenraum, wie
die Ausgabe S. 7, Anm. 4 nachweist; offenbar sollte da noch eine
Ergänzung folgen und was liegt bei solchem Bewandtniss näher, als
daß wir wiederum das Verzeichniss von C nachschlagen, um diese
Ergänzung kennen zu lernen.
Und in der That erhalten wir da auch den gewünschten Auf-
schluß. Es finden sich nämlich in C, freilich ohne Datierung, die Orte:
Aschacb, Ebelsberg, Kremsmttnster, Garsten, Lunz angereiht; von Luni
erfolgte dann wieder die Rückreise über Garsten, Efferding, Neukirchen
nach Passau**).
Diese Ergänzung in C findet sich nun aber auch fUr B vor, freilich
anderswo, als dort, wo der Zwischenraum, der sich eben als zu klein
herausgestellt haben mag, gelassen war, nämlich auf Blatt III. Es ist
die ganze Partie auf S. 23, 6 — 16***) und dazu gehört auch noch ab
Ergänzung S. 23, 16—24, 10.
Daß die Reise wirklich von Engelhartszell über Aschach weiter
gieng, beweist ein lapsus memoriae des Aufzeichners, der aber glOek-
lieh gehoben wurde. Es steht nämlich S. 23, 6 Apud Ascha Engil-
harscellen, wobei Ascha getilgt ist. Es erinnerte sich nftmlich der
Schreiber, daß der betreffende Aufwand nicht in Aschach, sondern
*) Daß die Reise nicht in der Weise endete, ist w.ohl klar; wir haben daher
2^ Partien zu sondern ; n&mlich die Reise Ton Göttweih bis Passan Tom 22. Sep-
tember bis Weihnachten. Nach Weihnachten begann die zweite Reise und da be-
finden sich die Reisenden am 1. Januar in Engelhartszell.
**) Zamcke sagt S. 38 bezüglich dieser Reise: „Die Niederschriften nuehea
hier den EUndmck, als handle es sich hier nur um die Reise von Boten; such der
Ausdruck cum ad Archiepiscopum iremus stimmt dazu (?!): von dem Bischof oad
seinem Gefolge ist nirgends eine Spur zu finden. '^ — Allein dies trifft nicht sm Die
Angaben sind überhaupt knapp und zudem findet sich eine Ausgabe, die auf das Bei-
sein des Bischofii deutet: Cuidam ceco XUI den.
***) Der Umstand, daß nimlich hier die Schrift kleiner, die Zeilen enger werdea,
ßcbmdet dieaen Theil der üdedetac^biiSl ^om ^«tanB^^«iA«^.
WALTHER UND WOLFOER VON PAS8AU. ^97
früher, nämlich noch in fingelhartszell, gemacht wurde. Daß die zweite
Partie, nämlich S. 23, 16 — 24, 10 hieher gehört, geht schon aus der
Stelle S. 24, 3 ff. : Engilschalco cum equis descendenti X den. verglichen
mit S. 23, 7 ff.: Niwenkirchen equis descendentibus ad redemptionem pi-
gnorum X den., weiter aus der Stelle S, 24, 4 ff.: Equis camere .IIIj.
den., quando versus Ebbilzperch descendimus verglichen mit S. 18, 11
hervor. Da wir nun den Bischof am 1. Januar in Engelhartszell finden,
die letzteren Ausgaben aber als Datum : In illa septimana, in qua fuit
festum Sebastiani apud Novum Castrum führen, so haben wir diese
Ausgaben entweder auf die Rückreise des Bischofs nach Passau zu
verlegen, oder wir müssen annehmen, daß sich derselbe bald nach
seiner Ankunft auf sein Schloß Neuburg begeben habe. Zamcke hat
daher vollständig Recht, wenn er den Zusammenhang zwischen dem
2. Theile von Blatt III mit Blatt I und II betont — aber damit hat
er noch in gar keiner Weise nachgewiesen, daß ein Zu-
sammenhang zwischen dem 1. und 2. Theil von Blatt III,
die durch die Verschiedenheit der Niederschrift thatsäch-
lich auseinander gehalten werden, besteht, oder daß ein
solcher zwischen dem 1. Theil von Blatt III und Blatt I
und II vorhanden ist. Daß Wolfger bei so bewandten Verhält-
nissen am 3. Jänner nicht in Passau gewesen sein kann, braucht wohl
kaum betont zu werden. Die Einleitung S. 33 und 34 erledigt sich so
von selbst. Zamcke's Ausführungen sind daher auch nach dieser Rich-
tung hin abzulehnen.
Die Rechnungen auf S. 19, 14—20, 3 und 20, 4—22, 2, von
denen die letztere Partie uns eine Reise des Bischöfe bis Croissenbrunn
vorführt, entbehren jeglicher Datierung^ daher hat die Vermuthung,
die Zarncke über die Zeit, in die sie etwa gehören könnten, aus-
spricht, nachdem seine beiden Ansichten über die Blätter IV — VIII
und I — III sich als nicht stichhaltig erwiesen haben, keinen wei-
teren Werth.
Die Abschwächung der von Winkelmann gegen die Annahme
des Jahres 1203/4 vorgebrachten Gründe S. 39 ff. hat an und für
sich wohl nicht viel Propaganda flir die Zingerle-Zamcke*sehe An-
sicht zu machen gewußt. Der Name Winkelmann bürgt hinreichend
dafUr, daß die Gründe nicht leichtsinnig beigebracht, sondern wohl
erwogen waren.
Zum Schlüsse sei mir noch eine zwar ganz unnöthige aber doch
nicht unnütze Erwägung gestattet Man bringt den Aoio^i^dDAS^.'^^-
398 A. NAGELE, WALTHER UND WOLPOER VON PA88AU.
ther's in Wien zum Jahre 1203 stets mit dem Hochzeitsfeste Herzog
Leopolds des Glorreichen, das, wie Wackemell*) ganz bestimmt weifi
jfBm Beginn November des Jahres 1203 in Wien gefeiert^ wurde, zu-
sammen. An diesem Hochzeitsfeste durfte nattlrlich auch Wolfger nickt
fehlen „und wirklich finden wir auch ihn nach seinem Aufschreibebudie
um diese Zeit in Wien und nicht etwa nur auf einer Vorbei-
reise einen Besuch machend, sondern wir sehen ihn direet
dahingehend. . . — Senftenberch — Zeizemurum — Wiennam, wo der
Zielpunkt seiner Reise war**)^.
So Wackemell. Anders freilich die Reiserechnungen. In ,B*
finden wir die Stelle: Feria tercia, quando ivimus de Zeizemuro
Svabedorf, apud Wiennam***) etc. In „C^ kommt vorf): Postes»
cum essemus apud Svabedorf etc. und in derselben Reihe später:
Postea, cum per Wiennam transiremus et episcopus in dont
decani pranderet. Also das gerade Gegentheil.
Es wäre übrigens höchst sonderbar, wenn Walther an diesoi
Hochzeitsfeste in Wien mit Wolfger zusammengetroffen, den Pelxrod
aber in Zeiselmauer, also nach den Wiener Festlichkeiten erhahci
hätte. Nicht minder sonderbar müßte erscheinen, daß der Dichter,
der nach der gewöhnlichen Annahme bei L. 25, 26: Ob ieman spre^
der nü lebe die übergrosse Freigebigkeit Leopolds bei diesem Feste
gepriesen haben soll, die auch auf ihn sich erstreckte: als wir «
Wiene haben dur 6re enpfangen, nöthig hatte, nach Zeiselmauer si
pilgern, um durch Wolfgers Geschenk zu einem warmen WinterkkUe
zu kommen.
Es ergibt sich nun auch aus vorliegender Erörterung, daß meiie
Ausführungen im zweiten Aufsatze über die Chronologie der Sprüche
Walthers Germania XXIV, daß nämlich der Dichter nach 1199 nick
mehr nach Wien gekommen sei, eine neue Unterstützung erfaaltai
haben. Der Tag» an welchem Walther den „historischen Peizrod^
erhielt, ist also der 12. November 1 199. Die italienische Reise dauerti
vom 25. März bis Mitte Juli 1199. Die Datierung der Reisen, die wi
S. 19, 14—20, 3 und S. 20, 4—22, 2 verzeichnet sind, ist noch iuik>
stimmt. Die Ausgaben, die auf Blatt lU S. 22, 3 — 23^ 5 vorkomiiMir
scheinen ins Jahr 1200 zu gehören.
*) Walther v. d. V. in Österreich. Imuibrack 1877. S. 29.
**) Wackemell S. 76 und 77.
^**) ReiserechnTing«!! 8. %, %Z €.
t) SeiaereelmimgQQ B. \%, 1 Tin^ VI ^.
E. WELLER, NACHLESE ZU 0ÖDEKE8 OBUNDRISS etc. 399
Wenn ich nun auch die Resultate, zu denen Zamcke in seinem
Aufsatze gelangt ist, nicht billigen konnte, so gestehe ich doch sehr
gerne zu, daß es erst durch die Erörterungen Zarncke's mög-
lich war, zum obigen Ergebniss zu kommen*).
BRUNN, am 8. Mai 1879. ANTON NAGELE.
NACHLESE ZU GÖDEKES GRÜNDRISS UND
WELLERS ANNALEN.
Was ich hier dem forschenden Publicum biete, ist gering, aber
bei den mancherlei literarischen Entdeckungen und der Bekanntstellung
der meisten Bücherschätze, war eine reichere Ausbeute nicht gut denk-
bar. Von grösseren Sammlungen sind seit 1870 auf dem Felde des
XV. und XVI. Jahrhunderts nur Weigels Thesaurus (Leipzig 1870),
Häberlins Bibliothek-Katalog (Frankfurt a. M. 1877) und Haydinger's
sowie W. y. Maltzahns Bibliotheken zum Vorschein gekommen. Von
diesen enthielt hauptsächlich letztere unbekannte poetische Erzeugnisse.
Ich stelle hier das in Katalogeo Zerstreute und einiges sonst Auf-
gefundene chronologisch zusammen.
1. Ain maget ain maget gieng zu dem prunnen, durch vnser sei
heyl sy hat vnß Freud gewunnen , vmb diser cristenhayt da wirt jr
nit versagt das himelreich so breit, o. O. u. J. Querfolioblatt 7 Strophen.
— List und Francke's November- Auction 1869. Nr. 504.
2. Das deutsch Bendicite. Das deutsch Gracies. numnberg von
Hanns Hoff 1490. Großfolioblatt mit Holzschnitt. Zweispaltiges Gedicht
— Ebd. Nr. 510.
Beit in deines drones Testen
▼erliech den kvnden vnnd den gesten
den segen deiner rechten hant.
3. Mein Kind verstee ynd merck gar eben
Vill gntter 1er wil ich dir geben
Wie du zn tisch vnd au£F der Strassen
Dich aller vnxucht mugest maassen
*) Ich spreche hier lugleich den Herren Professoren Dr. Fr. Zarneke and Dr.
J. V. Zingerle für die freund liehe Übersendung des Aufsatees resp. der Ausgabe meinen
innigsten Dank aus.
400 £• WELLER
,0. O. a. J. Folioblatt. Zweispaltiges Gedicht — Ebd. Nr. 525. Andere
Gedichte über Kinderzucht s. meine „Annalen'' I, S. 312 und 347.
4. Der clug nar. o. O. u. J. Folioblatt mit 2 Holzsch. — In WietL
Abged. in Wagners Archiv 1873. S. 213.
Ein piflchof eins zu tische saß
Mit all seim hofgesind er da aß
Ist nur ein anderer Druck des mit gereimtem Titel erschieneoen
und in Panzers Zusätzen S. 14 beschriebenen Gedichts.
5. Der Bremberger. Am Ende: Getruckt zu Strasburg, o. J.
(c. 1510). 8 Bl. 8. — Im Besitz des Antiquars Wulkow in Magdeburg.
Abgedruckt in Birlingers Alemania III, S. 240.
Ich sah sie an, die vßerwelte frawe zart
6. Ain liedt von dem von Wirttenperg wider den punt o. O. u. J.
(1519). Folioblatt. 16 Str. — In Berlin. Abged. bei v. Liliencron III,
S. 202.
Zum ersten well wir loben
den fürsten hochgenant,
Du sitzst nit auff dem kleben
den man dir hett anfFgcspantt.
7. Dyalogus.
I Frembden glauben.
Von l Glauben der kirchen.
( Tauff der Kinnder.
Jetzundt new außgangen. M. D. XXvij. o. O. 36 Bl. (letztes leer).
8. Gespräch zwischen Prosper und Felix. — In Zürich.
8. Ein schön new Lied genant frisch auff inn Gottes namen da
werde Teütsche Nation etc. o. O. u. J. (1540). 4 Bl. 8. 6 Str. Theil-
weis gegen die Türken. — In Frankfurt a. M. Abged. bei v. Lilien-
cron IV, S. 156.
9. Drey hübsche Lieder, Das erst, Es hct ein Byder mann ein
weyb. Das ander, An dem Reyn stram ein Mülner saß, In des Schulen
Hoffthon. Da» dritt. Die bulschafft hat sich wohl bedacht etc. Am
Ende: Gedruckt durch Hans Guldenroundt. o. J. (Nürnberg c. 1540).
4 Bl. 8. m. Titelholzsch. — Das erste mit 6, das zweite mit 9 Str.
abged. in Birlingers Alemannia III, S. 170 und 171.
10. Geistliche Lieder durch H. Andream Moldner gemacht M.
D. XL. lU. o. O. (Kronstadt). 12 BL 8. mit Titel wappen. In An-
tiqua gedruckt. Acht Lieder. Der Verf. war evang. Prediger in
Stadt (Siebenbürgen). — Trausch, Schriftsteller-Lexikon ^
bürger Deutschen II, S. 439.
NACHLESE ZU GÖDRKES QRUNDRI88 UND WELLERS ANNALEN. 401
11. Ein Comedi, die sich wol dem Sprichwort vergleicht, so gc
sagt wirt. Ein betrug, betreugt den andern, Dauon dise Comedi. Johann
Betz. 1546. Am Ende: Gedruckt zu Nürmberg durch Georg Wächter.
28 Bl. 8. mit Titelholzsch. Zuletzt Druckerzeichen. Datum Nürem*
berg den vj. Aprilis, Anno. M. D. xlvj. — In W. v. Maltzahns Besitz.
12. Drey Schoner Lieder, Das erst, Mein Fleiß vnnd mhtt, ich
nie hab gespart. Das ander. Die Sonn die ist verplichen etc. Das drit,
So wolt ich Gott das es geschech etc. Am Ende: Gedruckt zu Nürm-
berg, durch Friderich Gutknecht, o. J. (c. 1550). 4 Bl. 8. mit Titel-
holzsch. 3, 9 und 5 Str. -— Ebd.
13. Petzelt, Joh. (aus Schweidnitz), Ein Christliches Einderge-
sprech von dem Ampt vnd Befelh der Eltern. Am Ende: Gedruckt
zu Leipzig durch Wolff Günter M. D. LL 71 Bl. 8. m. Mel. — Ebd.
14. Petzelt, Joh , Ein Christlich kinder gespreoh von jrem Ampt
und bevehl.. Am Ende: Gedruckt zu Leipzig, durch Jaoobum Her-
waldt o. J. 56 Bl. 8. m. Mel. — Ebd.
15. Dialogus. Ein Gesprech zweyer Personen nemlich eines rechten
Christen vnnd Widerchristen oder Widertäuffers, Von der waren Kirchen
Christi, daß bey den ersten Menschen Adam vnd Heua angefangen hat.
Durch M. B. vnd G. F. Getruckt zu Pfortzheim 1558. 76 Bl. 8. —
T. O. Weigels Auctionskatalog vom 22. Mai 1868. Nr. 3778-
16. Ein hübsch new lied, von Zweyen Juden, vnd einem Kind,
zu Sappenfelt newlich geschehen, Im thon, Es geht sich gegen der
sumer zeit, etc. Oder im thon. Ich weyfi nit was der gylgen brist
o. O. u. J. (c. 1560). 4 Bl. 8. mit Titelholzsch. 19 Sit. — In W. v.
Maltzahns Besitz.
ACH Gott inn deinem höchsten thron
17. Ein hüpsch New Lied, Schürtz dich Gredlein schürtz dich etc.
Ein anders Lied, Feins Lieb ich muß dich meyden, ist alles des iUaf-
fers schuldt. Am Ende : Getruckt zu Augspurg, durch Mattheum
Franchen o. J. (c. 1560). 4 Bl. 8. mit Titelholzsch. 15 und 5 Str.
— Ebd.
18. Ein gar schon new Lied, vom Adelger. Im" Thon: Es royt
gut Reütter vber das Ried, er sang etc. Zu Augspurg, truckts Mattheus
Franck o. J. 4 Bl. 8. mit Titelholzsch. 30 Str. — Ebd. Das zweite
abged. bei ühland Nr. 74.
19. Ein schöns Lied, Der groß Fresser genandt. Im firischen
thon Hans Vogel. Ein anders Lied: Der Bawr mit dem Saffran. Im
Spiegel thon Frawen ehren porten. Am Ende: Getruckt zu
OEBMANTA. Ntue Reihe XH. (XXIT. Jaltff.) 26
402
£. WELLER
durch Matlheuin Francken o. J. 4 Bl. 8. mit Titelholzsch. 3 und 3 Str.
- Ebd.
1. FRisch war eins maU der winter zeyt
2. ZV Oangkhofeii im Ba^rerlandt gar späte
20. Zwey schöne Lieder, Das erst^ Es steht ein Lindlein in disem
Thal. Im^ thon, So reüff so reüff du kühler thaw. Das ander, Jungk-
frftwlein sol ich mit euch gähn, inn ewem Rosen garten, etc. Am
Elnde: Oedruckt zu Augspurg, bey Agatha G^eglerin o. J. (c. 1560).
4 BL 8. mit Titelholzsch. 10 und 9 Str. - Ebd. Abged. bei Uhland
Nr. 27 und 52.
21. Zwey schöne newe Lieder: Das Elrst, Ich sach mich vor
eim Walde, ein ein feines Hirschlein stan. Das Ander. Entlaubet ist
vnns der Walde etc Inn einem hohen thon zu singen. Am Ende:
Getruckt zu Augspurg, durch Mattheum Francken o. J. 4 Bl. 8. mit
Titelholzsch. 6 und 12 Str. — Ebd. Das zweite mit 3 Str. abged. bei
Uhland Nr. 68.
22. Zwey newe Lieder. Das Erst: Hertzlieb laß dich erbarmm^
mein. Im Thon: Ich stund an ainem Morgen, haymlich. Das Ander:
Kaiu Lust hab ich, deß frew ich mich. Im^ Thon: Brinnende Liebe da
haysser flam , etc. Am Elnde: Zu Augspurg truckts Mattheus Frmnck
o. J. 4 Bl. 8. mit Titelholzsch. 8 und 4 Str. — Ebd.
23. Zwey schöne, newe Lieder, Das 6rst : Scheyde mich krSnckt
wen ich der Lieb. Das ander. Ich hab mir ein statten Buhlen zwar etc
Am Ende: Gedruckt zu Augspurg, durch Mattheum Francken o. J.
4 Bl. 8. mit Titelholzsch. 9 und 5 Str. — Ebd. Das zweitelabged. btf
Uhland Nr. 61.
24. Drey Hüpscher newer Lieder. Das Erst: Beschaffen Olfk^
ist ynuersampt^ etc. Das Ander: Es solt ein Mädlein frü auffstehn» etc.
Das Dritt: Vngnad beger ich nicht von jhr, etc. Am Ende: Getruckt sa
Augspurg durch Mattheum Francken o. J. 4 Bl. 8. mit TitelholzaGh.
3, 17 und 3 Str. — Ebd. Das zweite abged. bei Uhland Nr. 93.
25. Drey schöne neüwe Lieder : Das erst^ Mir ist ein feins braoitf
Mägetlein etc. Das ander: Auff gnad so will ichs heben an. Das dritt:
Ach Mäydlein reyn etc. Am Elnde: Gedruckt zu Augspurg, durcb
Mattheum Francken o. J. 4B1. 8. mit Titelholzsch. 5, 7 und 3 Str. — Ebd.
26. Piscator, Chilianus, Dialogus sacer, Oder Eün Geistlich ge-
Sprech, auff das Buchlein M. T. Ciceronis vom Alter geschrieben, ge-
richtet, . . Laugingeu; E. Saltzer 1564. 14 Bog. 4. — Weigel, Thesaa-
ms Nr. 2163.
NACHLESE ZU QÖDEKES GRUNDKISS UND WELLERS ANNALEN. 403
27. Zwey seltsame Wunder , so sich in disem jetzigen LXVI.
Jare in dem Dor£fe Werringschleben in Eines Erbarn Rathe der Stadt
Erffurt Gebiete zugetragen hat. Durch Joan Gölitzen Pfarrherm der
gemeine Gottes zu Werringschleben beschriben. Am Ende: Gedruckt
in Mülhausen in Düringen durch Georgium Hantzsch o. J. (1566).
4 Bl. 4. mit Titelholzsch. — In Wolfenbttttel.
28. Ein schön new Lied^ von dem Krieg inn Franckreich vnd
aller handlung was sich zwischen dem König vnd Printzen von Conde
verloffen vnd zugetragen hat, Im 1568. Jar. o. O. u. J. (1568). 4 Bl. 8
mit Titelholzsch. 28 Str. — In W. v. Maltzahns Besitz.
NVn wölln wir aber heben an,
wol vo der Frantzösischen krön
29. Ein kurtze vnd fast lustige Satyra, oder Bawrenspili mit fllnff
Personen, von einer Mttlnerin vnd jren Pfarrherr, Reymeu weiß gestellet,
Vnd inn Ftlnff Actus (Der ein jeglicher nur zwo Scenas hat.) Durch
dementem Stephanum, von Buchaw, vnnd Innwoner zu Eger. 1568.
Am Ende: Gedruckt zu Nürmberg, durch Nicolaum Kuorrn. 24 Bl.
8. mit Titelholzsch. — Ebd.
30. Ein gar Schön new Lied, Von der jetzigen Welt Sitten , Art
vnd wesen, wie es menigklich vor äugen siliet; etc. Im thon, Ewiger
Vatter im Himmelreich. Getruckt zu Tübingen, bey Alexander Hock.
1569. 4 Bl. 8. 14 Str. — Ebd.
O Reicher Gott in deinem thron,
Sih du den grossen jamer an
31. Erschröcklicher Mördt drey, so zwen Paum an der Rom.
Kay. May. Leyb Trabanten Michel Harnisch, sampt seinem Weyb vnd
Kind, zwischen Poln vnd Teutschen Prod, den 7. tag Decembris des
verschinen 69. Jars jämmerlichen verbracht haben. Augspurg, Hans
Zymmerman o. J. (1570). 8 Bl. 4. mit Titelholzsch. — Weigel, The-
saurus 1870. Nr. 1996.
32. Ein Newes leid (sie !) vonn dem erschrecklichen geschieht so ge-
schehen ist ein meil wegs vonn Saltzburg de 10. tag Jenner 1571. Jar.
Im Thon Inßpruck ich muß dich lassen, o. O. u. J. (1571). 4 Bl. 8. —
Weigel, Catalogue (1872). Nr. 9791.
33. Newe Zeittung : Ein Warhafitiges newes Lied, vnd erbermliche
geschieht, so sich begeben hat zu Liser an der Mosel , ein Meil von
Bergkessel, daselbs ein Man genent GKllde Hans, der ein Wirth ge-
wesen, welcher fünff seiner leiblichen Kinder vmbbracht hat, "V
er auch zu Bergkessel gericht ist worden, den drey vnd zwei
tag Octobris, im 1573. Jar. Im Thon Hilff Gott das mir geli
26»
404 ^-' WBLLER
Gedruckt zu Schweinfiirt o. J. (1573). 4 Bl. 8. 19 Str. — In W. t.
Maltzahns Besitz.
Hört 20 jr Beich vnd Armen
35. Ein Warhafftige Geschieht, von dem schröcklichen Wunder-
Zeichen, welches den vierzehenden Nouemb. im 1574. Jar geschehen,
vnd an vilen orten ist gesehen worden. In Gsangsweiß gestellet, durdi
Hans Winckler von Bayreüt. Im Thon: Eompt her zu nur spricht
Gottes Son, etc. o. O. u. J. (1574). 4 Bl. 8. 24 Str. — In W. v. Mah-
zahns Besitz.
MAu hat nu ein lange zeit
34. Newe Zeitung^ Von Ltlpolt Juden ELandlung vnnd vnmensdi-
liehen tahten, so er an vnschuldigem Christen blut begangen hat, vnnd
wie er zu Berlin ist gericht worden, den xxviij. Jenner, in disem 1573.
jar. Hieneben wirt auch angezeigt, anderer Juden Tjranny was die
selben allenthalben gehandlet, wie, was vnnd wo dasselbig geschehen,
wirt hierinn auUtrucklich gemeldet, etc. Getruckt zu Vlrn, durch Johani
Vlhart. 1573. 4 Bl. 4. mit Titelholzsch. — Im Germ. Museum.
OB du gern wüßtest fromer Christ,
Was diß för Gmäldt td Bildwerck ist,
So merck das nackend, vnd angsicht
Zeigt Lupolt Jud den Ertsbößwicht
36. Kreidweiß, V.^ Ein trewe Warnnung vnd gatthertzige Ver-
manung zur Büß, an die allgemeine Christenheit, vnd sonderlich Hoch
Teutschland, vber das schröckliche Wunderzeichen, den Cometeu, oder
Pfawenschwantz , der jetzt eine gutte Zeitlang am Bommel ist gesdiea
worden. Tübingen, A. Hock 1578. 12 BL 4. — Weigel, Thesaoms
Nr. 1212.
37. Zway schöne Lieder. Das Erst: Wo soll ich mich hin keren,
ich thumes BHlderlein, etc. Das ander Lied. Nur Närrisch sein ist meia
manier, die zubehalten ich, etc. Am Ende: Getruckt zu Augspurg,
durch Mattheus FraDcken Erben o. J. (c. 1580). 4 Bl. 8. mit Titel-
holzsch. 11 u. 11 Str. — In W. V. M<zahns Besitz.
38. Drey schöne Lieder, Das Erste, Ich hab dich lieb wie dn
wol weist, Gott weiß wie du mit Namen heist, Im Thon: Es ist aaff
Erden kein. Das Ander, Adelich vnd firomb meines Hertsen m
Eron, etc. Das Dritte. Es war ein mal ein junger Knab, er freyt
eins, etc. Am Ende: Gedruckt zu Nürnberg, durch Valentin Fuhr-
WMD o. J. (c. 1580). 4 Bl. 8. mit Titelholzsch. 12 (von IL S.)* 8 und
9 Str. — Ebd.
NACHLESE ZU GÖDEKES GRUNDRISS UND WELLERS ANNALEN. 405
39. Gründlicher Bericht, Von dem Oewaltigen zom Gottes, so er
aus hat gehen lassen an der frantzösischen Grentze, den 1. Junij dis
81. Jahrs, wie alldo Fewer vom Himel gefallen, vnd etliche Stedt,
Märckt vnd Flecken, auch Menschen vnd Viehe, elendiglich verbrunnen.
Im thon, Kompt her zu mir spricht Gottes Sohn, etc. Am Elnde:
Gedruckt zu Basel, bey Samuel Appiario. Anno 1581. 4 Bl. 8. mit Titel-
holzsch. 22 Str. -* Ebd.
ACH Gott in deinem höchsten Thron
40. Ein schön vnd Newes, vor nie in Druck ausgangen. Wunder-
liches Lied, was von dem 71. Jar. Biß auff das 80. Sich für Wunder
vnd geschieht haben zu getragen. . Anno M. D. LXXXj. Ist in der
Melodey, Ewiger Vatter im Himelreich, oder wie man das Lied vom
Hertzog Ernst singt. Gott allein die Ehre. S: R: Am Schlüsse: Ge-
stelt Anno 1581. Durch Samuel Reischlein T: P: Gott allein die Ehr.
Gedruckt zu Augspurg, durch Josiam Werlj. 8 Bl. 8. 20 Str. — Ebd.
NVN hört jhr Christen offenbar
41. Ein schönes Christliches newes geistlichs Liedt, wieder des
Bapstes vnd seines vnchristlichen hauffens vnd anhangs Verfolgung,
Wütens vnd Tyrannisiren, .. Durch Philippum Agricolam Eißleben.
Im Thon. HilflF Gott das mirß Gelinge, . . o. O. 4 Bl. 4. 18 Str. Titel
steht auf 2. Blatte, auf 1. ein lateindeutscher Spruch und Jahrzahl:
Anno M. D. L. XXXVT. — Ebd.
ZV lob der Göttlichen Ehre
42. Newe zeytung Vnd Beschreybung Von einem JilngHng 18 Jar
alt Philipp Jhan sein Vatter ist der Juncker von Roghausen zu Eurch-
scheidiDgen Fischer ein viertel mcil von dem statt lin Lauchaw wie die
bemelten Junckern disen Jtlngling mit einem Schreiben zu dem Haupt-
man gen Freyburgk geschickt vnd wie es ihme ergangen den 23. May
1589. Die ander Newe Zeytung aus dem Landt Westualen aus der
Statt Osenbruck allda hat man den 9. Aprill inn dem 1589. Jar auff
einen Tag Hundert vnd drey vnd dreißig Zauberin verbrendt. Jena,
o. J. (1589). 4. — Stargardt, Bibl. typ. 1873. Nr. 497.
43. Drey Schöne Newe Lieder. Das Erste, Ein schöner Brera-
berger. Ich hab gewacht die liebe lange nacht . . Am Ende: Gedruckt
zu Hamburch durch Bans Binder o. J. (c. 1590). 4 Bl. 8. — Lappen-
bergs Bttcherschatz Nr. 1886 (wo nur 2 BL).
44. Ein Denckwttrdiges Gespräch wer zu lieb hat Ehr vnd zeitlich
Guth, Deß endt wird nimmer, oder selten gut. o. O. u. J. (e. 1590).
4 BL 8. Gespräch zwischen Gott, Teufel, Mensch und Engel. •
Haydinger Nr. 975.
406 S. WELLER, NACHLESE ZU 6ÖDEKEB QBUMDRIS8 ete.
45. Der Uaußradt biu ich genannt
Mengem gnten Gesellen wobi bekannt.
Basel 1591. 4 Bl. 8. — Butsch, Cat. 59. Nr. 358.
46. Teubleins Natur vnd Eigenschafft. Welcbes eine Schöne Be-
deutung vnd Fürbild ist, frommer ynd eintrechtiger Ehlente . . Dordi
Oregorium Marpachium R. Pfarner zu Vorsfelde, im Werder. Zu Magde-
burgk, bey Johan Francken, im Jar 1591. Am Ende: Gedruckt lo
Magdeburgk, durch Wilhelm Roß, Im Jar 1591. 8 Bl. 4. m. 'Htel-
holzsch. — In W. v. Maltzahns Besitz.
QOtt hat all ding also gemacht
47. Ein gute Caluinische Karten, inn welcher einem jeden Caliii>
nisten ein Blat zugeeignet wirdt, fein lustig vnnd kurtzweilig sulesen.
A. T. D. S. S. T. S. Gedruckt zu Schlappershaosen, Da die Hunde
thun mausen, Bey Matz Gurge Flederwisch, Vber der thdr steht ein
Caluinischer Fisch o. J. (1592). 7 Bl. 8. mit Titelholzsch. 49 Str. — EM
NAchdem Pentzer der ehrloß Man
48. Ein Newe Karte, Darinnen angezeigt. Was es in der Gemein
zu Wittenberg für Caluinisten hat. Dafflr sich dann ein jeder zu httttoi
weiU. Reimweise, fein lustig vnd kurtz gestellet. Anno M. D. XCII-
o. O. 8 Bl. 8. 48 Str. — Ebd.
In dieser Karten der Anfang ist
49. Christliche Teutsche Reimen, Zu Ehren, Dem Durchlauchtig-
sten, Hoohgebomen, Fürsten vnd Herrn, Herrn Joachimo^ Friderico
Postulirten Administratorn, deß Primats vnd Ertzstiffts Magdeburgk,..
Gestellet Durch Eliam Cfarysilippum von Eisenberg. Gedruckt im Jahr,
M. D. XCII. o. O. 4 Bl. 4. — Ebd.
50. Ein Netlwes Vogelgesang Von dem jetzigen zustand im Lande
Saxen , vnd Meyssen , Nach seligem absterben deß . . H. Christiani
Hertzogen in Saxen, vnd Churftlrsten, etc. Getruckt zu Kleinen Franck-
reych. 1592. 7 Bl. 8. 24 Str. — Ebd.
Einsmahl thet ich spacieren
51. Dil bäum, Sam., Quadripartita Historia anni 1593. Histo-
rischer Kalender inn welchem die fämembste, glaubwirdigiste , vnd
denckwirdigiste Historien, auff das kürzest erzelet werden . . Augsporg
1594. 4. — In Berlin.
52. Christlicher Vnterricht, Aus vielen Zeitungen, so jüngst ab-
gelauffonen 93. Jahrs, Anfangs mit dem Grausamen Elrbfeind, dem
Trrcken^ in Crabaten, auch in Ober vnd Nieder Vngem fllrgefallen : . .
Oestelletf Durch Wolffgangum Ot^VieWnim^ B^^r vn Teutschen Schrei-
R. BECH8TEIN, „WARUM BETRÜBST DU DICH MEIN HERZ-. 407
ber, zu Znaym, im Margraffthamb Mährem . . M. D. XCiiij. o. O.
4 Bl. 4. - In W. V. Maltzahns Besitz.
Wie die Schrifft zeugt am selben ort
53. Sinan Bassa^ deß Jetzt Regierenden Türckischen Kaisers Suldan
Mahumet Prineipal Oberster. Bey Hans Clemens Koler in Nftmberg
zu erfragen, o. J. (1595). Folioblatt m. Holzsch. (Brustbild). Zwei-
spaltiges Gedieht — Catalogue hongrois de List & Francke Nr. 1951.
Sinan Bassa, der Türckiscbe Hundt
54. * Ohne Überschrift. Der Alchimist Görg Hanower in Stutt-
gart am Galgen, o. O. u« J. (Köln 1597). Qnerfolioblatt m. Holzsch.
Rechts Brustbild. Gedicht von J. B. — Drugulins Bilderatlas II. S. 85
Nr. 977, wo unter Nr. 976 noch eine zweite Ausgabe mit französischer
Übersetzung yerzeidmet
Hie hengt der Boßwicht wol bekant
55. Newe Zeitung. Erinnerung vnd was etwa vor 1563. Jaren
Deutschlande in der Himelischen Cantzeley, auff sein Sttndlich Leben
vor ein abschied gegeben worden, vnd es nu mehr demselben nach,
gewißlich zuerwarten hat. Heinrichstad 1597. 12 Bl. 4. Als Dichter
nennt sich Zacharias Kempe. — T. O. Weigel, Katalog 1875. II.
Nr. 7623.
56. Dyalogus oder gespräch von dreyen Personen nämlich Pas-
quillus, Landtsknecht vnnd Gterichtschreyber. o. O. u. J. 11 Bl. 4. —
Asher & Co., Cat. CV. Nr. 493.
NÜRNBERG. EMIL WELLER.
„WARUM BETRÜBST DU DICH MEIN HERZ^
Früher galt bekanntlich das Lied „Warum betreibst du dich,
mein Herz^ allgemein als eine Schöpfung von Hans Sachs. Auch heute
noch ist in den evangelischen Gesangbüchern , wenn sie auf die Namen
der Liederdichter Rücksicht nehmen, Hans Sachs als Autor genannt
In Philipp Wackemagers deutschem Earchenliede vom Jahre 1841 war
es auch unter Hans Sachsens Namen aufgenommen, und somit stand
für Viele diese Verfasserschaft unantastbar fest. Aber trotz der Auto-
rität WackemageFs wurden Zweifel laut. Ich vermag nicht nachzu-
kommen, wer zu allererst sein Bedenken geäußert hat, aber Qoedeke
war es wohl, der zum erstenmal das Lied genauer in Erwägung zog
in seinem Grundrisse 1, 340 (das betroffende H<ift ^t^^Vääw ^^Ss^^.^ ^^^
408 R. BECHSTEIM
flinfSriger Jahre). Goedeke macht mit Recht geltend, daß die Uii|^
naaigkeit der Reime kaum auf Hans Sachs weise, dem der Gesang
erst spät beigelegt werde. Anklänge fiinden sich an einzelne Stellei
bei Hans Sachs, aber außer diesen sehr schwachen Spuren fiihiieD alle
tlbrigen von ihm ab. Auch in seinen Handschriften sei das Laed meht
nachgewiesen.
Mit aller EIntschiedenheit erklärte sich auch Karl Bartsch ein-
mal gelegentlich gegen die Autorschaft des Hans Saehs, und zwar sind
seine GrOnde, wenn er sie auch nicht nennt und entwickelt, spradi-
liehe und metrische. In seiner Recension der kleinen Sammlimg voi
Hopf (Nürnberg 1856); der das Lied zwar aufnahm, aber im Inhalti-
verzeichnisse die schüchterne Bemerkung machte: „Ob dies Lied toi
Hans Sachs sei, wird von Manchen bezweifelt^, sagt Bartsch (Germ.
3, 382; 1858): „Daß es nicht von ihm sei, hätte der Herausgeber,
wenn er der kritische Herausgeber war, für den er sich ausgibt, wissen
müssen, da die Zeichen der Unechtheit sehr auf der Hand liegen.'
Später brachte Goedeke auch noch einen speciellen bibliogra-
phischen Beweis bei und zwar in der Einleitung zum ersten Tbeil
seiner Ausgabe der Dichtungen des Hans Sachs (Leipzig 1870) S. XL
Anmerkung. Beiläufig will Goedeke hier bemerken, „daß Hans Saehi
das bekannte, ihm fast überall beigelegte Lied „Warum betrübst di
dich mein Herz?** im Gesammtregister seiner Lieder nicht nennt, wu
ein neuer Grund ist, ihm die Urheberschaft abzusprechen, freilich aaeh
kein entscheidender, da er auch die beiden Lieder der gegenwärtigen
Sammlung 22 und 23 nicht nennt. ***) Hier sei zugleich auf Goedeke'i
später gegebene urkundliche Mittheilung dieses Verzeichnisses in Wag-
ner's Archiv 1^ 67 ff (1874) hingewiesen.
In der fünften Auflage von Koberstein's Grundriß (Loipztg 1872)
1, 322, 43 heißt es mit Verweis auf jene Recension von Bartsch : ^das
Lied: „Warumb betrübst du dich, mein Hertz^ ist jedoch wohl nicht
von ihm." In der vorhergehenden vierten Auflage ist davon noch nicht
die Rede.
Besonders gespannt durfte man sein, wie sich nach solchen Stim-
men wohl Philipp Wackemagel in seiner neuen großen Sammlung
entscheiden würde, nachdem er doch, wie bemerkt, früher der allge-
meinen Tradition gefolgt war. Er änderte seine Meinung, reihte das
Lied im zweiten und dritten Bande (1867. 1870) nicht unter Hans
*) 22. Die aelui gebot: Qot hat ubb geben die gebot 83. OlanbenabekeaBk-
jum: Wir ghuhtn all an einen %ot.
„WARUM BETRÜBST DU DICR MEIN HERZ-. 409
Sachs ein, sondern brachte es erst im vierten Bande (1874) unter keinem
bestimmten Autor, und rechtfertigte sein Verfahren ausführlich S. 129.
Offenherzig imd selbstlos bekennt er: „Es ist Sitte geworden ^ dieses
Lied Hans Sachs zuzuschreiben, und ich bin selber in der ersten Aus-
gabe meines Werkes vom Jahre 1841, Seite 182 so schwach gewesen,
derselben ohne Weiteres Folge zu leisten.^ Dann beweist Wacker-
nagel, daß der Urheber dieses Irrthums der Prediger und Professor
Johann Michael Dilherr zu Ntümberg gewesen sei, der in seinem Ge-
sangbuche vom Jahre 1654 hinsichtlich der Autoren-Bezeichnung auch
noch viele andere Fehler begangen und schlimme Verwirrung ange-
richtet hat. Schließlich sagt Wackemagel in Bezug auf das Formale,
Dilher und die ihm nachgefolgt hätten neben Anderem bedenken sollen,
daß ein Lied mit so freier Versbildung (hier ftlhrt W. beweisende
Stellen an) uicht von einem silbenzählenden Meistersänger herrühren
könne. Der unreinen Reime ^ wie sie Hans Sachs unmöglich gewählt
hätte, gedenkt Wackernagel nicht.
Das gewonnene Resultat hat auch schon thatsächlichen und er-
freulichen Erfolg gehabt Während es wohl erst nach und nach durch-
gesetzt werden wird, Hans Sachsens Namen bei dem gedachten Liede
in den gangbaren Gesangbüchern wegzulassen, finde ich doch den
Anfang gemacht in einer dem freiwilligen Gebrauch anheimgegebenen
nicht ofiiciellen Liedersammlung, in dem „Auszug der bewährtesten
Lieder aus dem Rostocker Gesangbuch nebst einer Anzahl anderer
Kemlieder^ (Rostock 1877), den mein College, der Professor der Theo-
logie Johannes Bachmann anonym herausgegeben hat. Das Lied ist
aufgenommen, aber ohne Verfassemamen, nur mit der Bemerkung am
Schlüsse „Um 1550^. Auch in der sehr anerkennenswerthen populär-
wissenschaftlichen Schrift über ,|Da8 kirchliche Volkslied in seiner
geschichtlichen Entwickelung von J. Knipfer^, Stiftspfarrer in Alten-
burg (Bielefeld und Leipzig, 1875), ist bei Besprechung der Leistungen
des Hans Sachs auf dem Gebiete des eigentlichen Kirchenliedes in
einer Note ausdrücklich bemerkt, daß Wackernagel das Lied „Warum
l^etrübst du dich, mein Herz*^, welches nach ziemlich allgemeiner An-
nahme von Hans Sachs herrühren sollte, demselben neuerdings abge-
sprochen habe. Um so mehr muß es Wunder nehmen, daß ein anderer
Geistlicher, Dr. Th. Krabbe, Pastor zu Roggendorf in Mecklenburg-
Schwerin, in seiner Abhandlung über Hans Sachs '^j noch ganz auf
*) Aus deutscher Vergangenheif. Ein Dreigestirn von Liederdichtem Walth<*r
Ton der Vogelweide, Hans Sachs, Simon Dach. Nach ihrem Leben und Liederr
kennaeicbnet. Qätersloh 1878.
410 H. BECHSTEIN
dem alten Standpunkte steht. Er beruft sich den Zweiflern gegmitlber
auf Wackemagel, natürlich auf die erste Ausgabe seiner Sanunlmi^
weil er von Wackemagek neuem^ allein noch maßgebendem Budie
keine Kenntniss genommen hat, wie er doch hätte thun sollen« —
Selbst in Lehrbüchern der Literaturgeschichte wie bei Pischon-Palm imd
Kluge ist bereits die Fraglichkeit der Verfasserschaft des Hans Sacb
angedeutet. Wenn übrigens Kluge in der neuesten (10.) Auflage sein«
Buches S. 74 das formale Bedenken Wackemagels wörtlich citierti so
hätte er auf dieses zwingende Argument hin das Lied überhaupt nidt
mehr zu den Schöpfungen des Hans Sachs rechnen sollen. Vorsicht
ist schon gut, zumal in Lehrbüchern, aber sie hindert auch die wissea-
schaftliche Wahrheit auf ihrem Gange, und hier haben wir es wahifiek
nicht mit einer Hypothese zu thun.
Auch in der neuesten großen, höchst werthvoUen Liedersamm-
lung, in Franz M. Böhme's ^Altdeutschem Liederbuch^ (Leipaig 1877)
ist diese Autoren-Frage zur Sprache gebracht. Böhme theilt S. 748 %.
zwei Melodien, beziehungsweise drei Melodien mit und bemerkt das«:
„Das noch bekannte Trostlied: „Warum betrübst du dich* ist ent-
schieden nicht von Hans Sachs, dem es ohne Grund zugeachridMS
ward. Die ältesten Drucke wissen nichts von dieser Verfassersdufi»
und ist das Lied auch nicht unter seinen zahlreichen Qedichten ge-
funden worden." Formale GrtLnde gibt Böhme nicht an, besieht skb
auch nicht auf Wackernagel. Von Interesse ist seine Auseinander
Setzung über die verschiedenen Melodien^ die auch verschiedenen lie*
dem untergelegt sind. Literarisch von Bedeutung scheint dann noch
ein Zusatz zu sein, den Böhme zu jener von mir wörtlich angefthrtai
Bemerkung macht Es heißt nämlich: „Ein sonst ganz unfaNekannter
Dichter Oeorgius Aemilius Oemler*) hat es verfaßt nach einer v(H^
handenen weltl. Weise.* Hier also begegnet uns zum ersten Mal dtf
Name eines anderen Verfassers. Woher hat Böhme diese Kunde? Ohne
allen Zweifel aus Wackemagel^ den er nicht citiert; aber leider hat
Böhme hier einen Flüchtigkeitsfehler begangen. Weder Hildebrand is
seiner Recension des Böhme'schen Werkes in Schnorr's von CarolsfeM
Archiv 8; 147 ffg., noch Bartsch in der seinen in der Germania 83^
115 ffg.y sind auf das in Rede stehende Lied zu sprechen gekommen,
'*') 8o nnbekaimt ist doeb Oemler nicht. Er nannte sieb in der Begel Geofgi»
Aemilios (geb. 1517 f 1569). Er war Theologe, sogar Wittenberger Doetor der Tlie»*
logie, Gener alsnperintendent sn Stollberg am Harz, verfaßte Yerschiedene Schrift«
Mucb iateiniflche Qedichte, seichnete sich in der Botanik aoa. VgL JSoher eoaf
Ge/eLrten-Lezicon 49. Allgem. d. B\of;c«.^Vv\e^ \, Wl.
„WARUM BETRÜBST DU DICH MEIN HERZ'. 411
deshalb muß ich den Ursprung dieses neuen Irrthums nachweisen. Böhme
ist nämlich durch ein Druckversehen bei Wackernagel irre geführt
worden. Das Lied „Warum betrübst du dich" ist in Wackemagers
Sammlung Nr. 190 und steht auf Seite 128. Darauf folgen zwei
niederdeutsche Fassungen Nr. 191. 192 Seite 129—131. Es folgt der
Dichter Cunrad Michael; der zunächst vorhergehende Dichtemame ist
Georgius Aemilius Oemlor Nr. 181—184 Seite 119—122. Fataler Weise
ist nun die Columnenüberschrift Georgius Aemilius Oemler, die für die
Seiten 119 — 122 richtig und nöthig war, auch weiterhin gesetzt, er-
streckt sich auf die folgenden ebenfalls autorlos überlieferten Gesänge
(ö an der Zahl) und geht weiter über die drei Fassungen unseres
Liedes hin bis zu Seite 130, bis dann auf Seite 131 richtig als Colum-
nenüberschrift Cnnrad Michael steht. Wackernagel hat auch diesen
Fehler corrigiert. Auf Seite 1184 am Schlüsse des Bandes steht unter
den „Berichtigungen^ gleich obenan: Seite 123 — 128 sind die Colum-
nentitel zu tilgen. Ganz correct ist aber diese Berichtigung nicht:
statt 128 sollte stehen 130. Im alphabetischen Verzeichniss der Dichter
und ihrer Lieder sind unter Oemler S. 1173 richtig nur die vier ihm
zukommenden Lieder verzeichnet, und im alphabetischen Verzeichniss
der Lieder ist der Liedanfang ,, Warum betrübsta dich mein herz"
Seite 1165 ohne Verfassemamen gesetzt. Böhme hat sich also durch
die fehlerhafte Columnenüberschrift täuschen lassen. Wir wollen nun
zu verhüten suchen, daß auf Grund und Autorität des altdeutschen
Liederbuches der Name Oemler's als des Verfassers des Liedes „Wa-
rum betrübst du dich^ in die Literaturgeschichte gelange. Denn solche
Fehler sind leichter gemacht und verbreitet als ausgerottet.
Wer der wirkliche Verfasser ist, vermögen wir nicht zu er-
gründen. Er mag vielleicht später durch einen Zufall an das Licht
kommen. Daß der hochdeutsche und nicht der niederdeutsche Text
der ursprüngliche ist, das ergeben die Reime in consonantischer Be-
ziehung, doch kommen einzelne Reime vor, die vocalisch besser nieder-
deutsch wären wie glot:rot hd. gl%i;t 9, 4. bcm:kam {Jcom)^ hd. bäum
7, 1. Indessen bei der sonstigen Unreinheit der Reime können solche
verwandte Vocale unbeanstandet bleiben. Dafür reimt auch wieder gut :
Habaeuek 7, 4. Daß der Dichter sich der Reichssprache bedient,
beweist der Reim zeit : Seligkeit 12, 4. Wie das Lied in metrischer
Gestalt vorliegt, ist es offenbar vielfach verderbt. Der Charakter
des Liedes in seiner Gesammtheit ist volksthttmlich trotz der bestimmten
biblischen Anspielungen und alterthümlicher als die Überlieferung.
ROSTOCK, M&z 1879. RE^lKiLOVI^ ^"EJ^SOSS^^eS^S^.
412 C. M. BLAA8
VOM UNZUFRIEDENEN WOLF.
Märchen aus dem Böhmerwald.
Es war eimnal ein Wolf; der schlief in seiner Höhle und hatte
einen recht angenehmen Traum. Es träumte ihm nämlich, er werde
heute eine sehr gute Mahlzeit halten und als er erwachte, fineate er
sich schon auf das, was er nun finden werde. Er verließ daher waae
Höhle und es dauerte nicht lange, so fand er einen grossen Laib Brot
Er sah ihn an, drehte ihn mit der Pfote um und roch daran. Obwohl
er das Brot recht gut fand; ließ er es dennoch liegen und gieng daycMi:
denn er dachte etwas besseres zu finden, weil ihm von einer gutei
Mahlzeit geträumt hatte. Nach einer Weile fand er einen grossen
Laib Käs. Das ist besser, meinte er und machte es mit ihm, wie nk
dem Brot. Er hoffte aber noch etwas besseres zu bekonunen umi
wanderte wieder weiter. Diesmal dauerte es bereits ein wenig läogor,
ehe er etwas finden konnte und zudem bekam er Hunger. EndUck
fand er einen grossen schönen Schinken. Schon ireute er sich darflbsr
und machte es mit ihm, wie mit dem Brot und dem Käs. Weil er
jedoch immer wieder etwas besseres gefunden hatte, ließ er auch dei
Schinken liegen und ging abermals weiter. Darauf wanderte er lange
Zeit fort, suchte kreuz und quer; konnte aber nichts mehr finden vad
der Hunger quälte ihn schon sehr. Daher entschloß er sich umzakehrcDf
um wenigstens den Schinken zu fressen. Als er jedoch an die Stelle kam.
wo der Schinken gelegen hatte, war von diesem nichts mehr zu sehea
Da meinte er: ist doch der Käs auch gut und wanderte noch weiter
zurück. Allein auch der Käs war verschwunden und ebenso gieng es
ihm mit dem Brot. Er hoffte aber noch immer, sein Traum werde ii
Erfüllung gehen und schlug einen anderen Weg ein.
