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^^ GESCHICHTE
DER
ILCHANE
DAS IST
V O K
:5<«^0^ HAMMER-PlIRGSTAll.
Mit * \ * 1
neun Beilagen und neun Stammtafeln.
Erster Band.
Mit vier Beilaceii.
I> a 1* Hl s t a cl t.
Druck und Verlag von Carl Wilhelm Leske.
18 4 2.
on der deutschen Hauptstadt der Küuste,
von der Residenz ^nevtt ^ajfötiit/ wo
ich vor drei Tagen mit der Akademie der Wis-
senschaften das ^Uerl)0d)0te Geburts- und Namens-
fest gefeiert, bin ich nach ßerchtesgaden geeilt,
wo der erhabene Schutzgenius der schönen Künste
im schönsten Tempel der Natur residirt, um dem-
selben in ^liixl)'6d)$t ßi)tev Person die Verehrung
und Bewunderung zu zollen, womit der Verein der
Kunstwuuder zu München jeden Besucher erfüllt.
Da mir dauere JHitjedtiit allergnädigst erlaubet
hal)en, mit ^Uerijädjdt Jll)rem Namen das Giebel-
feld eines meiner Werke zu schmücken, so er-
scheint die Geschichte der Mongolen Persiens,
wenigstens durch die Namen ihrer grossen Fürsten,
Bauherren, Gönner der Künste und Beschützer
<ler Wissenschaften, solcher Ehre nicht unwürdig.
Wenn die Bauten Ghasan's und Chodabende's
zu Tebris und Sultania nach einem halben Jahr-
tausend die Namen ihrer Erbauer nur in Ruinen
verherrlichen, so liegt die Schuld davon nicht
sowohl in Elementarereignissen und in feindlicher
Verheerung, als in dem Mangel an erhaltender
Fürsorge, welche Werken der Kunst wie den
Staaten Dauer versichert.
Geruhen ^uerc ilrTrtjcjstat^ als Schöpfer eines
Pantheon der Künste, als Erhalter der ältesten
Denkmale derselben und eines blühenden Reiches,
die Huldigung meiner tiefsten Ehrfurcht allergnä-
digst zu genehmigen.
Berchtesgaden ,
an Göthe's Geburtstag HAMMER -PURGSTAW..
1841.
Vorrede.
iPiese Geschichte der Mongolen in Persien ist das
Seitenstück, zu der im vorigen Jahre erschienenen des
mongolischen Reiches in Kiptschakj jene ist durch die
Preisfrage der Petersburger Akademie veranlasst wor-
den, die Schreibung dieser ist aus eigenem Antriebe
hervorgegangen. Bei der zum Behufe der ersten nöthig
gewordenen Sichtung der aufgeschichteten Massen histo-
rischen 31aterjals, ward es klar, dass zur zweiten, in
den orientalischen selbst durch Herrn von d'Ohssons sehr
schätzbare Geschichte nicht erschöpften Quellen, weit
mehr dankbarer historischer Stoff vorhanden.
Die Geschichte der Mongolen in Kiptschak liegt
dem Europäer zwar näher wegen der verheerenden Raub-
züge durch Polen und Ungarn bis ins Herz von Deutsch-
land, und wegen der tatarischen Herrschaft in Russland 5
aber die Geschichte der Mongolen in Iran hat das grös-
sere Interesse wichtigerer^ asiatischer Weltereignisse,
wie der Ruin der Assassinen und des Chalifates, der
Sturz alter Dynastien und die Gründung neuer, bisher
selbst den Orientalisten kaum dem Namen nach bekann-
ter, die Feldzüge wider Aegypten und das dschagatai'-
sche Reich, die diplomatischen Verhältnisse zwischen den
Kreuzfahrern und dem Papste. Der Ulus Dschudschi's
beherrschte mit dem europäischen das asiatische Russ-
land, welches damals noch, wie von allem Anfang der
Geschichte her, in Asien das Land der Finsterniss und
der Barbarei, während Persien von der ältesten Zeit an
Seile. Znile. •
211 17 V. u. St. MailleuscliJäger 1. Mailleschläger
214 15 V. 0. st, nur vom I. nie vom
214 13 V. u. st nur eines 1. nur der eines
232 7 V. u. St. Ammer 1. A:imnrar
237 4 V. 0. St. Betha's 1. Batlia's
237 li V. o. st \var ein Vergrösserer 1. war ein weit grösserer
239 7 V. o. st. Wenn nur das Glück wie die Beisitzer wäre,
1. Wenn mir das Glück wie Dir Beisitzer wäre,
240 2. V. u. st. geistiger Dichter 1. persischer Dichter
241 3 V. 0. st. Hamkjar 1. Hemkjar
242 18 V. u. St. Aasa I. Osa
253 14 V. u. St. Ville Hardouin 1. Villehardouin
259 3 V. o. St. Mogholtei 1. Mogholtai
— 9 V. o. St, dem Herrscher 1. des Herrschers
261 12 V, u. st. Armen 1. Arme
262 1 V. u. st. Kuhdschu 1. Kukdschu
268 13 V. 0. St. Ferjab 1. Farab
— 15 V. o. st. Ferjabi 1. Farabi
274 5 V. u. st. Kejaneuen 1. Kejanen
— l7 V. u. St. Vasal 1. Vassal
276 12 V. o. St. Mewlane 1. Mewiana
280 2 V. u. St. nisadin 1. nihaden
283 8 V. u. st. Aufgestochenen I. aufgestochenen
291 2 V. u. st. Suhuri 1. Sughuri
293 17 V. u. St. Mineddin 1. Moincddin
303 16 V. o. St. Mekka 1. Mocha
308 14 V. o. St. (der Oheim Abaka's) 1. (der Bruder Abaka's)
315 13 V. u. St. Buse 1. Busse
3l8 13 V. u. St. Denn stets 1. Du stets
320 4 V. u. st. nur diesem 1, nur in diesem
329 8 V, o. st, Zehrgnadenamt 1. Zehrgadenamt
345 10 V. o. st, mir nun 1. mir nur
— 14 V. u. st. Rumi's 1. Rum's
352 17 V. o. St. gleichzeitig mit 1. gleichnamig mit
365 8 V. u. St. und Feder und setzte 1. und Feder, setzte
367 5 V. u. st. beizustehu I. beizustehen
374 15 V. 0. st. einheimischer Herrscher Herrschaft 1. einheimischer
Herrschaft
375 8 V. u. St. dass das 1. dass sie das
393 11 V. u. St. Derwische Fakir 1. Derwische als Fakir
Noch ist zu bemerken, dass durch ein Verseheu der Druckerei
die in eigenen Namen als lange geschriebenen f durchaus als kurze
gedi'uckt 'worden , was ebenso wenig gleichgültig, als es im Deut-
schen gleichgültig ist Kreif oder Kreis, reif oder Reis zu
schreiben. Mit lindem f sind also auszusprechen: Abulghafi, Ab-
derrefak, Aferbeidschan, Aafif, Bachorf^ Bediief-feman, Chuarefm,
Chumiaf, Chufistan, Dshefire, Dchufistan, Erfendschan, Fafl,
Fafluje, Firamurf, Firuf, Firufi, Ghafa , Ghafali;, Ghafna, Hafif,
Hafret, Hefar, Hefarsif, Irfi, Ifeddin, Jefd, Kjarfun, Kjarif, Kir-
gif, Kafwin, Kifil, Kotof, Legfi, Mafenderan , Merfeban, Mei-
mundif, Merkef, Mobarifeddin , Moif, Mohefib, Mofaffereddin ,
Newruf, Nimruf, Nifam, Nifameddin, Oghuf, Oueife^ Ormufd, Paife,
Rafieddin, Rabf (bess.er Rabdh), Sebf, Sebfewar, Sekif, Schahdif,
Schiraf, Schirfad, Tahk , Tebrif, Teguf, Toghuf, Tokuf, Tscheu-
gifchau u. a. m. .
€ t 0 t e ö p n i).
Uebersicht der mongolischen IStäinine, der Familie
und Oescbicbte Tschengisclians ; sein Gesetxhuclk
und sein Testament; Charakter und Sitte, Aber-
glauben und Cirebräucbe der Mongolen, l^ie Re-
gierung Ogotai's, Oujuk's, Mengku's; die der gleich-
zeitigen Dynastien in Asien und Aegypten.
Jtschengiscliaiis und seiner Nachkommen Thaten, die von
ihnen zerstörten und gegründeten Reiche, ihre Raubzüge Moiiifolischt
und Gesetzgebung, der Namen der Tartaren oder Tocharen, Geschichte.
d. i. Tataren, und der der Moalen oder Mogholen, d. i.
Mongholen, haben Europa durch zwei JalirJiunderte mit
Erstaunen und Schrecken gefüllt, von der chinesischen Mauer
bis an die von Wienerischnenstadt und Olmütz , und furch- ^
terlich hallte der Donner ihrer Fleere von den Ufern des
gelben Flusses bis an die des rothen Meeres, vom Altai
bis an den Libanon zurück. Naturrevolutionen, mit denen
Gibbon das Erscheinen der Mongolen so treffend verglichen
hat, lassen nicht tiefere Spuren ihrer verheerenden Kräfte
auf der Oberfläche der Erde zurück, als die verheerenden
Hufen mongolischer Heere, unter denen Reiche und Ciiltur
zertreten wurden; sie fuhren daher wie die entfesselten
Elemente, wie Orkane und grosse Fluthen und das Erdbeben
und der Wetterstrahl; sie durchackerten die FJrde mit de.ra
Schwerte und düngten sie mit Blut. Das Jahrhundert ihrer
so fürchterlichen und verderblichen Grösse und Macht fällt
zusammen mit dem zweiten der Kreuzzüge, das ist mit dem
Hammer, Gescliichtc der Ilcliane. 1
2 E r s t e s H II c li.
tlreizehnteti Jahrhundert unserer Zeitrechnung, dem durch
grosse Begebenheiten vor anderen historisch wichtigen, durch
die Umgestaltulig so vieler asiatischen Reiclie und durch den
regsten Verkehr des Abendlandes mit dem Morgenlande.
Einen so namhaften Platz die Kreuzzüge auch in der euro-
päischen Geschichte einnehmen , so erscheinen sie in der
asiatischen doch hei weitem nicht so bedeutend, indem die-
selben nur den Westrand von Asien bestreifen. Die Ringe
dieses Steinwurfs der Eroberung der Levante verebben schon
an den Ufern des Nils und des Tigris , während die hoch-
aufscliäumende Woge mongolischer Eroberungsfluth über
ganz Asien bis nacli Europa , vom Baikalsee bis an den
Piatensee, und vom Kokonor bis an- den Ladoga sich ver-
heerend fortwälzt. Die Wichtigkeit der Geschichte der
Mongolen und die Grösse des Stoffes springt also von selbst
in die Augen. Sie zerfällt in viererlei Geschichten, deren
'' jede , bei dem Reichthume der Quellen , Stoff für melirere
Bände. Erstens die GeschicJite Tschengischans ; zweitens
die der vier Uliise , d. i. der durch die Nachkommen seiner
vier Söhne beherrschten Reiche; dann nach der Theilung
der Herrschaft des vierten üluses in das östliche chinesische
und in das westliche persische Reich , drittens in die Ge-
schichte der Juan oder der chinesischen Kaiser aus den
Nachkommen Kubilai's; und viertens in die der llchane oder
persischen Herrscher, Nachkommen Hiilagu's^ des Bruders
Kubilai's. Eine vollständige Gescliichte dieser Reiche könnte
sich keine engeren Gränzen des ümfangs stecken, als die
des osmanischen ; die vorliegende beschränkt sich nur auf
den vierten und letzten Zeitraum, als ein Seitenstück zu
der Geschichte der goldenen Horde inKipdschak, aber von
wftt grösserem Interesse, als j^ne, in Bezug auf Asien.
Die der per- ^^^*^ Gesichte des von Hulagu gegründeten Reichs der
sischen persischen llchane, d. i. Landes- und Volksfürsten [denn
llchane. n jjeisst sowohl das eine als das andere»)], füllt nur Ein
') Kiaelmii de llclianoriim seu Chulagidarum uummis Com-
meut.itio. I'tti (»i»oJi. |«,U.
E r s t e s B » c h. 3
Jahrhundert, von der Hälfte des dreizehnten bis in die
Hälfte des vierzehnten unserer Zeilrechnungf '} , während
welchem siebzehn Ilchane gezählet werden, von denen aber
nur die neun ersten achtzig Jahre den Thron als Aliein-
lierrscher füllten , die acht anderen sich um denselben mit
ihren Mitbewerbern stritten, bis dass das mit so grosser
Machtäusserung gegründete, mit so grossem Glänze unter
neun Herrschern aufrecht gehaltene Reich der Ilcliane , nach
dem Tode Ebu Saids j, durch die inneren Kriege der Thron-
anraasser zerfiel und sein Andenken nur in drei, aus den.
