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Full text of "Geschichte der Buchdruckereien im Kanton st. Gallen: Mit einleitender Nachricht über die ..."

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Hariiarb College Ittirarp 




BRICHT LEGACY 

One half the income from thii Legacy, whkh wm T€- 
ceired in 1880 ander the will of 

JONATHAN BROWN BRICHT 
of Waltham, MitMchotetts, is to be ezpended for book« 
for tbe College Library. The other half of the income 
ia deroted to scholanhiM in Hanrard Unirenity for the 
benefit of deecendants of 

HBNRY BRICHT, JR., 
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ment thaU be made in erery book added to the Library 
ander its prorision». 




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GESCHICHTE 



DER 



BUCHDRUCREBEIE]\[ 



IM 

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KANTON ST. GALLEN. 



MIT EINLEITENDER NACHRICHT 

Obbr 
DIE ERFINDUNG DER BUGHDRUGKERXmSl 



EUVE FESTGABE 

AM 24. JUNI 1840. 



ST- GALLEN, 

GEDRÜCKT IN DER ZOLLIKOFBR'SCHBN OFFIGUf. 



ß ^y.6/,/,s- 



^-^'k*'^ (^OCl>- 



f AUG r 1913 








ü^U^/tt^^t-A-AA^ 



Was die Presse ist für den Buchstaben , das ist die Freiheit 

für den Geist. Darum kann nur die freie Presse dem Geiste 

nützen. 

G. T. Y. Ammon. 



Votl^WOrM. 



Durch nachfolg^ende Bogen wünschen die St Galli- 
schen Buchdrucker , Schrifitgiesser und Buchhändler^ 
neben einem Denkblalte , welches den geg^enwärtigen 
Standpunkt der Kunst des Buchdrucks in unserm 
Kantone beurkunden soll , eine freundliche und blei- 
bende Erinnerung fiir alle verehrten Theilnehmer 
an dem vierten , in hier aber zum ersten Male veran- 
stalteten Jubiläum der Erfindung der Buchdrucker' 
kunst zu stiften. Als Thema wurde vorzugsweise 
die Geschichte der St Gallischen Buchdruckereien, 
von ihrem Anfange bis auf die jüngste Zeit gewählt, 
die in kurzem Umrisse das Merkwürdigste enthalten 
und mit einer Nachricht über die Erfindung selbst, 
nach den bewährtesten Schriftstellern, beginnen 
sollte. 

Der mit dieser Arbeit Beauftragte konnte nnd 
wollte sich , aus verschiedenen Gründen, lange nicht 



entscUiessen , derselben , so ehrenvoll der Auftrags 
auch war 9 sich zu unterziehen. Recht sehr hatte er, 
im Interesse aller Leser und des Gegenstandes selbst, 
gewünscht, es möchte letzterer diesmal von einem 
unserer Geschichtschreiber bearbeitet werden , und 
unlieb war ihm, dass sein gutgemeinter Wunsch 
und Rath bei den Festveranlassern keinen Beifell 
fand 

Der Terfasser glaubt den Lesern nicht vorent- 
halten zu dürfen , dass die zweite Hauptabtheilung : 

> Die Buchdrucker und die Buchdruckereien im Kan- 
ton St. Gallen c überschrieben , eine berichtigte und 
durch seitherige Forschungen vervollständigte , theil- 
wdse abgekürzte , theilweise aber auch ausföhrlicherc 
Umarbeitung der ersten^) Hauptabtheilung einer im 
J. 1836 zu gleichem Zweck von ihm herausgegebe- 
nen Gelegenheitsschrift sey, die den Titel fiihrt : > Die 

> Buchdruckereien der Schweiz. Mit erläuternden 
* und ergänzenden Anmerkungen t [u. s. w. J ^. 

*) Und der zweiten Hauptabtheilung, soweit sie den 
Kanton St. Gallen beschlägt. 

**) Auch unter dem besondern Titel: »Beiträge zur 
Buchdrucker- und Literaturgeschichte St. Gallens. Eine 



Dass der Lebenslauf des ersten Buchdruckers im 
Kanton , und dessen Bruders , als seines Gehülfen, 
Gesellschafters und unmittelbaren Nachfolgers, weit- 
aus am ausführlichsten behandelt worden ist, ^ird 
gpewiss Niemand befremden , schon dessivegen nicht^ 
weil der Erste doch allezeit das meiste Interesse fiir 
sich hat; zudem waren die Schicksale der Buch- 
drucker aus den spätem Zeiten, Bedingter ausg^e- 
nommen , so yiel davon bekannt ist , nicht so sehr 
bewegt und liefern also nicht so viel anziehendep 
Stoff; auch hätten die Grenzen dieser Schrift , des 
angewachsenen Stoffes wegen ohnedies schon er- 



Gelegenheitsschrift zur Feier des bevorstehenden Buchdru- 
ckeijubiläums. « 

Die Erscheinung dieser und anderer Gelegenheitsschrif- 
ten zu einem Säkularfeste im J. 1836 ward veranlasst durch 
den vier Jahre zuvor von der Gutenbergskommission zu 
Mainz (bei Anlass ihrer Kollekte fiir das grosse Monument 
Gutenbergs) gemachten Vorschlag , schon 1836 das vierte 
JubUäum zu begehen, gestützt auf einige, zwar unklare 
und darum sehr yerschiedener Auslegung unterworfene Stel- 
len in den Akten des Prozesses zwischen Gutenberg und 
dessen Gesellschaftern zu Strassburg im J. 1&39 ; welcher 
Vorschlag Anfangs viel Anklang fand und beinahe angenom- 
men zu seyn schien, zuletzt aber doch unberücksichtigt 
blieb. 



n 

weitert, zu einer ausfiihrlicheni Scbilderangp bei 
weitem nicht hingereicht. Einzig über die , in ver- 
schiedenen Beziehungen interessante Momente und 
Nachrichten enthaltende Geschichte der Stiftsdru- 
ckereiy als den hervorragenden Punkt im ganzen 
Kanton , neben dem Hanptorte desselben , glaubte 
Yerfasser weitläufiger seyn zu dürfen ^ und sich 
eher Dank als Tadel damit zu verdienen. 

Freilich ist die Geschichte der Buchdruckereien 

^_ t _ 

unsers Kantons 9 aus sehr natürlichen Ursachen , bei 
weitem nicht von der nämlichen .Wichtigkeit wie 
diejenige grosser oder überhaupt solcher Städte und 
Orte in und ausser der Schweiz, wo die Erfindung, 
Bücher mittelst beweglicher Buchstaben zu verviel- 
faltigen, sehr frühzeitig Aufnahme fand und viele 
Männer in diesem Fache sich grosse Yerdienste und 
ausgebreiteten Ruhm erwarben. Nach des Verf. An- 
^ ticht verdient aber auch das Unbedeutendere • das 
durch unsere Mitbürger , oder überhaupt in unserer 
INähe geschah, unsere Aufmerksamkeit und hat 
seinen cigenthümlichen Werth , weil anzunehmen ist, 
es habe Jeder in seiner Lage und nach seinen Yer- 



VII 

häknissen, von denen seine Thätig^keit und sein Wir- 
ken doch mehr odar minder abhängten , wenig^sten^ 
dasMögfiche gethan, diesem Grundsätze zufolge also 
auch geridg^ere Leistung^en bei schwächern Ulitteln 
oder mangelnder Gelegenheit sich emporzuheben 
und auszuzeichnen , eben so verdienstlich seyn kön- 
nen ^ als im umgekehrten Falle grosse und glänzende 
Wirksamkeit 

Verfasser sdiliesst endlich mit den lebhaften 
Wünschen, es möchte der beabsichtigte Zweck vor- 
liegender Bogen: einige Belehrung und Unterhal- 
tung zu gewähren und den Festfeiernden zugleich 
ein kleines Denkmal an den Johannestag 1840 zu 
werden, einigermassen erreicht und die, zwar sehr 
mangelhafte Arbeit freundliche Aufnahme und nach- 
siehtvoUe Beurtheiler finden! 

GeschrMen im Festmonate 

des JubeUalires 1840« 

p. fr. 



«i<*»' 



Inhalt. 



Seite 

Vorwort iii 

Kurzgefasste Nachricht Ton der Erfindung der Bachdrucker- 
kunst , 1 

Die Buchdrucker und die Buchdruckereien im Kanton St. 

Gallen 21 

Einleitung 23 

Yon den Buchdruckern in der Stadt St. Gallen ... 25 
Das Merkwürdigste aus dem Leben und Wirken des 

Leonh. Straub, ersten Buchdruckers .... 25 
Georg Straub , der zweite Buchdrucker in St. Gallen 48 
Jakob Redinger yon Zürich und die nach ihm fol- 
genden Buchdrucker . . . « 52 

üebersicht des Standes der Typographie und des 
^Literaturwesens in St. Gallen yom Ende des 17. 

bis Ende des 18. Jahrhunderts ...... 63 

Die Stadt St. Gallischen Buchdrucker des 19. Jahrh. 71 

Von den Buchdruckereien in verschiedenen Theilen des - 

Kantons , 77 

A. Im 17. und 18. Jahrhundert 77 

In Rorschach 77 

Im Kloster Neu St. Johann 79 

» fürstl. Stifte St. Gallen * 81 

In Berg 89 

B. Im 19. Jahrhundert 91 

In Ebnat 91 

» Lichtensteig 92 

Bei Lichtensteig 92 

In Flawyl 93 

» Rapperswyl 95 

» St. Fiden 96 

» Altstädten 96 

Bericht über die in St. Gallen auf den 24. Juni 184.0 veran- 
staltete Jubelfeier der Erfindung der Buchdruckerkunst 98 

Yerzeichniss aller St. Gallischen Buchdrucker, Schriftgiesser 
und Buchhändler, welche dem Jubiläum beiwohnen 
werden. 

Von auswärtigen Orten Mitfeiernde. 



KIJRZGEFASSTE 



HAdSatMdälQV 



TON DER 



Crftn)rtm0 l^tv pni^l^vtiiinhvimt 



IT ENiGE Eifindungen oder Entdeckungen von Bedeutung 
im Kreise des menschlichen Wissens und Könnens sind 
plötzlich y d. h. ohne vorbereitende Umstände , zu Tage 
gefördert worden; gewöhnlich ging Manches voraus, dais 
als Yorbereitungs- oder Uebergangsptinkt dienen tnusste, 
bis endlich entweder ein Zufall oder langes Nachdenken die 
Entdeckung oder Erfindung selbst herbeiführte und diese 
dann nach und nach, slich zur Yollkommenheit ausbildete. 
So ging es mit der Erfindung des Bücherdruck^ mittelst 
beweglicher Buchstaben. Ihre unermessliche Nutzbarkeit 
muss aber Jedem sogleich einleuchten, der üur bedenkt, 
wie viel Zeit und Mühe das Abschreiben der Bücter kostete, 
in welchem hohen Preise das Pergament stand , dessen man 
sich bediente, bevor das Papier aus Baum woU-' und später 
aus Leineustoff erfunden und in allen Ländern eingefuübrt 
war , und wie selten und theuer daher jedes auch nur 
kleine Buch seyn musste. Nur fürstliche Personen , hohe 
Geistliche, Klöster und sehr reiche 'Privated waren im 
Stande, eine kleine Sammlung von Büchern zu kaufen, 
oder solche abschreiben zu lassen« 

Nachdem aus der schon im firühesten Altertfaum vorkom^ 
menden Anwendung sowohl vertieft als erhaben gearbei- 
teter Figuren , Buchstaben , Namen u. a. w« in Stein , Holz 

und Metall ( z« B. Siegelringe , Metallslempel , Goldschmied- 

1* 



Modelle ] nach und nach die Hob- oder Formschneidekunst 
entstanden, in Holland und Deutschland seit Anfang des 
15. Jahrhunderts (wahrscheinlich noch firüher) in Auf- 
nahme gekommen war und zahlreiche Köpfe und Hände 
als Formschneider, Spielkartenmacher, Briefdrucker und 
Briefmaler *) beschäftigte , wurden zuerst Bildnisse von 
Heiligen auf hölzerne Tafeln gefertigt und die Abdrucke, 
öfters ausgemalt, theils auf Märkten und an Wallfahrtsorten 
zum Verkauf ausgeboten, theils von Mönchen an die Wall- 
fahrer unentgeltlich ausgetheilt. Später setzten die Künstler 
einige erklärende Worte oder einen Bibelspruch , ein kurzes 
Gebet u. dgl. darunter, schnitten auch etwa mehrere Bilder 
und mehr Text auf die gleiche Platte; zuletzt ward der 
Inhalt zur Hauptsache und die Bilder zur Nebensache 
gemacht. Bei'm Abdrucken bediente man sich einer etwas 
blassen, gewöhnlich aus Lampenruss bestehenden Schwärze 
und eines sogenannten Reibers **} , der mit kräftiger Hand 
auf der Rückseite des angelegten Papiers hin und her 
geftihrt wurde. Auf solche Weise entstanden yiele Büchlein 
theils aus Bildern mit deutschem oder lateinischem Texte, 
theils aus Text allein bestehend, in Folio- oder Quartformat, 
unter andern die Biblia pauperum [Bibel der Armen } , d der 
Heilsspiegel cc , » der Entkrist « ( Antichrist ) , b Är$ moriendi « 
(die Kunst zu sterben) ; das bekannteste, am häufig- 
sten gebrauchte Büchlein war der im Mittelalter allgemein 

*) Brief nannte man ehemals , wie Tiele Landlente hentzutag^o 
noch thun , jedes bedruckte , beschriebene oder bemalte Blatt. 

**) Ein aus Pferdehaaren oder Tuchs tücken bereiteter, elastisch- 
straffer Ballen. — Die Chinesen, die ihre Bücher jetzt noch mit 
Holztafeln drucken, bedienen sich einer Bürste , um die Abdrücke 
hervorzubring^en. 



beliebte d Donat « > ein Auszug aus der grossem Sprachlehre 
des römischen Grammatikers Donatus^ 

Solche Arbeiten bildeten gleichsam die Vorläufer der 
wirklichen Buchdruckerkunst« Um aber den damit verbun- 
denenSchwierigkeiten abzuhelfen , welche namentlich bei'm 
Drucke von ganzen Büchlein, wegen der immerwährenden 
mühevollen und zeitraubenden Anfertigung von Tafeln für 
jeden neuen Schrifttext, tmausbleiblich waren , gab es nur 
ein Mittel : man musste die Holztafeln gleichsam lebendig 
machen 9 d« h. die Kunst erfinden, mit einzelnen, auf jede 
Weise zu bewegenden und zu versetzenden Buchstaben 
alles Beliebige zu drucken. Diese Idee scheint allerdings 
nahe zu liegen , und doch erfasste sie Niemand , bis der 
Mann erstand, der von der Vorsehung bestimmt war, 
sie in's Leben zu rufen , und dadurch einer der grössten 
Wohlthäter nicht allein seiner Zeitgenossen , sondern aller 
Geschlechter und aller Zeiten wurde. Dieser hochgefeierte 
Mann war 

Jotaann Gensflelscli) genannt Gatenber^» 

von Mainz. 

Zwischen 1395 und 1400 geboren , stammte er aus einer 
alten, angesehenen, mainzischen Patrizierfamilie , die den 
Beinamen zum Gutenberg durch den Besitz des von Seite 
der Mutter zugebrachten Hauses gleiches Namens erhielt. — 
Ein Aufetand der Bürger gegen die Adeligen im Jahr 1420 
veranlasste den jungen Gutenberg, mit seiner und andern 
Familien gleichen Standes Mainz zu verlassen. Zwischen 
1424 und 1433 ( die Angaben lauten verschieden ) nahm er 
' seinen Aufenthalt in Strassburg. Hier beschäftigte er sich, 



6 



4 

vennuüilich zum Theil aus innerm Triebe , SEum Theil 
jedoch auch zum Lebenserwerb, mit verschiedenen geheim 
gehaltenen mechanischen Künsten , z. B. mit dem Poliren 
Yon Spiegehl und dem Schleifen von Edelsteinen , welche 
Fertigkeiten er sich wohl meist durch seinen eigenen 
erfinderischen Geist angeeignet haben mochte. Um 1436 
trat er^ gegen Entschädigung für seine Mittheilung , mit 
mehrern Männern in eine Verbindung zum Betriebe seiner 
Künste ; durch den Tod des Einen und einen daraus entstan- 
denen Prozess lösete sie sich aber 3 Jahre später wieder 
auf. -~- Der erweiterte und vervollkommnete Tafeldruck 
war, als ein sehr einträgliches Geschäft , ohne Zweifel 
ein Hanptgegenstand der von Gutenberg iosgeheim betrie- 
benen Versuche und Arbeiten , und bestand hauptsächlich 
in der Herstellung einer Presse , durch deren Gebrauch 
er Abdrücke von mehrern Holztafeln ( Schrift«- oder Text- 
seiten ) zu gleicher Zeit und auf beiden Seiten des Papiers 
bewerkstelligen konnte, während der Reiber nur ^nt 
Platte nach der andern und bloss auf einer Seite des 
Papiers abzudrucken erlaubte , so dass die zum gleichen 
Büchlein gehörenden Blätter zusammengeklebt werden 
tnussten* Es war dieser Fortschritt die Mittelstufe zwischen 
dem Tafel- und dem Buchdnicke ; Alles aber , was er hier 
zu Tage gefördert haben mag , ist spurlos verschwunden. 
Gutenbarg kehrte nach 1444 wieder nach seiner Vater- 
stadt Mainz zurück, und setzte hier seine Druckarbeiten 
und Versuche fort, denen er jetzt seine Zeit und alle seine 
geistigen und ökonomischen Kräfte ausschliesslich widmete. 
— Hier erst (nicht in Strassburg, wie mehrere Schriftr 
«tellci* behaupten) er&sste er, nach seinem eigenen 



Zeugnisse, durch beharrliches Nachdenken unterstützt, 
den glücklichen Gedanken» die auf den Holztafeln einge- 
schnittenen Zeilen zu einzelnen Buchstaben zu zersägen 
oder auszuschneiden , um bewegliche Alphabete daraus zu 
erhalten , die durch beliebiges Zusammenfügen zu jedem 
Inhalt eines Buches zu benutzen und, nach geschehenem 
Abdrucke zerlegt, neuerdings wieder zu gebrauchen 
wären , wodurch das mühsame und kostspielige Anfertigen 
von Holztafeln, die, wie oben schon gesagt, nur zum 
gleichen Gegenstande wieder gebraucht werden konnten, 
gianz beseitigt ward. Dieser, dem erfinderischen Geiste 
Gutenbergs entsprungene Lichtfunke ist das Charakteristische 
der eigentlichen Buchdruckerkunst. Allein jahrelange Ver- 
suche und Anstrengungen kostete es ihn, ehe die Sache 
80 weit zur Reife gediehen' war, dass er etwas Brauchbares 
mit seiner Erfindung zu leisten sich im Stande sah. Den 
Zeitpunkt des Anfangs der beweglichen Lettern genau 
anzugeben, ist aber um so weniger möglich, da die 
noch vorhandenen Druckerstlinge , welche Gutenberg zuge- 
schrieben werden , keine Jafirzahl haben *]• 

*) Die Bachdmcker za WUtenberg, Verleger der ersten 
BibeUusgaben Luthers und seiner Werke , feierten am Johannis- 
tage 1540 das erste Jubelfest in der Stille , als ein Dankfest 
der segensreichen Erfindung; 1640 wurde es, ihrem Beispiele 
folgend , schon in mehrern grössern StJidten Deutschlands festlich 
begangen; noch yieKallgemeiner und feierlicher war das dritte 
Jubiläum im J. 1740 , jedoch nicht überall am gleichen Tage. — 
Ueber den Zeitpunkt der Begehung der vierten Säkularfeier 
herrschten eine geraume Zeit hindurch ungleiche Meinungen, 
weil einige neuere Schriftsteller (z. B. Schaab in Mainz) in ihrer 
Geschichte der Erfindung die Behauptung aufgestellt hatten , das 
J. 1836 müsse als Jubeljahr der ersten Versuche Gutenbergs in 
Sirassburg (um 1436) angenommen werden; doch behielt zuletzt 
die bisberigö Gewohnheit , das Jubiläum im Jahr 40 zu begehen» 



8 



Unter den ältesten Nachrichten Aber die Anfibige der 
Buchdruckerkonst heben wir nur die zwei folgenden ans, 
deren Verfasser alle Glaubwürdigkeit verdienen^ und deren 
unverdächtige Zeugnisse zugleich das Jahr, den Ort und 
den Gang der Erfindung näher angeben , daher auch als 
Hauptquelien über diesen Gegenstand betrachtet werden. 
Der unbekannte Verfasser der »Chronik der Stadt Cöina, 
1499 dort gedruckt , der durch Ulrich Zell , 'gewesenen 
Gehülfen in der ersten mainzischen OfSzin und nachherigen 
ersten Buchdrucker in Cöln dayon unterrichtet worden 
war, berichtet darüber Folgendes: 

hDie Bttchdruckerkunst ist zuerst in Deutschland^ in der 
Stadt Mainz am Rhein , um das Jahr 1440 erfunden worden. 
Von diesem Jahr an bis 1450 h(U man mit der Erfindung seihst 
und Allem , was dazu gehört , zugebracht. In diesem Jahr, 
weichesein (kirchliches) Jubeljahr gewesen, hatman zu drucken 
angefangen , und zuallererst eine lateinische Bibel mit MUsaU 
Schrift gedruckt. — - Der erste Erfinder der Druckerei ist gewesen 
ein Bürger zu Mainz , und hiess Junker Hanns Gutenberg. ^ 

Einen ausführlichem Bericht giebt Job. Tritheim, der 
gelehrte Abt yon Spanheim , in seinen ( 1515 lateinisch ge- 
schriebenen» aber erst 1690 in der Stiftsdruckerei zu St. 

die Oberhand. — Als Jahr der Erfindung des Drucks mit beweg- 
lichen Lettern ist es allerdings etwas frühzeitig ; weniger , wenn 
man es als Mitteljahr zwischen den frühesten Versuchen Guten- 
bergs in Strassburg und der yollendeten Erfindung in Mainz 
betrachtet. Uebrigens kann selbst ein willkührlich angenommener 
Zeitpunkt für die Jubelfeier , als Dank- und Erinnerungsfest» 
nicht aber als wirkliches Datum der Erfindung, dem wichtigen 
Gegenstande keinen Eintrag thun. — Strassburg wird am 24. Juni 
d. J. das Jubiläum mit Deutschland und andern Ländern feiern, 
und bei diesem Anlasse das zu Ehren Gutenbergs errichtete 
Standbild feierlich einweihen. 







Gallen gedruckten) Annalen des Klosters Hirschau, welcher 
den Hergang der Sache aus dem Munde Peter Schöffers, des 
MiterfinderSy 1484 yemommen hatte ; er erzählt nämlich 2 
B Zu dieser Zeit (zicisehen 1440 « • 1450J wurde zu Mainz, 
einer deutschen Stadt am Rheine, jene wunderbare und vorher 
unerhörteKunst, mit bewegliehen Buchstctben Bücher zudrücken, 
van Johann Gutenberg, einem Mainzer Bürger, erfunden und 
ausgedacht. Als dieser fast sein ganzes Vermögen für die 
Erfindung der Sunst aufgeopfert, hätte er, mit aUzugrossen 
Schwierigkeiten kämpfend und, bald in diesem, bald in jenem 
rathlos, an dem Erfolge verzweifelnd, beinahe das begonnene 
Werk aufgegeben, vollbrachte es aber endlich durdi den Roth 
und die Geldvorschüsse des Mainzer Bürgers Johann Fust. 
Anfänglich druckten sie mit hölzernen Tafeln, in wdche die 
Buchstaben eingeschnitten waren; mit diesen Tafeln konnten 
sie aber nichts Anderes drucken, weil die Buchstaben nicht 
von ihnen abgelöst werden konnten, sondern, wie gesagt, 
eingesehnitzt waren. Nach diesen Erfindungen folgten künst" 
lichere; sie erfanden die Art und Weise, Formen aUer Buchr 
Stäben des lateinischen Alphabets zu giessen , welche Formen 
sie Matrizen nannten, aus denen sie hinwieder eherne oder 
zinnerne, zu jeglichem Drucke zureichende Buchstaben gössen, 
die sie früher mit den Händen geschnitten hatten. — — *— 
Peter Schöffer aber , erst Diener, dann Tochtermann des Johann 
Fust , ein kluger und sinnreicher Kopf, erdachte eine leichtere 
Art, die Buchstaben zu giessen und vervollständigte die Kunst, 
wie sie jetzt ist. — Diese Drei hielten ihre Art und Weise zu 
drucken geheim , bis dieselbe durch Gehülfen, ohne deren Mit- 
wirkung sie die Kunst selbst nicht ausüben konnten, zuerst 
nach Strassburg gebracht und endUeh unter aUe Nationen ver* 



10 



I 

breüet tourde. — Das Gesagte mag Über die wunderbare Buch- 
druckerkunsi genügen, deren erste Erfinder Mainzer Bürger 
waren. Die drei ersten Erfinder wohnten aber tm Hause zum 
Jungen, welches seit dieser Zeit das Druckhaus heisst.<i 

Diese kurze Darstellung enthält eine ziemlich getreue 
Schilderung der Erfindung. Es sind darin drei Abschnitte 
angegeben, die den Anfang, den Fortgang und die Vollen* 
düng bezeichnen, "üen Anfang , insofern hölzerne oder in 
Holztafeln geschnitzte Buchstaben gebraucht wurden; den 
Fortgang , wo man diese durch metallene gegossene Lettern 
ersetzte ; die YoUendung endlich , als Peter Schöffer die 
Gutenbergische Erfindung der Schriftgiesserei vervollkomm- 
nete. -— Die Anfangs gebrauchten Holzbuchstaben bestanden 
aus Stäbchen von Buchs- oder Bimbaumholz , 1 — V/2 ^^U 
lang, an der Seite durchbohrt, und wurden zeilenweise 
auf einen starken Faden oder Draht zusammengereiht 
(eingefädelt], in einen Rahmen von Holz oder Eisen 
gespannt und in der Presse wie Holztafeldruck behandelt« 

Gutenberg, der durch seine vielfachen kostspieligen 
Versuche, bevor er Nutzen daraus ziehen konnte, alle 
seine Einkünfte aufgezehrt und desshalb beständig mit 
Geldverlegenheiten zu kämpfen hatte , wendete sich also, 
wie uns Tritheim erzählt, um sein Lieblingsuntemehmen 
nicht ganz aufgeben zu müssen, ohne zum ersehnten Ziele 
(des vollständigen und leichten Bücherdrucks ) gelangt zu 
seyn , im J. 1450 an seinen wohlhabenden Mitbürger Joh. 
Ffjist oder Faust*), einen Rechtsgelehrten , von welchem er 

*) Dieser Faust ist nicht zu verwechseln mit dem als Schwarz- 
künstler und Teufelsbanner zu Anfang des 16. Jahrhunderts 
lebenden Doktor Joh. Faust, muthmasslich aus Schwaben» der 
die bekannte Sage vom Doktor Faust veranlasste. 