Nach einiger Zeit kam er auf eine Wiese, wo zwei Ziegenböcke
lustig herumsprangen. Diese gewahrten den Wolf jedoch erat, ab er
schon ganz in ihrer Nähe war und zu ihnen sagte: einer von ihnen müsse
sich fressen lassen, denn ihn plage der Hunger und ihm habe getrium^
daß er heute eine gute Mahlzeit bekommen werde. Die Ziegenböcke
aber suchten sich durch eine List zu retten und sagten zum Wdf:
sie wären gerne bereit dieses Opfer zu bringen, wenn er vorher einet
Streit zwischen ihnen schlichten wolle. Ihr Vater habe ihnen nftmlieb
diese Wiese zu ganz gleichen Theilen vermacht und sie könnten bei
der TJieüiiDg nicht ämg wetdoxi. ^x %^Mk!& «.vok daher in die lütte der
VOM UNZUFRIEDENEN WOLF. 413
Wiese Btelleu uud sie würden dano; jeder von einem anderen Ende
derselben, zu gleicher Zeit auf ihn loslaufen. Hernach möge dem-
jenigen, der zuerst bei ihm ankomme, der bessere Theil der Wiese
gehören und den später ankommenden könne er fressen. Der Wolf
war damit einverstanden und glaubte seine Mahlzeit sei gesichert. Die
Ziegenböcke gingen hierauf auf ihre Plätze und rannten dann in mäch-
tigen Sprüngen auf den Wolf los. Sie kamen jedoch zugleich bei ihm
an und stiessen von beiden Seiten so heftig auf ihn ein^ daß er vor
Schmerz laut heulte uud sie bat, sie möchten nur aufhören zu stossen,
er wolle ihnen gerne das Leben schenken. Die Ziegenböcke hörten
wohl auf zu stoBsen, aber bis sich der Wolf wieder erholte waren sie
längst verschwunden.
Nun bereute der Wolf seine Ungenügsamkeit und zog von Hunger
gequält wieder weiter. Nachdem er einige Zeit gewandert war, sah
er eine Stute mit einem Füllen auf der Weide. Da dachte er, jetzt
bekomme ich endlich doch eine gute Mahlzeit, gieng sogleich auf die
Stute los, erzählte ihr seinen Traum und sagte zugleich, daü sie ihm
das Füllen zum Fressen überlassen müsse. Die Stute sagte darauf, er
könne das Füllen haben, allein sie mache die Bedingung, daß er ihr
früher aus dem Hinteriusse einen Dorn herausziehe, den sie sich ein-
getreten habe, als sie über einen Zaun gesprungen sei. Als jedoch
der Wolf den Fuß der Stute untersuchen wollte, schlug diese mit beiden
Hinterfüssen so stark gegen ihn aus, daß er ein gutes Stück weg flog
und ganz betäubt liegen blieb. Die Stute aber sprang mit dem Füllen
eiligst davon.
Nachdem der Wolf wieder zur Besinnung gekommen war, schleppte
er sich nur langsam weiter und kam so zu einer Mühle, bei der er
eine Sau mit zwölf Jungen bemerkte. Er gieng ganz traurig zu ihr
hin, erzählte auch ihr seinen Traum und bat sie nur um ein Ferkel,
am seinen Hunger zu stillen. Die Sau sagte, er könne eines von
ihren Jungen haben, nur müsse er ihr dieselben zuvor baden helfen,
sie seien dann besser zum fressen. Dem Wolf war dies recht und er
stellte sich hiezu auf die Wasserrinne des Mühlbachs. Statt ihm aber
nun ein Ferkel zu reichen, gab ihm die Sau einen Stoß und er fiel in
die Rinne. Da riß ihn das Wasser fort über das Mühlrad hinunter
und er hatte Mühe, daß er nicht ertrank.
Darauf gieng er ganz matt den Bach entlang und traf da einen
Mann beim Fischen. Den bat er nur um ein Fischl, weil er so Hunger
habe. Der Mann aber sagte, er solle ihm zuerst beim Fischfangen
helfen. Da stieg der Wolf in das Wasser ^ wo vbm dst ^^dSQk\i €>a^<s^
414 C- ^ BLAA8, ZU KONRAD VON MEQENBERO.
Weidenkorb an den Schwanz band; den maßte der Wolf
und der Mann gab dann statt Fische so viele Steine in den Koih,
daß der Wolf nicht mehr weiter konnte. Da rief der Mann mehrat
Bauern, die in der Nähe waren, herbei und diese schlagen den Wdl^
bis er liegen blieb.
Ab sich der Wolf wieder etwas erholt hatte und nar mOhtaa
fortschleppte , sah er auf einem Holz&pfelbaum einen Mann , der die
sauem Holz&pfel abnahm. Zu diesem gieng er hin und bat ihn redil
inständig; er möge ihm nur einen Apfel geben, weil er sonst verlm*
gern müsse und dabei hob er die Vorderpfoten bittend in die Wk^
Der Mann aber glaubte, der Wolf wolle zu ihm auf den Baom aleigei
und wohl gar ihn selbst fressen; daher warf er die Hacke, weldie m
bei sich hatte, nach dem Wolf und traf ihn damit auf den Kopf und
der Wolf war todt —
Dieses Märchen verdanke ich einer Mittheilung des Tljftlurigeii,
aus Oberplan im Böhmerwalde gebürtigen Hrn. J. Pranghofer (d. Z.
Verwalter in St. Martin bei Linz), welcher es in der Jugendzeit von
seiner Großmutter erzählen hörte. Das Märchen hat fibrig^is Ähn-
lichkeit mit: 'Der Traum des Wolfes* in J. W. WolPs ^Deut. Hans-
märchen S. 419, ist aber viel reichhaltiger und wohl auch älter. Zu
vgl. sind auch die Abenteuer des Wolfes im ^Reinardus vulpes* und
'Reinecke Vos'.
STOCKERAU in NiederOsterreich im Mai 1879. C M. BLAAS.
ZU KONRAD VON MEGENBERG.
1. Konrad von Megenberg sagt in seinem 'Buch der Natur' ed.
Pfeiffer S. 228: 'in dem winter ist er (der Wiedehopf) verporgen ood
ist ain stumm, aber in dem sumer und in dem lenzen so ist er gar
ungesttlem mit seim geschrai und hat neur ain gesank und ain stimflUt
wan er singet neur hoz hoz hoz, sam der gaueh singt guck gudu
ich h&n auch dick gemerkt ze Megenperch, d6 ich ain kindel was,
daz die zw§n vogel zuo cnander s&zen und sungen mit aim wdlsd,
der gauch vor, der widhopf nach, und wand ich, der widbopf wer
des gauches roz (in der Stuttgarter Hss. ^rujßf^) und daz si st»tes pei
aioander wasren/ — Diese Mittheilung erinnert auffallend an die in
iViecferJeutschland weitveibreit^t/^ ^L\lsc^ll^%X^«C^^^d\uA'^Rheinweinliedf
TH. GELBE, EIN KINDERSPIEL AUS DEM ELSASS. 415
allbekannte Formel: 'der Kukuk und sein Küster". Nach Simrock
(Mytb. IV. Aufl. S. 460) ist zwar die Auffassung des Wiedehopfs als
des Kukuks Küster im Volksglauben nicht gegründet. J. GMmm (Myth.
in. Ausg. 646} bemerkt jedoch bei Erwähnung der betreffenden Formel:
'unter diesem Küster wird, nach Brem. Wb. 2, 858, der Wiedhopf ge-
meint, ein Vogel, der gleichfalls durch Verwandlung seine Qestalt erhalten
haben soll. Näher vermag ich die Fabel vom Kukuk und Wiedhopf
nicht anzugeben, singt dieser jenem vor?' (Vgl. Döbel, I, c. 68, Bech-
stein, Naturgesch. der Vögel I, 1071 und Alpenburg, Myth. u. Sag.
386^). Der Kukuk wird übrigens (nach Wuttke, Volksabergl. 116) in
den Kinderliedem mit „Gottesknecht^ angeredet und nach Mannhardt
(in Wolfs Zeitschrift für deutsche Mythologie III, 340) heißt die sog.
Pfaffenbinde (arum maculatum) engl, cuckoopint.
2. Bei Megenberg a a. O. heißt es femer S. 178: 'Cuculus faaizt
ain cukuk oder ein gauch. der verändert sein stimm niht, er singt neur
cukuk , cukuk , dar umb spottent sein diu kint/ — Sollte darauf der
folgende (mir aus Wien mitgetheilte) Kinderspruch Bezug haben?
Kukuk hat er g 'schrien,
kukuk schreit er noch,
kukuk wird er schreien,
weil er anders nit kann.
In Niederösterreich sagt man überdies: Venu man den Kukuk,
da er schreit, nachspottet, so bekommt man 'Gugascheggn' (Sommer-
sprossen. — S. Qerm. XXII, 353).
STOCKERAU in Niederösterreieh im Mai 1879. C. M. BLAAS.
EIN KINDERSPIEL AUS DEM ELSASS.
Durch Vermittelung eines Freundes gieng mir von einem in Elsaß
garnisoniercnden sächsischen Ofiiziere folgendes Spiel zu, welches in
Schlettstadt, Straßburg und anderen Orten des Elsaß von den Kindern
aufgeführt wird, und welches des darin erwähnten Königs von Sach-
sen wegen Aufinerksamkeit erregt.
Die Kinder treten in eine Reihe und halten sich gegenseitig
bei den Händen ; ihnen gegenüber steht der zuvor gewählte „Högscht^
*) [Im MeklenbnrgiBchen ist der Name 'Kukuksköster für den Wiedehopf be-
kannt. Vgl. meine Mekl. Sagen 2, 179, Nr. 868. K. B.\
416 TH. GELBE. EIN KINDERSPIEL AUS DEM EL8A86.
(der Höchste). Auf diesen bewegen sie sich unter AbBingang des
Versehens
Kari, Karo, wir stehn auf der l^e*) Kapelle,
wir haben den Schlüssel verloren
zu wie beim Contretanz und wie bei dem in dieser Zeitschrift Jahr-
gang 1877, S. 307, Nr. 175 erwähnten Verschen. Vor diesem ange-
langt, fällt die Schar mit den Worten
Wir fallen auf die Knie
auf die Knie und faltet die Hände. Hierauf verläßt einer von ihneo
die Reihe und sucht den vor Beginn des Spieles versteckten SchlllsteL
Sobald er diesen gefunden hat, singt der Högscht
Stehet auf, stehet auf, ihr jungi Leit!
Wir haben den SchlQssel gefunden:
und reicht dem Schlüsselfinder die beiden Hände , unter welchen die
übrigen unter Absingung der Zeilen
Sperret auf, sperret auf, die Thore auf,
der König von Sachsen wird kommen
durchkriechen; die beiden letzten werden abgefangen und übernehmen
die Rolle des Högscht und des Schlüsselftlhrers fUr das nächste Spiel-
Die Schlußthätigkeit erinnert lebhaft an das a. a. O. S. 308, Nr. 186
erwähnte Spiel. An diesem, von den Kindern nach den beiden ersten
Worten Kari Karo Spiel genannten Spiele ist die Erwähnung des Kö-
nigs von Sachsen sehr aufikUig; erstens, weil ausser dem etwas mj*
steriösen ..Kaiser Fifilatus^, anstatt dessen man oft genug ^heisa
fifilatus^ hört, ein gekröntes Haupt meines Wissens nicht vorkommt:
femer, wie kommt gerade der König von Sachsen in den Mund der
Elsasser Jugend? Die Losung dieser Frage wird noch dadurch er-
schwert, daß dies Spiel, wie ich auf nochmaliges Anfragen von meinem
Gewährsmann erfuhr, älter ist als das jetzige Königthum Sachsen.
Sehr alte Personen in Straßburg haben ihm versichert, das Lied sei
sehr alt, ja einige Laben behauptet, es reiche mehrere 100 Jahre (?)
zurück. Dürfte man vielleicht an den Marschall von Sachsen, der ja
für Straßburg wichtig war, denken, oder etwa gar an einen Ottonen?
STOLLBERG. THEODOR GELBE.
*) leze = falflcb, cf. ahd. lezsi.
A. JEITTELE8, ZU GERMANIA 84, 81 ff. 417
ZU GERMANIA 24, 21 ff.
Einen kleinen Nachtrag zu den von Felix Liebrecht a. a. O. aus
deutschen Volksliedern mitgetheilten Belegen fbr die krachende Bett-
statt kann ich aus meiner reichhaltigen Sammlung steiermärkischer
Volkslieder, die wie anderes längst vorbereitete in den nächsten Jahren
bei besserer Muße zur Veröffentlichung gelangen soU^ liefern. Das be-
treffende Liedchen, ein sogenannter Vierzeiliger, lautet:
Mei Mneter hat gsagt,
i soUs krachen laß*n;
wann^s Bettstattl bricht;
wird sie's machen laß'n^).
Eine Art Analogen zur ^krachenden ist die sich wendende
Bettstatt, fbr welche ich aus derselben Sammlung gleichfalls hiemit
ein Beispiel biete.
Wie scheint der Mond so wnnderschoen !
ich Solls zu meim Deanderl gehn.
Zu meim Deanderl soll is gehn,
bei ihrm Fenster! soll is stehn. :/:
'Wer is denn draußen, wer klopfet an^
der mich so leise aufwecken kann?
Steh nur auf und laß mich eini,
's wird der rechte Bae schon sein* :/:
(ch steh nit aaf und laß mer an Fried,
denn aufmachen das thuer ich nit,
denn das Bettstattl hat sich gwendt:
unser Liebschaft die hat an End/ :/:
*) Nacbträglicb ersehe ich aus der jüngst in 2. Auflage erschienenen Sammlung
'Deutsche Volkslieder ans Kärnten. Gesammelt von Dr. V. Pogatsehnigg und Dr.
Em. Herr mann*. Band L Graz, Leykam- Josefsthal 1879. Nr. 1827, daß das Lied mit
gans geringer Abweichung und mit der Zusatzstrophe
Is Bettstattl is brocben
Um BwOlfe ba der Nacht,
Der Tischlerbue is kemen,
'*''^ Hal*s glei wieder gemacht
'"'^^Bniren wird. — Die genannte Sammlung erb< einen weiteren
1826, nemlich:
11 hat g'Ucht,
' Battirtatt hat kracht,
*i ii mir a Ding,
~ gaet fieg*n!
Tshii.) Tl
418 R* SPRENOEB
Einen Thaler den gib it dir,
wannst mich schlafen laßt heat Nacht bei dir.
Gehalt dein Thaler, saaf dir an Rausch;*)
such dir an anders schoens Deanderl ans.* :/:
Du wirst oft traurig sein^ du wirst oft weinen,
du wirst oft weinen über mich;
du wirst aach denken über mich:
hersigs Bürscherl, o hfttt ich dich*^! :/:
Das Lied, welchem eine anziehende Weise eigen ist^ gehM u
den gangbarsten steierischen Volksliedern und wird in Ghras sehr hia%
in mehrstimmigem Chore gesungen.
INNSBRUCK. A. JEITTELJB8.
KLEINE KRITISCHE BEITRÄGR
1. Zu den Predigten aus St. Paul.
87, 6 dar chom unser herre, daz diu ture doch geaperret vxmb, wcmd iß
eüiu dtnc offen sint und ouch unser säe nach der urstende^ fnaeh A
swä er wiL Zu dieser Stelle bemerkt der Herausgeber nur: mach m
'abermals fehlt das pronominale Subject\ Von dieser Bemerkung sagt
F. Bech in seiner Recension des Buches (Zeitschrift ftlr deutsche Flii-
lologie X, 238 ff.), 'daß er nicht wisse, was der Herausgeber sich dabei
gedacht habe'. Er bemerkt ferner, daß das Komma nach ursimide des
Zusammenhang störe, schlägt daher vor, dasselbe zu tilgen and statt
unser sSle zu setzen unser Itp. Wir würden dann allerdings ebm
passenden Sinn erhalten, aber die Änderung von sele in 2^ ist dock
zu stark: man sieht nicht ein wie der Schreiber diese Worte soDte
verwechselt haben. Die Interpunction wie sie ist und auch sele kuB
bestehen bleiben, wenn wir unser sele ab Dativ fassen, wogten Cor
mell nichts zu erinnern ist, denn der Abfall der Flexion im gen. asi
dat. sing, und im gen. plur. findet sich bei dem Pronomen unser, wie
sonst, auch in unserer Hs. öfter (s. Anm. zu 19, 24). Eine Ändenmg
wird allerdings nöthig sein, aber nur eine geringe: die von swä er is
swä ez. Ich übersetze dann folgendermassen : Da kam unser Herr.
*) Variante: kanf dir a Hans.
**) Variante der letzten Strophe:
DvL wirst dich krftnkeu oft um mich
and wirst anch denken oft auf mich;
du wirst dicYk kriLuken, wirst oft denken:
hermliebstes B^ebe\, o \A.\X \t^ ^«^X
KLEINE KRITISCHE BETTBÄGE. 419
obgleich die Thür verschlossen war^ weil ihm alles offen steht nnd
auch unserer Seele nach der Auferstehung, mag (es) sein, wo
es wilL Die Formel: *es mag sein, wo es will' ist noch heute ge-
bräuchlich fbr 'überall'. Jeitteles hat demnach mit seiner Bemerkung
dennoch recht: wir brauchen den Ausfall des pronominalen Subjects
ez um so weniger zu bezweifeln, als er sich noch heute in den dubi-
tativen Formeln 'mag sein, kann sein findet Daß 9U)d er nicht mOg-
lieh war, mußte er allerdings bemerken. Unter sele ist hier das nach
der Auferstehung mit einem feineren, geistigeren Leibe versehene Wesen
verstanden (s. die s^^en in L. Alezander 6888, die doch eine Art Leib
haben müssen, da sie sogar slahea unde stozen mit grdzem unginne).
Hierbei erinnere ich mich, daß EQldebrand in einer Leipziger Vorle-
sung ausführte, wie die Seele vielfach in volksthümlicher Vorstellung
als etwas körperliches genommen wurde.
2. Zu Freidank.
12, 7 manc hundert slahte bluomen st&nt
die ungeliche varwe hfint
deheiner slahte grüene ist gar
geliche der andern; nemt es war.
grüene soll nach Bezzenberger das Ghrün der Pflanzen sein. Aber
abgesehen von dem ungewöhnlichen Ausdruck, ist es auffallend, daß in
der Aufzählung, bei der offenbar vom Menschen ausgegangen wird, dann
die Thiere und drittens die Blumen genannt werden, das dritte Natur-
reich ganz vergessen wird. Ist es doch auch bei Wemher vom Nieder-
rhein 4, 27 in gleichem Zusammenhange nicht vergessen. Wir werden
also wohl eine geringe Verderbniss anzunehmen und zu schreiben haben:
deheiner slahte grien ist gar
geltch dem anderen
Orund der Verderbniss war wohl, daß grien (woftlr das gebräuchlichere
griez) nicht allgemein gebräuchlich war.
19, 21 der aller geschepfede meister ist
den irret niemens kunst noch Ust
Wenn es auch im Eirchenliede heißt: 'dein Werk kann Niemand
hindern', so paßt hier dieser Gedanke kaum in den Zusammenhang.
Ich schreibe dagegen:
den irrächet niemens kunst noch list
'den kann Niemandes Weisheit und Verstand ergründen'. So ij&t
auch der Zusammenbang mit den folgenden Ta^^^tl \kft\^^VS^> ^^sc^k^
420 R- SPRENOER, KLEINE KRITISCHE BEITRXGE.
der Dichter denkt sich offenbar Gottes Wesen besonders auch deshaft
so schwer zu ergründen, weil er alle Gestalten annehmen kmnn. Wk
aus irrechet (statt des gebräuchlicheren erreeket) irret werden konnte
ist leicht einzusehen.
50, 6. 7 swer zwein herren dienen sol
der bedarf gelttckes wol.
Daß gelücke$ nicht paßt; hat schon Sandvoß mit Recht bemerkt, di-
gegen kann ich mich mit seiner Vermuthung gdiegenes nicht befriedi(|t
erklären. S. verweist selbst zur Vergleichung auf Hartmanns 2. BficU.
193 (wenn wir darin auch wohl nicht Freidanks Quelle zu sudies
haben) : er bedarf nnmuoze woly swer zwein Herren dienen sol. Ganz den-
selben Sinn erhalten wir^ wenn wir in unserer Stelle schreiben: der
bedarf gezogenes wol; d. h. *der bedarf wohl Eilens^. Daß gezogens oder
wie wohl ursprünglich in der Hs. stand: gezogis, ein immerhin nidit
häufiges Wort; in gehiges (gelückes) entstellt werden konnte, ist leick
einzusehen. Dem ursprtinglichen am nächsten steht die Lesart von E:
getrawens, die wohl aus gezawens (s. über diese Nebenform von ft
touwen, das mit zogen synonym ist: Lezer I; 1000, 1006*) entstellt iit
3. Zur Erzählung von zwei Kaufleuten
ed. Haupt, Zeitschrift für deutsche Philologie VlI, 6ö— 90.
623 d6 diz ir vater gar vemam,
er sprach 'ach lieber Bertram^
und wser min tohter Irmengart
wol gesunt üf dirre vart;
daz si daz guot gewünne
e denne ez ir entrttnne.
Diese Vei^se scheinen mir auch in Haupts Recension noch keines
passenden Sinn zu geben. Schon v. d. Hagen nahm an gesunt An-
stoß und vermuthete daftlr gesint^ was aber ebensowenig paßt V. 62&
hat die Hs. (nach Altd. Wälder I; 55) wer-^ V. 628 uns (so auch r.
d. Hagen) statt ir. Danach wird der Text so herzustellen sein:
do daz ir vater gar vemam;
er sprach 'ach lieber Bertram,
unt wser mm tohter Irmengart
baz gesornt üf di^e vart^
daz si daz guot gewünne
e denne ez uns entrünne.
^) Auch im Alflfelder P«saional 1074 ist übrigens zeugen, wie der R«ira fimw«
seigt, in zawen sa ändern.
K. BARTSCH. GEDICHT ÜBER HEINRICH DEN LÖWEN? 421
D. h. : £b wäre gut, daß meine Tochter Irmengart auf diese Fahrt ge-
sendet würde (dieses unternähme), damit sie uns das (gelobte) Ghit ge-
wönne, als daß es uns entgienge.
Sänimtliche Verderbnisse sind Schreibfehler leichtester Art mit
Ausnahme von wol statt haz, die sich daraus erklärt, daß man die
comparativische Bedeutung von beiz nicht mehr itlhlte.
Zu V. 1 — 3 vgl. proverb. 29, 11 totum suum spiritum profert stultus.
NORTHEIM. R. 8PREN6ER.
GEDICHT ÜBER HEINRICH DEN LÖWEN?
In einer Handschrift der Bibliothek des Lord Ashburnham; die
G. Waitz im Neuen Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Ge-
schichtskunde 4 (1879); S. 614 f. erwähnt; finden sich altdeutache Ge-
dichte. Es ist eine Papierhandschrift des 15. Jahrhunderts. Das erste
Gedicht beginnt
^n birtzoch waz zu Binuienczwich
In grossen eren unde rijch
Beyde gnyt unde yom landC;
Unde stoet allet yn syner bände,
Avemen, Frankrieb unde Brabant,
Myssen, Dorringben, Sayssenlant;
Er waz gotforticb unde wijse
Unde von alder worden grijsze
Bij den vyerwerffeyrtzicb jaren,
Er waz milde gelijcb den arn,
Aller eren waz er gewann,
Er hatte eynen jungen sdn
Von 21 jaren wyse unde frede.
Schluü :
Dez gunne uns allen samen
Dye bemelsche konigynnen. Amen.
Jesus Maria Johannes.
Nach der beigefügten Verweisung auf Goedeke's Mittheilung über
Reinfrid von Braunschweig sollte man an eine Handschrift dieses Ge-
dichtes denken. Wir haben offenbar hier eine stark niederfränkisch
gefärbte Dichtung vor uns^ die vielleicht die Geschichte Heinrichs des
Löwen behandelte. Nähere Mittheilung wäre sehr erwünscht.
K. BABT.SCH.
J — •».:*
i»i
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la.^ ■ ü ^üE^KifOUTi^Bni.
LUTERaIOl
»:ni»r '. ir«»mu'.niiiii{' i;wr tirt ÜMii-aiiiii -fUL
■in L iLuTmii loii LlTiui ^ünmuic 1
7 "iiifwr ^ '^vnn 1 ? ' i Tl I i t ..
u»tm^n u:T. utff ^A £uMiMiiMä««i Zjssaiizui bmitadiat
^'•^rbWT.wtr ijtr. i <i:t tif>? izi*iti; **f""^ »giu^ &t CTwEUHhmu^
vuiüi«! ItM r^^nta Uli i:u ^frx rrotExr
u Ms'.i«*r T i «^ vs. i3ilufi>»afi*fi. ^Xisran ^
ji^y%^ff Art t-,4 fr^ii-^ävra. c.i* wfciCfsu
» ".•< Ä'^sf .Ä vür.^MJuai*? W»{*t A'^fK^Jii
^.twvVtAv«^ ^r.-i Kt\:\^, 'hot^fAk^ Gyn
»//^ ».•. \'Arx^js^*^A^, Grak'ieik videri«^ SodftBB
li:*/,^*«./,f.»;.'. jt',fjp«^hrt- »i^IcLe ron den Ciso-Jani
W^/»'.Jtjf *'/*'.■ '»•rfz^i':>.fi*:t sr.d beipHcbt derec 23. Mit
i,.*:t ':^f'/*^.t,:u. ^ vi«; ':.>>.<: Gedicbte irch ftümihlicli cntvickeb kiä^. ü ^
G/'K/.'St'r/*. u*^XhiStifi ii^.w'A^n i^in müise. und wie sie uc^ ScäSbahtm z «^
«/,/.j«-/!<rf«»,fj G«$r^'j«:rj und za rertchiedenen Zeiten
O«;/ v^lux^, \,'t*}i%X \uX':ftMikXi\H Abaehoitt gehört
smiiins- L.te|!i
^/jt ^«ftxt liU:/ *amh O&ttrjng von Gedichten gesagt worden ist.
Wm hurj d«:rf Tf.xX dr:9 Namenbaches selber betriflt, no soü msf Ab
nih'.f triniftif'An^'ttt wr;rdr:n. Pickel hat ihn ans der ehemaligen
$ik^t,'Ur\inH und 'liufim wabnicheinlich nm 1530 ervehieneacn
'//fittiui«;rt. I^fjdftr ihI die Handschrift selber beim Brande der BASiAb ^
ytrUiff-ti i'i-.i'untt/'.n^ ho daß der Heransgeber sich nur an di
A'/'Jf<i'k in df:n i5f;iträ;;en zur deutschen Literator und
'ati M^trnunrM Vcr^l';ichung von Handschrift und Druck in d«
JiiUt\tUt:\ittu \iii\Uiu könnt«. Weder die Handschrift aber noch dK S^
»-hUitrh-M itstv.U fli;r Annahrno Pickels S. 2 genaa der nrknndli^
i*,l,tt-t}ivn'itn: t\t'.H Dichters. Zur bequemeren Vergleichiing and
«Ifn 'VfKit'.H wijrdf. i'H jedenfalls vicieu Lesern erwünscht gewesen
M«'fitii«i^«li<'.r Nirli Ii(!rb(!igclii8scn hätte einige der von Dangkrotshoi
fff.it'.iUifU-.u \\tV\\w\\\\\ iu der Einleitung oder in dem Anhange
rio diink«'.unw('.Tl\\ <V\o. Ci^m "Y^xXa \^^\^^^^ViQnen Anmerkongen in
LITTERATTTR: K. PICKEL, KONRAD VON DANGKROTZHEIM. 423
and da noch etwas im Reste verblieben, das sich bis jetst nicht hat aufklären
lassen. Die Interpretation war in der That nicht überall eine leichte. Aosser-
dem enthalten die Anmerkungen einige Auffiissungen, die nach Ansicht des
Rec. theils einer Berichtigung, theils einer weiteren Beglaubigung bedürfen.
V. 26 ist fluckenbelge vom Herausgeber gewiß richtiger erklärt als von
J« Grimm im D. Wörterbuch III , 1836, der fluchen als Adjectiv gefaßt und
darin einen alten Beleg für die Bedeutung plumatus plumeua gefunden hat;
ähnliche Zusammensetzungen sind fltuskengewant , fluckentuoch in der Germania
XIX, 49. — Zu der Form bauwelröcke vergleiche ich aus den Glossen zu Henrici
Summarium in der Germania IX, 27, Z. 2 von unten: Ixnnbycina tunica bo'
welenroch,
V. 58 Santua Paului, der bekirer {: lirer). Dazu die Anmerkung: ,,Hat
unser Dichter des Reimes wegen aus der bekerte ein bekerer gemacht oder hat
hekerer die Bedeutung bekert'i'* Das erstere ist sicher nicht der Fall. Neben
der gewöhnlichen Bezeichnung des betreffenden Kalendertages: St. Paule tag
aie er bekirt warty oder St. Paule bekirunge oder bekirde oder bekSre, findet
■ieh schon früh : an St. Paule tage dee bekirer^ so im Urkundenbuche des Be-
aadiktinerstifies Seitenstetten ed. Raab S. 149 (a. 1312); femer S. 170
{m. 1320) an St. P. tage dee u)eeherer\ und im Urkundenbnch des Stiftes
Klostemeuburg ed. Zeibig S. 262 an St, P. tag dee becherer (a. 1337).
V. 93 und iet diehalb dee meree eee \ in tiUechen landen kein euMfbotte
mi. Die Verbindung von meree ei wird eine auffiillende genannt; gleichwohl
ist sie nicht wohl erst vom Dichter gemacht, sondern schon aus viel älterer
Zeit nachweisbar. So heißt es im Reinfrid von Braunschweig 19320: von
dee tiefen meree ei \ bräM mit im der fürete dar \ noch ein wunderlicher
eckar; vgl. dazu das gotische marieaive und die Bemerkung Jäniokes zu Wolf-
dietncb A 561.
V. 95 Damach kumpt une die kraft dee Merzen. Hierzu heißt es in der
Anmerkung: „kraft dee Merzen j wie 338 wlnee krafty eine vielleicht dem grie-
' ebiBchen und lateinischen nachgeahmte Umschreibung, die bei mittelhochdeut-
^ aehen Dichtem sich nicht selten findet." Allein hierbei scheint übersehen, daß kraft
' «in specifisch calendarischer Ausdruck ist ; so wird in dem mehrfach vom Her-
ausgeber citierten Elsässischen Kalender aus dem 14. Jahrhundert (= Haupts
Zeitschrift VI, 350 folg.) zum 14. Februar vermerkt: Sant VeiUne tag. Mertzen
hroft» Die eunne gdt in die vieche*^ zum 15. März: die eunne gdt in den wider.
Des abereilen kraft \ zum 14. April: dee maien kraft, ünde gdt die ewme in
dm etier\ ähnliche entsprechende Veihnerke stehen beim 16. Mai, 14. Juni,
16. Juli, 15. August u. 8. w., vgl. darüber den Heransgeber jenes Kalenders
8- 366. Dangkrotzheim kann hier aus einem solchen Kalender seinen Aus-
dmck entlehnt und auf seine Monatszählung übertragen haben.
V. 148 — 149. Im Mai, gegen Walpurgis, sol man die st< oder laeeen \
med der do wü gen Baden (?) voren. Pickel meint , der Dichter habe hier
mUeicht an ein bestimmtes Bad, Badenbaden, gedacht, das sowohl das zu-
aichstgelegene wie das besuchteste Schwarzwaldbad war. Zu dieser Vermuthong
ihn die Präposition gen verleitet haben*). In Bezug aufs Bad hieß es aber
*) [In denselben Fehler verfällt auch Wackeraagel, Kirchenlied 2, 633, Nr. 821
wei uff im geiit gon Baden, wo man übrigens, da gon, nicht gen steht, baden als V«t>
Iram nehmen wird. K. B.}
424 LITTERATUB: K. PICKEL, KONRAD VON DAN6KROTZHEI1L
ehemals nicht selten gen had^ gen baden, wo wir heute ins B«d, svm
sagen. So in dem S. 61 (Vers 16) mitgetheilten Cisio-Janns ; in Ad. vas
Kellers Ers. ans altd. Handschriften 1 56; 1 7 Gci gelegen enek, frowj sei mmf
gen pad'y 192, 11m ging cnn alat weib gen päd; im Stadtbach Ton Avgsbvf
ed. Meyer S. 242 (13. Jabrh.) es sd auch ain iegliek braut smroit /ihrf"
mU %r gen bad /Aren; S. 243 es eol auch ain iegUchiu braut uhen
ir gen bad füren und niht mSr; endlich eine Stelle aus Mumers NarrenbeKhr. f\
welche Zamcke m Brants Narrenschiff S. 294^ angemerkt hat: Der mßdi
wol nemen ein groeeen schaden, Der mr hellen fort gen baden. Und dar m iss
der selben hitwen Leib und sHe gant» verechwitMen*). Der Aasdmek gen %mim,
bei Dangkrotsheim wie bei Mnmer, besagt also weiter nichts als ad aqmmif n
die Bäder oder ins Bad; in unseren mhd. Wörterbuehem ist xwar mis Fluni
▼on bat nur beder angegeben, das ist aber nicht genau. Der alte Plural dfa
bat, Datiy den badun, wie ihn Graff III, 47 verseichnet, hat sieh Doch \k
und da bis in die späteste Zeit erhalten. Nach dem Stadtbuch Ton Augsbnf
S. 186 hat der Vogt kain reht iemen se phenden uwh kein laeubiin uf im
Leehe noh umb kein kuolhue vor den baden^ d. i. den Badehänsem; fShmst
8. 58 die Juden van der Hat ze Auepureh eint uns lange angelegen «nl
betf diu tptr in erlaubten ein badhous te maehai, da ei und iriu ekimi
geeinde intu batten ewan es tu fugte, doM ei une niht umgemaeh taetem m
baden und ehain gemaine da mit uns heten (a. 1290); Nürnberger Polixäoidi.
ed. Baader 275 man hat aMch gesetset, das d^aine pader an dehainem frejfagt
kttine pade furbas mer h<iben sol; Martina 164, 92 s6 man diu btad Äs gimz
Joh. Rothes Chron. c. 199 die bad wu Wessebaden', bei Schmeller-Fromi
I, 209 der Plural edele volpade. Zum Überfluß sei noch erinnert an
Stellen, aus denen herrorgeht welchen Werth die Alten legten auf das
im Monat Mai: Histor. Volkslieder ed. Ton Liliencron I, 193, 2094 eie
in kein meienbetd, es was im homungej drumb es m flM gehmge^ und
blfit in den Altd. Blättern I, 404 sagt zum Wein: du sHesses megenpad
»mgenl
y. 817. Bei suckersMbe wird vermerkt , daß darunter wohl die
schabe gemeint sei; ein süsses Gebäck , tragema, das Kindern sumal behagH
war es gewiß ! aber warum gerade PfeffersAeibe ? ygL miekerseheifelein bei ViAtA
U, 169* und Schmeller-Frommann II, 384; auch euekeneabe im Mhd. Wdite-
bueh. — Die regelsbir, welche gleichfalls in der Anmerkung hier hraprochl
werden, finde ich noch in Grimms Weist IV, 136, wo es in einer Aii£Mich-
nung aus dem Dinghof von Submatt im Elsaß heißt: damodk sol «0
iegU^em geben wido regelsbiren^ eine raw, die ander gebroten, ob man «fi ns*
den magk,
V. 319 ist in der Handschrift sulmili^, im alten Druck swrmfiekWk&t-
liefert Das Wort sürmileh findet sich bei Diefenbach 404^ s. v. oxiffoUa mi
*) Nicht hierher gehört badeneart bei Lexer I, 112 aus den Urkunden des (S-
sternenserstiftes Heiligenkrens 2, 298: an unser vrawen abend se der pademvarij kk
denke an boCenvartj und damit kann die annuntiatio Markte gemeint sein ; TgL MStt. IB.
239* (7) und woU er toerben ein botvarl (hs. botwart), er muoz u>aerUeh an die wsst
Die Form bäte {bade, pate) = böte ist sonst nur auf mitteld. Sprachgebiete anaotreffm,
findet sieh aber auch öftcor bei Beheim in seinem Buehe von den Wienern, s. B. IMI
18; 138, 3.
LITTERATUR: K. PICKEL, KONRAD VON DANGKROTZHEIM. 425
im Urbarbach des Klosters zn Sonnenbarg ed. Zingerle (14. Jahrh.) 85, 17
ain sauriu müeh'^ ebenso 36; 10 und 101, 3 in WuoUnpaeh von den awain
hlfven . . . . s6 unter frawen tult sw6 aaure milch ; bei Hans Folz in den
Fastnachtsspielen 1218: ein saure milch zu dem geproten kan mtxn pein geiten
hart geroten. Von sulmileh wird sich schwerlich eine zweite Stelle nachweisen
lassen. — Statt sli, gumpott in demselben Verse hat man wohl tlSgumpost
oder sUhegumpost als ^in Wort zu lesen, vgl. elehengumpoet bei Lexer H, 966,
wo zwei Beispiele davon angeführt werden; etwas ähnliches wird tUmentschier
gewesen sein im J. Titnrel 599, 2 ed. Hahn, wenn nicht dort hlämenttchier
zu lesen ist.
V. 879 folg. Damoch to kumet der wü^enahtobent, das erber UUe euo hont-
gift gobent^ einig latwerigCy einig lebekuchtn^ fär einig bietet die Handschrift
etmcy der alte Druck etme; wenn das doppelte einic richtig ist, dann kann man
es hier kaum anders fassen als im Sinne von: der eine — der andere, aHua
^ alius^ als unflectierten Singular, zurückgehend auf das ahd. einic, vgl. das
Glossar zu den Chroniken der fränkischen Städte II; 545* s. v. ciniehy einch^
einig sowie Germania 18, 269 und Weigand D. W. 3. Aufl. s. v. einig. Als
Adverbium, wie die Anmerkung will ohne es näher zu bestimmen, kenne ich
einig nur in der Bedeutung unicCy allein, nur, was doch kaum in den Zusam-
menhang der vorliegenden Stelle passen würde. Wie hier, so heißt es auch
weiter unten V. 466: Einig gibe ich kom 9uo emen, dem andern gelt, dem
dirttn epec; auch hier hat der alte Druck eime statt des handschriflliehen
eimCf welches nach meiner Auffassung hier gar keinen Sinn gewährt. Ich
glanbe, daß an beiden Stellen der Schreiber der Handschrift einic verlesen hat
statt eime.
V. 416 — 17 du muost das usgen »chiiben \ das ich verspende jores ins
hu€. Hierzu wird in der Anmerkung gesagt, daß sich verspenden nur noch in
Pfeiffers Ubungsbuche vorfinde. Das Wort ist aber nicht so selten als man
glaubt. Man hat vielmehr hierher zu ziehen auch Nie. v. Jeroschin 19926
keUhe, mesgewite nam der ungenhne u, in ungetSme übunge er vorspente-^
25812 und alle daz geritt — — in lastir er vorspente (: sacramente) ] Job.
Marienwerder im Leben der heiig. Dorothea S. 249 so pflog her sy zcu be-
seholdegen, das sie vil almosen gegeben hette und im syne gute vorspent hette»
Von Pfeiffer freilich in seinem N. v. Jeroschin S. 260 und demnach auch von
den mhd. Wörterbüchern sind diese Formen auf verspenen zurückgeführt;
dieses könnte aber doch eigentlich nur die Bedeutung von verlocken oder ver-
wöhnen haben, nicht die von pertrahere dispergere, vergeuden; auch von dem
einfachen spenden sind ja die Formen spente (prät.) und gespent (partic.) nichts
Ungewöhnliches. Dasselbe gilt von Nie. v. Jeroschin 23586, 14204, 26305,
von wo ebenfalls die Wertformen zuspente und zuspent^ im mhd. Wörterbuch
II**, 477* unter zerspenen aufgeführt, mit Frisch II, 297^ vielmehr von einem
Infinitiv zuspenden =: pertrahere distribuere dispergere abzuleiten waren gleich
wie das im Alexius ed. Maßmann 107, 227 stehende zespente^ vgl. mhd. Wör-
terb. II^ 492^ 17.
V. 423 und ein Schilling umb karrich wecken ; im alten Drucke r kan ich
wecken; daß ein Backwerk unter karrich wecken gemeint sei, vermuthet auch der
Heransgeber; aber welches? Mir fiel dabei die Stelle im König vom Odenwalde
U, 109 ein: eiermüeser^ karchel, mutzen, der erdarf man dd nÜU tutzen, wo von
326 UTTERATUR: K. PICKEL, KONRAD VON DANOKROTZHEDf.
dem HeraoBgeber K. y. Bahder das seltene karchel unerklärt gelaseen vbL Ick
denke an das Gebäck krekeUnf kracherlenj niederl. cratckdingh bei Komelhis D
ed. Hasselt 321'', bei Hildebrand im D. Worterb. s. v. hrackMun^ frans, ert-
qutUn^ dasselbe welches beim König vom Odenwalde VII , 125 aaeh ^rott-
Wdn heißt, vgl. noch Maller und Weits Idiot, von Achen 125 kraduHarWAt,
krakröUchtj ein kleines hartgebackenes Weiaenbrötchen.
V. 429 tB vergeeie (d. i. vergaeMe) mir likt ein p/enfdng umb be§enf d. L
ieh vergisse leicht, mir entfiele leicht u. s* w. Za dieser eigenthSmliehei
Construction des Verbums verlesen, die sonst nicht gerade häufig, im HstI
aber gewohnlich gewesen zu sein scheint, lassen sich ans elsäsdschen QaeOei
ausser Heinrich dem Glicheser 1596 noch andere Beispiele anfuhren, so
aus Nicolaus von Basel ed. Schmidt 238 ieh befant so vU unspreekaUieim'
firöideriy dat tnir an steile rehte aües mim wies und miner erbeU verlas; an
den Gottesfireunden im 14. Jahrhundert S. 77: ich heUe ueh gar gerne dk
ding in uwer spräche geachriben, alee ich auch wol künde, und tootte et
getan haben ^ ^aho vergae ee mir gar vil^ und habe uwer eproche und mnmr
spräche underenafider geschriben\ aus einer dem Mamer beigelegten Strophe der
Kolmarer Liederhandschrift bei Strauch, Der Mamer S. 133 ein kUitUM wert
mac wol erzamen einen biderman, daz im doch nimmermi verginei* Jndetssa
mag die Ausdrucksweise nicht ursprünglich hier heimisch gewesen sein; öe
ist wohl aus dem benachbarten ripuarisch-fränkischen Sprachgebiete tän^
wandert ; sie findet sich s. B. auch im Karlmeinet| vgl. darüber Bartsch S. 888 ; ii
der Kölkiischen Weberschlacht (Chron. der D. Städte Xu) 270 ein dml dm
IcirrCj der mich vergas] bei Janota Übers, der Psalmen S. 41 mich «t per-
gessen myn broit zo essen •:=. Ps. 101 oblitus sum comedere panem meum.
V. 454 vierzehn pferminge umb limhelleder {ifeder); letzteres wicd fib
Leder zum Ausbessem der Schuhe erklärt, von limbel^ Schuhfleck; axifh. &m
bei Hermann von Bibra ed. Kirchhoff S. 114 (355) vorkommende
Hesse sich hierherziehen, falls es aus limmel-leder contrahiert wäre.
V. 457 wo salzy wo smalz, wo würze, wo pinf^ in der Handschrift
im alten Druck spint Letzteres würde ich vorziehen, da eine Zosamnu
hung pint aus pigment sich nicht nachweisen läßt.
V. 464 do heischet der trösch, do gip dem meder. Zu dem seltaMi
Worte tröschSf Drescher, war zu vergleichen Berthold ed. Pfeiffer 90, 13 mtk
$6 sie daz umbe dich verdienet hdnt als dieme unde knehte oder kirte wM
sime Stabe oder tresche mit shne flegd,
V. 469 do umb wellen, do umb pfrimen \ hie oppfergelt, do meeee iiiBmsi
Hier ist die Bedeutung von pfrimen fraglich. Der Herausgeber denkt m
Schubmacherpfrieme. Diese Bedeutung paart sich aber nicht gut mit dem vir
hergehenden wellen. Ich vermuthe daher, daß auch hieranter eine Hols- oim
Strauchart gemeint ist, also das bei Lezer IF, 264 und Weigand U, 342 m-
zeichnete pltrimme, Pfriemenkraut, über welches besonders Nemnicb s. v. gh
nista und spartium nachzusehen ist, aus welchen Stellen man zugleich omiiH
daß dieses Strauchgewächs für die Wirthschaft mannigfachen Nutzen gewmliite^
*) Auf mein ausdrückliches Befragen haben mir mehrere mit der Botanik
traute ElsSsser vta-Rasel die dankenswerthe Ifittheilung zugehen lassen, daß das
timn seeparium in ihrer Heimat nicht selten angetroffen und noch heute zum StiwMi
ood Heizen sowie zu Besen verwendet werde.
LITTERATUR: L. SCHULZE, PHILIPP WACKERNAOEL. 427
Das Beimwort der folgenden Zeile lautet im alten Drucke frymm, in der
Handschrift firymmm ; ebenso schreibt es eine Straßbnrger Urkunde aus dem
Jahre 1418 bei Schilter so Koenigsho?en S. 1089: 1 pfenming tu pftymen
(i. e. fiMsse vrwnm) und 1 pfenning su opfern den Heiligen geben,
y. 471 ist kintUmf gedruckt; in der Handschrift kintdöff^ im a. Dr.
küntdöff] warum ist die umgelautete Form hier Tcrworfen, dagegen getöimet:
geiröimet in V. 13^14 beibehalten?
y. 482 Do heiackei der goldemid^ do der enider. \ üß der buoche kan ich
nit kumen. Besser wohl ein Komma nach enider; üß der huoche ist dann:
ans deren Buche; vgl. echvUhuock bei Lexer 11, 814« An ein Femininum
buoche wie es in mitteld. Schriften zuweilen auftritt (z. B. auch in der Elisa-
beth ed. Bieger 2465) braucht man hier nicht zu denken.
ZEITZ KoTomber 1878. FEDOB BECH.
Philipp Wackemagel nach seinem Leben and Wirken fdr das deutsche yolk
und die deutsche Eorche. Ein Lebensbild von Ludwig SchulzCi D.
der Theologie und Philosophie, und ord. Prof. an der UniTcrsitiit zu
Bestock. Mit einem Bildniß Wackemagers. Leipzig, Dörffling und Franke.
1879. Xn UDd 316 S. gr. 8.
In der letzten Sitzung der deutsch-romanischen Section auf der Philologen-
yersammlung zu Wiesbaden im Jahre 1877 lenkte der Vorsitzende, der in-
zwischen auch abgeschiedene Professor Theodor Creizenach aus Frankfurt a. M.
die Aufmerksamkeit auch auf die verstorbenen Fachgenossen des letzten Jahres
hin^ auf Philipp Wackernagel und Ludwig EttmüUer. Es war kein lange vor-
bereiteter Vortrag, denn Creizenach holte erst auf meine kurz vorher gegebene
Anregung in letzter Stunde nach, wozu er in der ersten Sitzung nicht gelangt
war. Aber es war ein Vortrag, der nicht nur seinem Gegenstande völlig ge-
recht wurdcj sondern der in seiner frischen Unmittelbarkeit auch das Herz
bewegte. Es war bewunderungswürdig, wie treffend Creizenach diese beiden
Männer, die einander so unähnlich waren, charakterisierte. In kSrzesten, genial
hingeworfenen Zügen schilderte er ihr Wesen, ihre Ziele, ihre Leistungen,
ihre Vorzüge und Mängel. Die Berichte über die Wiesbadener Versammlung
(Germania 22, 507, Zeitschrift für deutsche Philologie 9, 109) skizzieren diesen
Vortrag inhaltlich in angemessener Weise, aber von dem tiefen und nachhal-
tigen Eindruck, den er hervorbrachte, weiß nur der zu sagen, der das Glück
hatte, ihn aus Creizenach's Munde zu hören. Das ist aus unseren Kreisen
eigentlich die einzige Stimme gewesen, die sich über Ph. Wackemagel und
Ettmüller vernehmen ließ. Denn weder die Germania noch die Zeitschrift für
deutsche Philologie brachten eigene Nekrologe. Über beide ist überhaupt nach
ihrem Tode recht wenig geschrieben worden. Mehr über Wackemagel, und
dies meist in theologischen Organen. Denn die Theologen der strengen Bieh-
tung sahen in Wackemagel einen Genossen und Mitstreiter, dessen Verlust
sie tief empfanden. Und so ist auch die erste Biographie Wackeraagel's aus
theologischen Händen hervorgegangen.
Ich glaube meinen Fachgenoszen einen Dienst zu leisten, wenn ich sie
auf das vorliegende Werk meines Bostocker CoUegen hinweise. Die Tendenz
428 LITTERATUR: L. SCHULZE, PHILIPP WACKERNA GEL.
des Baches ist eine allgemein biographische, es wird uns ein Lebensbild ge-
boten; zugleich aber war der Verfasser bestrebt, nach der biogtiqihisdien Dar
Stellung, die er in zehn Capiteln gibt, die verschiedenen Richtungen und Gebiete
Wackemagels noch einmal zusammenzufassen und im Einseinen an veifolgei
und darzulegen. Wackemagers Leben war anfanglich ein viel bewegtes. Die
Schilderung der Jugendzeit fuhrt uns auch auf das Wiedererwachen des deut-
schen Alterthums und in die Anfange der zu eigentlicher Wissenschaft heraa-
reifenden Grermanistik. Auch für seines Bruders Wilhelm Wackemagel Bio-
graphie sind einzelne Züge aus Philipp^s Leben anziehend und wichtig. Weai
una das eilfte Capitel^ in welchem uns Wackemagel als Naturforscher , insbe-
sondere als Mineralog entgegentritt, vielleicht materiell weniger berührt, lo
werden wir doch an dieser Vielseitigkeit Wackemagers Interesse nehmen oad
an seiner sinnigen Naturbetrachtung unsere Freude haben. Waekemagel*t
Wirken als Pädagog (zwölftes Capitel) hängt schon aufs engste mit seines
deutschen Studien zusammen. Ihm verdanken seine verschiedenen Leaebueker,
vor allen auch seine ^ Edelsteine*^ ihre Entstehung. Das nächste, dreiseliBte.
Capitel ist für uns das wichtigste; der VerfEMser schildert hier die hymnokh
giache Thätigkeit Wackemagels und verweilt namentlich bei seinem Lebem-
werke, der großen fünf Bände umfassenden Sammlung, deren Vollendung Wacker-
nagel leider selbst nicht mehr erleben sollte. Mit seinem „deutschen Kirchenlied*
bat W. nicht blol> der Germanistik, sondem auch der Theologie einen unver-
gänglichen Dienst geleistet. Auch der andern in das gleiche Gebiet einaeUa-
genden zum Tbeil wissenschaftlichen, zum Theil praktischen Bucher gedenkt
Prof. Schulze in eingehender Weise.