Ruinen derselben emporgeschossenen Pilzlingen mongolischer
Dynastien, in denen der Indschu , Tschoba?i imd Ilkaan,
noch kurze Zeit hinterliess, wie das untergegangene Reich
der goldenen Horde in Kipdschak in den aus seinen Trüm-
mern entstandenen Dynastien der Chane \on Kasan, Astrachan
und der Krim noch längere Zeit fortgelebt. Jene per
sischen und diese kipdschakischen Dynastien gehören aber
nicht mehr eigentlich der Geschichte der Mongolen an,
deren Herrschaft nur von Tschengischan's Auftritt als Er-
oberer bis zum Untergänge der goldenen Horde in Russland
und zur Erscheinung Timurs, nur zweihundert Jahre ge-
dauert. Die Hälfte dieser Zeit nimmt die Geschichte der
persischen Ilchane als die glänzendste der vier Uluse in
Anspruch , die glänzendste durch die Eroberungen des
Gründers Hulagu und seines Nachfolgers Ahaha , durch
die gesetzgebende Weisheit Ghasan's des siebenten und seines
Nachfolgers Oldschaitii nicht unrühmliche Regierung, endlich
durch den Flor der persischen Literatur während dieses
Jahrhunderts. Die grössteii Geschichtschreiber der Perser,
Dschuweini , der Wesir Hulagu's, und Reschideddin , der
Wesir Ghasan Chan's, haben die Geschichte Tschengischan's
und der Ilchane Persiens aus den Quellen des goldenen
Archiv's , d. i. des mongolischen Staatsarchivs, und der
Begebenheiten ihrer eigenen Zeit als Augenzeugen und mit-
handelnde Werkzeuge beschrieben. Als Augenzeugen und
') V. J. d. H. 553 C1255) bis 754 (1353).
I*
4 F, r s f 1- s B u c ii.
Zeitgenossen schrieben aiicli Hamdallah Mesttifi , der Ver-
fasser der bessten persischen Geographie und Universal-
geschichte, Bhiaketi , der EpJtoraator des grossen Werkes
Reschideddin's, und Wassafiil-hasret , d. i, der Lobredner
der Majestät, unter Oldsehait?f. und Ebu Said, dessen in
allen Künsten der Rhetorik üppig wucliernder Styl wohl
das Lesen seines Werkes erschwert, aber der historischen
Wahrheit so wenig Eintrag thut, dass derselbe die einzige
verlässliche Quelle, aus welcher die späteren, mit Recht
geschätzten persischen Schreiber der Universalgeschichte:
Mirchuand, Chuandemir, Haßs Ebni und GÄo^ay/ geschöpfet.
Schon Wassaf, wiewohl er erst unter dem achten und neunten
Herrscher der Ilchane seine Geschichte schrieb, die mit
Hulagu , dem Gründer der Dynastie, beginnt, fühlte zu
Ende seines Werkes die Nothwendigkeit, demselben aas
Dschuweini auch einen kurzen üeberblick der Geschichte
TscJiengischan's und seiner %ier ersten Nachfolger anzu-
hängen, welche besser dieselbe eingeleitet hätte, wie Schere-
feddin von Jesd die Geschichte Tiraur's mit einem kurzen
üeberblicke der Geschichte Tschengischan's und der vier
Uluse aus den obigen Quellen eingeleitet hat. Die Noth-
wendigkeit solclier Einleitung dringt sich auch hier um so
unabweislicher auf, als Tschengischan nur acht und zwanzig
Jahre vor der Gründung des persischen Reichs durch Hulagu
verstorben, als die mongolischen Stämme un«! die der
Gründung des Reichs Hulagn's gleichzeitigen asiatischen
Herrscher den Lesern unbekannt. Dieses Buch leitet daher
dieselben durch die möglichst kurze Kunde über dieses Volk
des Morgenlandes und seine Stämme, über Tschengischan
und seine vier ersten Nachfolger, und über die dem Auf-
tritte Hulagu's gleichzeitigen Herrscher Asiens in die Ge-
schichte der persischen Ilchane ein.
Tih-kpn ^^^^ älteste der Völker, welche die Geschichte in Hoch-
T/iv/;v« )/;/fi asien als Herrscher kennt, sind unstreitig die Türken, deren
Mongolen. ^Jer chinesischen Quellen zu geschweigen} die byzantinischen
schon in der Hälfte des sechsten Jahrhunderts der christ-
lichen Zeitrechnung erwähnen , wo die griechischen Kaiser
Erstes |{ n c li. 5
mit dem Cliane der Türken am Altai, d. i. dem Goldberge,
durch Gesandtschaften verkehrten, d. i. schon sechs Jahr-
hunderte früher, als in der Hälfte des zwölften die Tataren
und Mongolen durch Tschengischan in Europa geschicht-
lichen Namen erhielten. Die Geschlechtsregister der letzten
sind siugenscheinlich türkischen eingepfropft, um dunkeln
Ursprung der Väter durch berühmte Altvordern zu adeln
und ihr Geschlecht hinaufzuführen bis Tiirk , den Sohn
Japhet's, den gemeinsamen Ahnherrn von Tatarchan und
Mogolchan, die angeblichen Stammväter der Tataren uujI
Mongolen. Der Namen der letzten tauclit erst unter Tscheu-
gischan mit Gewissheit auf, da es nicht ausgemacht, ob die
altern Moho der Chinesen eben so gewi^ss Mongolen , als
ihre Tata Tataren ; wie aber Türken und Tataren ganz
verschiedenen Stammes, indem jenen der Namen von diesen
nur durch Missbrauch beigelegt worden, und noch beigelegt
wird, so sind Tataren und Mongolen ursprünglich ein und
dasselbe Volk, jenes der ältere unterjochte, dieses der
jüngere unterjochende Zweig. Die Türken sind vom öst-
lichen Altai, die Tataren vom. Baikalsee ausgezogen, die
Mongolen am westlichen Kentei , von den Quellen des Onon
und Kerulon, wo im. bewaldeten Gebirge Bnrhan Kaldnn
die Geburts - und Grabstätte Tschengischan's. Nachdem
Tschengischan die ihm feindliche^ Stämme der Tataren und
ihre Verbündeten vernichtet oder unterjocht, nachdem seine
Herrschaft durch Sieg und Eroberung von den ufern des
vaterländischen Sees Dalai Nor bis an die des persischen
Sees von Meragha über siebzig Längengrade ausgedehnt
war , buhlten die unterjochten Völker um die Ehre , dem
siegenden und erobernden , dem gesetzgebenden und herr-
schenden anzugehören ; Türken nnd Tataren zählten sich
nun den Mongolen bei, wie diese in ihren Stamniregistern
sich früher den Türken angeschlossen, wiewohl beide durch
die nicht zu überspringende Kluft von verschiedener Sprache
und Gesichtsbildung von einander scharf gelrennt. Tataren
wollten Mongolen, Türken Tataren heissen ; hingegen pro-
testirten die Mongolen wider i\en Namen von Tataren , wie
6 E r s t e s B u c li.
noch heute die Osmanen Mider den von Türken. Die Eitel-
keit, altem Geschlec!ite anzugehören, und Adelstolz (der-
selbe bei Völkern, wie bei Individuen J , bringt durch
Ahnen- und Namen- Verraengung in die Stammtafeln von
beiden nur Irrthum nnd Verwirrung '}. Eben so richtig
als lichtvoll ordnet der grosse Geschichtschreiber der 3Ion-
golen, Reschideddin, Anfangs seines Werkes eine Ceuturie
von Stämmen , welche zu seiner Zeit alle auf den Ehren-
namen von Mongolen Anspruch machten , ausser den Türken
(denen er die üighuren der Sprache nach beigezählt) in
drei Klassen, nämlich in Tataren (^desselben Stammes nnd
derselben Sprache, wie die Mongolen), welche ursprünglich
den Namen von Mongolen nicht führten ") ; zweitens in
Völker verschiedenen Ursprungs, welche, weder Tataren
noch Mongolen, den ^Vamen der letzten der Aehnlichkeit
wegen annahmen, wie die Tiirhnanen den der Türken , und
die daher am bessten Mogolnianen genannt würden, weil
sie an die Mongolen mahnen ^^ ^ wie jene an die Türken;
drittens in die eigentlichen Mongolen, welche wieder in zwei
Abtheilungen zerfallen, nämlich in die 31ongolen Durlegin,
der neun Geschlechter vor Alanhoiva , der neunten Ahnfrau
Tschengischan's, und die Mongolen Nirun , deren Stamm-
väter alle aber Nachkommen ^/fl/iZ^'0?r«'s. Esistnöthig, den
Leser wenigstens mit einem Viertel der Centurie von Stämmen,
die zur Zeit Reschideddin's, d. i. Anfangs des vierzehnten
Jahrhunderts, bestanden, bekannt zu machen, mit denen
nämlich, welche ihre Berühmtheit vor- anderen entweder
ihren Heiden und Frauen, ihrer Freundschaft für oder ihrer
Feindschaft gegen Tschengischan , ihrer Opposition oder
Verschwägerung mit dessen Hause danken.
•J Lcurs fils actuellement s'imaginoient, qu'ils avoient ete connus
aussi autrefois sous le uom de Mogols, Rechideddin. Journal asiat,
-) Des peuples turcs qu'on iionime maintenant 3Iogols, niais dont
chacun anciemiement avoit ua nom particulier. Rechideddin. Journ.
asiat. 3) Be M%liol meinende schiide end , welche den Mongholen
ähnlich waren, an dieselben mahnen, denn das persische Meinende
und das deutsche Mahnende ist eins und dasselbe.
E r K t e « n u c li. 7
Von den ursprünglichen tatarischen Stämmen nennen vie Stämme
wir zuer'st den sechsgethejlten Stamm der Tataren selbst' '''"''"■ "'"^
von denen einer Tschagfi/an Tatar, d. i. die weissen Ta-
taren'), hiess, im Gegensatze der übrigen, welche die
schwarzen genennet werden; in der Folge wurde der Namen
der weissen Tataren auch den Uiguren , welche Türken,
und anderen türkischen Stämmen beigelegt, sowie den
Mandschu's der Namen der Sui Tatar, d. i. der Wasser-
oder schlechten Tataren , die mächtigsten und gefährlichsten
der Feinde des Hauses Tschengischau's, welcher bei seiner
Geburt den Namen Temudschin erhielt, weil am selben
Tage sein Vater Jesuhai Behadir einen tatarischen Fürsten,
Temudschin, geschlagen und gefangen gemacht. Der Namen,
den er trng , «ron dem am Tage seiner Geburt besiegten
Tatarfürsten hergenommen, und die in seiner Jugend von
den Erbfeinden seines Stammes erlittenen Unbilden spornten
den Sohn Jesukai's zur Rache und zum Vertilgungskriege
wider diese unversöhnlichen Feinde seine« Hauses an; sje
wurden vernichtet, und nur ihre Weiber gingen als Trophäen
in das Frauengeraach Tschengischan's und seiner Söhne über.
Zwei der fünf Gemahlinnen Tschengischan's. Jisnlim und
Jistebit , und eine seiner Beischläferinnen, ^jutter seines al.*)
Kind verstorbenen Sohnes Uradschngan, waren Tatarinnen,
so auch eine Frau seines Bruders Dschtidsehi Kasar , seines
Sohnes Batu und Tudai Mengku's, des Herschers von
Kipdschak. Die beiden Gemalilinnen Tschengischan's erflehten
von ihm das Leben zweier Kinder ihres Stammgenossen Kuli
nnd seines Bruders KaramengUit , welche beide gross ge-
wachsen, den Dienst von Bairerdschi , d. i. Tafelderker, be-
kleideten. Kuli genoss des grössten Ansehens und scliloss
sich nach Tschengischan's Tod an die grosse Fran Sijur-
kukteni , die Gemahlin Tuli's , welche ihn zum grossen Emir
des Lagers und Obersthofmeister Sijiilitn's' ) ^ des Sohnes
') Dieser Umstaüd ist bisher allen mongolischen Gescliicht-
schreibern, welche sich über den Ursprung des N;iuieiis der weissen
uod schwarzen Tatareu den Kopf zerbrochen . eatganj:c!i. -) An
auderen Orten heisst er Suugtai.