11 



einen Vorschuss von fl. 800 erhielt , und der zugleich einen 
Gesellschaftsvertrag zu gemeinschaftlicher Errichtung einer 
Druckwerkstätte , welche dem Darleiher als Unterpfand 
dienen sollte, mit Gutenberg abschloss. — Die Anfangs noch 
mit festen Holzplatten, hald darauf aber mit beweglichen 
hölzernen Buchstaben gedruckten Sachen bestanden unter 
anderm in A-B-G-Tafeln und Donaten ( dem oben erwähnten 
Schulbüchiein)« Nachdem aber durch fortgesetztes Nach- 
denken, wahrscheinlich auch mit Beihülfe des Goldschmieds 
Jakob Fust ( Bruder des Job. Fust ] das Glessen aller 
Buchstaben des Alphabets aus Blei und Zinn mittelst 
Gussformen ( Matrizen ] von Gutenberg endlich ausgedacht 
worden war, schritten er und sein Gesellschafter, unge- 
achtet die so gegossenen Lettern noch viele Mängel, 
gleichwie die Gussmanier selbst, an sich trugen, jetzt 
freudig und getrost zum Drucke der Bibel in lateinischer 
Sprache , die jedoch erst nach Bekämpfung vieler Hinder- 
nisse und mit bedeutend grossen Kosten und Zeitaufveand 
gegen das Ende des J. 1455 zur Vollendung kam. Diese 
erste , zwar ohne Angabe des Druckorts , des Buchdruckers 
und der Jahrzahl gedruckte Bibel besteht aus 2 Bänden in 
Folioformat; ein Theil der Exemplare hat Pergament, ein 
anderer Papier ; die Buchstaben sind in Grösse und Form 
denen der geschriebenen Messbücher (Missale genannt, 
daher der Name Missalschrift) ähnlich; die zwei Spalten 
jeder Seite enthalten je 42 Zeilen, und diese Ausgabe 
wird , zur Unterscheidung von andern , die 42 zeilige ( auch 
Gutenbergische ] Bibel genannt. Die Anfangsbuchstaben 
sind alle zierlich hineingemalt ; in den Pergamentexemplaren 
mit schönen Farben und Gold ; in den Papierexemplaren 



la 



aber mit rother und blauer Farbe *)• Die Scbwärze, 
deren Verbesserung von Einigen dem Gutenberg selbst, von 
Andern aber Scböffer zugescbrieben wird, ist scbwarz, 
dick und glänzend. 

Den Drucken aus dieser ersten Buchdruckerei der Welt 
fehlte aber noch Ebenmass. Feinheit und Schönheit der 
Lettern. Der Grund hieyon lag in der Wahl des Metalls 
und in der Art des Giessens, wodurch die Buchstaben 
ungleich und stumpf ausfallen mussten , auch den Druck 
der Presse nicht lange aushielten. Aber auch diesen Uebel- 
ständen wurde bald von einem dritten Manne glücklich 
abgeholfen, durch welchen der Buchdruck gleich in den 
ersten Jahren seine gänzliche Vollendung erhielt, nämlich 
durch Peter SebSffer^ zwischen 1421 und 1430 zu Gems- 
heim, einer kleinen grossherzoglich -hessischen Stadt am 
Rheine geboren. Im J^ 14P49 lebte er als Schönschreiber 
in Paris, kam dann (mn 1452) nach Mainz zu Fust, ver- 
muthlich um die abzudruckenden Handschriften in's Reine 
zu schreiben und in die gedruckten Bücher die Anfangs- 
buchstaben der Abschnitte u. s. w. zu malen. Auf diese 
Weise mit dem Druckgeschäfte bekannt und vertraut 
gewordeii, war er, an schöne Schriftzüge gewöhnt, jetzt 
unablässig darauf bedacht, den Buchstaben eine gefälligere 
Gestalt zu geben, und sein künstlerischer Sinn erfand 
wirklich bald eine leichtere und bessere Art, die Buchstaben 
zu giessen, nämlich durch Anfertigung stählerner Stempel 

*) Es sind nur noch 16 Exemplare in den Bibliotheken 
Europa's Torhanden , die als eine /nctmofrel ( Ersüingsdruck, 
Brackdenkmal) von höchster Seltenheit und unschätzbarem 
Werth aufbewahrt werden. 



18 



(Patrizen)» die er in Kupfertäfelchen [Matrizen) ein- 
schlage so wie eine bessere Mischung des Gnssmetalls, 
wodurch die Schriftgiesserei ihre volle Ausbildung erhielt; 
mit Recht darf man ihn daher den Vater der Schrift- 
giesserei und zugleich den Vollender der Erfindung des 
Buchdrucks nennen *}. 

Nadhdem Fust gegen hohe Zinsen seinem Gesellschafter 
ein zweites Darieiheh von fl. 800 gemacht , benutzte er 
( gegen Ende 1455 ) aus niedriger Habsucht den Augenblick» 
wo er wusste» dass Jener am wenigsten im Stande seyn 
würde , seine Verbindlichkeiten gegen ihn zu erfüllen **), 
um seine Vorschüsse , die sich mit den Zinsen und Zinses- 
zinsen schon auf fl. 2020 beliefen 9 plötzlich zurückzufordern, 
in der spekulativen Voraussetzung, das ganze Geschäft 
sammt dem daraus erwachsenden schönen Gewinn an sich 
ziehen zu können. Zu diesem treulosen Verfahren war 
er freilich durch den ganz zu seinem Vortheil gestellten 
Vertrag einigermassen berechtigt, und da nun der Be- 
drängte wirklich kein Geld au£nitreiben wusste, verklagte 
ihn sein Gläubiger, und ein sehr partheiisches gerichtliches 
Urtheil nöthigte Gutenberg , ihm die verpfändete Druckerei, 
und obendrein die ganze Auflage der Bibel sammt dem 
Pergament- und Papiervorrath an Zahlungsstatt zu über- 
lassen, so dass Fust seinen Zweck, nicht nur in dem 
alleinigen Besitz des wichtigen Creheimnisses , sondern auch 



*) Die Bewohner von Gemsheim setzten ihrem verdienst- 
voUen Mitbürger am 9. Juni 1836 ein angemessenes Denkmal, 
welches aus seiner Statue in doppelter Lebensgrösse besteht. 

**) Höchst wahrscheinlich war der Bibeldmck nicht yoUendet 
und hatte Gutenberg noch keinen Gewinn bringen können. 



14 



deS'Yorhandenen ganzen Druckapparatg za gelangen , toU- 
kommen erreicht sah. 

Für den arglosen und biedern y aber nicht weUklugen 
Gutenberg musste es äusserst schmerzlich und kränkend 
seyn, sich, zumal in seinen dürftigen Umständen, auf 
solche ungerechte und hartherzige Weise seiner mit so vieler 
Mühe y Zeit und Anstrengung hergestellten Buchdruckerei, 
sammt dem verdienten Lohne für seine bisherigen Arbeiten, 
plötzlich und für immer beraubt zu sehen« Wie eine treue 
Mutter von ihren Kindern , so mag er wohl von seiner 
Presse geschieden seyn. Einige Zeit nachher (um Itö?) 
nach einem ( muthmasslichen ) vergeblichen Versuche, 
in Strassburg neue Geschäftsverbindungen anzuknüpfen, 
iBnden vnr ihn wieder in einer ganz neu angelegten 
Druckerei > die er mittelst grossmüthiger Geldvorsehüsse 
seines Freundes , dea.Syndik Humery 2u Mainz , errichtet 
hatte, aus welcher, neben einigen kleinern Schriften^ 
im Jahr 1460, ein grösseres Werk in Folio, OUholicon 
betitelt, eine lateinische grammatisch -lexikalische Compi- 
lation des Dominikanermönchs Job. de Balhis von Genua 
(de Janua} , mit kleinen Lettern gedruckt , an's Licht trat. 
Seinen Namen setzte er jedoch nicht bei, so wenig als 
dea firühem Drucken , nannte aber in der Endschrift die 
Stadt Mainz als den Ort der Erfindung, und betrachtete 
diese, in dem Bewusstseyn ihrer Wichtigkeit, nicht als 
blosses Menschenwerk, sondern als ein Geschenk des 
Himmels *)• 

*} Die auf dem letzten Blatte beigesetzte Endschrift lautet 
wie folgt: »Darch des Allerhöchsten Beistand, auf dessen Wink 
» der Kinder Zungen beredt werden , und der oft den Kleinen 






15 



Fttnf Jahre später ( 1465 ) wurde er vom maumgchen 
Kurf&rsten (und Erzbischof) Adolf von Nassau» zwar nicht 
zur Belohniing für seine Erfindung , sondern fiir geleistete 
persönliche Dienste , unter seine Hofleute mit einer Pension 
aufgenommen , und Gutenberg folgte ihm in's Hoflager zu 
Eltyill im Bheingau ; die dahin versetzte Druckerei aber 
verpachtete er an einen ihm verwandten Gehfilfen, Namens 
Heinr. Bechtermüntze. Nur wenige Jahre noch war ihm 
indess vergönnt , dieie Ruhe und Erholung von allem 
Kummer y allen Sorgen und Kränkungen , von denen er 
beinahe sein ganzes Leben hindurch verfolgt gewesen , zu 
gemessen ; denn er starb schon zu Anfang des J» 1468, 
ungefähr 70 Jahre alt, kinderlos , und wurde zu Mainz 
begraben. Adam Gelthuss, sein Verwandter , setzte ihm 
eine kurze Grabschrift. Seine Druckerei wurde von Niki. 
Bechtermüntze (Bruder des Obengenannten) und dessen 
Gesellschafler Wigand Spiess von Ortenberg, als nacb- 
berigen Eigenthfimem» bis 1477 fortgesetzt. 

Ton den undankbaren Zeitgenossen gänzlich verkannt 
und vernachlässigt y von der Nachwelt eine lange Zeit 
hindurch beinahe vergessen , erwachte erst zu Anfang 
unsers Jahrhunderts das GefiihI der Dankbarkeit gegen 
iltfen verdienstvollen Hitbfirger in den Bewohnern der 
Stadt Mainz; kriegerische und andere ungunstige Zeiten 
vereitelten aber die Ausfiihrung ihrer Flaue , bis sie endlich 

»enthülU, was er den Weisen verbirgt, wurde dieses vortreff- 
»Uche Buch CcUholicon in der achtbaren» der deutschen Nation 
» angehörenden StadtMainz, welche Gottes Gfltedarqh dieses hohe 
» Geisteslicht und unverdiente Geschenk den tibrigen YÖlkem der 
» Erde vorzuziehen utA zu verherrUchen gewürdigt hat, gedruckt 
Muod vollendet.« 



1« 



vor 10 Jähren neuerdings zur Sprache ^gebracht und mittelst 
überall gesammelter Beiträge in's Leben gerufen wurden* 
Ein grosses Standbild Gutenbei^s, vom berühmten Bild- 
hauer Thorwaldsen modellirt und von Grozatier in Paris aus 
Bronze- Metall gegossen , mit zwei lateiniscben Inschriften 
und zwei Basreliefs am Fussgestelle verseben, ward am 
ik. August 1837 auf dem Platz in Mainz , der seit ISOi 
Gutenbergs Namen trägt , mit grosser Feierlichkeit enthüllt 
und eingeweiht. Das Fest dauerte drei Tage« — 

Wir wenden uns wieder zu Fust und Schöffer , die 
seit ihrer Trennung yon Gutenberg das Druckgeschäft mit 
grosser Thätigkeit, bedeutenden Geldmitteln und grösserer 
mechanischer Geschicklichkeit , als der Erfinder selbst, 
betrieben. Um Schöffer, diesen talentvollen und ge- 
schickten Mann für inmier an sich zu fesseln , hatte Fust 
Ihm seine Tochter Ghristina zur Ehe gegeben*. Schon 
nach zwei Jahren (1&57) erschien mit sehr grossen und 
schönen , nach dem neuen Yerüahren gegossenen Lettern 
ein lateinisches PMUeriam (Ghorpsalmbuch) in grossem 
Formate^ mit solcher Pracht und Vollendung > wie sie 
seither mcht übertroffen worden ist, ein wahres Meister^ 
stück der Buchdruckerkunst, wovon zwei Jahre später 
schon eine neue Auflage folgte. Die grossem und kleinem, 
herrlich verzierten Anfangsbuchstaben waren» nach Schöf- 
fers Mustern, in Holz geschnitten und mit blauer und 
rofher Farbe künstlich gedrackt. Es ist das erOe voOr 
ständig datirte Druckwerk ^), also auch in dieser Beziehung 
sehr wichtig. 

*) WörOioh äbertetst , lautet dessen Bndschrifk also : »Gegen- 
»wXrtiges Bach der Pselmen , daroh die Schönheit der Haupt* 



17 



tn I. iMfä vbltendeteA unsere AoeMniclier' euid zweite» 
ebeofiadb schön ge Anicktö , latdnische Ausffabe der Bibel ; 
noch im gleichen Jahr aber (in der Nadkt voni 27. mf 
den 28. Okt. > erlitt Mainz einen verrätheriscben DebeFÜdl 
durch den vofltf Pabste an die Stelle des bisherigen Et»- 
bischo& Diether Ton Isenburg gewählten Grafen Molf 
von Naissau» der seinen Gegner mit Gewalt zu yerlreiben 
suchte, welcher Letztere twar von der Mehrzahl der^ 
Bürger lebhaft yertheidlgt wurde» ihtti aber dennoch 
weichen musste« Bei diesem blutigen, von Brand und 
Plünderung begleiteten Kampfe ging die Druckerei in Feuer 
auf*), und erst nach 2 -»3 Jahren war sie wieder her- 
gesteBt«r — Fust reisete nachher zwemial als Buchhändler 
nach Paris, hauptsächlich um Bibeln zu yericaufen» 
und starb buchst wahrscheinlich 1466 dort an der Pest. 
Sein Schwiegersohn P. Schöffer setzte bis an seinen Ted 
(1503) das Geschäft allein fort, und erwarb sich grosses 
Ansehen und Reichtbum. Ibter seinen Nacbhommen blühle 
es noch bis 1554>. 

Das eben erwähnte blutige Ereigniss war,* vielleidit 
von der Vorsehung selbst herbeigeführt , die YeranhissüBgv 

jybachsUben geschmückt und hiDiftiiglich mit den nntel>schei- 
pdenden Rabrlken versehen, ist durch die kfinstliehe BiPfindüng 
»zu drucken und Buchstid>en xa bilden , ohne irgend eine Schrift 
» der Feder so gemacht und zur Verehrung Grottes mit Fleiss zu 
ft Stande gebracht Worden durch Jahann Fust , Bürger zu liCahiz, 
»und Peter Schöffer, Yon Gernsheim, im J. 1457, am Vorabend 
»der Himmelfahrt.« — Ein (nicht einmal vollständiges) Exemplar 
dieses Psalteriums wurde 1817 fQr die königliche Bibliothek zu 
Paris um 500 Louisd'or in einer Versteigerung gekauft. 

*) Auch die damals noch in dieser Stadt befindliche Guten- 
bargische Offlsin scheint bei diesem Vorfalle bedeutend gelitten 
zu haben^ 

2 



18 



dass die bisher im Geheimen betriebeoe<Kp(||ilt.4ureh die 
Gekfilfeiii^ welcbe jejtzt qhiie Beschäftigung waren uud 
sioh der ibnen eidlich auferlegten Bewahrung des Geheim- 
nisses entbunden glaubten, ausserhalb Mainz verbreitet 
wurde *)• Bald waren in zahlreich^i Städten Deutschlands 
Druckereien imfiange (bis zum J. 1500 über 200 in 62 
Städten und im ganzen Europa in dem nämlichen Zeiträume, 
an circa 200 Orten , über 2000). UeberaU wurden die 
ausgewanderten Arbeiter mit offenen Armen empfangen« 
In Italien verbreitete sich die ZaU der Offizinen am 
gchnelbten und stärksten. — In unserm Vaterlande , wohin 
die neue Erfindung ebenfalls schon sehr jGrühzeitig gelangte, 
wurden die erten Pressen beinahe gldchzeitig (um 1470) 
im Fledcen BeromüMter (Kanton Luzem) durch einen 
Chorherrn des dortigen Stiftes, Namens Elias Elia von 
Lai]tfen, und zu Bcud durch Berthold Rodt; zu Burgdorf 
(K. Bern) um 1476 durch einen Unbekannten; zu Genf 
um 1478 durch Adam Steinschauer v^i Sdiweinfiirt, 
errichtet. Zürich folgte zu Ende des 15. oder mit dem 
Anfange des 16. Jahrhunderts , wo Hans am Wasen erster 
Buchdrucker war. Vom 16. Jahrhundert ah vemiehrten 
sie sich immer stärker. — Die Baseler Offizinen zeichneten 
sich schon zu Ende des 15. und vorzüglich im nächst- 
folgenden Jahrhundert durch korrekte , schöne Ausgaben 
wichtiger klassischer Werke der Römer und Griechen, 

*) Da schon vor 1460 ein Älbrecht Pfister zn Bamberg druckte, 
und um dieselbe Zeit eine'ganze Bibel (die sogenannte 36zeiligre, 
weil die Spalten jeder Seite so viele Zeilen enthalten) herausgab, 
so ist anzunehmen , dieser habe schon bei der Trennung Guten- 
bergs von Fust (1455) Mainz verlassen und, im Besitze des 
Geheimnisses , eine eigene Druckerei in jener Stadt angelegt. 



10^ 



ier Särcheiivät^ u. a. sii^ ans , und wette&ferteir mit den 
beröhmteslen Dmekerden Deutsehlands , Frankreichsund 
Italiens. Als gelehrte > geschickte und tibätige, auch durch 
ihren Charakter achtungswürdige Buchdrucker zu Basd 
erwarhen sich Johannes Amerhaeh, Johannes Froben, 
Johannes Herbster (unter dem angenonuneneu Namen 
Oporin bekannt),; drei ächte- Gutenbergische Jüng^ 
Johasfies , die nteistea- Yerdienste und den grössten Ruhm ; 
in ZüncA hingegien Christoph Frojc^afier (yon 1520-^1564), 
deru. a. mit unseim gelehrtea St. GaUisdieaBürgurameister 
▼. Watt ( Vadian) ia freundschaftlicher und geschäftlicher 
Verbindung stand. — In Genf druckten voa 1553 an 
der wegen Glaubensmeinungen voa Paris weggezogene 
berühmte königl.BuohdruckerB0bert flieniM (Stephanns) 
und nach ihm seia eben so gelehrter und fleissiger Sohln 
Heinrich , viele Jahre lapg. — Im 18», Säkuhun erwarben 
sich zu BaHlWühelmHaas (gestorben 1800) und sein Sohn 
gleichen Namens (gestorben 1888 > viele Verdienste^ und 
Torzüg^che Auszeichnung um die Schriftgiesserei und Typo- 
graphie ; der Entere durch die Verfertigung geschmack- 
voller Schriften, zweckmässigem Bau der Presse aus 
gegossenem Eisen ( die sogenannte Münzpre^ ) , die Erfin- 
dung mehrerer nützlicher Gegenstände ftir den Schriftsatz, 
so wie besonders noch durch die praktische Ausfiihrung 
der Idee » Landkarten mit beweglichen Typen und durch 
die Buchdruckerpresse zu liefern (die Typometrie) ; der 
Letztere iheils als Gehülfe seines Vaters > Aeüs als Vervoll- 
kommner der versdiiedenen, oben genannten Gegienstände« 



2* 



20 



Zum ScUuflse dieses Abschnitts noch eine chrono- 
logische Uebersicht , in welchem Zeiträume jeder Kanton 
die erUe Buchdnickerei erhalten hat. 



Bin- 






1 

Name des Buch- 


fah- 


Ortsname. 


Kanton. 


druckers. 


rung» 








Um 


Flecken Bero- 




• 


1470 


ttflnster. . . 


Luzern 


Elias Elift van Lauffen, 
Chorherr. 


1470 


Basel 


Basel -Stadt. . 


Berthold Rodt. 


1475 


Burgdorf. . . . 


Bern. ..•»... 




1478 


Genf 


Genf 


Ad. Steimehauer , Ton 
Schweinfurt. 


1500 


Zürich . ; . . . 


Zürich 


Hanns am Wasen. 


1530 


Neuenburg . . 


Neuenbürg . . 


Peter de Wingle. 


1550 


Puschlay .... 


Graubünden . 




1556 


Lausaune . . . 


Waadt 


Joh. Rjfver. 


1570 


Zug 


Zug ........ 


Jak. Ätnmon, gleichzeitig 
m. Wlfg. K,Landwing, 


1578 


St. GaHen . . . 


St. Gallen . . 


Leonh. Straub, von da. 


1585 


Freiburg .... 


Freiburg .... 


Abrh. Gamperlin. gleich- 
zeitig mit Wilh. Mass. 


1590 


SchallbauseB . 


Schaffhausen . 


Hs. Conrad Waldkireh, 
Ton Basel. 


1646 


Sitten 


Wallis 




1658 


Solothum . . . 


Solothnrn . . . 


Joh. Jak» Bernhard, Ton 






■ 


da, durch Mich. Wehr- 
Un, yon Hüttwylen 




• 




(K. Thurgau). 


1664 


Stifl Einsied- 








len 


Schwyz 


Stiflsdruckcrei. 


11170 


Baden 


Aargau 


Johann Adam Bcddinger, 
Buchhändler , durch 
Jakob Ämmon. 


1670 


Herisan 


Appenzell . . . 


Jak. Redinger, y. Zürich. 


1738 


Sa^elen .... 


Unterwaiden . 


Joh. Melch. Vonflüe. 


1746 


Lauis 


Tesßin 


Gebrüder AgneUi. 


1786 


Bischofiell . . 


Thurgau .... 


Andr. Wehrli, yon da. 1 


1798 


Glarus 


Glarus 


Casp. Freuler, yon da. 1 


1814 


FIttelen 


Url 


F.'S.SiY.Z'graggen, y.da. 1 


1832 


Liestal 


Basel "Land. . 


Banga A Honegger. 1 



DI£ 



iBi9(QiiiiDiav(ss^]sia 



Uia> DIE 



BDCHDRUCKEREIEIV 



IM 



KANTON ST. GALLEN. 



(1W8 bis 1840.) 



Emleitung. 

/ 

m 

^ER die örtliche und politische Beschaffenheit und den 
Kulturstand der frühem Jahrhunderte unsers Kantons 
kennt, den ^rd es keineswegs befremden zu lesen, dass 
die Kunst, Bücher zu drucken, ziemlich spät erst, d. h. 
mehr als ein yoUes Jahrhundert nach der allgemeinen 
Verbreitung der Buchdruckerkunst von Mainz aus, in 
demselben Eingang gefunden hat. Hangel an grössern 
Städten; dürftiger Schulunterricht, vorzüglich auf dem 
Lande ; mittelalterliche Einfachheit in der Erziehung und 
ganzen Lebensweise des Volkes ; drückende Unterthanen- 
Verhältnisse in den verschiedenen geistlichen imd weltli- 
chen Herrschaften und Land vogteien ; langsame Fortschritte 
der Geistesbildung, als natürliche Folge eben dieser Zu- 
stände: dieses Alles konnte der segensreichen Erfindung 
Gutenbergs unmöglich einen gut zubereiteten Boden 
anbieten, und ihre Verpflanzung auf denselben konnte 
begreiflicherweise nur sehr spät und mühsam erfolgen. 
Eine Ausnahme machten einzig die beiden über das ganze 
Land hervorragenden Punkte : die Abtei St. Gallen , seit 
Jahrhunderten schon berühmt durch Gelehrsamkeit und 
Wissenschafilichkeit ihrer Bewohner ; und ihre Nachbarin, 
die kleine Republik der Stadt St. Gallen , ausgezeichnet 
durch den weit verbreiteten Handel mit ihren Leinwand- 
fabrikaten und den blühenden Wohlstand der Bürgerschaft. 
An einem von diesen zwei Orten haben wir daher natürli- 
cherweise die erste Druckerpresse zu suchen , und wirklich 
finden wir sie in der Stadt St. Gallen zuerst in Thätigkeit. 



» 



Wenn noo aach grössere Städte der Schweiz« z. B. 
Zfiricli, Basel, Bern, Lausanne und fienf, uro Gelehr- 
samkeit , ii^ünste und Wis^easchafien damals schon bliihelen, 
längst aiwsehniiche Bnchdruckereien besassen, Ae eine 
solche in St. Gallen errichtet wurde , so blieb letztere 
Stadt dennoch nicht weit hinter mehrem Sehwestem 
ihres Rangs in iinserm Vaterlande zurück, und .eilte sogar 
andern lange Yor> Und weil die hiesige Bürgerschaft 
schon zu jener Zeit ihre intellektuellen und ökonomi- 
schen Kräfte bejnahe ausschliesslich dem Handel und 
der bidustrie zuwendete, und daneben der Hang oder 
die Gewohnheit, meist nur Schriften religiösen Inhalts zur 
Lektüre zu wälden, dur4;h einheimische und firemde Büdier« 
händler leicht befriedigt werden konnte *), se war die 
Entbehrung einer eigenen Buchdruckerpresse , bei ohnehin 
wenigem Stoffe zu deren Beschäftigung, dem St« Galler 
dme Zweifel nicht sehr f&hlbar , und danun auch die etwas 
späte Aufiiahme d^ Buchdruckerkunst im Grunde weniger 
auffallend, als es auf den ersten Blick scheine« möchte. 



*) In St. Gallen hatte schon nni die Hitte des 16. Jahrhonderts 
Jeden Freitag und Samstag ein , nnterm 6. Dezember 1564 obrig- 
keitlich geregelter Büchermarkt statt, und an SonnUgen war ein- 
heimischen wie fremden Bücherhftndlem erlaubt ^ ihre Waare 
öffentlich feil zn bieten. 

Damals befanden sich hier zwei »BachfÜhrer«., Emanuel and 
DafoidHaUer; der Letztere wer zugleich deutscher Schalmeister. 
In einer Urfehde , die dieser 1565 in St. Fiden beschwor , wird 
er Bochdmcker genannt. -^ Um eben diese Zeit lebte hier auch 
ein Schallehrer, Hans Gebentinger, der zpm Drucke bestimmte 
Handschriften nach Zflrich und Basel besorgte, wo er mit Bach- 
draekem nnd Bnchhin^tem in Yerbindang stand. 



f^on denBuchdrttckern in der Stadt St.Gallen. 

( 1378 - 1840. ) 



CBSsaBa^iB:^esBaaaa 



Das Merkwflrdigste aas dem lieben des Leon« 
liard Straub 9 ersten Boehdruckers« 

(1578 — 1607- ) 



Sein entes Wirken in der Vaterstadt. 
(1578 — 1584.) 

Leonhard Stravb wurdeiin J. 1550 in St. GaHen geboren; 
sein Vater Jakob Straub » mathmasslidi ein Ch^ldarbeitery 
bekleidete mehrere Aemter , unter andern das eines Stadt* 
ammanns. Die Mutter hiessyeronicaWiedenbuber. — Da 
über des Sohnes Erziehung , Familienverhältnisse und Lehr- 
jahre durchaus keine Nachrichten sich vorfinden, so lässt 
sieh einzig aus dem , was aus seinem Berufisleben bekannt 
ist, so wie aus seiner Geschäftsführung, im Allgemeinen 
schliessen, er habe eine gute Schulbildung genossen, sey 
der lateinischen Sprache mächtig, in seiner Kunst wohl 
erfahren gewesen, und habe mit diesen Eigenschaften 
grosse Thätigkeit, ausdauernde Beharrlichkeit und viel 
Unternehmungslust verbunden. Aus seinem biedern und 
entschlossenen Charakter , der sich nicht leicht entmuthigen 
liess, blickte zuweilen einige Unbiegsamkeit , ja sogar 



26 



Verschmitztheit hervor, die freilich durch widrige Schick- 
sale häufigen Anlass fanden , sich zu äussern. 

Straub hatte schon das 28ste Jahr erreicht, und war 
seit vier Jahren mit Anna Schlum{if verehelicht» als er, 
vermuthlich eben von der Wanderschaft zurückgekehrt, 
im Mai 1578 vom Magistrate die Erlaubniss erhielt , eine 
Buchdruckerei zu errichten; er musste aber einen Eid 
schwören, dass er ohne vorhergegangenes Durchsehen der 
zur Büchercensur Verordneten (welche Stellen bei diesem 
Anlasse neu besetzt wurden) und ohne die jedesmal 
erforderliche besondere Erlaubniss der Obrigkeit, gar 
nichts drucken wolle*). 

Schon der Anfang von Straubs Auftreten als selbstän- 
diger Buchdrucker war von Umständen bereitet, die 
gleichsam für ein Vorspiel der auf ihn wartenden IkGss- 
geschicke und Kämpfe gelten konnten, und die» ohoe 
seine Schuld , nicht allein ihm selbst viele Verdriesslich- 



*) Die unbeschrXnkte Dmckfreiheit , die nach Brflndang der 
Buchdruckerkanst herrschte, wurde noch im gleichen (15.) 
Jahrhundert durch kirchliche Machtsprüche aufgehoben, und 
daitlr überall das Beaufsichtigungsrecht des Druckes (Bücher- 
censur) eingeführt, dasselbe in der ersten Hälfte des folgenden 
Jahrhunderts durch Reichstagsbeschlüsse und kaiserliche Befehle 
«meuert und deren Handhabung den Landesobrigkeiten, bei ihrer 
eigenen Verantwortlichkeit, überwiesen« Diesen Beschlüssen 
und Befehlen mussten die Regierungen der Schweizerkantone, 
▼ermöge der damaligen Yerhältnisse des deutschen Reiches zu der 
Schweiz , sich auch unterziehen. — Der Grad der Strenge oder 
der Milde der Censurvorschriften und der^ Massregeln fgegen 
Pressmissbrauch hing aber doch grösstentheils ron den Ansichten 
nnd Grundsätzen der Landes- o4er Stttdtebehörden ab » und wohl 
mochte an vielen Orten der Eidgenossenschaft, und darunter 
hauptsächlich in St. Gallen, die Censur beinahe aln strengsten 
gebandhabt worden seyn. 