Sehr willkommen ist eine bisher nicht veröffentlichte Zugabe an diesea
biographischen Werke, nämlich Wackeraagel's Vorschläge für die Abfaanag
eines allgemeinen deutsch-evangelischen Gesangbuchs, die er der Veraammlimg
des Kirchentags zu Bremen im Jahre 1852 in längerer Rede entwickelte. Irt
der Zweck auch ein praktischer, so gründen sich doch die vorgetragenen Ab-
sichten auf eine tiefe Kenntniss der geschichtlichen Entwickelung imserai
Kirchenliedes^ und in sofern sind sie literarhistorischer und philologischer Katar
und bieten reiche Belehmng. In der Darlegung der Gründe, weshalb die altai
Lieder des 16. Jahrhunderts der Veränderung und Verschlimmbesserung natcr-
lagen y vermissen wir wohl die Hervorhebung zweier wichtiger Anläeae, der
unaufhaltsam fortschreitenden Sprachentwickelung, der selbst die conaervaüfsle
Bewahrung des alten und treu gehegten Besitzes weichen muß, und sodann der
neuen metrischen Gesetze, die gebieterisch zur Regelung der überkoaam«
Dichterworte führten, zumal wenn die Lieder nicht für den Gesang der
sondern auch für die Hausandacht, für das stumme oder laute Leaen dii
sollten. Ein drittes Moment ist dann bekanntlich der Rationalismus, über des
Wackemagel sich mit einschneidender Schärfe ausläßt. Neu aber wird lir
viele sein, die diese Dinge nur literarisch zu betrachten gewohnt waren, diff
„die ersten Angriffe auf den evangelischen Kirchengesang nicht von Seite dei
Wortes, sondem der Weise geschahen^. Wackemagel belehrt uns hier genaaer
über diese musikalischen Verhältnisse, über den Einfluß des kirchlichen Kvwt-
gesangs, über das Eindringen des italienischen Geschmacks und über die dt-
dnrch erzeugte Verweltlichung des evangelischen Kirchengesanga. Freilieh siad
Mueb diese Belehrungen nur andeutender Natur. Sie erwecken den Wm^
LITTERATUR: B. BERGKMANN, DAS HÖFISCHE LEBEN etc. 429
Dach eingehenderer Beweisführang und Demonstration durch Notenhei spiele.
Die Bemühungen Wackemagers, wenn ihm auch principiell beigestimmt wurde,
blieben doch erfolglos. Auch heute ist noch kein allgemein deutsch-evange-
liflches Gesangbuch geschaffen und eingeführt. Wenn aus theologischen Kreisen
aufs Neue das begonnene Werk in Angriff genommen werden soll, dann werden
zur Erreichung dieses Zieles auch wieder germanistisch geschulte Kräfte heran-
gezogen werden müssen, wie eine solche in Philipp Wackemagel Terkörpert
war. Aber schwerlich wird sich ein Mann finden , der wie er das literarische
Interesse mit der tiefen und eifrigen Liebe zur Kirche vereint.
ROSTOCK, den 18. MIrz 1879. R. BECH8TEIN.
Das höfliche Leben nach Gottfried von Straßbnrg. Inaugural-Dissertation
von Bernhard Bergemann. Halle 1876 (in Commission bei Ernst Kam*
Iah in Berlin). 51 Seiten 8.
Diese kleine Schrift ist schon längere Zeit erschienen , auch bereits von
Bartsch in der Bibliographie von 1876 (Germ. 22, S. 474) unter Nr. 480
eingereiht. Sie ist mir erst ziemlich spät zu Gesicht gekommen. Ich hoffe,
es wird auch heute noch nicht zu spät sein, diesen Beitrag zur Gottfried-
Literatur in der Germania anzuzeigen. Ich mochte es thun, einmal weil
solche Dissertationen leicht unbeachtet bleiben und sodann, weil der Verfasser
auch öfters Gelegenheit nimmt, sich mit meinen Erklärungen des Gottfriedischen
Tristan zu beschäftigen. Es ist dies ganz in der Sache begründet. Denn
wenn die Schrift sich auch den Realien im Tristan zuwendet, so fußt sie doch
auf dem Verständniss der einzelnen Stellen und muß daher je nach Umständen
zur eigenen Erklärung schreiten, sobald anderweit gegebene HülfBmittel fehlen
oder in die Irre zu fuhren scheinen. Der Verfasser hat sich freilich nicht
darauf beschränkt, sachlich zu interpretieren, sondern er zieht auch Stellen
heran, deren Erklärung in das allgemeine Gebiet der Hermeneutik gehört.
Zunächst aber will ich meine Freude darüber bezeugen, daß der Ver-
fasser sich dieses sehr nützliche und anziehende Thema gewählt hat. Der-
artige Einzelstudien scheinen mir sehr förderlich. Nicht bloß die eigentlichen
Zeitgedichte wie der Frauendienst und der Meier Helmbrecht bieten reichen
Stoff für die Culturgeschichte , sondern mehr oder weniger alle Epen^ ja auch
die Lyrik, wenn man zwischen den Zeilen zu lesen versteht, gibt uns mitunter
schätzenswerthe Andeutungen in Bezug auf unsere Alterthümer. Daß der
Tristan Gottfried*s eine besonders ergiebige Ausbeute gewährt, weiß jeder, der
nur einigermaßen sich mit dem Gedichte vertraut gemacht hat. Darum ist
er auch schon nach verschiedenen Gesichtspunkten hin ausgenutzt worden, wie
z. B. von Jacob Grimm, von Wilhelm Wackemagel, von Weinhold, von Jacob
Falke. Aber eine zusammenfassende Darstellung haben wir noch nicht. Eine
völlig erschöpfende bietet auch Bergemann 's Schriftchen nicht; er beschränkt
sich auf das höfische Leben, läßt also künftigen ähnlichen Versuchen noch gar
mancherlei zur Nachlese und Ergänzung übrig. Bergemanns kleine Arbeit ist
recht hübsch gruppiert und wir können dem Verfasser das Lob ertheilen, daß er
mit Fleiß gesammelt und verständnissvoll dargestellt hat. Auch ist auf andere
Dichtungen derselben Zeit Bedacht genommen und auf die gelehrte Literatur,
430 LITTERATUR: B. BERGEMANN, DAS HÖFISCHE LEBEN etc.
Boweit sie dem jugendlichen Verfasser bekannt und zugänglich war, im da
Anmerkungen hingewiesen.
S. 2— 19. L Die Erziehung des Ritters. — S. 3 macht der Verfasser
zu den Versen 2056 fg. (58^ 19 fg.) dcu er wol rede und auch gebär vermemm
künde und oueh vemam unter dem Texte eine Bemerkung „fiber das für m
schwierige von Bechstein nicht erklärte vememen^ mit Verweis auf Grimms Wb.
5, 538 und Vers 3686 fg. (92, 38 fg.). Stunde verneinen allein mit rede, daai
würde die Erklärung nicht unterblieben sein; da gebär dabei steht, wird wokl
jeder aufmerksame Leser es selbst finden, daß unser „vernehmen" nicht pa&t
und nicht ausreicht, sondern daß , verstehen" zu übersetzen ist. Für Y. 363S
war eine Erklärung vollends nicht nöthig. Ich bin indes nicht abgeneigt, is
einer etwaigen neuen Auflage für V. 2057 das Versäumte nachziüiolen , hb
dann aber auch auf den Vorwurf gefaßt, ich erkläre zu viel. — S« 8. Zu der
Stelle: mich Urten BrUOnaUe . . . rehte Rren unde sambiiU 3678 ff. (98, 40 £)
macht Bergemann unter dem Texte die Bemerkung : ^Es scheint mir hier pas-
sender, ^efi nicht, wie Bechstein will, als infinitivus, sondern wegen des fol-
genden Substantivs eambiiU als accusativus von dem schwachen femininum fire
aufzufassen. Über ick Ure mit dopp. acc. vgl. Gr. Gr. 4, 621. 643.^ SoU die
letztere Verweisung auf Grimm's Syntax ein Beweis sein ? Nun, ich denkei mm
Ihren Infinitiv ist, dann ist es auch ein Accusativ. Ich habe auch daran ge-
dacht, ob nicht Itren acc. subst. sei, habe aber diesen Einfall Terworfen, od
zwar wegen des Adv. rehtCy und daran hat Bergemann nicht gedacht. UbrigeM
steht kurz vorher 3674 ffg. : tnich Urten Parmen^en videln und «ymp&eat«,
harphen unde rotten daz Urten mich Gdlotten; also lauter substantivische Ir
finitive. Die Verbindung eines verbalen Substantivs mit einem
macht selbst heutigen Tages keine Schwierigkeit; und daß Gottfiried, der
substantivischen Infinitiv sehr bevorzugt, solcher Ausdrucksweise nicht ans
Wege geht, zeigt im Folgenden der Vers 3722: (du kernst) jctgen^ etpräcke,
spi7? Ist jagen etwa auch acc. eines schwachen Femininums diu jagtl Hil
Bergemann vielleicht in rehU nicht das Adverbium, sondern das AdjectiTim st
Ure gesehen, die rechte Leier? — S. 10 wäre in der Anmerkong, die aif
gelehrte Literatur Ober das Schachspiel hinweist, Wackemagel's Abhandhag
Kl. Sehr. 1, 107 zu nennen gewesen, um so mehr, als der Verfasser aoaik
das Buch citiert. — S. 12 sucht der Verfasser meine Erklärung von V. 4819 %.
(122, 21 fg.) zu widerlegen. Um mich hierüber mit ihm auseinander xa
bedürfte es einer längeren Erörterung, einer allzulangen für dies
deshalb verspare ich sie auf eine andere Gelegenheit. — S. 14 ist die Bede
von der Reitkunst, die ein nothwendiges Erfordemiss des Ritters war. Es ioUl
in höfischen Gedichten nicht an Verspottung der Nichtreiter; so sei jedenftDi
auch die scherzhafte Bemerkung Gottfried*s über den verirrten Tristan sn
stehen, V. 2563 — 65 (66, 5 — 7): mit sCnen füezen wegeUr^ mit stneit
stegeter : er reit sCn arme und sCntu bein* Dann folgt der Machtsprach : ,Boe^
stein's Erklärung von rUen s. v. a. gewaltsam bewegen ist unrichtig.* Aa
Verspottungen fehlt es allerdings nicht, darum sind die beiden folgenden CStali
aus Heinrich^s Tristan ganz gut, nur erklären sie nicht unsere Stelle. 1km
in ibnen ist doch ausdrückUeh vom Füllen und vom Pferd die Rede, nicht vss
Annen und Beinen. Die Stek\e axia \3\T\^%TmVaxi\^^%^ d\A Ber^emann aa-
fiibrt, der ritter »tne /Ueze reU \al v\ft\\cv<i\i\. ^OsiWTJtv^V ^öotäwvN. ^ ^^^ ^^j^ ^
UTTERATUK: B. BERGEMANN, DAS HÖFISCHE LEBEN etc. 431
wartete Pferd nicht da war; doch ist sonst das Scherzen nicht gerade Ufarich's
Sache. Auch kann der Ausdrack durch jene Stelle bei Gottfried beeinfloßt
sein. Das Reiten der Füße läßt sich noch denken, aber auch das der Arme
würde doch ein allzudrastischer und sehr geschmackloser Scherz sein, den der
sonst so gerne zum Scherz geneigte Gottfried gerade hier nicht angewandt
haben würde, wo er uns die klägliche Situation Tristan's schildern will*). Ich
bleibe doch bei meiner Erklärung. Bergemann mag in den beiden mhd. Wör;
terbüchem sich über die allgemeine Bedeutung Yon riten belehren, welches erst
später ausschließlich die Fortbewegung zu Pferde erhielt An unserer Stelle
kann nur diese allgemeine Bedeutung gelten. — S. 15 steht nach Erwähnung
des Unterrichts im Fechten und Sperwerfen: ,yFür dieses schirmen 2111 (54,
33) Yom französ. escrimer haben wir nicht, wie Bechstein behaupteti das fremde
^parieren^ eingeführt. Es hat vielmehr schirmen sehr häufig wie hier die ganz
bestimmte Bedeutung «fechten" angenommen^. Darauf folgen beweisende Stellen
aus der Kudrun. Die letzte Bemerkung Bergemann's ist eine gute Correctur,
die einzige, die er bietet; ich nehme sie dankbar an. Es ist richtig, hier hat
schirmen in der That die verallgemeinerte Bedeutung. Deshalb aber ist meine
Angabe, daß wir für schirmen das fremde ^parieren'' eingeführt haben, noch
nicht hinfällig. Denn schirmen beißt unzähligemal im Mhd. auch das, was wir
eben heute mit „parieren*' bezeichnen. Bergemann's Etymologie, daß unser
eehirmen von franz. escrimer komme, wird kaum auf Beifall rechnen können.
Soviel mir bekannt, ist das Umgekehrte der Fall; vgl. Diez roman. Wb.
1», 870.
Es folgt S. 19—24 n. die Schwertleite; S. 25 — 30 III. die Erziehung
der Frau; S. 30—34 IV. die Vermählung; S. 34—42 V. der König. Auf
eine feine Bemerkung des Verfassers möchte ich hinweisen, die S. 36 zu dem
Gebrauche, bei jeder wichtigen Angelegenheit die Freunde und Verwandten um
Bath zu fragen, erläuternd gemacht ist, daß aus dieser Auffassung vielleicht
die bei dem Verbum raten in mittelalterlichen Gedichten so häufige Personi-
fieation gewisser Abstracta wie irnftne, triuwe, muot u. s. w. herrühre.
Ein besonders wichtiges und interessantes Capitel ist das sechste von
der Musik (S. 42 — 46). Bergemann bespricht erst die Instrumente, dann die
Sangarten. Die Sammlung der Stellen ist fleißig, die materielle Erklärung
lißt freilieh zu wünschen übrig. Hier sind die gelehrten Forschungen, die
Qiiz von Wilhelm Hertz in den Anmerkungen seiner neuen Bearbeitung von
Gottfried's Tristan geboten sind, natürlich weit ergiebiger.
Das letzte siebente Capitel (S. 46 — 51) über das Leben am Hofe ist
etwas skizzenhaft behandelt. Die Jagd ist mit einer halben Seite erledigt,
*) Simrock hat wirklich dem schlechten Witze in seiner Übersetzung eine
Stätte bereitet: «Er ritt die eigenen Arm und Beine". Geschmackvoll sachte Kurz
einen Ifittelweg, indem er setzte: „Statt Bosses nahm er Arm und Bein zusammen*'^
aber auch gegen diese Anff^song erklärte ich mich ausdrücklich in meiner Anmer-
kung. Hertz nimmt richtig ein Verbum der subjectiven Bewegung: „So klettert er
auf Arm und Bein*'. Dieses Klettern ist enger als riten^ aber der Nachdichter wählte
es der Situation angemessen, weil Tristan emporklimmt. Bfir scheint es allerdings zu
eng, denn wenn man auch beim Steigen öfters auf allen Vieren zu kriechen gezwun-
gen ist, so haben auch die Arme noch ein anderes Geschäft des ato^etw»^ ^^^^^^i^-
bahnens, nämlich das Auselnandeniehmen der entf^e^enaV^\i«iv^«ivlA'«vA^'Q^^^^^'^^*^
432 LITTERATUR: B. BERGEMANN, DAS HÖFISCHE LEBEN etc.
w&hrend von ihr ein ganzer Abschnitt bandeln könnte. Auch die Sitte, u
der Hand zu fuhren, wird erwähnt (S. 50). Bergemann belehrt ont, daA •
im Mittelalter in Deutschland nicht Sitte gewesen sei, am Arm za fahren stitt
an der Hand, und verweist auf die bekannte Notiz von Hildebrand Genn. 10,
180, die ich auch bei Besprechung von V. 3328 (85, 10) angesogen hatte.
Nach Anführung eben dieser ganzen Stelle fährt Bergemann fort: „Schwerücb
wohl kann man, wie Bechstein thut, daraus, daß Gottfried diese ^ine SteDe
nicht der deutschen Sitte gemäß umgeändert hat, schließen, daß das Fuhi«
am Arm auch schon in Deutschland bestehender Brauch gewesen sein mnft."
Hier hat Bergemann nur mit den Augen gelesen und mich arg mißverstaDda.
Meine Anmerkung lautet: „under armen , zwischen, an den Armen. Das iil
französische Sitte ^ die aber zur Zeit des Dichters schon eingeführt geweses
sein muß, sonst hätte er gegen die Vorlage die Situation geändert.* Wcm
dieses Fähren am Arm thatsächlieh geschah, so war es eben eingeführt. AWr
wo habe ich denn gesagt, daß dieser Gebrauch allgemein und hemehend gt-
wesen sei? Das an der Hand Fähren ist ja bei Gottfried überaoa häufig, aksr
sollte ich etwa deshalb gar nicht bei V. 3338 auf den neaen Gebrmiieb, aif
diese Ausnahme aufmerksam machen? Ohne mich wäre doch Bergemmim wahr
scheinlich nicht auf diese Stelle gekommen, an die überhaupt noch niemand
gedacht hat. Wenn es auch nur eine einzige Stelle ist, so beweist sie dodi
entschieden den Anfang des fremden Brauchs in Deutschtand. Über den Ge-
brauch des Führens sollte einmal eine Untersuchung angestellt werden, die snk
aber nicht nur auf die Literatur, sondern auch auf Bildwerke stStsea
Es werden da sicher auch Unterschiede nach den Landsehaften
Wenn nun Gottfried zuerst der fremden Sitte gedenkt, so darf man
vergessen, daß seine Heimath dem Einfluß des benachbarten FrankreidM
ausgesetzt war ab entferntere Länder. Wenn Hildebrand an jener Stelle
aufrnerksam macht, daß heute noch an den Höfen das Führen an der Bmi
üblich sei, so ist dies durchaus richtig. Aber an den Höfen wird aneh am Am
gefuhrt. Es kommt nur darauf an, bei welcher Gelegenheit Das eine «
das andere hat seine Regel*).
Die lehrreiche kleine Schrift Bergemann*s würde gewonnen haben, was
der Verfasser in seinen Emendationen etwas vorsichtiger zu Werke
wäre. Mit den zunehmenden Jahren wird auch bei ihm die Besonnmilieit
sen. Möge er bei künftigen wissenschaftlichen Arbeiten, die wir Ton um i^
hoffen, sich befleißigen, schon vorhandene Erklärungen erst recht an prffB
und in ihr Verständniss einzudringen , ehe er sie verwirft und gegen sie po-
lemisiert.
ROSTOCK, März 1879. R. BECHSTEIN.
*) Bei dieser Gelegenheit sei es mir gestattet ein störendes
berichtigen, welches in meinem kleinen gegen Sprenger gerichteten An&alB GsrmSi
9 ff. stehen geblieben ist, welches aber aufmerksame Leser gewiß seihet |
haben werden. Seite 11, Zeile 17 von oben maß es statt dne f(»i natfirÜdi
dne »in (mit Absicht steht).
BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT
DKB
ERSCHEINUNGEN AUF DEM GEBIETE DER GERMANISCHEN
PHILOLOGIE IM JAHRE 1878.
▼OH
KARL BARTSCH*).
I. Begriff and Geschichte der germanischen Philologie.
1. Paal, H., Nibelangenfrage und philologische Methode.
Panl und Braune, Beitr^e 5, 428-447.
2. BarUoh, Karl, I. II.
Rostoeker Zeitung 1878, Nr. 60 f.
3. Creiianach, Theodor. Von Karl Bartsch.
Die €kgenwart 1878, Nr. 6.
4. Diei. — Brejmann, H., Friedrich Diez, sein Leben, seine Werke
ond deren Bedeatang für die Wissenschaft. Vortrag, 8. (32 S.) Manchen 1878.
Ackermann. 60 Pfg.
Vgl Lit. Centr. 1878, Nr. 22; Archiy f&r Literatur-Geschichte 8, 3; Alma
Mater 23.
5. Sachs, K., Friedrich Diez and die Romanische Philologie. Vortrag.
8. (16 8.) Berlin 1878. Langenscheidt. M. 0, 60.
Vgl Alma mater 23.
6. Friedrich Diez.
Magaxin für die Literatur des Auslandes 1878, Nr. 39. Anknfipfend an Breymann.
7. BttmfUlery Ludwig. Von R. Wülcker.
Anglia I, 653—655.
8. Oemnns. — Zeller, Ed., Vorträge und Abhandlangen. 2. Samm«
long. 8. Leipzig 1877. Fues.
Enthilt einen AufMits über Gerrinus.
9. Chräter. — Fisch er, H., ein angedruckter Brief Yon J. 6. Fichte an
D. F. Gräter.
Germania 23, 505—507.
10. Grein. — Wfilcker, R., über Greins Nachlaß.
Anglia I, 556 — 560.
11. Grimm. — Frenndesbriefe von Wilhelm and Jacob Grimm.
Mit Anmerkongen herausgegeben von Alexander Reifferscheid. Mit einem Bild-
nia« in Lichtdruck von Wilhelm und Jacob Grimm. 8. (X, 256 S.) Heilbronn
1878. Henninger. 4 M.
Vgl. Anseiger f. d. Alt 5, 221 ff. (Steanmeyer); Europa 1879, Nr. 3; Allgem.
Zeitung 1878, Beilage 838 (Dfintzer); Pick, Monatsschrift 5, 76 ff. (Dttntaer); Deutsche
Rundschau 1879, BfaL
*) Mit UnterstatKung von K. Gislason in Kopenhagen^ Th. M?Sbvti& vel ^S!iSL^^iXk>
dervall in Lund.
GEBMASU. JKiM JUks JUL (ZXIY.) Jakif . ^2S^
434 BIBUOORAPHIE VON 1878.
12. Hoffioiann von Fallersleben. — In: Strodtmann^ A.« Dichter-
profile. Literaturbilder aus dem 19. Jahrhundert. 1. Bd. 8. (V, 292 S.) Statt-
gart 1879. Abenheim.
13. Leo. — Heyne, M., Heinrich Leo.
Englische Studien U, 284 f.
14. Heinrich Leo.
Die Gegenwart 1878, Nr. 19. 'Halensis' nnterseichnet.
15. Heinrich Leo.
Illustrirte Zeitung Nr. 1820 (1878).
16. Heinrich Leo.
Neue evangelische Kirchenzeitung 20. Jahrgang, Nr. 24.
17. Erinnerungen an H. Leo.
Allgemeine eyangelisch-lutherische Kirchenzeitnng 1878, Nr. 2t.
18. Eydqviflt. — Maurer, K., Johan Erik Rydqvist.
Germania 23, 373—378.
19. Linder, N. , Johan Erik Rydqvist. Miunesteckning. Ur Ny Dia-
strerad Tidning 1878, med ändringar och tilläg. 12. (22 S.) Stockholm 1878.
20. Simrook. — Wackemell^ J. C, Cari Simrock.
Literaturblatt von Edlinger II, 6. 6 (1878).
21. Spann, Anton Ritter von.
Wurebach, Biograph. Lexikon 36 (1878), S. 71--75.
22. Syv. — Hörn, F. W., Peder Syv. En literaerhistoriak Studie.
Samfundet til den danske Literaturs Fremme. 8. (190 S.) Kopenhagen 1878.
2 kr. 40 ö.
23. Ph. Wackernagel. — Schulze, L., Philipp Wackernagel oaek
seinem Leben und Wirken für das deutsche Volk und die deutsche Rireke.
Ein Lebensbild. Mit einem Bildniss Wackernagels. 8. (XII, 316 S.) Leipiig
1879. Dörffling und Franke. 6 M.
Vgl. GOtting. Gel. Anzeigen 1879, 14 (Dasterdieck) ; Theol Literaturroitung 10;
Jahrbucher f. Phil. u. Pidag. 1879, März.
24. Philipp Wackernagel.
Nene evangel. Kirchenzeitung XX, 62 (1878).
25. Weigand. — B(irlinger), A., Friedrich Ludwig Karl Weigand.
Kölnische Zeitung 1878, Nr. 197, 1.
26. Karl Weigand.
Illustrirte Zeitung Nr. 1837 (1878).
27. WitZfChel. — Weniger, L., August Witsschel.
Germania 23, 378-381.
28. Woeste. — Crecelius, W.^ Friedrich Woeste. Nekrolog (Sonden
abzug aus der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins.) Düseeldoif (1878).
8. (18 S.).
29. Koppmann^ K., Friedrich Woeste.
Jahrbuch des Vereins für nd. Sprachforschung 1877, 8. 166 fS.
SO. Thomas Wright
Unsere Zeit 1878, 10. Heft, S. 793 f.
31. Heinzerling, Bericht über die Verhandlung der deutsch-romaoi-
sehen Section der 32. Philologen Versammlung zu Wiesbaden.
Zeitschrift f&r deutsche Philologie 9, 104—109.
32. Neu mann. F., Bericht über die Verhandinngen der deotteh- ro-
manischen Section der XXXIfl. Philologenversammlung an Gera.
Zeitschrift für deutsohe Philologie 10, 121—128.
n. HANDSCHBIFTENKUNDE UND BIBLIOGRAPHIE. 435
II. Handschriftenkunde und Bibliographie.
33. Lucht, M. J. F., Nachrichten über die Bibliothek des Qjmnasiams
und die in derselben befindlichen Handschriften. I. Altona 1878. 4. (22 8.)
Programm des Christinianeums.
8. 19 wird eine niederd. Handschrift des 14./16. Jahrh. (Kalender und Gebetbuch)
erwIUmt.
34. Cremans, Dr., Verzeichniss der alten Drucke und Urkunden der
Bibliothek des Gymnasiums zu Düsseldorf. Programm. Düsseldorf 1878. 4.
Enthält einiges an niederdeutschen Sachen.
35. Schmidt, 6., die Handschriften der Gjmnasialbibliothek. 4. (38 S.)
Programm des Gymnasiums zu Halber^tadt 1878.
Darin verachiedene Handschriften und altdeutsche Sachen, namentlich nieder-
deutsches.
36. Bericht über die Bibliothek des Waisenhauses. 4. Programm der
lateinischen Hauptschule in Halle 1877.
Nr. 1 — 16** der Handschriften 'Deutsche und lateinische Gedichte meist religiösen
Inhalts*.
37. Catalogus codicum manuscriptorum in bibliotheca monasterii Cre-
mifanonsis. Edidit H. Schmidt. T. I, fasc. 2 (S. 65—128). Linz 1878. Eben-
hoch. M. 1. 60.
38. Catalogus der bibliotheek van de maatschappij der Nederlandsche
letterkunde te Leiden. 1* gedeelte. Handschriften« 8. (S. 1 — 76). Leiden
1877. Brill. compl. 7 f. 75 c.
39. Dittmar, die Handschriften und alten Drucke des Dom-Gymna-
siams. 4. (51 S.) Magdeburg 1878. Programm.
Enthftlt einiges Deutsche.
40. Knaut, Dr. K. , Verzeichniss der Handschriften und alten Drucke
der Bibliothek. Programm des Pädagogiums U. L. Frauen in Magdeburg
1877. 4.
Enthält einiges Deutsche.
41. Catalogus codicum latinorum bibliothecae regiae Monacensis Tomi II
pars III Codices num. 15121 — 21313 complectens. 8. (343 S.) Monachii
1878. Palm.
42. Ktthlenbeck, Rudolf, die Bibliothek des Rathsgymnasiums , ihre
Handschriften und alten Drucke. 1. Abtheilung. 4. (19 S.) Osnabrück 1878.
Programm.
Enthält namentlich niederd. Handschriften zur Osnabrück. Geschichte.
43. Hempel, Dr. Hermann, Mittheilungen über die Handschriften und
alten Drucke der Gymnasial bibliotbek. Programm des Gymnasiums zu Salz-
wedel 1878. 4. (S. 1—15).
Enthält u. a. in Abschrift ein Gedicht yon Konemann *Du grundelose wysheyt*.
44. Kuhnke, R., Bericht über die auf der Bibliothek des Gymnasiums
2U Stargard i. P. Yorhandenen Handschriften und alten Drucke. Programm 1877.
Von deutschen Sachen nur eine nd. Kirehenordnnng von 1558.
45. Curtze, Max, die Handschriften und seltenen alten Drucke der
Gymnasial-Bibliothek zu Thorn. 2. Theil. Das XVI. Jahrh. und Nachträge. 4.
(IV, 46 S.) Leipzig 1878. Quandt und Händel. 2 M.
2Ä*
4S6 BIBLIOQRAPHIK VON 187a
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»ellsohaft fllr deatscho Philologie zu Berlin.
Zeitiohrift fllr doutscho Philologie 9, 110—128.
48. Bibliographie des Jahres 1877 , zusammengestellt yod der 6^
sollsohaft fllr deutsche Philologie zu Berlin.
ZeiUohrift fUr douUthe Philologie 9, 847-881. Mit Nachtrag aar BibUograpUf
d. J. 1876. R. 881 f.
40. Bibliothoca germanica. Verzeichniss der vom Jahre 1830 \»
Kndo 1875 in Deutschland erschienenen Schriften über altdeutsche Sprache und
Literatur nobst verwandten Fttchem. Herausgegeben von C. H* HerrmuB.
Hobluaheft. Hallo 1878.
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Auglia II, 1, Beilage. Für das Englische Gebiet.
ßl. Bibliothoca philologica von W. Müldencr. 31. Jahrg. 1. Heft 1878.
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58. Whitnoy, William Dwight, Toal en Taalstndie. Voorletingeii om
de grondeu der wotenschRppelijke taalbeoefening. Volgens de derde «iigiie
voor Nt^dorlandors bowerkt door J. Beckering Vinckers. 1* serie. 8. (4, XTl
486 a.) lUarlom 1877. Bohn. 4 f. 80 c.
54. Ascoli, G. J., Kritische Studien lur Spraehwisaenschall. Autorisirtc
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55. llovtflacquo, Abel, et Julien Vinsou. ^tndes de liiigwsliq«e et
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56. n^lbos« T^ron, Chapters on tbe science of langoage. 8. Load«
18TB. Williams and Norpite. 3 eh.
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60. Lalham. K. G„ outliues of g^nertl or
indtfxion. 8. ^^06 S.^ London ISTS, Lcngman«. 4 sb. 6 d.
61. Kialle. Girard d^, la ibeorie et TevolatiaB de la
6d« Biad^^'iK Dr. Uemr. Erwt« AbbaMÜvag«» xar
ipW^^lK^ftdea $prft<i)l<*t)are, L PbiiTi<ilope der Stnoa* mi SpaaMUmta. IL t^
di^ xvTM'bKNi^'sesi Btjw üana^an giKu des G«i«s ni dem "Tiiashija ^ TU-
A««^. 8, vXlV. 6$: :>. Leipdir J5^$> 1818. CsuLisMmiii Mi TUfcsan^ i: 1
6:^. La Calle. Aatettk» de, La p^TM^ope da laifsagii. CImAmh*
sM«tUK|«<» doMM^ ^ rUsuv^nür de Ge^ere. 1. et t. lai—a. ^ 4^ ^
OtiM 18;$. Gtet^
III. SPRACHWISSENSCHAFT UND SPRACHVERGLEICHUNG. 437
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72. Wild, P.y Sprache und Schrift. Programm des Gymnasiums zu
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73. Kriiek, Wenzel, die Völker- und Sprachstamme der Erde. Genea-
logische Klassification derselben. (Lith. u. color.) Imp. fol. Tabor 1878. Jansky.
M. 4, 40.
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75. Rudolf V. Raum er über den genealogischen Zusammenhang der
indogermanischen und semitischen Sprachen.
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76. Osthoffy H., und K. Brugman, morphologische Untersuchungen
auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen. 1. Theil. 8. Leipzig 1878.
Hirzel. 7 M.
Vgl. Germania 24, 243 ff. (Paul); Jen. Lit. Zeitung 1879, 18 (G. Meyer); Riv.
di filologia 1879^ S. 354—375 (Giacomiuo); Gott Gel. Anzeigen Nr. 21. 22 (Beszen-
berger).
77. Bezzenberger, A., Allerlei.
Bezzenberger, Beiträge 2, 268 ff. Die indogerm. Personalendungen -mä, -tft,
vä; ags. leid; mhd. 16t; abd. karg; an. ]}rüder.
78. Masing, Ferd., das Verhältniss der griechischen Vokalabstufiing
zur sanskritischen nebst Einleitung über die Frage nach dem Ursprung und
dem Wesen der Vokalabstufung im Lidogermanischen. 8. (101 S.) Leipziger
Dissertation 1878.
79. Saussure, F. de, Memoire sur le systdme primitif des voycUes
dans les langues indo-europäennes. 8. Leipzig 1878. Trübner.
80. CoUitz, H., über die Annahme mehrerer grundsprachlicher a- Laute.
Bezzenberger, Beiträge 2, 291—306.
438 BIBLIOGRAPHIE VON 1878.
81. Pick, A., europ&isches ä und 6.
Beizenberger, Beiträge 2, 193—214 (1878).
82. Müller, F., die Guttural -Laute der indogermanischen Sprachen
8. (16 S.) Wien 1878. Gerold in Comm. M. 0, 30. Nachtrag ebenda 8 S.
M. 0, 25.
Aus den Sitzungsberichten der Akademie.
83. Penka, die Nominalflexion der indogermanischen Sprachen. 8. (XII
305 Sj Wien 1878. Holder.
Vgl. Jen. Lit. Zeitung 1878, Nr. 16 (Meyer); Lit. Centr. 32; Zeitschrift für die
österr. Qynmas. 29, 6 (Schweizer-Sidler) ; Anzeiger f. d. Alt. 5, 125 ff. (Bechtel).
84. Hillebrandt, A., zur Lehre von den starken nnd schwachen Casu.
Bezsenberger, Beiträge 2, 305—335.
85. Schmidt, Joh., die ursprüngliche Flexion des Optativs und der
auf ä auslautenden Präsensstämme.
Kuhns Zeitschrift N. F. IV, 3 (1878).
86. Mi stell, Franz, einiges zur Casuslehre.
Zeitschrift f. Völkerpsychologie X, 121—183 (1878).
87. Benfey, einige Derivate des indogermanischen Verbums anbhn=nabh.
4. (67 S.) Göttingen 1878. Dietrich. M. 3, 60.
Aus den Abhandlungen der kgl. Ges. d. Wissensch.
88. Osthoff, Hermann, das Verbum in der Nomiualcomposition im
Deutschen, Griechischen, Slavischen und Romanischen. 8. (XVI, 372 S.) Jena
1878. Costenoble.
Vgl. Oermania 24, 78 ff. (Schlüter); Jenaer Liter. Zeitung 1878, Nr. 10 (Del-
brück); Lit. Centr. 20; Anseiger f. d. Alterthum 22, 433 ff. (Bock); Zeitschrift f. l
Gymnas. 1879, Mai.
89. Fick, A., Etymologien.
Bezzenberger, Beiträge 2, 187 ff. an. ausa; got. stiviti; an. erta; an. kefja etc.
90. Fröhder, F., lateinische Etymologien.
Beztsenberger, Beiträge 2, 335 ff. Darin got. mel; germ. raipa.
91. Culmann, F. W., Etymologische Aufsätze und Grundsätze. I. Um-
schau auf dem Gebiete der Bewegung. 8. (66 S.) Leipzig 1878. Fleischer.
II. Umschau auf dem Gebiete der Wurzel jü = ju. 1879. M. 1^ 80.
92. Weise, 0., die Farbenbezeichnungen der Indogermauen.
Bezzenberger, Beiträge 2, 273—290.
93. Brinkmann, Friedrich, die Metaphern. Studien iibcr den Geist
der modernen Sprachen. 1. Band. Die Thierbilder der Sprache. 8. (VII, 600 S.)
Bonn 1878. Marcus. 9 M.
Vgl. Kölnische Zeitung 1878, Nr. 191, 1; Academy 10. Mai 1879 (Sayce).
IV. Grammatik.
94. Grimm, J., deutsche Grammatik. Neuer vermehrter Abdruck , be-
sorgt durch W. Scherer. Zweiter Theil, zweite Hälfte. 8. (XIV S. und S. 385
bis 991). Berlin 1878. Dammler. 9 M.
95. Koberstein, A., Laut- un(}^ Flexionslehre der mittolhoehdentschen
und der neuhochdeutschen Sprache in ihren Grundzugen. 4. Auflage, Ton 0.
Schade. 8. (VI, 83 S.) Halle 1878. Waisenhaus. M. 1, 20.
96. Martin, E., mittelhochdeutsche Gnimmatik. 8. Auflage. 8. (103 S.)
Berlin 1878. Weidmann. 1 M.
Vgl. Jen. Lit Zeitung 1879, 21 (Henrici).
lY. GRAMMATIK. 439
97. Schulz y Bernhard) Leitfaden beim Unterricht in der Laut- und
Flexionslehre der mittelhochdeutschen Sprache. 8. (III, 120 S.) Paderborn
1878. Schöningh. 1 M.
98. Frommann, Carl M. G., Versuch einer grammatischen Darstellung
der Sprache des Hans Sachs. 1. Theil: Zur Lautlehre. 8. (71 S.)
Programm des Gymnasinms zu Nflraberg 1878.
99. Gall^e, J. H., altsächsische Laut- und Flexionslehre. 1. Theil.
Die kleineren westfälischen Denkmäler. 8. (VIII, 76 S.) Haarlem 1878. Bohn.
(Leipzig, Harrassowitz).
Vgl. Korrespondenzblatt des Vereins f. nd. Sprachforschung 3, 82; Jen. Liter.
Zeitung 1879, 21 (Henrici).
100. Wilken, E., eine Münstersche Grammatik aus der Mitte des XV.
Jahrhunderts.
Jahrbuch des Vereins f. nd. Sprachforschung 1877, S. 36—66. nd.
101. Ehlers, Ludwig, die germanischen Elemente des Altfranzosischen.
4. (12 S.) Hanau 1878.
Programm der Realschule U. Ordnung.
102. Vigelius, einiges zar Charakteristik des Holländischen im Ver-
gleich mit dem Hochdeutschen. 4. (19 S.) Frankfurt a. 0. 1878.
Programm des Friedrichs-Gymnasiums.
103. Moltzer, H. J., de historische beoefening der Nederlandsche taal.
Toespraak gehouden 9. Oct. 1877. 8. (32 S) Groningen 1877. Wolters. 25 c.
104. Symons, B. , over de wetcnschappelijke beoefening der moderne
talen. Toespraak bij de opening zijner lessen, 27. Sept 1878. 8. (35 S.)
Groningen 1878. Schierbeek. 50 c.
105. Verdam, J., de wetcnschappelijke beoefening der Nederlandsche
taal in verband med het nieuwe doctorat. Toespraak gehoudon den 13. April
1878. 8. (29 S.) Leiden 1878. Brill. 40 c.
106. Roch, C.F., historische Granmiatik der englischen Sprache. 2. Band.
2. Aufl. besorgt von J. Zupitza. 8. (XLI, 550 S.) Cassel 1878. Wigand. 10 M.
107. Körner, Karl, Einleitung in das Stadium des Angelsächsischen.
Grammatik, Text, Übersetzung, Anmerkungen, Glossar. 1. Theil. Angelsäch-
sische Formenlehre. 8. (VIII, 67 S.) Heilbronn 1878. Henninger. 2 M.
Vgl. En^l. Stadien 2, 229 ff. (KOIbing); Jen. Liter. Zeitung Nr. 14 und Kömers
Entgegnung, Heilbronn. 8. (14 S.); Zeitschrift f. d. Realschulwesen IH, 4.
108. Cosijn, P. J., de taalvormen van Aelfreds Pastoraal.
Taalkandige Bijdragen 2, lld--158. Naschrifc S. 209 f.
109. K not he, Edwin, Angelsächsisch oder Englisch? 8. (41 S.) Greifs-
wald 1877. Dissertation.
110. Gostwick, english grammar, historical and analytical. 8. (482 S.)
1878. 10 s. 6 d.
111. Weisse, John A., Origin, Progress and Destiny of the Englbh
language and literature. New- York. J. W. Bouton.
Vgl. Academy 3. May 1879.
112. Nygaard, M., Oldnorsk Grammatik til Skolebrug. Anden Udgaye.
Bergen 1878. Giertsen. 1 kr. 20 ö.
113. Scherer, W., zur Geschichte der deutschen Sprache« 2* Ausgabe.
8. (XXIII, 660 S.) Berlin 1878. Weidmann. 10 M.
Vgl. Jen. Lit. Zeitung 1879, 22 (Paul); Beitr&ge s. Kunde d. indog. Sprachen
III, 3 (Zimmer).
440 BIBUOQRAPHIE VON 1878.
114. Scherer, Schriftsprache des elften Jabrhanderts.
Zeitschrift ftbr deutsches Alterthnm 22, 321 f.
115. Bechstein, Reinh.^ die Alterthümlichkeiten in unserer
Schriftsprache. 8. (48 S.) Rostock 1878. Werther. 1 M.
116. Edwards^ Thomas, a short historj of the English langnage. 12.
(88 S.) Calcutta 1878. Thacker. 2 sh. 6 d.
117. Marshall, William, the past present and future of Englands lin-
gaage. 16. (XI^ 132 S.) London 1878. Longmans. 3 s. 6 d.
118. Leffler, L. F., Bidrag tili SYcnsk spräkhistoria. 1. UppkooMten
af konjunktionen um {am). 2. Landskäpslagarnes oZ/i {half), 8. Gntalageu
taki kuau, firi heptcdaun»»
Antiqyarisk Tidskrift för Sverige V, 216—288.
119. Tamm^ Fr., Trännc tyska ändelser i svenskan. 8. (83 S.) Göte-
borg 1878. 75 öre.
Göteborgs Vetenskaps- och Vitterhets-Samhftlles Handlingar. Nj TidsfSljd XTL
120. Bartsch, K., Kleine Mittheilungen. I. Kindersprache.
Oermania 23, 192. Mit Nachtrag von £. Lohmeyer S. 383.
121. Sievers, £., zur Accent- und Lautlehre der germanischeD Spra-
chen. 8. (123 S.) Halle 1878. Niemeyer. 3 M.
Aus den Beiträgen von Paul und Braune. Vgl. Bibliographie 1877, Nr. 86.
122. Kock^ Axely spräkhistoriska Undersökningar om Svenak Akce&t
8. (VlII, 211 S.) Lund 1878. Gleerup. 4 M.
Vgl. Lit. Centr. 1878, Nr. 60 (Edsardi).
123. Hoefer, Albert, zur Laut-, Wort- und Namenforschung. XLII— L
Germania 23 (^1878), 8. 1-24. Mit Nachtrag su L. S. 189-190.
124. Sattler, W., cur englischen Grammatik. I. II.
Englische Studien II, 1 — 18.
125. Brink, B. ten, Beiträge zur englischen Lautlehre.
Anglia I, 612-653.
126. Brinky B. ten, zu den Beiträgen zur englischen Lautlehre (Ij
517 ff.).
AngUa 2, 177 f.
127. Schneider, über die Aussprache der englischen Vocale im IS.
Jahrb. und vordem; die Fortentwickelung derselben im 14. 16. 17. und 18.
Jahrb. bis zur endgültigen Feststellung ihrer Aussprache. 4. (15 S.) Frankfort
a. M. 1878.
Programm der Wöhlerschule.
128. Edzardi, A., Nachtrag (zu IV, 144—152).
Paul und Braune 6, 690. Über den altn. Umlaut
129. Stratmann, F. H., sb in Layamon.
Englische Studien 2, 118.
130. Crnlly F.^ die Buchstaben & und ^ in Wismarischen Stadtbfiehen
des 14. Jahrhs.
Jahrbuch' des Vereins für nd. Sprachforschung Jahrgang 1877 (Bremen 1878),
S. 1—7.
131. Koppmann, K., zum mnd. gh.
Ebenda S. 7.
132. Schillinge die Diphthongisierung der Vokale ü, iu und L Ein
Beitrag zur Geschichte der nhd. ^c\iT\£te^taAhe. 4. (36 S.)
Progtuam der Bealaohoie ^. Oi^nii% VaN9«t^M^ \^*\^.
IV. GRAMMATIK. 441
138. Möller, B. P. , Künong eines langen Vokals in offener Silbe
(s. III, 27).
Korrespondenzblatt des Vereins fttr nd. Sprachforschung 1878, 41 f.
134. Kock, Axel, Ljudförsvagning i akcentlösa ord.
Nordisk Tidskrift for Filologi N. B. ni, 4.
135. Mnrraj, J. A. H.y 6rimm*s Law I. IL
The Academy 1878, 28. Februar, 2. März.
186. Saintsbury, George^ Grimmas Law.
The Academy, 9. März 1878.
137. Nicol, Henry, Grimm's Law.
£benda 16. März 1878.
138. Tanger, Gustav, über die Natur der alt- und neuenglischen
Consonanten. Ein Beitrag aur englischen Lautlehre. 8. (50 S.) Dissertation.
HmHo 1878.
139. Hoffory^ Julius, tonloses 1 und n im Altnordischen.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 22, 374—379.
140. Möller, Hermann, Epenthese von k- Lauten im Germanischeu als
Wirkung des velaren oder palatalen Charakters des Wurzelauslauts. 8. Wei-
mar 1878.
Sonderabdmck aus dem 24. Band der Zeitschrift f. vgl. Sprachforschung.
141. Behaghely Otto, einige Fälle von Dissimilation.
Germania 23, 82—34.
• 142. Brink, B. ten, eode.
Zeitschrift f. d. Alterthum 23, 65—67.
143. Hähnel, Karl, die Nominal- und Verbalflexion bei Logau yer-
glichen mit dem heutigen Sprachgebrauch.
Archiy für das Studium der neueren Sprachen 60 (1878), 101 — 120.
144. Meyer, Leo, zur Lehre von der deutschen Adjectivflexion.
Zeitschrift ffir deutsche Philologie 9 (1878), 1—16.
145. Witte, über das neuangelsächsische Pronomen.
Eugliflche Studien 2, 121-141.
146. Warnke, K. , on the formation of english words by means of
Ablaut. A grammatical essay. 8. (54 S.) Halle 1878. Niemeyer. M. 1, 20.
147. Sievers, Eduard, kleine Beiträge zur deutschen Grammatik.
IV. Das NominalsufiFix tra im Germanischen.
Paul und Braune, Beiträge 6, 619—538 (1878).
148. Meyer, Leo, die deutsche Abstraktbildung auf ung.
Bezzenberger, Beiträge III, 2.
149. Laien dorf, F., die Deminutiva der niederdeutschen Ausgabe von
Agricola*s Sprichwörtern.
Jahrbuch des Vereins f. nd. Spraehforschuug 1877, S. 101 — 108.
150. Afzelius, R., von den Zusammensetzungen der deutschen Verben
mit den Präpositionen durch, über, um und unter. 8. (19 S.) Jönköping
1878. 30 ö.
151. Scherer, W., Schriften zur deutschen Grammatik. HL Zur Syntax.
Zeitschrift f. d. Österreich. Gymnasien 1878. 16 S. 8.
152. Bernhardt, E., zur gotischen Syntax.
Zeitschrift f. d. Phüologie 9, 883—884.
153. Bost| Job., die Syntax des Dativus im Althochdeutschen und in
den geistlichen Dichtungen der Übergangsperiode zum Mittelhochdeutschen.
1. Thdl. Der eigenUiche Dativus beiVetbf«i. ^. ^%^Ä^.'^^Äsö\'^ V^^^.X^aä'w^»^^^^
442 BIBLIOGRAPHIE VON 1878.
154. Bock, L.y über einige Falle des ConjunctiTB im Mittelhoehdeat-
sehen. 8. (74 S.) Straßburg 1878. Trübner. M. 1, 60.
Quellen und Forschungen XXVIL Vgl. Germania 24, 3 (Behaghel); Ameigcr
f. d. Alterthum 4, 342—351 (Erdmann).
155. Hennicke, 0. , der Conjanctiv im Altenglischen and seine Um-
schreibung durch modale Hilfsverba. 8. (60 S.) Göttiugen 1878. Peppmüller
in Comm. 1 M.
156. Tob 1er, L., Conjunctionen mit mehrfacher Bedeutung. Ein Bei-
lrag zur Lehre vom Satzgefiige.
Paul und Braune, Beiträge 5, 358-388.
157. Erdmann, 0., über got. ei und ahd. (hat.
Zeitschrift für deutsche Philologie 9, 43-53.
158. Schwartz,E., cm oblika kasus och prepositioner i fornsvenskau fnn
tidcn före ar 1400. 8. (144 S.) (Upsala Universitets Arsskrift 1878). 2, 75.
159. Sattler, W., Beiträge zur Präpositionslehre im Ncuenglischen.
Anglia U, 73-134.
160. Flebbe, Dr., der elliptische Relativsatz im Englischen.
Archiv f. d. Studium d. neueren Sprachen 60 (1878), 85—100.
161. Behaghel, Otto, die Zeitfolge der abhängigen Rede im Deut-
schen. 8. (85 S.) Paderborn 1878. Schöningh. M. 1, 50.
Vgl. Germania 24, 83 ff. (Tobler); Lit. Centr. 1878, Nr. 43 (Paul).
162. Di ring er, Josef, die Periode oder der Gliedersatz in der deut-
schen Sprache. 8. (60 S.) Programm des Gymnasiums zu Eichstätt 1877/78.
163. Abel, Carl, die englischen Verba des Befehls. 8. (82 S.) Berlin
1878. Liepmannssohn. 2 M.
Vgl. Literaturblatt U, 9; Yolkszeitung 83; Köln. Zeitung 109; Engl. Studien X
232 ff. (Asher).
V. Lexicographie.
1 64. Grimm, Jacob , und Wilhelm Grimm, deutsches Wörterblick.
Fortgesetzt von M. Heyne, R. Hildebrand und K. Weigand. 4. Bd. 1. Abth.
10. Liefg. Bearbeitet von R. Hildebrand (Sp. 1969—2152). 6. Bd. 2. Liefg.
Bearbeitet von M. Heyne. (Sp. 193--384). Leipzig 1878. Hirzel. & 2 M.
165. Schade, Oskar ^ altdeutsches Wörterbuch. 2. umgearbeitete und
vermehrte Auflage. 6. Heft. (S. 801 — 960). Halle 1878. Waisenhana. 3 M.
166. Wackernagel, Wilhelm, Altdeutsches Handwörterbuch. 5. Auflage.
Lex. 8. (VIII, 409 S.) Basel 1878. Schweighauser. 8 M.
Vgl. Alma roater 1878, 18.
167. Lexer, Matthias, mittelhochdeutsches Handwörterbuch. Zogleicli
als Supplement und alphabetischer Index zum mittelhochdeutschen Wörterbuch
von Benecke-Müller-Zarncke. 17. 18. Lieferung, gr. 8. Leipzig 1878. HirzeL
Enthält Schluß und Nachträge. Vgl. Liter. CentralblaU 1879, Nr. 22.
168. Lexer, M. , mittelhochdeutsches Taschenwörterbuch mit grammt-
tischer Einleitung. 16. (XXIH, 314 8.) Leipzig 1878. Hirzel. 4M.
Vgl. Lit. Centralblatt 1878, 47; Allgem. Zeitung Beilage 6. M&rs 1879.
169. Weigand, F. L. K., deutsches Wörterbuch. 3. Aufl. 2. Halbd.
8. Gießen 1878. Ricker. Compl. 34 M.
Vgl Allgem. Liter. Correspondens III, 28 (Kolbe),
V. LEXICOGRAPHIE. 443
170. Gombert, A. , Remerkungen und Erganzangen su Weigands
deutschem Wörterbuch. 4. (24 S.) Programm des Gymnasiums zu Gr. Stre-
Htz 1878.
171. Schiller, K. , und A. Liibben, mittelniederdeutsches Wörter-
buch. 20. — 23. Heft. 8. Bremen 1878. Kühtmann. & M. 2, 50.