8 E r s t e s B u c h.
Tults, ernannte. Sali, der Sohn Karamengku's, erscheint
unter der Regierung Mengkukaan's , gleich beim ersten
Feldzuge Huiagu's, als Sicherer des Rückens des Heers an
der indischen Gränze; bei Tschengisclian selbst aber galt
mehr , als die beiden von seinen beiden Gemahlinnen zum
Leben erbetenen obgenannten Kinder, und mehr als die beiden
Frauen AkutuUus , der Tatare Kutku Nujan; von Tsche/igis-
chan als Findelkind angenommen und seiner ersten Ge-
mahlin, noch ehe sie ihm einen Sohn geboren, zur Pflege
empfohlen, hatte sich Kutku schon als zwölfjähriger Knabe
Tscher)gisclian's besondere Zuneigung durch seine Tapferkeit
erworben , indem er taidschutischen Dieben ilire Beute ab-
jagte, und als fünfzehnjähriger Jüngling mitten im tiefen
Schnee allein dreissig Hirsche erlegt hatte, fir durfte den
Tschengisehan Itsche j d. i. Vater, und dessen Gemahlin
Ikej, d. i. Mutter, nennen. Ogotai , der Sohn und Nach-
folger Tschengischan's, gab ihm den Ehrentitel eines Prinzen,
Aka , mit dem Vorsitze vor seinen eigenen Söhnen , nnd
noch achtzigjährig versall er das Amt des Oberrichters nach
seinem Wahlspruche : Fürchte Nichts und sprich Recht. ')
Die Tataren sassen an der Gränze China's, dessen Kaisern
sie meistens steuerpflichtig waren. ^ ) 2. Der zweite feind-
liche Stamm, welchen Tschengisehan wie die Tataren als
unversöhnliche Feinde mit Vernichtungskrieg zu Boden trat,
war der in vier Zweige getheilte der Merkit oder Mekrit,
auch Udujat genannt, denen die Solongos beigezählt wurden.
Ihr Fürst Tuklaibeg fiel mit sechs seiner Söhne als Opfer
der unversöhnlichen Feindschaft. Selbst der jüngste, welchem
als einem trefflichen Bogenschützen Dschudschi , der älteste
Sohn Tschengischan's, das Leben retten wollte, musste hin-
gerichtet werden auf ausdrücklichen Befehl des Vaters,
welcher dem Sohne diese Müde nie vergab. Tairosim^ einer
der Ersten des Stammes, gab dem Tschengisehan die Tochter
Kulan zur Frau, welche ihm den Sohn Kulkan gebar. Vom
Schwiegervater bekriegt, verlor Tairosim die Schlacht, und
') Meters u rast gui. -) Reschideddiii.
E r s t e s B u c h. 9
seine Frau Turakina , welche dem Sohne Tscliengischan's
beigelegt wurde, eine der.grössten mongolischen Frauen,
verschaffte als Regentin nach Ogotai's Tode ihrem Sohne
Gujuk (dessen Gemahlin ebenfalls eine Merkitin) die Herr-
schaft. Die Sitze der Merkit waren im Osten des mongo-
lischen Stamragebietes am linken Ufer der Selmga.
Der zehngetheilte mächtigste Stamm der Dschelairen, Die Stämme
welche in dem Stammgebiete des Hauses Tschengischan's ^^^^'J^-^'^'
am Ocean,'in siebzig Ringen, wie die Avaren, jeder Ring j^rgliod,
tausend Familien stark, sassen, ist einer von der ältesten üirat.
bis in die neueste Zeit durch historische Namen und Be-
gebenheiten merkwürdigsten. Die Nachkommen des Brüder-
paars Dschudschi Tumle und Dschudschi Dschawerhai, welche
der Änlass des Kriegs Tschengischan's mit den Taidschuten,
haben unter den persischen Ilchanen zahlreiche und wich-
tige Aemter des Staats und Hofs bekleidet; Kadan , der
Dschelaire vom Gefolge Tschengischan's, hatte zwei Söhne,
Ihik und Ildschikitai , wovon jener Atabeg, d. i. Obersthof-
meister, des Sohnes und zweiten Nachfolgers Tschengischan's,
Ogotai's ; dieser schätzte ihn sehr hoch, erlaubte ihm aber nicht,
den Bruder Ildschikitai zu tödten, der sich vor ihm ebenfalls
zu Ogotai geflüchtet. Auf dem Landtage der Wahl Mengku-
kaan's spielte Ildschikitai eine höchst wichtige'Rolle, indem
er die Rechte des üluses Ogotai's auf den Thron wider die
Ansprüche des Uluses Kubilai's vertheidigte ; im Gegentheile
leistete der Dschelaire Mingkasar Niijan , aus dem Zweige
der Dschat, Grossfürst und Oherrichter Mi'afarakain'sj, dem
Kubilni bei dem nach dessen Thronbesteigung über Ma-
jestätsverbrechen gehaltenen Gerichte die grössten Dienste,
indem er über die widerspenstigen Prinzen der üluse,
Dschaghatai und Ogotai , das Todesurtheil aussprach. Der
Dschelaire Dauldu war Vogt der vier grossen Lager Tschen-
gisclian's und befehligte eine Ssade , d. i. Ceuturle, in jedem
HesarCj d. i. Regiment von tausend Mann; endlich das
Brüderpaar Olai Kalschu und Karadschai, die Schafliirten
Jisukai's, des Vaters Tschengischan's, denen er sich immer
sehr dankbar bewies, weil sie seine in die Gefangenschaft
10 E r s t e s B u c lt.
der Merkit gerathene Gemahlin sicher zu Owangchan, dem
Fürsten der Kerait, geleileten ; auf dem Rückzuge genas
sie vom Erstgebornen Tschengischan's, welchen dieser, weil
die (^von Verläumdern sogar als zu spät verdächtigte^ Geburt
des Sohnes unerwartet kam, Dschudschi , d. i. den unver-
liofften Gast, nannte. Tschengischan wollte in der Folge
das Brüderpaar mit Aemtern belohnen; sie zogen aber vor,
in ihrem Stande zu bleiben und als Hirten seines Ver-
trauens zu geniessen ; aus ihren Nachkommen ist Seriak_,
der Fürst des Lagers zur Zeit Arghunchan's , des fünften
der persischen lichane, und von Katschar , dem Sohne
Sertak's, leiten die heutigen Schache Persiens ihre Dynastie
als eine zweite des Stammes der Dschelaire ab; denn eine
frühere hatte nach Zertrümmerung des persiscJien Reichs
der Ilchane der Dschelaire Hasan (beigenannt der Grosse,
zum Unterschiede von Hasan D schob an ;, aus dem Stamme
Suldu's , welcher Stifter der Dynastie Dschoban der Kleine
beigenannt ward} in Persien gestiftet, welche von der ge-
scliwäcliten Macht der Ilchane Nichts als den verstärkten
Titel als Ilkaane führten. Aus dem Stamme der Sum't,
welcher noch heute unter diesem Namen an der cliinesischen
Gränze sitzt,') war Dschnnnaghun , welchen Ogotai, nach-
dem /?scAe6e#und Subetai von ihrem persischen Feldznge
über Russland nacli Hause gekehrt waren, als Befehlshaber
Statthalter nach Persien gesandt. Nicht minder mächtig,
als der Stamm der Dschelairen , war der der Uirat , deren
Sitz zwischen den acht Flüssen, die sich in die untere ^wÄ-or/*«
ergiessen^), wo noch heute ihre Nachkommen unter ^tm
verwandten Namen der Biiirat , von allen Stämmen der mit
'3 Weg durch die Gebiete der Sunit Mongolen nach Tkmkowsk3-
in Ritters Asien II. S.35Ö, auf LfAnville's Karte Souhit, bei Ssetsen
Ssunid. *) Sekts Muran, bei Ahulghasi sind die Naniea derselben
sehr verstümmelt, bei Reschideddin sind doch wenigstens vier der-
selben zu erkennen, nämlich die Irkiit im Ikra MuraHj die Oka
im Aka Muriiii , die Jiielfi im Tschaghmn Muran ^ A. i. \Veissfluss,
die obere Tunf/usku in Dschurdsche Miirau (Dschurdsche ist der
Namen der Tuugusen"). endlich die Ankara und der Kern (Jenisei).
in den sie fällt, ganz unveränrieri.
Erstes B u c h. 11
dem Hause Tschengischan's am meisten verschwägerte, indem
achtUiratinnen in das Haus Tschengischan's verheirathet, und
sieben Prinzen desselben an Uiratinnen vermählet waren.
Die Grossmutter Tschengischan's, die Frau Sunigü Fntschin,
war aus dem Stamme der Torghut oder Torghody welcher
noch heute ein Zweig der Kalmuken oder Oeluet (das nur
die chinesische Sprache für Uirat) und deren Andenken
in Kieinasien (wohin sie mit Timur's Heere kamen) im
Namen des Sandschaks Torghud lli fortlebt.
Drittens die Stämme der Mogholmaneti, d. i. der Völker, Ber Stamm
welche weder Tataren noch Mongolen, mit den letzten ver- <^<^»' ^^(^rait,
, . , ^ rk« Bekrin,
bunden, auf den Namen derselben Anspruch machten. Uie -.,.„,„.
' ^ i\ciiin(iii }
mächtigste dieser Völkerschaften, die von nestorianischen yy„^,/,„f„„^
Priestern zum Christenthum bekehrte'} der Keraü; ihres tujhur.
Fürsten chinesischer Ehrentitel Owang Chan erhielt durch die
Missionarien des Mittelalters alsPriester^/oa/zwes keine mindere
Berühmtheit, als in früherer mythologischer Zeit der Fisch
Oajines als Gesetzgeber an der Küste des rothen Meeres;
die Hauptstadt derselben war die Stadt Thianto am Flusse
Hoangho, d. 1. am gelben Flusse, das Land Tendum'^) Marco
Polos; die Geschichte Owang Chan's und^ seines Bruders
Hakembo^^ ist auf das engste mit der Geschichte Tschen-
gischan's verbunden, welcher erst der Verbündete Owang
Chan's , in der Folge denselben , weil er den Feinden
Tschengischan's Gehör gegeben, bekriegte und vom Throne
stürzte. Vergebens hatte Tschengischan früher die beiden
Nichten *) Owang Chan's für sich und seinen ältesten Sohn
Dschudschi als Gemahlinnen begehrt; sie waren ihm ver-
weigert worden, sowie die Hand der Enkelin Owang Chan's
aus dem Sohne Si?ikun; aber die beiden Töchter Ettiku'Sj
des Bruders Shikmi's, die Frauen Tokus und Tukinij, wurden
') l);is Christeatliumdesselbeu bezeugt llescliideddiii ausdiücklicli:
daaweti Isa peigliamber aleilii selani ha ischan reside \ve bedini wei
der ainedend, d. i. der Ruf (der Mission) des Herrn Jesus des Pro-
pheten kam zu ihnen und sie nahmen dessen Glauben an. -) Ueher
das Land Tendttm M. Polo's in Ritters Asien I. 8. 248 — -'56 nach
Klaproth. ') Bei Ssetseu. ") Abika und Begtutmisch.
12 Erste s B ii c h.
beide die Gemahlinnen Hiilagii's , und die dritte Nichte
Owang Chan's, die Schwester der dem Tschengischan und
seinem ältesten Sohne verweigerten beiden Prinzessinnen,
war die berühmte Sijurkukteni ^^ , unstreitig die grösste aller
mongolischen Frauen , welche durch ihre Staatsklugheit dem
Uluse Kubilai's den Thron verschaffte; Mutter vier der
grössten Fürsten der mongolischen Geschichte, nämlich der
Kaane Mengku mwA^ Kiibilai , Aü&\[c\\2ii\& Hulagu , Gründers
der mongolischen Dynastie in Persien, und Arikbtika's, der
als Nebenbuhler den Brüdern den Thron streitig machte.
Auch Bat Tetigri , der Stiefvater Tschengischan's, welcher
um die Hand der Keraitin Kadan geworben , erhielt einen
Korb, wie Tschengischan und Dschudclii , von der Nichte
Owang Chan's. Die nächsten südlichen Nachbarn der Kerait
waren die ünkut , d. i. die Wächter der grossen chinesischen
Mauer; ihr Fürst Alalusch, Verräther an seinem Herrn,
dem chinesischen Kaiser Altun Chan, öffnete dem Heere
Tschengischan's den Durchgang, und erhielt dafür die Hand
Olakai Begis, der Tochter Tschengischan's, deren Sohn
später mit der Tochter Tuli's vermählet ward; die ünkut
waren mit dem, Hause Tschengischan's, wie die Stämme der
Virat und Kerait , durch Verschwägerung eng verbunden.
Wie die ünkut in der Nähe der Kerait längs der chinesischen
Mauer, so sassen diesen westlich die Naimaii, deren be-
rühmter Fürst Kuschluk Chan einer der erbittertsten und
mächtigsten Feinde Tschengischan's sich wider denselben,
mit den Fürsten von acht anderen Stämmen er der neunte,
verbündete.^} Kuschluk's Tochter Linktim. ward die Ge-
mahlin Tuli's, Mutter seines dritten Sohnes Ä^m^?//«^?/ ; auch
Tuli's Beischläferin '), die Mutter seines achten Sohnes
Muke , welche aber an desselben Statt den vierten Sohn
Kubilai säugte, war eine Naimanin. Die Bekrin oder Mekrinj,
') Sijurkukteni, die Gemahlin Tuli's, war nicht die Tochter,
sondern die Niclite Owana; Chan's; bei Ritter I. S. 297 Mird sie
mit Turakina, der Gemahlin Ogotai's , vermengt. ^) Unter denen
die Kerait, Merkit, Uirat, Dschadscherat Tatar, Katkin, Durba»,
Saldschiut. ') Je.ksarik oder Niksarit.