17 



keiten und Nachtheil verursachten , sonderD sogar für 
seine Mitbürger Ton unglücklichen Folgen hätten seyn 
können» 

Straub , ein Kenner der mathematisehen und astrono« 
mischen Wlssensohaften , verfertigte, und druckte nämUch 
einen WandkaUnder auf das nächstfolgende Jahr 1579 ; der 
erste Kalender y der in hiesiger Gegend selbst gefertigt und 
gedruckt ward* Er ist das älteste bisher bekannte und jeden« 
falls eines der eräm Erzeugnisse Straubschen Kunstfleisses* 
Ein einziges Exemplar desselben ist glücklicherweise wohl- 
erhalten auf uns gekommen, weil wegen des durch sein 
Erscheinen herbeigeführten Ereignisses, ein solches als 
Corpw (Midi mit den andern -darauf bezüglichen Akten^ 
Stücken amtlich aufbewahrt werden musste. — Auf diesem 
Kalender, der aus zwei zusammengeklebten Bogen besteht 
und mit einem Landkärtchen , von den Umgebungen des 
Bodensee's, geziert ist, waren die Wappen der diamals 
bestehenden 13 Kantone, nach ihrer Rangordnung am 
linken Rande angebracht. Diese , wie das Kärtchen , sind 
theilweise roth gedruckt *) und von geschickter Hand 
gezeichnet und in Holz geschnitten. 

Ganz unerwartet fingen die Appenzeller, nachdem dieser 
Wandkalender in ihrem Lande sich verbreitet hatte, einen 
heftigen Lärm an wegen dem Wappen ihres Kantons ( ein 
anfirecht stehender sdiwarzer Bär, ohne Halsband, in 
weissem Felde), indem sie sich beklagten, dem Bären 
fehlen die Kennzeichen eines Männchens , folghch stelle er 
absichtlidi nur ein Weibchen dar» um ihr Wappen, und 

*) Jeder einzelne HolzschniU erforderte demnach ein eigenes 
Stöckchen für die schwarze and eines für die rothe Farbe. 



dadurch zugleich das Land selbst , zu beschimpfen. Für 
diese yenneintliche Beschimpfung verlangte nun Appenzell 
schleunige und genügende Satisfaktion von der Obrigkeit 
in St. Gallen y während das Volk jenes Landes von seiner 
Regierung schon ermahnt ward , zu einem feindlichen Zuge 
nach St. Gallen sich zu rüsten, obgleich der Buchdrucker 
sogleich beweisen konnte, die Wappen seyen genau die- 
selben f die zwei Jahre früher auf einem Baseler Kalender 
erschienen seyen, über den man damals keine Klage 
vernommen habe. 

Die Appenzeller waren aber jetzt wegen vermeint- 
licher Beeinträchtigung im Leinwand- und Gamhandel 
von Seite der Stadt, gegen diese aufgebracht und, wollten 
nun diesen Anlass benutzen , um ihtem gegen St. Gallen 
gefassten Grolle Luft zu machen , wie solches, sammt dem 
ganzen Hergange der Sache, in Walsers Appenzellerchronik 
und Hartmanns Geschichte der Stadt St. Gallen ausföhrlich 
und treu erzählt ist. — Durch das Anerbieten des St. Galli- 
schen Abtes Joachim , als guter Nachbar beider Partheien das 
Schiedrichteramt zu übernehmen , um den Ausbruch von 
Feindseligkeiten zu verhüten, der bei der herrsehendenErbit- 
t^nmg sonst unvermeidlich gewesen wäre, wurden der das 
Wappen betreffende Klagpunkt nebst den andern Beschwer- 
den gütlich ausgeglichen, und zwar, zur Besänftigung des 
erbitterten Bergvolkes, die Kalendersache auf solche Weise, 
dass Straub in Gegenwart von St. Gallischen und Appen- 
zellischen Abgeordneten Abbitte leisten und eidlich erklären 
musste, er habe das Wappen, dessen Abbildung so leiden- 
schaftlich angefochten und lächerlich missdeutet worden*), 

*) Wie dieses noch in handschrifUichen Chroniken in lesen ist. 



nidit aüis boshiAer Absieht, sondern »nnr aus Einfidi« 
also abgedruckt. Die nodi uayerkauft gebliebenen Exem- 
plare waren gleich anfangs yon hiesiger Obrigkeit zu Händen 
genommen worden, und wurden im Beiseyn der Appen- 
zeller Gesandtschaft vernichtet. Straub musste sich also, 
zum Besten der bedrohten Vaterstadt, diese ungerechte 
Demüthigung der Abbitte gefaUen lassen und üb^rdiess 
einen Theil der Auflage seines Kalenders dem Frieden 
zum Opfer bringen 1 

Weil Straub mit der wenigen Beschäftigung« welche 
seine Vaterstadt ihm darbieten mochte, wahrscheinlich 
sein Auskommen nicht finden konnte , iiberdies auch sis 
thätiger, unternehmender Mann auf Erwmterung und Hebung 
seines Geschäfts bedacht war, fing er an, die Pressen 
mit Arbeiten fiir seine eigene Rechnung zu beschäftigen, 
wurde also, nach dem Beispiele der meisten Buchdrucker 
bis in's 16. Jahrhundert, Verlagshändler, d. h. Selbst- 
yeikäufer seiner Drudce *). — Dass die meisten seinet 
Verlagsscbriften h»iptsächlich für den Verkauf an der 
FranUurter Büchermesse (weit älter als die Leipziger 
Messe und zu jener Zeit Ton den schweizerschen Ver- 
legern stark besucht) berechnet waren, ist leicht einzu- 
sehen. Ob aber Straub sich, wie Andere, persönlich dahin 
verfiigte, oder den Absatz durch einen Commissionnär 
habe besorgen lassen , ist gänzlich unbekannt« Bei solchen 
Unternehmungen stellten sich ihm* aber mehrmals Hem- 
mungen und Hindernisse in den Weg, aus denen ihm 

*) Erst um diese Zeit begann der Buchhandel sich yom Buch-. 
drtieke zu trennen und ein eigener selbständiger Geschäftszweig 
zu werden. 



30 



einerseits TieleVeidmsslichkeitenerwttchseiiy und die ander* 
«eits ihn grosse Nachtheüe gebradit haben mögen; wir 
memen den langsamen Gntg der Censunrerriehtmigen und 
die Verbote , dieses oder jenes Buch m drucken« 

Das Einemal betraf ea den Nachdruck einer der Schriften 
des zur ReformatioQszeit berühmten schiesischen Sekturers 
Sehwenkfeld , die ein halbes Jahrhundert früher in Deutsch- 
land und der Schweiz gros&es Aufsehen erregt , viele Leser 
gefunden , von Yadian aber widerlegt worden waren. Ein 
anderes Mal hatte er in seine »Praktik^ (Hauskalender) 
einen Artikel aufgenommen, der die Censur nicht paasirt 
hatte, und welcher Anstösriges gegen die Messe der Katho- 
liken enthielt; •— ein drittes Mal war es ein anderes Buch, 
dessen Druck nicht bewilligt werden wollte , wiewohl es 
meistens Bücher betraf, die früher anderwärts mit Censur- 
bewilUgung erschienen wareui 

Ohne Zweifel hatte Straub in dem im Jahr 1581 gegen 
t. 15 jährlichen Miethzinses bezogenen, seit der Refor- 
mation leerstehenden Gebäude des Nonnenklosters zu St. 
Leonhard, eine halbe Viertelstunde ausser der Stadt ge* 
legen *), sich vor Nachstellungen undEntdedEungm sicher 
geglaubt und in dieser Meinung sich zu Umgehung der Censur 
verleiten lassen ; allein jedesmal kam es , bald früher » bald 
später an den Tag , und die gewöhnlichen Folgen davon wa- 
ren amtliche Druckereivisiten , Audieferung des heimlich 

*) Anfänglich hatte er seine Bachdnickerei in der väterlichen 
Wohnung an der Webergasse aufgestellt; das Haus stand auf der 
Stelle, den jetzt ein Theil des Gebäudes »zur grünen Thüren 
genannt, einnimmt. Nachdem aber sein Geschäft ausgedehnter 
geworden , gebrach es ihm bald an Raum und er musste sich 
nach einem andern Lokal umsehen. 



31 



GedradEten, Warmmgen, Drohungen imt obrigkeitUelier 
Ungnade und Strafe, erneuertes Angeloben pünktlicher 
Beobachtung der beschworenen Pflichten, sogar auchAen^ 
derungen im Gensorenpersond« 

Eine nochmalige Versuchung, der er nach Yerfluss 
eines Jahres seit dem letzten YorCBÜile unterlegen war, 
statt sich denselben zur Warnung dienen zu lassen und von 
nun an den bestehenden Yerfögungen über die Presse sich 
zu unterziehen, hatte zur Folge, dass der in seinerNachsicht 
endlich müde gewordene Rath ihn durch UrtheÜsspruch 
Yoni 5* Oktober 1584 des Bürgerrechts verlustig 'Erklärte 
und sanunt Frau und 5 Kindern aus der Stadt und' deren 
Gebiete für immer verbannte. 

Aof sokhe Weise verlor St. Gallen seinen ersten Buch- 
drucker , einen geschickten , industriösenMann, der seinen 
Mitbürgern die so wichtige und einflussreiche Kunst des 
Bücherdrucks zugefi&hrt hatte, aber die drüdkenden Fesseln, 
welche der fireien Ausübung seines Berufes bald durch über- 
triebene Behutsamkeit und Aengstlichkeit in historischen 
und religiösen Materien, bald durch die allzustreoge Recht- 
gläubigkeit seiner Vorgesetzten angelegt wurden , nicht zu 
tragen vermochte , weil derartige Beschränkungen sowohl 
seiner freien Denkungsart, als seiner persönlichen lieber- 
Zeugung gindich widerstritten , wodurch er dann zum Un» 
gehorsam gegen die Verfiigungen seiner Obrigkeit verleitet 
worden war, wozu allerdings sein etwas unbiegsamer Gha* 
rakter auch das Seine beigetragen haben mag. 

Als ein gewichtiger Beweis seines unternehmenden 
Geistes und gemeinnützigen Sinnes darf die Erbauung einer 
Pupierfabrik zu Aich beimDorfe Tübach, unweit desFleckens 



32 



Rorschach, welche er 1582 unteraoinmefiy tfm so weniger 
▼ergessen werden, als ein solches Unternehmen nidit allein 
mit grossen Kosten verbunden , sondern höchst wahrschein-> 
lieh das erste Gewerbe dieser Art in der östlichen Schweiz 
war *). 

Dass in der Straubschen 0£Szin lebhafte Thätigkeit ge- 
herrscht haben müsse 9 geht daraus hervor, .dass, als die 
Arbeiter im Januar 1582 ein Schauspiel »vom verlornen 
Sohn« aus der Feder des Hans Sachs von Nürnberg **) mit 
obrigkeitächer Bewilligung Öffentlich aufführten, 13 Schau- 
spieler auftraten, unter denen einige Bürger sich befanden; 
ob aber diese auch Buchdrucker oder nur Hitspielende wa- 
ren , kann freilich nicht untersucht werden* 

Von der sehr kleinen Zahl Straubscher Druckschriften, 

die sich noch erhalten haben , folgen hier die Titel, nach 

der Zeit ihres Erscheinens geordnet. 

Aus dem Jahr 1579 ( die älteste} : 

Testimonia de praecipuis vera et christianae Religionis capi- 
tibus, ex Sacra et Canonica Prophetarum etApostolonim 
scriptura, veterumque Orthodoxorum Patrum Kbris col- 
lecta, per Davidem Weterum, Sangallensis EcclesiaB Mi* 
nistrum. 8. 

Dieses Büchlein hat das Eigenlhümliche , dass es in Aldi- 
scher Manier ganz mit Cursiyschrift gesetzt ist und keine Seiten- 

- • 

*) Die Papierfabrik »an der Krktzern«, beisEi Borfe Brnggen , 
Würde erst 22 Jahre später (1604), auf Veranstaltung des Abts 
Bernhard II., erbaut, und yon ihm zu einem Stiftslehen ge- 
macht. Sein Wappen ist neben der Hausthflre in Stein gehauen 
zu sehen. 

**) Dieses hier gedruckte Schauspiel hat den Titel: mAeoleU" 
»tiM. « Ein Gomedia von dem Verlornen Son. Auss dem H. 
» Luc. am 15. gezogen durch den weitberümpten Poeten Hans 
» Sachsen zu Nürnberg. In Y. Actus gesteh ynnd in Truck ge- 
»geben.« 8. 



33 



zAhlen hat. Es ist dem St. Gallischen HagistrMe dedizirt. Auf 
dem Titel beflndet sich das grosse Str GalUsche Wappen. ES'giebt 
aach Exemplare mit der Jahrzahl 1580^ 

1580. 

Galendariumromanumethnic» vetustatis, e variis ancforibus 
collectum a Job. Rassio. 4. 

Calendarium. Explicatio solaris et lunaris anm quaniitatis 
aliarumquererumadCalendariamRomaiium explicandmn 
pertinentium. 4. 

Gerichtsteufel , darinnen gezeigt vnd gehandlet wirt , wie 
vnd in was massen der leidig sathan bissweylen ynordnung 
vnd Zerrüttung in Gerichten durch die luchter, Cleger, 
Beklagten, Advocaten, Procuratoren, Zeugen vnd der- 
gleichen Personen y so zu einem ^Gericht gehören , an- 
richten thut. — ZuEnd ist auch angehenckt der Gerichthch 
Process durch Georgen am Wald, der Rechten Licen- 
tiaten, Philosophie vnd beider Artaieien Doctom. 4. 

1581. 

Todtentantz, Durch alle Stendt der Menschen, darinnen jhr 
herkommen vnd endt, nichtigkeit vnn sterbligkeit, als 
in einem Spiegel zu beschawen, filrgebildety vnn mit 
schönen Figuren vnn guten Reimen geziert, notwendig 
auch lustig allermeniglichen zu lesen, hörea vnd wissen. 

Das Buch enthält 41 Holzschnitte nach David de Neckers 
Todtentanz, sammtText zu jeder Abbildung (das Blatt des Ehe- 
brechers ist , wahrscheinlich durch Gensurverstümmelung, wegge- 
lassen). Ob Straub die Holzschnitte in der von de Necker im 
Jahr 1572 zu Leipzig herausgegebenen Edition nur als Muster 
benutzt oder aber die Holzstöcke selbst von deren Verleger an- 
gekauft habe *) , ist nicht ausgemittelt. -* Diese Si, Galler Aus- 
gabe ist leider so selten» dass keine Exemplare hierzu finden 
und auch keine irgendwoher zu bekonmien sind. 

Htpperii, Ä., DialecticsLiber unus, ejusdem Rhetoricaß Li; 
ber unus. Editio 2da. 8. 



*) Zu jener Zeit gingen die Holzstöcke eben so hlufig von 
einem Yerlage zum andern Über , als später die Kupferplatten 
und heutzutage Holzschnitt- Abgüsse und Lithographien zu grös- 
sern und kleinem Werken. 

3 



3& 



Hat eine Vorrede des Bnchdrackers an den Leser und 15 
Seilen Register. 

Calendarium perpetuum , continens solis ortum et occasum 
in locis Europaß sub elevatione poli gradus 42 ac etiam 
41 et 43 gradibus sitis. — Roma caputmundir 16. 

1582. 

Von der Fürsichtigkeit Gottes, zehen Predigen dess uralten 
und christlichen Lehrers Theodoreii, auss griechischer 
Sprach in Latein gebracht durch Herrn Rudolphen Wal- 
ther , Diener der Kirchen zu Zürich. Neulich verteutscht, 
durch Job. Jakob Bauwmann von Zürich , mit sampt einer 
Vorred M. Johansen Brantmüllers, Dieners der Kirchen 
zu Basel. 4. 

1583. 

Ander Theil des Schatzes Evonymi, von allerhand künst- 
lichen ynd bewerten Oelen, Wasseren, vnd heimlichen 
Artzneyen zu allerley Kranckheiten aussen vnd in Leib 
oder sonst zu brauchen, sampt ihrer ordenlichen berey- 
tung, vnd dienstlichen Figuren. — Erstlichen zusammen 
getragen, durch Herren Doctor Cunrat Gessner, der 
Artzneyen Doctor Zürich in Latin beschrieben vnd in 
Truck gefertiget, jetzund aber newlich von Job. Jacobo 
NüschelerDoctommXeutsche Sprach vertolmetschet. — 
In Verlegung Josias Gessners von Zürich. 

Der Text begannt mit einem 14 Zeilen längen , die H&lfle einer 
Zeile breiten, mit kalligraphischen Verzierungen in Holz geschnit- 
tenen Anfangsbachstaben. 

Schryb-Calender samt der Pratic, ynd den Jahrmärkten. 
Darnebend mancherley Historien ynd natürhche Sachen 
fast kurzwylig , auch zum TheiLnutzlich vnd nolhwen- 
dig zu wüssen (u. s. w. ) 

Dieser Kalender verdient um so eher erwähnt zu werden , als 
er , ausser einem Zürcherschen aus dem Anfange des 16. Jahr- 
hunderts , der erste Yolkskalender in der Schweiz war. Auf 
Seite 30 dieser Schrift wird er , aus Anlass eines dabei Torge- 
falienen Gensuryergehens, erwähnt. 

1584. 

Calendarium romanum »thnic» yetustatis , a Jöh. Rassio. 4. 



35 



Jedes Jahr gab also Straab , wie obige Titel daithnn , einen 
durch denAslronomen Job. Rasch abgefassten wissenschaftlichen 
Kalender heraus. 

Eine Predigt des hl. Gallus , am Tage der Einsegnung 
eines neuerwählten Bischofs von Constanz daselbst gehalten, 
die bis um's J. 1712 in der hiesigen Stiftsbibliothek in Hand- 
schrift aufbewahrt lag» soll, zufolg einer Chronik -Notiz, 
aus L. Straubs Presse im Druck erschienen seyn. — Leider 
ist auch von diesem Produkte nichts mehr vorhandeii *). 



Leanhard Straub drueki , mit Beistand seines Jüngern Bruders 
Georg , zu Aich bei Rorschach und in Constanz. 

(1584 — 1607.) 

Einige Jahre nach seiner Y erhannung treffen wir unsem 
Straub mit dem Buchdruckereigewerb bei seiner Papier- 
fabrik zuj^cb wieder in voller Thätigkeit. Wiewohl die 
erste Spur davon erst aus dem J. 1588 ist, dürfte dennoch 
ab wahrscheinlich anzunehmen sejn, er habe sich un- 
mittelbar nachdem er St. Gallen verlassen, hieher begeben. 
^ Im nahegelegenen Rorschach , einem wegen seiner gün- 
stigen Lage für Waarenversendungen und wegen seiner 
Märkte lebhaften und häufig besuchten Flecken, wo er sich 
das Einsassenrecht erwarb , errichtete er zu gleicher Zeit 
einen Buch- und Papierladen. Auch in der Stadt Constanz, 
damalsSitz eines Bisehofe-und einer zahlreichen Geistlichkeit, 
und überdies fiir den Geschäftsverkehr sehr wohl gelegen, 

*) Diese Predigt findet sich abflredmcfct in ^des Canisku Lsotiö'' 
nes antiqum und in »Haid, das Licht des Evangeliums. St. Gallen 
1814.« 

3* 



MUlA,(t\ 



36 



verschaffte er sich , als umsichtiger ^ klug berechnender und 
unermüdetthätiger Geschäftsmann y die Niederlassung, wie- 
wohl sich längst schon Buchdruckereien dort befanden. 
Einen Theil der seinigen verlegte er nun hieher, kaufte ein 
fiir seinen Buch- und Papierhandel vortheilhaft liegendes 
Haus 9 und eröffnete auch da einen solchen Laden. Eine 
kleine Schriffgiesserei besass er ebenfalls , nach dem Beispiel 
aUer grossem Offizinen, seit Erfindung der Kunst, bevor 
nämlich dieser Zweig der Typographie sich ( im 17. Jahr- 
hundert] allmählig von der Buchdruckerei trennte , um als 
selbständiges Geschäft betrieben zu werden. Auch einen 
(oder vielleicht mehrere] Formschneider hatte er in sei- 
nem Dienste. 

Der lästigen Censur war Straub jetzt freilich los, 
wenigstens auf des Abts Gebiete, weU hier bisher keine 
nöthig gewesen war, und auch jetzt wurde , so viel bekannt, 
keine Censurmaassregel eingeführt ; somit genoss der erste 
Buchdrucker in der fürstlich sanktgallischen Landschaft 
völliger Freiheit der Presse. Dagegen erwarteten ihn Ifiss- 
geschick, Sorgen und Verdriesslichkeiten anderer Art, die 
beinahe seine beständigen Begleiter waren. 

Wahrscheinlich um sein jetziges Fortkommen zu sichern, 
vielleicht auch behufs seiner Niederlassungen in Rorschach 
undConstanz beinahe dazu genöthigt, trat Straub (und ohne 
Zweifel seine Familie mit ihm] zum katholischen Glauben 
über. Wer bei der damals herrschenden scharfen Trennung 
der Confessionen die Schwierigkeit, vielleicht gar Unmög- 
lichkeit, bedenkt, als reformirter Familienvater, besonders 
als Buchdrucker , an einem einzig von Katholiken bewohnten 
Orte , wo ein zahlreicher Clerus sich aufhielt — zu wohnen. 



37 



der wird dem Yerbannten diesen Schritt nicht schlimm aus- 
legen y von welchem wahrscheinlich seine und der Seinen 
fernere Existenz und das Gedeilien seiner verschiedenen 
Berufszweige abhingen. 

Straub beschäftigte in Constanz allein mehrere Pressen, 
und die bedeutendsten Arbeiten wurden hier unter seiner 
persönlichen Leitung ausgeführt, da er fast immer hier sich 
aufgehalten zu haben scheint, wo auch seine Familie 
wohnte. — Aller Emsigkeit und Anstrengungen ungeachtet 
wollte aber das Glück unserm Straub dennoch nicht günstig 
seyn. Das ftir die Erbauung seiner Papierfabrik aufgenom- 
mene Kapital von fl. 3000 ; die verschiedenen Zweige seines 
ausgedehnten Geschäfts, die täglichen Ausgaben für dessen 
Betrieb , mussten nothwendig zuweilen seine pekuniären 
Hülfsquellen übersteigen und ihn somit in Geldverlegen- 
heiten versetzen, so dass er seinen Verpflichtungen gegen 
seinen Creditor ( den Kaufmann Georg Zyli in St. Gallen ) 
nicht mehr nachkommen konnte ; und dieser , von falschen 
Grundsätzen ausgehend, erschwerte unklugerweise und 
gegen eigenes Interesse, während der, bis zu erlangter 
Deckung seiner Forderungen selbst übernommenen Betrei- 
bung der Papierfabrik und der Druckerei zu Aich , seinem 
Debitor die Geschäftstätigkeit dermassen , dass dieser da- 
durch in grossen Schaden und überdiess in die peinlichste 
Verlegenheit versetzt wurde , weil ihm wegen verspäteter 
Beendigung einer bestellten bedeutenden Druckarbeit, fttr 
welche' er eine beträchtliche Summe erhalten sollte , ein 
sehr empfindlicher Nachtheil drohete. Dies geschah im Jahr 
1588 , als für den Bischof von Ghur ein grosses Messbuch 
zu Constanz unter die Presse kam , das zu einer festgesetzten 



38 



Zeit abgeliefert werden sollte. Straub hatte sich freiwillig an- 
heischig gemacht , dasselbe for Rechnung Zyli's zu drucken 
und erbat sieh nur einen Geldyorschuss zu Bestreitung der 
Druckkosten , wurde aber mit diesem Gesuch ab- und an 
den Bischof gewiesen , welcher den Beseheid ertheilte : so- 
bald das Werk nach Ghur abgeliefert seyn wfirde , werde 
die Bezahlung erfolgen (f&r jedes gebundene Exemplar 
fl. 4 ) ; das Geld liege schon bereit* Statt nun , zufolge be- 
stimmter Abrede und Versprechens , das dazu erforderliche 
grosse und starke Papier in hinreichendem Vorrathe stets- 
fort zu liefern y damit die in 2 Pressen begonnene Arbeit 
nicht aufgehalten werde , beliebte es ihm häufig, Schreib- 
und Packpapier für die Kaufleute, »damit es Geld gebe«, 
fabriziren zu lassen ; und als im Spätjahr durch die ausge- 
tretene Goldach das Räderwerk stark beschädigt worden 
war,- so dass täglich nur ein kleines Papierquantum (vom 
Messbuchpapier wahrscheinlich gar nichts) geliefert werden 
konnte , wollte er nichts an die Ausbesserung verwenden, 
sondern zog sich ganz zurück und liess den von Baarschaft 
ohnehin beinahe ganz entbtössten Straub mit dem beschä- 
digten Werke, allen Arbeitern und dem angefangenen 
Bf esd)uche in der grössten Noth stecken , so dass , nach 
Straubs Aussage , 8 Arbeiter viele Wochen lang feierten, 
während er tie gleichwohl beköstigen und jedem 25 Batzen 
Wochenlohn geben musste. Der Bischof von Ghur aber, 
des langen Wartens völlig müde , drohete ^endUch , nach 
mehrem vorhergegangenen Mahnungen, die Messbücher 
gar nicht mehr annehmen , sondern eine andere Ausgabe 
in Venedig drucken lassen zu wollen. Der bedrängte 
Straub war jetzt gezwungen , damit nicht Alles zu Grunde 



39 



gehe 9 seine Gonstanzische Druckerei u« s. w. im Stiche 
zu lassen und die Papierfabrik in Aich zu übernehmen, 
ohne jedoch im Stande zu seyn, den Schaden, welchen 
die letztere erlitten , sogleich ausbessern zu lassen. Nach- 
dem dann, freilich zu Straubs grösstem Nachtheile, das 
Aushülfismittel ergriffen worden, nur die Hälfte der 
Auflage , d. h. iii'OO statt der bestellten 800 Exemplare, 
einstweilen fertig zu drucken, und somit das Werk zu 
An£ang 1589, zwar sehr verspätet, doch endlich glücklich 
'Vollendet wurde, liess Straub, jedoch erst nach Beseitigung 
neuer Schwierigkeiten und abermaligem Zeitverluste *), 
dem Bischöfe durch zwei Arbeiter zwei Exemplare nach 
Chur überbringen, damit er sich von der Vollendung 
seines Messbuches durch den Augenschein überzeugen 
könne und den Betrag, oder doch einen Theil , der Druck- 
kosten ausbezahle. Weil er sich aber zufällig eben in 
Tirol aufhieltj. und der Dompropst in Chur sich der Sache 
gar nicht mehr annehmen wollte, musste einer der Boten 
mit einem Exemplare den Bischof dort aufsuchen, der dann 
auch dem Udlierbringer eine Abschlagszahlung einhändigen 
liess. — Alle diese Widerwärtigkeiten hatten jedoch imserm 
brafen Typogr^ihen, bei seiner beharrlichen Ausdauer, den 
Muth und die Liebe zum Geschäfte nicht geraubt, denn er 
förderte ein in jeder Beziehung schönes Werk zu Tage, 



*) Wegen einem zwischen Zyli und einem Baseler Bachbinder, 
dem das Einbinden yerdingt gewesen , entstandenen Rechtsstreite 
war die ganze Auflage bei'm bischöflich - conslanzischen Obervogt 
zu Arbon in amtliche Verwahrung gelegt worden , wo sie , bis 
zu Austrag der Sache , mehrere Monate lag , und nur mit grosser 
Mühe konnte Straub 2 Exemplare heraus kriegen. 