172. Zum mittelniederdeutschen Wörterbuch. Von Krause, Koppmann^
Latendorf, Crecelius etc.
Korrespondenzblatt des Vereins f. nd. Sprachforschung 3, 90—93.
173. Latendorf, Fr., kleine Bemerkungen zum niederdeutschen Wör-
terbuch mit besonderer Rücksicht auf die Sprichwörterlitteratur.
Zeitschrift für deutsche Philologie 9, 193—196.
174. Oudemans, A. C, Bijdrage tot een Middel- cn Oudnederlandich
woordenboek. Afl. S. 2. gr. 8. (2 S. und S. 289—714). Arnhem 1878.
175. Jager, A. de, Woordenboek der frequentatieven in het Neder-
landsch. 2 Dln. 8. (XVI S. 1010 Sp.; 4 S. 1294 Sp.) Qouda 1878. f. 25.
176. Stratmann, F. H. , a dictionary of the Old English language
compiled from writings of the XII. XIII. XIV. and XV. centuries. 3. edition.
4. (X, 659 S.) Krefeld 1878. Gehrich und Co. in Comm. 30 M.
177. Müller, Eduard, etymologisches Wörterbuch der englischen Sprache.
2. umgearbeitete Auflage. I. Theil. 1.— 3. Lieferung. 8. (S. 1—288). Cöthen
1878. Schettler.
Vgl Lit. Centr. 1878, Nr. 43 (Wülcker).
178. Johnson, S. , dictionary of the english language^ in which the
words are deduced from their Originals, and illustrated in their different signi-
fications by ezamples from the best writers. To which are prefized a history
of the languages and an English grammar. 8. (1370 S.) London 1878. Reeres
and Turner. 10 eh. 6 d.
179. Wedgwood, Hensleigh , a dictionary of English etymology.
3. edition. 8. (820 S.) London 1878. Trübner. 21 sh.
180. Porkelsson, J6n, neues Supplement zu isländischen Wörter-
büchern: 'Äauki' — 'bönarmadr. 8. (48 S) (Noch ohne Titelblatt.) Reyk-
javik 1878.
181. Diez, Friedr. , etymologisches Wörterbuch der romanischen Spra-
chen. 4. Ausg. Mit einem Anhang von Aug. Scheler. 8. (XXVI, 820 S.)
Bonn 1878. Marcus. 18 M.
182. Andresen, K. G., über deutsche Volksetymologie. 3. stark ver-
mehrte Auflage. 8. (YIII, 270 S.) Heilbronn 1878. Henninger. 5 M.
Vgl. Zeitschrift f. d. österr. Gymnas. 29, 10 (Petters); AUgem. Liter. Korre-
spondens 1879, Nr. 41 (Bechstein).
183. Mackay, Charles, gaelic etymology of the languages of Western
Europe and more especially of the English and Lowland Scotch, and of their
slang, cant and colloquial dialects. 8. (636 S.) London 1878. Trübner. 2 L. 2 s.
184. Sprenger, zum mittelhochdeutschen Wortschatz.
Beszenberger, Beitrage 3 (1878), 82—86: hSr; tief; maz; bmnnen sw. ; zttlöse;
mds; nagel.
185. Birlinger, A., und F. Wein kauf f, zur Wortforschung. X.
Alemannia VI (1878), 42-^48.
186. Behaghel, 0., die neuhochdeutschen Zwillingswörter.
Germania 23, 267—293.
444 BIBLIOGRAPHIE TON 1^T^.
187. Woeste. F., Behiige
ZäU€knh ftr «colKke Pkiiolope % 9»— lOft. 21»— SS7. Ali
16S. KorretpondeasbUtt des Tereii» für nd. Spff«cUbncb«is Inlft
Embih Tide kkücr« Bcitiis« kxieafisckcr Alt. ^^
189. Vries, M. de. Woofdrc^larin^.
Tulktudice Bqdnftm 2. 1-€1 (1878).
190. Straf raana, F. H., xm «hengiiachea WoiteiiMcke.
EngfiAcke ScndicB 3.^19 t
191. Mallarme, Etieaae, ks nM>to anglais. Paris 1878. TkveliT.
192. Bagge, S., «fmielige opljiBinger om Ord i gsnle aoidiake U«.
I. Svenske ord.
Kordisk Tidskrift Ibr FOologi N. R. m, 4.
193. Walther, C, Abeee, Abecete, Abe.
Korrespoodcosblatt d. Yernns t od. Spncldbnchiiiig S, 93— 915.
194. Hofmaan, K., Hibentbeae.
ZeitMhrift 1 d. Altertinun 23, 208.
195. Beszenberger, A., Hvaiva.
Bcuenberger, Bcitrige III, 1 (1878).
196. Regel, K., Mittelbd. Uer, litroL
Zeitochrift for deutsche Philologie 9, 77->82.
197. Nygaard. M., BetTdoingen og Bmgen af Verbel omnii.
Aarböger for nordisk Oldkjndighed 1878, S. 259—303.
198. LichteDstein, Franz, za Frommanps Mundartoi 7 485
Zeitschrift för deutsches Alterthom 22, 326 C Über miid. näleo 'nahen
199. Woeste, F.. Nüchtern.
KorrespondenzbUtt d. Yereins f. nd. Spracht m, 3 (1878) und in diesem Watt
eine Menge von nd. Wörtern, deren Verzeichniss am Schloß jedes Jahnmires.
200. Wilken, £., Njkrat. k«»«.
Germania 23, 446—7.
201. Seh er er, pflegen.
Zeitschrift fär deutsches Alterthom 22, 333—325.
202. Cosijn. F. J., pniz, pnez. — proz^ somir. — thr^ffian nlkM.
Taalknndige Bijdragen 2, 210—312. ®
203. Frommann, Reien-reiisch.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 472 f.
204. Lehmannn, August, Luthers Lieblingtwörtchen Und.
Archiv für das Studium der neueren Sprachen 59 (1878), 61 —70.*
205. Franck, Job., vertijen, -tiden.
Taalkundige Bijdragen 2, 169—170.
206. Fischer, H., kleine Mittheilongen. L Friedhof — Freadhof
Germania 23, 52.
207. Bartsch, K.^ der fntzlin.
Germania 23, 344.
208. Becker, M. A^, über Ortsnamen.
Das Ausland 1878, 36.
209. Boßler, L., die Ortonamen des Ober-Elsaß.
Zeitschrift für deutsche Philologie 9, 172—184.
210. Boßler, L., die Ortsnamen im Unter-Elsaß. (Zsaftftse and Er-
gänzungen.)
Ebenda 9, 184^186.
VI. MUNDARTEN. 445
211. BirliDger, A., die Hohenzollerischen Orts-, Flur- und Waldoamen
(Fortsetsung).
AlemannU VI (1878), S. 1-42. 129-168.
212. Strnadt, Julius, EtymoIogiBches aus dorn Salzkammergut.
Das Vaterland 1878, 28. Mai. Nachweis daß der ChranabitSattel nrspr. Chreim-
hiltsatel gebeissen.
213. Stechele, U., die von 700 bis 900 yorkommenden thüringischen
Ortsnamen. Ein Beitrag zu einer historischen Karte Thiiringens, besonders in
der karolingischen Zeit.
Zeitschrift des Vereins f. thüring. Geschichte N. F. I (1878).
214. Flurnamen. Von F. Latendorf und K. Koppmann.
Korrespondenzblatt d. Vereins f. nd. Sprachforschung III, 8. 69 — 71.
215. Dolch^ Umwandlung geographischer Eigennamen in Gemeinnamen.
Jahresbericht des Vereins für Erdkande in Dresden 14 (1878).
216. Schad, die Dinkelsbühler Familiennamen. 8.
Programm der Realschule in Dinkelsbühl 1878.
217. Koch, E.^ Saalfelder Familiennamen.
Zeitschrift des Vereins f. thüringische Geschichte N. F. I, 1. 2 (1878). Auch
im Programm der Realschule zu Saalfeld.
218. Namen-Büchlein, Wienerisches. Ein Beitrag zu einer humo-
ristischen Bevölkerungsstatistik der k. k. Reichs- Haupt- und Residenzstadt Wien.
1. und 2. Heftchen. 16. (16 S.) Erfurt 1878. Kömer. k 10 Pfg.
219. Namen-Büchlein, Erfurtisches. Anhang zu dem Erfurter Adreß«*
buch. Ein Scherz. 16. (7 S.) Erfurt 1878. Kömer. 5 Pfg.
220. Brons, Bernhard, Friesische Namen und Mittheilungen darüber.
8. (161 S.) Emden 1878. Haynel. 3 M.
Vgl. Lit. Centr. 1878, Nr. 48 (Braune); Weserzeitung 11235; Kordwest I, 17.
221. Walther, C, über den Namen Störtebeker.
Mitthcilnngen d. Vereins f. Hamburg. Geschichte 1878, S. 89 — 94.
222. Aasen, Iv., Norsk Na?nebog eller Sämling af Mandsnavue og
Kvindenayne. (II, 108 S.) Kristiania 1878. 1 k. 20 ö.
223. Scriptores Reram Danicarnm medii aevi. Tanus IX. (XII^ 832 S.)
fol. Hauniae 1878.
Vgl. Jen. Lit. Zeitung 1879, Nr. 25 (Schirren). Registerband. Personen- und
Ortsnamen. Realregister.
224. Heinze, über die Fremdwörter im DeuUchen. 8. (32 S.) Berlin
1878. Habel.
225. Klein paul, Rudolf, über die Aufnahme von Fremdwörtern.
Die Gegenwart 1878, Nr. 1. 2.
VI. Mundarten.
226. Kräuter, J. F., Zwölf Satze über wissenschaftliche Orthographie
der Mundarten.
Germania 23, 117—126 = Anzeiger f. d. Alterthum 4, 299—809.
227. Michaelis, G., Thesen über die Schreibung der Dialekte auf
physiologischer Grandlage. 2. erweiterte Bearbeitung. 8. (32 S.) Berlin 1878.
Barthol u. Co. M. 0, 60.
VgU Anzeiger f. d. Alterthum 6, 48—68 (Kr&uter).
446 BIBUOORAPUIE VON 1878.
228. Seiler, G. A., die Basier Mundart Ein grammatisch-lcadkaliMher
Beitrag zom schweizenBchen Idiotikon, zugleich ein Wörterbuch für Sdiile oad
Haus. Mit einem Vorwort von M. Heyne. Basel 1878. Bahnmaier. M. 6,40.
Vgl Jen. Lit. Zeitung 1879, Nr. 21 (Winteler).
229. Schädel, Oberlehrer Dr., der Unterricht der Heimatsknnde u
der städtischen Realschule zu Straßburg. 4. (50 S.) Programm.
EnthiÜt 8. 47—60 einiges über els&ssische Mundart
230. Hü her, Nik., die Literatur der Salzburger Mundart. Eine biblio-
graphische Skizze. 8. (31 S.) Salzburg 1878. Dieter in Comm. 1 M.
Vgl. Ldteraturblatt II, 9.
231. Titzeuthaler, über Gottschee und einige ältere literarische Er-
scheinungen in Gotscheer Mundart.
Jahresbericht des Vereins fEür Erdkunde zu Dresden 13 (1878).
232. Wolff, J., J für G im Anlaute.
Korrespondenzblatt des Vereines für siebenbürg. Landeskunde 1878, Nr. 8.
233. Keissenb erger, K., ser für nhd. sich.
Korrespondenzblatt für siebenbürg. Landeskunde 1878, April.
234. Bückert; H., Entwurf einer systematischen Darstellaog der schle-
sischen Mundart im Mittelalter. Mit einem Anhang, enthaltend Proben alt-
schlesischer Sprache. Herausgegeben von Paul Pietsch. 8. (Vllly 266 und
90 S.) Paderborn 1878. Schöuingh. 6 M.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878, 25 (Braune); Schlesische Presse 326; Zeitschnft
f. d. Philol. 9, 491 ff. (Kinzel).
235. G opfert, Ernst, die Mundart des Sächsischen Erzgebirges nach
den Lautverhältnissen y der Wortbildung und Flexion dargestellt. 8. (VIII,
116 S.) Leipzig 1878. Veit und Co. M. 2, 60.
Vgl. Liter. Centr. 1879, Nr. 16.
236. Pasch, E., das Altenburger Bauer udeutsch, eine sprachliche Studie.
8. (114 S.) Altenburg 1878. Schnuphase. 2 M.
237. Wegeuer, Philipp, zur Charakteristik der niederdeutschen Dialekte,
besonders auf dem Boden des Nordthüringgaues.
GeschichUblätter f. Stadt u. Land Magdeburg 18 (1878), 1. und 2. Heft.
238. Uülsse, Fr., das Zurücktreten der niederdeutschen Sprache in
der Stadt Magdeburg.
Geschichtsblätter f. Stadt u. Land Magdeburg 13 (1878), 2. Heft
239. Der richtige Berliner in Wörtern und Redensarten. 8. (IV, 46 8.)
Berlin 1878. Hermann. 1 M.
240. Schulze, W., der Vocalismus der westfälisch -märkischen Mundart
auf Grundlage des Gotischen und Altsäclisischen und mit möglichster Berück-
sichtigung der ihr angehörenden mittelniederdeutschen Literatur.
Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der GrafiBchaft Mark von K. RftbaL
II. in. (1878), 8. 1-80.
241. Humpert, über den sauerländischen Dialekt im Honnethale. 2. Hieil.
4. (35 S.) Programm des Gymnasiums in Bonn 1878.
242. List, a bibliographical^ of the works that have been publisked or
are known to exist in Ms. illustrative of the various dialectB of England. Com*
piled by members of the English dialect Society. Part 3. Edited by J. H-
Nodal. 8. London 1878. Trübner. 4 s. 6 d.
243. Storm, J., det norske Maalstraev.
Nordisk Tidskrift fSr Vetenskap, Konst og Industri 1878, 8. 407—480. 526—660.
VI. MUNDARTEN. 447
244. Freudenthal, Axel Olof, über den Närpesdialect. 8. (160 8.)
Helsingfors 1878. Dissertation.
245. Hintner, V., Beiträge zur tirolischen Dialektforschung. 4. (Schluß-)
Heft. 8. (VIII S. u. S. 145—271). V^ien 1878. Holder. M. 3, 70. (cpl. 8 M.)
Vgl. Zeitschrift f. d. Philol. 10, 381 f. (Henrici).
246. Schneller, Chr., Anton Falger und das Lechthal.
Zeitschrift des Ferdinandeums 3. Folge. 21. Heft. ^
247. Schmellery J. A., bayerisches V^örterbuch. 2. mit des Verf.
Nachträgen vermehrte Ausgabe von K. G. Frommann. 13. (SchluO-)Lieferung.
hoch 4. (Bd. 2, XXIV und S. 1234—1265). München 1878. Oldenbourg.
248. Pick^ R., und J. Wolff, niederrhein. und siebenbürg. • sächs.
Bezeichnungen für Schwein.
Korrespundenzblatt f. siebenb. Landeskunde 1878, 4.
249. V^olffy J., keip, kip, käp, kap = Schornstein.
Korrespondenzblatt des Vereins f. sieben bürg. Landeskunde 1878, Nr. 5.
250. Wolff, J., mittelhocbd. wan im Siebenbürgischen.
Korrespondenzblatt f. sieb. Landeskunde 1878, Nr. 11.
251. Berghaus, Dr. Heinrich, Sprachschatz der Sassen. Wörterbuch
der plattdeutschen Sprache in den hauptsächlichsten ihrer Mundarten. 2. — 4.
Heft. 8. Brandenburg 1878. Müller, ä M. 1. 50.
Vgl. Zeitschrift f. d. Philologie 10, 246 ff. (Lübben).
252. Doornkaat-Koolmann, J. ten, Wörterbuch der ostfriesischen
Sprache. Bd. 1. 8.-6. Heft. (S. 193—480). Norden 1878. Braams. ä 2 M.
253. Woeste, F., Südwestfalische Schelten.
Jahrbuch d. Vereins f. nd. Sprachforschung 1877. S. 110—126.
254. Winkler^ Johan^ Koiern.
Korrespondenzblatt d. Vereins f. nd. Sprachforschung lU, 3 (I878j.
255. Schröer, K. J., die Sprache, die man mit den Thieren redet.
Boseggers Heimgarten 8. Heft, S. 633 ff.
256. Freudenthal, A. 0., Bidrag [tili ordbok öfver Närpesmilet. 8.
(110 S.) Helsingfors 1878.
257. Noreen^ A., ordbok üfver Fryksdalsmilet samt en ordlista frln
Värmlands Alfdal, utarbetade och pl bekostnad af Värmlands naturhistoriska
och foruminnesförening utgifna. 8. (YHI , 148 S.) Upsala 1878. Akad.
bokh. 3 kr.
258. Ur Västmanlands-Dala landsmllaförenings Samlingar tili en
ordbok öfver landsmSlet: Västmanland och Dalarne. L 8. (15 S.) Upsala 1877.
259. MoltkC; M., Blüthenstrauß deutscher Dialektdichtung. Ausgewählt
und mit wörtlicher deutscher Übersetzung begleitet. 64. (157 S.) Leipzig 1878.
Lenz. M. 0, 75.
260. Stutz> Jakoby die neue Eva. Lustspiel in 2 Aufzügen nach einem
Gedicht von Langbein. In Zürcherischer Mundart. 8. (24 S.) Bern 1878. Jenni.
50 Pfg.
261. Mangold, J., Colmerditschi Komedi. 8. (128 S.) Colmar 1878.
Barth. 2 M.
262. Heinrich Bullinger's alemannische Gedichte. Nach der He. des
Verf. herausgegeben von Dr. König.
Freibnrger DiOcesan-Archiv XII. Bd. (1878).
448 BIBLIOOKAPHIE VON 1878.
268. Hagen, Caspar, Dichtungen in alemannischer Mundart ans Yortri-
berg. 1. SammloDg, 2. vermehrte Auflage. 8. (DI, 447 S.) Innsbruck 1878.
Wagner. M. 4.
264. Hermann» Anton, e Maje us em Oberland. 16. (IV, 110 8.)
Lahr 1878. Schauenburg. M. 1, 50.
265. Weitzmaun's, C, sämmtliche Gedichte in schwftbischer Mundart
Vollständige Ausgabe. 3. Auflage. t6. (IV , 212 S.) Stuttgart 1878. Gnti-
kow. 1 M. ^
266. Priem, Joh., Konrad Grübe! und seine Nachfolger in der nun-
bergischen mundartlichen Dichtung. Eine Auswahl numberg^her Gedichte
mit bibliographisch -biographischen Notizen fiber die Dichter. 2. Auflage. 8.
(XVI, 229 8.) Nürnberg 1878. Ebner. M. 2, 50.
267. Motz, Paulus, Gedichte in Henneberger Mundart I. 2. Auflage.
16. (IV, 90 S.) Saalfeld 1878. Wiedmann. M. 1.
268. Gumppenberg, Karl Freiherr von , Bergamaeln. Dicbtonges
in oberbayerischer Mundart. 8. (IV, 162 S.) München 1878. Finsterlin is
Comm. 3 M.
269. Stiel er, Karl, Um Sunnawend\ Neue Gedichte in oberbairtseher
Mundart. 8. (XII, 148 S.) Stuttgart 1878. Meyer und Zeller. 3. M.
270. Märzroth, Bitt gar schö*- singa lass'n! GMichte in Salzhurger
Mundart 16. (IV, 75 S.) Sabsburg 1878. Dieter. M. 1, 60.
271. Capilleri, Wilhelm, Zeitlichtln. Gedichte in oberosterreichiseher
Volksmundart. 3. Auflage 8. (180 S.) Wien 1878. Martin in Comm. M. 4.
272. Innbach, F., Baurnleut. Gedichte in oberösterreichischer Mundart
8. (VII, 112 S.) Wien 1878. Rosner. M. 1, 60.
273. Kaltenbrunner, K. A., oberösterreichische Gedichte. Aus dem
Nachlaß herausgegeben von Hedwig von Radics- Kaltenbrunner. 8. (VI, 137 S.)
Linz 1878. Fink. M. 1 ,60.
274. KogI, Gedichte in oberösterreichischer Mundart 3. und 4. Serie.
16. (76 und 50 S.) Linz 1878. Ebenhöch. 60 und 50 Pfg.
275. Zwölf komische Original-Solo-Vorträge im Wiener Dialekte.
8. (46 S.) Wien 1878. Neidl. M. 1, 20.
276. Schnadahüpfeln, 600, G'stanzeln und Vierzeilige. 16.(128 8.)
Wien 1878. Neidl. M. 0, 90.
277. KäisenmarkyL. E. von, Fartblihndijer Zepserscher Liederposcheo.
2. Auflage, mit angehängtem Glossar. Budapest 1878. Grill. 2 M.
In Zipser Mundart.
278. Zedtwitz, Graf C, As da Haimat. Humoristiscbe Gedichte io
Egerländer Mundart. 8. Prag 1879. Dominicus. 1 M.
279. Schütz, Rafael, Der Deifel soll de Därken hol'n! Eine Humoreske
im sächsischen Dialekt.
In: N. illustr. Volkskalender fl!r 1878. Dresden, Dietrich.
280. Schulze, Georg, Ewerbarzische Zitter. Harziscbe Gkdichte nu'
Grammatik und Glossar. Mitgetheilt von H. Pröhle.
Archiv f. d. Studium d. neueren Sprachen 60 (1878), 888 — 448.
281. Ulbrich, W., Thüringer Wald-Klänge. Gedichte, Lieder, 8^9
und Märchen aus den thüringer Bergen. 16. (VI, 108 S.) Saalfeld 1878.
Viese. 1 M.
VI. MUNDARTEN. 449
282. Sommer; Ant., Bilder ond Klänge aus BudoUtadt in Volkemond-
art. 1. Bändchen. 10. Auflage und 8. Bändchen. 16. (128 und IV, 92 S.)
Kudoktadt 1878—79. ä 1 M.
283. Schneyer, Joh. , Gedichte in Hildburghäuser Mundart. Heraus-
gegeben von M. Werner. 2. Auflage mit dem Porträt des Verfassers. 16. (64 S.)
Hildburghausen 1878. Kesselring in Comm. 1 M.
284. Heß, 6., Kirch weihfreuden. Dichtung in hessischer Mundart 16.
(44 S.) Darmstadt 1878. Schlapp. 60 Pfg.
285. Geibel; F., humoristische Gedichte in Wetterauer Mundart. 8,
(128 S.) Friedberg 1878. Scriba. 1 M.
286. Erlebtes en Geheertes, allerlä. Marburger Geschichten und Anec-
doten. 16. (IV, 52 S.) Marburg 1878. Elwert. M. 0, 60.
287. Host er, M. H., Kölsch Lewe. Humoresken. 2 Abtheilungen. 1.
bis 3. Auflage. 16. (96 S.) Köln 1878. Kreuder. 1 M.
288. Brauch art, A., Herbarium van Oecher Blomme. Gedichte in
Aachener Mundart. 3. Aufl. 16. (408 S.) Aachen 1878. Cremer in Comm. 4 M.
289. Boor, Friedrich, humoristische Gedichte in Hunsrücker Mundart. 16.
(VIII, 80 S.) St Johann-Saarbrücken 1877. Bock und Seip. 75 Pfg.
290. Cloos, W., In de Sommer. Een Gedicht in ons Goch*se Moder-
taal. 8. (4 S.) Cleve 1878. Knipping in Comm. M. 0, 15.
291. Cloos, W., In de Wenter. Een Gedicht in ons Goch'se Moder«
taal. 8. Ebenda. (4 S.) M. 0, 15.
292. Cloos, W., een Vertellzel van den alden Dokter Rademaker en
van een mooij Stökske, dat öm met 'neu Buur passirt es* In ons Goch'se Mo-
dertaal. 8. (24 S.) Cleve 1878. Knipping. M. 0, 50.
293. Jellinghaus, H., zwei plattdeutsche Possen von H. Lauremberg.
Jahrbuch des Vereins fUr nd. Sprachforschong (Bremen 1878) S. 91 — 100.
294. Sackmann*Sy weil. Pastor Jobs, plattdeutsche Predigten. 8. (112 S.)
Celle 1878. Literar. Anstalt 1 M.
295. Heine, H., wilde Heckenrosen. Humoristische und satyrische Ge-
dichte in plattdeutschen Mundarten. 8. (60 S.) (Leipzig) Berlin 1877. Koch
in Comm. 1 M.
296. Bockel^ F., ausgewählte plattdeutsche Gedichte. 8. (VI, 142 S.)
Hamburg 1878. J. F. Richter. M. 1, 20.
297. Deumeland, H., Hapütjen ut mieiien Blaumenjahren.. Plattdeutsche
Erzählungen. 8. (VIII, 428 S.) Celle 1878. Schubse in Comm. 4M.
298. Eichwald, Karl, he socht sjm Swyn. Läuschen. 8. (4 S.) Bremen
1878. Tanner in Comm. 10 Pfg.
299. Eichwald, Kari, Tabacks- Monopol. Läuschen. L ü. 8. (k 4 S.)
Bremen 1878. Tanner in Comm. & 10 Pfg.
300. Gedichte, plattdeutsche , zum Declamiren. 2. Auflage. 8. (Uly
176 S.) Hamburg 1878. J. F. Richter. M. 1, 20.
301. Plattdütsche Husfründ. 3. Jahrgang (1878). fol. 52 Nrn. Leipzig
1878. Koch. 4 M.
302. Keller, E., der Rausch des Küsters oder Unkel Bräsig in dnsend
Aengsten. Genrebild mit Gesang. 8. Leipzig 1878. C. A. Koch in Comm«
M. 0, 60.
GERMANIA. Nene Seihe. lÜ. (XXIV. Jakrflr) 29
4fiO BIBUOQRAPHIE VON 1878.
303. MaalS, C.« StömmiDg WaUke. Ne plattdatsche Gesiebte. l.Bd.
8. (ist; 8.) Leipii^ 1878. Ehrlich. M. 2, 25.
304. MähK Joachim, Reineke Voß. Ut frier Hand. 8. (XIL 2iS 3.)
atuttgrart 1878. Cotta. 3 M.
305. Meyer, Joh., plattdeatscher Hebel. Eine freie Cbertctzog ier
lI««b«Uchoii aleuianuischen Gedichte. 2. Auflage. 8. (VII, 290 S.) Hiabiig
1878. Hkhtt^T. 4 M.
306. rolliti, W., Ünuer de Suldaten. Biller at de Kriegstid Ton 1870.
1. Deol. 16. (155 S.) Altoua 1878. Härder. 2 M.
307. Kehder, Fraua^ Twee Lustspeel'n. De forsche Peter oder Wort
uitttt mau horii. Vm so n ol Petroleumlamp*. £n lätt Lebensbild in een Optog.
8. (54 S.) Ki«^l 1878. Lipsius und Tischer. 1 M.
308. Keusch» F., Unkel BrIUig! Komische pUttdeutsche Origi]li]g^
dichte. 1. Thoil. (V, 89 S.) München 1877. Schi&fer. 1 M.
309. Scharbusch, F., lustige Qeschichten, plattdütech in Yenen i.
Kinicls vertoUt. 8. i^XVl, 207 S.) Leipsig 1878. Femaa in Comm. M. tSO.
310. Sc hui manu y L.» dat Bodekerlted. 5. Uplag. 8. (8 S.) HanBorer
1878. Knicp. M. K\ 10.
311. Vcreeus- Blatt, plattdütsches. Organ for de Interessen tu de
gesainmtou plattdUtschen Vereeue. 1. Johrgang 1878. 2. Johigang lS79.
Leipsig 1878—79. Koch. M. 1, 20.
31^. Vogel. Otto, Russelbl&der. £n Strämel PUttdOtscb. 8. (155 S.)
Leipsig 1878. U. Wigand. M. 1, 75.
313. Oiese, Frans, Frans Essink. Sin Leben un Driben as olt Mis-
storsch Kind. 3. AuHage. Mit einem Vorwort von Klans Grotb. 8. (Vn, 282 3.)
Hraunschweig 1878. Bruhu. 3 M.
314. Urimme, F. W., Schwanke und Gedichte in sanerländischer Miisd-
art. 1. Sprickeln un Sp^ue. II. Spargitsen. Mit einer Einleitung über die Eigts-
thttmlichkeiteii des sauerliindischen Dialektes und einem Glossar. 7. Teimebite
Auflage. 8. (226 8.) Paderborn 1878. SchSningb. M. 1, 50.
315. Pape, J., iurm Siuerlanne. 8. (214 S.) Paderborn 1878. Scbo
ningh. M. 1, 35.
316. Nürsk Tu ig! Jut dem Noelote vom Kristejon Dollromes. Plttt-
duitske Schnacke u. Streiche iut em Patterbürnsken. 2. Auflage. 16. (86 S.)
Werl 1878. Stein. 30 Pfg.
317. Poppe^ Frans« Marsch und Geest Gedichte humoristischen ssd
ernsten Inhalts in oldenburg-uiederdeutscher Mundart. 16. Oldenburg W^-
Bültmann und Geiriets. 4 M.
318. Schriefer, Heinrich, Aus dem DQwelsmoor. Skiuen und Gedickte-
2. Auflage. 8. (84 S.) Oldenburg 1878. Schulse. M. 1, 20.
319. Fehrs, Job. Heinr., La^* Hinnerk. £n plattdfltsche Geschieht 8.
(98 S.) Itsehoe 1878. Nusser. 1 M. 50 Pfg.
320. Gaederts, Karl Theodor, Julklapp! Leeder un Läoscheo. HH
8 Originalgedichten von Klaus Groth, Th. Storm und Tb. Soncbay. 8. (X.
141 S.) Hamburg 1879. Richter. 3 M.
321. Schacht, Heinr., Hamburger Polterabend-Gedichte. Nenn Origtsil-
gedichte und Scherze in Platt- und Hocbdeutseb. 4. Auflage. 8. (VI, 90 S.'
Hamburg 1878. Kramer. 1 M.
VII. MYTHOLOGIE. 451
322. Reute r, Fritz, sämmtliche Werke. Volksaasgabe in 7 Bänden oder
28 Lieferungen. 9.-28. Lieferung. Wismar 1878. Hinstorff. k 75 Pfg.
323. Reuter, Fritz, Ut mine Stromtid. Neue illustrirte Pracht- Ausgabe.
4. (530 S.) Wismar 1878. Hinstorff. 27 M.
324. Marwedel, H., Fritz Reuters Himmelfahrt oder: Wat sick Sündag,
den 12. Juli 1874, inn Himmel todrägen däh. 8. 4. Auflage. Varel 1878.
Bültmann in Comm. M. 0, 10.
325. Quitzow, W. A., MekeInbÖrger Geschichten. Verteilt for Jung un
olt. 3. Band. Hanne Möller un sin Mudder. 2. Theil. 8. (242 S.) Leipzig
1878. C. A. Koch. M. 2, 40.
326. Geschichten, söß plattdutsche, van ollen Radmake Martin. Her-
ausgegeben von L. Wagtsmitgott. 8. (IV, 103 S.) Stavenhagen 1878. Be-
holtz. 1 M.
327. Hoefer, £., Pap Kuhn, 'ne Geschieht ut de oll plattdütsch Tid.
8. (VIII, 342 S.) Stuttgart 1878. CotU. 5 M.
328. Ut min Dischlad. Dit un dat in nige Vertellzels. Von'n olln Nü-
märker. 2. Band. 8. (155 S.) Leipzig 1879. Koch. M. 1, 60.
329. Dijkstra, Waling, Haitskemoai op 'e tentoanstelling fen Frysce
aldheden to Leauward yn 1877. 8. (18 S.) Frentsjer 1878. Telenga. 15 c.
330. Ger des, £., Witske. En teltsje. Forfriske troch R. Zijlstra. 8.
(4, 95 S.) Leaward 1877. Bokma. 90 c.
331. Meulen, T. G., van der^ It hirdsllen op s^ bj Harns. Op de
foarste dei fen simmermoane 1877. 8. (40 S.) Harlingen 1877. 40 c.
332. Meulen, T. G., Lftn-geanne to feankleaster de 25ste fen Hei-
moane 1877. 8. (50 S.) Harns 1877. Faber. 45 c.
333. Meulen, T. G., Riucht en sliucht, of oarsom. Bljspil in ien be-
driou. 8. (79 S.) Frjentsjer 1877. Telenga. 50 c.
334. Zijlstra, R., Willem en Kes. In teltsje üt de Fr&nske tiden. 8.
(47 S.) Frjentsjer 1877. Bosman. 30 c.
335. Swanneblommen. Jierboekje fort it jier 1878. 8. (XII, 80 S.)
Hearrenfean 1878. Hingst. 30 c.
336. Skalle-Laust, Faaklaaring aa Beskryuels euer et faalae villelae
Gild. 6* Oplag. 8. (36 S.) Viborg 1878. Christensen. 25 öre.
In jütlSndischer Mundart
Vn. Mythologie.
337. Grimm, J., deutsche Mythologie. 4. Ausgabe. 3. Band. Nachtrage
und Anhang, herausgeg. von £. H. Meyer. 8. Berlin 1878. Dümmler. 12 M.
Vgl. Germania 24, 248 f. (Bartsch); Jen. Liter. Zeitung 1879, Nr. 20 (Pfannen-
schmid).
338. Simrock, K., Handbuch der deutschen Mythologie mit Einschluß
der nordischen. 5. verbesserte Auflage. 8. (XU, 648 S.) Bonn 1878. Mar-
cus. 9 M.
339. Bratnschek, Ernst, germanische Göttersage. 2. Auflage. (VIJJ,
330 S.) Leipzig 1878. Richter. 3 M.
340. Falch, E., deutsche Gtöttergeschichte. Der deutschen Jugend ge^
widmet. 8. (IV, 56 S.) Leipzig 1878. Teubner. 1 M.
Vgl Deutsche Allg. Zeitung 1878, 91; Beilage s. bayer. Lehreneitung 1878, 28.
29*
452 BIBUOORAPHIE VON 187a
341. Naveaa, Th., das Wissenswertheste aus der nordischen Mythologie.
2. Aufl. 16. (IV, 75 S. mit 4 Steintaf.) Stuttgart 1878. Hofiinann. M. 1. SO.
342. Bernard, M"* Lanre, les mythologies de toos les penples. 11*
Edition. 18. (II, 362 S.) Paris 1878. Didier. 2 fr.
343. Cox, George W.^ the mjthology of the Aiyan nationa. New ed.
2 Tols. 8. London 1878. 28 sb.
344. Crabbe, George, Mythologj of al] nations. 12. London 1878.
Blackwood. 2 sh.
346. Gill, H., illustrirte Mythologie, Göttersagen und Koltasfonnen der
Hellenen, Römer, Aegypter, Inder, Perser und Germanen. 4. Auflage. 8.
(X, 400 S.) Leipzig 1879. Spamer. 4 M.
346. Minckwitz^ Job., illustrirtes Taschenbuch der Mythologie aller
Völker. 5. Auflage. 16. (620 S. mit Holzschn.) Leipzig 1878. Arnold. 4M.
347. Minckwitz, Job., der Tempel. Die Mythologien der vonugUch*
sten Cultunrölker bis zum Christenthum. Mit Abbildungen. 8. (VI, 834 S.^
Leipzig 1878. Oehmike. 1 M.
348. Petiscus, A. H. , der Olymp oder Mythologie der Griechen lud
Römer. Mit Einschluß der ägyptischen, nordischen und indiachen Götterlehre.
18. Auflage. Mit 89 Abbildungen. 8. (VII, 454 S.) Leipzig 1878. Amehmg.
3 M. 50 Pfg.
349. Much, Dr. M., über die Kosmogenie und Anthropogenie des ger-
manischen Mythus.
Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft in Wien. Bd. 8 (1878)l Vgl
Das Ausland 1879, Nr. 17.
350. Müllen hoff, K., Irmin und seine Brüder.
Zeitschrift f. deutsches Aitorthum 23 (1879), 1—23.
351. Müllenhoffy K., Tanfana.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 23—26.
352. Müllenhoff, K., ein gotischer Göttemame?
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 43—46.
353. Raßmann, August, Gungnir.
Ersch und Gmber, Encyclopädie L SecUon, 97. Band (1878), S. 281—286.
354. Blaas, C. M., Sif und das Frauenhaar.
Germania 23, 156 — 168.
355. Stephens, Geo., Thunor the Thunderer, canred on a scandiai-
vian fönt of about the year 1000. The first yet found god-fignre of cor
Scando-Gothic forefatbers. 4. (58 S.)
356. Stephens, Geo., Tordneren Thor, fremstillet pa en akandinarisk
e
Dahefont fra omtrent Ar 1000. Det eneste hidindtil fundne Gndebillede, efter-
ladt OS af vore Scando-gotiske forfsedre. 4. (58 S.)
357. Dahn, Felix, über Skepticismus und das Leugnen der Götter ia
Norden Tor dem Eindringen des Christenthums.
Deutsche StudienblStter von R. Roltsch 3, 13 (1878).
358. Lundgren, M. F., Sprikliga intyg om hednisk gudatro i Srerige.
8. (86 S.) Göteborg 1878. 1 kr. 50 öre.
Göteborgs Vetenskaps- och VitterhetsSamhäUes Handlingar. Ny Tjrdslbljd XVI.
Vgl. Liter. CentralbUtt 1879, 28 (Edsardi).
359. Blind, K., neue shetländer Funde zum germanischen Aten-GUuibeB.
Die Gegenwart 1878, 33.
Vn. MTTHOLOQIE. 453
360\ Maller, Nath., die Mythen des Beövalf in ihrem Verhält niss Eur
germanischen Mythologie betrachtet«
Deatsche 8tadienbl£tter von R. Roltsch 3, 13.
360^ Müller, Nathanael, die Mythen im Beömlf. 8. Leipzig 1878.
Heidelberger Doctordissertation. Auch abgedruckt in des Verf. ,|KnoBpen and
Blüthen**. Gedichte von Irmin. 2. Auflage (Leipzig 1878) als Anhang.
361. Pfannenschmidy H., germanische Erntefeste im heidnischen und
christlichen Cultns, mit besonderer Beziehung auf Niedersachsen. Beiträge zur
germanischen Alterthumskunde und christlichen Archäologie. 8. (X2CX, 710 S.)
Hannover 1878. Hahn. 10 M.
Vgl. Blätter f. liter. Unterhaltung 1879, Nr. 21 (Bartsch).
362. Heidnische und christliche Flurprocessionen in der Himmel-
fahrtswoche.
Europa 1878, Nr. 23. Nach Pfannenschmid.
363. Laistner, Ludwig, Nebelsagen. 8. (VHI, 366 S.) Stuttgart 1879.
Spemann.
364. Pölzig, A., unsere Pflanzen in der deutschen Gotterlehre. 1. 2
Die Natur N. F. 4. Jahrg. (1878), Nr. 21. 22.
365. Sagenhaftes und Mythologisches aus dem Rhöngebirge.
Globus 1878, Nr. 19, S. 301—303.
366. Rollett, H., die Volksmythen Niederösterreichs.
Blätter des Vereins für Landeskunde von NiederGsterreich N. F. 12. Jahrgang.
Wien 1877—8-
367. Hexen und Zauberer in Reval 1615 — 1618. Von 0. von Riese-
mann.
Beiträge cur Kunde Ehst-, Liv- und Kurlands II, 3 (1878).
368. Steinmeyer, £., Segen.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 246 f
369. Schönbach, A.^ ein Segen.
Ebenda 22, 248-250.
370. Bosch, Hans, Wundsegen.
Anzeiger fOr Kunde der ideutschen Vorzeit 1878, Sp. 67. Aus dem german.
Museum.
371. Lucae, K., zum Weingartner Reisesegen.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 94.
372. Dümmler, £., Beschwörung.
Anzeiger fOr Kunde der deutschen Vorzeit 1878, Sp. 48. Lateinisch *pro porcis*.
373. Blaas, C. M., Trudenspruch.
Anzeiger f. Kunde d. d. Vorzeit 1878, 360. Aus Stockerau.
374. Toischer, W., Segensformeln.
Mittheilungen des Vereins f. Geschichte der Deutschen in Böhmen XVI, 8 (1878).
375. Hofmann, Konrad, Johannesminne.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 242^245.
376. Rialle, Girard de, la mythologie comparde. T. L 16. (XII, 363 S.)
Paris 1878. Reinwald.
377. Zur vergleichenden Mythologie.
Das Ausland 1878, Nr. 48.
378. Mannhardt, W., Übereinstimmungen deutscher und antiker Volks-
überlieferungen.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22 (1878), 1—18.
4M BlBUOGEäFHIE TOS 1879.
370. Wormf tall, Joseph, Heiperieii. Zur LöniBg des reügiot-gcaeliidit*
fidien Problems der alten Weh. 8. (80 3.) Trier 1878. Lmlz.
Vf^. Liter. Centralbijtt 1879, Nr. 27 (Baraan).
980. Sehwartz, J. L. W., der UrvpntDg der Slaaiii- md Groadimgi-
Mfe SiHBa oater dem Keflex indogermanischer Mythen. 8. (2 BL, 50 8.) Jesi
1878. Costenobie.
TgL Ltt. Centr. 1878, 9r. 41; r^ Sp. 1584; Anslaad 1879, 17.
Yin. Märehen and Sagen.
381* Grimm, J. nnd W., Kinder- nnd Hansmarehen. Grosse Aosgtbe.
U. Auflage. 8. (XX, 704 S.) Berlin 1879. Besser. 6 M.
382. Grimm, J. and W., Kinder- nnd Hansmarehen. Kleine Aasgabe.
24. o. 25. Aaflage. 16. (lY, 311 8.) Berlin 1878—79. Dämmler. eart. 1. 50.
383. Grimm, Contes choisis. Tradoits de Tallemand par Fr^i^c
Baodry. Noorelle Edition. 18. (XI, 323 S.) Paris 1878. Hachette. fr. 2. 25.
384. Contes popalaires tir^ de Grimm, Masaas, Andersen, Herder
et Liebeskind (Feoilles de palmier), et pabli^ avec des notiees sor les aatean
et des Dotes en fran^ais par D. E. Scherdh'n. 3* ^tion. 16. (Vm, 467 S.)
Paris 1878. Hachette. 3 h,
385. Linz'Godin, A., Märchenbach. Aaszag aas dem Märchenbach
▼on A. Godin. 8. (225 S.) Glogaa 1878. Flemming. 3 M.
386. Möldener^ Rad., Märchen aas Sfid and West Mit HlastrationeB.
4. Auflage. 8. (200 S.) Langensalza 1879. Schalbachhandlang. M. 1, 50.
387. Märchen, zehn, aas Österreichs Bergen and Thälem.
ObentranU Jngendbibliothek Nr. 22. Wien 1878. Mana. 80 P%.
388. Grandtvig, danske Folke • aevent jr , fimdne i Folkemande og
gjenfortalte. Nj Samh'ng. 8. (240 8.) Kopenhagen 1878. kr. 1, 50.
389. Grandtvig, Svend, dänische Volksmärchen. Nach bisher ange-
drackten Qaellen nacherzählt. Übersetzt von Willibald Leo. 8. (XV, 328 S.)
Leipzig 1878. Barth. 4 M.
Vgl. Grenzboten 1878, Nr. 1; Europa Nr. 2; Kökiische Zeitung 1878, Nr. SM;
Schles. Presse 900; Weserzeitung 11114; Über Land und Meer 39, 21; Lehmamii
Magazin 1878, 17.
390. Pfeil, Heinrich, Deutsche Sagen. Für die deutsche Jagend and
onser Volk wiedererzählt. 8. (VIU, 308 S.) Leipzig 1879. Spamer. 4 M.
391. Tharaa, Hans, die schönsten Sagen der deutschen Heimat. Der
Jagend wiedererzählt. 8. (IV, 220 S.) Halle 1878. Schweischke. 3 M.
392. Deutschlands Geschichten- und Sagenbach. 1. — 18. Heft 16. Statt-
gart 1877. Brachmann, k 40 Pfg.
393. Sc hone y G., griechische, römische und deutsche Sagen. 4. Aaflage.
8. (44 S.) Iserlohn 1878. Bädeker. M. 0, 50. [5. Auflage 1879.]
394. Schlägel, Max von, das deutsche Wallis im Spiegel seiner Sagen.
Über Land und Meer 1878, 40. Bd., Nr. 39—43.
395. Doli, K., und A. Birlinger, Volksthumliches , Sagen and Aber-
glauben.
Alemannia 6, 161-178.
396. Sagen aus Tirol erzählt Ton Math. Gleirscher. 16. (76 S.) Wien
1878. Pichler.
^terrrioh« Volks- and Jngendbibliothek 16. Bdchn*
Vm. IfÄKCHEN UND SAGEN. 455
397. Der Sagenschats des Bayernlandes. 1. B&ndchen. Kreis Unter-
franken. 2. 3. Lieferung. 8. (S. 65— 192). Wärzbnrg 1878. Staudinger. k 60 Pfg.
398. Obentrauty Ad. Ritter von, zwölf Sagen und Märchen aus unseren
Alpen. 16. (76 S.) Wien 1878. Manz. M. 0^ 80.
Jugend-Bibliothek für Knaben Nr. 12.
399. Laber, M., Salzburger Sagen. Für die Jugend und das Volk aus-
gewählt. 16. (68 S.) Wien 1878. Pichler. 70 Pfg.
Österreich. Volks- und Jugendbibliothek 13.
400. Oben traut; Ad. Ritter von, der Untersberg. 16. (68 S.) Wien
1878. Manz. 80 Pfg.
401. Ivanetiö, F., Sagen vom wilden Mann.
Carinthia 68, 8. 1878.
402. Ivanetiö, F., eine Sagennotiz von der St. Sebastianer Gegend.
Carinthia hsg. v. Jabomegg 68, 3 (1878).
403. ProBchko, J., Geschichte und Sage aus Mähren. 8. (173 S.)
M. 1, 20.
Österreich. Volks- und Jagendschriften Nr. 9. Wien 1878. Manz.
404. H übler y Friedr., Sagen aus dem südlichen Böhmen. 21.
Mittheilungen d. Vereins f. Geschichte d. Deutschen in Böhmen 16, 4 (1878).
405. Peter, Volksthümliches aus Österreichisch- Schlesien. Öl. 8. (V,
178 S.) Teschen 1878.
406. Kruspe, H., die Sagen der Stadt Erfurt. 2 Bändchen. 16. (VI,
119 und 95 S.) Erfurt 1878. Kömer. & 1 M.
407. Heine, H., die schönsten Sagen, Märchen und Bilder aus dem
Harze. Nach alten Legenden und mundartlichen Überlieferungen frei bearbeitet.
16. (144 S.) Leipzig 1878. C. A. Koch. M. 1, 60.
408. Hohnstein, 0., die Harzburg. Nach Sage und Geschichte dar-
gestellt. 8. (32 S.) Braunschweig 1878. Bruhn. M. 0, 80.
409. Schneegans, W., geschichtliche Bilder und Sagen aus dem Nahe-
thal. 16. (VI, 341 S.) Kreuznach 1878. Schmithals. 3 M.
410. Baskerville, Alfred, Legends of the Rhine. 8. Bonn 1878. Max
Cohen.
411. Hartmann, H., Sagen aus dem Osnabrückischen.
Mittheilungen des historischen Vereins zu Osnabrück. 11. Bd. 1878.
412. Wagenfeld's, F., Bremer Volkssagen. Herausgegeben von K. Eich-
wald. 2. Auflage. 8. (387 S.) Bremen 1878. Tannen. M. 4, 50.
413. Weichelt, Herm., Hannoversche Geschichten und Sagen. 4. und
5. Buch. (S. 153—248). CeUe 1878.
414. Harlan d, A., Sagen und Mythen aus dem Sollinge.
Zeitschrift des historischen Vereins f. Niedersachsen 1878, S. 76—103.
415. Deecke, E., lübische Geschichten und Sagen. 2. Auflage. 8. (XVI,
319 S.) Lübeck 1878. Dittmer. M. 3, 50.
Vgl. Liter. Centr. 1879, 21.
416. Säve, Ukems sagor. Spridda dag ur odlingsbäfdema och folklifVet
pl Gotland. 4. (140 S.) Stockholm 1877. kr. 1, 50.
417. Warncke, Fr., Pflanzen in Sitte, Sage und Geschichte. Für Sehale
und Haus. 8. (VH, 219 S.) Leipzig 1878. Teubner.
Vgl. Die Natur 1879, 16; Magazin für Pädagogik 13.
418. Berg, W. v., deutsche Volkssagen in Besiehung auf Waldbäume.
Wiener Abendpost 1878, Nr. 224 f.
456 BIBUOGRAPHIE VON 187a
419. Blaasy C. M., die Edelsteine im Mittelalter.
Wiener Abendpost (BeiUg^e) 1878, Nr. 300.
420. Allerhand sagenhafte deutsche Steine.
Europa 1878, Nr. 46.
421. Grundtvig, F. L. , Lösningostenen. Et sagnhistorisk Studie. 8.
(Xl^ 176 S.) Kopenhagen 1878. Schönberg.
Vgl. Liter. Centr. 1878, 33 (Edzardi). Sagen von zauberkraftigen Stttnen.
Krifte der edlen Steine.
422. Wagner, W., die Nibelungen. Nach nordischer und deutscher
Dichtung erzählt 8. (XII, 186 S.) Leipzig 1878. Spamer. 2 M. Pracbtau-
gäbe. 8 M.
Erweiterter Abdruck aus * Deutsche Heldensagen .
423. Osterwaldy K. W.^ Erzählungen aus der alten deutschen Wdt
2. Theil. Siegfried und Knemhild. 5. Auflage. (199 S.) 8. Halle 1878. Wai-
senhaus. M. 2. 50.
424. Keck, K. H., Iduna. Deutsche Heldensagen dem deutschen Volk
und seiner Jugend wiedererzählt. 3. TbeiL Die Sage von Wieland. 8. (116 S.)
Leipzig 1878. Teubner. M. 1. 35.
425. Hagen, Hermann, der Roman von Konig Apollonius Ton Tyriand
in seinen verschiedenen Bearbeitungen.
Sammlung gemeinverst wiss. Vorträge Heft 303. Berlin 1878. Habel. 8. (33 S.)
426. Paris, G., la Inende de Trajan.
M^langes publi^s par T^cole des hautes ^tndes 1878, S. 261 — 298.
427. Dung er, Hermann, Dictjs-Septimius. Über die araproogliche Ab>
fassung und die Quellen der Ephemeris belli Trojani. Separatabdrnck aus dem
Programm des Vitzthumschen Gymnasiums. Dresden 1878. 4. (54 S.)
Vgl Lit. Centr. 1878, Nr. 19; Zeitschrift f. rem. Phüol. 3, 107 (Ludwig).
428. Kressner, Adolf, Sanct Nicolaus in der Tradition and in der
mittelalterlichen Dichtung.
Archiv f. d. Studium der neueren Sprachen 59 (1878), 33 — 60.
429. Hei big, Fr., Judas Ischarioth in Legende, Sage und Oichtung.
Allgem. Liter. Correspondenz H, 6. 7 (1878).
430. Zarncke, Nachtrag zu 'zwei neue lateinische Redactionen dei
Presbyterbriefes .
Berichte der k. sächs. Gesellschaft der Wissenschaften 1878, IS. Min. Eine
altengL Obersetzuug.
431. Röhricht, B., Beiträge zur Geschichte der Krenzsuge. 2. Band.
8. (Vni, 452 S.) Berlin 1878. Weidmann. M. 10.