Erstes Buch, ]3
welche weder Mongolen noch tTjghureii , sassen im Lande
der letzten ( in der kleinen Biicharei J. Tschengischan nahm
Murkai , die Tochter ihres Fürsten , zur Frau, welche nach
Tschengischau's Tode, von seinem Sohne und Nachfolger
Ogotai vor seinen anderen Gemahlinnen geliebt, dem Bruder
Dschagatai , welcher sie Ton ihm begehrt hatte, verweigert
ward ; auch die Gemahlin Kaschin's , des fünften Sohnes
Ogotai's, die Mutter Kaidu's, des Vaters von vier Söhnen,
welcher in der Geschichte des Uluses Dschagatai als Herr-
scher auftrat, war aus dem Stamme Mekrin. Tixx den Moghol-
manen zählt Reschideddin auch die Kirgisen und Kemdschiuty
welche, Türken '^ ^^i^ '^Jß Ungut ^ in Sibirien und an dem
Kern oder Jenisei sassen , von welchen sie ihren Namen
haben. Die Tanghut im Gebirgslande an der sinesischen
Gränze, deren Hauptstadt JSinghia am Ufer des gelben
Flusses. Tschengischan, welcher in vier Feldzügen die-
selben nicht zu unterjochen im Stande gewesen, starb auf
dem letzten ; und endlich in der kleinen Bucharei die
IJighuren , deren Sprache türkisch, deren Religionslehre
aber auf tübctanische hinweist, ein schriftgelehrtes Volk,
von welchem die Mongolen Schrift und Belehrung annahmen.
Alle wirklichen Mongolen behaupteten, unmittelbar von />/g
Tegus und Kijan abzustammen, welche einige Jahrhunderte JUirleciin ,
tor Tschengischan sich mittels eines Durchbruchs aus dem '^*''*«'" ^"^-
n !_• n 1 1 n • .. . I •> .1 brück aus
Erzgebirge von Ergenekun , aus der Bothmassigkeit ihrer „ .
Sieger und Zwingherrn befreit hatten. Ein Paar tausend
Jahre vor Tschengischan, so erzählt die Volkssage, waren
die Mongolen von ihren Feinden , den Tataren , bis auf zwei
Männer ausgerottet worden, deren einer Tegus, der andere
Kijan, d. i. Strom, hiess; sie flüchteten in ein rundum von
steilen Felsen umschlossenes Thal, wo sie im Verlaufe von
Jahrhunderten sich vermehrend , ihres Bergkerkers und
Bergbaues endlich müde, den Ausgang aus demselben sich
') Tiirkea sind auch die Turkatun , eine Art Wachen, deren
mir Abuli/liasi und nicht Reschideddin erwähnt, die Tilenrfut C^'ekiüt),
welche Reschideddin unter den Tataren, und die Maiikut, die er
mit den Xirunen aufzählt.
14 - K r s t e s B 11 c li.
nur dadurch bahnten, dass sie mit siebzig; Blasbhigen die
Flamme aufgescliichteter Holzstösse gegen die Erzwnnd
trieben , bis dieselbe schmolz und ihnen freien Ausweg aus
dem Gebirge gewährte, dessen ?iamen Ergenekun als festes
Gewölbe oder auch als Gewölbe der Ktinen übersetzt werden
kann; in der mongolischen Volkssage und in ihrem auf die
Türken gepfropften Starambaura scheint die geschichtliche
Wahrheit der Unterjochung und Vertreibung der Hiongnu,
d. i, Kunen, aus ihrem Reiche am Inschan gegen Norden am
Altai, wo sie lange Zeit in dunkler Knechtschaft für ihre
Sieger Bergbau trieben, verlarvt zu seyn. Das Erzgebirge
Ergenekun ist von europäischen Forschern mongolischer
Geschichten theils am Kokonor '^, d. i. am blauen See, in
Tangut im Süden der grossen Sandwüste Schamo oAer Kobi.
theils im Nordosten derselben am See DalaC^^, d. i. am hei-
ligen See, in welchen sich der Kerulon ergiesst, gesucht
worden; dort, weil noch heute die steilen Ufer des Sees
von den Mongolen Giinergi ^^ genannt werden, hier, weil
der in den See mündende Kerulon aus demselben unter dem
Namen Ergun ausfliesst^), und weil die Berge am mittleren
Unun metallreich, wie der Inschan, an welchem die Herrscher
der Hiongnu oder Kunen ihre Waffenarbeiter unterhielten ^^ 5
aber wahrscheinlicher ist dieses Erzgebirge weder hier noch
dort, sondern am Altai zu suchen, aus dessen an Gold wie
an Eisen so reichhaltigen Felsenfhälern die Türken im
sechsten Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung in der
byzantinischen Geschichte auftauchen; dorten ist der Felsen-
damm von Gog und Magog, welchen die alte mongolische
Geographie und Geschichte bis an die kaukasischen Pforten
zieht, und hinter welchen persische Geschichtschreiber und
Dichter den Bergkerker der Mongolen verlegen *} ; doch
■) Schmidt's Geschichte der Mougoleu S. 227 und 372, und Ritter
s. ebendas. ^-j u'Ohsson Hist. d. Mongols I. p. 22 notes und nach
demselben Ritters Asien I. 430. 3) Degui;;;nes L. I. p. U6.
") Im Damme Goj; versperret waren die Mongolen,
Und nahmerf dann in Anspruch Würd' und Stamm der Türken.
Kemal Ben Glntjass.
Erstes Hu i- ii. J5
gleichviel,' seyeii die Mongolen ursprünglicli vom Inscliaii
oder Kiiischan (so nennen die Chinesen den Altai^ ausge-
brochen, seyen sie von den Ufern des blauen oder lieiligen
Sees ausgegangen, das Andenken an diesen Auszug der Väter
aus der Bergsclaverei lebte von Geschlecht zu Geschlecht
fort (h\9 auf den heutigen Tag); das Fest des Auszugs
ward alljährlich in der Naclit vor dem neuen Jahrestage als
ein Fest der Bergleute und Schmiede gefeiert. Glühendes
Eisen wurde in Gegenwart des Herrschers gehämmert und
Gott für den Auszug aus dem Erzgebirge gedankt; später
maclite die Volkssage den Tschengischan, den Gründer der
Grösse seines Volkes, selbst zum Schmiede '}, und am
Berge Tarchan , d. i der Schmied, welcher auf sieben
deutsche Meilen sichtbar, aus rothem Granite als Riese den
Eingang der grossen Sandvvüste bewacht, wird noch der
Ambo's bewahrt, auf welchem Tschengischan der Erste das
Eisen gehämmert; nicht ferne vom Berge Tono , d. i. der
Kauclifang, wird noch an den Ufern des Kerulon der Rauch-
fang der Jurte gezeigt, in welcher er geschmiedet') haben
soll. Auch in der aJtpersischen Geschichte war der Befreier
des Volkes von der Tyrannei Soliaks der Schmied Gjawr,
dessen Schurzfell erst Freiheitsfahne, dann das Reichspanier,
und im Mongolischen ist Tarchan j, d. i. der Schmied, gleich-
bedeutend mit Freiherr. ^
Die Mongolen , welche von den Altvordern stammen, »/<, Stämme
die aus dem Erzgebirge Ergenekun zogen, heissen Diirlegin, der
bis ^ni Alanhowa, die neunte Ahnfrau Tschengischan's, deren ^'^'""(f^ut
Nachkommen aus ihren drei Söhnen, die sie vom himmlischen r- . • *
hoiufhjrat.
Lichte empfangen, die JSiiunen, d. i. die Reinen, heissen;
von allen mongolischen Stämmen für den Mythologen und
den Geschichtschreiber des Aberglaubens der Völker merk-
würdigster Stamm ist der der Virangkut , die einzigen
Mongolen, welche nicht vor dem Donner zitterten, sondern
den Blitz mit Fluchen beschworen; alle anderen fürchteten
') Kubruquis und Timkowsk3-. ') Timkowsky's Reise nach
Chiua. Wien i82b. l. B. S. 22ci. 244. II. 14.
10 E r s t e s B u c li.
den Wetterstrahl als einen feurigen Drachen, der, aus dem
Meere steigend , die Luft durchzieht und die Erde mit feu-
rigem Schweife schlägt'^; sie glaubten, dass ausgegossener
Wein, süsse und sauere Milch und Trocknung von Schuhen
ien Blitz herbeiziehe, wesshalb dieselben in freier Luft zu
trocknen verboten war ; diese Meinung und dieses Verbot
zeugt für die Fürchterlichkeit der Ungewilter in jenen Ge-
birgen und Seen, und für die frühe Erfahrung, dass Feuch-
tigkeit der besste elektrische Leiter ; aus diesem Stamme
waren die meisten Kamen, d. i. Schamanen, Beschwörer
von Ungewittern und Geistern; aus demselben waren Jisiin
Tatschi und Jt'sun Koke , Befehlshaber des linken und rechten
Flügels im Heere Tschengischan's, Subutai Behadir , der
berühmte Feldherr, welcher mit Dschebe Nvjan die sieg-
reichen Waffen der Mongolen durch Persien nach Kipdschak
trug, endlich Udadschij der Zeitgenosse Tschengischan's,
dessen Nachkommen im Gebirge Burhan Kaldun die Grab-
wächter des tschengisischen Familienbegräbnisses, die Wächter
der acht weissen Häusser (^Ordu^, welche dort in der Gegend
Jehe Utek j zwischen der Schattenseite des westlichen Altai
und der Sonnenseite des östlichen Kentei, aufgerichtet wor-
den'^, nach aller Wahrscheinlichkeit die Ahnen des in der
späteren mongolischen Geschichte erscheinenden und noch
heute an der chinesischen Gränze sitzenden mächtigen
Stammes der Ordu^s^). Wenn der Stamm der Unanghut
so merkwürdig für den Mythologen und Ethnographen, so
ist der siebenzweigige ^^ der Konghirat noch weit bedeu-
tender in der Geschichte Tschen^^ischan's und seiner Nach-
*) Reschideddin führt dabei die folgenden Verse an :
Die Donnerwolk' als Krokodil die Welt durchläuft,
Der aus dem Meere steigt mit Ingrimm schwarz beschweift,
Sie grinnet als ein Drach, der Unheil prophezeit,
Und zwischen Gaum' und Zahn nur Rauch und Feuer speit.
^) Schmidt's Geschichte der Mongolen S. 100. ^) Ebend. S. 407.
408. ; über Tschengischan's Begräbuissort s. Ritter I. 238. 482.
504. 506. *) Konghirat, Ikiras, OUionut, Karanuf, Kurlas, Kinkut,
Ildscheqi)}.
E r s t e s B u c h. l'Jf
folger durch die rielfältige Verschwägerung desselben mit
dem Herrscherhause, indem ein Dutzend der Frauen des
tschengischanischen Hauses aus diesem Stamme in alle vier
Uluse vermählt waren. Die Mutter Tschengischan's war aus
einem der Zweige dieses Stammes, eine Olkonutin, und
Tschengischan vermählte seine Töchter an Konghiraten; so
gab er dem Schingkn Gtirgan seine Tochter Tumalin mit
dem Befehle über viertausend Konghiraten, eine andere
wollte er dem Konghiraten Tw/« ^m«/ zur Frau geben , Hess
ihn aber hinrichten, da dieser den Antrag mit dem kühnen
Worte erwiederte: Wie soll ich deine Tochter nehmen,
die Frosch und Schildkröte (quackend und duckmäuserisch
sicher^. Von Bestui , dem Stammvater der Konghirat und
der sechs mit demselben verwandten Stämme, schreibt sich
Alles, was in der mongolischen Hofsprache golden heisst,
her, wesshalb er auch Bestui serin , d.i. der goldene, bei-
genannt wird; daher das goldene Lager, das goldene Archiv,
das goldene Gesicht und das goldene Zimmer des Herrschers.
Aus den Kinklint , einem Zweige der Konghirat, war Miser
Uluk , von dessen Stärke und Gefühllosigkeit Reschideddin
seltsame Anecdoten erzählt; drei Tage und Nächte schlief
er statt der Decke mit Muscheln zugedeckt , so dass Vögel
auf seinen Rücken nisteten und Eier legten; sein Sohn war
der Stammvater der Kurulas, aus welchen Merchitai dem
Tschengischan den wesentlichen Dienst leistete, ihm von
der Verschwörung der feindlichen Stämme, welche den
erbitterten Feind Dschamiika zum Gurchan, d. i. zum grossen
Herrscher ausgerufen hatten , die früheste Kunde zu geben.