M 



das seinem Kunstfleisse grosse Ehre macht (s. unten die 
nähere Beschreibung desselben). 

In einem mehrere Jahre später zwischen Zyli und 
Straub entstandenen Prozesse kam es so weit^ dass 
(1596) die Papierfabrik auf gerichtliche Versteigerung 
gebracht, von Zyli aber, ohne Zweifel als Hauptkreditor, 
das Zugrecht gebraucht wurde, worauf zwischen den Beiden 
ein Uebereinkommniss vor dem liirstL St^ Gallischen Pfalz- 
rathe zu Stande kam , kraft welchem die Papierfabrik, unter 
Uebemahme alier Beschwerden, Schulden und Zinse, ihrem 
ursprünglichen Besitzer (Straub}, unter der Bedingung 
wieder übergeben ward , dass er sowohl diesen Gewerb, 
als die mit Arrest belegt gewesene Constanzische Offi- 
zin seinem Gläubiger in der Stadtkanzlei zu St. Gallen 
als Unterpfand verschreiben lasse. Zugleich musste der 
Schuldner sieh zur Abzahlung von fl« 800 binnen den 
nächsten fünf Jahren anheischig machen , wofiir sich der« 
Abt von St, Gallen , Bernhard 11. , als Bürg und Zahler 
stellte^ 

Um diese Zeit traten Leonfaard Straub und sein schon 
erwähnter Bruder Georg in eine förmliche Geschäftsver- 
bindung mit einem Gonstanzischen Edelmanne , Macharius 
Keller v. Steinberg *) , damals Hofschreiber zu Rorschach, 
der eine Einlage von circa fl. 1000 brachte^ -^ Aus manchen 
Umständen lässt sich schliessen, es habe dieser das Handels- 
haus Zyli fuf dessen Forderungen an Straub ausgelöst^ 
dessen auf der Papiermühle stehendes Kapital an dasselbe 
zurückbezahlt, dagegen, wie natürlich, das Unterpfand 
sich selbst verschreiben lassen. — Leider gerieth Straub, 

*) Besitzer des im unternThargattliegeadenScJtüossesSaiidegg. 



41 

vom Migsgeschicke beständig verfolgt, durch diese Ver- 
bindung beinahe vom Regen in die Traufe; denn Keller 
war durchaus nicht der rechte Mann für ihn und für eine 
solche Sozietät. Nicht allein besass er keine Kenntnisse 
von den verschiedenen Geschäftszweigen , sondern er war 
tiberhaupt als ein Querkopf bekannt, mit dem nicht gut 
auszukommen sey ; und aus diesem letztern Grunde wollten 
die Bewohner Rorschachs ihn nicht als -Einsassen auf- 
nehmen. Es dauerte auch wirklich nicht lange, so brachen 
Missverständnisse und Uneinigkeit zwischen den Gesell- 
schafter» aus, herbeigeführt einerseits durch das Unver- 
mögen der beiden Strauben, das Kapital zu verzinsen oder 
gar daran abzuzahlen; sodann durch die Geldverlegenheiten 
Kellers (dessen Vermögensumstände den grossen und immer 
wiederkehrenden Ausgaben, die er kontraktgemäss zu 
bestreiten hatte, nicht gewachsen waren) ; anderseits aber 
durch Kellers vorgefasstes Misstrauen gegen die Erstem, 
denen er eigenmächtiges und willkührliches Verfahren in der 
Geschäftsführung vorwarf, nämlich dass Leonhard beinahe 
immer in Constanz sich aufhalte, statt, zufolge schriftlicher 
Verabredung, die Aufsicht über die Papierfabrik zu fuhren 
und Rechnung darüber zu geben; Georg aber, statt die 
Messen und Jahrmärkte mit den Verlagsartikeln und Papier- 
sorten zu besuchen und die nöthigen Einkäufe zu besorgen, 
wozu er verpflichtet sey, die Zeit lieber auf andere Beschäf- 
tigungen verwende , namentlich zu viel mit den in seiner 
Wohnung angestellten Fonn&chneidem und lUuminirem 
sich abgebe; dass er, femer, die jüngst, in Basel 
gekaufte Drackerei in Rorschach für sich selbst benutzt, 
und dadurch die Sozietätsdruckerei (zu Aich) »m Scheitern 



42 



gerichtet« habe (d. h. durch Yernachlässiguiig ia Verfall 
habe gerathen lassen), und dann mit dar erstem sogar 
nach St. Gallen gezogen sey. — Obgleich die so Beschul- 
digten über die meisten Punkte sich zu rechtfertigen 
wussten und sowohl in Constanz als St* Gallen einzig 
für das gemeinsame Interesse der Gesellschaft thätig zu 
seyn versicherten 9 Leonhard auch jederzeit aufrichtig und 
redlich gegen Keller gehandelt zu haben betheuerte y und 
überdies beide Brüder auch über manche kontraktwidrige 
Handlung des Letztern sich zu beschweren hatten « so konnte 
oder wollte man dennoch sich gegenseitig nicht mehr 
verstehen» und neue schriftliche Verabredungen , die 
Kellers Interesse besser wahren sollten» gaben nurAnlaiss 
zu neuen Missverständnissen und Verwickelungen» so dass 
der aufgebrachte Keller endlich (im August 1599) den 
Abt um seine Dazwischenkunft und Erlassung eines Befehls 
zu richterlichem Einschreiten bat» jo damit er zu seinem 
Eigenthum» seinem Recht und zur Ruhe gelange.« Beides 
erfolgte zwar» jedoch nicht in dem Maasse» wie er gewünscht 
und verlangt hatte. — Es scheint aber um diese Zeit die 
gänzliche Auflösung der Sozietät erfolgt zu seyn» durch 
welche muthmasslich dem Kläger die Papierfabrik sanunt 
dabei befindlicher Buchdruckerei zufiel *) » den Strauben 
hingegen ihre Offizinen in Constanz und St. Gallen blieben« 
Werfen wir noch einen Rückblick auf die Druckerei und 
den Buchhandel in Rorschach , so drängt sich zunächst die 
Bemerkung auf: dass dieselben in dieser Gegend und im 



*) Gegenwärtig ist sie Eigenthum der Wittwe von J. M. Bau- 
mann. — Vor etwa 100 Jahren brannte das Gebäude ab und 
wurde dann ganx neu Anfgebaat. 



43 



16. Jabrhundert eine um so mehr auffallende Erscheinung 
seyn mussten, als noch in den ersten Jahrzehenden 
des gegenwärtigen Säkulums die Aufstellung von Buch- 
druckerpressen oder einer Buchhandlung in einem Land' 
Städtchen, einem Flecken oder gar In einem Dorfe der 
Schweiz als etwas Ausserordentliches oder wenigstens 
sehr Auffallendes angestaunt wurde. In jenem Zeitalter 
aber, in welchem Straub lebte, waren, wie in der Ein« 
leitung angedeutet worden, Hoheit und Unwissenheit noch 
nicht überall durch gute Schulen und vermehrte Bildungs- 
mittel verdrängt , sondern gegentheils war die Masse des 
Volks , vorzüglich auf dem Lande , theils aus angeführten 
Ursachen, theils wegen herrschender leiblicher und gei- 
stiger Knechtschaft, fast überall noch sehr zurück. Dennoch 
scheint durch die an Jahrmärkten, Kirchweihen und andern 
Festen sich überall einfindenden Buchftihrer oder Buch- 
händler damals schon ein ziemlich lebhafter Verkehr in 
Druckschriften, geistlichen und weltlichen Inhalts, und in 
Kalendern statt gefunden zu haben. -— Dass aber manches 
von Straub hier verlegte Buch, vielleicht der grössere Theil 
derselben, hauptsächlich ftir den Absatz auf der Frankfurter, 
vielleicht auch andern Büchermessen, und nicht am Druck- 
orte selbst, berechnet gewesen sey, wie schon beiStraubs 
Auftreten in seiner Vaterstadt gesagt wurde , darf nicht 
vergessen werden. — - Immerhin möchte die Folgerung 
wohl nicht ganz unrichtig seyn, dass die Buchdruckerei 
und der BucUaden bei und in Rorschach nicht ganz ohne 
wohlthätigen Einfluss auf die Bewohner des Ortes und der 
Umgegend gebUeben seyen, sondern doch, mehr oder min- 
der;, die Lust nach dem Besitz eines oder mehrerer Bücher« 



k% 



dieser oder jener bekannten oder beliebten Yolksschrift oder 
eines Hausbuches , theils geweckt, theils den Geschmack 
am Lesen überhaupt befördert und unterhalten habe. 

Von den noch vorhandenen , mit der weitläufigen An- 
gabe des Druckortes: »Gedruckt in des fürstlichen Gotts- 
hauses St. Gallen Reichshof Rorschach am Bodensee « in 
Aich erschienenen Druckschriften ist die älteste yon 1588, 
und enthält das 

Prognostikon yom Antichrist und Ende der Welt, von 
J. Rasch. 4, 

Der nämliche Rasch, dessen astronomische Schriften 

früher in St. GaUen von Straub herausgegeben worden, 

lieferte im genannten Jahre ( 1590 ) einen 

Newen Calender , in 4. 

(Vielleicht die FortseUang des 1583 erschienenen Schreib- 
kalenders.) 

Ferner ein Schriftchen mit dem Titel : 

New Losstäg. Nvtzliche bedeucken vnd vnterscheidung der 
pöflischen alten Losstag, die Feldregel vnd Bawernpractic 
angehend, ob die in dem Neü-calendar all vmb X tag 
müssen mit vmbsetzt werden. 4. 

Weiter wurde im gleichen Jahr für das Stift St. Gallen 

in 32er Format gedruckt und mit artigen Kupferstichen 

begleitet: 

Officium B. M. Yirginis , nuper reformätum, et Pii Y. Pont. 
Max. jussu editum. Cum Calendario Gregoriano accom- 
modatum. 

Das in jeder Hinsicht bedeutendste Produkt aber, 

welches Straub in diesem und dem folgenden Jahre lieferte, 

ist eine, längst äusserst selten gewordene, mit 22 in Holz 

geschnittenen, illuminirten Figuren und dem Porträt, 

dem Wappen und der Grabschrift des Theophrastus 



45 



Parazelstts versehene SammluDg alchymistischer Schriften^ 

herausgegeben yon Salomo Trissmosinus (Präzeptor des 

Parazelsüs) unter dem Titel: 

Aurewm veUus oder guldin Schatz vnd Kunstkammer : da- 
rinnen der aller mmemisten, fiirtreffenlichsten , auss- 
erlesensten , herrlichisten ynd bewehrtesten Auctorum 
Schrifften vnd Bücher , auss dem gar vralten Schatz der 
vberblibnen^ verborgnen , hinderhaltenen Reliquien und 
Monumenten der Aegyptiorum, Arabum, Chaldceorum ei 

Assyriorum Königen und Weysen. Durch einen 

der Kunst Liebhabern mit grossem Kosten, Mühe, Arbejt 
vnd Gefahr, die Originalia vnd Handschrifilen zusammen 
gebracht, vnd auffs trewUchest und fleissigst an Tag 
geben. 4. * 

Weder desDnickers noch des Verlegers Name ist beim Brnck- 
ort angegeben. 



Leonhard Straübs fernerer Aufenthalt in Conztanz und 

sein Hinschied daselbst. 
(1600 — ij507.) 

Nach erfolgter Trennung von dem wunderlichen Edel- 
mann M. Keller und seinem Bruder Georg setzte Leonhard 
sein Geschäft, das jetzt einzig und ausschUessUch noch in 
Gonstanz bestand, mit gewohnter Thätigkeit fort, vermuth- 
lich unterstützt von seinen beiden ältesten Söhnen Leon- 
hard und Jakob« Aber nur noch 7 Jahre lang war ihm zu 
wirken vergönnt; er starb im J. 1607, 57 Jahre alt, um 
Jenseits von seinem mühe- und sorgenvollen Erdenleben 
auszuruhen. 

Unter seinen noch bekannten Constanzischen Drucken 
zeichnet sich vorzüglich aus : das Seite 39 erwähnte, 1589 
vollendete 
Missale secvndum ritvm Gvriensis Ecclesi®. Ad Dei Hono- 



46 



rem et Eccleste sysb suonunque Clericomm profectum , 
nouistypisy quam fieri potuit elegantissimis , composi- 
tum et emendatum. 

£8 ist dieser, circa 250 Seiten starke Folioband mit grossen, 
ganz neuen Lettern sauber gedruckt, mit verzierten Anfangs- 
buchstaben der Rubriken , und die Rückseite des Titels mit einem 
gelungenen grossen Holzschnitte geschmttckt , das von St. Lucius 
und St. Florinus angebetete Jesuskind darsteUend. Am Fusse 
des Holzschnittes ist das Wappen des Bisthums Ghur und das 
Familienwappen des damals regierenden Fürstbischofs ange- 
bracht, und das ganze mit einer illuminirten Holzschnitt -Ein- 
fassung umgeben, die Attribute aller Künste und Wissenschaften 
enthaltend. Am Ende des Buches befindet sich das Straubsche 
Famttienwappen. Die darin yorkommenden grossen Musiknoten 
Bind gegossen und cir<^ ^ Zoll hoch. Das Papier ist schön , und 
etliche Druckbogen sind , des häufigem Gebrauchs wegen , auf 
Pergament abgezogen. 

Noch ist ein im J. 1600 in Selbstverlag gedrucktes 

Dictionarium Pauperum , id est Comucopiae Condonatorum 
Yerbi Dei y a Rodvlphio a Tossignano. 8. 

zu erwälmen y welches der Verleger dem Abte von Pfäfers^ 
Mich. Sachser y mit einer lateinischen Anrede zueignete. 
StraubsWittwe^ die ihm yier Söhne und eine Tochter ge- 
boren hatte y setzte das Geschäft ihres verstorbenen Ehe- 
gatten fort , doch erscheint schon 1611 der Sohn ZeonAard 
als Uebernehmer des väterlichen Geschäfts. Sein jüngerer 
Bruder Jahoh besass zur nämlichen Zeit auch schon eine 
OfBzin in Constanz und beide Brüder liessen sich in das 
dortige Bürgerrecht aufnehmen. — Bis in's zweite Jahr- 
zehend des 18. Jahrhunderts blühte die Familie Straub als 
Buchdrucker und Buchhändler in dieser Stadt y denn im 
J. 1711 noch druckte Franz Xaver Straub als Universitäts- 
buchdrucker daselbst*). 



*) Verfasser bedauert um so mehr, dass es ihm nicht glückte, 
über die häuslichen, Berufs- und bürgerlichen Verhältnisse 
dieser Baohdrackerfkmllie während ihres langen AnfenthalU in 



47 



Oeorg Stranbf der zweite Budidrucker In 

St« Gallen« 

(1600— 1611.) 



Seit der Entfernung Leonh. Straubs war St. Gallen wäh- 
rend 16 Jahren ohne typographische Wefkstätte geblieben, 
und die für den Druck bestimmten Sachen mochten wohl, 
wie vor 1578 geschehen , wieder nach Zürich oder Basel 
zum Drucke gesendet worden sejn. Jetzt kam endlich der 
mehrmals genannte Georg Straub (geb. 1568) hieher, 
um mit der von Rorschach gebrachten Druckerei (s. Seite 
42 ] in seiner Vaterstadt sich einen selbständigen Wirkungs- 
kreis zu schaffen. Dies geschah gerade mit Anfang des 
17. Jahrhunderts. Der Leser hat ihn bereits als Gehülfen 
und nachherigen Geschäftstheilhaber seines altern Bruders 
(dessen Zögling er unzweifelhaft gewesen) kennen gelernt. 
Von seinen Jugendjahren und sonstigen Verhältnissen ist 
eben so wenig als von Jenem etwas Näheres bekannt. In Be- 
ziehung auf Thätigkeit, Schul- und Berufsbildung, sowie 
auf Lust undMuth zu literarischen Unternehmungen mochte 
er Leonharden ähnlich seyn, sein Charakter hingegen zeigt 
weniger Beharrlichkeit, sondern eher ein etwas flüchtiges 
Wesen. Er hatte jetzt das 32. Jahr erreicht und war seit 
5 Jahren mit Veronica Bention (deren Herkunft dem Verf. 
unbekannt ist) yerheirathet. 



Gonstanz, trotz wiederholter Bemühungen, etwas in Brfahrang 
zu bringen , da er Überzeugt ist , dass in Protokollen , Bürger- 
registem ^nd andern öffentlichen Akten u. s. w. gewiss Nach- 
richten yon ihr zn finden wären. 



48 



Die Vortheile y welche der Besitz einer eigenthümlichen 
Papierfabrik damals schon dem Bücherverleger uad mit 
Papierfabrikaten Handelnden darboten , und die unserm 
Buchdrucker natürlicherweise hinlänglich bekannt waren, 
mochte in ihm den Wunsch erregt haben, auch einen 
solchen Gewerb herzustellen. Nachdem er die dazu erfor- 
derlichen Hülfsmittel gefunden, schritt er unverweilt zur 
Ausfuhrung, wählte einen Platz in der appenzellischen 
Gemeinde Teufen (ehmals an das Gebiet der Stadt St. Galr 
len grenzend*),, und schritt noch im gleichen Jahre zur 
Ausfuhrung. Durch Ausstreuung nachtheiliger Geijichte 
bei den Nachbarn (deren Gegenstand und Veranlassung 
nirgends erwähnt sind), scheinen dem Baue Hindemisse 
in den Weg gelegt upd dadurch ein Verbot der Nachbar- 
regierung gegen dessen Fortsetzung henrorgerufen worden 
zu seyn. Diese Umstände nöthigten den Unternehmer, den 
Schutz seiner Obrigkeit anzurufen , woraufhin Bürgermeister 
und Rath am 20. Januar 1601 ein Fürbittschreiben an die 
Regierung von Appenzell A. Rh. ejrliessen , worin eines- 
theils die böswilligen Gerüchte zu widerlegen , andemtheils 
die Zurücknahme obigen Verbots auszuwirken versucht 
wurde. Dass diese Papierfabrik wirklich zu Stande gekom- 
men, geht aus erwähnter mündlicher Nachricht hervor, die 
deren Lage angiebt. Ueber ihre Dauer und ihr Schicksal 
aber weiss man nicht das Mindeste. — 

Wahrscheinlich durch irgend einen, in keinem Proto- 
kolle aufgezeichneten Vorfall herbeigeführt, ward im J. 1606 



*) Zafolge einer unverbürgten Nachricht soll diese Papier- 
fabrik im Watt , an der Landstrasse nach Tenfen , hart an der 
Grenzscheide, erbaut worden seyn. * 



4» 



die Beobaehtang der CensannrdQimg sowohl den Censoren 
4ds dem Buchdrucker neuerdings eingeschärft. Zu ver^ 
wundem ist es nicht» denn kaum konnte der Pressnrang 
höher hinaufgeschraubt werden, als wie er dazumid herrschte« 
Doch wurde hei diesem Anlasse zu Gunsten des in sei- 
nem Berufe benachtheiligten und gehemmten Druckers den 
Censoren zur Pflicht gemacht, das Durchlesen der ihnen 
Ohergehenen Handschriften und ihr Gutachten darüber jedes- 
mal zu beschleunigen , damit Jener nicht allzulang au%e- 
halten werde. — Dieses ist die einzige Erwähnung yon 
Gensurverhältnissen , zu welchen GecHrg Straub Gelegenheit 
gab. Er scheint demnach in diesem Punkte schmiegsamer 
und vorsichtiger als sein Bruder gewesen zu seyn. ^- 

Als Liebhaber, Termufhlich auch als Kenner der Form- 
oder Holzschneidekunst , verwendete er viel Mühe undFleiss 
•nf die Titelein£»sungen und Abbildungen in seinen Aus- 
gaben, zu denen er mehrere Künstler benutzte, deren Ar- 
beiten, nach dem Crtheile von Kunstkennern ^ zum Theü 
Ton sinnreicher Erfindung und geschickter Ausftihrung sind. 
Wir nennen zuvorderst eine im ersten Jahre (1600) erschie- 
nene, sehr selten gewordene Sammlung von Abbildungen 
der Kleidertrachten aller damals bekannten Nationen in den 
4 Welttheilen, in 89 Blättern quer Quart *], an welcher, 
den Monogrammen zufolge, wenigstens sechs Künstler 
gearbeitet haben. Der Verleger eignete dieses Buch , in 
einer lateinisch abgefiutsten Zueignung , seinem Hitbürger 



*) Bei dem Tom Yerfasser aafgeftudenen KxempUre fehlt lei- 
der das Titelblalt. Heller erwähnt zwar dieser Ausgabe in seiner 
Geschichte der Holzschneidekunst, Seite 248 (Bamberg 1823 ) , Je- 
doch nur kurz und in unbestimmten Ausdrucken , und nennt es 
biet ein »Trachtenbuch.« 

k 



50 



Ulrich Zollikofer y. Nengisberg, Stadtammann und Schul- 
rathe , zu. Am Fusse jeder Abbildung ist ein daarauf bezüg- 
licher ^ mit Typen gesetzter lateinischer Vers zu lesen. 
Hieher geliört ferner : 

Prozess, wie es nachdem alten Bruch , an ainem Haiefitz 
Gricht in der Statt S. Gallen , gehdten werden solle. 
1600. &. 

Der g^össte Theil der Titelseite ist mit einem illnminirten 
Holzschnitt (das grosse St. Gallische Wappen) ausgefällt. Zwei 
in alte Tracht gekleidete Engel mit yierfarbigen Flügeln sind die 
Schildhalter. 

Larhardi Ogdoas scholastica, continens Diagraphen tjpi'cam 
artium grammatices, logices, astronomices (etc.). 1606. k. 

Der Titel ist mit breiter Holzschnitteinfassnng yon sinnreicher 
Erfindung umgeben. 

Gross Kirchen Gesangbuch , Darinn die furnembsten Psal- 
men , Lobgesäng vnd geistliche Lieder , so in den Evan- 
gelischen Ghristfichen Kirchen vnd Gemeinden gesungen 

. werden. Durch Etliche Gottsgelehrte Männer, welche 
mit ihren Nammen hernach vermelt, inTeutsche reimen 
gesteh. Für Christliche Statt, Dorff -Kirchen vnd Schu- 
len. 1609. Folio. 

Der Titel , mit rothen Zeilen , steckt in der Mitte einer , die 
ganze Seite füllenden Holztafel. Die als Einfassung der Blätter 
angebrachten , wohl gelungenen und sauber in Holz geschnitte- 
nen Arabesken sind von der Hand des Formschneiders Christoph 
Maurer, nach der Zeichnung von Josias Maurer. — Wie auf dem 
yon Leonhard gedruckten Misscde» befindet sich auch hier das 
Pamilienwappen der Straub auf dem letzten Blatte in grossem 
Masstabe. Musiknoten sind keine dabei. — Straub dedizirte 
diese mit vieler Mühe und bedeutenden Kosten veranstaltete 
Ausgabe dem hiesigen Magistrate , » seinen grossgttnstigen * vnd 
gepiettenden Herren. « 

Von andern Druckschriften ist noch erwähnenswerth: 

Arithmetica , Oder Rechenbuch : Darinnen die furnembsten 
Regeln gründlich gelehrt, und mit allerley schönen vnd 
nutzlichen Exempeln allen Kauff, vnd Handelsleuthen 
gar dienstlich 9 auff mancherley Gewicht, vnd Miintz- 



gl 



störten» erUäret werden. Der Loblichen Geweri)statt 
S. Gallen , als seinem geliebten Vatterlandt y wie auch 
der New Reforfnirt Schul allda , Durch Esajam Webern, 
Sancto-Gallensemj, in leichter Ordnung zu gutem be- 
schriben, vnd in Track verfertiget* 1601. 8. 

Mandat ynd Ordnung Herren Burgermeister kleiner vnd 
grosser Käthen der Statt S. Gallen , von wegen dess 
Christlichen Kirchgangs ^ ynd besuchung der Predigen : 
Item zu abstellung dess liederlichen zehrhafften lebens^ ' 
Wie nicht weniger dess vberflusses prachts vnnd kost- 
ligkeit in Gastereyen, an den Hochzeiten > vnd in der 
bekleydung (ü. s. w.]. 1611. 4. 

Dieses im Aag^ustmonat 1611 , während diner E(tark grassiren- 
den Pest erlassene Sitten- und Polizeigesetz gehört zu den merk- 
würdigen Aktenstücken über die Sittengeschichte jener Zeit. — > 
Ben Bürgern war bei hoher Strafe yerhoten, ein Exemplar einem 
Fremden zukommen zu lassen, oder gar auswärts zu senden. '— 
Es ist einer der letzten Drucke Straubs. 

Diese eben erwähnte Pestkrankheit raffte Straub im Sept. 
gl. J., und einige Wochen später auch seine Gattin, hin- 
weg, nachdem er kaum 12 Jahre in seiner Vaterstadt ge- 
wirkt und ein Alter von nur 43 Jahren erreicht hatte. Seine 
vier Söhne starben auswärts und, auffallend genug, mit 
ihm ging die Buchdruckerkunst in St. Gallen abermals ganz 
ein. Vielleicht war Georgs hinterlassene 0£Eizin nach Con- 
stanz , in die Hände seines Neffen Jakob Straub gewandert, 
weil dieser in demselben Jahre, alsErsterer starb, dort 
als selbständiger Buchdrucker auftrat. 

So verlor St. Gallen zum zweitenmale seinen Buch- 
drucker, der, im kräftigsten Alter stehend, vermöge seines 
Kunstfleisses , seinen Mitbürgern noch viele Jahre hätte 
nützlich seyn können. 



4» 



52 



Jakob Redlnger and die ilim nacbfoigenden 
Bncbdracker Wm anf die neueste Zelt« 

(1680—1840.) 



Nirgends findet sich auch nur die geringste Spur Ton 
dem Yorhandenseyn einer Buchdruckerei in St. Gallen 
seit dem langen Zeiträume vom J. 1611 (G. Straubs 
Todesjahr) bis zum J. 1680. Diese Lücke von 68 Jahren 
begründet unbestreitbar den zweiten Zeitabschnitt in der 
Geschichte unserer Buchdruckereien. So unbegreiflich 
dieselbe auch erscheint , darf sie gleichwohl nicht unbe- 
dingt einer allgemeinen Gleichgültigkeit oder Abneigung 
gegen alle , die Literatur und Wissenschaften befördernden 
und unterstützenden Institute zugeschrieben werden, indem 
gerade im 17. Jahrhunderte die Gelehrsamkeit von Oben 
herab Aufmunterung und Anerkennung fand und wirklich 
von mehrern St. Gallem die schönen Wissenschaften , Ge- 
schichtkunde, Weltweisheit, Mathematik, vorzüglich aber 
alte Sprachen mit Auszeichnung betrieben wurden. Sehr 
schwer hält es demnach, die wahre Ursache dieser langen 
Unterbrechung, nachdem früher schon wiederholt eineBuch- 
druckerpresse in Hier bestanden, auszumitteln ; doch dürfte 
sie nicht ohne einigen Grund, bei selten vorkommenden 
eiligen oder überhaupt ftir das Geschäftsleben bestimmten 
Druckarbeiten , der steten und leichten Verbindung einiger 
Buchbinder und Verleger mit zürcherschen , baseischen 
und andern Buchdruckern, wie früher schon der Fall 
gewesen, beizumessen seyn. 