Enthält 8. 392—400 eine Zusammenstellung von Sagen über deutsche Kren-
&hrer. Vgl. Lit Centr. 1878, 1403 f.; MittheU. ans d. histor. Lit VII, 2.
432. Kraußold, L., die Sage vom heil. Gral und PareeraL Yoiiraf.
8. (32 S.) Erlangen 1878. Deichert M. 0, 50.
433. Paur, Th., einiges von Merlin in Sage und Dichtung.
Neues Lausitz. Magazin 54, 1 (1878).
434. Darme steter, A., de Floovante, vetustiore Grallico poemate, et
de Merovingo Cyclo scripsit et adjecit nunc primum edita OlaTiaiuun Floveati
sagae versionem et excerpta e Parisiensi codice „il libro de HoiaTaiite^. (VUL
191 S.) Paris 1877. Vieweg.
Vgl Zeitschrift t rom. PhiloL 2, 332 ff. (Stengel).
IX. VOLKS- UND KINDERLIEDER, SPRICHWÖRTER etc. 457
435. Galiffe, Teil et Gkßler, selon la tradition et selon rhistoire.
Bibliothäque universelle et Revue SuiMe 1878, S. 386—425.
436. Poeschely J., das Märchen vom Schlaraffenlande.
Paul und Braune, Beiträge 5, 389—427.
437. Liebrecht, F., ein altengliecher Schwank.
Englische Studien 2, 20—27.
X. Volks- und Kinderlieder, Sprichwörter^ Sitten und Gebräuche.
438. The songs of Germanj: a collection of one handred and two
Volkelieder. With German and English words, the latter by Miss M. X. Hayes.
Edited by J. A. Kappy. 8. (192 S.) London 1878. 2 8. 6 d.
439. Fischer, H., kleine Mittheilungen. lU. Ein historisches Lied des
XVL Jhs.
Germania 23, 67 — 58.
440. Ein schön kurtz üed von Johann Friedrich Churfürsten und Philips
Landgraffen zu Hessen 1546. Mitgetheilt von W. Crecelius.
Archiv för Literaturgeschichte VII, 277 f. (1878).
441. Lied, ein schön, vomVrsprong vnd Herkommen der alten Schweitze-
ren, insonderheit des Lands Hassle in Wejssland. Aas alten Chroniken ge-
zogen. Nach der Ausg. von 1665 neu herausg. von F. Vetter. 8. (16 S.)
Thun 1878. Stämpfli. 35 Pfg.
442. Schlossar, A., Bergwerkslieder der Steiermark. 1. 2.
Wiener Abendpost 1878, Beilage 293.
443. Westfälische Volkslieder in Wort und Weise mit Olavlerbeglei-
tung und liedervergleichenden Anmerkungen herausg. von AI. Reifferscheid.
Heilbronn 1878. Henninger. 8 M.
Vgl. AUgem. Zeitung 1878, Beilage 338 (Düntzer); Korrespondensblatt f. nd.
Spracbf. HI, 82 f.-, Literaturblatt von Herbst 1879, Nr. 3; Pick, Monatsschrift 5, 76 f^
(Düntzer).
444. Zwei niederdeutsche Volkslieder nach der Aufzeichnung von
E. M. Arndt.
Korrespondenzblatt des nd. Vereins (1878), O, 71 ff.
445. Mielck, W. H., and andere, zum Verwunderangsliede.
Korrespondenzblatt des Vereins für nd. Spraehforschung HI (1878), Nr. 2.
446. Stolberg, Botho Graf, der Pflaumen pflückende Fuchs oder Wolf.
Korrespondenzblatt des Vereins für nd. Sprachforschung HI (1878), Nr. 2.
447. Frischbieri H.^ Schlemmerliedlein.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 213—219.
448. Bondeson, A., Visor pl Ätradalens bjgdemll. 12. (56 S.)
Upsala 1878. Virgin & K. 50 öre.
449. Folkeviser, Danmarks gamle^ udg. af S. Grandtvig. V, 2. 8.
(198 S.) Kjöbenhavn 1878. 1. 80.
450. Blaas, C. M., ein Kinderspraoh aus dem 15. Jahrhundert.
Germania 23, 343.
451. Woeste, F., Kinderspiele in Südwestfalen.
Jahrbuch des Verdns £. nd. Sprachforschung 1877, 103—109.
452. Meyer, G., Ostfriesiscjie Kinder- and Volksreime.
KoirefpondensblatI des Vereins t nd. Sprachforschung 8 (1878), 54—60.
458 BIBUOGRAPHIE VON 1878.
453. Kamp, Otto, Frankreichs Kioderwelt in Lied und Spiel. In
deutscher Übertragung. 8. (XV, 144 8.) Wiesbaden 1878. Bergmann.
M, 2, 40.
454. Bartsch, Karl, getheilte Spiele.
Germania 23, 244. Räthselfragen.
455. Frisch bier, H., die Pflanzenwelt in Volksräthseln aus der Pro-
vinz Preussen.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 65 — 77.
456. Wander, K. F. W. , Deutsches Sprichwörterlexikon. 64 hii
66. Lieferung. 5. Bd. (Sp. 385—768). Leipzig 1878. Brockhaus, k 2 M.
457. Wunderlich, G., deutsche Sprichwörter volksthümlich erklart and
gruppiert. 1. Bändchen. 3. Auflage. (VIII, 72 S.) 2. Bändchen. 2. Auflage.
8. (VIII, 79 S.) Langensalza 1878. Schalbuchhandlung, ä 75 Pfg.
458. Latendorf, Fr., der literarische Einfluß von Agrieola's Sprich-
wörtern ; mit besonderer Beziehung auf seine 500 neuen Sprache vom
Jahre 1548.
Anzeiger f. Kunde d. deuUchen Vorzeit 1878, Sp. 180—182.
459. Frischbier, H., Sprichwörtliches aus Hss. mitgetheilt
Wissensch. Monatsblätter 1878, Nr. 7—12.
460. Birliuger, A., und K. Doli, Sprüche und Inschriften.
Alemannia VI, 87—89.
461« Crecelius, W., und A. Birlinger, alte gute Sprüche.
Alemannia 6, 158 — 161.
462. Wein kauf f. F., Mundus vult decipi.
Alemannia 6, 48 f.
463. Frischbier, H., Vergleiche mit Thieren.
Korrespondenzblatt d. Vereins f. nd. Sprachforschung 3, 49 — 54 (1878).
464. Sutermeister, 0., der Schulmeister im deutschen Sprichwort.
Vortrag. 8. (26 S.) Aarau 1878. Sauerländer. M. 0, 40.
465. Röhricht, B., Löwe und Hund.
Zeitschrift f. d. Philologie 9, 473 f. Zu dem Sprichwort: den Hund Yor den
Löwen schlagen.
466. Höhlbaum, K.^ und P. Strauch, up der hut werpen.
Korrespondenzblatt d. Vereins f. nd. Sprachforschung 3, 88.
467« Mjliusy C. F., Aus Volkes Mund. Sprichwörtliche Redensarten.
Citate aus classischen Dichtungen, aus der Oper, aus der Bibel. Jüdiach-dentsch.
8. (VII, 235 S.) Frankfurt a. M. 1878. Jaeger. M. 3, 50.
468. Büchmann, Q., Geflügelte Worte. Der Citatenschata des deut-
schen Volks. 11. Auflage. Berlin 1878. Haude und Speuer. M. 4, 50.
469. Sperber- Niborski, L., des Volkes Rede. Eine Sammlang est*
prenssischer Ausdrücke und Redensarten. 8. (46 S.) Löbau in WeetprensRn
1878. Skrzeczek. M. 1, 20.
470. Spruchbuch der jungen Pfalzgräfin Anna Sophia nachherigen
Äbtissin von Quedlinburg, vom Jahre 1630. Mitgetheilt von C. Schalle.
Archiv für das Sta£um der neueren Sprachen 69 (1878), S. 819—388.
471. Mau, E. , den dansk Ordsprogskat eller Ordsprog, Skjaemtesprog.
Rimsprog, Mundheld, Talemaader, Tankesprog etc. Efter trykte og ntrykte kildff
samelde, ordnede og udgivne. 1. — 5. Heft. 8. Kopenhagen 1878. k 1 kr.
n. VOLKS- UND KINDERLIEDER, SPRICHWÖRTER etc. 459
472. Simrock, Karl, die deutschen Volksbücher. Gesammelt und in
er ursprünglichen Echtheit wiederhergestellt. 2. Auflage. 3. — 6. Band. 8.
inkfurt a. M. 1878. Winter.
473. Schwab, G., die deutschen Volksbücher. Neue illustrirte Aus-
)e in 4 Theilen. 8. (VIII, 232, 235, 244 und 216 S.) Gütersloh 1878.
rtelsmann. ä M. 2, 50.
Auch in Einzelansgaben.
474. Roch holz, £. L., deutsche Volks- und Helden bücher neu erzählt.
b Holzschnitten. 2. Ausgabe. 8. (VIH, 233 S.) Leipzig 1878. Löwe,
t. 3 M.
475. Simrock, K. , ein kurzweilig Lesen von Till Eulenspiegel etc.
cb den ftltesten Ausgaben. Mit Bildern. 8. (XX, 182 S.) Frankfurt a. M.
78. Winter. M. 1, 50.
476. Tyll Eulenspiegels Schnurren, Schwanke und Streiche. Ein
^tzliches Büchlein für lachlustige Leute. Aufs neue dem Volke erzählt. 8.
I S.) Altötting 1878. Lutzenberger. M. 0, 25.
477. Das Volksbuch vom Doctor Faast. Abdruck der ersten Ausgabe
587). 8. (XXI, 140 S.)
Neudracke deutscher Literaturwerke des XVI. und XVH. Jahrh. Nr. 7 und 8.
II e 1878. Niemejer. M. 1, 20. Vgl. Liter. Centralblatt 1878, Nr. 26.
478. Doctor Faust, sein Leben und seine Himmelfahrt. 8. Altötting
78. Lutzenberger. 25 Pfg.
479. Fortunatus und seine beiden Söhne. 8. Urfahr-Linz 1878.
außlich. M. 0, 20. — Ebenda: Die weisse Frau. Volkssage. Rolands Knappen.
Iineewittchen. Siegfried der gehörnte Ritter. Die sieben Schwaben, ä 20 Pfg.
480. Mannhardt, W., die praktischen Folgen des Aberglaubens.
Deutsche Zeit- und Streit-Fragen Heft 97. 98 (1878).
481. Simar, Th., der Aberglaube, 2. Auflage.
Vereinsschriften der Görrea- Gesellschaft 1877. I. Cöln 1878. Bachem. M. 1, 20.
482. Köbner, Hugo, über medicinischen Aberglauben. 8. (15 S.)
eslau 1878. Köbner.
Sammlang gemeinfaßlicher Vorträge 4. Heft.
483. Heller, Dr. A., über Volks- und Geheimmittel.
Schriften des naturwissensch. Vereins f. Schleswig-Holstein lU, 1 (1878).
484. Woeste, F., Aberglaube und Gebräuche in Südwestfalcn.
Jahrbuch d. Vereins f. nd. Sprachforschung 1877, S. 127-151.
485. Silberstein, A., das Perchfenlaufen oder der Perchtenberg im
ixburgischen Pinzgau.
Ober Land und Meer 39. Bd. Nr. 14 (1878).
486. Stöcklow, Jos., die Scharfeier bei Tachau — ein altdeutsches
inen wendfest.
llittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen XVI, 8
8).
487. Wegen er, Phil., Hochzeitsgebräuche des Magdeburger Landes.
Geschichts-BUtter für Stadt und Land Magdeburg XIU, 3 (1878). 14, 1 (1879)
tsetsung.
488. BenekO; 0., Hamburgische Osterfeuer.
Mittheilnngen d. Vereins f. hamb. Geschichte I (1878).
489. Voigty F., Osterfeuer und Osterwasser.
Mittheilungen d. Vereins f. hambnrg. Geschichte 2. Jahrgang. Hamburg 1878.
460 BIBUOGRAPHIE T05 1«;^
490. 8a]chow, H., der DonnenUg in Sae« vad ColtoKfadkiidte.
Die GartenUobe 1878, Sr. 36.
491. HaberUnd. C. AUjongfenuchickul auk dem Tode.
Globiu 84, 13 (1878^
492. SchnmaDD, C, die Thiere im Giaabcs umem Toc&kRi ni
den Volkes. 1. 2. 3. 4.
Die Natqr 187«, Nr. 1 ff.
493. Bodin, Th., die Thiere im VoUugUabem.
Die Natur 1878. Nr 41 ff.
494. Der Basilisk im Volksglaol>en.
Karopa 1878, Nr. 30.
495. Freand Langbein im Volksmnnde und Volkigfanben.
Europa 1878, Nr. 24.
49G. Haberland, C.^ das Ei im Volksglauben. 1. 1.
Olobos 34. 4—',,
497. Bodin. Tb., der Hagel im Volksglauben.
Die Natar 1878, Nr. 8.
498. 8pec, J., der Flachs.
Jabrbacb d. Vereins f. nd. Sprachforschung 1877, 152 fL
499. Dyer, T. F. Thiselton, Englisfa folk-lore. 8. (Vm, 290 S.)
London 1878. Hardwicke and Bogue. 5 sh.
500. Djer, british populär customs, present and pait, illutrating tbe
social manners of the people. Arranged according to the caleadmr of the yeir.
12. 6 sh. (1878).
501. Broberg, J. F., Bidrag frln vir folkmedidns Tidskepelier tili
kännedomen om T^ra äldsta tider. Förra afdelningen. 8. (114 S.) Stockholm
1878. Bamson & Wallin. 8 kr.
502. Engel, C, deutoche Pappenkomödien. VH. Glückaaäekd uid
WQnschbut. Rosa von Tannonbnrg. 8. (48 8.) Oldenburg 1878. Sehulse.
Vgl. Saturday ReTiewll25; Sonntagsbeilage sor N. Prenß. Zeitong 1877, Nr. IS.
503. Creizonach, Wilhelm, Versuch einer Geschichte des Volksschaa-
Spiels vom Doctor Faust. 8. (XVI, 192 S.) Halle a. S. 1878. Niemejer.
Vgl. Anzeiger f. d. Altortbam 6, 89 ff. (Werner); Allgem. Zeitung 1878, Bei-
lage 101 ; Külniscbe Zeitung 128.
X. Alterthümer und Culturgeschicbte.
504. Henne am Rhyn, Otto, allgemeine Kulturgeschichte von der
Urzeit bis auf die Gegenwart. 4. — 6. Band. 2. Auflage. Leipzig 1878. 0. Wi-
gand. & 9 M. Register über alle 6 Bde. (l02 S.) 1879. 2 M.
505. S c h e r r , Johannes, Germania. Zwei Jahrtausende deutachen Lebens.
Kulturgeschichtlich erläutert. Mit Bildern. 12.-33. (SchlttlS-)Liefierung. 8.
(S. 287—371). Stuttgart 1878. k M. 1, 50.
506. Taciti, Com., Opera quae supersunt, ex accuratissimis editionibu
repetiit concisa adnotatione etc. Fr. Dubner. 12. (XXV, 500 S.) Paris 1878.
Lecoffre.
507. Taciti, C, de situ ac moribus Germaniae liber, F. Kriferii ss-
"oUtione illustratus. 4. ed. cur. W. Hirschfelder. 8. (XVIII, 94 S.) Berlin
\ Weber. M. 1, 80.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878. Nr. 18.
X. ALTERTHÜMER UND CULTURQE8CHICHTE. 461
508. Tacitiy Cornelii^ de origine et situ Germaoorum liber. Recentuit
Alfred Holder. 8. (56 S.) Leipzig 1878. Teuboer. 2 M.
Vgl. Liter. Centralblatt 187», Nr. 6; Blätter f. d. bayer. Gjmnas. 1879, 3.
509. Tacitus, La Germanie. Traduction enti^remeiit nouvelle, texte
latin en regard, avec un succinct commentaire historiqae, critiqae et ane ^tude
pr^liminaire par £. P. Dubois-Gucban. 18. (XXXVI, 143 S.) Paris 1878. Liseuz.
3 fr. 50 c.
Vgl. Revue critique 1878, Nr. 12.
510. Hueraer, J., über eine Wiener Handscbrift zum Dialog und sur
Germania des Tacitus und zu Sueton's Fragment de gramm. et rhet.
Zeitschrift f. d. Osterr. Gymnasien XXXI, 11(1878).
511. Ortmann^ Dr., zu Tacitus Germania.
Zeitschrift f. d. Gymnasialwesen 1878, Mai, S. 306—819.
512. Dederich, A., über die Nabalia des Tacitus.
Picks Monatsschrift 1878, Heft 4 f. Zu Histor. 6, 26.
513. Poeschly Theodor, die Arier. Ein Beitrag zur historischen An-
thropologie. (Vm, 238 S.) Jena 1878. Costenoble. 5 M.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878, Sp. 1221 ff.
514. Mehlis, Dr. C, der Grenzfluß Obringa und die Eintheilung Ger-
maniens. Ein Beitrag zur alten Topographie der Rheinlande.
Correspondenzblatt des Gesammtvereins d. d. Alt. Vereine 1878, 6.
515. Ulrici; Alb., Gothen, Aisten und Slaven an der Ostsee.
Programm der hohem Bürgerschnle in Eilenburg 1878.
516. Much, Dr. M., die Alanen als Verfertiger der bechertragenden
Steinbilder in den Pontusländern und in Spanien.
Mittheilungen der anthropolog. Gesellschaft in Wien VII, 11. 12 (1878).
517. Bachmann^ die Einwanderung der Baiem. 8. (80 S.) Wien 1878.
Gerold.
518. Hölzermann, L.^ Lokal Untersuchungen die Kriege der Römer und
Franken, sowie die Befestigungsmanieren der Germanen, Sachsen und des
späteren Mittelalters betreffend. 4. (VIU^ 123 S.) Münster 1878. Regens-
berg. 6 M.
519. Pohl, Jos., Reiferscheid = Ripuariergrenze.
Monatsschrift f. d. Geschichte Westdeutschlands 4. Jahrgang, 4. — 6. Heft.
520. Müll enh off; K., die Sugambem und Sicambern.
Zeitschrift f. d. Alterthum 23, 26-43.
521. Obermüller, W., Saken und Sachsen. Der „ Hessen • Völker **
2. Bd. Historisch-sprachliche Forschungen. 4. 5. Heft. 8. (k 96 S.) Wien
1878. Eurich. & 1 M. 50 Pfg.
522. Steenstrup, Vikingetogene imod vest i det 9. Aarhundrede. 8.
(406 S.) Kopenhagen 1878. EJein.
Vgl. Jen. Liter. Zeitung 1878, Nr. 61 (Maurer).
523. Die Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit. Nach den in öffent-
lichen und Privatsammlungen befindlichen Originalien zusammengestellt und
herausgegeben von dem römisch -germanischen Centralmuseum in Mainz durch
dessen Conser?ator L. Lindenschmit. 3. Band 7. und 8. Heft. gr. 4. (28 S.
mit 10 Steintaf. und 2 Chromolith.) Mainz 1878. y. Zabern. & 4 M.
Vgl. Liter. Centralblatt 1879, 2.
524. Heidnische Funde von der Schwedenschanze bei Oswitz.
Schlesiens Vorzeit 87. Bericht 1878.
462 BIBUOGRAPHIE TON 18T&
625. MiebeUea, A. L. J., tob Tor^ratfi^CB Calturtittai n
Heimmtb. Eine mntjqoariMbe Hhtbeihnig. 8. (32 S.) Scbleswig 1878. Bogis.
Tgi Ufcc Ccatralblatt 187d, Hr. 10 (H. ILj. ErUiraic der IbsbU Oome
(Germ. 40) auf AImb.
526. Wortmae, J. J. A., Norden« foibistone efter samtidige UM»
Nordiik Tidskrift för Vctcoikap, Kout ocb iDdutri I87d, & 20—45, 97—121
197—233.
527. Woraaae, J. J. A., die Vor^eKbiebte de« Norden« nacb gioc^
zeitigen Dfakmilem. Ins Deot«cbe fibertngen Ton J. Mestorf. 8. (128 S..'
Hamburg 1878. Meißner. 3 M.
Vgl Herbst Literatnrblatt 1879, Nr. 6 (San Harte).
528. Friede!, Ernst, die Stein-, Bronie- und Eisenseit in der Mul
Brandenburg. 8. (43 S.) Berlin 1878. NleolaL
Vgl Anseiger f. Knnde d. d. VorMit 1878, 8p. 154.
529. Tbe Age of Bronse.
The Edinburgh Beriew 1878, April, & 437—474. Anknfipfend an mebrcte nnat
Pablicationen in Fnmkreicb, Italien, England.
530. Vedel^ E., nyere Underaagelaer angaaende Jemalderen pu
Bombolm.
AaibOger for nordisk Oldkyndigbed 1878, a 73—258.
531. Rygb, 0., om den yngre Jemalder i Norge.
AarbOger for nordisk Oldkyndigbed 1877.
532. Keller, Jacob, unsere Vorfüiren. Bede. 4. Mains 1878. Program
der Realscbule I. und U. Ordnung in Mainz, S. 27 — 33. Scbfldening der altes
Germanen.
533. Freytagy G., Bilder ans der deutseben Vergangenbeit. 1. Bta^
Ans dem Mittelalter. 11. Auflage. 8. (VI, 555 S.) Leipzig 1878. HineL
M. 6, 75.
534. Essenwein, A., kunst- und kulturgescbicbtücbe Denkmale da
germanisch en Museums. Eine Sammlung Ton Abbildungen berrorragender Werke
aus sftmmtlicben Grebieten der Kultur zusammengestellt. 120 Tafeln in Hok-
scbnittcD. Folio. Frankfurt a. M. 1877. Bär.
535. Falke, Jacob yod, zur Kultur und Kunst. Studien. 8. (VI, 353 S.
mit Illustrationen). Wien 1878. Gerold. M. 9, 20.
Vgl. Liter. CentralbUtt 1878, 86.
536. Freybe, A., altdeutsches Leben. Stoffe und Entwürfe zur Dir
Stellung deutscher Volksart. 1. Band. 8. (415 S.) Gütersloh 1878. Bcrtdr
mann. 4 M.
Vgl. Europa 1878, 20; Liter. Centralblatt 1878, 24; Pomm. Bl. 20; Bev. erit
1878, 40.
537. Eichter, A., Bilder aus dem deutschen Bitterleben. 2 Theilf.
Gcschicbts-Bilder for Jugend und Volk. XU. XHI. 8. (111 und 112 S.
Leipzig 1878. Hirt, k M. 1, 20.
538. Denkwürdigkeiten von Hans Yon Schweinichen berausgegebei
von Hermann Oesterley. 8. (XVIII, 558 S.) Breslau 1878. Kobner.
539. Kraus, X., Urkundliches zur elsässiscben Kunst- und Cultaig«*
schichte.
Bulletin de la soci^t^ pour la conservation des moouments historiques d'Alsi^
X, l, 1878.
X. ALTERTHÜMER UND CULTURGE8CHICHTE. 463
540. H an au er y Stades dconomiqaes aar l'Alsace ancienDe et moderne.
8. (616 S.) Paris 1878.
Vgl. Allgem. Zeitang Beilage vom 1. Mars 1879.
541. Paulus, E. von, die Alterthümer in Württemberg. Stuttgart 1878.
Lindemann. 3 M.
Sonderabdmck aus den Würt. Jahrbüchern f. Statistik.
542. Mayer, A., Geschichte der geistigen Cultur in Niederösterreich
von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart 1. Band. Der Cultus. Unterricht
und Erziehung. Die Wissenschaften. 4. (XIV, 435 S.) Wien 1878. Seidel.
28 M.
543. Pleyte, Dr. W., nederlandsche oudheden^ van de vroegste tijden
tot op Karel den Grooten. 2. 3. Afl. gr. 4. Leiden 1878. Brill. 10 fl.
544. Kellen, van der, Le moyen &ge et la renaissance dans les Pays-
Bas. Choix d'objets remarquables du Xir au XVir si^cle. 9' et 10* livr. 4.
(4 S. 10 Tafeln). La Haye 1878. Nijhoff. & 2 fl.
545. Rosen berg, C, Nordboernes Aandsliv fra Oldtiden til vore Dage.
I, 2. 8. (204 S.) 1878.
546. Fortidsminder og Oldsager fra Egnen om Bomholm af F. Sehe -
sted de Broholm. 4. (360 S. mit Abbildungen). Kjöbenha?en 1878. (Leipzig,
Brockhaus).
Vgl. Correspondensblatt d. d. Gesellschaft f. Anthropologie 1879, S. 29 ff.
(Undset).
547. Montelius, 0., Om lifvet i S?erige under hednatiden. 2 uppl.
8. Stockholm 1878. Norstedt & Söner. 1 kr.
548. Worsaae, J. J. A.^ la conservation des antiquit^s et des monu-
ments nationauz en Danemark. (r= Bibliographie 1877^ Nr. 487).
M^moires de la Soci^te royale des Antiqnaires du Nord 1877, 8. 343—360.
549. Undset, Universitetets Sämling af nordiske Oldsagar. 8. (96 S.)
Chrfstiania 1878.
550. Müller^ L. , det saakaldte Hagekors's Anvendelse og Betydning i
Oldtiden. Avec un resum^ en fran^ais. 4. (114 S.)
Vidensk. Selsk. Skrifter 6 Raekke. Bist, og philos. Afh. V, 1.
551. Hildebrand, H., Pilgrims marken frSn Vadstena.
Vitterhets Historie och Antiqvitets Akademiens Mjbadsblad 1878, S. 685- 687.
552. Voßy Hünenbetten bei Klemmen, Pommern.
Zeitschrift f. Ethnologie 10. Jahrgang 1878.
553. Sonntag, W., die Todtenbestattung. Todtencultus alter und neuer
Zeit und die Begräbnissfrage. Eine culturgeschichtliche Studie. 8. (292 S.)
Halle 1878. Schwetschke. 3 M.
Vgl. Liter. Centralblatt 1879, 19.
554. Irlet, alamanuische Gräber bei Twann.
Anseiger t schweizer. Alterthumskonde 1878, Nr. 2.
555. Boye, Vilhelm, les tombeaux de Tage de la pierre en Danemark.
4. Mit 12 Abbildungen. Kopenhagen 1878. Host und Sohn.
556. Engelhard t, C, Les cercueils en ch6ne de Borum-Ajhoei.
M^moires de la Soci^t^ royale des Antiqnaires du Nord 1877, S. 361—872.
667. Schrader, O.y die älteste Zeittheilung des indogermanischen Volkes,
^«■mloiig gemeinverst. wissensch. Vorträge 296. (66 S.) Berlin 1878. Habe!.
^•renberg, Ackerbau der Germanen.
Vr Stimölogie 9. Jahrgang 1877.
464 BIBLIOGRAPHIE VON 187^
559. Mach, M., über den Aekerbaa der Gknnaoen.
Mittlieilongen der anthropolog. Gesellsehaft in Wien VIIL Bd. 1878.
560. Nehring, A., Liebten ni Cäsar« Zeiten Rennthiere im herejniseben
Walde ?
GlobuB 1878, Nr. 34.
561. Jähnsy Max, Atlas sur Gescbichte des Kriegswesens Yon der Ur-
zeit bis som Ende des 16. Jahrhunderts. Bewaffiiang, Marsch- und Kampf-
weise, Befestigung, Belagerung, Seewesen. Zu seinen Voriesungen an der L
Kriegsakademie ausammengestellt Lieferung 1. Leipzig (1879). Gmnow. 10 Ttf.
fol. S. 1—48 Text. Lex. 8. M. 3, 50.
Vgl. Liter. CentralbUtt 1879, Nr. 7.
562« Bastian und Voß, die Bronzeschwerter des kgL Masemns za
Berlin, gr. fol. (XVI, 79 S. 116 Tafeln). Berlin 1878. Weidmann. 20 M.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878, Nr. 49.
563. Friedel, Schwerter und Dolche nebst einem Ifiniatur-Hohlcelt tos
Bronze aus dem märkischen Museum.
Zeitschrift f. Ethnologie 10. Jahrgang 1878.
564. Der Bogen im Alterthnm und Mittelalter.
Sonntagsblatt von Elcho 1878, Nr. 1.
565. Woeste, F., Verfertigung metallner Schildrander, ein rhdnfrin-
kischer Gebrauch des 9. Jahrhunderts.
Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 1878. Auch hinter CreeeEof N^
krolog von F. Woeste.
566. Suttner, G. Freiherr y., der Helm von seinem Ursprünge bu
gegen die Mitte des 17. Jahrhunderts. 2. — 8. (Schluß OLieferung. 4. Wien
1878. Gerold in Comm. & 8 M.
567. Der sogenannte Leoben er Helm im Joanneum zu Gbaz. Ali
Manuscript gedruckt. 4. (8 S. 2 Tafeln) Graz 1878.
Vgl. Jen. Liter. Zeitimg 1879, 24 (Ilwof).
568. Der Pranckher Helm aus Stift Seckau. Als Manuscript ge-
druckt. (Von F. G. y. M.) 4. (24 S. 2 Tafeki). Graz 1878. Verlag des Jo-
hanneums.
Vgl. Liter. Centralblatt 1879, Nr. 8; Jen. Liter. Zeitung 34 (Ilwof).
569. Bartsch, Karl, mittelalterlicher Sattel mit Inschrift.
Germania 28, 49.
570. Heune am Rhjn, 0., ein mittelalterliches Schützenfest.
Illnstrirte Zeitnng Nr. 1831 (1878).
571. Leonhard, A., das Leben der Spielleute im 12. Jahrhundert.
Sonntagsblatt Ton B. Elcho 1878, 27—28.
572. Schuster, H. M., das Spiel, seine Entwicklung und Bedmitosg
im deutschen Recht. Eine rechtswissenschaftliche Abhandlung auf sitteng«*
schichUicber Grundlage. 8. (IV, 240, XIV S.) Wien 1878. Gerold. M. 7, 20.
Vgl Liter. Centralblatt 1879, Nr. 1: Kritische Vierteljahraschrift 1879, 218 l
(Maurer).
573. Bond, E. A., History of Plajing-Cards.
Athenaeum Nr. 2621, S. 87 f
574. Voß, Rudolph, der Tanz und seine Gkscbichte. Eine cultnrhisto-
risch-choreographische Studie. Mit einem Lexikon der Tänze. 8. (402 S.'
Erfurt 1878 (Titelauflage). Bartholomäus.
575. Cserwinski, A.^ die Tänze des 16. Jahrb. und die alte frtf*
^sche Tanzschule ?or Einführung des Menuett. 8. (Vm, 140 S.) Dann;
f8. Saunier in Comm. 15 M.
X. ALTEBTHÜMER UND CULTUBGESCUICUTE. 465
576. Foichtinger, J., die Geschichte der Falkenjagd. 8» Leipzig
1878. Schmidt und Günther.
In: Bibliothek för Jäger und Jagdfreonde 8. 153—192.
577. Thiele, R., die deutsche Frau im Mittelalter. Eine kulturhistorische
Skizze. Vortrag. 8. (35 S.) Bochum 1878. Stumpf. M. 0, 60.
Vgl Deutsches Liter. BUtt 1878, Nr. 6.
578. So hm, R., die Stellung der Frau im deutschen Recht.
Deutsche Rundschau 1878, Januar, S. 92 — 102.
579. Hei big, Fr., deutsches Frauenleben im Mittelalter.
Die Gartenlaube 1878, 27 ff.
580. Franck, Joh., Weib und Frau.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 28, 85—87.
581. Krause, 0., eine Greifswalder Hochzeitsordnung Yom Jahre 1569.
Baltische Studien 28. Jahrgang (1878).
582. Eine fränkische Gewanduadel mit Runenschrift, gefunden bei Ems.
Correspondensblatt des Gesammtvereins d. deutschen Geschichts- und Alt.-y er-
eine 1878.
588. Schneider, F., die Gestaltung des Ringes vom Mittelalter bis in
die Neuzeit. Lex. 8. (7 S.) Nürnberg (Mainz, y. Zabern) 1878. IM.
Aus 'Kunst und Gewerbe* abgedruckt
584. Nüscheler-Usteri, A. , das zürcherische Wohnhaus im 16.
Jahrhundert.
Zürcher Taschenbuch auf das Jahr 1878. N. F. 2. Jahrgang.
585. Gripps, old english plate, ecdesiastical, decorati?e and domestic:
its makers and marks. With improved tables of the date letters used in Eng-
land, Scotland and Ireland, founded upon the papers and tables of C. Octa-
Yius S. Morgan. With illustrations. 8. (432 S.) 21 s.
586. Mandelgren, N. M., Atlas tili S?eriges odlingshistoria. Afdel-
ningen: Bostader och husgerad. H. 1 — 2. (Atlas de l'histoire de la civilisation
en Suöde. Section des habitations et du mobilier. Fase. 1 — 2) 4, (IV, 38 S.
und 20 Tafeln.) Stockholm 1878. 20 kr.
587. Pohl, Jos., hausinschrifiliche Sprüche im Rheinlande.
Pick, Monatsschrift (1878), lY, 4—6.
588. Mülle nhoff, K., Geräthinschriften.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 47—49.
589. R(iegel), H. , die aus dem hiesigen Kreuzkloster stammenden
Stickereien im Herzoglichen Museum.
Braunschweigische Anzeigen 1878, Nr. 174. Büt Darstellungen aus der Ge-
schichte Ton Moses, Salomon und aus Wolframs Parzival.
590. II g, A., der mittelalterliche deutsche Name des Electrums.
Mittheilungen des k. k. Osterr. Museums für Kunst und Industrie XUI, Nr. 164.
Wien 1878.
591. Hofmann, K., Hunnische Trauben.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 207 f.
592. y. Renz, das Püchlein von allen paden, die älteste deutscbe ge-
schriebene Balneologie.
Deutsches ArcUy f. Geschichte der Medicin I, 1 (1878).
598. Nordhoff, J« B., Streiflichter auf die altdeutschen Goldschmiede.
I— IV.
Allgemeine Zeitung 1878, Nr. 82 Beilage, 84 Hauptblatt, 87 Beilage, 89 Beilage.
eKBMAHU. Hm« Balha XIL (ZUT. Jalurg.) 30
466 BIBUOGRAPHIE VON 1878.
594. Mating- Sammler, Alfred, zur Geschichte des Handwerks d&
Lein- nnd Zeugweber in Frankenberg i. S. Programm der Beabchale in Fob*
kenberg 1878. 4. (21 S.)
595. Haber, L., ein Beitrag zur Geachichte der Zünfte der Stidt
Lanenburg in Pommern. Programm des Prog3rmna8ium8. 4. (8 S.) Laoen*
borg 1878.
Niederdentsche HandwerkspriTilegien.
596. Frey, J., Beiträge zar G^acbichte dea deutschen Scfaolweaens in
Mittelalter. 4. (23 S.) Programm des Gymnaaiums zu Rössel 1878.
597. Zimmermann, Dr. Otto, zur Geschichte der deutschen Büiger-
schule im Mittelalter. Programm der Realschule H. Ordnung in Lieipzig 1878.
4. (30 S.)
598. Zur Geschichte der Verbreitung der Lesekunst im Mittelalter.
Von G. y. d. Ropp und K. Koppmann.
MittheiloDgen des Vereins f. hamb. Geschichte 1878, 8. 112— 116.
599. Li sehe, Oberlehrer, Pädagogische Berürungspunkte zwiachen den
Brüdern vom gemeinsamen Leben und A. H. Franke. 4. (20 S.) ProgramD
der Realschule zu Stollberg 1878.
600. Dümmler, E.^ zur Sittengeschichte des Mittelalters.
Zeitschrift f. deutsches Altertbum 22, 256—258. Über Knabenlieba.
601. Birlinger, A., Sittengeachichtliches.
Alemannia 6, 284—288.
602. Kinzel, K., Notizen über daa Lebensalter.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 474—6. Die Helden in der Poesie.
XI. Kunst.
608. Kunst und Künstler des Mittelalters und der Neuseit. Biogra-
phien und Charakteristiken. Unter Bütirirkung von Fachgenosaen herausgegeben
von R. Dohme. 44 — 59. Lieferung. 4. Leipzig 1878. Seemann.
604. Grueber, B., die Kunst des Mittelalters in Böhmen. 4. ThdL
Die Spätgothik. 1 — 4. Lieferung, gr. 4. Wien 1878. Gerold in Comm.
605. Mit hoff, Kunstdenkmäler und Alterthümer im HannoTersches
5. Bd. 4. (202 S.) Hannover 1878. Helwing. M. 14.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878, Nr. 52.
606. Wernickc, £., Urkundliche Beiträge zur Künstlergeachicfate Schle-
siens in.
Anzeiger f. Kunde d. deutschen Vorzeit 1878, Sp. 75-80. 97—104. 165—1^
200—207. 298-800. 389—892.
607. Wernieke, £., Bildende Künstler des Mittelalters in Liegnitz.
Schlesiens Vorzeit 87. und 38. Bericht. 1878.
608. Graf, Dr. Hugo, opus Francigenum. Studien zur Frage nach dea
Ursprünge der Gothik. Mit 9 authogr. Tafeln. Lex. 8. (VH, 122 S.) Stuttgtit
1878. Witt wer. 4 M.
609. Friis^ F. R., Samlinger til dansk ßjgnings- og Kunathistorie.
, 7. und 8. Heft. 8. (48+48 + 56 S.)
610. Laffler, J. B., Kirkene i Altenkirchen og Schaprode paa Ejgca.
AarbOger for nordisk Oldkjndighed 1878, S. 319—337.
611. Petersen, Henry, les pierres sculpt^es de Danemark.
M^moirea de la Soci^te royale des Antiquaires du Nord 1877, & 880— S42.
XI. KUNST. 467
612. Das Psalter inm anream von St» Gallen. Ein Beitrag znr Qe-
scbichte der karolingischen Miniaturmalerei. Mit Text von J. R. Rahn. Heraus-
gegeben vom historischen Verein des Kantons St. Gallen, gr. fol. (XVIII Tafeln
und 32 Holzschnitte; 67 S.) St. Gallen 1878. Huber. 20 M.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878, Nr. 48; Gott. Gel. Anzeigen 1879, Nr. 6.
613. Das Buch der Malerzeche in Prag. Herausgegeben von Math.
Pangerl. Mit Beiträgen von A. Woltmann. 8. (149 S.) Wien 1878. Brau-
müller.
Quellenschriften zur Kunstgeschichte XIH. Vgl Liter. Centralblatt 1878, Nr. 42;
xmd E. Martin in den Mittheilungen des Vereins zur Geschichte der Deutschen in
Böhmen 17, 52—64.
614. Das Buch der Prager Malerzeche 1348-1527. Vollständiger
Text nebst kritischem Commentar zu der von Prof. Pangerl veranstalteten
Aasgabe dieses Buches. Herausgegeben von Patera und Tadra. 8. (97 S.)
Prag 1878. Otto.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878, Nr. 42.
615. Grenser, Alfred; Hans Baidung genannt Grien und seine heral-
dische Thätigkeit. 20 Wappen-Entwürfe des Meisters im Besitze der „Alber-
tina^ zu Wien beschrieben und erläutert. Mit 20 Heliogravüren von A. Franz.
4. (16 S.) Wien 1878. Braumüller in Comm. M. 4, 80.
616. Vögelin, F. S., Wandgemälde im bischöflichen Palast zu Chur
mit den Darstellungen der Holbeinischen Todesbilder. 4. Zürich 1878. Grell,
Füßli und Co. in Comm. 7 M.
617. Zingerle, J. V.> zu den Bildern in Runkelstein.
Germania 28, 28—80.
618. Schloß Rankelstein und seine Wandgemälde.
MittheiluDgen der k. k. Centralcommission. N. F. IV, 1. Wien 1878.
619. Kuhn, Dr., zur Geschichte der Glasmalerei im Mittelalter.
Kunst und Gewerbe, Wochenschrift. XH. Jahrgang (1878;.
620. Liebenau, R. v., Verzeichniss der Glasmaler von Luzern.
Anzeiger f. schweizer. Alterthumskunde 1878, 8.
621. Zur Geschichte der Glasmalerei.
Ebenda.
622. Hildebrand, H., Mllningama i Valö kyrka i Roslagen.
Vitterhets Historie och Antiqvitets Akademiens M&nadsblad 1878, S. 599—607.
623. Hildebrand, H., Njfunna medeltidsmilningar.
Ebenda S. 694—700.
624. Schultz, Alwin, die Legende vom Leben der Jungfrau Maria
und ihre Darstellung in der bildenden Kunst des Mittelalters. 8. (80 S.) Leip-
zig 1878. Seemann.
Als erstes Heft von Lübke*s Beiträge zur Kunstgeschichte. Vgl. Liter. Central-
hlatt 1879, Nr. 18; Anzeiger f. Kunde d. deutschen Vorzeit 1878, 228 f.; Grenzboten
1878, 31.
625. Förster^ Ernst, il trionfo della morte e la danza Macabra«
Allgemeine Zeitung 1878, Beilage Nr. 8.
626. Ambro s, A. W., Geschichte der Musik. 4. Band. Geschichte der
Musik im Zeitalter der Renaissance von Palästrina an. Fragment. 8. (XVI,
487 S.) Leipzig 1878. Leuckart. 12 M.
Vgl Lit. Correspondenz JII, 1 ; Lit Centralblatt 1878, 61 ;' Lit. Randsehun V, 1.
627. Straeten, £dm. van der, La Musique auz Pays-Bas avant le
XlX^siöde. DocnmVDte <-*'^«»« et aonot^s. Tom. IV. Brüssel 1878. vanTrigt. 10 M.
468 BIBLIOGBAPHIE VON 1878.
628. Wasielewski, W. J. ▼., Gkschichte der Instramentalmnstk. Mh
Abbildangen von Instramenten und Musikbeilagen. 8. (VII, 170 und 95 S.)
Berlin 1878. GuttenUg. 10 M.
Vgl. Deutsche Rundschau 1879, Juli; Westermann's Monatshefte 1879, Julu
629. Schubiger, P. Ans., über Hucbald's Werk „De Musica*^.
Monatsschrift f. Musikgeschichte X, 2 (1878).
630. Bäumker, W., Orlandos de Lassos, der letzte grosse Meister der
niederländischen Tonkunst.
Sammlung histor. Bildnisse 4. Serie. IV. 8. Freiburg 1878. Herder. 60 Pfg.
XII« Rechtsgeschichte und Rechtsalterthümer.
631. Kariowa, Otto, über die Reception des römischen Rechts is
Deutschland, mit besonderer Rücksicht auf Churpfals. 4. (39 S.) Heidel*
berg 1878.
Prorektoratsrede.
632. Planck, J. W., das deutsche Gerichtsyerfahren im Mittelalter. Nach
dem Sachsenspiegel und den verwandten Rechtsquellen. 1. Band. 1. Hälfte. 8.
(Vni, 422 S.) Braunschweig 1878. Schwetschke. 8 M. [2. Hälfte. 8 M.]
633. Untersuchungen zur deutschen Staats- ond Rechtsgeschichte.
Herausgegeben von 0. Gierke. L Heft : Winter, Geschichte des Rathes in Straß-
burg bis zum Statut von 1263. II. Heft: Jastrow, Zur strafrechtlichen Stellong
der Sklaven bei Deutschen und Angelsachsen. Breslau 1878. Köbner.
Vgl. Liter. CentralblaU 1879, Nr. 12; Englische Studien 2, 476 (Maurer).
634. Waitz, George die deutsche Reichs Verfassung von der Ifitte des
9. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts. 4. Bd. 8. (VII, 548 S.) Kiel 1878.
Homann. 13 M.
Deutsche Verfassungsgeschichto 8. Band. Vgl. Liter. Centralblatt 1879, 17
(Laband).
635. Gareis, C, das salische Recbt und ein „Hünengrab^ bei Giessen.
Correspondenzblatt des Qesamrotvereins der deutschen Qesehichta- und Alter-
thumsvereine 1878.
636. Hiltl, G. , der Roland von Berlin, fol. (28 S. mit eingediockten
Holzschnitten.) Berlin 1878. Weile. M. 1, 50.
637. Schwöibel, L., Deutzer Rechtsalterthümer.
Annalen des histor. Vereins f. den Niederrhein 32. Heft (1878).
638. Leding, Dr. Okko, die Freiheit der Friesen im Mittelalter mit
den Versammlungen um den Upstallbom. 8. (57 S.) Emden 1878. Hajoel. M. 1.
Vgl. Liter. Centralblatt, 1878, 8p. 1534.
639. Andreae, S. J. Folkema, Gronden vor de beoefening der Off-
maansche rechtsgeschiedenis. Rede den 28*^'' Nov. 1877 oitgesproken. 8.
(31 S.) Leiden 1877. Doesburgh. 40 c.
640. Maurer, Konrad, udsigt over de nordgermaniske Retskilders Fi-
storie. Udgivet af den norske historiske forening. 8. (213 S.) Kristiania 1878.
Vgl. Histor. Zeitschrift 41, 368.
641. Maurer, Konrad, die Freigelassenen nach altnorwegischem Rechte.
Sitzungsberichte der k. bayer. Akademie der Wissenschaften, philo8.-lii8t. Clstf«
1878, I, 1, S. 21-87.
642. Leffler, L. F., Hedniska edsformulär i äldre Vestgotalagen.
Antiqvarisk Tidskrift för Sverige V, 149—160.
XIII. LITTERATURGESGHICHTE UND SPRACHDENKMÄLER. 469
643. Bob er tag, G., die Recbtsbandschrifiten der Stadt Breslau.
Zeitschrift d. Vereins f. Geschichte Schlesiens XIV, 1.
644. Bisoboff, über eine steiermärkiscbe Landrechtshandscbrift.
Beitrüge s« Kunde steierm. Geschichtsquellen 16. Jahrgang (1878).
645. Riezler, Siegmund, das Überlinger Stadtrecbt.
Z. f. d. Gesch. d. Oberrh. 29, 294-322 (1877).
646. Meyer, J., das Stadtbucb von Schaffhausen (Schluß).
Alemannia 6, 228—283.
647. Lorsch, Hugo, ein verschollenes Aachener Stadtrechtsbuch.
Annalen des histor. Vereins f. d. Niederrh. 32. Heft (1878).
648. Frensdorff, Ferdinand, über das Alter niederdeutscher Bechts-
aofseichnungen.
Hansische GeschichtsblStter VI, 97—142.
649. Hol scher, Uvo, zur Einfuhrung in das Studium der altfriesischen
Becbtsquellen. 4. (24 S.) Bützow 1878. Programm.
650. Grimm^ J.^ Weisthümer. 7. Theil. Namen- und Sachregister ver-
faßt von R. Schröder. Herausgegeben durch die histor. Commission bei der
k. Akademie der Wissenschaften. 8. (IV, 418 S.) Göttingen 1878. Diete>
rieb. 10 M.
Vgl. liiter. CentralbUtt 1879, Nr. 17.
651. Inama- Sternegg^ K. Tb. v., Bericht über Weisthümer-Forschun-
gen im k. baicr. allgemeinen Reichsarchive zu München. 8. (14 S.) Wien 1878,
Gerold in Comm. 80 Pfg.
Ans den Sitzungsberichten der Akademie.
652. Bischoff^ F., dritter Bericht über Weisthümer-Forschungen in
Steiermark. 8. (50 S.) Wien 1878. Gerold in Comm. 80 Pfg.
653. Weisthümer der Stadt St Vith und des Hofs Neundorf. Von
Dr. H. Loersch.
Publications de la seotion historique de Tinstitut de Luzembourg 1877. Lux.
1878. 8.
654. Kern, H., uit de friesche Wetten.
Taalkundige Bijdragen 2, 171—209.
655. Maurer, Konrad, Gulathingslög.
Ersch und Gruber, Encyclopftdie I. Section, 97. Band (1878), S. 1—74.
656. Richert, M. B.^ om den rätta betydelsen af Västgotalagens ind-
lednings- och slutord.
Nordisk Tidskrift for Filologi N. R. 4, 1—28 (1878).
Xin. Litteraturgeschichte und Sprachdenkmäler.
657. Wackernagel, Wilhelm, Geschichte der deutschen Literatur.
Ein Handbuch. 2. vermehrte und verbesserte Auflage, herausgegeben von
Ernst Martin. 1. Band. 3. Lieferung. (S. 209—288). Basel 1878. Schweig-
hauser. 2 M.
658. Vilmar, A. F. C. , Geschichte der deutschen National- Literatur.
19. Auflage. 8. (XII, 556 S.) Marburg 1879. Elwert. 7 M.
659. Kurz, Heinrich, Leitfaden zur Geschichte der deutschen Literatur.
5. Auflage, nach des Verfassers Tode überarbeitet und erweitert von G. E.
Bartbel. 8. (XX, 856 S.) Leipzig 1878. Teubner.
Vgl. Anzeiger f. d. pädagog. Literatur VI, 12; Hallisches TageblaU 1879, Nr. 76,
m. • •
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(VII ^'1''^ ■'^') ri>'i<'il""i> IKVH. .Srlifiniii(.li. •'( M.
07*1. I'uniinliuii, (liiiii (Jliu'oiiH», Slnriii ^'ciiorali* della letteratn»
tedeSGft. Vol. I. iMilln oiiHini hIiio nl I7r»0. VI. (t>;J2 S.) Torino 1878. Lc^
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674t Pttll. W., OluTMirlit iliT (Ir.M'hii'lito. dor deiitsclioii Literatur:-
yfik " itimiiNtnlli'" V. AiilliiK«» V..11 K. W. roniads. 8. (110 §.) Leipzi:
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VIlliM. NV , l.iltMiiliirkiiiiilo, rii(li:iItoiid AbrilS der Poetik ^-^
f ilmiUoliiMi TiHMHo. l». Aiitla^o. S. (VllI, *J08 S.) Freibnr; i. ?■
Xm. LTTTEBATUBGESCmCHTE UND SPRACHDENKliiLER. 471
676. Schiller^ K., Einführang in die deatscbe Metrik und Litteratar.
"Sr. Auflage. 8. (VHI, 136 S.) Wien 1878. Gerold. M. 2, 40.
677. Schwarz, C. W. 6. Ed., Abriß der deutschen Literaturgeschichte
' Bebst Einleitungen und erklärenden Zugaben zu klassischen Dichtungen. 8.
(4, XVI, 130 S.) Sneek 1877. Pyttersen. 1 fl.
* Abdrack ans s. literarhistorischen Lesebuch« 3. Theil.
> 678. Seinecke, F.; Lehrbuch der Geschichte der deutschen National-
bteratur. Nach dem Tode des Verfassers herausgegeben vou H. Dieckmann.
^8. Auflage. 8. (Vm, 255 S) Hannover 1878. Schmorl und Seefeld. 8 M.
679. Sonnenburg, Ferd., Grundriß der Geschichte der deutschen Li-
' teratur. 8. (VE, 190 S.) Braunschweig 1878. Bruhn. M. 1, 80.
680. Wirth, G., Leitfaden für den Unterricht in der Geschichte der deut-
■ehen Nationalliteratur, für höhere Lehranstalten bearbeitet 8. (IV, 20 i S.)
Berlin 1878. Wohlgemuth. 2 M.
Vgl. Herrig 60, 231 ff.