Die Gemahlin Miser Uluh's war eine Chinesin, deren Namen ' J
die auf dem Esel reitende Rose bedeutete, wesshalb der
Sohn Ildschigin , d. i. Langohr, genannt ward, der Stamm-
vater des siebenten Zweiges der Konghirat; sie hatten ihre
Sitze an der chinesischen Gränze an den finsteren Wäldern
des Gebirges Hingan'^'), woher die unter dem Namen der
Karawinas berühmten Naphtafeuerwerker,
0 Udawkai Jabudak. ^) In Reschideddin Karawhi, Haidiin oder
Hidtin ; bei D'Obsson I. Caraoun Tchidouu u. p. 73 CaravouaCabdjal.
IIaminei\, Gesell ichtc der Ilchane. I. 2
m K r -1 I o « II II . h.
i>n> Sti^mmc' l^or KdiiuMi tl«'« StHiiiinos Ktnit^tau lioissl ilio (iroNN-
Ahwj*^**#. iiH!(i(<|)(ou, M«» sowohl (»fivslsrli nis iu<Mrtlls«'Ii IMr »lol« iiiitl
, * MninnHMt^llti \«>rN«tiH(l< n «« rdtn ktimi. ' ) Ans «li»s«u iiiid «It'ii
hi',,\iMn( foli;t>iul<'n Sjjimiiu'ii «It-r Ki uU . Huscftiu iiiul Stil, ins \\i\rvi\
l^^t«f. «tlo ho>N(«Mi porsoiilirtini Krouiitli' TscIuMi^iiioliHirs, tlio uork
<VH/t*«#A\ (liü(|j{Nirii llolfoi' Ht^iiirr Jii^oiitl tiiiii firim'« luHiiiilirlirii Allrm.
iMi^tt^ffk //jtrAAt». «im* Kiiii^lAnr, h:\Hc nath JisukMii Tode
tlr« «Irrift^hnjcihrtjfou t\fHiHthrhin i;«'[>ll<'i;i. srJu SdIhi tius einer
(Vülioreti i:iio. i!:it t*t*tn . «I. I. (Jottrs Klunltil«! . Irnt »Im
lio^eUlrrlri* Srhrtni.iiir auf mul mm \>.iiiii«li«> im >Amrn tlf!«
Iliuuurlü «lr>i) [\nuumi rciuiul.schiu's tiei tlossoii. Tlirotihosioi-
^UH^ in lWkt>Mfih . «Is jKlcii hNrdeuttMui mit (»»•wnltlj'or.
^rrtsisvr l^hüii; «Irr »liestMU jjrwoi^j'nsir Stamm «arni dio
f^W^ mlvr Atttiml . »I. i ili<> t.nlin. als «loK-ii (Mi.tknii
TsrhoMjjIsehwn i\c\\ Thron t'oslioj; ' ") ; «us iliosoiii Sidmiiu'
u«r iiti^hnr*is<chtPi .y^fj^u) , welcher iiiil Wi/r^Aw/ ,\>/;*im . wus
tl!(»iw Stiiiuuut> iler //mjvtA^Vi . der l.ehensretler Temmlsehirrü.
«U vr hhl(«|ie(eiul luKlen iii\ St liiue t\\ sit ilten («ettihr lief,
wofth' h«M«le In» hiuhslen An-iolien stehnid ht iler KoIj:e als
die » «tVen^enossen , die ihm nut Quell /i\j/t/>rAwwrt Iren
^eMi«>hen w«n>«, »m T*wvAw»«*i# , d. I. Frt»lhrrf«»« , |rt>iidelt^
dteselhv Wrtrd«» «U«t» Diplout erhielten und üher l>i|)lonie
<»rh«heM erklärt wurden; aueh den j:an»en freundliehen Stamn»
der Kii'^kr'<('J adelte Tseheujcis als Freiherren, wie Kaiser
fVledrie h 1 .-die biiw» i'Iiner einer UalleMJselien Stadt »u
<V«t» erh«\t»; «us dem niiht minder fieundlieh jtesinnten
SUmuto der Ihjnut. welcher in *wei Ahtheiluujjen au tler
Seh'Hjf« s«ss, w«r K^kffi tiHr^att ^ «»tner der Kidamr iVchen-
^i^Th«u^^ dtiinu Otf^hts AVml , d. i der *IVuehs<»ss M . oh
der IMiiUidtrruujir \\<>t Seh«iU<> des ehiuesisehe« Kaisers Altan
(Miau in der K«lj|i;t> x[cru«jCt««»del, und vVwrivt«. der hetraule
K«lh lVh«>M^i>^U«»>\ dter, tiil$t di« Fürsleu dor Tataren
mid ihtht*fifivk<fniH ww die «bersdt» HerrsehDif» der Moujolou
*> Ä« t)«l««««i \m <l«r wsuMuiiselic» Heirfc^st^sehl**!« ^te «««I.
*<Mi^s'«i''>»4»ftii»r M<> «♦>«M«*M"«H"*#^»» tv<ler «»♦\v<.<».#.*»VW#»i», ^5<►se^te^^e
*<«>« nv!M^^ Heteli.s; Vs ^Vü^. ^> ^^Itmüai's «eNvh^eMe S. 107» *> I« «1er
SifuaHu!» «1^ N;t(MMMeM y (m 4^t ms\\k^\\i\s<^<>Mk HiCit^mK Res<rk«ae<Wi«.
y. t y. l •: ■■ M M f. fi. 19
»Iriltf-.ri, »]a<!if»-.llj'-. «J<-.m 'Ittmud-fliin vorrtij^^;f:"Mf.'t. Kridlifli
»J«-,r Stafrim SulduH , v»;r)i*;rrlif:ht durch di«; P'amili»; .SV/r/'Z/^iw
Sv.hu Kh, d<:>s H.<-.».l«:r»s 'I «:miidechiii'« , alü di<;i-<;r von i««:ifi<;ri
J'c.iridcii, dtn 'raid«i(;liijl<-n , /jcfan^'en , mit «l«:rn iilock«: am
lUUe «ich in »:in«:ri 'l<:if.)i ver«tecl(t<; , »iO «i^v- nur die .\a«e
ülj«:r d«:fn Wa*.<!«:r nichtfi^r. DI«-, alt«-, f- fdu Jiuid'-.chn lkad>xhi
hall«; hicli »ifcifi«:r in di«>«-.r Sltlavf.r«:» erbarmt; alj«rr w-Irlitigcr
war der Dieiikt, (J«ii ilirn Surf^tuin Scfdre erwieis, ind<:m er,
tJ«.',« Verborjgeoen gft'A-a\ir. di«: ihn auf''ij«.li<:nd(:n 'l'aiflKfhuten
vom Tnich«; alj)<;ilftt«:, Ab«;ndii d«-ti««:l lj«-r! Jicrvorzog und in
h«-.in<-.frj Hau*«-, in «;in«-.m Sack«*, von Uoli«: v«:/fjar>:; di<: \ (:r-
fol;.'«tr dijr«.)i>«ijf.lil«-.n dh» JI^u^ uii«! (sti<:i->(;n mit Sjji«:*i».«:ri in
«li-.n V\ oilhack ; alü ni«: l«-.rn<;, {iah ilim Hurglian Scliire Kleider,
WaHeii, Mtjiidvorralli und ein«; vveinhe Htute , auf welcher
i-r nt'Aimr Familie zueilte, die längüt alle Hoffnung, ihn
wieder /u nehen, auf/L'egehen ; ti(:Ui vierter .Sohn, 'i'uJi , bagte
hchou m«;Jirere Tage liindureh: .Mutier! (ii:r Vater kommt
auf weidfeer citute; und dchHi^llien Ankunft he><tatigte des
Kiiaheri zweite« GeKictit ' ). Viele der Nacliiiommen Surghan
tichirii'u kamen mit Ilulagu naeli I'erhien , und von denüelben
»stammt der herijlimte Kmir 'l'/^eliohan , der l'eldtierr unter
Cjliaiian, (Jld«(.liaitu und l'Jju Said, der in des letzten Re-
gierung «o viiclitigc llolie ••pielt, und deK»«*n Solin llaKari
iic.r CiriJnder der li^nanti«-. Tuchohun , welche, wie die der
ilkaane, hieh au« den '| kümmern «len ilehanihthen Keiclm in
Iran erhob. Tueliengixehan zälilN; unter den Stämmen d«ir
l)url«-gin m«:Jirere Freund«-. aU unt«-.r d«;n achtzefin d(;r ihm
niiehhlverwandten , von d«;n li«;litemjifangenen Sölif)«;n von
<\i.r n'-unten Ahnfrau ab>itammefiden ISinmcn, d. i. di«; l{«;ifien.
Sein eigenes Hau« hie«« erhl vofi hcinem Alinii<;rrn Kubul-
r.han nur da« der Kuiul oder Küud und von «einem Vater
JiHuhai daii der Kulal liiirdHclm/^in, d. i. die rothbräurjlicfilen
Aug«;n. Von dienen aeht/ehn Stammen der Niriinnn wollen
wir hi«;r nur die vier rnäclitigiRten , zwei freundliehe, die
•) Uinakf.ti; hei H«ct««ifi, d«j^ ;ill<; ItnUr.t <\<v OcschUhte T«clien-
(;iHChun'« v<;rvvirrl , i^t •Im;';«; (#<;8«;liif;lit<; in «la» .luii;;lin/4falt«;r
TueltcitciMchiiii d liinuuri^bruckt. Ue«)Ctii<ic<l(litt.
2*
20 ErstesBuch.
Taidschut und Dsvhadscherat , und zwei feindliche, die
Barin und Jisiit , zur näheren Kenntniss einführen.
Die Stämme Die Taidschut, deren Namen an die Deutschen erinnert,
fffr wie der der Dschete an die Geten, und der der Dschur-
laidschut, jj^^^j^^jj^ an die Germanen, stammten mit den ihnen nächst-
JDs c h (t fisch f-'
• t n • verwandten drei Stämmen, der Erikian , Sidschiut und
Ji»d Jisitt. Dschinis , von Baiduchan , dem sechsten Ähnherrn Temu-
dschin's, dessen Urenkel Ainbaghi von tStn Tataren gefangen,
dem cliinesischen Kaiser ausgeliefert, auf einem Esel paradirt
und dann geschunden worden ; gleiches Schicksal hatte ein
anderer Urenkel desselben, Öhin Berkan, und die Blutrache
dieser beiden Urgrossoheirae Temudschin's diente in der
Folge, den wider die Dynastie der Kin unternommenen Krieg
zu rechtfertigen; aber früher hatte Teraudschin eigene Unbild
an diesem seinem Hause so nahe verwandten, aber feind-
lichen Stamme zu rächen; nach der Niederlage derselben
zu Baldschiisch wurden die Gefangenen in siebzig Kesseln
gesotten, welche in der mongolischen Geschichte eben so
berühmt, als die siebzig Blasbälge, welche die Felsenwand
von Ergenekun sprengten, als die siebzig Ringe ') der
Dschelairen, deren jeder aus tausend Familien bestand. \xi
der Spitze des zweiten feindlichen Stammes der Dscha-
dscherat oder D&chuirat, deren Stammvater Odurbejan, der
Bruder Kabulchan's, des Urgrossvaters Temudschin's, stand
Dschamuka, beigenannt Satschan, d.i. der Listige, der ge-
fährlichste und unversöhnlichste aller Feinde Tschengischan's,
dessen Ränke ihn mit Owangchan , dem Herrn der Kerait,
entzweiten und der von Tschengischan endlich besiegt, dem
Neffen Htschidai zur Hinrichtung übergeben ward ; doch
theilten nicht alle Dschadscherat den unversöhnlichen Hass
ihres Fürsten, indem Tschengischan Mehreren derselben
wesentliche Dienste dankte , so den Brüdern Kuschaul und
Dschusuk, welche während Tschengischan's chinesischen Feld-
zugs seinen Jurt hüteten ; uad Kalender , welchen Tschengis
•) Diese Ringe hiesseii Kur oder Kewr, was dasselljp Wort
mit (lern pcrsiscliea Kuer, wie die Steingiüber in Schottland Iieissen.
E r s t e s B u c li. 21
in der Begleitung eines üriangkuten mit erdichteter Botschaft
im Namen seines Bruders Dschudschi Kasar an Owangchan
sandte, um diesen in die Falle zu locken. Aus dem Stamme
der Barin ^ dem nächsten Verwandten der Burhan ^ d. i.
das Meer, die in den heutigen Törbed fortleben, war Sit-
tukusu nach dem berühmten Feldherrn Mokli Ka^anik der
zweite im Befehle, der noch als hundertjähriger Greis zur
Zeit Ogotai's lebte und sich rühmte, den ersten Hochzeits-
schmaus mit Tschengischan gefeiert zu liaben; dann Bigiy
der Barine , welchen Tschengis als Unghin , d. i. freien
Mann, erklärte, der bei ihm im höchsten Ansehen wie die
Prinzen vom Geblüte zu seiner Rechten sass, und dessen
Pferde in einer Hürde mit denen Tschengischan's; da er
sehr alt, befahl Tschengischan, dass ihm der Rücken eines
Sukanut beim Aufstehen zum Schemel diene, woher diesem
Stamme der Name AktadscM Begi , d. i. die Stallmeister
BegVsj, blieb, wider welchen sie protestirten. Die Jisut
endlich leiten ihren Ursprung von Tschiniai Utdsch'gin, dem
jüngsten Sohne Kabulchans, des ürgrossvaters Temudschin's,
ab. Uldschigin, d. i. der Feuerhüter, hiess bei den Mon-
golen der jüngste Sohn, welcher während der Abwesenheit
des Vaters und der Brüder im Felde dgs Haus als Ofen-
sitzer hüten musste, und welcher nach des Vaters Tode
dasselbe erbte, weil er besser als die Brüder im Felde sich
mit der Wirthschaft bekannt zu machen Gelegenheit gehabt.