53 



Im Sommer 1680 eodUeh meldete sich der seit neua 
Monateo im benachbartea appenzellischen Dorfe Heiisau 
niedergelassene Buchdrucker 

Jakob Bedingter 9 von Zürich, 

um die Erlaubniss des hiesigen Aufenthaltes und der 
Ausübung seiner Kunst. Beides erhielt er zwar^ gegen 
Bürgschaft yon fl. 100, aber (ausser der Beschwörung 
einer sehr strengen Buchdrucker- oder Censurordnung) 
unter auffallend harten Bedingungen , die in jenem Augen« 
blicke beinahe ungerecht waren , jedoch nur als Folge der 
gegen alleNichtbürger bestehenden, allerdings drückenden 
Handwerks- und Zunftgesetze am betrachten sind, unter 
welche auch Gutenbergs freie Kunst sich schmiegen 
musste« Redinger musste sich nämlich verpflichten, dem 
ersten bürgerlichen Buchdrucker, der sich hier etabliren 
werde , »von Stund an zu weichen, und falls dieser seine 
CRedingers) Druckerei käuflich übernehmen wollte, sie 
sich aber über den Preis nicht vereinigen könnten , solle 
der Eigenthümer gehalten seyn, dieselbe mit sich hinweg 
zu fuhren. « Von Seite der Buchbinderkorporation ward 
dem neuen Einsassen vorgeschrieben, keine andern altf 
die ftir eigenen Verlag gedruckten Bücher, und zwar diese 
nur uneingebunden, zu verkaufen; auch solle er Psalm« 
und andere hier eingeführte Bücher, die er allenfalls 
drucken würde, weder durch seinen Bruder zu Herisau» 
noch auf andere Weise, feil bieten und auswärts einbinden 
zu lassen befugt seyn. — Dass er übrigens dem schrift- 
stellerischen Publikum wiUkommen gewesen sey , geht aus 
mehrern f schon in den ersten Jahren seines Hierseyns 



54 



ans Licht gdcommenen^ nicht unwichtigen Werken herror; 
es sind dies: Bischofbergers Appenzeller-Chronik, 16^; 
Haltmeyers St^ Galler- Chronik, 1683, und die (1682 
gedruckte) erste Ausgabe des religiösen Gesangbuches: 
Geistliche Seelen - Musik *) , dessen Herausgeber , der 
Rektor Christian Huher, in der Vorrede bemerkt , »er 
habe den günstigen Anlass der gegenwärtig hier anwesenden 
Druckerei fär Herausgabe seiner Liedersammlung nicht 
unbenutzt lassen wollen.« — 1681 ward R. bewilligt, eine 
Z«ittm^ herauszugeben, die aber, nach einigen Aeusserungen 
im Rathsprotokolle zu schliessen, trotz ihres Titels, eher 
industriellen und unterhaltenden, als politischen Inhaltes 
gewesen seyn mag. Sein wichtiges Vorhaben , eine Ausgabe 
der Lutherschen Bibelübersetzung, woför er bereits die 
obrigkeitliche Erlaubniss besass , zu veranstalten , blieb, 
wegen Mangel an Unterstützung zur Bestreitung derbedeu-r 
tenden Verlagskosten , unausgeführt. 

Zum Unglück für Redinger traf der in den Niederlassungs-* 
bedingungen vorgesehene Fall nach Verfluss von neun 
Jahren wirklich ein, als Heinrich Latenz Hochreutiner 
zu Ende 1688 eine Buchdnickerei zu errichten Anstalt 
machte, welchem Redinger, nach vorher eingeholtem 
Gutachten der Buchdruckerinnung in Zürich, jetzt weichen 
musste. Sehr wahrscheinlich ist, dass seine OfBzin in 
Hoehreutiners Besitz überging. Zwei Jahre zuvor hatte 



*) In dieser Ausgabe sind an den leeren Stellen häuflg wieder- 
holte, dem Inhalte ganz fremde Holzschnitt- Vignetten, von der 
Hand Rud. Redingers (wahrscheinlieh des Buchdruckers Bruder), 
angebracht, nämlich das Wappen der Buchdrucker, ein am 
Schriflkasten , and ein an der Presse stehender Arbeiter f 



55 



Redinger die Bürgerin Johanna Regina ZoUikofer gehei* 
rathety und nun ward ihm sogar die Fortsetzung eigener 
Haushaltung untersagt, »um keinem Burger der Herberg 
halben Hindemuss zu geben « , sagt der darauf bezügliche 
Rathsbeschluss. — - Von nun an sehen wir ihn bald als 
Gehülfen, bald als Geschäftsführer bei seinen Nachfolgern, 
aber auch jetzt noch Öfters beunruhigt und verfolgt, 
indem eben seine Anstellungen, als den Handwerksgesetzen 
zuwider, Anlass zu Streitigkeiten und Prozessen unter den 
Buchdruckerei- Inhabern gaben. Inzwischen liess Redinger 
noch während 12 Jahren seinen Schreibkalender jährlich 
erscheinen, zuweilen auch ftir seine Rechnung noch eia 
Schriftchen drucken. 

Im J. 1704 soll et in Ghur gedruckt haben ; zwischen 
1713 und 1718 aber (als während der Toggenburgerunruhen 
Zürich und Bern die Abtei St. Gallen besetzt hielten und 
der Abt abwesend war) erscheint er als Pächter der 
Stiftsdruckerei , hatte aber seine Wohnung in der Stadt« 
Allein auch in diesem, von derselben ganz unabhängigen 
Verhältnisse blieb er nicht unangefochten; denn 1715 
beschwerten sich die bürgerlichen Buchdrucker und Buch- 
binder, »er bediene sich zu ihrem Nadbtheile der Stifts- 
druckerei a , und es wurde ihm mit Fortweisung aus der 
Sladt, sammt seiner Familie, gedroht, wenn ferner Klagen 
gegen ihn erhoben würden. — Von da an sind die weitem 
Schicksale dieses thätigen, geschickten, gebildeten und 
desswegen interessanten , aber vom Glücke niemals begün- 
stigt gewesenen Mannes gänzlich unbekannt, wiewohl er 
im J. 1730, sehr betagt, seine mühseligen Tage hier 
beschlossen haben soll. 



S6 



Saideil durch Rediliger die Buoh^nc&eTlaiii^ fi^cidi- 
aam zum zveUenHale in St. Gallen dugefiihit worden, 
schien einerseits die Lust za Erlernung , und andeiseits zu 
Benutzung dersdhen bei den Bürgern plötzlich erwacht zu 
seyn ; von jetzt an blieben aber die St. Gallischcäi Pressen 
nuch grösstentheils auf die schrifkstellerisoben Arbeiten 
ihres Ortes beschränkt» denen aber noeh eine Anzahl hier 
eingeführter oder beliebter Cateehismen , Gesang-, Schul-', 
Gebet- und anderer moralischer und religiöser Schriften 
bmuzählen ist « die öfters neue Auflagen eriebtep. 

Drei bürgerliche Familien sind es , die während eines 
Yollen Jahrhunderts, nämlich vom Ende des 17. bis 
zu dem des 18. , bald einzeln, bald zu Zweien > sogar za 
Dreien zu gleicher Zeit, zwar mit ung^ichem Erfeige, 
der* Budidruckerkunst in ihrer Heimath sich gewidmet 
haben. Diese Familien gehören zu den GescUechtem 
Oochreutiner» Weniger, Dieth. Um Erste unter ihnen, 
bei dessen Auftreten (zu Ende 1688) Redinger seine 
Selbständigfctit verlor, war der schon erwähnte 

Helnrtcli Lorenz Hoclireotiner, 

geboren 1656» der unzweifelhaft die Kunst auswärts erlernt 
hMe. Bei seinerRückkehr äusserte er, »erwelleRedingera 
das Drucken nieht nur hier, sondern noch 6 Stundea 
weit herum a veribietefn lassen. Von seinen wenigen und 
tmbedeutenden Drucken ist nichts mehr vorhanden, und 
von 1690 an verii^ sich sogar jede Spur seines Daseyns, 
so dass nicht einmal sein Todesjahr aufgezachnet, und 
demzufolg mzunehmen ist, er habe St. Gallen verlassen 
und sey im Auslande gestorben. 



57 



Nar einen Monat später > nachdem Obiger seine Wirk- 
samkeit begonnen hatte , gründete der mit ihm verwandte 

BaTld Hochreatlner^ 

geb. 1662, eine zweite gleichzeitige Druckerei (Febr. 1689). 
Sein Vater, Jakob Hochreutiner, war ein angesehener Buch- 
binder , der ein bedeutendes Buchhandels - und Yerlags- 
geschäft hatte und als Verleger früher sich der Baseischen, 
dann der lledingerschen und jetzt seines Sohnes Presse 
bediente« Aber schon nach fünf Jahren (169&) wurde 
David in der Blüthe des Lebens, unyerehlicht , vom 
Tode ereilt. 

Toblas Hocbreatlnery 

geb. 167i , ein Zögling Redingers und jüngerer Bruder 
von Heinr. Loren» Hochreutiner, begann 1697 zu drucken* 
Ob er den von diesem hinterlasseilen Druckapparat über« 
nommen oder einen neuen herbeischaffen musste, ist 
unbekannt. Gleidi im Anfange seiner Selbständigkeit 
verlangte er von den Erben Davids H. die Entlassung 
ihres Geschäftsfährers Redinger, weil tie die Kunst nicht 
eriemt hätten, und letztere mussten , nach richlerlichem 
Ausspruche, dieser Forderung entspredien. •«- 1707 ward 
Tobias H. , wegen unfiriedlichem Betragen gegen seine 
Gattin , Dir drei Jahre aus der Stadt verwiesen. *— 1738 
sdbaint ein Stillstand in seinem Geschäft eingetreten zu 
seyn, indem er, bercSts 68 Jahre alt, für sieh und seine 
80jährige Gattin eine obrigkeitliche Unterstützung aus dem 
Grunde ansprach, er habe »wegen blöden Gesichts die 
»Druckerei quittiren und seine Stadtwachtmeister- Stelle 



58 

]» niederlegen müssen.« — Um 1740 trat er seine Druckerei 
unter gewissen Bestimmungen an den Buchbinder Heinrich 
Hiller ab, dessen Geschäftsführer er werden sollte, während 
Hillers Sohn bei ihm die Buchdruckerkunst lernte. Allein 
dieselben Gründe, welche Tobias H. 42 Jahre früher gegen 
die Erben von David H. vorgebracht hatte,. machte sein 
jetziger Konkurrent , Ruprecht Weniger , nun gegen ihn 
geltend. Hiller wurde obrigkeitlich angehalten , entweder 
dieses Yerhältniss aufzugeben, oder die Druckerei käuflich 
an sich zu briogen und dem bisherigen Besitzer in Pacht 
zu geben, der sie ferner unter seinem eigenen Namen 
fuhren musste. — Tobias H. starb 1748. 

Lorenz Hoclireutlner , 

geboren 1678, gest. 1735, war der jüngere Bruder von 
Damd H. Damit er nach zurückgelegten , unter Redinger 
begonnenen und bei seinem Vetter Tobias H» vollendeten 
Lehrjahren desto schneller die von genanntem Bruder 
hinterlassene und seit 1697 ( nach dem von Tobias H. 
angehobenen Prozesse) höchstwahrscheinlich stillestehende 
Buchdruckerei übernehmen könne, befreiten ihn, ausnahms- 
weise, die Vorsteher seiner Zunft von der Pflicht des 
Wanderns , und so ward er 1701 » zum Meister gemacht.« — 
Sein bedeutendster Verlagsartikel war die, bei Redinger 
zuerst erschienene »Geistliche Seelen-Musik ö, von welchem 
er bis zu seinem Tode sieben Auflagen lieferte *). -^ In den 
Jahren 1712 und 1713 hatte er den nachbenannten Daniel 
Weniger zum Gesellschafter ; dann trennten sie sich wie- 
der, und 

*) Ein YoUes Jahrhondert hindurch wurde dieses Buch fiir 
den Gesangunterricht im Gymnasium gebraucht. 



59 



Daniel Weni§:er, 

geboren 1676 , war von jetzt an dritter gleichzeitiger Buch- 
drucker St. Gallons. — Er starb 1726. 

Um das J. 1723 war 

Bartholome DIetli, 

geboren 1691 , der Stammvater der dritten Buchdrucker- 
familie , aufgetreten^ und es müssen demzufolge , freilich 
nur für ganz kurze Zeit, vier Buchdruckereien hier bestanden 
haben. Er druckte meist nur kleine religiöse Traktätchen, 
als: »Geistliches Neboa, »Leichte und gesunde Kinder- 
Speiss«, »Paradeiss -Blümlein c<, » Wahrheits-Milch c( und 
dgl. m. — KVii/f730, in welchem Jahr er in Kleinhüningen 
bei Basel st^^^ hörte seine Wirksamkeit sdion auf. 

Auf ihn folgte 

naprecht TVenlger, 

geboren 1680, ein Vetter des oben angeführten Daniel 
Weniger. Durch seine Yerehelichung mit der Wittwe 
Bartholome Dieths gelangte er, ohne Zweifel bald nach 
dessen Tod , in den Besitz seiner Offizin. Pfarrer Gabriel 
Walser liess (1740) seine »Chronik des Landes Appenzell a 
bei ihm erscheinen V'^ ^^^jrbeit, die Wenigers Presse 
Ehre macht. — Theils ^» säubern Druckes , theils des 
seltsam klingenden Titels wegen nennen wir noch die: 
» Himmlisch - gesinnter Seelen Himmel - Durchschallende 
und Unsem Gott billich hoch verherrlichende Gebät- Musik, 
das ist, Geistreiches Gesang ^Gebätbuch« (u. s. w.), 
herausgegeben vom Diakon Casp. Zollikofer *)• 

*) Der Hagislrat, welchem das Buch dedizirt war, hatte deu 
Herausgeber bei Anlass der DruckbewilUgung ersuchen lassen, 



60 



Wie strenge zu dieser Zeit die Gensur gehaüdhabt 
worden seyn muss, Temimmt man aus Wenigers, im 
August 1739 dem Rath tibergebenen Bittschrift, in welcher 
er sagt: »Er sey diesmal der einzige Buchdrucker allhier*) 
und mit einem scharfen Eide gebunden , auch die gering- 
sten Sachen, ja überall nichts ohne vorherige Censur und 
erhaltene Erlaubniss drucken zu lassen , welches dann den 
Herren Censoren und ihm nicht nur grosse Bemühung, 
sondern ihm auch starken Abgang an seiner Nahrung und 
namhaften Sehaden verursache « , während er doch (sagt die 
Bittschrift weiter) von MGHerren kein Wartge]d geniesse 
und anderwärts in und ausser der Eidgenossf^^^chaft , auch 
selbst seine Vorfahren allhier , nicht so Bmrt gebunden 
gewesen « u. s. w. — Der Magistrat liess insoweit Milde- 
rung und Erleichterung des übertriebenen und lästigen 
Censurzwanges eintreten, dass den Censoren die Befugniss 
ertheilt wurde, nicht nur Gelegenheit^ -Reden und Pre- 
digten, Glückwünsche, Gedichte und ähnlicheKleinigkeiten, 
sondern auch grössere Werke allein von sich aus die Gensur 
passiren zu lassen, ohne ein Gutachten darüber eingeben 
und die Druckbewilligung beim Kleinen Rathe einholen zu 
müssen, mit dem ausdrücklicBls^^zuf^kalt jedoch, »wich- 
tigere Sachen und* Werke, die gemeine Stadt, löbl. Eid- 
genossenschaft, oder die Religion betreffen, wie bisher. 



den » allzuhochtrabenden « Titel abzuändern ; dass es geschehen 
sey , muss man aber beinahe bezweifeln. — Die Herausgabe 
dieses Buches jflihrte wegen verschiedener , erst nach dem Druck 
entdeckter anstössiger Punkte einen Pressprozess herbei, der für 
den Herausgeber unangenehme Folgen hatte. 

*) Die Tobias Hochreuünersche Druckerei scheint also in diesem 
Jahre wirklich onthälig gewesen zu seyn. 



61 



dem Rathe yorzulegen. — Weniger starb 1756, mit 
Hinterlassmig zweier Söhne , die des Vaters Beruf erlernt 
hatten. 

Ijeonliard Dleth, 
geh* 1723, war der Sohn des BarthoL Dieih* Nach dem 
Tode seines Stiefvaters , Rupr. Weniger^ erbte er die väter- 
liche Druckerei y und trat sie im J. 1757 an/ konnte ihr je- 
doch nicht länger als 6 «Jahre vorstehen ^ weil er schon 
1762^ im 29. Lebensjahre, in die Ewigkeit hinüberging. 

Unter ^er Firma 

läeon\g»& *"• ": V«ecl. Witm 
V '«nahjp. 

führte seine Wittwe 9 gebornb ^\nd, das von ihrem Gatten 
hinterlassene Geschäft, bis zur Volljährigkeit und Heimkehr 
ihrer beiden Söhne aus der Fremde, etwa 18 Jahre lang fort. 
Als Gehülfen oder Faktotum hatte sie ihren Stiefschwager, 
Rupr. Weniger jünger, Sohn ihres Stiefvaters Rupr. We- 
niger. Im J. 1772, während einer theuem und verdienst- 
losen Zeit , sah der E3. Rath sich genöthigt , die Wittwe 
Dieth mit Geld und Lebensmitteln zu unterstützen , und 
eine eigene Commission zur Berathung der Mittel, wie 
ihrer Druckerei au£euhelfen seyn möchte, niederzusetzen, 
damit diese damals einzige St. Gallische Offizin nicht 
gänzlich eingehen müsse. — ImJ. 1781 übergab die Wiitwe 
Dieth das Geschäft ihren zwei Söhnen 

David Dieth, geb. 1756, 

Leonbard Dletb, geh. 1760, 
welche dasselbe unter dem Namen Diethiiche Druckerei ftihr- 
ten. Sie hatten sich für ihren Beruf möglichst ausge- 
bildet, lieferten ziemlich saubere Drucke und wussten 



62 



das Geschäft zu beben. Mehrere , sowohl von ihnen seihst 
als von ihren Eltern gedruckte deutsche und französische 
Ausgaben eines Kirchengesangbuches machen ihrem Fleisis 
und Sorgfalt Ehre. 

Als David 1792 kinderlos starb , kam die gemeinschaft- 
liche Druckerei in die Hände des Buchbinders Wehrli zu 
Bischofzeil y im'Thurgau, der mit Herausgabe kleiner Yer- 
lagsscbriftchen sich früher schon besdiäftigt halte. Leonr 
hard, der Jüngere, begab sich in der Eigenschaft eines 
Gehülfen, vielleicht sogar als Geschäfts-Theilhaber. eben- 
falls dorthin, üngjÄfirfiUchte ^icl^laÄeltetr^'s J. 1797 
wurde die Druckerei seinB|^^dßftium, und nachdem seine 
Presse manche, auf die damalige politische Lage der 
Schweiz Bezug habende Flugschrift , auch die von J, J. 
Hausknecht redigirte Zeitschrift: »Der helvetische Yolks- 
freunda, geliefert hatte , verliess er Bischoficell im Sommer 
1803 , um in seine Vaterstadt zurückzukehren. Hier grün- 
dete er gemeinschaftlich mit unserm Job. ZoDikofer das 
gegenwärtig noch bestehende St. Gallische Wochenblatt. — 
Im Juni 1803 erfolgte sein Hinschied im 43. Lebensjahre, 
und mit ihm erlosch zugleich die Buchdruckerfamilie Dieth, 
indem sein hinterlassener Sohn zur Fortsetzung des väter^ 
liefen Berufs nicht geeignet war. 

Von 1789 an waren die Brüder Dieth nicht mehr die al- 
leinigen Buchdrucker in ihrer Vaterstadt gewesen. Durch 
Job. ZoUikofer war nämlich in jenem Jahr wieder einmal eine 
zweite und zwar ganz neue Buchdmckerei errichtet worden. 
— Weil aber mit der Entfernung Leonh.Dieths nach Bischof - 
zeil die ältere Geschichte der Buchdruckereien in der SUdt 
St. GaUen sich schliesst und unmittelbar vor Ablauf des 



63 



18. Jahrhunderts zugleich auch im politischen und literari- 
schen Leben derselben ein neuer Zeitabschnitt beginnt, so 
lassen wir den weitem Nachrichten über diese und die üb- 
rigen Druckereien einen kurzen Blick auf den Zustand der 
Typographie und des Literaturwesens im 18. Jahrhundert 
vorausgehen. 

Mbstanä)pA^ lAatefywidert in ganz Europa begonnene all- 
maJSef'^l^keft . an^ ^ uchdruckerkunst von der hohen Stufe 
der ^^^onunenh&l;''; welche sie schon im ersten Jahr- 
huiidert der Erfindung erreicht und bis in's 16. behauptet 
hatte y nahm bis um die Mitte des 18. Säkulums in allen 
Ländern ( ehrenvolle Ausnahmen bei einzelnen Städten 
ausgenommen )y immer mehr überhand und äusserte 
sich begreiflicherweise auch in St. Gallens Offizinen. Man 
schenkte den Typen , dem Druck und Papier weit weniger 
Aufinerksamkeit und Sorgfalt als früher ; wenige Arbeiten 
erhoben sich über das 6e wohnliche , und überhaupt wsor 
der typographische Geschmack im Ganzen auffallend ge- 
sunken , und wohlfeUer Druck galt für die Hauptsache , wo» 
durch der Eifer jEur das Höhere der Kunst ertödtet werden 
musste. Zu diesen nachtheiligen Umständen und Einflüssen 
gesellten sich bei uns , ausser den lästigen und hemmenden 
Censurmassregeln , auch noch öfterer Mangel an zureichen- 
der und gesicherter Beschäftigung für mehrere Druckereien, 
weil keine bedeutende Yerlagsuntemehmungen den hiesigen 
Pressen zu gut kamen , indem die wenigen beliebten und 
grossem schriftstellerischen Arbeiten , z.B. die Andachts- 
bücher von Job. Zollikofer und Heinr. Stäheli, in Basel 
gedruckt und verlegt wurden , welches zusammen noth- 
wendigerweise einen sehr nachtheiligen Einfluss ausüben 



6fc 



mosste. Dem Allem ungeachtel hielten unsere Bachdrucker, 
nach Massgabe ihrer ökonomischen Lage und Verhältnisse, 
wenigstens immer Schritt mit ihren auswärtigen Collegen; 
ihre Ofifizinen waren , ausser den am häufigsten gebrauchten 
Schriftgattungen 9 auch mit sogenannten Zierschriften und 
Einfassungen fiir die zu jeuer Zeit sehr in der Mode gewe- 
senen Gratulati<»BS- und Hochzeit0gi^ifi|^e.M>%§eäiOT Yejp^ 
u. dgl. isk., so wie mit lateinischen h^fti^en^genigend 
versehen*). 

Gehen wir nun zu dem Stande des LUeraturweimi in 
unserm Orte , innert den letzten Jahrzehenden des 17* ins 
Ende des 18. Jahrhunderts über, so lässtsich derselbe im 
Allgemeinen in Folgendes zusammenfassen : Die Bücher, 
welche der St. Gallische Bürger am häufigsten kaufte und 
vorzugsweise las, waren religiösen Inhalts ; nebenbei zogen 
ihn etwa noch historische , besonders vaterländische Schrif- 
ten an* Es mochte daher wohl die Hälfte dessen, was aus 
.den hiesigen Pressen zu Tage kam, in das Gebiet der theo- 
logischen Literatur gehören. Nicht wenig trugen die damals 
herrschende Erziehungsweise und der sorgfältig gehegte 



*) Um die Hitte des 18. Jahrhunderts schien die Bachdrucker- 
kanst überaU ihre niedrigste Stufe erreicht zu haben , woia aUer- 
dings die öflern und langdauernden Kriegszeiten Vieles beitrogen. 
Ton jetzt an wurde zwar durch die berühmten Buchdrucker 
Breitkopf in Deutschland, die Bidot in Frankreich, durch Bas- 
keryille in England , Bodoni in Italien , Ibarra in Spanien und 
Haas ftiter in Basel, kräftig an der WiederhersteUung des fWihem 
Glanzes der Buchdruckerkunst gearbeitet. Allein obgleich ihre 
yerdienstlichen Bestrebungen und ihr rühmliches Beispiel zur 
Nacheiferung aufmunterten , konnte dies , selbst bei dem besten 
Willen, doch nur langsam geschehen, weil unter den fort- 
dauernden Kriegen die Künste und Wissenschaften im Allge- 
meinen nothwendigerweise leiden und zurücktreten mussten. 



65 



religiöse Sinn hiezu bei, weldier letztere unserm Orte den 
Beiaamen »die fromme Stadt c< erwarb. Die Väter der Vater- 
stadt, eifrig 9 ja ängstlich darauf bedacht 9 in Verbindung 
mit der Geistlichkeit diese Geistesrichtung zu unterhalten 
und zu befördern > dagegen Alles zu entfernen , was in po- 
litischen wie in religiösen Angelegenheiten zu freiem und 
selbständigem Denken und Handeln hätte yeranlassen oder 
den Bürger zu andern Meinungen , als die vom Rathssaal 
ausgegangenen y hätte verleiten können *), bedienten sich 
(ür die nöthige Aufsicht auf die Schreib- und Druckfreiheit 
des gewöhnlichen , allerdings nidit unwirksamen Mittels » 
nämlich der Cemwr, Buchdruckerordnung geheissen, welche 
fleissig/ streng^und auf langsame, schwerftllige Weise ge- 
handhabt wurde **]• — Die letzte, in Folge der Zeitfort- 
schritte in einigen Punkten gemilderte Gensurordnung 
wurde im April 1791 erlassen. 

Die strenge Wachsamkeit der Censurbehörde dehnte 
sich aber , was sehr begreiflich ist , nicht allein auf die in 
St. Gallen selbst gedruckten, sondern auch auf die zum 
Vericauf hieher gebrachten Bücher aus, besonders auf die 
asketischen (Andachts- und Gebet-) Bücher. Im J. 1715 

*) Noch im 6. Dezennium des 18. lahrhunderts drückte sich 
der regierende Bürgermeister in seiner Anrede an die Tersam- 
meUe Bürgergemeinde über das selbständige Denken und Handeln 
folgendermassen ans: »Die geistliche (d. h. geistige) Freiheit 
» besteht nicht darin , dass ein Jeder soUte frei denken , frei re- 
}> den und fVei handeln dürfen ; solches ist vielmehr eine Kneeht- 
» Schaft und Sklaverei des Teufels und der Sünden , als aber eine 
»geistliche Freiheit cu nennen!« 

**) Wie die Geosur im4. Jahrzehend ausgeübt wurde und unter 
welchen Bedrückungen die Presse damals seuizte, ist aua Ru- 
precht Wenigers Petition (s* S. 60) zu ersehen. 

6 



66 



erhielten die Buchhändler und Buchbinder die obrigkeit- 
liche Weisung 9 keine Bücher kommen zu lassen , die nicht 
den Namen des Verfassers und Druckortes enthalten, 
und wenn ihnen solche zum Einbinden übergeben würden» 
ei anzuzeigen« — Der Buchbinder und Budihändler Hs. 
IJlr. Schopfer y ein aufgeweckter Kopf, wissenschaftlich 
gebildet, aber (fiir seine Zeit) voll freisinniger Grundsätze 
über religiöse und bürgerliche Freiheit, zog sich in den 
J. 1716 — > 1724 zu wiederlplten Malen obrigkeitliche Yerfol« 
gungen und Verhaftungen zu ; so ward er z. B: im J. 1716 
wegen dem Veikaufe gewisser religiöser Bücher in's Gefäng« 
niss gesetzt,, aus welchem er eine schriftliche Vertheidigung 
an Bürgermeistei; und Rath erliess , worin er sagt : i> In der 
»Bücherordnung selbst werden alle Bücher erlaubt (ausser 
»Hexen-, Zauber- und gotteslästerliche Bücher). Zu Basel 
»und Genf druckt man das Corpus Canonicum, welches un- 
psere Lehre verdammt; glaube es sey weniger ein Buch 
»in der Andern Hand geben, als selbiges drucken, oder 
»wie ein Goldschmied den Papisten die Abgötter yergoldet 
»fiihrt.«*) 

*) Am 10. Februar 171^ erliess der Rath , In Betreff der von 
Schöpfer rerkanften Exemplare einer Bihlia, sive verbum Di<iboH 
LueifeH (»Die Bibel, oder das Wort des Teufels Lucifer«) ein 
eigenes Mandat, in welchem bei Strafe yon 300 ^ Deniers (1 {? 
Beoiers betrug ungefähr fl. 1. 12 kr. nach unserer Währung } 
befohlen wurde , alle geschriebenen oder gedruckten Exemplare 
dieses Buches der Kanzlei einzuliefern , und bei gleicher Basse 
keine mehr kommen zu lassen , zu yerkaufen oder öffentlich an- 
zukündlgen; die eingezogenen Exemplare aber (mit Ausnahme 
eines einzigen, -welches an die Stadtbibliothek abgegeben 
ward), wurden Öffentlich durch den Scharft-ichter yerbrannt. 
— Weil aber Schopfer nicht seinen ganzen Yorrath hatte ans* 
Ifefem wollen , wurde er in's Geflingniss gesetzt , 8 Tage splter 
als ein » yerwirrter If enseh « wieder freigelassen , Jedoch bald der- 



67 



Auch auf Handschriften » die nicht für den Druck be* 
stimmt waren, z. B. die von vielen Bürgern ans Liebhaberei 
abgeschriebenen oder selbstrerfassten St. Galier Chroniken 
(eine in früherer Zeit beinahe zur Mode gewordene Lieb-* 
lingsbeschäftigung) wurde ein streng-* wachsames und miss- 
trauisches Augenmerk gerichtet , und sie waren sogar der 
Confiskation ausgesetzt *) « 

In auffallendem Widerspruche mit dieser oft einseitigen 
Strenge und Intoleranz bei religiösen , geschichtlichen und 
politischen Materien , stehen viele im 17« und 18« lafar^ 
hundert geivncite Hochzeitgedichte, welche, meist von Geist- 
lichen oder Lehrern verfertigt, bald in idyllischem Tone, 
bald in der Sprache und dem Style des biblischen Hohen- 
liedes , einzelne Stellen und ganze Strophen enthielten , 
die in unserer Zeit Niemand gedruckt, oder auch nur ge- 
schrieben, einem Brautpaar^ zu tiberreichen sich so leicht 
erlauben würde. 



aaf, da er (ungeachtet des Besuches von GeistUcheOf die 
ihn auf andere Gedanken bringen sollten) bei seinen Grundsätzen 
beharrtef »bis auf erfolgte Besserung« in^s Zuchthaus verwiesen. 