681. Wolff, Emil, die Literatur in der Mittelschule. Ein Lembuch
für die Hand der Schüler. 2. Auflage. 8. (56 S.) Gütersloh 1878. Bertels-
mann. 40 Pfg.
682. Zehender, Übersicht der deutschen Literaturgeschichte von den
Utesten Zeiten bis zur Gegenwart. 2. Auflage. 8. (Vlil, 194 S.) Winterthur
1878. Westfehling. M. 3, 20.
683. Driou X, histoire abr^g^e des littdratures ätrangöres anciennes (grecque
et latine) et modernes (Italic et Espagne, Angleterre et Allemagne). 8* Edition.
12. (Vin, 184 S.) Paris 1878. Belin. fr. 1, 60.
684. Hofdijk, W. J. , Geschiedenis der Nederlandsche letterkunde.
6* druk. 8. (8 und 380 S.) Amsterdam 1878. Kraj. 2 fl. 50 c.
685. Zeegers, L. Th. , Geschiedenis der Nederlandsche letterkunde.
5* druk. 8. (134 S.) Amsterdam 1877. Meijer. 75 c.
686. Huberts, W. J. A., W. A. Elberts en F. J. P. van den Bran-
den; Biographisch Woordenboek der Noord- en Zuid - Nederlandsche letter-
kunde. 8. (6, XX, 756 u. LXI S.) Deventer 1878. Sigtenhorst. 12 fl. 36 c.
687. Taine, H., Histoire de la litt^rature anglaise. Nouvelle Edition.
T. L 18. (XLIX, 416 S.) Paris 1878. Hachette. 3 fr. 50 c. T. 4. 4* ^tion.
18. (488 S.) 3 fr. 50 c.
688. Taine, H., Geschichte der englischen Litteratur. Deutsch bear-
beitet und mit Anmerkungen versehen von L. Katscher. 2. — 15. Lieferung.
(1. Band XLS und S. 97—730. 2. Band 503 S. 3. Band S. 1—96) Leipiig
1878. Günther.
Vgl. D. Rundschaa 1879, Juni.
689. Arnold, T. , Manual of English literature. 4th ed. 8. London
1878. Longmans. 7 sh. 6 d.
690. Nicholson, E., chronological guido to English literature. 8.
(212 S.) London 1878. Remington. 3 s. 6 d.
691. Mensch, H., Characters of English literature. 8. (164 S.) Cöthen
1879. 0. Schulze. M. 1, 80.
Enthält n. a. Chancer, Gower, Origin of the Drama.
692. Ström, T., dansk Literaturhistorie. Anden omarbejdede og meget
forbedrede Udgave. Med en Oversigtstabel over Forfatlerne. 8. (322 S.) "^
penbagen 1878. 4 kr.
472 BIBUOGRAPHIE VON 1878-
698. Erikteil, A, E., Dantk og norsk Literatanhbtorie tfl 8k<4ebnur.
Kopenhagen 1878. 2 kr. ^^
694. Allgemeine deutsche Biographie. 7. und 8. Band Um-
zig 1878. *^
Enthält Ton größeren Artikeln: Fischart ▼on E. Schmidt 7 81—47- K. Fleck
▼on Steinmeyer 7, 111—112; 8. Franck von F. Weinkanff 7. 214— 219-' J L^wA
Frisch von Eckstein 8, 98-96; Nie. Frischlin von öcherer 8, 96-104- Hwhortroi'
Fritelar von Bartsch 9, 117^118; Hermann von FritaUr von Bechstein 9 118-119-
K. Fr. Fulda von J. Franck 8, 192; J. FunkeUn von Scherer 9 203-204- K tob
FuDeshrunnen von Steinmejer 8,266—266; ü. Ffiterer von Bartsch 9 271 - H. C tob
der Gabelenta von Leskien 9, 286—288; E. Tb. Gaupp von H. Sehuiae 9* 426-4»-
Qeiler von Kaiserberg von liartin 9, 609—618; P. Gengenbach von Bartsch 9, 666-W
695. Obrist, J. Q., Tirors Antheil an der Literatur des deutsches
Volkes. 1. 2.
Literatnrblatt von Edlinger II, 4. 6 (1878).
696. Pichle r, A., Tirol's Antheil an der deutschen NatioDalliterator.
Literatnrblatt von Edlinger 2. Jahrgang 28—24. Heft.
697. Bartels, Beiträge zur ostfriesischen Cultur- und Literaturgeschichte.
Jahrbuch der Gesellschaft f. bildende Kunst au Emden 3, 1 (1878).
698. Arndt, Otto, über die altgermanische epische Sprache. Tfibin«
Dissertation. 8. (53 S.) Frankfurt a. 0. 1878.
699. Muth, R. v.y Untersuchungen und Excurse aur Oeachichte und
Kritik der deutschen Heldensage und Volksepik. 8. (34 S.) Wien 1878. Ge-
rold in Comm. 50 Pfg.
Aus den Sitzungsberichten der Akademie.
700. Schmidt, 6., die naturlichen Bedingungen für die formalen Ge-
gensätze im Kunstepos und Volksepos des Mittelalters, aufgezeigt am Nibelongeo-
liede und Hartmann's Iwein. 4. (21 S.) Programm der Realschale L Ordnuie
in Ludwigslust 1878.
Vgl Herrig 61, 866.
701. Elsener, die Beziehungen zwischen der deutschen and der fran-
zösischen Poesie im Mittelalter. 8. 1878. Programm des Gymnaaiams in Zu.
702. Schönfeld, F., über die kulturgeschichtliche Bedeutung der älteres
religiös-ethischen Dichtungen in der deutschen Litteratur. 4. (40 S.) Dara*
Stadt 1878.
Programm der Realschule.
708. Beck; Karl Aug., Geschichte des katholischen Kirchenliedes tob
•einen ersten Anfangen bis auf die Gegenwart. 8. (VII, 288 S.) Cöln 1878.
Du Mont-Schnuberg. M. 8.
Vgl. Liter. Centralblatt 1879, Nr. 14. Beweis des Glaubens Nr. 4.
704. Franck, Dr., Geschichte des evangelischen Kirchenliedes in Pos*
mern. 2. Auflage. 8. (39 S.) Demmin 1878. Freund. 1 M.
705. Krabbe, Th.; aus deutscher Vergangenheit. Ein Dreigeatim tob
Liederdichtern: Walther von der Vogelweide, Hans Sachs, Simon Dach. Nach
ihrem Leben und Liedern in Vorträgen gekennzeichnet. 8. (205 S.) Gütenloli
1878. Bertelsmann. 2 M.
Vgl. Blätter f. liter. Unterhaltung 1879, 27.
706. Baumann, F., über die städtische Chronik Ton Kempten. Eis
^trag zur Geschichte des Allgftuer Bauernkriegs und des Meistergesaaget.
der Zeitschrift des histor. Vereins f. Schwaben und Neabars (lY, i98 S.)
Vgl Q6tt. Gel Anzeigen 1878, 20. » ^ i
XnL LTTTEBATUBGESCHICHTE UND SPRACHDENKMÄLER. 473
707. Söpet, le drame ohr^tien au moyen &ge. 12. (XII, 296 S.)
Paris 1878.
708. Tan Vloten, het nederlandsche klachtspel van de 14. tot de
18. eenw. 2. vermeerderde drnck. 1. deel. 8. (4 und 216 S.) Haariem 1879.
709. Stecher, J., la Sottie fran9ai8e et la Sottemie flamande. 8.
(44 S.) Bmxelles 1877.
Extrait des Bnlletms de rAcademie royale de Belgique 2°* s^rie t. XLOLI, nr. 4.
Vgl Herrig» Archiv 60, 222.
710. Gen^e, die englbchen Mirakelspiele und Moralitäten als Vorläufer
des englischen Dramas. 8. (82 S.) Berlin 1878. Habel.
Sammlong gemeinverstfindlicher wissensch. Vortrage 306.
711. Binz, C, der Ring des Dr. Ypocras.
Jahrbücher des Vereins v. Alt. im Rheinlande 62 (1878), S. 119—121. Z« altd.
Sehanspiel.
712. Geiger, Ludwig, deutsche Satiriker des 16. Jahrhunderts. 8.
(40 S.)
Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge 296. Berlin 1878.
Habel. M. 0, 76. Vgl. Jenaer Liter. Zeitung 1879, 19 (Brenning).
713. Bach toi d, J., zwei Berner Romanschriftsteller des XV« und XVI.
Jahrhunderts,
Bemer Taschenbuch 1878. Über Thüring von Ringoltingen und Wilhelm Ziely.
714. Moll, W.| Bijdrage tot de geschiedenis der middel-nederlandsche
bijbelvertaling.
Verslaagen en mededeelingen der kgl. Akademie van Wetenschapen. 8. 1878.
715. Müllen hoff, K., altdeutsche Sprachproben. 3. Auflage. 8. Berlin
1878. Weidmann. 3 M.
Vgl. Jenaer Liter. Zeitung 1879, 21 (Henrici).
716. Wattenbach, W.^ Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter
bis zum 13. Jahrhundert. 2. Band. 4. Auflage. 8. (447 S.) Berlin 1878.
Besser.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878, 29.
717. Janker, Karl, und Heinrich Noe, mittelhochdeutsches Lesebuch
fOr Oberrealschulen. 8. (VIIF, 98 S.) Wien 1878. Graeser. M. 1, 60.
718. Pütz, W., altdeutsches Lesebuch mit Sprach- und Sacherklärungen.
5. Auflage verbessert und vermehrt von Conrads. 8. (VIII, 184 S.) Leipzig
1878. Bädeker. M. 1, 80.
719. Di et lein, W., Perlen deutscher Dichtung von den ältesten Zeiten
bis zur Gegenwart. Ausgewählt. 2. Auflage. 8. Altenburg. Pierer. M. 3, 75.
720. Paldamusy F. C.^ Handbuch zur Einfuhrung in die deutsche
Literatur. Proben deutscher Poesie und Prosa. 3. Auflage herausgegeben von
E. Scholderer. 8. (XL, 626 S.) Frankfurt a. M. 1878. Diesterweg. 4 M.
721. Schauenburg, E., und R. Hoche, deutschet Lesebuch für die
Oberklassen höherer Schulen. 1. Theil; bearbeitet von R. Hoche. 3. Auflage.
8. (Vm, 319 S.) Essen 1878. Baedeker. M. 3, 20.
Vgl. Zeitschrift f. d. Philologie 9, 490 f. fErdmann).
722. Schulz, Bernhard, deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten.
2. Theil. Für die obem Klassen. Zur Geschichte der deutschen Literatur.
2. Abtheilung. 8. (VI, S. 301—998). Paderborn 1878. Schöningh. 4 M. 60 Pfg.
Vgl. Blätter f. d. bayer. Gymnas. 16, 132.
474 BIBUOORAPHIE VON 1878.
723. Veldermann, G., litenuriiches Lesebuch. Auswahl chanktemti-
scher Proben aas den yerschiedenen Perioden der dentschen Literatiir fv
Schule und Haos sosammengestellt. 1. Theil: Poesie. 8. (XII, 384 S.) An-
heim 1877. Rinkes. 1 fl. 75 c.
724. Weber, G., Lesebach aar Geschichte der deutschen Litentor
alter und neuer Zeit. 4. revidirte und yermehrte Auflage. 8. (XXIII, 566 St)
Leipzig 1878. Engelmann. 3 M.
Vgl. BlStter f. d. bajer. Gjmnas. 16, 36 f.
725. A Poetry Book of Songs and Sonnets^ Ödes and Idylls. Rrit
Series. The Eider Poets. Selected and arranged by A. B. Edwards. Leipxig
1878. Tauchnitz.
Vom Anfang des 14. Jahrhs. bis Ende des 18. Jshrhs.
726. Sauer, A., über den fanfl&ßigen Jambus Tor Lessings Natfass.
8. Wien 1878. Gerold in Comm. M. 1, 80.
Vgl. Liter. Centralblatt 1879, Nr. 8 (Zamcke).
727. Scherer, Wilh., über den Hiatus in der Heueren deutschen Metrik.
(Abdruck aus den xu Ehren Th. Mommsens herausgegebenen philoL Abbsnd-
Inngen.) 4.
Vgl. Jenaer Uter. Zeitung 1878, Nr. 60 (Scholl).
728. Rosen thal, F., die alliterierende englische Langzeile im XIV
Jahrhundert. 8. (46 S.) Halle 1877.
Leipziger Dissertation = Anglia I, 414 — 469.
729. Traut mann, M., über Layamons Vers.
AngUa 2, 163—173.
730. Edzardi, A., die skaldischen Versmaße und ihr VerhältDiss inr
keltischen (irischen) Verskunst.
Paul und Braune 6, 670-689.
731. Sievers, Eduard, Beiträge zur Skaldenmetrik.
Paul und Braune, Beiträge 6, 449—618.
A. Gotisch.
732. Friedr. Ludw. Stamm's Ulfilas oder die uns erhaltenen Desk-
mftler der gothischen Sprache. Text, Grammatik und Wörterbuch. Neu heraof-
gegeben von M. Heyne. 7. Auflage. 8. (XII, 440 S.) Paderborn 1878. Schö-
ningh. 5 M.
Bibliothek der ftltesten deutschen Litteratur-Denkm&ler 1. Band.
733. Henrici, Ernst, zur Ulphilasbibliographie.
Zeitschrift Hir deutsches Alterthum 22, 96.
734. Franck, Johannes, zum Pariser Nachdruck des Ulfilas.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 22, 327.
735. Schulte, J. W., Gothica minora.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 23, 61—64.
B. Althochdeutsch.
736. Baracky K. A., althochdeutsche Funde.
Zeitschrift f. d. Alt. 23, 209-216. I. Ezzos Gesang. U. Memento mori (tob Nokfirl
737. Cosijn, P. J.^ de runeninscriptie van den Bneharester ring.
Verslaagen en MededeeUngen der kgl. Akad. van Wetensehapen 1878. 8.
Xm. B. ALTHOCHDEUTSCH. C. MITTELHOCHDEUTSCH. 475
738. Bachholtz^ Herrn. ^ zq den Eiden Tom Jahre 842.
Archiv f. d. Stadium d. neueren Sprachen 60 (1878), 343— S60.
739. Arndt, W., Glossen zu den Canones.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 95—99.
740. Du mm 1er, E.^ Glossen zu Walahfried.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 266.
741. Samhaber, Eduard, die Sprache im Ludwigslied. 8. (XIY S.)
Freistadt in 0. Ö. 1878.
742. Henrici; E., die Quellen von Notkers Psalmen. Straßburg 1878.
Trübner. 8 M.
Quellen und Forschungen XXIX. Vgl. Zeitschrift f. deutsche Philologie 10,
228 ff. (Seiler); Anzeiger f. deutsches Alterthum 6, 216 ff. (Steinmeyer).
743. Henri ei; Ernst, zum Wiener Notker.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 226—231.
744. Schädel, B., der lieber gät in lUun.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 93—99.
745. Otfrids Evangelienbuch. Mit Einleitung, erklärenden Anmerkungen
und ausführlichem Glossar herausgegeben von Dr. Paul Piper. 1. Theil: Ein-
leitung und Text. 8. (292 und 696 S.) Paderborn 1878. Schöningh. 15 M.
Bibliothek der ältesten deutschen Litteraturdenkmäler. 9. Bd. Vgl. Anzeiger f.
deutsches Alterthum 6, 186—216 (Seemüller); Zeitschrift fdr das Gjmnasialwesen 32,
788—741 (Kinsel); Sonntagsbeilage der N. Preuß. Zeitung 1878, Nr. 22; Kölnische
Zeitung Nr. 191, 1.
746. Schulte, J. W., zu Otfrid.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 406—409.
747. Henrici, Ernst, Otfrids Motter und Orms Bruder.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 231->233.
748. Heliand und Otfrid.
Neue evangel. Kirchenzeitung 1878, Nr. 28 f.
749. Willirams deutsche Paraphrase des hohen Liedes. Mit Einleitung
und Glossar herausgegeben von Joseph Seemtlller. 8. (XIV, 147 S.) Straßburg
1878. Trübner.
Quellen und Forschungen XXVIII. Vgl. Zeitschrift f. deutsche Philologie 10,
214—227 (Pietsch); Anzeiger f. deutsches Alterthum 5, 264 ff. (Wagner).
750. Zingerle, 0., Bruchstück des Williram.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 156—161.
C. Mittelhochdeutsch.
751. Bartsch^ Karl, Bruchstücke mittelhochdeutscher Diohtungen.
Germania 23, 47—48.
752. Reifferscheid, AI., Mittheilungen aus Handschriften. A. Aus
Handschriften des Freiherm A. von Arnswald.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 187 — 193. 1. Die gprosse Tageweise Peters
von Arberg. 2. Geistliches Wächterlied. 3. Augustinkens heilige Dreifaltigkeit.
753. Bruchstücke aus der Sammlung des Freiherrn von Hardenberg.
Von Freiherm vom Hardenberg.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 396—443. Aus Wolframs Parzival und Wille-
halm, Eckenlied, dem Hohenburger Hohen Lied, Reim- und Historienbibeln.
754. Hruschka, Alois, über eine Handschrift in Privatbesitz.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 76—82. Geistlichen Inhalts.
755. Bech, F., aus Zeitzer Handschriften. Zeitzer Gloeseu.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9 (1878), 136—149.
476 BfBUOQRAPHIE VON 1878.
756. Bartsch, K., kleine MittheiloDgen. 5. Priester Johanm Land.
6. Zam Gedicht an Graf Wilhelm von Holland.
Germania 23, 448.
757. Ackermann. — Knieschek, Joh. , das Verhältniss des Acke^
mann zam Tkadleöek und die Hypothese einer gemeinsamen Vorlage.
Mittheilnngen des Vereins f. (beschichte der Deutschen in Böhmen XYI , 4
(1878).
758. Anno. — Kettner, £., Untersuchungen über das Annolied.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 257-337 (1878). Auch als hallische Dis-
sertation.
759. Beichte. — Czerny, Albin, Mittheilnngen aus S. Florian. II.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 836 f. Deutsche Beichte von 1421.
760. Berthold. — Strobl, J., Berthold Ton Begenaburg und der
Schwabenspiegel. 8. (20 S.) Wien 1878. Gerold in Comm.
Aus den Wiener Sitzungsberichten 1878, Juli. Vgl. Jenaer Liter. Zeitung 1879,
24 (Henrici); Archiv f. kathoL Kirchenrecht 1879, 2. Heft.
761. Biterol£ — Symons, B., Naschriffc op Deel 1, 309 f.
Taalkundige Bijdragen 2, 113 ff. 209.
762. Mnth, Rieh, v., Biterolf and Nibelunge.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 382-7.
763. Das Buch von geistlicher Armnth, bisher bekannt als Johann Tan*
lers NachfolgUDg des armen Lebens Christi. Unter Zogrundelegong der ältesten
der bis jetzt bekannten Hss. zum ersten Male vollständig hersansgegeben von
H. S. Denifle. 8. (LIII, 212 S.) München 1877. M. Huttier.
Vgl. Anseiger f. deutsches Alterthum 4, 367—374 (Sch5nbach); Liter. Centril-
blatt 1878, 43 (Lassen?); Zeitschrift f. d. österr. Gymnasien 29, 8—9 (Werner).
764. Chroniken, die^ der niederrheinischen Städte. Cöln. 3. Band. 8.
(XII, CCLXVI1,'S. 641—1036). Leipzig 1877. Hirzel. 16 M.
Vgl. Jenaer Liter. Zeitung 1878, 9; Hans. Geschichtsblatter 1876; Liter. Gen-
tralblatt 1878, 26.
765. Dalimil. — Fontes rerum Bohemicarum Tomas III. Prag 1878.
Dalimili Bohemiae Chronicon.
Vgl. Academj 8. June 1878; Revue critique Nr. 12. Enthält auch den deut-
schen Text.
766. Dangkrotzheim, R., das heilige Namenbuch. Herausgegeben von
K. Pickel.
Elsässische Literaturdeukmäler aus dem XI v''. — XVH. Jahrhundert. Heraus-
gegeben von E. Martin und E. Schmidt. 1. Band. 8. Straßburg 1878. Trübner. 3 U.
767. Ein elsässischer Reimkalender des 15. Jahrhunderts.
AUgem. Zeitung 1878, Beilage 216.
768. David von Angsburg. — Preger, der Tractat des David voo
Augsburg über die Waldesier. 4. (55 S.) München 1578. Franz in Comm.
Aus den Abhandlungen der Akademie.
769. Eokhart. — Lasson, A., zum Text des Meister Eckbart.
Zeitschrift f. dent^cbe Philologie 9, 16-29.
770. Eilhart von Oberge. Zum ersten Male herausgegeben von Frtni
Lichtenstein. 8. (CCV, 475 S.) Straßburg 1878. Trübner.
Quellen und Forschungen XIX. Vgl. Germania 23, 346—361 (Bartach); AXlf'
Zeitung 1878, Nr. 108 (E. S.); Liter. Centralblatt 1878, 26 (Bartsch); Anzeiger t.
deutsches Alterthum 5, 227—238 (Strobl).
771. Fabri. — Keller, A. von, zu Felix Fabri.
Germania 23, 383.
XIH. C. MITTELHOCHDEUTSCH. 477
772. Freidanks BescbeideDheit. Aus dem Mittelbochdeatscheo übersetzt
n Karl Pannier. (192 S.)
RecUm's Universalbibliothek 1049—50. Leipzig 1878. M. 0, 80.
773. Friedrich von Sonnenblirg. Herausgegeben von Oswald Zingerle.
(116 S.) Innsbruck 1878. Wagner.
Ältere Tirolische Dichter 2. Band.
774. Zingerle, 0., über Friedrich von Sonnenburgs Leben und Dich-
ng. Linsbruck 1878. 8. (48 S.)
ErUnger Dissertation.
775. Sievers, Ed., zu Friedrich von Sonnenburg.
Paul und Braone 6, 539—544.
776. Gedicht. — Gerss^ F.^ Bruchstück eines niederrheinischen Lehr-
sdichtes des 13. Jahrhunderts.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 210—213. Aus dem Archiv zu Düsseldorf.
777. Zingerle, J. V., zur Spruchdichtung des 15. Jahrhunderts.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 82—93.
778. Müller, Job., mittelalterliche Schreibersprüche.
Anzeiger f. Kunde der deutschen Vorzeit 1878, Sp. 65 — 67.
779. Latendorf, F., mittelalterliche Schreibersprüche.
Anzeiger f. Kunde der deutschen Vorzeit 1878, Sp. 214.
780. Wysa, A., die Limburger Inschrift.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 233 f.
781. Schepfsy deutsche Kleinigkeiten aus Maihinger Handschriften.
Anzeiger f. Kunde d. deutschen Vorzeit 1878, Sp. 88 (Verse).
782. Gottfried von Straßbarg. — Steinmeyer, eine neue Tristan-
mdschrift.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 112. In Modena. 15. Jh.
783. Behaghel, 0., Gottfrieds von Straßburg Tristan und seine Quelle.
Germania 23, 223—229.
784. Lobedanz, Emil, das französische Element in Gottfrieds von Straß-
urg Tristan. Schwerin 1878. 8. (45 S.)
Rostocker Dissertation. Vgl. Herrig 61, 338 f.
785. Hadamar von Laber. — Stejskal, Karl, zu Hadamar von Laber.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 263—299.
786. Hartmann von Aue. — Kocian, Franz^ die Bedeutung der über-
rbeiteten Handschriften B* und B^ und der St. Florianer Bruchstücke für den
ext des armen Heinrich. (29 S.)
Programm des Gymnasiums in Budweis 1878.
787. Naumann, E. , über die Beihenfolge der Werke Hartmanns
)Q Aue.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 26—74.
788. Sievers, Ed., mhd. selpwege.
Paul und Braune 5» 644—547.
789. Heinrioh von Veldeke. — Lambel^ H., zu Veldekea Senratins.
Germania 23, 190—191.
790. Hesse von Binach. — Aebi, J. L., Burg Hinter-Binach.
Anzeiger fdr schweizer. Geschichte IX, 1 (1878).
791. Klage. — Muth, R. v., zur Klage. Varianten aus der Hs. A.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 22, 75—77.
792. Zarncke, F.; zur Collation der Hs. A der Klage.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 22, 816—819.
478 BIBUOQRAPHIE VON 187&
793. KSnig yom Odenwald, Qedichte. Von K. yoii Bahder.
Germania 28, 292—314 ygl. 8. 384.
794. Bahder, K. von, der König vom Odenwalde.
Germania 23, 193 — 222. Aach als Heidelberger Diasertation.
795. Priester Konrads deutsches Predigtbuch. Von Johann Schmidt 8.
(20 S.) Wien 1878. Verlag des Verfassers.
Vgl. Gennania 24, 113 f. (Bartsch).
796. Kudnin. — Gudrun. Ein altdeutsches Heldengedicht, übersetxt
von G. L. Klee. 8. (179 S.) Leipzig 1878. Hirzel. 2 M.
Vgl Revue critique 1878, Nr. 36.
797. Kümbarger. — Riezler, S., zum Kümberger.
Forschungen zur deutschen Geschichte 1878.
798. Kurtzmann. — Schönbach, A., Mittheilungen aas altdeutschen
Handschriften. 1. Stück. Über Andreas Kurtzmann. 8. (70 S.) Wien 1878.
Gerold in Comm. 1 M.
Aus den Sitzungsberichten der Akademie.
799. Apelt, 0., zu des Landgrafen Ludwig Kreuzfahrt.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 209-210.
800. Marienklage. — Milchsack, Gustav, Unser vrouwen klage.
Paul und Braune, Beiträge 6, 193—357.
801. Manier. — Strauch, Philipp, zum Mamer.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 254 f.
802. Drei Meisterlieder. Von K. Bartsch.
Germania 23, 49—52.
803. Minnesinger. — Deutsche Minne aus alter Zeit. Ausgewählte
Lieder der Minnesänger des Mittelalters. Frei übertragen von K. Ströse. 2. Auf-
lage. 16. Leipzig 1878. Barth. 2 M.
Vgl. Blätter f. liter. Unterhaltung 1879, 21 (Bartsch).
804. Ströse^ K. , altes Gold. Sprüche der Minnesänger des Mittel-
aliers. Frei übertragen. 2. Auflage. 16. (XIII, 80 S.) Leipzig 1878. Btrtk.
M. 4, 50.
805. Kastropp, 6., Minnelieder und Sprüche.
Deutsche Studienblätter m, 17—19 (1878).
806. Mönoh von Salzburg. Von J. V. Zingerle.
Germania 23, 30—31.
807. Mystiker. — Denifle, P. Fr. Heinr. Seuse, das geistliche Lebea
Eine Blumenlese aus den deutschen Mystikern des 14. Jahrhunderts. 2. sa-
gearbeitete Auflage. 8. (XVI, 504 S.) Graz 1879. Moser. M. 4, 50.
808. Der Hibelonge Hoth und die Klage. Nach der ältesten Über
lieferung mit Bezeichnung des Unechten und mit den Abweichungen der g^
meinen Lesart. Herausgegeben von K. Lachmaun. 5. Ausgabe. 8. (XU, 370 S.'
Berlin 1878. Reimer. M. 3^ 50.
809. Proben einer neuen Übersetzung aus den echten Theilen dtf
Nibelunge not. Zwanzigstes Lied. Von Dr. Ludwig Freytag. 4. Beriin 187$
Programm des Friedrich-Wilbelmgymnasiums.
810. The Nibelungen Lied. The laj of the Nibelungera. Tranilste^
ioto english verse after C. Lachmann's collated and corrected text bj Joif
than Birch. 2* edition. 8. (266 S.) MuDchen 1878. Ackermann. M. 3.
811. Zarncke, zu den Heptaden.
Preußische Jahrbücher 1878, Januar, S. 108 -- 109. — Hennings EntMüM-
BbendA & 109—110.
Xm. C. MITTELHOCHDEUTSCH. 479
812. Müllen hoff, K., die alte Dichtung von den Nibelungen.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 113—173.
813. Math, R. v., über eine Schichte älterer, im Epos nachweiabarer
Nibelungenlieder. Excorse über die innere Geschichte des XIV. Liedes mit
einem Anhang über das Linzer Bruchstück. 8. (42 S.) Wien 1878. Gerold
in Comm. 60 Pfg.
Aus den Sitzungsberichten der Wiener Akademie 89. Band. 1878. Vgl Zeit-
schrift f. d. Gymnasial wesen 1879, 243 ff. (Löschhorn)«
814. Über den mythologischen Hintergrund des Nibelungenliedes.
Europa 1878, Nr. 42—45.
815. Esser^ über die Form der Periode im Nibelungenlied. 4. (8 S.)
Weissenburg i. £. 1878. Programm.
818. Hanke, B., ein kleiner Beitrag zva Nibelungen- Literatur.
Literaturblatt Yon A. Edllnger U, 7. 8 (1878).
817. Brandes^ H.^ Gundahari.
Ersch und Gruber, Encyclopädie. I. Section, 97. Band (1878), S. 108-111.
818. Mehlisy C.^ zum Brunhildisstuhl.
Das Ausland 1878, S. 199 f. Erwiderung auf Hennings KriUk im Anseiger f.
deutsches Alterthum.
819. Stammhammer, J., die Nibelungen-Dramen seit 1850 und deren
Verhältniss zu Lied und Sage. 8. (VlI, 168 S.) Leipzig 1878. Wartig.
M. 2, 80.
820. Die Offenbarungen der Adelheid Langmann, Klosterfrau zu Engel-
thaL Herausgegeben von Philipp Strauch. 8. (XLU, 119 S.) Straßburg 1878.
Trfibner.
Quellen und Forschungen XXYI. Vgl. Germania 24, 249 ff. (Bartsch); Liter.
Centralblatt 1878, 25 (Bech); Anzeiger f. deutsches Alterthnm 6, 259 ff. (Denifle);
Liter. Bundschau 75, 5 (Denifle).
821. Ortnit. Ein Heldengedicht. Aus dem Mittelhochdeutschen bearbeitet
von K. Pannier. (93 S.)
Reclams UniversalbibUothek Nr. 971 (1878).
822. Hummel, Franz, das Verhältniss des Ortnit zum Huon de Bor-
deanx.
Archir f. d. Studium d. neueren Sprachen 60 (1878), 295—342.
823. Predigten, altdeutsche^ aus dem Benedictin erstifte St. Paul in
Kärnten. Herausgegeben von A. Jeitteles. 8. (XLUI, 188 S.) Linsbruck 1878.
Wagner.
Vgl. Germania 24, 111 ff. (Bartsch); Jenaer Liter. Zeitung 1878, 19 (Paul);
Gott. Gel. Anz. 88 (Dtisterdieck) ; Theo). Quartalsobr. 60, 4; Anzeiger f. deutsches
Alterthum 5, 1—40 (Schönbach); Zeitschrift f. deutsche Philologie 10, 288 ff. (Bech).
824. Schönbach, Anton, Predigtbruchstücke. HI.
Zeitschrift f. deutsches Alterthnm 22. 235—237. Aus Admont.
825. Strobl, Joseph, zu den Fundgruben I, 70 ff.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 250 f.
826. H[older, A., zwei Predigten des Lesemeisters Hugo von Constanz.
Mitgetheilt
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 29—43.
827. Psalmen. — Bartsch, Karl, Bruchstücke einer Psalmenüber-
setzung.
Germania 23, 58—62.
828. Schulte, H., Bruchstücke einer Psalmenübersetzung.
Germania 23, 62-70.
480 BIBLIOGKAFHIB VOH 1878.
829. Birhw T TM Snisr. fiiie Htermr-historiBche Stadie Ton Dr. Bo-
Plesebke. (16 S.)
^To^nMum der Staato-Bealtehflc Brmm 1878.
830. Rotte. — BecktteiBv R^ xwt neueren Literatur über Johumei
Rolhe.
ZättchxHi dee Teraa» f. thOrm^. Gesciliehte N. F. Bd. DL. 259-867.
831. Bsdolf TOn Sbs. — Söhnte Frmnx, dai HandschrifteDY^hältniii
in Rodolfo tod Eat Barium. 8. (86 S.) Erlangen 1878.
832. Zacker, J., die Wemig«roder Handschrift von Radolfii Welt-
ckitmik.
ZeitMlirift t dastMlie Pkilolofie 9, 461—472.
833. Regel y K., YerlilltniM der Ton Hardenbergischen Bmchstacke <a
den Gothaer ReimbibelhandschiilleB
Zötsckrifl t dentsche PhUolofie 9, 444—460.
834. Hirxel, Lndvig, ein Bmchstock der Christherrechronik.
Zeitschrift f. deutsches Ahertkoa 22, 142—144. Ans Bern.
835. SalOHO. — Scherer, W., Literator des zwölften Jahrhunderts.
5. Salomo und der Drache.
Zeitschrift f. deutKkcs Alteitiiam 22, 19—24.
836. SeeuidVft. Von Ph. Stzanck.
Zeitsckrift f. dentsches Aheitham 22, 389—406.
837. Der adle crUB. Von G. Mikhsack.
Paul und Branne, Beitiige 5, 548—569.
838. SÜTester. — Roediger. Max, Trierer Bruchstücke. HI. Silrester.
Zeitschrift t dentsches AUeithom 22, 145—209.
839. Steinhöwell Prolog mm ApoUonins. Von W. Scherer.
Zeitschrift f. dentsches Alterthom 22, 319 t
840. Bartsch, K., das Akrostichon in Steinhowels Apollonias.
Germama 23, 381—383.
841. Stricker, die Streiche des Pfafien Ameis. 2. Auflage. (79 S.)
Beclams CmTersal-BibUothek 658. 1878. 20 P%.
842. Saehenwirt. — Friess, Gjmn. Prof. G. E., fünf onedirte Ehm-
reden Peter Snchenwirts. 8. (30 S.} Wien 1878. Gerold in Comm. M. 0, 50.
Ans den Sitzongsberichten dtf Wiener Akademie.
843. Der Minnesanger Tannbftnier und die Tannh&usersage.
SoDDtagsblatt Ton R. Elcho 1878, Ni. 5—7.
844. Tauler. — Nobbe, U., über das Haoptthema der Predigten Jo-
hannes Tanlers.
Zeitschrift f. d. gesammte hithtf. Theologie 1878, S. 426-487.
845. Ulrich von Esehenbaeh. — Köhler, Beinhold, zu einer SteDe
in Ulrichs Yon Eschenbach Wilhelm von Wenden.
Germania 23, 24—27.
846. Zu Ulrichs von Lichtenstein Büchlein. Von M. Roediger.
Zeitschrift f. dentsches Alterthnm 22, 380 — 2.
847. Zu Walther Ton der Vogelweide. Von H. Paul.
Panl and Braune, Beiträge 5, 447-448.
848. Zarncke, zur Waltherfrage.
Berichte der k. sacbs. Gesellschaft d. Wissenschaften 1878, Mlrm, 8. 4S— 40-
Datirnngsrersnch der orkondlichen Erwähnung Walthers.
849. Egger, J. , Walther von der Vogelweide. L H. (6 und 10 S.)
4. Bozen, Druck yon Fenan, Innsbruck, Wagner.
Xm. C. lUTTELHOCHDEUTSCH. 4gl
850. Fasching, J., Beiträge zar Erklärung der religiösen Dichtungen
Walthers von der Vogelweide (Schloß).
Germania 23, 34—46.
851. Reinhardt, Fr., Walther ron der Vogelweide and Fridank. 4.
(24 S.) Programm der Realschule I. Oidnung zu Aschersleben 1878.
Vgl. Herrig 61, 366 f.
852. Ein Weihnachtslied Walthers von der Vogelweide.
Europa 1878, Nr. 52.
853. Wernher der Gartenaere. — Rudioff, A., Untersuchungen zu Meier
Helmbrecht von Wernher dem Gartenäre. 8. (71 S.) Rostock 1878. Dissert.
854. Wigamnr. — Werner, R.M., Fragmeute einer Perg. hs. des Wigamur.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 100—111.
855. Wimt. — Schönbach, A., zum Wigalois. I.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 337—366.
856. Wolfram von Eschenbach. — Lichtenstein^ F. ^ Weimarer
Bruchstücke von Wolframs Parzival.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 366—374.
857. Lück^ R., über die Abfassungszeit des Parzival. 8. (32 S.) Halle
1878. Dissertation.
858. Bai er, A., zur Chronologie von Wolframs Parzival u. Hartmanns Iwein.
Germania 23, 448.
859. Dom an ig, Karl, Parzival-Studien. I. Heft: Über das Verhältniss
von Wolframs Titurel und Parzival. 8. (64 S.) Paderborn 1878. Schöningh.
860. Kant, K., Scherz und Humor in Wolframs von Eschenbach Dich-
tungen. 8. (132 S.) Heilbronn 1878. Henninger. 3 M.
Vgl. Gott. Gel. Anz. 1879, 19 (Wilken). Ein Theil (37 S.) auch als Leipziger
Dissertation«
861. Lucae, K., über den Traum der Herzeloyde im Parzival.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9 (1878), 129—135. Vgl. auch oben Nr. 689.
862. Toischer, W., Bruchstück einer Hs. von Wolframs Willehalm.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 237—242. Aus Prag.
868. Altdeutscher Schwank und Scherz aus dem 16. und 17. Jahr-
hundert. Zusammengestellt vom Verfasser des „Altdeutscher Witz und Ver-
stand"*. 16. (XVI, 202 S.) Bielefeld 1878. Velhagen und Klasing.
Vgl. N. Preuß. Zeitung 1877, Nr. 294.
864. Ayrer, J., Process Lucifers wider Jesum, darumb, daß er ihm die
Höllen zerstöhrt (1597).
In: Strodtoianns Dichterprofile 1. Band. Stuttgart 1879.
865. Fischart. — Crecelius, W., zur Bibliographie Fischarts.
Alemannia 6, 127.
866. Wendeler, Camillus, zur Lebensgeschicbte Fischarts.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 262 -> 259.
867. Wendel er, Camillus, zu Fischarts Bildergedichten.
Archiv f. Literaturgeschichte VH, 306—378 (1878).
868. Flezel, Lienhard, das grosse Rottweiler Herrenschiessen 1558.
Alemannia 6, 201—228.
869. Franok. — Weinkauff, F.^ Sebastian Franck von Donauwerd. II.
Alemannia VI, 49—86.
870. Frisohlin. — Fischer, H., Gedichte von Frischlin und Crusius.
Vierteljahrshefte f. württemb. Geschichte 1878, Heft 2. 8.
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871. Geiler de Kaitenberg, J., wie man sich halten aol M einem
sterbenden Menschen. 1482. Facsimile avec nne introdaction par L. Dacheox.
8. Paris et Francfort 1878. Baer. 8 M.
872. Geiler ron Kaisersberg.
Historischpolitisehe Blätter 82. Band. 1. Heft (1878).
873. Zwei anbekannte deutsche geistliche Lieder aus dem 16. Jahrb.
Monatshefte f. Musikgeschichte 10 (1878), 4. 5.
874. Lindener. — Wendeler, Camillus^ Michael Lindener als Ober
setier Savonarolas und Heransgeber theologischer und historischer Schriften.
Archiv f. Literaturgeschichte VH (1878), 434—484.
875. Luthers vermischte Predigten. 2. Band. Herausgegeben von £. L.
Enders. 2. Auflage. Frankfurt a. M. 1878. Heyder und Zimmer. 4 M.
876. Grosse, E., Martin Luthers Sendbrief vom Dolmetschen. 4. (26 S.)
Memel 1878.
Programm.
877. Weiß, Josef, Luthers Einfluß auf die deutsche Literatur. (35 S.)
Programm des Gymnasiums in Cilli 1878.
878. Latendorf, F., Anfrage über vermeintliche Lutherspruche.
Germania 23, 126 f. = Anzeiger f. Kunde d. deutsehen Vorsait 1878, Sp. 16l
879. Hiklans Manuel herausgegeben von J. Baechtold. 8. (CXXIII,
467 S.) Frauenfeld 1878.
Bibliothek älterer Schriftwerke der deutschen Schweiz H. VgL Allgemeine Zei-
tung 1878, Beilage 268; Lehmanns Magazin Nr. 48 f.; Zeitschrift f. deutsche Philolofie
10, 248 ff. (Vetter); Grensboten 1879, 17.
880. Sachs, Hans, herausgegeben Ton A. von Keller. 11. Band. 8.
(475 S.) Tubingen 1878.
136. Pnblication des litterarischen Vereins.
881. Sammlung altdeutscher Werke in neuen Bearbeitungen. L Spruch-
gedichte you Hans Sachs. Ausgewählt und sprachlich erneuert mit E&ileitimg
und Anmerkungen versehen von A. Engelbrecht. 16. (113 S.) Naumburg 1879.
Faßheber. 1 M.
Vgl. Allgem« Liter. Correspondens 1879, Nr. 35.
882. K4bdebo, Heinrich, die poetische Literatur der Stadt Wien vom
Beginne des XVI. bis zum Schlüsse des XVIII. Jahrhunderts. I. Band: Die
Dichtungen des Hans Sachs zur Geschichte der Stadt Wien. 8. (X, 111 S.)
Wien 1878. Faesy und Frick. 1 fl. 50 kr. 2. Auflage 1878. 4 M.
Vgl. Allgem. Liter. Correspondenz 1879, 35.
883. Goetze, Edmund, Hans Sachs als Gegner des Markgrafen Albreeht
Alcibiades.
Archiv f. Literaturgeschichte VH, 279—303.
884. Salat. — Bächtold, J., zu Hans Salat.
Anzeiger f. schweizer. Geschichte IX, 8 (1878).
885. Soliauspiel. — Scher er, W., lateinische und deutsche Schanspide.
I. Pammachius. II. Esther.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 190—199.
886. Sohwarserdty Georg, Pfalzische Reimchronik von 1536 — 1561.
Mitgetheilt von J. Wiirdinger.
Collectaneen-Blatt fOr die G^chicbte Bayerns, 42. Jahrgang, 1878.
887. Tenerdank. Herausgegeben ron K. GU>edeke. 8. (XXXXV, 297 S.)
Deutsche Dichter des 16. Jahrhunderts. 10. Band. 8. Leipzig 1878. Broekhstt
M. S, 50. Vgl. Zeitschrift f. deutsche Philologie 10, 251 ff. (Peteni) ; BUtter f. Ktcr-
ITntefiuütnng 1879, 16; Rundschau 1879, Juni.
Xm D. ALTSlCHSISCH. E. MITTELNIEDERDEUTSCH. 488
888. Tttnger, Angnttiii. Von A. t. Keller.
Anseif^ f. Kunde d. dentschen Voneit 1878, Sp. 186 f.
889. Wiekram. — Kraus, F« X., Familie Wickram.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 28, 205 f.
D. Altsächsiscb.
890. Heliand herausgegeben ron E. SieTen. Lex. 8. (XLIV, 542 S.)
Halle 1878. Waisenhaus. 8 M.
Germanistiflehe Handbibliothek herausgegeben Ton J. Zacher IV. Vgl. Jenaer
Liter. Zeitung 1878, 22 (Behaghel); Liter. CentralblaU 25 (Braune); Key. crit. 40;
Blitter f. liter. Unterhaltung 1879, 21 (Bartseh); Anzeiger f. deutsches Alterthum 5,
267—289 (Bödiger).
891. Bartsch, Karl, zum Codex Cottonianus des Heiland.
Germania 28, 408—406.
£. Mittelniederdeutsch.
892. Zimmermann, Paul, zu Bruns altplattdeutschen Gedichten.
Germania 28, 70—73.
893. Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung (Jahr-
gang 1877, Bremen 1878): Koppmann, K., Liebesgruß. S. 8. — Wehr-
mann, C, Lebensweisheit. — Walther, C, das Fastnachtspiel Henselin
oder Ton der Rechtfertigkeit. S. 9 — 36. — Schmidt, G., djt ys dj erfin-
dnnge und Wunderwerke des billigen sacramentes tho der Wilsnagk. S. 57 — 60.
— Schmidt, G., Niederdeutsches in Handschriften der Gymnasialbibliothek
zu Halberstadt. U. S. 60—67. — Koppmann, K., Bnmmeldens (Lied) S. 67
bis 70. — Walther, C, Braunschweigische Füudlinge. S. 70—74. —
Krause, K. £. H., capnt draconis und die Kreuzwoche. S. 75 — 82. — Man-
telsy W., Krude. S. 83—86. — Jellinghans, H., das Muhlenlied S. 86—93.
894. Fischer, H., Fragment eines mnd. Arzneibuches.
Germania 28, 52—56. Dazu Lübben, A., zu Germania 23, 58 f. Germania
23, 341 f.
895. Bartsch, K., die Sprache Bertholds von Holle.
Germania 28, 507 f.
896. Beeh, F., zur Braunschweigischen Chronik.
Germania 28, 142—155.
897. Winter, F., £ike von Bepgow und der Sachsenspiegel.
Fersohungen zur deutschen Geschichte XVIH, 380—384 (1878).
898. Woeste, F., zu dem Gedichte über die Gründung der Abtei
Altenberg.
Zeitschrift des Bergischen Geschichtsrereins 13. Band (1877).
899. Koppmann, Dr., zum Schmähgedicht Tom Jahre 1458.
Mittheilungen des Vereins f. hambnrg. Geschichte I (1878).
900. Gerhard von Minden. Von W. Seelmann. (Niederdeutsche Denk-
mäler. Herausgegeben Ton dem Verein für niederdeutsche Sprachforschung.
Bd. IL) 8. (XLVIII, 206 S.) Bremen 1878. Kühtmann.
VgL Jenaer Liter. Zeitung 1878, 22 (Henrid) ; Anzeiger f. d. A. 5, 239 ff. (Straueh).
901. Gedichte, drei mittelniederdeutsche des 15. Jahrhunderts, mit
kfitiaehen Bemerkungen herausgegeben von Ph. Wegener. 8. (42 S.) Magde-
burg 1878. Baensch. M. 1, 60.
Programm des Pädagogiums z. Kloster U. L. Fr.
81*
484 BIBLIOGRAPHIE VON 1878.
902. Henncke Knecht, mit Anmerkangen tod F. F(ren8dorfi). 8.
Göttingen 1878.
Nicht im Buchhandel.
903. Lübben, A., Henneke Knecht, Str. 10.
Germania 23, 445.
904. Latendorf, F., zum niederdeutschen Kalender.
Korrespondenzblatt d. Vereins f. nd. Sprachforschung UI (1878), 42^44.
905. Je Hing hau 8, H., eine Aoegabe des Koker.
Korrespondenzblatt f. nd. Sprachforschung III, 7 (1878).
906. Hoefer, A., zu Pfeiffers Abdruck aus H. Körner, Grerm. IX, 257 £
Germania 23, 229—236.
907. Behaghel, C, das niederdeutsche Lanzelotfragment.
Germania 23, 441—444.
908. Sello, G. K., Woldenberger.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 49 f. Zur Magdeb. Schöppenchronik S. i
909. Kleemann, M., ein mittelniederdeutsches Pflanzenglossar.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 196—209.
910. Das Danziger Schöffenbueh. Herausgegeben von Dr. M. Toeppen.
4. (51 S.) Programm des Gymnasiums zu Marienwerder 1878.
911. Schott, Emser^s niedersächsisches Neues Testament Rostock 1530.
Petzholdts Anzeiger f. Bibliographie 1878, 12. Heft.
912. Mummenhoff, Heilmittel für Pferde. 16. Jahrhundert.
Anzeiger f. Kunde d. deutschen Vorzeit 1878, Sp. 182—4.
913. Schnitze, Mart., plattdeutsche Übersetzungen alter lateiniicher
Documenta des St. Jürgen-Hospitals I. 4. (7 S.)
Programm der höheren Knabenschule in Oldesloe 1878.
F. Mittelniederländiseh.
914. Vries, M. de, middelnederlandsche Verscheidenbeden.
Taalkundigc Bijdragen 2 (1878), 62-104.
915. Vau enen manne die gheme cnollen vercoopt enc goede boerde.
Door E. Verwija. 8. (70 S.) *8 Gravenhage 1878. Nijhoff.
Vgl. Anzeiger f. deutsches Alterthum 4, 411 f. (Franck).
916. Jacob van Maerlant, kleine Gedichten^ med inleiding, toe-
lichting en bijlagen van J. van Vloten. 8. (112 S.) Haarlem 1878. de Gnf.
Vgl. Anzeiger f. deutsches Alterthum 4, 396—411 (Franck).
917. Jacob vanMaerlant, Naturen bloeme, nitgegeven door E. Ver
wijs. Deel I. 8. (345 S.) Groningen 1878.
Bibliotheek van Middel-nederlandsche letterkunde Aflev. 21.
918. H(ellwald), F. v., Jacob van Maerlaut ein Culturbild des 13. Jbs.
Allgemeine Zeitung 1878, Beilage 13. 15.
919. Behaghel, 0., zwei deutsche Übersetzungen der Offenbarung
Johannis.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 97—142. Mnl. und md.
920. Franck y Job., kleine Bemerkungen zar mnl. Obersetzang d«r
Offenbarung Johannis.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 84 f.
921. Rottmanner, M. , eine niederländische SchachhaDdseliiift dci
15. Jahrhunderts.
Zeitschrift f deutsches Alterthum 22, 409-421.
Xm. 6. ANGELSÄCHSISCH. H. MITTELENGLISCH. 485
922. Seghelijn van JberuBalem naar het Berlijnschc handschrift en
den oaden druk ran wege de Maatschappij der Nederlandscbe letterkande nit-
gegevcn door Verdam. 8. (XII, 184 S.) Leiden 1878. f. 3, 50.
Vgl. Anzeiger f. deutsches Alterthnm 5, 70—84 (Franck).
G. Angelsächsisch.
928. Facsimiles of Anglo-Sazon Manuscripts^ photographed by com-
mand of the Queen on the recommandation of the Master of the roUs by
General Cameron, Director of the Ordnance Snrvey^ with translations by Basevi
Sanders. (25 plates imp. fol.) 1878. 2 L. 6 s.
Vgl. Academy 3. Mai 1879.
924. Grein, Chr.^ Aelfrics Bach der Richter.
Anglia H, 141—162.
925. Zupitza, Julius, über den Hymuus Cädmons.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 210—223.
926. Gospel according to St. John in Anglo-Sazon and Northumbrian
Venions^ synoptically arranged, with collations ezhibiting all the readings of
all the mss. Edited by W. W. Skeat. 4. (218 S.) Cambridge 1878. 10 sh.
927. Codex aureus sive Quattuor evangelia ante Hieronymum latine
translata. Ed. Jo. Belsheim. 8. (LVI, 348 S.) Christiania 1878.
Aus einer Stockholmer Hs., die Bl. U angelsächsisches enth<. Vgl. Liter.
Centralblatt 1878, 29; Theolog. Liter. Zeitung 15.
928. Wülcker, R., über den Dichter Cynewulf.
Anglia I, 483-507.
929. Holder, A., die Bouloneser angelsächsischen Glossen eu Prudentius.
Germania 28, 383-403.
930. Zupitza, J., zu den Kentischen Glossen Zs. 21, 1 ff.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 223—226.
931. Krebs, H., die angelsächsische Übersetzung der Dialoge Gregors.
AngUa n (1878), 65—70.
H. Mittelenglisch.
982. Böddeker, K., altenglische Dichtungen des Ms. Harl. 2253. Mit
Grammatik und Glossar herausgegeben. 8. (XVI, 463 S.) Berlin 1878. Weid-
mann. 8 M.