Diesen Beinamen führen also mehrere in der mongolischen
Geschichte berühmte jüngste Söhne als Ofensitzer- Haus-
hüter, nebst Tschintai noch Budan Utdschigin , der jüngste
Sohn Burtan Behadir's , des Grossvaters Tschengischan's;
Taratai Utdschigin , der jüngste Sohn Jisjikai'Sj des Vaters
Tschengischan's, und endlich Tuli, des letzten jüngster oben-
genannter Sohn. Diesen Stamm der Jisut verherrlicht die
grosse zahlreiche Familie Dschebe Nujan's , des WafTen-
gefährten Suhatai Behadir's, welcher mit demselben den
dreijährigen Feldzug wider Persien und Russiand voll-
bracht.
Geschichte
Tscheuffis
22 ErstesBuch.
Erst nach dieser vorläufigen Kenntnis» der berühmtesten
Stämme des mongolischen Reichs ist es gerathen , die Ge-
schichte seines Gründers kurz zu überblicken.
Perioden Temudschin ward am 20. Silkide des fünfhundert neun
<^<'^ und vierzigsten Jahrs der Hidschret, d. i. am 26. Jänner
d. J. tausend hundert fünf und fünfzig der christlichen Zeit-
chan's. rechnung, im letzten Jahre des alttürkischen Thiercyclus,
nämlich im Jahre des Schweines, geboren, und starb, zwei
und siebzig Jahre alt , am vierten Raraasan d. J. d. H. 624,
d. i. am 18. August 1227 , nach dem sechsmal durchlaufenen
zwölQährigen Thiercyclus, abermal im Jahre des Schweines,
ein ominöses Geburtsjahr für den Herrscher der mongo-
lischen schweinischen Menge; nicht minder ominös, als dass
Temudschin ein Stück geronnenes Blut fest in der Hand
verschliessend zur Welt kam, die er mit Blut überschwemmen
sollte. Von den ersten zwölf Jahren seines Lebens, in dessen
dreizehntem er den Vater Jisukai verlor, weiss die Ge-
schichte Nichts, als dass dieser ihm den Namen Temudschin
von dem am Tage seiner Geburt besiegten und gefangen
eingebrachten Fürsten gab; die übrigen sechzig Jahre seines
Lebens zerlallen • in die frühere kleinere Hälfte, welche
sieben und zwanzig Jahre umfassend, von seinem dreizehnten
bis an sein vierzigstes, und in die zweite grössere, welche
von seinem vierzigsten bis zu seinem Tode zwei und dreissig
Jahre füllt; von der ersten Hälfte, in welcher er den wieder-
holten Unbilden seiner Feinde ausgesetzt sich nur mühsam
die Freiheit und Unabhängigkeit erkämpfte , kennt die Ge-
schichte verhältnissmässig für die Zahl der Jahre nur wenige
Begebenheiten, aber desto gellender und ohrenzerreissender
durchschmettert sein Namen in den folgenden zwei und
dreissig Jahren die Welt. Der grosse Geschichtschreiber
Reschideddin hat die Geschichte des Lebens und der Herr-
schaft Tschengischan's von seinem dreizehnten Jahre bis in
dessen drei und siebzigstes eben so pragmatisch als lichtvoll
in fünf Perioden, die erste von dreimal neun, die zweite
von neun , die dritte und vierte von sieben , die fünfte
ErstesBuch. 23
abermal von neun Jahren eingetheilt. ' ) In der ersten Periode
tritt er als Sieger der Taidschut, deren Gefangene in siebzig
Kesseln gesotten worden, auf; schon wider seinen persön-
lichen Feind, Dschamuka , den Fürsten der D schadscher at,
kämpfend, von denen sich jedoch ein Theil ihm unterwirft,
sowie die Stämme Suldiis , Jisut und Bärin, deren Emire
sich seinem Dienste anreihen. Die Gelegenheit eines Festes
^ührt einen Streit mit dem \ ettcr Sedschebegi , dem Fürsten
des nahverwandten Stammes der Kijat BurMn, herbei, der
nun Temudschin gegenüber als Bewerber um die oberste
Herrschaft auftritt; aber diesen Abfall vergütet der Sieg
über die Tungkait , einen Zweig eines wider seinen Fürsten
Owangchan, welchem Temudschin Hilfe leistet, empörten
keraitischen Stammes. In der zweiten Periode erscheint
Temudschin als Verbündeter Owangchan's, des Fürsten der
Kerait, wider die ihnen beiden feindlichen Stämme der
Naiman Merkit und Tataren; nach Besiegung derselben
unterwirft sich der mächtige Stamm der Konghurat der
Herrschaft Temudschin's, und er besteigt den Thron als
Herr der Mongolen in seinem siebenmal siebenten Jahre.
Verschmähte Brautwerburg und Dschamuka's Ränke führen
den Krieg mit Owangchan herbei, von welchem Temudschin
zwar am Quell Baldschuna geschlagen, in der Folge den-
selben, sowie die Naiman und Merkit oder Tangut, besiegt,
worauf ihm die Uighuren, Kirgisen, huldigen, und er als
Herrscher all^r Mongolen die neungipflige Fahne mit neun
weissen Rossschweifen aufgepflanzt, und den Namen Temu-
dschin in Tchengis , d.i. starker, grosser, gewaltiger Herr-
scher, verwandelt. Die folgende Periode füllt der sieben-
jährige chinesische Krieg und die letzten neun Jahre seines
') Die chinesischen Quellen geben die Geburt Tschengischan's
ohne alle Datenbestimmuug des Monats und Tages um 7 Jahre zu
spät au, im J. Jl62; (dieselben verdienen hierin weit weniger
Glauben als Reschideddin, welcher seine Geschichte aus den mon-
golischen Archiven verfasst , und Wassaf , welcher die Berechnung
der chinesischen Cyklen gibt und dann zu Ende der Regierung eine
chronologische Uebersicht von Jahr zu Jahr beifügt.
24 ErstesBuch.
Lebens die Feldzüge wider Chuaresmschah's über ganzVorder-
asien verbreitete Macht in Transoxaiia, Chuaresm, Chorasan,
Iran und Kipdschak , theils in eigner Person , theils durch
seine Söhne und Feldherren, zuletzt die vierte wider Tangkut,
wo er seinen Lauf als Eroberer beschliesst. Gibbon hat
diese Eroberungen nach den vier Weltgegenden, im Norden,
Süden, Osten und Westen, überblickt. Da die Geschichte
Tschengischan's zu schreiben und blos die Eroberungen auf-
zuzählen , hier nicht unser Zweck , so beleuchten wir die
grosse historische Figur Tschengischan's von vier Seiten,
zuerst in seiner Familie als Menschen, dann gegenüber
seinen Feinden als Sieger und Eroberer, hierauf als Staats-
mann und Gesetzgeber, und endlich in dem Üeberblicke
seiner Heeresmacht und letzten Anordnungen als den Ge-
waltigen im eigentlichsten Sinne des Worts.
Die Familie Man kennt insgemein nur die vier Söhne Tschengis-
Tschenffis- chan's: Dschiidschi , Dschaghatai , Ogotai und Tvli , die
Stammväter der vier nach ihnen genannten Uiuse aus der
Konghuratin Burte Fudschin; aber Tschengis hatte noch
vier andere Söhne: Kulkan oder Gulgan*) aus Kulan Chatun,
der Tochter Tairosun's, des Fürsten der Merkit, und drei,
die als Kinder gestorben'^; seine sechs Töchter ^^, von
denen er vier an die Prinzen feindlicher Stämme ver-
mählte, um die alte Feindschaft zu sühnen, und nur zwei
an befreundete Fürsten, nämlich: Alakahegi zn den Fürsten
der Ungkut, welcher ihm den Durchgang der^grossen Mauer
geöffnet, und Kalbi an Idikut, den Fürsten der Uighuren,
der ihm gehuldigt, so dass er ihn nicht anders als seinen
fünften Sohn nannte. Das Frauengemach Tschengischan's
war mit einem halben Tausend von Weibern und Mädchen
') H. V. Ohssoii sagt: Goulgan , dont on ne connoit que le
Dom; aber Reschideddiu meldet, dass Gulgau's Solin Kodsclia nach
seines Vaters Tod 6000 Mann erhielt, dass dessen Sohn Urdui ein
Hofdieöer Kubil.ai's war und dass Urdui's Sohn Abukian, weil er
es mit Kaidu und den monj^olischen Prinzen hielt, hingerichtet ward.
-) Dschurdschtai und Dschawur — ürdschaten. ') H. \. Ohsson
p. 419 kennt nur fünf: 1. Kutschi (Fudschin) begi, 2, Tschitschejan,
3. Alakai, 4. Tumalin , 5. Ultaliu, 6. Ilalu, diese fehlt bei D'Olisson.
E r s t e 6 B u c ii. 25
bevölkert, aber von diesen fünfhundert hatten nur fünf den
Titel von grossen Frauen, als die fünf Centurionen dieser
fünf Weibercenturien , nämlich : 1. Burte FtidscMn , die
Tochter des Stammhauptes der Konghurat, Mutter der vier
Söhne, Gründer der vier Uluse; 2. Kulan Chatun , die
Tochter Tairosun's, des Fürsten des feindlichen Stammes
der Merkit, Mutter des Sohnes Gulgan; 3. die beiden Ta-
tarinnen, Schwestern, Jesulnt xxwA ^. Jesidmi; ^. Kwidschu,
die Tochter des chinesischen Kaisers, welche keine Kinder
hatte und in deren Lager sich die durch ihre Schönheit
berühmte Hogutai befand; als die nächsten an diesen fünf
grossen Frauen sind fünf andere von der Geschichte be-
zeichnet, nämlich die Tochter des viermal mit Krieg über-
zogenen Fürsten von Taiighut, die Tochter TajangchanSf
des siebenmal besiegten Fürsten der Naiman, die Naimanin,
Mutter des Sohnes Vschirdschetai , die Tatarin, Mutter des
Sohnes Urdschahan, und endlich y4bika , die Tochter Ha-
kembu's, des Fürsten der Kerait, welciie Tschengischan
durch ein Traumbild erschreckt , dem Vertrauten Kehti
Nujan, der in dieser Nacht die Nachtwache hielt, mit allen
ihren Schätzen und Pagen schenkte, und als Andenken von
ihr nur den Becher, worin sie mit ihm Ktmiis, d. i. Stuten-
milch , getrunken , und von ihrem Gefolge einen Tafeldecker
zurückbehielt. Sollte den Barbaren vielleicht die Ahnung
einer Neigung zwischen der Prinzessin und dem Leibwächter
zum grossmüthigen Opfer 'dieser Abtretung bewogen haben ?
oder hat ihm dieselbe wirklich ein Traum abgeschreckt?
selbst in diesem Falle ist das zurückbehaltene Andenken
eine ganz unerwartete Spur menschlichen Gefühls in der
Brust eines Wütherichs, wie Tschengis, der schon als Knabe,
ehe er noch dreizehn Jahre alt, in Gemeinschaft mit dem
Bruder Belgutai den Bruder Belter erschlug; die überle-
benden vier Brüder Temudschin's sind Belgutai, sein Theil-
nehmer am Brudermord, Kodsckuiu, dessen Sohn lltschidat
einer der trenesten und eifrigsten Diener des Oheims, auf
dessen Wink er den gefangenen Todfeind Dschamuka zer-
hieb; der jüngste, Temengu Uldschigin, d. i. der Feuer-
26 E r s t e s B u c li.
oder Herdhüter (seine Mutter war die Olkunutin Vsedemt,
Verwandte der Mutter Tschengischan's^, ein grosser Bau-
liebhaber, der Überali, wo er hinkam, baute, und so viel
es in seinen Kräften stand , — wenigstens dem Willen nach
gutmachte, was der Zerstörungstrieb des Bruders Eroberers
verheerte; endlich Dschudschi Keser , wegen seines athle-
tischen Körperbaues und seiner Stärke der Löwe beigenannt;
seine Brust war so hoch gewölbt, sein Bauch so zurück-
gezogen, dass, wenn er darnieder lag, ein Hund unter dem
Bauche durchlaufen konnte, seine Stärke so gross, dass er
gefangene Feinde wie Pfeile in die Hand nahm, Indem er
ihnen den Rückenwirbel wie Pfeile zerbrach. ' J Er war der
starke Helfer Tschengischan's, der ihn auszeichnete, aber
auch ein Paarmal mit ihm unzufrieden, die Beweise seiner
Zufriedenheit und Unzufriedenheit, die erste ehrenvoll und
die zweite nachtheilig, auf die Nachkommen desselben ver-
erbte. Als Merkmal der Zufriedenheit seiner in dem Kriege
wider die Naiman bewiesenen Tapferkeit räumte Tschengis
allen Nachkommen des Oheims das Recht ein, wie die
Prinzen Söhne auf der rechten Seite des Thrones zu sitzen,
während alle andere Verwandte des Hauses auf der linken
Seite mit den Emiren'}; aber als in dem Kriege wider die
Kerait Dschudschi Keser zu spät kam und zur Zeit des
Mahles auf sich warten liess, sagte Tschengischan: „So er-
scheinen Mücken, nur wenn sie die Sonne bescheint, und
verschwinden, sobald sie sich versteckt; der Thautropfen
will, so klein er ist, mittels der Leiter der Sonnenstrahlen
zum Himmel steigen." In seinem Unwillen gab er die un-
verbrüchliche Satzung, dass kein Glied der Familie Dschudschi
Keser's je der Chanschaft würdig geachtet werde, und ernie-
drigte also alle Nachkommen desselben für alle künftige
Zeiten zu blossen Emireu Karadschu , d. i. unterthänigen
Fürsten. ^}
*) Reschideddin. ^') Derselbe im Hauptstücke der Söhne Jisukai's.