*) So unnachsichtig und streng einerseits gegen Jene Skri- 
benten und ihre Produkte verfahren wurde f die den Gensoren 
oder dei' Obrigkeit aus irgend einem Grunde missßillig waren, 
eben so IVeigebig bewies Letztere sich anderseits gegen Schrift- 
steller, Künstler, Buchdrucker und Verleger bei Zueignungen 
von Literatur- und Kunstgegenständen , oder solchen Schriften 
Überhaupt , deren Druck und Verbreitung sie einmal bewilligt 
und die Verehrung von Eiemplaren angenommen hatte. Alle 
dedfzirten oder auch nur präsenlirten (d. h. ohne Zueignungs- 
Schrift überreichten ) Brucksachen des verschiedensten Inhalts -^ 
Gebetbücher, sogar Schreib- nnd Wandkalender nicht aifsge« 
nommen — selbst wenn sie auswärts erschienen waren, wurden 
mit ansehnUchen Gegengeschenken an Geld belohnt, nMhmalt 
sogar obendrein mit silber -vergoldeten Trinkgefehirron. 

6 • 



68 



Die gelehrten Männer St. Gailens , welche im letztver- 
flossenen Jahrhundert mittelst ihrer schriftstellerischen Ar- 
beiten den einheimischen Pressen die meiste Beschäftigung 
zuwandten , sind : Der durch vielseitige Talente und Ge- 
lehrsamkeit ausgezeichnete Pfarrer (später Dekan) Joh, 
Jak. Scherrer (er schrieb in deutscher und lateinischer 
Sprache über Theologie und Geschichte , und übersetzte 
Hehreres aus der englischen in die deutsche Sprache ) ; 
der Professor Bartholome Wegdin , Verfasser mehrerer deut- 
scher , lateinischer und französischer Schriften über Theo- 
logie , Geographie und Wappenkunde; die Geistlichen, 
Caspar und Christoph ZoUikofer, Christoph und Heinrick 
i^töAeli schrieben Andachts- und Gebetbücher , oder waren 
Herausgeber von Predigt- und erbaulichen Liedersamm- 
lungen. Nach diesen genannten Fächern theilten sich die 
Schriften der übrigen wenigen Autoren in Geschichte, Topo- 
graphie , Biographik und Philosophie, lieber Naturwissen- 
schaft , Arzneikunde 9 Rechtsgelehrsamkeit und weltliche 
Poesie wurde beinahe nichts geschrieben. 

St. Gallen hatte zuweilen auch seine sogenannte perio- 
dische Presse, die jedoch ausser seinen Mauern wenig Auf- 
sehen gemacht , und kaum weit verbreitet gewesen seyn 
mag. Redinger und Lorenz Hochreutiner gaben eine Zeit- 
lang , jener zwischen 1680 und 1696 , dieser um 1706 Zei- 
tungsblätter heraus *]• Im 18. Jahrhundert befassten die 

*) Den 8. Brachmonat 1697 (nach entstandener feindseliger 
Spannung zwischen der Stadt und dem Abte wegen der Kreuz- 
fahrten ) ward erkannt: »gegen die verlogene Weingartner Zei- 
» tung hier auch eine Zeitung in Druck ausgehen zu lassen, damit 
»man an andern Orten so schändlichen Landlügen Über unsere 
» Stadt keinen Glauben beimesse. « 



69 



Zeitschriften sich , die letzten Jahre ausgenommen , mehr 
mit moralischen, historischen und unterhaltenden Materien, 
als mit der Politik. Es erschienen von 1778 — 1780 die »Bei- 
träge zum gemeinen Nutzen a von Pfarrer ( später Dekan ) 
Christoph Zollikofer ; und von 1781 — 1782 3 Bändchen : 
» Für Gott , Menschheit und Vaterland« , von Lehrer Jakob 
Huber herausgegeben. — Sowie diese Männer und ihre 
Mitarbeiter die Lust zu zeit- und zweckgemässer Lektüre 
bei ihren Mitbürgern anzufachen und zu unterhalten bemüht 
waren , so wurde um dieselbe Zeit durch die jetzt noch 
rühmlich bestehende Buchhandlung Huber und Comp, theils 
durch selbst verlegte , theils angeschaffte gute , beliebte und 
klassische Werke das Bedürfhiss nadi bildender Lektüre im« 
mer mehr geweckt und dem Geschmacke der mittlem und 
hohem Klassen des Publikums Vorschub geleistet. Auch 
die im J. 1789 gestiftete Literarische Gesellschaft tmg vieles 
zu den Fortschritten geistiger Bildung bei. 

Von 1798 an wurden von dem Buchhändler Job. Jak. 
Hausknecht und unseim Geschichtschreiber Georg Leonh. 
Hartmann (zwei um ihre Vaterstadt wohl verdiente , aber 
bei ihrem Leben von Vielen undankbar verkannte Männer) 
verschiedene periodische Blätter poUtischen und gemein- 
nützigen Inhalts herausgegeben ; nämlich die Schweizeri- 
schen Tagblätter ( 1798) , das Wochenblatt fiir den Kanton 
Säntis (1798 und 1799) als Fortsetzung der Tagblätter ; 
und der helvetische Volksfreund (1799 — 1801). 

Die Herausgabe eines Haui'.odeTSchreibkaUnders wurde, 
wie bei Straub und Redinger erwähnt worden ist, fitih- 
zeitig und wiederholt in St. Gallen versucht. In den ersten 
Jahren des letztverflossenen (18.) Säkulums gab der unter 



70 



denSchriftstelleni bereits elrwähnte /. /. Scherrer, unter dem 
•Dgenommenen Namen »Jakob v.Rothenhirsch«*), einen 
»Schreibkalender« heraus , in welchem er Auszüge aus der 
vaterstädtischen Geschichte lieferte. Abbildungen enthielt 
er keine. Unter gleichem Titel und mit ähnhchem Inhalte 
wurde dieser Kalender später von Andern bis in die Sechs- 
zigerjahre (vielleicht noch länger) fortgesetzt. — Der als 
Mathematiker berühmte Lehrer Joh, Joachim Girtanner 
machte in den Neunziger Jahren einen Versuch mit Heraus- 
gabe eines verbesserten » den Zeitfbrtschritten angejpassten 
Volkskalenders **), von dem jedoch nur 4 Jahrgänge (1790, 
1791, 93, 94) bei h Zollikofer erschienen, bei welcher 
verdienstlichen Arbeit er von der damals bestehenden Privat- 
gesellschaft »Freunde des Guten o mit Rath undThat aufs 
trefflichste unterstützt ward. Allein er kam noch zu früh 
mit seinem Kalender; denn seine und Anderer gemein- 
nützige Absichten und Bemühungen wurden vom Publikum 
.weder anerkannt noch durch den Ankauf desselben be- 
lohnt* 



*) Ein r^ther Hirsch in gelbem Felde war seinFaminenwappeii. 

') Der erste Jahrgans führt den Titel: »Jahrbuch ohne Aber- 
glauben « ; der zweite : » Neu verbessertes Jahrbuch« ; der dritte 
und yierte : » St. Gallischer neu eingerichteter allgemeiner Ka- 
lender.« 



♦•^ 



71 



Die Stadt St. Galllsclien Bucbdriieker des 

t9m Jabrliunderts* 



Je stiller und gemächlicher in jeder Hinsicht das 18. 
Jahrhundert fiir unsere Buchdrucker gewesen , in desto 
grössere Thätigkeit wurden am Schlüsse desselben die 
Pressen des jüngsten und letzten unter ihnen versetzt , 
nachdem der brausende Sturm ausgehrochen war, der 
die Grundfesten der Eidgenossenschaft umstürzte. Ein sol* 
eher tief eingreifender Antheil der Druckpresse an den 
Zeitereignissen war in St. Gallen etwas ganz Neues , vorher 
nicht einmal Geahntes, — So endete das 18. und begann 
das 19. Jahrhundert für 

Jobaiuies Zolllkofer^ 

geboren 1Y64, jetzigen Nestor der Buchdrucker in der 
Östliohen Schweiz. — Da die eben erwähnte Staatsum- 
wälzung von 1798 die Zahl der St. Gallischen Pressen 
nicht 9 wie hie und da der Fall gewesen, vermehrt 
hatte *) y 80 wurde die einzige OfiSzin am Hauptorte des 
grossen Kantons Säntis (zu welchem damals auch der 
Kanton Appenzell ^gehörte) desto stärker und anhaltender 
in Anspruch genommen » und so blieb es manche Jahre 
hindurch vermöge der grossen Menge stets wiederkehrender 

— ■ — ■ ■■_'_' - - — - ■ ^^■^■^^■^■^^ 

m 

*) Leonh. Bieth jgr. (1800 wieder hier) wäre wahrgcheinlicli 
ohnedies wieder in seine Vaterstadt zurücligekehrf. — Aasscr«- 
halb der Stadt halte der ganze Kanton Säntis nur noch die 
Sturzeneggercshe Buchdruclcerei zu Trogen, wislche aber für 
die KantOBsbehdrden niemals Druckarbeiten zu liefern hatte. 



72 



amuiciier, so wie literarischer und geschäftlicher Dnick- 
arbeiten, mehrerer Zeitblätter u.a.m. — Im J. 1803 kaufte 
ZoIIikofer die von L. Dieth hinterlassene Offizin, und 
erweiterte überdies ein Jahr später , durch Pachtung der 
ehemaligen Stiftsdruckerei, sein von jetzt an in zwei Lokale 
getrenntes Geschäft, welches nach dem Eintritte seines 
ehemaligen Zöglings Johann Züblin (geb. 1779) als Gesell- 
schafter (von 180& an) unter Beider Namen (ZoUUtofer 
imd Züblin) gefiihrt ward. -^ Nach des Letztern Hinschied, 
im Sommer 1834, trat (%m^opA ZoIIikofer, einziger Sohn, 
an dessen Stelle , und die Buchdruckerei erhielt den Namen 
Zoüikofer$che Offizin. — Am Johannestage 1839, seinem 
Namenstage, feierte ZoIIikofer, Vater, als 75 jähriger, 
noch munterer Greis, im Kreise seiner Familie und Ge- 
hülfen, das Fünfziger- Geschäftsjubiläum vergnügt und in 
bester Gesundheit*). Im August desselben Jahres wurde 

*) Wir geben hier die ErzMhlung dieses , in keinem St. 
Gallischen öffentlichen Blatt erwähnten JabiUams , wie sie im 
»Joarnal für Bachdruckerkunst und Schriftg^iesserei^ Braun- 
schweig, August 1839« enthalten ist; 

»Im Laufe dieses Jahres hatte der würdige Veteran der 
Buchdruckereiinhaber in der östlichen Schweiz, Herr Johann 
ZcUiMofer^ das 50ste Jahr seiner Geschäftsführung glücklich 
surückgelegt ; seine Gehülfen hatten daher seinen Namenstag, 
den 24. Juni, dazu bestimmt, das Jubiläum ihres Herrn Prin- 
zipals zu begehen. — Ganz im Stillen, sogar ohne Yorwissen 
des Herrn Sohnes , trafen sie ihre Anordnungen auf eine sehr 
sinnige Weise , und überraschten dann am Morgen des Festtages 
den Herrn Jubilar bei seinem Eintritt in die OfSzin durch einen 
über dessen Platz errichteten , aus frischen (Nachts zuTor in. den 
Alpen gepflückten Alpenrosen), Eichenlaub u.s. w. bestehenden, 
hübschen Ehrenbogen und Guirlanden ; nachdem er seine Ver- 
wunderung darüber geäussert , trat der stelly ertretende Geschäfts- 
führer mit dem ganzen Personaf herbei , hielt im Namen Aller 
eine passende Anrede, und bekränzte das Haupt seines Prin- 



73 



zwischen Ch. ZoUikofer, Sohn, und dem Buchhändler C. P. 
ScheUlin eine Verbindung furVerlagsuntemehmungen, unter 
der Firma Scheitlin und Zollikofer, geschlossen. 

Eine zweite gleichzeitige Druckerei errichtete im J. 1812 
Franz Joseph Brentano ^ 

geboren 1782 zu Neu St. Johann, Bürger in RapperswjL 
Während der Dauer des St. Gallisch -Churischen Bisthums 

zipals ; der Jüngste unter ihnen überreichte ein , yon eipem 
Gehülfen yerfertig^tes , in farbigem Drucke zierlich ausgeführtes 
Gedicht , welches . sofort - Tierstimmig abgesungen wurde. — 
Tiefe Rührung bemächtigte sich des ehrwürdigen Greises wäh- 
rend dieses, yon seiner Seite so ganz unerwarteten rührenden 
Torgangs , der ihn Völlig sprachunfähig machte , bis endlich in 
seinem ergriffenen Gemüthe lebhafte Gefühle der Freude und 
des herzlichen Dankes Platz fanden, die ihm die aufrichUge 
Aeusserung entlockten : dass ihm noch nie eine ähnliche Freude 
zu Theil geworden sey. — Als historischer Beitrag zur Feier wurde 
eine , im J. 1789 (dem Jahre der Buchdruckerei- £rrlchtung*und 
des Geschäflsantritts ) in der OfÜzin des Herrn Zollikofer für die 
hiesige Buchhandlung Huber n. Comp, gedruckte Schrift vor- 
gelegt. 

»Den Abend dieses , fQr den Herrn Jubilar so'wichtigen und 
erfreulichen Namenstages feierte derselbe an seinem , seit yielen 
Jahren gewohnten Erholungsorte ausser der Stadt, in Gesell- 
schaft seines Herrn Schwiegersohnes , seines Sohnes, des Herrn 
Hauptmann und Schulrath Christoph Zollikofer ( die Stütze seines 
Herrn Vaters in der Geschäftsführung) , und im Kreise sämmt- 
licher Gehttlfen , gleichsam eine Familie bildend , da Herr Zolli- 
kofer die mehrsten derselben unter seinen Augen heranwachsen 
sah , und sie alle ihn wie einen Yater yerehren und lieben. — 
Geräuschlos, gemüthlich und anspruchlos, wie er selbst seit 
50 Jahren gewirkt hat , wurde auch sein Jubiläum gefeiert. — 
Allen Theilnehmern wird das Fest, das schon an und für sich 
eine Seltenheit , und das erste dieser Art war , welches in einer 
hiesigen Offizin gefeiert worden ist, unrergesslich seyn und 
bleiben! — Nicht nur die Angehörigen des noch muntern 
Veteranen , sondern auch Alle , die ihn kennen , stimmen in den 
lebhaften Wunsch ein , dass er den Johannestag 1840 eben so 
glücklich erleben and fröhlich mitfeiern könne, wie den dies^ 
jährigen I« ^ 



n 



(1823 ~ 1834) war er Buchdrucker der Curia. — Er 
ist Herausgeber des seit 1838 erscheinenden b Neuen St. 
Gallischen Kalenders , oder Christlichen Hausfreundes, a 

Eine dritte gleichzeitige und ganz neue Offizin errich* 
teten im J. 1822 gemeinschaftlich 

Peter Wegelln und €• Ia. Rätzer (von Bern ), 

der Erstere 1792 , der Letztere 1798 geboren , unter ihrem 
beidseitigen Namen ( Wegelin tmd Rätzer). Nach erfolgter 
Auflösung dieser Sozietät (zuEnde 1829) verband der Erstere 
sich unmittelbar darauf mit 

Jakob Friedrich l^artmann, 

geboren 1804* , woraus die Firma Wegelin und Wärtmann 
entstand. — Mit Ende 1835 löste sich diese Verbindung 
ebenfalls wieder auf, der Letztere übernahm die Buch- 
druckerei , vereinigte mit derselben die kurz zuvor von 
ihm angekaufte Druckerei des Bureau des Freimütigen 
(s. dieses unten ), und gründete mit schon erwähntem 
Buchhändler C, P. Scheitlin eine neue Gesellschaft für 
Buehdruckerei , Buch", Kunst" und Musikalienhandlung Don 
Wartmann und Scheitlin , welche mit dem 1. Januar 1836 
in's Leben trat, im März 1837 aber wieder zu Ende ging. — 
Von jetzt an setzte J. Fr. Wartmann unter seinem Namen 
die vereinigten Offizinen , ScheitUn hingegen seine Buch- 
handlung allein fort. — In der Nacht vom 10. auf den 
11. Januar 1840 wurde das Wartmannsche EtabUssement 
ein Raub der Flammen, worauf dessen Eigenthümer wenige 
Tage hernach die von Egli und Schlumpf (s. diese unten) 
geführte Buchdriickerei käuflich an sich brachte. 



75 



Dr«;Jo8epli Anton Henne 9 

geboren 1798 zu Sargans , Professor an der St. Gallischen 
kathol. Kantonsschule, stellte im J. 1831 9 veranlasst durch 
die damalige Umgestaltung der Eidgenossenschaft und unsers 
Kantons, welche derXhätigkeit der hiesigen Pressen einen 
neuen Schwung verliehen hatten , unter der Firma : 

Bureau des Freimütigen*) 
eine neue und die vierte gleichzeitige Buchdruckerei auf, 
die er zum Theil mit seinen schriftstellerischen Arbeiten 
zu beschäftigen wusste. — 1833 ward ein Buchhandel damit 
verbunden, und im folgenden Jahre beides nach demDorfe 
St. Fiden, bei St. Gallen, verlegt. Im J. 1835 ging das 
Ganze durch Verkauf an mehrmals genannte J. Fr. )Vart- 
mann und C. P. Scheitlin über, und ward sofort wieder 
nach St. Gallen zurück gebracht. 

Friedlich £g;ll , 

geboren 1806 zu Kirchberg, Herausgeber des x> Vaterlän- 
dischen Pilgers oder St. Gallischen Kalenders« , liess sich 
im August 1838 , von seinem frühern Aufenthalte Herisau 
weg, hier nieder , und verband sich mit seinem bisherigen 
Faktor , Johann SMumpf, 1804* zu Peterzell geboren , zu 
gemeinsamer Geschäftsführung unter Beider Namen (Egli 
und SMumpf), Diese OfEbzin ist die erste in der östlichen 
Schweiz, welche eine mechanische Schnellpresse (von König 
und Bauer bei Würzburg) besitzt. — Im Frühjahr 1839 
ward eine Schriftgiesserei (ebenfalls die erste im Osten 
der Schweiz als eigener Geschäftszweig), später noch eine 
Anliqnariatehandiung und Buchbinderei damit verbunden« 

*) Der »FreimüUge« war ein von dem Besitzer redigirtes 
poUUsches Blau. 



76 



Zu Anfang dieses Jahres wurde die Buehdruekerei und die 
Buchbinderei Eigenthum von J. Fr. Wartmann. 

Während die Zahl der dem Druck übergebenen Schrift- 
stellerarbeiten und der übrigen , den hiesigen Pressen 
zugeflossenen Beschäftigungen yiele Jahre hindurch, im 
Durchschnitte betrachtet , sich ungefähr gleich geblieben, 
zeigen sich dagegen in den Leistungen der OflSzinen seit 
dem 3. Jahrzehend bedeutende Fortschritte, und deren 
Besitzer sind den h^her gestiegenen Anforderungen des 
Publikums auf schönen und geschmackvollen Druck aus 
eigenem Antrieb und Liebe zur Kunst rühmlich entgegen 
gekommen. In edlem Wetteifer folgten sie dem Beispiele 
Frankreichs und Deutschlands, theils durch Anschaffung von 
Pressen nach den neuesten Erfindungen , und Anwendung 
geschmackvoller Zier- oder Luxusschriften , Einfassungen 
u. s. w. ; theils durch Sorgfalt für schönen und reinen Druck, 
so wie nicht weniger durch Benutzung schöner Papiersorten. 
Die Beweise des Gesagten liegen in den zu Tage geförderten 
und täglich erscheinenden Druckarbeiten vor Jedermanns 
Augen*). — Auch die Schriftgiesserei von F. Egli, in jüng- 
ster Zeit durch Anschaffung von Matrizen aller gewöhn- 
lichen Schriftgattungen, Einfassungen u. a. m. sehr vervoll- 
ständigt, ist bereits im Stande, neben dem Nothwendigen 
auch Schönes zu liefern. 

*) Mit Obigem woUte der Verf. weder ein Selbstlob noch eine 
blosse Lobrede auf die jetzt bestehenden Offizinen aussprechen, 
sondern einfach den Zustand derselben und den Standpunkt der 
Kunst in der Gegenwart schildern , was nach seiner Aüsicht 
hieher gehört, so wie es in derUebersicht des 18. Jahrhunderts 
auch geschehen ist. 



ß^on den Buchdruckereien in verschiedenen 

Theilen des Kantons. 

(1600—1840.) 



A« Im 17. und 18. tTahrhundert. 

Hei der günstigen Lage für Handel und Gewerbe des 
am Bodensee gelegenen Marktfleckens 

RORSCHACH, 

seinen stark besuchten Wochenmärkten und seiner Nähe 
bei der Abtei St. Gallen y in deren Gebiet er lag , ist es 
gar nicht befremdend , dass die Brüder Straub von St. 
Gallen, welche in den letzten zwei Jahrzehenden des 
16. Jahrhunderts in und bei diesem Orte Buchdruckerei 
und Buchhandel betrieben hatten , bald einen Nachfolger 
erhielten. Zwar ist völlig unbekannt, wann dies geschehen ; 
aber von 1605 an war 

Barttaolome Schnell ^ t?on Hohenems , 

als Buchdrucker daselbst. Und weil um 1600 ein Buch- 
druckergehülfe dieses Namens sich dort aufhielt, so 
ist wohl mit Grund anzunehmen , er habe bald darauf, 
d. h. so bald die Brüder L. und G. Straub weggezogen, 
für seine Rechnung zu drucken begonnen. Ob er aber 
die zu Aich bestandene Druckerei , die yermuthlich dem 



78 



Keller von Steinberg , nach Auflösung seiner Verbindung 
mit Obigen 9 zugefallen war, übernommen , oder aber eine 
eigene dabin gebracht , ist gfeichfalls im Dunkeln. 

Man hat aus seiner Presse die x> Reyss vnd Bilgerfahrt, 
zum Heyligen Grab dess Edlen vnd Gestrengen Herrn Lud- 
wigen Tschudy's von Glarus , Herr zu Greplong, u, s. w,, 
Ritters. 1600« , in Quartformat. Melchior Tschudy, Ganzler 
zu Wyl, und Jakob Thrumer (vielleicht der erste Papier- 
fabrikant » an der Krätzern « ) waren die Verleger dieses 
Buches. — Um 1610 verliess B. Schnell den hiesigen Aufent- 
haltsort y Und zog in seine Heimath Hohenems. Für eigene 
Rechnung scheint er keine Bücher gedruckt zu haben. 

Nach Verfluss von 4 Jahren (1614) wurde 

Johannes Rffsler) aus Constanz, 

von Abt Bernhard H., zufolge dessen Tagebuche, zu seinem 
Buchdrucker angenommen. 1614 erschien aus, seiner Presse 
das ^ 

BreviariumBenedictinumexromano restitutum, Pauli Quinti 
Pont. Max. auctoritate approbatum. 

Ist eine schöne Ausgabe in Folioformat, mit bedeutendem 
Kostenaufwande fttr die Kirchen und Klöster dei Landes Ter- 

anstauet. 

Rösler, der auch Buchhändler und Verleger war, blieb 
nur 5 Jahre hier, wurde aber sogleich ersetzt durch 

Johannes SchrSter, 

welcher zugleicli Buchbinder gewesen seyn soll. — Der 
Abt 9 welcher sich die Herausgabe verschiedener liturgi- 
scher Werke angelegen seyn Hess , überiiaupt Geschmack 
an der Typographie gefunden zu haben scheint y liess zu 



79 

Anfang 1631 ein von dem gelehrten St* Gallischen Mön» 
chen Magnus Brüllisauer^ von Appenzell, verfasstes Dtreo« 
iütiwn Bmediciinwn perpetuum (ewiger Kirchenkalender) 
in gross Oktav hei ihm drucken , nahm aber, wie sein 
Tagebuch bezeugt (ohne Zweifel , um des getreuen und 
sorgfältigen Abdrucks versichert zu seyn), »den Buch- 
»druckerund Setzer, auf ernstliche Ermahnung und arti- 
»kulirtes Fürhalten, in's Gelübd« *). 

Auch Schröter zog 1622 wieder weg , um sich inRavens« 
bürg niederzulassen. — Von da an blieb Rorschach, so viel 
bekannt, für immer ohne Druckpresse. Ein paar lateinische 
Thesen über Philosophie , fiir einige Ordensbrüder aufge- 
setzt, sind das Letzte was aus derselben hervorging. 

Wenn gleich obige drei Männer, Schnell, Rösler und 
Schröter, nicht unmittelbar im Dienste des Stiftes St. Gallen, 
als dessen angestellte Drucker standen , sondern als Eigen- 
thümer ihrer Druckereien unabhängig blieben, können 
sie demungeachtet wegen verschiedener Verhältnisse zu 
Abt und Stift als die ersten Stiftsbuchdrucker betrachtet 
werden. 

KLOSTER NEU ST. JOHANN ••) 
in Obertoggenburg. 

Der Abt Pius, Nachfolger des 1630 gestorbenen Bem«- 

*) Aus mehreren Klöstern , in welchen man theils schon mit 
Verlangen darauf gewartet, theils yon der Erscheinung des- 
selben gehört hatte , wurden Briefe und sogar eigene Boten nach 
6t. Gallen geschickt, um Exemplare dieses Kirchenkalenders 
gegen Bezahlung zu erhalten. 

**) Das früher selbstündige , 1555 aber aufgelöste und dem 
Stifte St. Gallen einverleibte Kloster St. Johann, ursprünglich 



80 



hard IL , der das Bequeme und Vortheilhafte einer auf eige- 
nem Gebiete befindlichen Buchdruckerei erkannt und den 
Mangel einer solchen , seit inRorschach keine mehr vor* 
banden , gefühlt haben mochte , liess im J« 1633 , dem Bei- 
spiele anderer Gotteshäuser folgend, einen vollständigen 
Druckapparat sammt einem Buchbinderwerkzeuge herbei- 
schaffen und in diesem Kloster aufstellen *]• Als ein, wissen- 
schaftliche Thätigkeit bei seinen Untergebenen schätzender 
und befördernder Ordensmann , hielt er auch die Erlernung 
und Ausübung der Buchdruckerkunst für eine , den St. Jo- 
hannischen Mönchen und ihren Zöglingen sehr anständige 
und zugleich nützliche Beschäftigung in Nebenstunden **) ; 
ein aus dem Kloster ^Veingarten berufener Buchdnickeri 
Johann Landort 9 musste demzufolge einige aus ihnen im 
Setzen und Drucken unterrichten. 