Vgl. Anglia 2, 607 ff. (Schipper); Englische Studien 2, 499 (Rölbmg).
933. Zupitza, J., Verbesserungen und Erklärungen zu altenglischen
Schriftstellern.
Anglia I, 468—483.
934. Stratmann, F. H. , Verbesserungen zu altenglischen Texten.
Englische Studien 2, 119—120.
985. Zupitza, J.^ zu R. Morris^ an old english Misccllany pp. 156 — 159.
Anglia I, 410—414.
986. Alexander and Dindimus: or, the letters of Alexander to Diu-
dimus , king of the Brahmans, with the replies of Dindimus; being a second
fragment of the alliterative romance of Alisaander. Translated hom the latin
about a. d. 1840—50; re-edited by W. W. Skeat 8. (XXXVI, 98 S.) London
1878. Trübner. 6 sh.
Early EngHah Tnt Söoiety» '• . /. .<. iv.i •
486 BIBUOGBAPHIE VON 1878.
937. AlexiQslieder Ton Dr. Carl Hontmann.
ArehiT f. cL Stadium d. neneren SprmcheD 59 (1878), 71—106.
938. Boddeker, K., Versifizirte Benediktinerre§^ im unorthem dialeetV
EngliBche Stadien 8, 60—98.
939. Horstmann, C, ein Beitrag lu Celestin.
AnglU I (1878), 390-392.
940. Chaacer; Oeoffroy^ Poetical works with poems formerlj piinted
with bii name or attributed to him. Edited, with a memoir, bj BelL Befiied
edition in 4 yoIb. with preliminaiy essaj by W. W. Skeat Vol. 3 and 4.
12. London 1878.
941. Koeh,J., über die neuesten YeroffentUchangen der^Chaneer-Soeietf.
Anglia II, 632—646.
942. Lindner, F., The tale of Qamelyn.
Englische Stadien 2, 94—114. Zu Chaaeer Cant t
943. Köhler, B., an Chancer'a Milleres Tale.
Anglia II, 136—6.
944. S(keat), W. W., the Coort of Love.
Academy 3. Aagost 1878, 8. 116-117.
945. Caraor Mnndi (The Corsor of the world). A nortbnmbriaa poea
of the XIV^ centory. Edited by R. Morris. Part V. 8. (6 BI. und & 1361
bis 1675). London 1878. Trabner. 25 sh.
Early English Text Society.
946. Adam Davy's 5 Dreams aboat Edward 11. The lifB of St Ak-
zios. Solomon's Booc of Wisdoom. St. Jerome's 15 Tokens before Doomsdiy.
The Lamentation of Souls. Edited {by F. J. FumiTalL 8. (122 S.) Londoo
1878. Trübner. 5 sh.
Early English Text Sodetj.
947. The history of the Holy Grail, englisht, about 1450 a. d. bj
Harry Lonelich. Be-edited by F. J. FnmiTall. Part IV. 8. (S. 209— 36r.
London 1878. Trübner. 15 sh.
Early English Text Society. Extra Series XXX.
948. Kohler, R., zu einer Stelle des altengliaehen GMichtes tob der
Kindheit Jesu.
Englische Stadien 2, 116—116. Nachtrag Ton E. Kölbing S. 117—8.
949. Horstmann^ C, Sammlung allenglischer Legenden groAtentiieOi
nun ersten Male herausgeg. 8. (227 S.) Heilbronn 1878. Henninger. IL 7, 20.
Vgl. Liter. Centralblatt 1879, Nr. 7 (Wfilcker); Wiss. Monatsbl. 1879, 1 (Schob).
950. Zupitza, J., zwei mittelenglische Legendenhandsehxifken.
Anglia I (1878), 392-410.
951. The libell of english policye. 1436. Text und metriaeke Über
Setzung von Wilh. Hertzberg. Mit einer geschichtlichen Einleitung nm B. Paifi-
8. (120 S.) Leipzig 1878. Hirzel. 4 M.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878, 60; Histor. Zeitschrift 41, 360 ff.; Engliaehe Sta-
dien 2, 488.
952. Varnhagen, H., zum Gedichte Long Life.
Anglia II, 71—72.
953. Varnhagen, H., Beitrage zur Erklärung und Textkritik von Dts
Michel's Ayenbite of Inwyt.
Englische Studien 2, 27—69.
954. Konrath, M., Beiträge zur Erklärung und Textkritik des WS-
Ton Schorham. 8. (63 S.) Berlin 1878. Weidmann. M. 2, 40.
Vgt Anseiger f deutsches Altarthum 6, 267—9 (Vanihagen).
L ALTNORDISCH. 487
I. Altnordisch.
955. Edda, die ^ die ältere und jüngere > nebst den mTtbischen Ersäh-
lungen der Skalda, tibersetzt Yon K. Simrock. 7. Auflage. 8. (VII^ 482 S.)
Stuttgart 1878. Cotta. 8 M.
956. Bergmann, F. W., Allweise^s Sprüche, Thrynis- Sagelied, Hjrmis-
Sagelied, und Loki*s Wettstreit. Vier eddische Oedichte des Thdr-Cyclus kri-
tisch hergestellt, übersetzt und erläutert. 8. (VIII, 304 S.) Straßburg 1878.
Trübner. 7 M.
Vgl. Liter. Centralblatt 1879, 84 (Edzardi).
957. Das Lied von Hamde übersetzt von Rosa Warrens.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 338-341.
958. Edzardi; A., kleine Beiträge zur Geschichte und Erklärung der
Eddalieder.
Germania 23, 168—188. 314—341. 406—440.
959. Sijmons, B., Uit de Edda.
Taalkundige Bijdragen 2, 105—113.
960. Die prosaische Edda im Auszuge nebst Volsungasaga und
Nornagests-th&ttr. Mit ausführlichem Glossar herausgegeben von Ernst W i 1 k e n.
Th. I: Text. (CVIU, 264 S.) Paderborn 1878.
Vgl. Germama 24, 362 ff. (Edzardi); Liter. Centralblatt 1878, 44 (Edsardi).
961. Wilken, £. , Untersuchungen zur Snorra Edda. Als Einleitung
'rar prosaischen Edda im Auszuge. 8. (296 S.) Paderborn 1878. Schöningh.
Vgl. Germania 24, 368 ff. (Edzardi); Liter. Centralblatt 1878, 44 (Derselbe).
962. Bugge, S., Tolkning af Runeindskriften pl Rokstenen i Oster«
götland. Ett bidrag til kundskab om svensk sprog, skrift og skaldekunst i old
tiden. 8. StockhoUn 1878.
Aus Antiqvarisk Tidskrifk för Sverige V. Vgl. Zeitschrift f. deutsche Philologie
9, 478 ff. (Moebins).
963. Stephens, G., Om Rokstenen.
Antiqvarisk Tidskrift fÖr Sverige V, 161—180.
964. Rygh, 0., og Bugge, Sophus, en i Norge funde Spsende med
Runeindskrift fra Mellemjemalderen.
Aarböger for nordisk Oldkjndighed 1878, S. 69—72.
965. Henning, R., die Ranen auf der Spange von Vimose.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22. 311—316.
966. Hildebrand, H., Kronologiska anteckningar om vira runstenar.
Vitterhets Historie och Antiqvitets Akademiens Minadsblad 1878, S. 710-713.
967. Stephens, G., Pilgardarunstenen i Böge socken pa Gotland.
Vitterhets Historie och Antiqvitets Akademiens Mänadshlad 1878, S. 693—598.
968. Wimmer, L. F. A., sproglige iagttagelser fra en runologisk reise
i Sklne i sommeren 1876.
Separatabdruck aus kort udsigt over det filologisk-historiske samfunds virksom-
hed i 1876—78. 8 8. 8.
969. Stieda, L., über einen unechten Runenstein in Schweden.
Sitzungsberichte der gelehrten estnischen Gesellschaft zu Dorpat 1877. Dorpat
1878. 8.
970. Isländska sagor. I svensk bearbetning för alimän läsning.
LNials'saga. Öfters, af A. U. B££th. 8. (VIÜ, 356 S.) Stockholm 1878—79.
Seligmann. 4 kr.
971. Sturlesön, Snorre, Norge konge-krönike fordansket ved N. F. S.
Gmndtvig. Tredie Udgave. 1. og 2. Hefte. 8. (352 S.)
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romaner fran medeltiden. Efter gamla handskrifter utgifna af G. Ceder-
schiöld (Bserings saga. Fiovents saga). 4. (S. 85 — 168.)
Lands UnlTersitets Arsskrift 1877—78.
973. Storm Gast., kritiske Bidrag til VikiDgetidens Historie (I. Ragnar
Lodbrok og Gange-Rolv). 8. (218, 1 S.) Kristiania 1878.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878, Nr. 26 (Edzardi); Jenaer Liter. Zeitung 1878,
Nr. 61.
974. Storm, Gast., En oldnorsk Saga om Danekongerne (Langeb.
SD. n, 424-33) in: Christiania Vidensk. Selsk. Forhandl. 1878, Nr. 6,
S. 1—15.
975. Biskupa sogar, gefnar üt af hinu islenzka bökmentaf^lagi.
n. Bd. (V, 804 S.) Kaupmannahöfn 1878.
Hiermit ist diese wichtige Sammlang vollendet. Der 1. Bd. erschien 1858.
Vgl. Jenaer Liter. Zeitong 1879, 16 (Maarer^^
976. Droplaagar-sona saga. rorleifr Jönsson gaf üt. 8. (VI, 42 8.)
Reykjavik 1878.
977. Leffler, L. F., Rökstenen och Fritbiofs saga.
Nordisk Tidskrift för Vetenskap, Konst och Indnstri 1878, S. 166—169.
978. Gall-Pöris saga. torleifr Jönsson gaf dt 8. (IV, 52 S.) Rey-
kjavik 1878.
979. Die Geschichte von Gunnlaag Schlangenzunge. Aus dem islan-
diseben Urtexte übertragen von E. Kölbing. 16. (XIII, 72 S.) Heilbronn 1878.
Henninger. M. 1.
Vgl. AUgem. Liter. Correspondenz I, 8; Europa 1878, Chronik Nr. 9; Jenaer
Liter. Zeitung 16; Magazin f. d. Literatur d. Auslandes 14; Herrigs Archiv 69, 459;
Alma mater 1878, 18.
980. Kölbing, E., zur Guunlaugs saga ormtungu.
Wiss. MonatsbläUer 1878, Nr. 7.
981. Bleibtreu, K.^ Gunnlaug Schiagenzunge. Eine Inselmär. 8. Berlin
1878. Schleiermacher. 3 M.
Poetische freie Bearbeitung.
982. Hovard Isfjordings-S age, die. Aus dem altisländiscben Ur-
texte übersetz von W. Leo. 16. (XV, 142 S.) Heilbroon 1878. Henninger. 2 M.
983. Brenner, Oscar, über die Kristni-Saga. Kritische Beiträge zur
altnordischen Literaturgeschichte. 8. (XIV, 158 S.) München 1878. Kaiser.
Vgl. Liter. Centralblatt 1879, Nr. 12 (Edzardi); Jenaer Liter. Zeitung Nr. 9
(Maurer).
984. Lefoliiy H., die Nialssaga. Nach der dänischen Wiedergabe über-
setzt von J. Claussen. 8. (VU, 223 S.) Leipzig 1878. Barth. M. 3, 60.
985. Döring, Bernhard, eine altisländische Brandlegung. Episode aus
der Erzählung vom Leben des Njal, aas dem altnordischen Urtexte übertragen.
Separatabdruck aus dem Osterprogramm des Nicolaigymnasiums. Leipzig 1878.
4. (20 S.)
986. Der altnordische Roland. Ins Deutsche übersetzt von Ed. Koschwitz.
Romanische Studien von Ed. Böhmer. III, 2 (1878).
987. Sturlunga saga, including the Islendinga saga of Lawman
Sturla Thordsson and other Works, edited with Prolegomena, Appendicei,
Tables, Indices, and Maps by Dr. Gudbrand Vigfusson. 2 voll. Oxford,
Clarendon Press. 1878. (I: CCXIX; 409 pp. II: 518 pp.) 42 M.
Xm. K. ALTSCHWEDISCH. L. ALTDÄNISCH. M. MITTELLAT. POESIE. 489
988. Die nordische und die englische Version der Tristan «Sage. Her-
ausgegeben von Engen Kölbing. 1. Tbeil. Tristrams Saga ok Isondar. 8.
(CXLVIII, 224 S.) Heilbronn 1878. Henninger.
Vgl. Bomania 1879, 281 ff. (Vetter); Liter. Centralblatt 23 (Paul); Götting.
GeL Anzeigen 1879, 14 (Wilken); Jenaer Liter. Zeitung 26 (Löschhorn).
989. Saga af Tristram ok Isönd samt Möttuls Saga udgivne af det
kgl. nordiskc Oldskriftselskab. 8. (IV, 456 S.) Kopenhagen 1878. Thiele.
Vgl. Romania 1879, 276 ff. (Nyrop); Liter. Centralblatt 23 (Paul); Revue cri-
tique 21; Göttiog. Gel. Anzeigen 14 (Wilken); Jenaer Liter. Zeitung 25 (Löschhorn).
990. Leifar fornra kristinna froeda fslenzkra: Codex Arnamagnaeanus
677. 4° auk anoara enna clztu brota af islenzkum gudfroedisritum. Prenta
Ijet Thorvaldur Bjamarson. (XX, 207 S.) Kaupmannahöfn 1878.
Vgl. Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 484 ff. (Möbius). Aus geistl. Schriften.
991. Gering) H., isländische Glossen.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 386—394.
992. Kölbing^ £., Bruchstücke einer altnordischen Bearbeitung von
Pamphilus und Galathea.
Germania 23, 129—141.
993. Hildebrand, E., Gm äldre handskrifters atergifvande i tryck.
Historiskt Bibliotek 1878, S. 19—48.
K. Altschwedisch.
994. Klemming, G. E., Sveriges dramatiska litteratur. H. 4. 8. (S. 497
bis 592). Stockholm 1878.
Samlingar utgifua af Svenska Fornskrift-Sällskapet, H. 71.
995. Klosterläsning. Utg. af G. E. Klemming. H. 3. 8. (S. 305
bis 440). Stockholm 1878.
Samlingar utgifna af Svenska Fornskrift-Sällskapet H. 70.
996. Um styrilsi kunnunga ok höf)3inga. Normaliserad upplaga, ut-
gifven af R. Gecte. 8. (VIII, 125 S.) Stockholm 1878. Norstedt u. Söhne. 8 kr.
997. Svenskt Diplomatarium. Utgifvct af riksarchivet genom
E. Hildebrand. VI, 1. 4. (264 S.) Stockholm 1878. Norstedt. 7 kr.
L. Altdänisch.
998. Olger Danskes Krönnike. Efter de aeldeste Udg. bearb. af
Hansen, med cn Fort, af Molbech. 8. (304 S.) 1878. kr. 1, 35.
M. Mittellateinische Poesie.
999. Peiper, Rudolf , zur Geschichte der mittellateinischen Dichtung.
Archiv f. Literaturgeschichte (1878) VII, 409—433.
1000. DU mm 1 er; E., die handschriftliche Überlieferung der lateinischen
Dichtungen aus der Zeit der Karolinger. I. II.
Neues Archiv der Gesellschaft f. ältere deutsche Geschichtskunde IV, 1 (1878).
2 (1879).
1001. Ebert, Adolf, kleine Beiträge zur Geschichte der karolingischen
Literatur.
Berichte der kgl. sächs. Gesellschaft der Wissenschaften 1878, S. 96 — 112.
1. Theodulfs Geburtsland. 2. Theodulf und Raban. 3. Zu der Lebensgeschichte des
Wal. Strabo
490 BIBUOQRAPHIE VON 1878.
1002. Franoke^ Dr. KniiOi zur G^chichte der lateinischen Scholpoeiie
des 12. und 13. Jahrhunderts. 8. (107 S.) München 1879. Liter.artist An-
stalt M. 3, 60.
1003. Monamenta Germaniae historica. Scriptores remm Lango-
bardicarum. Hannover 1878. 4.
EnthSlt viele lateinische Gedichte, yon Paulas Dlaconas, Petras Pisanas etc.
1004. Kleinere lateinische Denkmäler der Thiersage aas dem 12. bii
14. Jahrhundert. Heransgegeben von Ernst Voigt. 8. (VII, 156 S.) Straßbarg
1878. Trübner. M. 4, 50.
Quellen und Forschungen XXV. Vgl. Liter. Centralblatt 1879, Nr. 10; Aoseiger
f. deutsches Alterthum 6, 99 £ (Seiler).
1005. Winkelmann, E., Tier Gedichte des 13. Jahrhunderts.
Monatsschrift f. Geschichte Westdeutschlands 4. Jahrgang (1878), 6. Heft
1006. Wattenbach, W., ans einer Halberstadter Handschrift.
Anzeiger f. Kunde d. deutschen Voneit 1878, Sp. 318—320. 346—360.
1007. Lanbmann, Mittheilangen ans Wfinbarger Handschriften.
Sitzuogsberichte der Münehener Akademie 1878, 1. 2.
1008. Leist; 0., der Antidaadianns , ein lateinisches Gedicht dei
XU. Jahrhunderts und sein Verfasser Alanus ab Insalis. 4. (16. S.) See-
hausen i. A. 1878. Programm.
1009. Abhandlungen, philologische, zu Ehren Th. Mommsens hertoB-
gegeben. Berlin 1878.
Darin Angilberts Gedicht über die Schlacht von Fontanetam yon £. Dümmler.
1010. Ebert, Adolf, Naso, Angilbert und der Conflictus veris et hiemis.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 328*-33ö.
1011. Pasquier, un po^te chrötien k la fin da XI* si^le. Bandriß abb^
de Bourgeuily archevdque de Dol, apr^s des documents in^its (1046 — 1130).
Th^. Angers 1878. 8. (297 S.)
1012. Carmina clericorum. Studentenlieder des 12. und 13. Jahrhon-
derts edidit domos quaedam Yctus. 4. Anfl. (Vm, 120 S.) Heilbronn 1878. 1 M.
1013. Carmen auf die Schlacht bei Hemmingstedt. Mit Einleitong und
Erläaterungen ron K. Müllenhoff.
Zeitschrift d. Gesellschaft f. Schleswig-Holstein-Lauenb. Geschichte 8. Bd.
1014. Reinecke, Alb., ein Gedicht aus der Hussitenzeit.
N. Mittheil, des Thür.-Sfichs. Vereins XXIV, 2 (1878).
1015. Peiper, R., Verse aus der Hussitenzeit.
Forschungen sur deutschen Geschichte 18 (1878), 161 — 168. Vagantoipoesie.
1016. Maurus, P., Lateinische Verse des Mittelalters.
Aus Raigem. Anzeiger f. Kunde d. deutschen Vorzeit 1878, 213 f.
1017. Dümmler^ E., über die G^edichte de Cucalo.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 67—71.
1018. Oesterley^ H., Deiikverse bei mittelalterlichen Geschichtsschreibeni
gesammelt.
Forschuogen zur deutschen Geschichte 18 (1878)^ 19—46.
1019. König, Dietrich, aber Denkverse im Mittelalter.
Forschungen zur deutschen Geschichte 18, 569—676 (1878).
1020. Wackerneil, J. E.^ das Drama vom römischen Reiche deot-
scher Nation und vom Antichrist.
Literaturblatt von Edlinger H. 21. 23.
1021. Bartsch, K.^ nochmals die Ecbasis.
Germania 23, 264 f.
XIII. L. IfITTELLATEINISOHE POESIE. 491
1022. Voigt, E., noch einmal die Ecbasis.
Anzeiger f. dentBches Alterthum 6, 96 — 98.
1023. Hartmann, Angost, Scheirer Rhythmne von der Erlöeong.
Zeitschrift f. denteches Alterthum 28» 173—189.
1024. Monaci, E., in den Atti deir Academia dei Lincei, naova serie,
3, 60; und im Archivio della societk Romana di Storia patria I, gibt Bericht
über ein lat. Gedicht Geeta Friderici I. (c. 3600 verse).
1025. Jusserand, J. J., de Josephe Ezoniensi vel Iscano thesim pro-
ponebat Lngdnnensi litteramm facnltati. 8. (138 S.) Paris 1877. Hachette.
Vgl. Liter. Centralblatt 1878, 86.
1026. Klage um den Tod des Grafen Raimund von Barcelona.
N. Archiv d. Gesellschaft f. ältere d. Geschichte 3, 407 ff.
1027. Schepfs, Dr., eine lateinische Komödie aus dem 15. Jahrhundert.
Anzeiger f. Kunde d. deutschen Vorzeit 1878, 8p. 161—164. Aus cod. lat. 108
in Maihingen.
1028. Ferry, de Marbodi Rhedonnensis episcopi vita et carminibus«
Theses Monpesliensi litteramm facultati proponebat. 8. (111 S.) Ntmes 1878.
1029. Brieden, historischer Werth des Poeta Sazo für die Geschiebte
Karls des Grossen. 4. (16 S.) Arnsberg 1878.
Programm.
1030. Zimmermann, G. R., Ratpert der erste Zürcher Gelehrte. Ein
Culturbild aus dem 9. Jahrb. 8. (245 S.) Basel 1878. Schneider. M. 8, 60.
1031. Du mm 1er, E., Lorscher Rätsel.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 268—263.
1032. Eberty A., zu den Lorscher Rätseln.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 23, 200—202.
1033. Lateinische Rätsel, von E. Dümmler.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 421 f.
1034. Falk, F., das Speculum hnmanae vitae, sein Verfasser und sein
Übersetzer.
Petzholt, Neuer Anzeiger f. Bibliographie 1878, 6.
1035. Dümmler, E., lateinische Sprichwörter.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 422 f.
1036. Voigt, E., zu Denkm. » XX VU, 2.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 388 f.
1037. Müller, E., zum Waltharius.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 9, 161—172.
1038. Ivandid, J., wie hat Walther von Castiglione Vergil nachgeahmt?
8. (22 S.)
Programm des Gymnasiums zu Mitterburg.
1039. Waltheri Spirensis Tita et passio S. Christophori martyris. Ed.
W. Harster. 8. (X, 173 S.) München 1878.
Vgl. Liter. CeniralblaU 1878, Nr. 40 (Dümmler); Götting. Gel. Anz. 1879, 20
(Pannenborg).
1040. Gedicht über die sechs Weltalter. Von E. Dümmler.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 22, 423-428.
492
SE0I8TEH ZUM XXU.— XXIV. JAHB6ANO.
REGISTER
ZUM
ZWEIUNDZWANZIGSTEN BIS VIERUNDZWANZIGSTEN JAHRGANG.
k, saffix, 24, 244.
abhäDgige Rede 24, 83.
Absolute Partipia im Gotischen 23, 242.
Adam und Kva, Busse 22, 316.
Acrricola, Phil. 24, 405.
Albers Tundalus 22, 264.
Alezanderdichtimg 24, 20.
Alliterationspoesie, metrisches za derselben
24, 257.
als, also 28^ 283.
Altenglische Lautvei hSltnisse 22, 93.
Altenglische Literatur 22, 98.
Altniederdeatsehe Denkmäler 23, 114.
alx6s 22, 42.
Amgrund, Jacob, 22, 356.
aneminne 22, 42.
Angrels&chsische Glossen aus Boulogne 23,
385.
Angelsächsische Urkunden 22, 354.
aiislaht, anslahte 24, 139.
Arzneibuch, mnd. 23, 52. 341.
Ascbeopüster 24, 384.
aschez 22, 48.
asyndetische Parataxe 24, 167.
Atlakvida 23, 406.
Atlamil 23, 409.
Ave Maria 22, 357.
B.
bambast 23, 308.
bancklocke 22, 43
Baumcultus 22, 232.
bebüwen 22, 42.
Beet 23, 285.
Beheim, Michael, sein Lebensende 22, 412.
Berthold von Holle, Sprache 23, 507 ; De-
mantin 24, 120.
BesegnuDgen, bairische 24, 73.
Bett 23, 285.
BettsUtt, die krachende 24, 21. 417.
Betz, Job. 24, 401.
bewerre 22, 45.
Bibliographie, germanistische, für 1876:
22. 447; 1877: 23, 449; 1878: 24, 433.
Bilder in Runkelstein 23, 28.
biuz 23, 313.
birflich 22, 43.
Biterolf 22, 41.
blazze 23, 309.
Bremberger 24, 400. 405.
Bruno, Verfasser der Braunschweigisehsn
Reimchronik 28, 149.
brüst 23, 143.
brutmisse 24, 883.
Bflcherrerzeichnisa, altes 24, 16.
bucovel 28, 342.
Bfischiug 22, 382.
C. s. auch K.
Cisarins von Heisterbach 24, 885.
CausalsiUe und ihre Partikeln 22, 229.
Chronik, Braunsehweigische 28, 142.
Chronik, Stretlinger 22. 878.
Chrysilippus, Elias 24, 406.
Cisiojanus 22, 286.
Conjunctiv 23, 113; Gebrauch im Mittel-
hochdeutschen 24, 378.
d niederL 23, 114.
Dämonen 22, 182
dam mnd. 23, 8.
das, daß 23, 259.
den, denen 23, 268.
der, deren, derer 23, 268.
des, dessen 28, 268.
Dialekt, Bistritzer 22, 241. 367.
Dialekte, einheitliche Schreibung derselben
22, 109.
Dialekte, Lautbezeichnung 22, 499.
Diez, Fr. 22, 499. 501.
Dilbanm, Sam. 24, 406.
-ding, Familiennamen auf 28, 18.
Disconus, U biaus 22, 103.
Dissimilation 28, 32.
Dorothea 24, 882.
drabgerste 24, 140.
Dreikönigsbildchen 24, 384.
dunkelbiderbe 22, 887.
dunkelbilde 22, 887.
dunkelSre 22, 387.
dunkelguot 22, 386.
dunkelkouf 22, 387.
dunkekneister 22, 387.
dunkelmütekeit 22, 387.
dunkelvriunt 22, 387.
REOISTRR ZUM XXn.--XXiy. JAHRGANG.
493
Eberhard Zarsne 22^ 42.
Ecbasis captivi 22, 97. 23, 264.
Eckart, Meister 22, 391.
Eddalieder, Beiträge snr Geschichte und
ErkISnug 23, 158. 314. 406. 24, 46.
Edda, prosaische 24, 352. 363.
ehe, eher 23, 289.
Eheyerlöbnissformel, priesterliehe 22, 437.
Eier, gestürzte 23, 3 10 ; yerlome Eier 23, 309.
EUbart yon Oberge 28, 345. 24, 19.
ein und ain in der Österreich. Mnndart 24,
198.
Ekekiame 23, 9.
Eltern, älteren 23, 262.
Enenkel 24, 294.
Epik, altfranzösische 23, 361.
Herzog Ernst? 24, 20.
esel dnych 22, 45.
esling 22, 44.
Ettmflller, L. 22, 507.
-eze 22, 290.
F. 8. Y.
gebeinze 22, 290.
gebdrtse 22, 290.
Gebete, altdeutsche 22, 356. 365; Gebet,
niederd. 24, 255.
gebirgeze 22, 290.
gebloimeze 22, 290.
gebüweze 22, 291.
gedeckeze 22, 291.
gedermeze 22, 291.
Gedichte an den Erlöser 22, 363.
Gedichte des 15. und 16. Jahrhs. 24,399.
gedingeze 22, 291.
gehouweze 22, 291.
gehürwe 23, 310.
geistliche Dichtung 22, 505.
gejageze 22, 291.
gelate, gelatem 22, 44.
gelebte 23. 807.
gemaelze 22, 291.
genetiv pluralis im Germanischen und In-
dogermanischen 24, 247.
geremze 22, 291.
Gerichtsringe 24, 94.
geschurreze 22, 291.
Gesta Romanorum 24, 124.
gesteinze 22, 292.
gestimze 22, 292.
gestaize 22, 292.
getierze 22, 292.
getilz 23, 808.
getzen 23, 309.
gevogelze 22, 292.
geynone 82, 298.
gewate, gewat 24, 142.
geweinze 22, 292.
gewennerze? 22, 292.
gewulfze 22, 292.
gezünze 22, 292.
glidine 22, 387.
Glossen, althochdeutsche 22, 392; angel-
slehsische 23, 385.
GöUti, Jo. 24, 403.
gera 24, 368.
Goethe 22, 501.
Gottfried yon Strasburg 24, 429; TrisUn
22, 406. 24, 9. 106. 110; seine Quelle
23, 223.
Gottfried yon Hohenlohe 24, 2.
Gralsage 23, 247.
Griiter, F. D. 22, 125. 23, 250. 605.
GrStzelius, Wolfl^. 24, 406.
Grein, Ch. 22, 497.
Grimm, Jacob, Briefe 22, 248. 22, 880.
23, 250.
Grimm, Wilhelm, Brief 22, 880.
Grfpisspä 23, 325.
grokölikln 23, 312.
groyr 22, 43.
Gudrun 23, 246.
Gudrünarkyida I und H 23, 184; Gudru-
narkyida U und UI 28, 833.
gfitzen 23, 809.
Hugen, F. H. yon der 22, 126.
Hahnentänze 23, 310.
Handschriften: in Asbumhamplace 24,421.
Beriin 24, 294.
Bern 22, 354. 866.
Brieg 28, 58.
Dessau 22, 114. 24, 120. 882.
Engelberg 28, 47.
Graz 22, 487.
Hannoyer 23, 229.
Heidelberg 22, 116. 28, 448.
Innsbruck 24, 211.
Jena 22, 167.
Karlsruhe 22, 892.
Leipzig 24, 175.
München 24, 292. 297.
Paris 22, 273.
Rom 24, 200.
Schleiz 23, 62.
Sterling 23, 49.
Stuttgart 23, 52. 57.
Udine 23. 30.
Ulm 24, 73.
Wittenberg 24, 16.
Wolfenbttttel 23, 70.
Zürich 22, 862.
Hans, Bruder 24, 261.
494
BEGI8TER ZUM XXn.— XXIV. JAHROAMO.
Hartmaims Heimat und Krennlige 84, 78 ;
Erec, ca 82, 84 ; Iwein 88, 846. 88, 448.
84, 868. Iwein, Pariser Handschrift 88,
878.
Heidenwerfen 28, 89.
Heiland, heilend 88, 868.
Heilmittel, Yolksthflmliche 88, 857.
Heinrich der Löwe 84, 481.
Heinrich von Melk, Erinnening 88, 38.
Heinrich von Rngge 88, 71.
Heinrich von Stretlingen 88, 874.
Heinrieha von Veldeke Servatins 88, 190.
Helnielein von Konstani 84, 885.
Heldenbuch, som 28, 40.
Holoeder 88, 159.
Helgakvida Hiorvardssonar 88, 159; Hei-
ffakvida Hundingsbana H 88, 166.
Heliand 88, 886 ; der Codex Cottonianos 88,
408. 84, 76; die Modi im Heliand 88,
875.
Helreid Br)mhUdar 88, 418.
Hemmerlin, Meister 84, S84.
Henneke knecht 88, 445.
Hermann der Damen 84, 18.
Herr 88, 864.
Historienbibel 22, 505.
Hochseitsprfigel 22, 194
hoefen 88, 45.
Hofrecht, das alte schwedische 24, 64.
Hn^s von Trimberg Renner, Hs. in Des-
sau 84, 181.
Hdsdripa 23, 486. 84, 63.
H^miskvida 28, 421.
I. J.
jach, jSh 88, 875.
Jacobus a Voragine 88, 84.
jehan 83, 1 ; jehen üf einen 88, 48.
Jenny Qreenteeth 28, 181.
Johannes, die iwei 84, 885.
Johannistans 24, 884.
isen kinwen 24, 142.
Island, Topofrraphie 14, 88.
Jfidisdies und Christliches in Kunstwerken
88, 505.
Jfinger, jtlnger 88, 868.
Jungfer, Jungfrau 83, 883.
kach 83, 818.
Kaiser, der rothe 83, 51. 84, 13.
Kanzleisprache, kursichsische 84, 116.
karb 83, 312.
Kaufleuten, von swei 24, 420.
keltischer Ursprung deutscher Wörter 24,
119.
Kempe, Zach. 24, 407.
keje 22, 39.
kUber 88, 811.
Kinderlieder 88, 898.
Kinderspiel aus dem Elsaß 84, 415.
Kinderspiele, catalonisehe 88, 186.
Kindersprache 83, 198. 388.
Kinderspruch des 15. Jh. 88, 848.
Kindersprfiche und Reime , niederilltl^
reichische 84, 66.
Kirchenlied, deutsches 84, 860.
kiuH 83, 808.
Klage 88, 851.
Klopstock 88, 503.
knabe, knappe 83, 885.
kolhopfe 83, 309.
König vom Odenwalde 88, 193. 292.
Konnd, Priester, Predigten 84, 111.
Konrad von Dangkrotsheim 84, 422.
Konrad von Fußesbrunnen 84, 800.
Konrad von Megeuberg 84, 414.
Körner, Hermann 88, 11. 889.
koete 83, 308.
Kreidweiß, V. 84, 404.
Kuh, bunte, 84, 378.
Kukuk und sein Kflster 84, 414.
Kyot 28, 248.
Langmann, Adelheid, OIFenbamngen der-
selben 24, 249.
Lianzelotfragment, das niederdeutsche tS,
441.
Layamon, Lautverh<nisse 22, 93.
lebersobi 23, 313.
leidvellir 84, 97.
! Lenz, Reinh. 88, 508. 506.
' Lied , historisches , des XVL Jhs. 88, 6T.
, Liederbuch, altdeutsches 88, 115.
Ljödahittr 84, 875.
Litanei, OrSzer 88, 48 ; Straßburger 88, 41
'■' lögröttur 84, 97.
i Lokasenna 83, 418.
: louben 83, 311.
lünel 83, 308.
Luthersprfiche, vermeintliche 88, 186.
Magd, Maid 83, 886.
man. Mann 83, 861.
MSrchen 84, 418.
Margaretenlegende des 18. Jakrinrndiili
84, 894.
Marienleben, Prosa 88, 856.
Mamer, zum 88, 36. 95. 885. 83, 5a H
Marpachius, Greg. 84, 406.
Meisterdieb von Brflgge 84, 877.
Meisterlieder 88, 49.
Metrik, althochdeutsche 88, 865.
Metrisches zur Alliteratlonspoeaie 84, W-
Miene, Mine 83, 859.
BEaiSTER ZUM XXH.— XXIV. JAHRGANG
485
:en 22, 362.
dgerhaiidschriften 24, 18.
chdentscbe Gedichte, Brachstflcke
f
' •
iderdentsche Gedichte 28, 70.
HeUand 22, 375.
, Andr. 24, 400.
ron Salzburg 23, 80. 24, 261.
Ilaler 22, 108.
en, Orthographie 23, 117.
3, 809.
iUliache 22, 189.
gie, deutsche 24, 248; Beitrüge
^7; nordische 24, 102.
hn 28, 810.
; des 12. Jahrhunderts 24, 292.
ideutsche Grammatik 22, 381.
(deutsche Zwillingswörter 23, 267.
^eulied 23, 73 ; zur Kritik 24, 201.
saga und Nibelungenlied 23, 73.
rag 22, 24.
Bts-)>&ttr 24, 361.
13, 446.
ungen der Adelheid Langmann 24,
le 23, 9.
ine 24, 93.
lutverhältnissse 22, 93.
a 22, 99.
2, 40.
üf das sogen, mnl. 24, 174.
4, 382.
B Reimchronik 24, 20.
1 Diemringen 24. 19.
I Passan 24, 122.
OB und Galathea, altnordische Be-
ing 23, 129.
>, asyndetisehe 24, 167.
a, absolute 23, 242.
1 24, 19.
ter 22, 438.
CS Pnrgatorium 22, 102.
endungen, zur Geschichte 24, 246.
Job. 24, 401.
Snige 28, 216. 384.
Marienleben 22, 366.
enversammlung, Bericht über die
odlungen der germanistischen See-
1 Tübingen 22, 107 ; in Wiesbaden
'6; In Gera 24, 114.
phul 28, 808.
Piramus und Thisbe, mnl. 28, 116.
Piscator, Ch. 24, 402.
plackeyren 22, 44.
Posse, Possen 23, 271.
Predigten, altdeutsche 22,48. 24,111.418.
Priester Johanns Land 28, 448.
Pronomen, persönUehes, Vertausohung yon
gen. dat acc. 24» 24.
Prudentiusglossen 28, 886.
Psalmenflbersetsungen 28, 68. 24, 126.
Quelle, Quell 28, 274.
Rabe, Rappe 23, 286.
Raber, Vigil 22, 429.
Rftthselfragen 23, 344.
Rechtsalterthümer 22, 181. 28, 810. 312.
318. 814.
Regenbogen 23, 60.
Reimchronik, liyländische 22, 89.
Reimspruch 28. 608.
Reinmar von Hagenau 22, 70. 196.
Reisehlein, Samuel, 24, 406.
reisen 24, 143.
rensei 22, 44.
Repgowsche Chronik 24, 18. 19.
Ring, Fr. D. 22, 602.
rirap mnd« 28, 341.
Ritter, Reiter 28, 286.
Ritter, neun, und neun Frauen 23, 47.
Roggenwolf und Roggenhund 22, 282.
Rosengarten 24, 20; in dramatischer Be-
arbeitung 22, 420.
Rückert, Heinrich 23, 248.
Rudolf Brinkind 24, 19.
Rudolfs von Ems Barlaam 22, 286; Wil-
helm und Alezander 24, 1 ; Weltchronik
24, 20.
Runenhandschriften 28, 104.
Rankelsteiner Fresken 28, 28.
Rupp, Theophil 22, 128.
rüxen 23, 318. 24, 128.
Rydqvist, J. E. 28, 378.
S.
Sachs, Hans 24. 407.
Sachsenspiegelglosse 28, 268.
Saga, isl&ndische, Stil und Typus, 24, 106.
Salomo und Saturn 22, 60.
satin 24, 144.
Sattel mit Inschrift 23, 49.
scehan 28, 1.
Schachbuch 24, 126.
Schalken 28, 811.
496
BEOI8TER ZUM XXa— XXIV. JAHRGANG.
schaaern, schandem 23, 286.
scbiun 24, 144.
schoeckebret 22, 46.
schöke nd. 23, 4.
schon 23, 282.
schoenez bröt 23, 312.
schosporze 22, 45.
sehdsel 24, 145.
Schwabenstreich 24, 76.
Schwedische Volkslitteratur 24, 129.
Seelen Trost, der 24, 127.
Segensprüche 22,352. 24, 73. 200. 311.
sehan 23, 1.
sete 23, 312.
sete f. 24, 145.
Senchen 24, 382.
Sibyllen- Weissagung 24, 125.
Sif und das Frauenhaar 23, 155.
SignrdarkTida in skamma 23, 174. 187.
Signrdssage 24, 355.
silhalse 23, 308.
Sjürdar krsedi 22, 440.
spetlin 23, 313.
Spiel vom jüngsten Tage 22, 856 ; Ton den
sieben Weibern, die um einen Mann
streiten 22, 19.
Spiele, getheilte 23, 344.
Spitz 23, 264.
Stadt, Statt 23, 259.
sUllen 23, 311.
SUmmbuchvers 24, 128.
Statt, Stätte 23, 274.
Statuten des deutschen Ordens, Hs. 22, 114.
Steine, geworfene 22, 2^.
steingeschurreze 22, 291.
Steinhöwels Apollonius 23, 381.
Steinopfer 22, 26.
Stephanus, Clem. 24, 403.
Sterbeformel 22, 439.
Sterken 23, 309.
Stretlinger Chronik 22, 373.
Stricker 24, 4; sein Karl 22, 129.
Suffix ft im Indogermanischen 24, 244.
sülen Bwv. 22, 42.
Susanna, Schauspiel 22, 342. 23, 256.
Suso*s Büchlein von der ewigen Weisheit
22, 356.
swisheit 24, 145.
Syntax, deutsche 24, 24. 167.
tenisch 23, 311.
Theophilussage 22, 99.
Thidrekssaga 24, 360.
Thiermärchen 24, 412.
-ting, Familiennamen auf 23, 13.
tinne 24, 146.
Titurel, der jüngere: Berleburger Hand-
schrift 22, 1; Leipziger Bruchstücke
24, 175; Schlul^ des Gedichts 22, 11.
tripol 22, 43.
Tristramssaga 23, 223.
tncht 24, 146.
Tnndolus 22, 264.
türme 23, 312.
tutzen 23, 309.
U.
überheben 23, 307.
Ulf Uggasons Hüsdr&pa 23, 426. 24, 63.
Ulrichs von Eschenbach Wilhelm von Wen-
den 23, 24.
ungebant 24, 146.
ungebSrde 23, 311.
unledech 22, 45.
Unterweisung zur Vollkommenheit 22, 167.
üz unde üz 24, 147.
V. F.
Fabri, Felix 28, 883.
Fäfhism&l 23, 314.
yaf)>rudnismil 24, 59.
fahl, falb 23, 275.
Fahrt, Fährte 23, 274.
Familiennamen auf ding, ting 23, 13.
FSröische Lieder 22, 440.
Fasnachtspiel 22, 420.
fast 23, 282.
Vegtamskvida 24, 46.
veil, fei 22, 45.
Venedig 23, 57.
Verbum in der Nominalcomposition 24, 78.
verdrozzen 24, 140.
Verse des 12. Jhs. 24, 297.
vertremmen 24, 141.
vesenboum? 24, 141.
Fichte, J. G. 23, 505.
Villers, K. D. F. v. 22, 248.
Finnboga saga hins ramma 24, 368.
vinster 24, 141.
Vintler 22, 43.
fiwersöt 24, 141.
flagzen 22, 388.
vlelwesge 22, 48.
fldme 23, 308.
Vocalsystem, germanisches 24, 115.
Volksetymologie 22, 106.
Volkslieder 24,21.417; flämische 24,374
Volkslitteratur, schwedische 24, 129.
Vollmer, Alexander 22, 124.
Volmars Steinbueh 23, 109. 126.
Volundarkvida 23, 169. 24, 62.
Voluspd 24, 46.
Vorlesungen, germanistische 22, 383.
Formenassociation bei Zahlwörtern 24, 245.
Vornamen in Zasammensetzung 23, 17. 189.
Frauenhaar 23, 155.
Frauenlob 22, 498. 23, 260; sein Kreoi-
leich 23, 47. .
VERZEICHNISS DER MTTABBEITER etc.
497
Freidank 22, 384. 23, 289. 24, 419.
Freund, freiend 28, 268.
Friedhof — Frendhof 23, 62. 24, 882.
Friedrich I. 24, 13.
fntzlSn 23, 344.
W.
Wackemagel, Ph. 22, 507. 24, 427.
Wald- und FeldcuUe 22, 282.
Walther von der V ogelweide 23, 286. 24, 392 ;
zur Chronologie seiner Sprüche 24, 161.
298 ; zur Erkl&rung seiner religiösen Dich-
tungen 22, 429. 23, 84; sein Aufenthalt
in Thüringen 22, 280.
wan in Zusammensetzung 23, 6.
wanandert, wanbak, wanbandich etc. 28, 6.
wandages 23, 8.
wanne 23, 307.
Waium betrübst du dich mein Herz 24, 407.
wEtmenger 23, 311.
weg, Weg 23, 263.
Weiber, sieben, streiten um einen Mann
22, 19.
Wenceslaus, Legende 24, 20.
Wetzeis Margarete 24, 4.
wider, wieder 23, 269.
Wiedergänger (revenant) 22, 26. 81.
Wieland 22, 602.
Wilhelm von Holland, Graf, Gedicht auf
ihn 28, 448.
Winckler, Hans 24, 404.
Witzschel, Aug. 28, 878.
Wolf, der unzufriedene 24, 412.
Wolfdietrioh 22, 41.
Wolfger von EUentbrechtskirchen 23,286.
24, 392.
Wolframs 70n Eschenbach Parziyal 22, 607.
23, 248. 448. 24, 297; chronologische
Bestimmung des 6. Buches 22, 280.
wnrmel&ge 24, 147.
Wurmsegen 24, 200.
Zahlwörter, Formenassociation bei densel-
ben 24, 246.
Zeitfolge der abhängigen Rede 24, 83.
zerdenen 24, 160.
zerfe 23, 308.
zest^n 22, 41.
Zeune, A. 22, 381.
Zusammensetzung, verbale, in nominibns
24, 78.
Zwillingswörter, neuhochd. 23, 257.
VEEZEICHNISS
DER MITARBEITER UND DEREN BEITRÄGE IN BAND 13—24 DER
GERMANIA UND IN BAND 1 UND 2 DER GERMANISTISCHEN STUDIEN*
Amira, K..v., München-Freiborg i. B.
Zur salfränkischen Eideshilfe. XX, 63.
Andresen, K. G., Bonn.
Zur deutschen Namenskunde. XXI, 47.
Apelt, Otto, Weimar.
Über den Accusativus cum Infinitive im
Gothischen. XIX, 280.
B'ächtold, Jalius, Solothuni-Zürich.
I. Aufsätze:
1. Ulrich von Ziatsikhoven. XIX, 424.
2. Heinrich Wittenweiler. XX, 66.
3. Deutsche Handschriften in Paris. XX,
336.
4. Von dem Hnrübel. XXI, 206.
II. Miscellen:
XX, 602. XXI, 118.
Bahder, Karl von, Heidelberg.
1. Der König vom Odenwalde. XXm, 193.
2. Gedichte des Königs vom Odenwald.
XXHI, 292.
Bai er, Adalbert, Heidelberg-Constanz.
1. Zur Erklärung von Hartmanns Iwein
XXI, 404.
2. Zur Chronologie von Wolframs Panival
und Hartmanns Iwein. XXUI, 448.
8. Über Hartmanns von Aue Heimath und
Kreuzzüge. XXIV, 72.
Bartsch, Karl, Rostock - Heidelberg.
I. Aufsätze:
1. Zwei neue Bruchstücke von Wolframs
Titurel. XIH, 1.
2. Zu den Handschriften des Nibelungen-
liedes Xm, 196.
GERMAMIA. Nene B«Uie. XU. (XXIV. Jahrg.)
82
498
VERZEICHNISS DER IfITABBEITER etc.
8. Zo Hartmanns Oregor. XIV, 239.
4. Das Fortleben derKadnmsage. XIV, 323.
5. Zu Hartmanns Gregor. XIV, 427.
6. Der Dichter der Urstende. XV, 169.
7. Zur Hroswithairage. XV, 194.
8. Brachstücke einer Handschrift der Er-
lösung. XV, 357.
9. Zu Heinrich von Morongen XV, 375.
10. Bruchstücke yon Wolframs Parxival
und Willehalm. XVI, 167.
11. Bruchstücke Ton Hartmanns von Aue
Gregorius. XVII, 36.
12. Handschrift mit Hrabanus Bnnenal-
phabete. XVH, 407.
13. Bruchstücke eines prosaischen Tristan-
romans. XVn, 416.
14. Bruchstücke einer Hs. von Wolframs
WUlehalm. XVII, 443.
15. Altschwedische Schreiberverse. XVH,
444.
16. Der Maler mit der schönen Frau.
xvni, 41.
17. Alt- und Mittelhochdeutsches aus En-
gelberg XVra, 46.
18. Sprüche und Verse deutscher Mystiker.
XVm, 196.
19. Zu dem Engelberger Segen. XVUI, 234.
20. Sprichwörter des XI. Jahrhunderts.
xvm, 310.
21. Bruchstück von Herzog A. XIX, 195.
22. Bruchstück einer Handschrift von Hein-
rici Summarium. XIX, 216.
23. Zum Kolandsliede. XIX. 386.
24. Ahd. Glossen aus SchefUam und Te-
gernsee XIX, 434.
25. Pfälsische Beichte ans Rom XX, 1.
26. Mitteldeutsches Magnificat XX, 3.
27. Abschrift von Hartmanns Iwein. XX, 84.
28. Zu Konrads Trojanerkriege. XX, 150.
29. Zwei Tagelieder XXI, 421.
30. Bruchstücke mittelhochdeutscher Dich-
tungen. XXIII, 47.
31. Mittelalterlicher Sattel mit Inschrift.
XXIU, 49.
32. Drei Meisterlieder. XXUI, 49.
33. Bruchstück einer Psalmenübersetzung.
XXin, 58.
34. Kleine Mittheilungen. XXIU, 192. 344.
448. XXrV, 200. 297.
85. Zum Codex Cottonianus des Heliand.
XXin, 404.
36. Die beiden literarischen Stellen bei
Rudolf von Ems. XXIV, 1.
87. Ein altes Bücherverzeichnis. XXIV, 16.
38. Em in der österreichischen Mundart.
XXIV, 198.
89. Margaretenlegende des XU. Jahrhun-
derts. XXIV, 294.
40. Gedicht über Heinrich den Löwen?
XXIV, 421.
41. Wetaels heilige Margarete. 8t. I, 1.
42. Die Eigennamen in Wolframs Panival
und TitureL St. II, 114.
43. Heinrich Steinhöwels ApoUomus II, 306.
II. Miscellen:
XVI, 120. XVU, 128. 253. 384. 505. 606.
XVIU, 128. 254. 256. 384. XIX, 120.
128. 253. 264. 256. 381. 382. 383. 384. 501.
506. 607. 508. XX, 123. 125. 128. 255.
256. 381. 383. XXI, 124. 127. 248.384.
498. 608. XXII, 127. 383. XXIU. 127.
264. 266. 256. 381. 384. 607. XXIV, 128.
255. 382. 383. 384. 492. 497. 608.
Nekrologe:
Xm, 250. XV, 107. 108. 460. XVI, 109.
242. 247. 250. 262. XVII, 126. 266. 256.
266. XIX, 235. 238. 377. XXI, 122. XXH,
123. 124.
lU. Reeensionen:
XUI, 111. 216. 241. XV, 106. 249. 261.
382. 382. 384. XVU, 105. 106. 107. 108.
240. XIX, 228. 352. 370. 371. XX, 94.
XXI, 448. XXU, 95. 97. 106. XXIU,
109. 115. 247. 260. 260. 346. 366. XXIV,
III. 248. 249. 260.
IV. Bibliographische Obersiefat
der Erscheinungen auf dem Ge-
biete der germanischen Philologie
im Jahre 1867: XIII, 321. 1868: XIV, 467.
1869: XV, 463. 1870: XVI, 463. 1871:
XVII, 465. 1872: XVIU, 461. 1873: XIX,
449. 1874: XX, 449. 1876: XXI, 449.
1876: XXU, 447. 1877: XXIII, 449.
1878: XXIV, 433.
Baethke, H., Berlin.
Recension:
XIX, 105.
Baaer^ F., Freibarg i. B.
1 . Hartmanns von Aue Heimath und Stamm-
burg. XVI, 165.
2. Meister Walther von Breisach. XVIU,213.
3. Zur Namenforschung. XVtll, 214.
Bech, Fedor.
L Aufs&tse:
1. Wortformen auf -eze. XIV, 431. XXII,
290.
2. Der umgelautete Conjunctivos PrSteriti
rückumUutender Zeitwörter. XV, 199.
3. Von etslichen MeisterBtfic^elin. XVL
333.
4. Zu dem von M. Haupt herausgegebeneo
Gedichte : Von dem Übeln Weibe. XVII, 41.
5. Zur neuesten Ausgabe von Maurisius
und Beamunt. XVU, 170.
6. Ober die Bedeutung des Adverbiams
näher. XVU, 294.