3) NA'assaf im Hauptstücke Tschengischan's.
ErstesBuch. 27
Der Jugendfreunde Temudschin's ist schon oben bei Die Feinde
den Stämmen Erwähnung geschehen ; seine' Feinde können Temu-
... 1 . jf •• !• i dschin'a bis
in vier Klassen getheilt werden, erstens die persönlichen
° * zu seiner
unversöhnlichen ; zweitens die besiegten und zum Theile, ersten
wenigstens dem Scheine nach, versöhnten Stämme; drittens Thron-
die sich Herrschaft anmassenden Nebenbuhler um den Thron, beatetgung.
und viertens, nachdem Tschengischan denselben bestiegen,
die reichsgefährlichen feindlichen Mächte. Der erbittertste
seiner persönlichen Feinde ist Dscha7nuka Sasan, d. i. der
Listige, der Fürst der Dschadscherat, dessen List ihn mit
Owangchan entzweite und die Anregung der Yerschvvägerung
herbeiführte , welche dann der nächste Anlass des Krieges
zwischen Owangchan und Tschengischan. Er machte ge-
meinsame Sache mit Taidschuten , wciclien alsbald nach dem
Tode Jisukai's der Stamm der Konghuraten. und der mit ihm '
verwandten zugefallen waren. Von den Taidschuten hatte
Tschengischan die grössten Unbilden seiner Jugend zu er-
leiden, die Sklaverei , aus der ihn Schnrka/i '^ Schire , der
Sulduse, gerettet, und der Blutsturz, die Folge von zwölf
ihm an den Hais geschossener Pfeile, dessen Todesgefahr
die Freunde Burghiidschi und Biirghul abgewendet; solche
Unbill und Schmach büssteu sie in den siebzig Kesseln ge-
sotten. Nach den Taidschuten waren die unerbittlichsten der
Feinde Aiq Talaren, und Merkiten, wider welche Tschengis,
sowie wider die Taidscliuten, den Krieg bis zur Vertilgung
führte, die höchsten der Frauen schonend, die er als Frauen
und Beischläferinnen in sein eigenes Frauengemach nahm
oder den Söhnen überliess. Dem ältesten Sohne Dschudschi
zürnte er unversöhnlich, weil dieser dem jüngsten Sohne
Tuktabeg des Fürsten der Merkit als einem trefflichen Pfeil-
schützen das Leben retten wollte. Von dem sechsgetheilteu
Stamme der Tataren waren zuletzt auf Fürbitte der beiden
Schwestern Tatarinnen, Gemahlinnen Tschengischan's, nur
dreissig Familien das Leben gerettet, und vom Tataren
Kuli, welchem eben diese beiden Frauen als Kind das Leben
') Bei D'Ohssou ScIiebouiÄlia.
28 E r s t e s n u c h.
erbeten hatten, in ein Regiment organisirt worden. ') Die
_. , ^,„ Taidschuten waren das erstemal zu Baldschusch in derlVieder-
I. J. 1198.
läge der siebzig Kessel, zum zweitenmale von Temiidschin
und Owangchan zu Kisillascli^ d. i. am rothen Steine, ge-
schlagen worden ; mit ihnen verbündeten sich aus den Nai-
luanen, den nächsten Stammverwandten Temudschin's, die
Stämme Katagin , Saldschiut , Diirhin und Konghiirat , ihr
Biindniss durch das fünffache Opfer eines Pferdes, Stiers»
Widders, Hundes uud Bockes beschwörend; die Fürsten»
welche mit Tschengischan um die Oberherrschaft der 3Ion-
golen buhlten, waren Dschamuka , der Fürst der Dscha-
dscherat , Olak Odur , der Fürst der Merkiten , Sidschebeg,
der Fürst der Kijat, BiirMn, der nächste Verwandte Te-
mudschin's, und Dschudschi Kasar, der Oheim desselben.
In diese Epoche fällt die Unzufriedenheit Temudschin's
mit dem Oheim, der Anlass aber des x4bfalls des Vetters
Sidschebeg war der folgende. Bald nach dem ersten Siege
über die Taidschuten gab Temudschin seiner Mutter TJlun
Ike , seinen Brüdern Dschudschi, Bilkuti und Utdschigin ein
Fest, bei welchem sich auch Sidschebeg, das Haupt des
Stammes der Kijat Burkin , mit sein'er grossen und kleinen
Mutter, d. i. mit seiner wahren und Stiefmutter, einfand;
die 3Iutter fand sich beleidigt, weil Sijudscher , der erste
Tafeidecker Temudschin's, die Stutenmilch ihr nicht der
ersten vorgesetzt; sie schlug ihn desshalb, und als auch bald
hierauf Bügutei beleidigt worden, kam es zwischen den
Knechten Temudschin's und Sidschebeg's zum Handgeraenge,
die beiden Frauen wurden gefangen , hernach wieder frei-
gegeben, aber Sidscliebeg trennte sich mit seinem ganzen
Stamme vom Hause Temudschin's und trat wider ihn mit
f. J. 1801. bewaffneter Hand als Anraasser der Oberherrschaft auf. Die
obgenannten verbündeten Stämme riefen den Dscharauka zum
Oberherrn mit dem Titel GurchaTi, d. i. des grossen Herr-
schers, aus. Sie verschworen sich abermal am Ufer der
Tula, indem sie mit ihren Füssen die Erde des Ufers in
') Reschideddjn im Hauptstücke von den Tataren.
E r s t e s B u c ii. 29
den Flass stampften und mit ihren Säbeln das Gesträuch
abhieben: „dass der Verräther wie diese Erde zerstampft,
wie dieses Gesträuch niedergehauen sei!" Temudschin
schlug die sieben Stämme zu Jedi Gurgan, d. i. bei den
sieben Grabmalen ^ was ein als ihre Grabstätte, Unglück
vorbedeutender Namen; als er hierauf aucli die Tataren und
Kaimanen geschlagen, unterwarfen %\c\\ A\g Konghurat, der I-J.i30l.
nächste der Stämme der Naimanen, und Temudschin bestieg
als grosser Herrscher derselben den Thron.
Das bisher zwischen Temudschin und Owangchan be- j)ig Feinde
standcne Biindniss wurde durch die 'Einstreuungen D&chdi- und Freunde
muka's getrübt, welcher den Owangchan bestimmte, dem Temu-
Antraffe Teraudschin's einer näheren Verbindung der beiden
® ° -z-u seiner
Häuser durch eine Doppelverbindung kein Gehör zu geben. zweiten
Temudschin warb nämlich für sich um Abika, die Tochter Thrunbestei-
Hakembu's, des Bruders Owangchan's, und um ihre Schwester ^""^ *"(*
Bestutmisch für seinen ältesten Sohn Dschudschi, während ,
er dem Singzin, dem Sohne Owangchan's, seine älteste
Tochter Fudachin antrug; die ehemals Verbündeten waren
nun offene Feinde; Temudschin, der so oft mit den Kerait
wider ihre gemeinschaftlichen Feinde, die Tataren, Merkit
und Nairaan, gefochten, wurde geschlagen, und flüchtete
zum schlammichten Quelle Baldschuna , wohin ihm nur die
Getreuesten folgten. Diese waren in der Folge als die
Waffengefährten von Baldschuna ausgezeichnet, wie vor sechs
Jahrhunderten von Mohammed die Waffengefährten von Bedr
und Ohod , er ernannte sie später alle zu Tarchanen, d. i.
Freiherren, sowie die beiden Lebensretter, Btighurdschin
den Erlaten, und Burghul den Huschinen, dann Siirgan
Sch/'re^) den Suldusen, die beiden Dschelaire Olai Kalgha
und Karadschu'^^ den Taidschuten Jisukai, welcher vormals
die mit Dschudscln schwangere Biirte Fudschin sicher zu
Owangchan geleitet hatte ; Burghul diente von der Pike,
oder mongolisch richtiger zu sprechen, vom Pfeile auf;
') Bei Schmidt Torghan Scliaain , bei d'Ohsson Scheburghan.
-) Bei d'OIisson p. 72 Kischlik uud Badai.
30 ErstesBuch.
denn Anfangs Tafeidecker, ward er Gesiktu , d. i. vom Vor-
trabe der Pfeilschützen , dann Emir Gesik , Befelilsliaber
derselben, liierauf Emir Toman , d. i. Befehlshaber eines
Corps von zehntausend Mann , und endlich Grossfiirst. Von
Bughurdschin sagte Tschengischan t Ich schätze ihn unter
meiner Seele , aber höher als alle Fürsten und Karadschu
(^Unterthanen}. Bughurdschin nannte sich selbst den Un-
fehlbaren und sagte von sich selbst: „Wann das Geschrei
der Raben irret und fehlet, irre und fehle ich nicht; wann
den Vogel des Grabes Schwindel ergreift, bleibt mir Kopf
und Gehirn frei; wann der Staub von der Erde zum Himmel
steigt und der Rauch des Himmels zur Erde sinkt, verfehle
ich meinen Weg nicht, desshalb nennt man mich den Unfehl-
baren." Als Tschengischan den Burghul und Bughurdschin
zu Tarchanen ernannte und sie das Diplom begehrten , er-
klärte er sie über alle Diplome erhaben. Biighurdschin
war der erste der neun Örlök^^, d. i. die neun Mannen
oder Helden, die andern acht: 2. Burghul der Huschine,
3. Schurkan Schire"^^ der Sulduse , der Lebensretter, wie
die beiden vorigen; nach diesen Lebensrettern 4. Mokli der
Dschelaire ^), der Eroberer China's; 5. Dschefie der Jisute;
6. Subutai Behadir " ) , der Feldherr wider Persien und
Kipdschak ; 7. Dschelme Oho, d i. der tapfere Räuber*^,
der erste Waffengenosse der Raubzüge Tschengischan's, dessen
Söhne die Befehlshaber des rechten und linken Flügels der
Leibwachen; 8. SchikiKuttu, der von Tschengischan, noch,
ehe ihm seine Gemahlin einen Sohn geboren, an Kindesstatt
angenommene Pflegsohn, dessen W'ahl^pruch als Richter:
Fürchte Nichts und sprich Recht; endlich 9. der Uirate
Kara Karaghu^~). Diese neun Helden waren die innigsten
Waffengefährten Tschengischan's, Stützen seiner Macht wider
') Örlök ist wohl Nichts als das türkische Erlik — Manu-
haftigkeit. ^} Bei Schmidt Torghoii Schaara. ^) Bei Schmidt S. 38 1
MucJiiili. *) Bei Schmidt S. 381 steht Sso Mergen, die Dschurdschid
(welche ein Zweig der Uirangkut), S. 87, wo Subutai Behadir statt
der üirangkute der Dschurdschid geuanut. *) Die Bedeutuug gibt
Reschideddin. ") Bei Schmidt Chara Kiragho.