Eine der ersten Arbeiten dieser toggenburgischen Klo- 
sterpresse war das Büchlein : 

bei AU St. Johann gestanden , war yon 1626 — 1630 ganz nen 
erbaut worden. — Für die Leitung der damit yerbundenen Stn- 
dienanstalty und zur Besorgung der Seelsorge , des Chorgesangs, 
des Oekonomiewesens und der Gerichtsbarkeit hielten sich jeder- 
zeit etwa zwölf Geistliche aus dem Stifte St. Gallen hier auf. 

*) Die Unkosten der Anschaffung und Einrichtung erreichten, 
mit Inbegriff des Lehrgeldes , beinahe die Summe yon fl. iOOO. 

**) Wollte man andere Gründe, als die angegebenen, aufsuchen, 
warum Pius in diesem kleinen , yon seiner Residenz entfernten 
und abgelegenen Gotteshause , und nicht eher in seinem StiAe 
selbst diese Druckerei habe aufstellen lassen , so könnten durch- 
aus keine aufgefunden, sondern nur die Muthmassung aasge- 
sprochen werden, es möchte wegen der Nähe schwedischer 
Truppen (im 30jährigen Kriege) geschehen seyn, indem eben 
zu jener Zeit, nach erfolgter Belagerung der Stadt Gonsianz , das 
Archiy und die Kostbarkeiten aus dem Stifte St. Gallen zum 
Theil in das Kloster St. Johann , zum Theil nach Einsiedeln wa- 
ren geflüchtet worden. 



81 



Erbreebt des» Gott» Haude^ Shtit GiSien, vnd desseftigeii 
Grafibdiafk Doggenlrarg. Getnickt im GotUbtiis» Newe^ 
SaiitJobanDyObgemeIterGraffscbafil«AanoM.D,G.xxxui.8. 

Auf dem Titel einer 1637 gedruckten theologiscben Dis- 
putation liest man die Namen der geistlichen Typographen 
in folgender Unterschrift: Excudehawt RR. PP.Bomfacius 
Feurer et Remaclus Negdin apud S. Joannem, in ThuratalUp 
formis Monaiterii *). 

Nach Verlauf von 7 Jahren schien der Abf (ür zweck- 
dienlich erachtet zu haben, die Druckerei in seine unmittel« 
bare Nähe bringen zu lassen , ohne Zweifel in der Absicht,, 
sie zu vergrössern und zu vervollständigen; mit einem 
Worte, sie zu einer Stifts- und Landesdruckerei zu er- 
beben. Im J. 1641 wurde daher das ganze Druckereima- 
terial in das 

FÜRSTLICHE BENEDICTINER-STIFT ST. GALLEN 

gobmcbf , durdi bedeutende Anscbatfimgel^ von Va^H^ 
nUAen, Vermehrung der Pressen u. a. m. ei^weiteH und 
durch sptttem Zuwachs noch mehr vervoUstäxHHgt , so <la»M 
sie im Laufe der Zeiten zu einer der grössten und besteinge- 
liofatetea Klosterdmckereien der Schweiz sieh erhob« — Die 
Führung der Druckereigeschäfte und die Aufsicht ttbei' datf 
Personal wurden, einzelne Ausnahmen abgerechnet, von 
einem vertrauten Gehülfen besorgt, welcher der »9t8b^ 

buchdrucker a **} hies»; unter ihm befimdea sich gewöhn« 

—— . ,...-- ■ — . — ^ . — ... - ^ - ^ 

*) Beutsch: GePärägtyon den hochW. Vxtern Böiiffiidui l^ettrer 
nnd Bemachis' NegfeÜit , zu 8t. Johann hn Thurtfaal , mit ded 
Schriften des Klosters. 

**) Die ätiflsbaehdrucker, deren Namen bekannt sind , waren 
folgende: Johann Landort, von Weingarlen (frühem in der 

6 



I^ eisige Lflienbrüder des Klosters. Ein Gonventual, mit 
dem Titel Puter Diredor, >atte die Oberaufsicht über das 
Ganze y besorgte das Durchlesen der Probebogen, empfing 
die nöthigen Gelder zu Bestreitung der Ausgaben, und 
übergab zu gewissen Zeiten dem Fürstabte die Rechnung 
über Einnahmen und Ausgaben. — Abt Gall erliess unter'm 
29. Jänner 1681 ein aus 10 Artikeln bestehendes, lateinisch 
abgefasstes Geschäftsreglement für den Stiftsbuchdrucker 
und seine Gehülfen, dessen erster Paragraph, als ein 
Musterehen von dem, man möchte sagen mönchischen. 
Styl und Inhalte des Ganzen, hier ein Plätzchen finden mag: 
DDer Vorsteher der Buchdruckerei soll sein Amt in der 
D Furcht des Herrn und nach dem Willen- seines Yorge- 
jtf setzten verwalten, in Gemässheit der hl. Ordensregel, 
»Gap. 12 (die er zuweilen durchlesen soll]. In wichtigen 
»Fällen hat er den Rath seines Obern einzuhcden, und 
»ohne dessen Zustimmung soll er nichts ausftilnren. — 
»Seine Seele bewahre er rein, und damit das Laster des 
9 Geizes ihn nicht anwandle , wird ihm allezeit etwas we- 

Drackerei zu St. Johann angestellt); Bonifaciui Fewrer, yon Tab- 
lat, um 1«54 (frtther ebenfalls in St. Jobann); Frcmx VTeif- 
hamtt, zwischen 1660 nnd 1670; Joh. Adam Härekner , zwischen 
1671 und 1680; Joh. Georg Schlegel, bis ±690; Adolph Joseph 
BbeU, ton 1691— 1698; Jakob MiUler, yon Jena, bis 1723 
(die Zeit Ton 1712 — 1718 ausgenommen); nach dessen Tode 
seine Wittwe einige Jahrelang; Andr, Xaver Hauntinger, yon 
Wien^ yon 1746 — 1798 (letzter Stiftsbuchdrucker; er war der 
Vater des gelehrten Stiflsbibliothekars Nepomuk Hauntinger). — 
Mehrere dieser Männer waren die Pächter der Druckerei ; sie 
bezahlten einen kleinen Pachtzins , berechneten dem Stifte die 
Druckarbeiten zu festgesetzten Preisen, und waren gleichsam 
die Yerleger der Hlr den Verkauf im Buchhandel gedruckten 
Werke , welchen sie auf dem Titel , neben dem gewöhnlichen 
Impressum, ihren Namen beizusetzen pflegten. 



inniger BezaUuog gereidit , ds WeUKdie m geben piegeto; 
»auf dass Gottes Ehre in AUem befiVrdert werde. — Er 
»darf aber auch kein Verschwender seyn.« Dureb dieses 
Reglement war dem jeweiligen Stiftsbucbdrucker der Y^^ 
kauf aller von den eigenen Pressen geliefertenHess-, Gebet- 
iMd Sdndbftdher n. s. w. fSr den Bedarf der Geistlicbkeit, 
d^ Volkes ond der Jugend in der fürstlich St. GaUüscfaen 
Landschaft; femer der Tauschhandel mit den fiir den autf- 
wärtigenAbsatz (z.B.anderFrankfurtermesse)bestimmtai 
Werken 9 nebst der Buchführung dariiber, so wie auch die 
Herschaffung solcher Bücher , die in den Stiftslanden ein- 
geführt, aber auswärts gedruckt waren, tibertragen. 

lieber die Schriftsteller und die Schiiflstellerei in hie- 
siger Abtei giebt v. Ars in seinen Geschichten des K. St. 
Gallen (3. Bd., S. 268) folgende Auskui^: x>Da in diesen 
»Gegenden (nämlich in der St. Gallischen Landschaft) 
»Handel und Gewerbe sich immer vortheilhaft treiben lies- 
»sen, mit Schreiben aber weder eine fette Pfründe, ^ro- 
»fessur noch einträgliche Stelle zu erwerben war, so spürten 
»sich Wenige berufen, nach Schriftstellerruhm zu haschen. 
»Zwar wären in der Abtei St. Gallen dazu immer Einige 
»aufgelegt gewesen; aber das von den Obern oft f&r nö- 
»thig befundene Versetzen von einem Posten auf den andern; 
»der Vorzug, welchen man den Verwaltungsstellen vor 
»den literarischen Beschäftigungen gab; die Denkungsart 
»der Aebte, welche weit lieber gelehrte und den Geschäften 
»gewachsene Männer, als Schriftsteller zu haben wünsch- 
»ten, und nidit leicht einer Schrift den Druck erlatibten 
»U.S.W., machten, dass besonders im Bücherschreiben das, 
»was sonst möglich gewesen wäre, nicht geleistet wurde« 

6* 



Sk 



»indessen "ward doebTieFes, um wemggtens in Handsebrift 
Bda zu liegen y gesehrieban.« -^ Auch diä Neigung oder 
Vorliebe des jeweiligen Abtes für irgend ein Faeh, inwel- 
ehein seine Regierungszeit sich auszeichnete, oder welehes 
er selbst Torzugsweise pflegte , mag ihren £influs8 auf die 
Tbätigkeit der Presse und den Mialt ihrer Prodidcte geäu^ 
Bert haben , da von ihm selbst nicht nur dieBewäligung f&r 
äxe zu druckenden Bacher ertheiit wurde , sondern Ober- 
diess die ganze Rechiungsführung durch seine Hände ging. 
Von den durch die Stiftspresse zu Tage gefi^rderten 
Druckwerken verdienen die nacbbenannten, theils ihrem In- 
halt oder ihrer SeUeiibeit, theils ihrem Umfang oder ihrem 
Aeussem nach , oder aber eines andern Umstandes wegen, 
die meiste Aufineifcsamkeit: 

ConeordataMonasteriiS.GalU cum episcopatuConstan- 

tien». — 'ExTypographiaMonasterii S. Galli. ICil. 4, 

,Ist, so yiel bekannt, das älteste Produkt. 

Codex TraditionumMonasterii S. Galli. 

Enthält die bekannte , äusserst wichtige Sammlung aller Ur- 
kunden über die dem Kloster St. Gallen yom 7. bis zum Anfang 
des 14. Jahrhunderts gemachten Schenkungen , gesammelt nsd 
geordnet von dem schon erwähnten Magn. BrüUisauer *). Dieser 
Folioband, ohne eigentlichen Hauptlitel, soll, nach y. Arx, 
1545 gedruckt worden seyn. 

1646 begann der Druck (auf einzelnen Foliobogen) aller 
im Stiftsarchive befindlichen Urkunden von einiger Wichtig- 
keit, zum Gebrauch im Stifte und för die weltlichen Be- 
amten ausser demselben ; eine Anzahl Exemplare wurde 

*) Wiewohl kaum glaublich ist, dass, wie y. Arx (im ange- 
führten Werke , 3. Bd., S. 271) angiebt, die Auttage nur in 
24 Exemplaren gemacht worden seyn soll , sind diese doch in 
der That äusserst selten und daher , als kostbare Literaturschätxe, 
sehr gesacht. 



•5 



BjetemBÜsdä in Bände geordnet , die eine Sammlung ^mn un- 

schätzbarem Werth ausmachen. Ein Laienbruder aus dem 

Kloster Muri , Namens Balthasar Thtiring , welcher der 

dortigen OfBzin vorstand y war^ zur Ausffihrung oder Leitung 

dieses grossen Unternehmens ^ hieher berufen worden. 

Eine eben so geschätzte als seltene Ausgabe ist die 

1659 Yon P. Athanas Gugger> von Bernang, herausgegebene 

Alexandris , sive Gesta Alexandri Magni libris X. compre- 
bensa> auctore Gualthero de GasteUione. 

Von etlichen Professoren des Stifts geschrieben , erschien 

von 1660 — 1670: 

Cursus theologicus in gratiam et utilitatem Studiosorum 
S.Galli. 

Ist in 10 nett«ii Bündchen klein Oklav > mit nenen Lettern» 
hübsch gedruckt. 

Der Conventual und nachherige AbtCöIestin L (Sfon- 

drati) beschäftigte die Pressen nicht allein mit seinen 

eigenen gelehrten Arbeiten (etwa 13 an der Zahl) > sondern 

liess auch andere bedeutende Werke zum Drucke beför* 

dem. Aus den erstem ist Innocewtia vindicata Ceic. etc.^ 

in kl. Folio , des Druckes und der schönen Kupferstiche 

wegen erwähnenswerth ; von letztern ist das Wichtigste: 

Joh. JHUiemii Annales Hirsaugienses* Opus nunquam hacte« 
nus editum^ et ab Eruditis semper desideratum (etc.), 
1690. 

Herausgfeber dieser zwei schön gedruckten , jeder mehr ali 
600 FoUoseiien umfassenden Bände, nach einer durch die Mönche 
Tiele Jahre zuTor vom Originale genommenen Gopie abgedruckt*}, 
war der Stiflsbibliothekar Hermann Schenk , von Constanz , der 
sie mit einer Vorrede begleitete. — Die Nachricht, welche der 
Verfasser im 2. Bande über die Erflndung der Buchdruckerkunst 

*) Daa Original \9g während des 30 jährigen Krieges eine Zeit 
lang an der Mflsbibliothek aufbewahrt. 



66 



gkthi, ist eiae Haupt^elle für die Geschidite denelbeii, und 

«r ivird yon den Geschichtschreibem als der sicherste Gewährs- 
mann unter den gleichzeitigen Schriftstellern betrachtet, weil 
Tritheim persönlicher Bekannter yon Peter Schöffer , dem Ifil- 
erfinder, war und den ganzen Hergang der Sache um das J. 1484 
aus dessen eigenem Hunde yernommen hatte (s. S. 9.). 

Der Landmajor Hässi eignete den im J. 1702 von ihm 
verfassten Soldatenspiegel (ein mit vielen gemalten Holz- 
schnitten ausgestattetes Exerzierbuch) seinem Landesherrn, 
dem kriegerisch gesinnten Abte Leodegar zu> für dessen 
Truppen das Buch geschrieben war. Zu diesem (einige 
Militärreglements ausgenommen) einzigen Produkte militä- 
rischer Literatur aus hiesiger Klosterpresse gesellte sich im 
nämlichen Jahre ganz friedlich die von den Stift St. Gallischen 
Musensöhnen zur Jubelfeier der helvetischen Benediktiner- 
Congregation herausgegebene« mit den in Kupfer gesto- 
chenen Abbildimgen aller Schweizerklöster dieses Ordens 
geschmückte 
IdeasacrseCongfegationisHelyeto-Benedictinse (etc.). FoL 

Eine der bedeutendsten typographischen imd literari- 

schenErscheinungen aus dem 18. Jahrhundert, und zugleich 

eine der letzten , war: 

Henr. Murer , Helvetia sancta. Heiliges Schweitzerland, seu 
Paradisus Sanctorum Helveii» florum. 1750. Fol. 

Von den Schicksalen, welche die Offizin in Zeiten 
liolitischer Stürme betrafen , ist auch noch Einiges zu 
erzählen. 

Nachdem durch den Anfang der Toggenburgerunruhen 
und die daraus entsprungenen diplomatischen YerhandlungeD 
des Stiftes mit Zürich , Bern u. s. w. die Pressen beschäf- 
^81 gewesen, wurde bei der naohherigenBesetzang der Abtei 
durch genannte zwei Stände (in den J. 1712 — 1718) 



m 



nie Dnidcerei anfangs mit Beschlag belegt und in Stilstwid 
versetzt , später aber dem Buchdrucker J, Re^nger in Pachl 
gegeben und erst nach dem Friedensschlüsse dem Stifte 
nieder übergeben. Vorher aber (1717) beliebte es den 
Bemem (wie J. G. Schenkte in sein^ handschriftlichen 
Gesdhichte des Toggenburgericrieges berichtet) ^ um, gleich 
Zürich , nicht leer abzuziehen , eine i^chöne Presse sammt 
ethchen Gentn^n Buchstaben^ aia typographische Beute, 
sich zuzueignen. 

Im Herbste 1798 > nachdem die helvetische Central- 
regierung alle bewegliche Habe des Stiftes mit B(*schlag 
belegt und als Eigenthum der Nation erklärt hatte « schlug 
auch die Stunde der Auflösung der mehr als anderthalb 
Jahrhunderte bestandenen Buchdruckerei , und sie theilte 
das Schicksal anderer schweizerischer Klosterdruckereien. 
— Auf geäusserten Wunsch der Regierung des neuen 
Kantons Thurgau, im Hauptoile Frauenfeld (welcher 
niemals eine Druckerei gehabt) eine solche zu bentzen, 
liess die Centralregierung durch ihren hier anwesenden 
Gommissär Erlacher einen vollständig assortirten Theit 
der StiftsofiQzin dorthin bringen. Das Cebrige ward in 
Kisten gepackt, und die noch vorhandene Presse bUeb 
massig stehen. Ueber dieses Zurückgebliebene entspann 
sich im Oktober gleichen Jahrs eine bis 1800 fortlaufende 
Correspondenz zwischen dem helvetischen Minister der 
Künste und Wissenschaften und der Verwaltungskammor 
vom Kanton Säntis. Die Letztere, besorgt , es möchte 
ihr auch dieses noch entzogen werden, schrieb an den 
Erstem: »sie stehe in voUer Ueberzeugung , die ange- 
ordnete Massregel (desEinpackens) habe nur die Sicherheit 



y^m/damg^ot Ei^wenAmig, nicht aber £6 j^T^eb» 
Wialhrmmg ' und Aufbßbtt&g eines Druckappars^es zum 
Zwecke , der kjinftigbiii in dexüi veitlaufigen (antoi^ Säntis 
Ba schneller Verbreitung der Creselze und Verordamigeii 
lUB so unenthdhrlicber sey, als der Kanton |iur diese 
Dinadge, dem Staate zugehörige Druckerei besitze« Es werde 
daher wohl niemals Wille des yollzieh^ngs*{>ireldcHil^n5 
seyn \&m»SL » die Behörden und den Kjmtoi^ dieser» für 
beide so nothwendigen Anstalt zu beraul^en« ^ ^r^ I*üclit 
langß darnach lief yom Finanzminister ein Sehreiben ein, 
init V^rwürfei^ üher das Fortarbeiten in dw Dnidcerei 
«ad di^ Besoldung eines Buohdn^kers, woäraus f&r die 
J)^op ( 1} iiieb^^ Naclaheil als N^t^n entstehe (man hatte 
sie nSnilich ?% yerschiedenen amtlichen Arbeiten benutzt). 
]l>ie Verwftlfeipgskammer wie^ft^rholte das früher Getusserte 
«ind^gtQ, beiäglieb eipügerih^ vorgelegten Frage», bei: 
^4Ke rw^ vm noch in mitt9)mässig^m Zustande beSodMcbe 
jiMi4 mi einer einlegen Presse versehene Druckerei könnte 
4cyrch de» yei;lag katholisdier Gebetbücher» Catec^ismeOi 
HO wie dufcb aUgem^ eina^ufiihr^nde Scfaulbßcher u. s. w.*) 
för den Stuat ziemlich eiv^ägUch gemacht werden, beson- 
d^a da «s die eimsige katbolisdie Druckerei in hiesiger 
biegend sey.« ^-^ Es erfolgte nun ^ne BeToIlm&chtigung 



*) Mit dem yorhandenen bedeutenden , ai|f circa fl. 8000 
geschätzten Bücherverlage war man schlimm umgegangen. Auf 
ll«Sihl BrUohers ii4rde ( im Mlfarz 1800 ) ein Theil destelben 
Ballen weis als Makulatur verkauft; ein anderer Theil, worunter 
sogar der ganze Vorrath des in den Landesschulen gebrauchten 
CateoliisnHis tob Canisius , nebst andern Schulbtlchern gewesei 
seyn soll » wurde bei einer Yersteigerung der fahrbaren Habe des 
Stifts um wahre Spottpreise yerschleudert, worüber dann später 
Ktoge gelülivl wurde. 



m 



zu V«rp«ditiuigr des yorbandenen. Eonrad Mn^ehip vaip 
Mttolen , friihQr Arbeiter in dieser Offizin > meldete sidi^ 
ak.Päicbtery und wurde angenommen. Seine Firma finde|; 
sich u. a. auf de w Titel eines im J. 1801 von dem Stifts- 
j^arrer Bernard Blattmann herausgegeben^ A-B-C- m4 
Bw^hitabirbüehlein. — Die Regierung des neuen Kanton^ 
St. G^en hob , bald nach ihrem Regierungsantritte j(1803)^ 
den ohnedies abgelaufenen Pachtakkord auf > und scbloss 
einen neuen mit dem Stadt, St. Gallischep Buchdrucker 
Joh. Zoliikofer , der zugleich das bisherige Lokal 4^selbeB 
in Bestand nahm« -^ Im !• 1818 wurden Zoliikofer iiiMJi 
Züblin Eigenthümer des bisher gepachteten Druckmatejials. 
1825 musste der Platz geräumt werden ^ um zu andern 
Zwecken verwendet zu werden^ und sp verschwand noch 
die letzte eigenthümliche Spur der ehemal^;en Druckerei 
der I&ngst vorher aufgelösten Abtei St. Gallen. 

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts befand 

sich in 

BERG 

eine typographische und xjlographische Druckwerkstätte, 
die 9 so unbedeutend sie vielleicht scheinen mochte , den-' 
noch in mehrfacher Beziehung der Erwähnung werth ist. 
Schon ihr Daseyn an diesem Orte , dessen Bewohner fast 
ausschliesslich nur Aekwbau , Viehzudbt und Obstbau tret' 
ben , war eine ganz eigene Erscheinung. Ihr Besitzer, 
Beai Jakob Anton HiU»n$perger ab Htüsmperg, von Zug, 
stammte aus einer Familie , die im 18. Jahrhundert als 
Formschneider sehr thätig- war *)• Wahrscheinlich stand 

*) S. Leu , schweizerisches Lexikon. 



90 



^r zuvor iis Arbeiter in der St. Gallischen Klosterdrackerei ; 
dann heirathete er eine Bürgerin dieses Ortes, gelangte 
durch Erbschaft zu einigem Yermögen, und Hess sich 
1762 in's Gottshausmann -^Recht, d. h. als Niedergelassener 
in des Abtes Landschaft , zu wdcher Berg gehörte, auf- 
nehmen. -^ Hiltensperger war in alleiniger Person Buch- 
drucker, Formschneider, Kupferdrucker und Briefmaler. 
Seine Arbeiten, mehr in das xylographische als in das 
typographische Fach einschlagend, zeugen von Fleiss, 
Kunstsimi und Anordnungsgabe , und haben auch geschidit- 
licfaes Interesse. Es ist noch Folgendes Von ihm vorhanden : 

Neu -Jahrs -Wunsch denen Hochgeachteten, Wolgebomen, 
Wol- Edlen, Gestrengen, EIu*- und Nothüestea, Ver- 
nehmen, Vorsichtigen, Hoch- und Wolweisen Herren 
Burgermeister, Klein und Grosse Räth, Richter, Be- 
amteten, an alle Tit. Junkern, Herren, Künstler, Handt- 
werker, . Wirth-, Kauf-, Handels- ui^d Gewerbsleute, 
und an alle tugendsamen Frauen und Jungfrauen der 

.. Hochlöblichen Eidgenössischen Stadt St. Galien. Auss 
Nachbäurlicher Liebe , hochtraffender Affektion und 
geneigtistem Willen gratulirt und dedicirt Beat Jakob 
-Anton Hiltensperger ä Hiltensperg, Buch- und Kupfer- 
trucker, Formschneider und Briefmahler. — Berg, auf 
der Pfaffen -Nasen*), den 2. Januar 1769. 

Enthält auf zwei zusammengeklebten Bogen die Wappen 
der Stadt , der regierenden Bürgermeister » der Zttnfle und 
angesehensten Bürgergeschlechter. Biesen folgt ein ans drei 
Strophen bestehender Glückwunsch. 

1777 gab er auf drei zusammen gehörenden Bogen die l^am»K«fi- 
Wappen aller St. Gallischen Äehte heraus. Dasjenige des heil. 
Gallus zuoberst, und jenes des damals regierenden Abtes Bed« 
in der Mitte » sind in grossem Massstab ausgeführt. Nebst Anderm 
mehr. — Wie lange diese kleine Druckerei, die wahrscheinlich 
mit dem Tode ihres Besitzers einging , in diesem Dorfe bestanden 
habe , konnte Verfasser nicht erfahren. 

*) pies' war der Name seines Besitzthums. 

/ 



M 



B. Im 19. Jalirhandert 

Es ist bei Erwähnung der Zollikoferschen Offizin (S. 71) 
bereits gesagt worden, die helvetische Revolution mit ihren 
Folgen habe zwar eine Unzahl von Zeitblättem» Flug- 
schriften und. ändern Druckarbeiten erzeugt, ohne dass 
sie, wie anderwärts geschah , eine Yermehrung der Buch- 
druckereien im Kanton Säntis nach sich gezogen hätten; 
auch würden sie späterhin sehr wahrscheinlich geraume 
Zeit hindurch wieder müssig geblieben seyn. Erst im 
3. Jahrzehend entstand bei einigen Geistlichen > Lehrern 
und andern Literaturfreunden des obem Toggenburgs die 
Idee und der Wunsch, eine Buchdruckerpresse in ihrer 
Nähe zu besitzen, theils um einige periodische Blätter 
über Politik und andere Gegenstände gründen, theils um 
schon bereit liegende schriftstellerische Arbeiten unter ihren 
Augen an's Licht treten lassen zu können. Hiedurch 
ermuntert, unternahm in 

EBNAT 

der SchuUehrer Abrah. KeUer, von Kirchberg, im J. 1833 die 
Errichtung einer Druckerei und einer kleinen Buchhandlung. 
Als erster Zeuge seines Wirkens erschien der d Alpenbote «, 
ein politisches Blatt , welches 1827 wieder einging! Heh- 
rere Versuche mit Zeitschriften fiir die Jugend , fiir Land- 
und Hauswirthe, missglückten. Der bekannte deutsche 
Schriftsteller und Flüchtling Hartwig Hundt -Radowsky war 
eine Zeitlang als Redaktor bei ihm angestellt. Kellers bedeu- 
lendatoVerlagsscbriften waren: eine etwaa teränderte neue 



n 

m 

Ausgabe des 1. Theils yoo »Walsers Appenzeller -Chronik« 
(St. Gallen 174-0)9 und »Rechsteiners Fremdwörterbuch«, 
auch die «Kirchlichen Nachrichten aus dem Toggenburg, 
von J. F. Franz « 1824, wurden von ihm gedruckt. — Nach 
Verfluss von 4 Jahren verkaufte Keller, vermuthlich nicht 
ganz befriedigt in seinen Erwartungen, den Büchervorrath 
nach Chur , die Druckerei wanderte dagegen nach 

UCHTEN8TEIG, 

wo sein Schwager, Friedrich Egli, von Kirchberg, als 
neuer Besitzer derselben im J. 1827 auftrat. Neben mehrem 
Yerlagsschriftenundder «Toggenburgerzeitung« unternahm 
er auch die Herausgabe des »St. Gallischen Hausfreundes«, 
seit 1832 »der Vaterländische Pilger« betitelt , ein Volks- 
kalender , der noch jedes Jahr erscheiot. Von 1831 an 
gab er die neuen Gesetze des Kantons St. Gallen in Heften 
heraus. — Gegen das Ende des Jahrs 1833 siedelte Egli 
nach Herisau , im Kanton Appenzell , über. — Von 1836 
l>is 1839 druckte sein Bruder Jakob Egli, Buchbinder, mit 
einer in Stäfa gekauften Presse sammt Schriften einige Gebet» 
büchlein, Jugendschriften u. s. w. — Seit einigen Jahren 
befioADt lieb «u<?h N. Kappleri^ Buchdruekerai hier. 

BEI LICHTENSTEIG. 

Im J. 1824 liess der Waarenfabrikant AiistoiM KßppUr *), 
ohne Zweifel durah Kellers Beispiel ermuthigt , in seinem 
Wotuiorte Bundt, Gemeinde Wattwyl, dicht bei licbtenr 
ßteig , durch einen von Letzterm ausgetretenen Geholfen 
eine kleine Druckerei errichten, und übergab ihm die 



"") Dessen Stiefsoho, J. M. Wille, bei Ketter Lekrliag war. 