I 7. Zu brüsche (cu prüse, an prüaen) g^
I XVUI, 210.
VESZEICBMISS DER MITABBEITEB «to
499
8. Spenden aar Altenbestimmang neu-
hochdeutscher Wortfonnen. XVIII, 257.
9. Zerstreute Beitrage. XIX, 45.
10. Heinrich von Morungen. XIX, 419.
11. Urkundliche Nachweise Aber das Ge-
schlecht und die Heimat der Dichter
Heinrich und Johannes von Freiberg.
XIX, 420.
12. Spenden sur Altersbestimmung neuhoch-
deutscher Wortformen. XX, 31.
13. Bruchstücke ans Meister Eckhart. XX,
223.
14. Allerlei aus Zeitzer Handschriften. XX,
322.
15. Allerhand VermuthuDgen und Nach-
weise. XXU, 34.
16. Unterweisung zurVoUkommenheit. XXII,
167.
17. Zum Mamer. XXII, 385.
18. Wie Meister Eckhart kam ein schöner
nackender Pub. XXII, 391.
19. Zur Braunschweigischen Chronik. XXIII,
142.
20. Besserungen und Nachweise. XXIV, 139.
21. Zu Tarzival IX, 915 f. XXIV, 297.
II. Recension:
XXrV, 422.
Bechstein, Keinhold, Jena-Rostock.
L Aufsätze:
1. Zu Walthers Vocalspiel. XV, 434.
2. Zu Gottfrieds Tristan 15246 fg. XXIV, 9.
3. Warum betrübst du dich mein Herz.
XXIV, 407.
n. Recensionen:
XV, 380. XVI, 346. 456. XVII, 216. XXIV,
106. 428. 429.
Becker, Reinhold, Coblenz.
ÜberReinmar von Hagenau. XXII, 70. 195.
Behaghel, Otto, Heidelberg.
I. Aufsätze:
1. Zum Heliand. XXI, 139.
2. Zu den kleinen altniederdeutschen Denk-
mälern. XXI, 202.
3. Die Pariser Handschrift des Iwein. XXII,
273.
4. Einige Fälle von Dissimilation. XXIII, 32.
5. Got^rieds von Straßburg Tristan und
seine Quelle. XXIII, 223.
6. Die ueuhochdeut<>chen Zwilliugswörter.
XXin. 257.
7. Das niederdeutsche Lanzelotfragmeut.
XXIII, 441.
8. Beiträge zur deutschen Syntax. XXIV,
24. 167.
9. Zu dem sog. mnl. Osterspiel« XXIV, 174.
II. Miscelle:
XXIV, 382.
HL Recensionen:
XXI, 434. XXn, 226. 229. XXHI , 112.
239. 242. 365. XXIV, 110. 878.
Bernhardt, Ernst, Elberfeld-Erfart.
I. Aufsätze:
I. Vulfila und der Codex Sinaitioos. XHI, 37.
n. Recension:
XIII, 116.
Birlinger, Anton, Bonn.
I. Aufsätze:
1. Zu den Volksbüchern. Schwäbische
Zeugnisse. XV, 99.
2. Sprichwörter und Sprüche. XV, 102.
3. Bruchstücke aus Älfricsangelsächaisoher
Grammatik. XV, 359.
4. Bruchstücke aus dem Boek van den
honte. XV, 360.
5. Kleiue Beiträge. XVI, 82.
6. Besegnungen. XVII, 75.
7. Zur Mythologie und Sprache des Nie-
derrheins. XVII, 77.
8.Volksthümliches aus Schwaben. XVH, 79.
9. Zeugnisse zu den Volksbüchern. XVU, 92.
10. Mitteldeutsche Marienlegenden. XVU,
436.
I I. Aus Maerlants Spieghel historiael. XVII,
438.
12. Bruchstücke eines unbekannten nieder-
rheinischen Gedichtes. XVII, 441.
13. Zum Meier Helmbrecht XVIH, 110.
14. Zu Bruder Hansens Marienliedem.
XVIII, 112.
15. Deutsche Franziscanerregel des XIII.
Jahrhunderts. XVUI, 186.
16. Aus dem Buch Weinsberg. XIX, 78.
17. Grammatische Versuche eines Kölners
aus dem XVI. Jahrhundert XIX, 94.
18. Sprüche im Kölner Dialect XIX, 97.
19. Baiiische Besegnungen. XXIV, 73.
II. Miscellen:
XXIV, 384. 884.
Blaas, C. M., Stockeraa.
1. Der Marienkäfer im niederösterreichi-
schen Kinderspruch. XIX, 67.
2. Volksthümliches aus NiederOsterreich
über Thiere. XX, 349.
3. Zur St. Jobannisminne. XXI, 213.
4. Volksthümliches aus NiederOsterreich
über Pflanzen. XXI, 411.
5. Kleine Beiträge zur Mythologie. XXU,
257.
6. Sif und das Frauenhaar. XXUI, 155.
7. Ein Kinderspruch aus dem XV. Jahr-
hundert XXni, 343.
8. Niederösterreichische Kindersprttche
und Reime. XXIV, 66.
9. Vom unzufriedenen Wolf. XXIV, 412.
10. Zu Konrad von Megenberg. XXIV, 414.
32»
600
VERZEICHNISS DER MITARBEITER eto.
Boßler, Ludwig, Gera.
Bericht über die Sitzungen der germani-
stischen SectiOQ der XXVI. Philologen-
yersammlung zu Würzburg. XIV, 118.
Bottich er, G.» Berlin.
Über die Eigenthümliohkeiten der Sprache
Wolframs. XXI, 257.
Brenner, Oscar, München.
Becensionen:
XXIV, 102. 368.
Back, Michael, Aulendorf.
1. Zur Ortsnamenforschong. XVI, 297.
2. Der Schwank von den sieben Schwaben.
XVn, 809.
3. Kleine Beiträge zur deutschen Ortsna-
menforschung. XVII, 449.
4. Über Geschlechtsnamen auf 'Haen, -Uen.
XIX, 62.
Carnuth^ 0., Königsberg.
Zum Annoliede. XIV, 74.
Caspar t, J., Sülzbach.
Michael Beheims Liebensende. XXII, 412.
Ceder schiöld, Gustaf, Lund.
Zur Textkritik von vier romantischen Saga's.
XX, 306.
Crecelius, W., Elberfeld.
I. Aufsätze:
1. Nachtrag zu Germania XI , 412 und
XII, 104. XIII, 444.
2. Worterklärungen. XVII, 99.
3. Kierspe. XVIII, 114.
4. Altniederdeutsche Brocken. XVIII, 215.
5. Also bar. XIX, 99.
6. Samuel von Lichtenberg. XX, 7.
7. Holunke. XX, 68.
II. Miscelle:
XIX, 247.
III Recension:
XIII, 105.
Czerny, Albin, St. Florian.
Wundsegen von den drei Brüdero.XVIII, 234.
t D e 7 c k 8 , Ferdinand, Münster.
Altsächsische Glossen. XIII, 478.
Diefenbach, Lorenz, Frankfurt a. M.-
Darmstadt.
1. Ans der Stadtbibliothek zu Frankfurt
am Main. XVIII, 76.
2. Mitteldeutsche Predigtbruchstücke. XIX,
805.
Dietrich| Fram, Marburg.
JE&r w0rtßUi§cb§$ BiUMiülphabet, mit Na-
/m^ fyf BaebMbea. XIII, 77.
\
Dietz, Philipp, Marburg.
Miscelle:
XVI, 378.
Edzardiy Anton, Leipzig.
I. Aufsätze:
1. Untersuchungen über König Bother.
XVm, 385.
2. Zum jüngeren Hildebrandsliede. XIX, 316.
3. Über das Verhältniss der Klage zum
Biterolf. XX, 9.
4. Die Stuttgarter Oswaltprosa. XX, 190.
XXI, 171.
5. Ein litauisches Sigfridsmärchen. XX, 8 17.
6. Nachträgliches zum jüngeren Hilde«
brandsliede. XX, 320.
7. Zur Textkritik des Rother. XX, 403.
8. Noch einmal das jüngere Hildebrands-
lied. XXI, 51.
9. Kleine Beiträge zur Geschichte und Er«
klämng der EddaUeder. XXUI, 158. 814.
406. XXIV, 46.
II. Miscelle:
XXIII, 251.
ni. Recensionen:
XXI, 235. 442. XXIII, 73. XXIV, 352. 363.
Egger, J., Innsbruck.
Bericht über die Sitzungen der deutsch-
romanischen und der Section für neuere
Sprachen auf der XXIX. Versammlung
deutscher Philologen und Schulmänner
zu Innsbruck. XIX, 492.
fEttmüller, Ludwig, Zürich.
Beiträge zur Kritik der Eddalieder. XIV,
305. XVII, 1. 260. XVni, 5.
Fasching, J., Salzburg.
Beiträge zur Erklärung der religiösen Dich-
tungen Walthers von der Vogelweide.
XXII, 429. XXUI, 34.
Ficker, J., Innsbruck.
Zur Waltherfrage. XX, 271.
Fischer, Hermann, Stuttgart.
I. Aufsätze:
1. Die Busse Adams und Evas. XXII, 316.
2. Kleine Mittheilungen. XXIII, 52.
U. Miscell en:
XXII, 127. XXIII, 504.
III. Recensionen:
XX, 111. 373. XIV, 201. 313.
Floto^ Jena.
Miscelle:
XXI, 255.
Förstemann, Emsty Dn
1. Strmssennamen naoh Qfw
XV, 261. XVI, t6ft.
2. Der nrdeiitselM Bfti
VERZEIGHNI8S DER MITARBEITEB etc.
501
Freybe, Albert, Parchim.
Bericht über die Sitzungen der germani-
stischen Section der XXVII. Philologen-
yersammlang sn Kiel. XV, 109.
Miscelle:
XXIV, 384.
Fr om mann, G. K., Nürnberg.
1. Ein Bmchstflck des Romans der Lor-
reinen. XIV, 434.
2. Bmchstüeke des Gedichts vom heiL Ser-
yatins. XVIII, 458.
Oelbe, Theodor, Stollberg.
1. Kinderlieder und Reime. XXII, 293.
2. Ein Kinderspiel aus dem Elsaß. XXIV, 416.
GemoU, W., Pyritz-Wohlau.
1. Der Vers von vier Hebungen und die
Langzeile. XIX, 36.
2. Bruchstttcke einer gereimten Bibelüber-
setzung. XIX, 839.
Goedeke, Karl, Göttingen.
Zur Geschichte des Meistergesanges. XV,
197.
t Greiff, Benedict, Augsburg.
1. Schwabenstreich. XIII, 76.
2. Nein und Ja. XVU, 442.
3. Em Predigtmftrlein. XVIII, 363.
Hagen^ Hermann, Bern.
Altdeutsches aus Schweizer Bibliotheken.
St. n, 274.
Hagen, Theodor von, Mühlhausen.
Die Handschriften des Tristan und ihre
Bedeutung für die Kritik. St. I, 31.
Haupt, Josef, Wien.
1. Zwei althochdeutsche Bruchstücke. XIV,
66.
2. Blanschandin. Bruchstücke eines mhd.
Gedichtes. XIV, 68.
3. Bruchstücke einer ahd. Übersetzung der
vier Evangelien. XIV, 440.
Heigel, R. Th., München.
Bruchstücke aus einem Passional. XX, 444.
t Hildebrand, Karl, Leipzig.
Bericht über die Sitzungen der germani-
stischen Section in Leipzig. XVH, 372.
Hildebrand, Rudolf, Leipzig.
Zu Germ. IX, 46. XV, 286.
Hoefer, Albert, Greifswald.
I. Aufsätze:
1. Zur Laut-, Wort- und Namenforschung.
XIV, 197. 872. XV, 60. 411. XVUI, 200.
301. XXIII, 1. 189.
2. ZurErklftrung mittelhochdeutscher Dich-
ter XIV, 416.
3. Von Sitten and Bräuehen, Namen und
Ausdrucksweisen. XVIII, 1. Nachtrag 209.
4. Nochmals Altvile im Sachsenspiegel.
XVIII, 29.
6. Zum mittelniederdeutschen Würtorbuche
von K. Schiller und A. Lübhen. XVHI, 86.
6. Zu Pfeiffers Abdruck aus Komer, Germ.
IX, 267 ff. XXin, 229.
II. Becension:
XV, 246.
Hoff mann, Emanuel, Wien.
Glossae Mellicenses. XVII, 18.
t Hoffmann von Fallersleben ,
Corvej.
1. Aesopus in niederdeutschen Versen. XIH,
469.
2. Die erste Ausgabe der Spriehwürtersamm-
lung des Antonius Tunnieius. XV, 196.
3. Thomas a Kempis. XV, 366.
4. Jesus und seine junge Braut. XV, 366.
6. Marien Himmelfahrt. XV, 369.
H ö f 1 e r , ConstantiD, Prag.
Gedicht auf Meister Eckhart XV, 97.
Hofmann, Konrad, München.
Der tugende buoch. XVII, 61.
Hofmeister, A., Rostock.
Bericht über die Verhandlungen der deutsch-
romanischen Abtheilung der XXXIII. Ver-
sammlung deutscher Philologen und
Schulmänner zu Gera. XXIV, 114.
Holder, Alfred, Karlsruhe.
1. Althochdeutsche Glossen au Horaz.
XVm, 73.
2. Die Augsburger Glossen. XXI, 1.
3. St Paäer Bruchstücke aus Notkers
Psalter. XXI, 129.
4. Dia Glossae San-Blasianae. XXI, 186.
6. Die althochdeutschen Glossen zum Evan-
gelium Lucae aus St. Paul. XXI, 332.
6. Der Lobgesang auf die hl. Jungfrau nach
der Karlsruher Handschrift XXI, 416.
7. Die althochdeutschen Glossen aus St.
Peter. XXU, 392.
8. Die Bouloneser angelsächsischen Glos-
sen zu Prudentius. XXHI, 386.
t Hopf, Karl, Königsberg.
Sieben Wundergeschichten aus dem XIH.
Jahrhundert. XVI, 808.
Hos aus, Wilhelm, Dessau.
Deutsche Handschriften der Georgs-Biblio-
thek zu Dessau. XXI, 600. XXII, 114.
XXIV, 120. 382.
Ignatius, F., Heidelberg-Berlin.
Übersicht der germanistischen Thätigkeit
M. Haupts, lux, 373.
502
VEBZEICHNISS DER MITABBEITEB ete.
Isler, Hamburg.
Miscelle:
XXn, 248.
Jacob, Georg, Begensbnrg.
Bmchstaek aus Eüharts Tristan. XVIU,
274.
Jecklin, C. von, Leipzig.
Zu des Strickers Karl XXII, 129.
Jeitteles, Adalbert, Graz-Innsbruck.
I. Anfs&tse:
1. liitteldentsche Predigten. XVII, 336.
2. Dienstag — Zinstag. XIX, 428.
8. LÜtbrechic. XIX, 433.
4. Die zehn Lebensalter. XX, 30.
5. Mittheilongen ans Grazer Uandsehriften.
XX, 437. XXI, 338. XXn, 437.
6. Zorn Passional. XXI, 170.
7. Za den ' Bairischen Besegnnngen . XXIV,
311.
8. Zu Germania 24, 21 ff. XXIV, 417.
II. Miscellen:
XXI, 260. XXII, 127.
Jordan, Wilhelm^ Frankfurt.
Oddmns Klage. XIII, 257.
Kapff, R., Leatkirch.
Bericht über die Verhandlangen der ger-
manisch - romanischen Section auf der
XXXI. Versammlang deutscher Philolo-
gen und Schulmänner zu Tübingen. XXII,
107.
Keinz, Friedrich^ München.
1. Mittheilungen aus der Münchener k.
BibUothek. XV, 345.
2. Zu Neidharts Liedern. XV, 431.
3. Deutsche Nativität des XII. Jahrhun-
derts. XXIV, 292.
Keller, Adelbert von, Tübingen.
I. Aufsatz:
Kleine Bemerkungen. XVI, 78.
n. Mis cellen:
XIX, 124. 242. 504. XXIII, 388.
Keußen, Crefeld.
Frauenrollen im Schauspiel XVII, 216.
Knopf 1er, Alois^ Tübingen.
Die SUdt Wien im Nibelungenlied. XIX.
343.
t K Ö h 1 e r y Artur , Dresden.
1. Germanische Alterthümer im Beöirulf.
XIII, 129.
2. Über den Stand berufsmässiger Sfinger
im nationalen Epos germanischer Völ-
ker. XV, 27.
8. Der syntaktische Gebrauch des Optativs
im Gothischen. St I, 77.
Köhler, Reinhold, Weimar.
L Aufsitze:
1. Der LcTiatban am Angel. XIII, 168.
2. Segenspraebe. XUI, 178.
3. Der Fisch Celebrant. XIII, 399.
4. Zum Spruch vom König £UeI. XIV, 20.
5. Zum Tristan. XTV, 246.
6. Zu von derHagens Gesammtabentener
Nr. LXm. XIV, 269.
7. Zur Legende vom h. Albanus. XIV, 300.
8. Zum Spruch Tom Nagel im Hufeisen. XV,
105.
9. Zur Legende von Gregorius auf dem
Steine. XV, 284.
10. Das altdeutsche Gedicht *Der Busiot'
und das altfranzösische * L^Escoufle.
XVn, 62.
11. Der Maler mit der schönen FnuL
XVIII, 41.
12. Weinende Augen haben süssen Mond.
XVm, 118.
13. Eine Sage von Theodericbs Ende in
dem*Libro de los enxemplos'. XVIII, 147.
14. Die Schwfinke vom Bauer Einhim und
vom Bauer Grillet. XVIII, 152.
15. Ein Gedicht von der Gerechtigkeit.
XVin, 460.
16. Das Schicksalsrad und der Sprach
vom Frieden. XIX, 189.
17. Nachträge zu Lemckes Jahrbuch VI,
860. XIX, 349.
18. MittelalterlicheAnsichten über die Trä-
ger des Namens Petrus. XIX, 426.
19. Zur Milgus-Saga. XXI, 18.
20. /Lbermak Johann von Morsheim. XXI,
66.
21. Der alte Hildebrand als Puppenspiel.
XXI, 201.
22. Das Spiel von den sieben Weibern, die
um einen Blann streiten. XXII, 19.
23. Zu einer Stelle in Budolfii von Ems
Bariaam und Josaphat XXII, 285.
24. Zu einer Stelle in Ulrichs von Eschen-
bach Wilhelm von Wenden. XXIU, 24
25. Über ein Meisterlied vom rothen Kaiser.
XXIV, 13.
26. Von den zwei St. Johannsen. XXIV, 385.
II. Miscellen:
XX, 383. 383. XXIV, 382.
Kölbing, Engen, Straßburg-Brealao.
L Aufsfitze:
1. Die nordische Parzivalsaga und ihre
Quelle. XIV, 129. Nachtrag XV, 89.
2. Die nordische Erezsaga und ihre Quelle.
XVI, 381.
3. Über isländische Bearbeitungen fremder
Stoffe. XVn, 193.
4. Fragmente einer Handsehiift von Gott-
frieds Tristan. XVIfl, 285.
YEBZBICHinSS DER MITABBEITEB ete.
503
5. Bruchstück einer ÄHiiciM ok Amillas
Saga. XIX, 184.
6. Zur Oudninarkvidha II. XIX, 861.
7. Beiträge sur Kenntniss der Fsröischen
Poesie. I. XX, 388.
8. Zur Oegisdrekka. XXI, 27.
9. Zur Kntstehung der Relativsätze fn den
germanischen Sprachen. XXI, 28.
10. Bruchstück einer altnordischen Bear-
beitung von Pamphilns und Galathea.
XXIII, 129.
11. Ober die verschiedenen Gestaltungen
der Partonopeus-Sage. St II, 56.
II. Miscellen:
XIX, 126. 244.
III. Recensionen:
XVm, 116. XIX, 369. 373. XX, 226. 860.
378. XXI, 81. 91. 364. .S76. 437. XXII,
93. 371.
Krause, K. £. H., Rostock.
1. Kleine Mittheilungen. XVI, 89. 303.
2. Zu dem Grazer Cisiojanus XXI, 286.
Kräuter, J. l\, Saargemüud.
Zwölf Sätze über wissenschaftliche Ortho-
graphie der Mundarten. XXIII, 117.
fKriegk, G. L., Frankfurt a. M.
Über die Wörter Buweding und Bnbeck.
XVII, 462.
t Kurz, Hermann, Tübingen.
1. Der Kappenzipfel. XV, 96.
2. Zum Leben Gottfrieds von Straß bürg.
XV, 207. 322.
3. Fischart in Tübingen? XVI, 79.
4. Hermes. XVU, 98.
L am bei, Hans, Wien-Oberhollabrunn-
Prag.
I Jk. n I s A t z ß *
1. Ein Pasquill des XV. Jahrhs. XIV, 26.
2. Übersticke. XVIII, 367.
3. Kritische Beiträge. XX, 71.
4. Ein guot gebet XXI, 347.
6. Zu Veldekes Servatius. XXIII, 190.
II. Mise eile:
XXIII, 126.
ni. Recensionen:
XrV, 114. XVII, 368. XXIV, 262.
Lateudorf, Friedrich^ Schwerin.
I. Aufsätze:
1. Die Endung er und die Partikel oder bei
unbestimmten Zahlenangaben. XIII, 202.
2. Drei Räthselmärchen aus Mecklenburg.
XVII, 9*.
3. Ein verschollener Räthselspruch aus
Mecklenburg. XVII, 96.
4. Wirkliche und fingierte Ortsnamen in
appellativischer Verwendung. XVII, 306.
6. Zu Laurembergs Scherzgedichten. XIX,
361.
6. X für U. XX, 8.
7. Kritische Beiträge zu dem sogenannten
Anhang der Lauremberg^schen Scherz-
gedichte. XXI, 63.
II. Miscellen:
XXm, 126. 608.
Liebrechty Felix, Lüttich.
I. Aufsätze:
1. Die Todten von Lustnau. XUI, 161.
2. Vlämtsche Märchen und Volkslieder.
XIV, 84.
3. Zur Litteraturgesehichte des Wolfdiet-
rich. XIV, 226.
4. Zur Zimmerischen Chronik. XIV, 886.
6. Lappländische Märchen. XV, 161.
6. Zur Litteraturgesehichte des Wolfdiet-
rich. XV, 192.
7. Germanische Mythen und Sagen im
alten Amerika. XVI, 37.
8. Zur Chronik von Zimmern. XVHI, 176.
9. Kleine Beiträge. XVHI. 463.
! 10. Kleine Mittheilungen. XXI, 67.
I 11. Von den drei Frauen. XXI, 386.
12. Zu Germ. XVIH, 456. 7>rtt, Purt.
XXI, 399.
I 13. Zur englischen Volkslitteratur. XXI,
401.
14. Die geworfenen Steine. XXII, 21.
16. Kleine Mittheilungen. XXII, 181.
16. Die krachende Bettstott XXIV, 21.
17. Zur schwedischen Volkslitteratur. XXIV,
129.
II. Mise eile:
XXI, 262.
in. Recensionen:
XVI, 212. 368. XVIH, 367. XXI, 97. 229.
XXUI, 361. XXIV, 374.
L i n d D e r , F., Rostock.
Bericht über die Sitzungen der deutsch-
romanischen Section auf der XXX. Ver-
sammlung deutscher Philologen und
Schulmänner zu Rostock. XX, 496.
Lehme je r, E., Kassel.
Miscelle:
XXm, 383.
Loose, W., Döbeln.
Schwabenstreich. XXIV, 76.
Lübben, August, Oldenburg.
I. Aufsätze:
1. Niederdeutsche Tischzucht. XXI, 424.
2. Zu Germania 23, 63 f. XXIH, 341.
3. Henneke Knecht, St 10. XXIH, 446.
4. Über Flnniamen. St. H, 269.
II. Miscelle:
XIX, 123.
504
VEBZEICHNIB8 DER MITABBEITEB ete.
t L fi 1 0 1 f , Alois , Solotharn - Lazern.
1. Zu den agrarischen Bräachen in der
Schwell. Xin, 210.
8. Soldatenleichen ins Wasser geworfen.
XVn, 216.
3. Kleine Beiträge zur Mythologie. XIX,
214. XXI, 80.
Lutterbeck, Gießen.
Zor Ortsnamenforschnng. XVI, 293.
Härtens, H., Bremen.
Niedersichsische Fastenandacht. XX^ 341.
t Maßmann, H. F., Berlin.
1. Die Turiner Blätter des Ulfila. XUI, 271.
2. Runen aus Rom und Wien. XVI, 263.
Maurer, Ronrad, Manchen.
L Aufsätze:
1. Über isländische Apokrypha. XIII, 69.
284.
2. Ober die Einziehung der nordischen
Odelsgüter durch K. Harald hirfagri.
XIV, 27.
3. Ober das Alter einiger isländischer
Reehtsbacher. XV, 1.
4. Über Ari Tborgilssohn und sein Islän-
derbuch. XV, 291.
6. Ober das ViLpnatak der nordischen
Rechte. XVI, 317. 402.
6. Freimarkt XIX. 1.
7. Das Qottesurtheil im altnordischen
Rechte. XIX, 139.
8. Ober isländische Apokrypha. 11. XX,
207.
9. Zum alten schwedischen Hofrechte.
XXIV, 64.
10. Das sogenannte Christenrecht König
Sverrirs. St. I, 67.
II. Mise eile (Nekrolog):
XXni, 373.
in. Recensionon:
XIV, 97. 114. XV, 449. XVI, 442. XVII,
236. 238. XVm, 121. 236. XIX, 101.
443. XXUI, 104. XXIV, 88.
Meissner, H., Berlin.
Wimts von Gravenberg Verhältniss zu
seinen Vorbildern. I. XX, 421.
Meltzer, Otto, Dresden.
1. Bruchstücke aus dem Rennewart des
Ulrich von Türheim. XVI, 64.
2. Zum Passional. XVIU, 366.
Mestorf, J., Hamburg-Kiel.
Zu den Siegfriedsbildem. XVH, 211.
Meyer, Karl, Basel.
I. Aufsätze:
1. Die Wielandssage. XIV, 283.
2. Zur Dietrichssage. XIV, 432.
8. Das Hildebrandslied. XV, 17.
4. Die Lieder Kaiser Heinrichs VL XV,
424.
6. Beiträge zur deutsehen Mythologie. XVII,
197.
6. Binchstücke mittelhochdeatseher Dich-
tnngen aus der mittelalterlichen Samm-
lung zu Basel. XVIH, 80.
7. Beiträge zur Kenntniss der langobar-
dischen Sprache. XIX, 129.
8. Die Teilsage. St I, 169.
n. Recension:
XX, 109.
M i I c h 8 a c k y G., Leipzig- WolfenbütteL
1. Bruchstücke von drei Handschriften des
jungem Titurel. XXI, 167.
2. Leipziger Titurelbruchstflcke. XXIV, 176.
Möbius^ Theodor, Kiel.
L Aufsatz:
Vom Stef. XVIII, 129.
II. Miscelle:
XXII, 608.
III. Recensi on:
XXI, 103.
Möller, Fr., Friedberg.
I. Miscellen:
XVI, 380. XXIV, 128.
U. Recensionen:
XVH, 463. XVHI, 249.
Möller, Hermann« Breslau-Kiel.
Zam Fiölsrinnsm&l XX, 366.
Müller, Wilhelm, Göttingen.
L Aufsatz:
Über Lachmanns Kritik der Sage von den
Nibelungen. XIV, 267.
II. Miscellen:
XVII, 116. 120.
Nagele, A., Olmütz-Brünn.
1. Zur Chronologie der Sprüche Walthers
Ton der Vogelweide. XXIV, 161. 298.
2. Walther und Wolfger von Passan. XXIV.
392.
Nolte.
1. Niederrheinische Sprüche und Priameln.
XIX, 303.
2. Eine Reliquie von Heinrich Aeger aus
Calcar. XX, 61.
3. Althochdeutsche Glossen. XX, 129.
Nordhoffy J. B., Münster.
1. Altwestfälische Dichtungen. XVIII, 281.
2. Maeriants Meriin. XIX, 300.
0 brist, Innsbruck.
Ain Vasnacht Spill von den Risn oder
Reckhn. XXI, 420.
VERZEICHNI8S DER MITABBEITER ete.
506
Oesterley, HermanDi Ctöttingen-
Breslan.
1. Zu Gesta Romanonun. XIV, 82.
2. Zu Gesta Romanomm. XV, 104.
Ow, Hans C. Freiherr von, Wachendorf.
Hartmanns von Ane Heimath nnd Stamm-
burg. XVI, 162. Nachtrag XXI, 151.
Palm, Hermann, Breslau.
Zwei Bruchstücke einer bisher unbekann-
ten Handschrift des Wilhelm von Orlens.
XXI, 197.
Paul, Hermann, Leipzig-Freiburg i. ß.
I. Aufsatz:
Zur Kritik und Erklärung von Gottfrieds
Tristan. XVII, 385.
II. Recensionen:
XIX, 217. XX, 85. 104. XXI, 95. XXIV,
243.
Pauli, C, Hannover.
Miscelle:
XX, 128.
Pettersy Ignaz, Leitmeritz.
Recensionen:
XVI, 99. XVII, 100.
t Pfeiffer, Franz, Wien.
I. Aufsatz:
Zwei althochdeutsche Beichten. XIII, 385.
II. Miscelle:
Xm, 118.
Piper, Paul, Altona.
Recensionen:
XIX, 437. XXI, 83. XXU, 375. XXIII, 372.
xxrv, 105.
Plew, Eugen, Königsberg.
Zu der notkerischen Rhetorik. XIV, 47.
Preger, Wilhelm, München.
Recension:
XIV, 373.
Rautenberg, R., Hamburg.
Beiträge zur Handschriftenfrage der Nibe-
lungen Noth. XVII, 43 t.
Regel, Ernst, Gotha.
Zu Rein mar von Hagenau. XIX, 149.
Regel, Karl, Gotha.
Die Alliteration im Lajamon. St. I, 171.
Rieger, Max, Darmstadt.
1. Reste altdeutscher Handschriften zu
Darmstadt. XV, 203.
2. Das Spiegelbuch. XVI, 173.
3. Der jüngere Todtentanz. XIX, 257.
Roch holz, E. L., Aarau.
1. Teil als Zauberschfitze. XHI, 39.
2. Aus einem Briefiiteller von 1492. XUI,
207.
3. Sohweizersagen von der Weibertreue.
XIII, 311.
4. Heinrich SteinhOwel. XIV, 411.
5. Jakob Funkelin. XIV, 412.
t Rückert, Heinrich, Breslau.
I. Aufsätze:
1. Fragmente einer neuen Handschrift von
Wolframs Wülehalm. XIV, 271.
2. Zwei geistliche Gedichte aus Schlesien.
XIX, 75.
n. Recension:
XVI, 229.
t Rapp, Theopbily Reutlingen.
1. Die kurzen Griffe der Bronzeschwerter.
XIII, 285.
2. Zur Deutung von FiUlsvinnsmÄl. XVI, 50.
3. Ober die Bedeutung von Alm. XVII, 297.
Ruprecht, L., Hildesheim.
Zu den ostfriesischen Kosenamen. XIH,
301.
Schade, Oskar, Königsberg.
1. Zu den deutschen Versen in der not-
kerischen Rhetorik. XIV, 40.
2. Drei Sagen aus dem XIV. Jahrb. XIV,
276.
t Schiller, Karl, Schwerin.
1. Zu Reineke Vos. XIH, 160.
2. Mittelniederdeutsche Sprachproben. XIV,
408.
Schipper, J., Königsberg- Wien.
I. Aufsätze:
1. Zum Codex Exoniensis. XIX, 327.
2. Salomo und Saturn. XXII, 50.
U. Recension:
XXII, 98.
Schlüter, Wolfgang, Heidelberg-
Dorpat.
I. Miscelle:
XXH, 116.
U. Recensionen:
XXI, 868. XXIV, 78.
Schmidt, Johann, Wien.
Pfeifferfeier in Bettlach. XV, 252.
Schröder, Karl, Erlangen -Leipzig.
I. Aufsätze:
1. Beide. XIV, 83.
2. Zum Redentiner Spiel XIV, 181.
3. Niederländische Einwirkung auf die Form
der ordinalia am Niederrhein und im
Elsaß. XV, 419.
4. Zum Brandan. XVI, 60.
506
VERZEICHNISS DER MITARBEITEB eto.
6. Sprachliches eu Closener. XVI, 300.
6. Braehfltucke von IlartmaDos von Ane
Gregoriu«. XVII, 28.
7. Bruchstücke eines niederdeutschen Par-
tonopeus. XVII, 191.
8. Carmen sponsae. XVII, 357.
9. Elncidarius. XVII, 408.
10. Bmchsttleke einer Handschrift 'yon
Gottfrieds Tristan. XVII, 462.
11. Snsanna. XXII, 342.
12. Bester. St. I, 247.
13. Za Christherre- Weltchronik. St. II, 159.
II. Becensionen:
XIV, 265. XV, 376. XVI, 449. XVII, 103.
231.
Schröefy Karl Julias, Wien.
I A. uisätze*
1. Der Tod ais JS^r. XHI, 104.
2. Zu Heinrich von Mogelin. XIII, 212.
3. Zalmolxis. XIII, 214.
4. Das Fortleben der Kudrunsage. XIV,
327.
5. Mythisches von dem durch den Gun-
genld gefeierten Komad. XVI, 286.
6. Bruchstücke von Handschriften des
jüngeren Titurel. XVI, 342.
7. Zur Heldensage. XVII, 65.
8. Zum Fortleben der Gudrunsage. XVII,
208. 425.
9. Ein Standbild Attilas und Kriemhil-
dens? XVII, 459.
10. Sonnenuntergang , GeiUte , Gusträte
u. a. Gott folgen gehn. XIX, 430.
11. Meistersinger in Osterreich. St. II, 197.
II. Miscellen:
XX, 381. XXI, 495. XXII, 127.
III. Recensionen:
XIV, 247. XVII, 368. XXI, 110. 234. 380.
XXII, 232. 241. 246. 367. XXIII, 243.
Schults, H., Schleiz.
ßnichstücke einer Psalmenübersetxung.
XXIII, 62.
Schultz, Alwin, Breslau.
Bruchstücke eines Passionssspieles. XVI,
67.
S c h u m , Wilhelm, München.
Mitteldeutsche Predigt- und Legendenbruch-
stücke. XVIII, 96.
S i c V e r 8 , Eduard , Jena.
Zum Cottonianus des Heliand. XXIV, 76.
Sprenger, Robert , Göttingen-Nort-
heim.
1. Die Benutzung des Paizivals durch
Wimt von Gravenberg. XX, 432.
2. Zum Meier Helmbrecht. XXI, 348.
3. Zu Reinke Vos. XXI, 350.
4. Kleine Bemerkongen. XXI, 351.
I
I
5. Zar mittelniederdeutachen Litterilv.
XXI, 352.
6. Zu Konrads Schwanritter. XXI, 419.
7. NachtrigUches zu Albers Tandahu.
XXII, 264.
8. Zu Gottfrieds Tristan. XXII, 406.
9. Kleine kritische Beiträge. XXIV, 418.
Stark, Franz, Wien.
I. Aufsatz:
Ober friesische Kosenamen. XIII, 392.
II. Reeension:
XIII, 113.
Steffenhagen, Emil, Königsberg-
Götting^-KieL
I. Aufsatz:
Grabschrifl auf Neidhart Fachs. XVII, 40.
IL Miscelle:
XXIII, 253.
Steiner, 0., Danzig.
1. Die winil^od und zwei angedruckte ost-
preußische Varianten des Herdersebes
Volksliedes : Kein schönre Freud anf Er-
den ist. XXI, 209.
2. Die Fremdwörter in den bedeutendsteo
mittelhochdeutschen epischen Dichtwer-
ken. St II, 239.
S t r 0 b 1 , Joseph , Wien- Mödling-
Czemowitz.
I. Aufsätze:
1. Hartmanns Gregoriaa und seine Quelle.
XIII 188.
2. Zu Wolframs Willehalm. XV. 94.
3. Noch einmal das Namenr&thsel des Pri-
mas. XVII, 39.
4. Angelsächsische Stadien. XX, 29t.
II. Miscellen:
XV, 260. XIX, 503.
III. Becensionen:
XIIT, 485. XIV, 116. 117. 388. XV, 237.
XVII, 228. XXr, 117. 226.
Suchier, Hermann, Marbarg-Zttrich-
Münster- Halle.
1. Über einige Handschriften von Wolframs
Willehalm. XVII, 177.
2. Ein arabischer Satz. XVII, 215
3. Wolframs Willehalm als Volksbuch. XVII,
355.
4. Anspielung an ein uubckauutes Gedicht
(Segremors?). XVIll, 115.
5. Die Quellen der Mignssaga. XX, 273.
G. Ober das niedenheinische Brachstäek
der Schlacht von Aleschans. St I, 134.
316.
Symous, B., Rotterdam,
I. Miscelle:
XXII, 380.
VERZEICHNIS3 DER MITABBECTEB etc.
507
II. Becension:
XXU, 440.
Tob 1er, Ludwig, Bern-Zürich.
I. Aufsätse:
1. Über den relatiTcn Gebrauch des deut-
schen n^uid'*, mit Vergleichung verwandter
Sprach erscheinungen. XIII, 91.
2. Über die sogenannten Verba intensiva
im Deutschen. XVI^ 1.
3. Über Auslassung und Vertretung des
Pronomen relativum. XVII, 257.
II. B ecensionen:
XIII, 480. XIV, 380. XVni, 243. XXH,
373. XXIV, 83.
T r e u 1 1 e r , Hugo, Breslau.
1. Zur Thidrekssaga XX, 151.
2. Bruchstück einer Handschrift des jün
geren Titurel. XXI, 153.
Uppström, Wilhelm, Uppsala.
Über das gothische Medium. XIII, 173.
Vernaleken, Theodor, Wien.
Der Mariencult in Österreich. XVI, 42.
Vetter, Ferdinand, Göttingen-Zürich-
Bern.
1. Zum Muspilli. Kritisches und Dogma-
tisches. XVI, 121.
2* Freyr und Baldr und die deutschen
Sagen vom verschwindenden und wieder-
kehrenden Gott XIX, 196.
3. Kleine Beiträge. XIX, 211.
4. Lesefrüchte aus Zürich und Bern. XXII,
352.
W a c k e r n e 1 1 , J. £., Innsbruck.
Zur chronologischen Bestimmung des VI.
und VII. Buches von Wolframs Parzival
und über den Beginn von Wolframs und
Walthers Aufenthalt in Thüringen. XXII,
280.
t Wagner, J. M., Wien.
I. Aufsätze:
1. X fiir U. XIII, 270.
2. Unsaelde. XIII, 348.
II. Miscellen:
XIII, 244. 365. 487. 489. 496. 503.
III. Recensionen:
XIII, 486. 48C.
Walderdorff, Hugo Graf von, Re-
gensburg.
Bruchstücke von Handschriften des jün-
geren Titurel. XVI, 338.
Wattenbach, Wilhelm, Heidelberg-
Berlin.
1. Gedichte aus einer Lübecker Hand-
schrift. XVII, 181.
2. Arenga de commendatione studü. XIX,
72.
3. Lateinisches Liebesgedicht. XIX, 297.
Weiler, Emil, Nürnberg.
1 . Ein Gedicht von Nicolaus Manuel. XVII,
419.
2. Ein Lied vom heiligen Rock. XVII, 445.
3. Nachlese zu Gk)edekes Grundriß und zu
Wellers Annalen. XXIV, 399.
Weniger, L., Eisenach.
Mi sc eile (Nekrolog):
XXIII, 378.
Wies er, Franz, Innsbruck.
Zu Neidharts Liedern. XV, 432.
Wilken, Ernst, Göttiogen.
I. Aufsätze:
1. Zum Muspilli. XVU, 329.
2. Zum Winsbeken. XVII, 410.
3. Zur deutschen Declination. XIX, 18.
4. Mhd. baehen. XIX, 59.
5. Mhd. itner, rUenerj niutoan, niutoene und
niene. XIX, 346.
6. Zu den Murbacher Hymnen. XX, 81.
7. Zu den Merseburger Sprüchen XXI, 218.
8. Nykrat. XXIII, 446.
9. Metrische Bemerkungen. XXIV, 257.
II. Recensionen:
XVIII, 381. XIX, 227. 369. XX, 249. XXI,
96. 231. 378.
Winkelmann, £., Heidelberg.
Recension:
XXIII, 236.
Wis^n, Theodor, Lund.
Altnordische Wortdeutungpn. XVI, 259.
t Wislicenus, Hugo, Zürich.
Beiträge zum Nibelungenliede. St. II, 1.
Witte, Wiesbaden,
Bericht über die Verhandlungen der deutsch-
romanischen Abtheilimg der 32. Philo-
logenversammlung zu Wiesbaden. XXII,
496.
t Witzschel, August, Eisenach.
I. Aufsatz:
Die erste Bearbeitung der düringischen
Phronik von Johannes Rothe. XVII, 129.
II. Miscelle:
XVIII, 251.
III. Recension:
XVIII, 366.
Wöber, Fr. X., Wien.
Deutsche Handschriften in Petronell. XVII,
461.
g06 MITTHEILUNG DKR REDACTION.
fWolfi Adolf, Wien.
Zwei deutsche lifachen in einem Schwank-
buche des XVHL Jahrhondeits. XYII,
4».
Zimmermann , Panl, WolfenbutteL
Za Brans al^lattdeotechen Gedichten
XXm, 70.
Zingerle, J. Y^ Innsbmck.
1. Veigleiche bei mittelhochdeiitschai
Wfilcker, Richard, Leipiig.
1. Der Dichter der üntende. XV, 167. Dichtern. XIII, tU.
2. lied der Ritter wider die Stidte. XVI, | «• Zu Freidank. XIII, S20.
]33^ S. Zwei Trayestien. XIV, 405.
4. Margaretha von Schwangan. XVI, 75.
Zangemeister, Karl, Heidelberg. 5. Za Wolfdietrich. XVH, 207.
Ahd. Glossen sn Sallnst XX, 408. 6. Aristotües und Candads. XVH, S06.
_ , n • j • 1. r • • ^* Anteloje ond Alexander. XVIII, 220.
Zarncke, Fnedncb, Lieipzig. g Christi Bhimen. XIX, 182.
1. Zorn NibelongenUede. XIII, 445. 9. Ndne. XIX, 349.
2. Wolfenbüttler Bmchstfick des jOngem 10. Nachtrige zu Lemckes Jahrbuch VI,
THtorel. XXI, 431. 350. XIX, 349.
3. Die Berleburger Handschrift des Titurel lt. Zur Heimatfrage Walthec«. XX, 257.
und der Schluß dieses Gedichtes. XXII, 1. j 12. Ulrich Putsch. XXI, 41.
4. Die Tfibinger Titnrelbruchstucke. XXII, 13. Frd Bdne. XXI, 47.
16. ' 14. Zu WalUier tou der Vogelweide. XXI,
193.
Z e i ß b e r g , Heinrich^ Lemberg. 15 ^i den Bildern Ton Runkelstein. XXHl.
Hieb und Wurf als Reehtssjmbole in der * 28.
Sage. Xni, 401. 16. Mönch vonlSalxburg. XXDI, 30.
Mittheilnng der Bedaetion.
Mit nächstem Jahrgange (1880) beginnt die Germania ihre dritte Rohe.
In ihrer Einrichtung wird nur insofern eine Änderung antreten als die Ab-
theilnng Litteratur sich auf einselne ausfdhrliehere Kritiken beschranken wird,
da durch das Xiteratnrblatt für germanische und romanische Philologie ein
kritisches Organ für kürzere Recensionen geschaffen ist. Der hierdnrch ge-
wonnene Raum wird den Abhandlungen und der Bibliogn^hie an Gute kom-
men; letztere wird dadurch eine Erweiterung erfieJiren, da0 den wichtigerei
Erscheinungen kurze Bemerkungen über Inhalt und Werth beigegeben werden
sollen. KARL BARTSCH.
Beriebtignng.
S. 381, Z. 6 ▼. u. lies R. M. Werner statt R. M. Wagner. — 8. 384.
Der Johannistanz ist die mittelalterliche Volkskrankheit der Tanzwntb, iber
welche Hecker u. a. zu Tergleichen.
INHALT.
S«ito
Die beiden literarhistorischen Stellen bei Rudolf von Ems. Von K. Bartsch . . 1
Zn Gottfried's Tristan 15246 fg. Von R. Bechstein 9
Über ein Meisterlied von dem rothen Kaiser. Von R.Köhler 13
Ein altes Bücherveraeichniss. Von K. Bartsch 16
Die krachende Bettstatt. Von F. Liebrecht 21
Beitrüge sor deutschen Syntax. Von O. Behaghel. I. Vertauschong Ton Gene-
tiv, Dativ, Accnsativ beim persönlichen Pronomen. IL Asyndetische Para-
texa 24, 167
Kleine Beiträge snr Geschichte und ErkUbmng der Eddalieder. IV. Von A.Edsardi. 46
Znm alten schwedischen Hofrechte. Von K. Manrer 64
Niederösterreichische Kindersprüehe nnd Reime. Von C. M. Blaas 66
Über Hartmanns von Aue Heimath nnd Krenazttge. Von A. Bai er 72
Bairische Besegnnngen. Von A. Birlinger 73
Schwabenstreich. Von W« Loose 76
Zum Cottonianus des Heliand. Von E. Sievers 76
Zur schwedischen Volksliteratur. Von F. Liebrecht 129
Besserungen und Nachweise. Von F. Bech . . * 139
Zur Chronologie der Sprüche Walthers von der Vogelweide. I. U. Von A. Na-
gele . 161, 298
Zu dem sog. mnl. OsterspieL Von O. Behaghel 174
Leipziger 'Hturelbmchstücke. Von G. Milchsack 176
Ein in der österreichischen Mundart Von K. Bartsch . . 198
Kleine Büttheilungen 6. Ein Fragment ans Konrad von Fnßesbrunnen. 7. Wurm-
segen. 8. Verse des XU. Jahrhunderts. Von K. Bartsch 200, 297
Metrische Bemerkungen, l. Zur Alliterationspoesie. Von E. Wilken 257
Deutsche Nativität des XII. Jahrhunderts. Von F. Kein z 292
Margarethenlegende des XII. Jahrhunderts. Von K. Bartsch 294
Zu Parwval IX, 916 f. Von F. Bech 297
Zu den *BaSrischen Besegnung^'. Von A. Jeitteles 811
Von den zwei Sanct Johannsen. Von R. Köhler 885
Walther und Wolfger von Passau. Von A. Nagele 392
Nachlese zu Gödekes Grundriß und Wellers Atmi^lftn. Von E. Weller . . . . 399
„Warum betrübst du dich mein Hen**. Von R. Bechstein 407
Vom unzufriedenen Wolf. Von C. M. Blaas 412
Zu Konrad von Megenberg. Von C. M. Blaas 414
Ein Kinderspiel aus dem Elsaß. Von Th. Gelbe 416
Zu Germania 24, 21 ff. Von A. Jeitteles 417
Kleine kritische Beiträge. Von R. Sprenger 418
Gedicht über Heinrich den Löwen? Von K. Bartsch 421
LITTERATÜR.
H. Osthoff, Das Verbum in der Nominal-Composition im Deutschen, Griechischen
und Romanischen. Von W. Schlüter 78
O. Behaghel, Die Zeitfolge der abh&ngigen Rede im Deutschen. Von L.Tobler. 83
Zur Topographie Islands. Von K. Maurer 88
H. Petersen, Om Nordboemes Gudedyrkelse og Gudetro i Hedenold. Von O.
Brenner 102
Seite
B. Döring, Bemerkungen Aber Stil and Typus der isländischen Saga.Von P.Piper. 105
W. Hertz, Tristan und Isolde yon Gottfried von Straßburg. Von R. Bechstein. 106
H. Kurz, Tristan und Isolde, Gedicht von Gottfried von Straßburg. Von O. Be-
haghel 110
A. Jeitteles, Altdeutsche Predigten aus dem Benedictinerstifte St Paul in K&mten ;
J. Schmidt, Priester Konrad*s deutsches Predigtbuch. Von K. Bartsch . . 111
Zur Kritik der Nibelungen. Von H. Fischer 201, 313
H. Osthoff und K. Brugman, Morphologische Untersuchungen auf dem Gebiete
der indogermanischen Sprachen. Von H. Paul 243
J. Grimm, Deutsche Mythologie. Von K. Bartsch 248
Ph. Strauch, Die Offenbarungen der Adelheid Langmann. Von demselben .... 249
Ph. Wackemagel, Das deutsche Kirchenlied von den ältesten Zeiten bis zu Anfang
des XVII. Jahrhunderts. Von demselben 260
L. Blume, Über den Iwein des Hartmann von Aue. Von H. Lambel 252
£• Wilken, Die prosaische Edda im Auszüge nebst Volsungasaga und Noroa-
geststhdttr. Von A. Edzardi / 352
E. Wilken, Untersuchungen zur Snorra Edda. Von demselben ........ 363
H. Gering, Finnboga saga hins ramma. Von O. Brenner 368
A. Lootens et J. E. Feys, Chants populaires flamands avec les airs not^s et po6-
sies populaires diverses recuoillis k Brugos. Von F. Liebrecht 374
L. Bock, Über einige Fälle des Conjunctivus im Mittelhochdeutschen. Von O.
Behaghel • .... 378
K. Pickel, Das Heilige Namenbuch von Kourad von Dangkrotzheim. Von F. Bech, 422
L. Schulze, Philipp Wackemagel nach seinem Leben und Wirken fOr das deutsche
Volk und die deutsche Kirche. Von U. Bechstein 428
B. Bergemaun, Das höfische Leben nach Gottfried von Straßbnrg. Von R. Bech-
stein 429
BIBLIOGRAPHIE.
Bibliographische Übersicht der Erscheinungen auf dem Gebiete der germanischen
Philologie im Jahre 1878. Von K. Bartsch 433
MISCELLEN.
Bericht über die Verhandlungen der deutsch-romanischen Abtheilung der XXXIIl. Ver-
sammlung deutscher Philologen und Schulmänner zu Gera 1878. Von A. Hof-
meister 114
Deutsche mittelalterliche Handschriften der Fürst -Georgs -Bibliothek zu Dessau
(Fortsetzung). Von W. Hosäus 120, 382
Personalnotizen 128, 381
Zum König vom Odcnwaldc. Von Möller 128
Stammbuchvers von 1690. Von K. B 128
Aus Kostocker Handschriften. Von K. Bartsch 256
Zu Germania XXHI, 52. Von R. Köhler 382
Sanct Dorothea. Von K. Bartsch 382
Zu Otfrid. Von O. Behaghel 382
Brutmisse 383
Dreikönigsbildchen. Von A.Birlinger 384
Meister Hemmerlin = Teufel. Von A. Birlinger 384
8. Johannes Dantz Anno 1374. Von A. Freybe 384
Aschenpüster 5B4
Register zum zweiundzwanzigsten bis viemndzwanzigsten Jahi^gang . 49S
Verzeichniss der MiUrbeiter und deren Beitrttge in Band 13 — 24 der Germania
und in Band 1 und 2 der germanistischen Studien 497
Mitthcilnng der Rcdaction 608
Berichtigung " 508
%.
Ib.
STANFORD UNIVERSITY LIBRARY
Stanford, California