93 . "^ 

Fdittm^ dersdben. Biit dem Druefcorle »beiLiehtensteige 
ersdnen 182S u. a. da» »yaterländisctke YoI&sblattK y eine 
Monatschri ft ; 1826 das »Toggenburger Wochei^blatt«, und 
seit 1830 »der Toggenbnrger-Bote« , ein poliliscbes Blatt» 
welches unter jetziger Redaktion »db einer grossen Yerbrei- 
lung erfreut. — Das Bedeutendste was deine Presse hier 
zu Tage förderte , ist die in seinem Verlag erschienene 
Schrift: »Leben und Thaten Napoleons» yonDr.Zuppinger.cr 
— Seit etlichen Jahren ist diese Offizin nach Lichtensteif 
yerlegt. 

FLAWYL» 

Johä Caspar feiger, Ton diesem Orte gebürtig» hatte 
in St. Gallen die Wundarzoeikunst erlernt » und bereitete 
ftch auf den Besuch einer hohem Lehranstalt vor, ab 
der Tod seiner Muller ihn zu dem Entschlüsse veriSlasste» 
onen wisseBsehaftUch- industriellen Beruf zu ergreifen* 
Seine Vorliebe für einet^ solchem» rerbunden mit ausge- 
zeichneten Naturanlagen zu mechanischen Arbeiten» bracheir 
sich durch alle Hindermsse Babi » und er unternahm im 
Mai 18^ die Errichtung eibeB kleinen Druckapparates» 
ohne ^ geringsten techiiischeil oder praktischen Kennt- 
nisse von der Buehdi^ackerkunst zu jbesitzen. Nachdem er 
ein einziges Mal eine Presse gesehen» bestellte er eine 
solche, nach bloss müttfficher Angabe aus dem Gedächt- 
nisse» und zwar bei Handwerkern » denen sowohl Bau als 
MOBchanismns einer Blichdruckerpresse völlig unbekannt 
waren. Seine einfache Presse erforderte daher sogleich 
verschiedene Verbesserungen ; nach vieler Mühe und 
manchen Versuchen gelang es ihm indess in kurzer Zeit» 



d4 



Abdrücke zu liefern. Durch eifriges Studium der neuesten 
Haudbüchei* über die Buchdriickerkunst erwarb sich Steiger 
jetzt die notfawendigsten Kenntnisse von den Regehi 
derselben, gelangte so zur Möglichkeit , die Kunst ohne 
fremde Anleitung auszuüben , und nahm auch einen Ge- 
hülfen an. Eine seiner ersten Druckschriften war: »Das 
Wohl des Menschen in allen Perioden des Lebens , von 
Dr. Lutz « y in deren Vorwort der Yarleger kurze Andeutun- 
gen über die Entstehung seiner Offizin niederlegte, welcher 
er die Firma: »Typographische Anstalt von Gebrüder 
Steiger« gab. Mit Anfang des J. 1830 unternahm er dann 
die Herausgabe einer selbst redigirten Zeitung, »der allge- 
meine schweizerische Bauemfreunda, später »Neue St. 
Gallerzeitung« betitelt. — - Im J. 1832 zog er mit seinem 
kleinen Geschäfte nach dem mehrerwähnten Herisau , und 
ein JalR* später verkaufte er selbes m den Herausgeber 
des »schweizerischen Freiheitsfreundes ä im zürchersdien 
Orte Stäfa , hielt sich eine Zeitlang dort und nachher in 
Zürich auf, wo er sich noch mehr ausbildiete, und legte 
endlich 1834 in Wädenschwyl, gleichen Kantons, wieder 
eine, zwar auch kleine» aber sehr geschmackydi einge- 
richtete Buchdruckerei an , hauptsächlich für sogisnannte 
Accidenzarbeiten berechnet. Im Sommer 1839 kehrte er 
in seinen Heimathort zurück, wo er in stiller Wirksamkeit 
mit Lust und GeUng der Kunst obliegt , fiir welche er 
ein entschiedenes Talent besitzt. Mit Mode« und Zier» 
Schriften, Original-Vignetten (zum Theil selbst gravirt) 
und andern Gegenständen wohl ausgerüstet, liefert seine 
Presse schöne Arbeiten aller Art. 



9S 



«^•- 



RAPPERSWYL. 

Schon mebrnials waren hier Pressen in Thätigkeit , abes 
jedesmal nur als vorühergefaende Erscheinungen. Das erste 
Mal geschah es in den NeuDzigerjahren des 18. Jahrhun- 
dttts, als Joseph Brentano, von da, damals zwar schon in Bre- 
genz etablirty hier auch eine Druckerei halte » die dann um 
17d8 nachStäfii yerlegt wurde. 

Im Sommer 1802 hatte sich der Buchdrucker C. FreuUt 
von Glarus hier angesiedelt , welcher der Regierung seines 
Kantons (damals »Linth«) hidier gefolgt war, als die- 
selbe während der Gegenrevolution ihren provisorischen 
Sitz in dieser 9 zu ihrem Kantone gehörenden Stadt aufge- 
schlagen hatte. Es erschien während dieser Zeit ein » politi- 
sches Wochenblatf. « — Im März 1803 kehrte Freuler mit 
seiner Regierung wieder in die Heimath zurück. 

Nachdem von jetzt anRapperswylfastSO Jahre lang ohne 
Buchdruckerei geblieben, liess sich im J. 1832 der Buch- 
händler P. Wegelin Yon St. Gallen hier nieder, und legte 
zuerst eine Buchhandlung, bald darauf aber, gemeinschaft- 
lich mit N. iV. Bosch, auch eine Druckerei an, um unter 
der Firma Wegdin und Bosch die »Zeitung für den obern 
Zürcherseee (später »Rapperswyler Wochenblatt« be- 
titelt) herauszugeben; auch verschiedene kleine Litera- 
tnrprodukte wurden verlegt. Allein schon nach Jahresfrist 
gerieth das Geschäft in Stocken und wurde Mqttidirt. 

Im gleichen Jahre (1832), als obiges Etablissement, 
entstand , trat auch Joh. Baptist Curti, Bürger von Rapper^ 
wyl, ab Buchdrucker, Zeitungsherausgeber und Buch* 
handlet auf. Alle üb» die Suspennonsgeschichte des 



9ft 



Priesters Alöys Fuchi^ von Schwyz. publizirten Dracksdurif- 
ten, zwei Jahrgänge eines » Rapperswyler Kalenders«, 
nebst dem ZeitungsMatte : »Der Yo&sldhrer» (später 
»Rapperswyler-ZeitiHig«) wurde nebst mehreren Yeriags- 
artikehi von dieser Presse zu Tage gefördert. Vob der 
Zeitsehrift: »Die schweizerisehe Biene a erschienen nur 
wenige Hefte. — Aneh dieses , gute Dnieke Hefemde Ge- 
schäft büsste schon im zweiten Jahre seiner Gründung (Juni 
1894], in Folge fehlgeschlagener Unternehmungen, seine 
Existenz ein. 

ST. FIDENfoder St. Fides) 

^n der Grenze des Bezirks St. Gallen gelegen, erhielt 1833 
ebenfalls eine Druckerpresse, als die unter dem Namen 
»Bureau des Freimütigen« in St. Gallen gegründete Buch- 
druckerei und Buchhandlung von deren Eigenthümer, Dr. 
Joseph Anton Henne, hieher verlegt wurde ^ wo, unter der 
Leitung seines Bruders, Felix Henne, das polit. Blatt; 
» Der Freimütige « , die » Zeitung für Landwirthschaft und 
Gewerbe « und mehrere Yerlagsschriften an's Licht traten. 
— Zu Anfang 1836 kam das Geschäft durch Verkauf in* die 
Hände der Buchdrucker und Buchhändler Wartmann und 
Scheitlin in St. Gallen. 
Noch ist eines in 

ALTSTÄDTEN 

von 18S6 Us Ende 1839 bestandeneft Ueinen Dru<^pp»- 
jrste» za erwäh&en, mit welchem Joh, Rohner, ronWolf- 
hddeft (K. Appenzell) , fpiifter in Heiden rieh auduAend, 
im Juli 1836 sich, ttiedertiess. Eiü »Neuer hist^scher 
AppenzeHer-* Kalender«» zu welchem er sIm Modelsteeher 



97 



die Holzschnitte selbst fertigte» und der »Rheinthaler-Bote« 
(früher »Hochwäcbter am Säntis« betitelt), beide von ihm 
selbst redigirt, waren das Bedeutendste, was seine Presse 
lieferte. — 1839 wurde sie zum Verkauf ausgeboten. 



Hehrern der obengenannten Buchdruckereien darf nach- 
gerühmt werden, dass sie jederzeit, je nach Yerh&ltniss 
ihrer Kräfte und Hülfsmittel» gleich ihren GoUegen im 
Hauptorte St. Gallen, das Fortschreiten in und mit ihrer 
Kunst sich angelegen seyn Hessen und demnach auch, nach 
Beschaffenheit ihres Dmeta nate t iri s , geschmackyolle und 
saubere Drucke zu Tage fördern. 



B e r i ch t 

über die Torbereitung^en 

zu der 
am 24. Jnni 1840 in St. Gallen stattfindenden Jubelfeier 

der 

Erfindung der BuchdruckerkunsL 



^^ « 

T ON der in den meisten deutschen Staaten unter Gutenbergs 
Jüngern und ihren Geschäftsverwandten , zu würdiger Be- 
gehung der vierten Jubelfeier der Erfindung ihrer Kunst 
sich äussernden Begeisterung ergriffen, wollten die St. 
Gallischen Kunstgenossen nicht hinter denselben zurück- 
bleiben, und beschlossen daher zu Anfang des Jahres 1838, 
mittelst wöchentlicher kleiner Beiträge einen Fond zu 
bilden ,• aus welchem im Jubeljahr 1840 die Kosten eines 
angemessenen Dank- und Erinnerungsfestes bestritten wer- 
den möchten. Im Februar 1840 ernannte sodann die 
Generalversammlung aller hier anwesenden Buchdrucker, 
Schriftgiesser und Buchhändler ein Gomit6 von 7 Mitglie- 
dern aus ihrer Mitte , welches die erforderlichen Anstalten 
und Vorbereitungen treffen sollte. Dieses erliess Einladungs- 
schreiben an alle Buchdruckereien und Buchhandlungen 
in den Kantonen Zürich, Schaffhausen, Thurgau, Glarus, 
Appenzell und Graubünden, nach Lichtensteig und Flawjl, 



99 



so wie an die benachbarten Städte Gonstanz , Lindau und 
Bregenz , später dann auch an mehrere St. Gallische Gesell- 
schaften und Vereine , und endlich an alle yerdienstvollen, 
ausgezeichneten oder dem Gelehrtenstand angehörenden 
Männer in den Kantonen St. Gallen , Appenzell, Thurgau 
u. s. w. 

Mittlerweile hatte ein von der erwähnten Versammlung 
am 23. März ernanntes Finanz -Comitö, bestehend aus den 
Herren Präsident Schmitt, Verwalt. Rath Girtanner-Richard, 
Gemeinderath Dr. Wild, Kriegskommissär Stähelin und 
Buchdruckereibesitzer Chr. Zoüikofer, das Publikum durch 
das St. Gallische Wochen- und das Tagblatt zur Theilnahme 
und Mitfeier, mittelst Unterzeichnung eines freiwilligen Bei- 
trages, eingeladen ; zahlreiche Subscriptionen von Männern 
aus der gebildeten Klasse , bis zu den auf der höchsten Stufe 
stehenden, beweisen, dass dieses seltene, jeden Sinnigen 
interessirende Jubiläum bei den Bewohnern St. Gallens 
Anklang gefunden , und dass das Interesse an der Dank- 
und Erinnerungsfeier einer Erfindung, welcher die ganze 
Menschheit so mächtige Fortschritte in ihrer Bildung 
verdankt, nicht vergeblich angesprochen worden ist. Auch 
die Regierung des Kantons , der Verwaltungsrath und der 
Gemeinderath von St. Gallen, so wie das kaufmännische 
Direktorium , gaben ihren Beifall an dem Feste durch ver- 
dankenswerthe Geldbeiträge zu erkennen. 

Das bisherige festordnende Comit6 , verstärkt durch die 
Herren Regiehingsrath Hungerbühlerund Professor Scheit- 
lin, als Beisitzer desselben ,*naehdem es seine Vorarbeiten 
beendigt hatte, veranstaltete auf den 11. Mai eine Ver- 
sammlung aller Herren Subsciib^nten und anderer Männer 

7* 



1 



100 



Xon Bjyichiiij^ u^ji Interesse an der F^stsys^che , qejl^^t atfea 
Berufsgenpsse9, um, mittelst einer WaU yop ^bt MitgUe^ 
dern und deren Anschluss an. dap besteheni^ Cpißpif^, ein 
grosses J^f-CbtuM zu, bilden und den PrJMi^lpntffi? des 
Festes zu fahlen» Von den, yQi:scbißdenpr zusammen- 
getroffener Behinderungsumstände wegen , nicht zab^eich, 
Anwesenden i|rurdj9n, spfbr^ die Berren Be^;ipnfpgsKrath 
Baumgartmr, Präjsident Dr. Erff, Yerwalt. Vi^\GirtawMr'. 
Richard^ Präsidi^t l^mitt, Professor Scheißin, ^ssp^is^i^ 
rath Dr. WM,, Kriegskommissär Stäheli» und Spital«- 
yerwalter Steinlin fej&bli, imd a)s. Fesf^^id^nt, Hierr 
Regierun{[8satb. Bßufngartner iror^esphl^gei^ und eipatiauni^^ 
ernannt / ifdch^r sieb, audii zi^ Ani^ibme dieser St^Uß 
bereitwillig erklärte. 

Diesem 9 aus 15, Blitgliedern bestehende Fest-Comit^ 
theilte sich hierauf, zu unverzüglicher Ausführung aller 
Obliegenheiten und Anordnungen^ in 4 Sektionen, nänilich 
einDirektionsrComitö (präsidirt ypm Herrn Festpräsidenten), 
ein Finanz -Comitö (Präsident Herr Yerw. R. Crtr/ofmer- 
'Richard^, eij^Bm- und DekoratiopsrComit^ (präsidirtvon 
Demselben), und ein Speise-Comif^ (Präsident.HerrSpital- 
yerwälter Steinlin) f 



Nachstehendes ist der Inhalt des vom Dir^ktion^^Comitö 
bearbeiteten speziellen Fest^ Programms: 

Voraideiid 9. f9t Juni^ 

t# U Der ^mpfiuig derjemgen aiiai«^Mig«Q 9en|ftr 
genossen, welche, an diosem Tage sdiQn hier eintreffen» 
findet im, G€^$ihame z^m BUtm., an der Merktgasse, Statt, 



101 



wo deoiselben vou den anweseaden MitgUedern des Comii^ 
Quartiere angewiesen werden. Die erst am Festtage selbst 
Ankonunenden werden am allgemeinen Versammlungsorte, 
auf dem Brühl, begrüsst. 

S* 2. Abends 8 Uhr versammeln sieh die Mitglieder ' 
der Comit^'s, sämmtliche anwesende Berufsgenossen und 
die Sänger auf dem vordem (Promenade-) Brühl , bei 
der Rondelle , wo die Fackeln ausgetheilt werden. 

Der Zug ordnet sich wie folgt: 

Vier Fackelträger eröffnen denselben , ihnen folgt die 
Instrumentahpusik, der zu jeder Seite zwei Fackelträger 
gehen und welcher sicli k Fackelträger aQschliessei). Hier- 
auf die Comit^'s; die auswärtigen Herren Collegen mit 
ihrei^ Fackeln 9 4 lUannhoch; — die Sänger , Stimmen weise 
geordnet y je Zwei und Zwei marschirend, zur Linken und 
Rechtßn von einem Fackelträger begleitet. Den Schlags 
machen vier Fackelträger. 

S. 3. Nach halb 9 Uhr Einzug in die Stadt beim ^ema- 
ligenBrühlthor, über den Bohl unddurch das Stadtthor nach 
der Nengasse. Vor dem Hause des Herrn Zollikofer , Vater» 
angelaogt, m^cht die Musik Fronte , die vorangehenden 
Fackelträger stellen sich rechts,, und die ihr folg^adj^ 
Unk» neigen ihr auf; hinter der Mpsik die Mitglieder, der 
Gomite's» und hinter diesen in zwoi Linien die auswärtigen 
Berufsgenossen. Die Sänger und die mit.Fackeln sie begleir 
tenden einheimischen Buchdrucker u. s. w. bilden, indem 
sie hinter diesen herumziehen, einen Halbkreis,, so dass 
der L Tenor oben , der U. Bass unten an das Haus zu 
stehen konmnt. 



102 



S. 4. Der nun beginnenden Absingung eines besonders 
gedichteten Liedes folgt Instrumentalmusik, und endlich 
ein Schluss- Gesang. 

i. 5. Nach Beendigung dieses Aktes begiebt sich der 
Zug in der frühern Ordnung die Neugasse hinauf, durch 
die Multergasse 9 die Speisergasse, das Speiserthor , den 
ehemaligen Burggraben entlang , nach dem frühem Yer- 
sammlungsplatz.auf dem Brühl, wo ein Kreis gebildet, 
ein Lied abgesungen, die Factfbln auf einen Haufen 
geworfen werden und der Zug sich sofort auflöst. 

Festtag 9 94UJaiii« 

S. 6. Morgens 5 Uhr verkünden 12 Kanonenschüsse 
den festlichen Tag. 

Um 7 Uhr versammeln sich alle Berufsgenossen , die 
Sänger und übrigen Festtheilnehmer abermals bei der 
Rondelle auf dem vordem Brühl. Um halb 8 Uhr holt 
eine Deputation von vier comitirten Nicht- Berufsgenossen 
den Herrn Zollikofer, Vater, und zu gleicher Zeit eine 
Abordnung von Buchdruckern die Fahne in der Wohnung 
des Herrn Zollikofer, Sohn, ab. 

• 

S. 7. Ist die Versammlung vollständig, so stellt sie 
sich in folgende Ordnung : 

Die Musik ; die Comit^'s mit Herrn Zollikofer , Vater ; 
die auswärtigen Berufsgenossen mit ihren Fahnen oder 
Insignien, je 4 Mann hoch, die letztem im Rang nach 
der Zahl ihrer Mitglieder auf einander folgend; nach 
denselben sämmtliche Festtheilnehmer; die Sänger Stimmen- 
weise geordnet; die einheimischen Benifsgenossen mit 
ihrer Fahne bilden den Schluss des Zuges. 



103 



§. 8. Um 8 Uhr begiebt sich der Festzug beim ehe- 
maligen Brühlthor in die Stadt , über den Bohl, die 
Marktgasse hinauf in die St. Lorenzkirche , wo er mit 
Orgelspiel empfangen wird. Hier stellen sich Musik und 
Sänger im Chor auf; den Mitgliedern^ der Comit^'s und 
allen Mitfeiernden werden im vordem Theile der Kirche 
ihre Plätze angewiesen. 

S. 9. Hat die ganze Versammlung Platz genommen, 
so beginnt der Männerchor ; hierauf wird Strophe 1 bis 3 
des beim Haupteingange (die Seitenthüren bleiben ge- 
schlossen) unter das Publikum auszutheilenden Liedes nach 
der bekannten Melodie: »Schön ist die Natur etc. er, von 
sämmtUchen Anwesenden, die Zuhörer inbegriffen, abge- 
sungen. — Dem Gesänge folgt der Vortrag des Ha*rn 
Festredners , nach welchem Strophe 4 bis Ende des von 
allen Anwesenden begonnenen Liedes gesungen wird. Ein 
zweiter Männerchor schliesst die Feierlichkeit. 

8« 10. Unter Orgelspiel geschieht der Austritt aus der 
Kirche , und der Zug begiebt sieh in gleidier Ordnung, 
wie Tor dem Gottesdienste, in das Casino, wo das Gabel- 
frühstück eingenommen wird, an welchem jeder Mitfeiernde, 
gleichwie am Mittagmahl und an der Druck -Ausstellung, 
mittelst der ihm zugestellten Eintrittskarte unentgeldlicb 
Theil nimmt. — Ohne eine solche Karte kann Niemand 
dem Frühstück oder dem Mittagmahle beiwohnen, und 
nur ausfuihnrnoeise an Aimoärtige werden am Festtags $Msi 
noch Karten ausgegeben* 

S. 11. Um halb 11 Uhr ordnet sich der Zug abermals, 
voran die Musik , dann die Comitö's , nach ihnen sämmthche 
Fahnen und eine Abtheilung Beru&genossen. . Hierauf folgt 



^ 



104 



das von EVei L^uüngen getragen Porträt GuMnbergs, 
und ei&e zweite Abtheilüiij^ von B^njtfsgends^en ; einer 
Ariltea Abtheihifig werden die Instninkente der Sduift- 
giesserei -^ die Werkzeuge der Setz- nnd Dnickkunst aber 
der letzten Berofsgenossen-Abtheilnng yorgetragen« -^ 
Nacb dieser eine GeseUschiAslaihne , zwei Gomititle yon 
den Nicht* Berufsgenossen und alle tibrigen Tfaeiinehmer. 

§. 12. Durch die Neugasse , die Mullergasse und die 
Speiäel-gasse begiebt man sich vor die Bühne auf dem 
yotdern Brühl. 

$• 13. Nach kurzer Pause wird auf ein Signal mit der 
Kanone die Bühne enthüllt , und die Musik f&llt ein. Dann 
folgt der Vortrag des Herrn Festpräsidenten , nach dessen 
Beendigung man Schriftgiesser am Giessofen, SchriAsetzer 
am Schriftkasten arbeiten sieht; die Presse ist in Thätigkeit 
und spendet dem Publikum ihre Erzeugnisse, bestehend 
in einem eigens yerfassten Gedichte. 

Sollten Anwesende die Gelegenheit benutzen wolien» 
um über die bedefU^mgwMe Feier zum Volke zu sprechen, 
so haben sie 'rieh entweder Tags zuyor» oder aber auf 
dem Brühl selbst, beiln Herim Festpräsidäntoa zu melden 
und sich mit ihm darüber in Einyerständniss zu setzen. • 

S» 14. Um i Uhr, nach einem gegebenen Zeicheh mit 
ii^t Kanone, s^tzt man sich an die lUittagstafel in dem 
Speisezelte, an welcher, laut f. 10, alle knitfbiefiideii 
Nichtberufsgenossen , gegen Vorzeigung ihrer Karte, Tkeü 
nehmen. -^ Musik , Gesang und Toaste Wetden das ttahl 
beleben. Redner haben sich , nath |. 13 , beim itefhi 
Pestpr&didenten yorher m melden. 



105 



g. 16. Von 4 bis 7 Dhr Abends findet eine Ausstellung 
älterer und seltener Drucke , so wie neuerer Prachtwerke, 
im Pavillon des Gartens von Herrn Kantonsrath Steinlin 
Statt, zu welcher die Berufsg'bnossen und übrigen Fest- 
theilnehmer (letztere mit ihrer Karte) freien Zutritt haben. 

Diese Ausstellung bleibt am folgenden Vormittage för 
die Festtheünehmer und Yon ihnen eingeführte Personen 
noch geöffnet. 

%. 16. Bei günstiger Witterung wird um halb 5 Uhr 
ein gemeinschaftlicher Spaziergang nach einem am Morgen 
des Festtages anzuzeigenden Orte gemacht , wo der Abend 
in gesellschaftlicher Unterhaltung zugebracht werden wird. 

S . 1 7. Um 8 Uhr beginnt der Ball ftir die Berufsgenossen 
im Theatersaale. 



8 



Yerzeichniss 

aller 

KuiiiBt« und Beraftgenossen 9 

welche dem am 24. Juni iSM stattfindenden 

Buehdmcker • Jubelfeste 

beiwohnen werden« 



ZoUikofer^Bche Offidn. 

ZoUikofer, Johannes, Vater, yon St. Gallen, | Inhaber der 

ZoUikofer, Christoph, Sohn, » » ' OfÜcin. 

Bßhr, Ladwig , yon Tegerschen. 

BolUnger, Johann Jakob , yon Behringen. 

Döring , Augast , yon Sondershausen. 

Ganu, Christian, yqfk St. Gallen. 

Gennann, Moriz, yon Aogsbnrg. 

Haas , Johann , yon Steyer. 

Bemnann, Carl, yon Stottgarl. 

Klenm, Jakob, yon Frankfurt a. H. 

Liebmrt, Johann, yon Augsburg. 

Biertem, Markus, yon Geldern. 

MüeoiU, Franz, yon Einsiedeln« 

PfanneniÜel, Christian, yon Germeroda. 

ScheUUn, Job. Jakob, yon St. Gallen, Faktor, 

Sehläpfer, Michael, yon Rehetobel. 

SehUgel, Christian, yon Gräbst 

Schock, Wernhard, yon Schwellbmnn. 

WicdonkeUer, Bayid, yon Arbon. 

Zürcher, Job. Lorenz , yon Teufen. 

Lehrlinge : 

Hüler, Budolf, yon St. Gallen. 
Wiedenketter, Conrad, yon Arbon. 



im 



Brentano, Frans Joieph > Vater» Ton ftfipp^r^wyl » Inhaber 4or 

Offlcin. 
Brentano, Franz, Sohn, » » 

Erpf, Adrian , yon St. Gallen. 

Lehrlinge : 

Anderau, Joseph, Ton St. Geor^^en. 
MiiUer, Jakob, yon St. Gallen. 

WarimannUehe Offioin. 

Wartmann, Jakob Friedrich , yon St. Gallen , Inhaber der Officin. 

Böekei, Gbristian, yon Geinhaar. 

Brunner, Jakob, yon Mfinchaltorf. 

Fach, Gottlieb,. yon Nagold. 

Gattringer, Joh. Eyangeliat, yon Berghelm. 

Grubefwnann, Johann, yon Teufen. 

Ehmipp, Christian, yon Stuttgart. 

Ludwig, Heinrich, yon Eisfeld, Buchhalter. 

SeMumpf, Johann, yon Peterzell, Faktor. 

Stekner, Julius, yon Aunaberg. 

Tanner, G. August, yon Herisau« 

Treitter, Friedrich, yon Lindau. 

Vnteregger, Rudolf, yon Sargans. 

Wet%el^ Johann, yon Wendungen. 

LehrUnge : 

HoUenstein, Joseph, yon Btttschwyl. 
Saxer, Jakob, yon Altstädten. 
WUd, Jakob , yon St. Gallen. 
Zölper, Jakob , yon Herisau. 



Betme, Felix, yon Sargans, fHlher Kunstgenosse , gegenwärtig 

Ober-PostsekretXr. 
WegeUn, Peter, firtther Bnchdruckereibesitaer (Yerfuser dieses 

Schrütchens). 



108 



Sehrifiglesser« 

EgU, Friedrich, yon Kirchberg, Inhaber der Sohriflf^esserei. 
Haderer , Johann ^ yon Ofen. 
JUayr, Anton, yoii Ingolstadt. 

BnclibSndler« 

Buchkandluhg ton Huber und Comp. 

FehTi G.Friedr. Aug., yon St. Gallen, Inhaber der BacÜandlung. 
Feht , Johann Conrad , yon St. Gallen«' 
Meiseifbaeh, Wilhelm, yon Greifswald. 

LehrUng: 
Bruder, Andreas, yon Morsch wyl* 

Buchhandlung von Q P. ScheüUn. 

ScheitUn, Carl Peter, yon St. Gallen , Inhaber der Buchhandlung. 
Creuxer, Ferd.. Carl, yon Marburg. 

Lehrlinge : 

KaXbfell, Wilhelm» yon Reutlingen. 
Koppel, Anton Joseph, yon Au. 

•Bncliblnder« 

Bion, Peter, Obmann der Buchbinder. 
Huher, Bernhard, Buchbinder und Lehrer. 



Verzelclmtes 

der auiwärtigen Kunst' und Beruf sgenoisen , weiehebeiAhdrudt 
dieser Schrift ihre Theilnahme bereite zugesagt hatten. 

Ton Chur 3 Mitgl. Ton Lichtensteig ... 1 Mitgl. 

» Gonstanz • • . • 15 » » Lindau . • • • . i » 
» Flawjl 1 » > Trogen 3 » 



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