E r 3 t e s B u c h. 31
seine Feinde: „Ihr neun Örlök, kommt mit mir herein, und
ihr dreihundert und neun Leibwachen, umgebt das Haus!" ')
und als er sieben Jahre nach der ersten Thronbesteigung
den Owangchan geschlagen und mit ihm Frieden geschlossen,
nachdem Tajangchan, der Fürst der Naiman, der gefähr-
lichste und mächtigste seiner Feinde, in der Niederlage
gefallen , als er in der Gegenwart von hundert rersammeUen
Stämmen den Thron als Herrscher aller Mongolen mit dem
ihm von seinem gottbegeisterten Stiefvater Buttangri (Eben-
bild Gottes) ertheilten Ehrentitel des Gewaltigen ange-
nommen und die neungipflige Fahne mit den neun weissen
Rossschweifen und die viergipflige schwarze seines Hauses
aufgepflanzt, als er Herrscher des Volkes der viermalhundert-
tausend 31ongolen, als er die Fünffarbigen und Vserfarbigen*)
zu Einem Volke vereint, denselben den ^'amen der blauen
Moiigolen^^ oder einzigen'^^ beigelegt und seine Staats-
einrichtungen begann, redete er seinen Wesir Bughurdschin
und die neun Helden WafFengefährten an: „Du mein Bu-
ghurdschin, dem Leben und Tod stets gleichgültig war, ihr
neun Örlök j ihr meine Fürsten und Edle, ihr meine ünter-
thanen und du ganzes grosses Volk, dass Keiner ihn neide!
Er soll die oberste Verwaltung der inneren Reichsangeiegen-
heiten führen und über die fünf Farben meines Volkes be-
fehlen ; er soll die grosse fernhinschmetternde Trompete
bewahren und als Oberbefehlshaber über die neun Gebiete
den Titel Kulak Bugiidschi führen;" er ward zum Ober-
haupte der neun Örlök erhoben und seine Gemahlin erhielt
den Titel Butschin Taibutsan *).
Das Kurultai, das ist allgemeine Volksversammlung, der Die sieben
Landtag, auf welchem Temudschin als Tscliengischan, d. i. ^^'ndtai,
gewaltiger Herrscher, der Fünf- und Neunfarbigen, der
blauen und anderen Mongolen ausgerufen worden, war das aehuldiat.
vierte der sieben Kurultai, deren die Geschichte Tschengis-
') Schmidt S. 89. ^) Schmidt glaubt, unter den Vierfarbigea
seien die Stämme der vier Uirat zu versteheu, unter den Fünftarbigen
die anderen Mongolen. ') Koke Mongol. **) Jekta, bei Wassaf
im Gegensatz der Ssu Monghol, *) Schmidt S. 93.
32 ErstesBuch.
chan's erwähnt. Das erste wurde unmittelbar vor dem Feld-
zuge wider die Taidschut und der Niederlage der siebzig
Kessel, das zweite vor sieben Jahren bei der ersten Thron-
besteigung als Herrscher der unterworfenen Stämme der
Konghurat und der mit denselben Verwandten, das dritte
nach der durch den Fürsten der Tunguten erhaltenen Kund-
schaft von dem Ueberfalle der Naiman und der Niederlage
Tajangchan's, ihres Fürsten, das vierte wurde zur Auf-
pflanzung der vier schwarzen und neun weissen Rossschweife
gehalten, das fünfte hat bald hierauf zur Berathung des
siebenjährigen chinesischen Kriegs, das sechste sieben Jahre
hernach zur Berathung des siebenjährigen persischen, und
das siebente und letzte sieben Jahre später und ^wei Jahre
vor seinem Tode bei seiner letzten Rückkehr in die Heiraath
stattgehabt. Diese Kurultai blieben sofort mongolischer
Reichsbrauch bei den Thronbesteigungen der Fürsten und
anderen grossen Begebenheiten, welche der Chan mit allen
Stämmen berieth. Tschengischan spricht in seiner Thron-
besteigungsrede an die versammelten Stämme von den zwölf
unterworfenen Reichen, worunter die Gebiete der besiegten,
ihm unterworfenen Feinde zu verstehen sein dürften; zuerst
die sieben des ihm nächsten verwandten, mächtigen Stammes
der Konghurat mit seinen sechs Zweigen, dann die des ver-
wandten Stammes der Kijat Burdachin, dann die Tataren
und des ihnen engverbündeten Stammes der Mehrin ^ dann
der Taidschzd und der Kerait ; der noch unbezwungene,
mächtigste feindliche Stamm war der der Naiman, wider
welchen Tschengischan siebenmal zu P^elde gezogen, fünfmal
vor seiner Thronbesteigung als gewaltiger Chan der Mon-
golen, und als Verbündeter Owangchan's. Immer waren sie
I T 1198 ^^ ^^^ Spitze der wider Tschengis verschworenen Stämme
/ J 1193. ^^^ ^^^^ Niederlagen zu Kisiltasch, d. i. am rothen Steine,
nicht minder berühmt, als die der siebzig Kessel der Tai-
dschut zu Baldschuschj die der verbündeten Stämme an
den sieben Grabhügeln und die Tschengischan's selbst, als
er nach der wider Owangchan verlornen Schlacht von we-
nigen Treuen begleitet zum Quelle Baldschuna geflohen.
KrstesBuch. 33
Nachdem in der vierten Schlacht wider die Naimanen ihr
grosser Fürst Tajaiigchan geblieben, zog Tscheugischan
wider dessen Bruder Buyuruk^ß. i. den Befehlshaber, welcher
ihm als Fürst seines Volkes gefolgt , und schlug denselbeji
an der Sudscha, in der Nachbarschaft des Vlugtag , d. i.
des grossen Bergs, die Fortsetzung der Bergkette des kleinen
Altai ober dem Balchasch-See. Tajang's Sohn Kuschluk
floh mit Tukta, dem Fürsten der Merkit, nach den Ländern
am Irtisch. Ihre gefährliche Nachbarschaft mochte ein
Hauptgrund des Untergangs der Kirkis und Kemlcemdschiut
gewesen sein, welche am Irtisch und Jenisei sassen , und
welche nun dem gewaltigen Herrscher huldigten ; so hul-
digten ihm auch im Süden Idihtit, der Fürst der Uighuren,
und die türkischen Fürsten der Hoeihe in der kleinen Bu-
charei, der Gurchan von Karachetai, der Fürst des Stammes
der Karlik von Kajaligh und der von Aimaligh. Tschengis
besiegelte den Bund der Huldigung durch Verschwägerung,
indem er dem letzten eine Tochter seines ältesten Sohnes
Dschudschi , dem Fürsten der Karlik eine andere Prinzessin
des Tschengischan'schen Hauses, und seine Tochter II Alti
dem Fürsten Idikut zur Frau gab , den er seinen fünften
Sohn nannte. *) Er war nun mit nicht weniger als einem
Dutzend der mächtigsten Stämme verschwägert; die zwei
Schwestern Tatarinnen ausgenommen, war jede seiner grossen
Frauen aus einem anderen Stamme, und ebenso gab er
nicht mehrere seiner Töchter an Fürsten Eines Stammes,
Sondern jede an einen anderen; nur mit dem Stamme der
Konghurat war er gegenseitig verschwägert , indem seine
erste Gemahlin Burte Fud&chin eine Konghuratin und er
seine Tochter Ttimalun an den Prinzen der Konghuraten
vermählte, welcher, wie alle Eidame, den Titel Gurchan
führte.
Stark durch Verbindung und Verschwägerung mit den Chinesische
mächtigsten Stämmen und Fürsten, vernichtete er so leichter Ehrentitel,
der chine-
sische und
*3 Bei d'OIisson S. 4l9 fehlt dieselbe, aber S. Ul wird sie persische
Altunbegi geuannt. Krieij.
Hammevj Geschichte der Ilchane. I. 3
34 E r s k e s B u c li.
den Fürsten der Naimanen, Kutschbik, in dem siebeuten
und letzten wider denselben geführten Krieg in der Schlacht
am Kern, und wagte nun den Krieg wider den Herrscher
von China selbst, wider Altan Chan, d. i. den goldenen,
welcher ihm gleich Anfangs seines Auftritts für die dem
Tschingsang (^chinesischen Staatsmintster^ wider empörte
Tataren geleistete Hilfe den Ehrentitel eines Grossfürsten '^^^
sowie damals der Herrscher der Kerait dem Owangchan^^
und dem Fürsten der Naiman den Ehrentitel Tajang ver-
liehen hatte. Die Seele dieses siebenjährigen chinesischen
Krieges, welcher mit der Besiegung Altanchan's, des vor-
maligen Oberherrn der Tataren und Mongolen, endete, war
der Dschelaire Mokli , welcher zur Belohnung seiner Dienste
den auszeichnenden chinesischen Titel ^ojang^) , das ist
Herrscher Eines Distrikts , erhielt. Der Kaiser von China
war der mächtigste Feind des mongolischen Reichs im Osten,
sowie Chuaresmschah , dessen Herrschaft sich über ganz
Mittel- und Vorderasien erstreckte, der mächtigste und ge-
fährlichste Nachbar im Westen. Nach dem glücklich voll-
endeten siebenjährigen chinesischen Feldzuge und der Ein-
schüchterung des Ostens wandte Tschengischan seine ganze
Macht wider den Herrscher des Westens, wider Mohammed
Tekesch, zur Blutrache einer Karawane mongolischer Kauf-
leute, welche Ghairchan , der Statthalter von Otrar, hatte
ermorden lassen. In diesem siebenjährigen Kriege befeh-
ligten die zur Eroberung des Westens bestimmten Heere
theils Tschengischan in Person, theils seine vier Söhne,
theils seine beiden grossen Feldherren Dschebe Nujan und
Suhutai Behadir ; sie eroberten eben so viele Länder:
Transoxana, Chuaresm , Chorasanj A^% persische Irak , Ma-
senderan , Ghasna und Kipdschak j und die mongolischen
Heere verheerten die Länder von den Ufern des Indus bis
an die der W olga. Ogotai und Dschaghatai belagerten Otrar,
') Dschawut Kuri , auf chinesisch sagt Reschideddia Emiri
moasem, d. i. Grossfürst. ^) Owantfchan , Herr eines Reichs 5
Padischahi jek mulk. ^)' Kojang übersetzt Reschideddin Padischahi
jek nahiet, d. i. Monarch eines Distrikts.
ErstesBucl). ' 36
worin sich Ghairchan, dessen Gewaltthat der Anlass und
die Rechtfertigung des Kriegs, sich zwei Jahre lang tapfer
vertheidigte. Dschudschi , welcher gegen Chodschend be-
fehligt war , kehrte nach einiger Uneinigkeit rait seinen
Brüdern wieder nach Kipdschak zurück. Tschengischan be-
fehligte in eigener Person die Verheerung von Samarkand
und Bochara , der beiden grössten und bevölkertsten Städte
Transoxana's, in deren jeder dreissigtausend Schlachtopfer
bluteten, was nicht unglaublich, wie die Zahl derer, welche
in den Städten Chorasan's bluteten, mit dessen Eroberung
der vierte Sohn, Tuli , betraut war. Zu ]Vis<^habiir soll eine
Million, zu Sebsewar siebzigtausend gemetzelt worden sein.
Glaublicher ist die Entvölkerung Chuaresm's, aus dessen
Hauptstadt allein einraalhunderttausend Künstler und Hand-
werker in die östlichen Länder geschleppt worden. Bamian,
vor dessen Mauern ein Enkel Tschengischan's, aus seinem
Sohne Dschaghatai, fiel, erhielt den Namen Mobah'gh, d.i.
verfluchte Ballei , und musste den Mord mit dem Blute
seiner Einwohner sühnen. Die beiden Feldherren Dschebe
Nujan und Subutai Behadir durchstäupten Persien bis an
die Ufer des Sees von ürmia, drangen dann dnrch die
Pässe des Kaukasus nach Russland und Kipdsch?k vor und
wurden durch die Niederlage der Russen Herrscher an der
Kalka, die sich in den Donesch ergiesst, wie sie Herrscher
an der Kalka, die in den ßujursee mündet. Tschengischan
selbst verfolgte am Indus den Sultan Dschelaleddin Mink-
burni, den Sohn des Mohammed Tekesch, der in einer
Insel des kaspischen 3Ieeres sein Leben geendet, und konnte
dem Sohne seine Bewunderung nicht versagen, als derselbe,
bis an das Ufer des Indus verfolgt , vom steilen Ufer sich
ganz bewaffnet mit dem Pferde in den Indus stürzte und
denselben durchschwamm: Ein Sohn, würdig seines Vaters,
rief Tschengischan, ihm mit Bewunderung nachsehend, aus.
Beim Kurultai, welches Tschengischan am Karagöl (Schwarz-
see} zur grossen Jagd an alle üluse ausgeschrieben hatte,
erschien der älteste, Dschudschi, nicht, doch sandte er
seinerstatt kostbare Geschenke an Pferden. Tschengischan
36 ErstesBuch.
unternahm von da den vierten Feldzug wider das empörte
Tanghut und starb auf demselben , nachdem er durch letzt-
willige Anordnung zu seinem Nachfolger im Reiche weder
den ältesten Dschiidschi, noch den zweiten Dschagatai , son-
dern den dritten Ogotai ernannt hatte.
Tschengischan's Politik , deren Hauptaugenmerk die
Die Jasa. Versöhnung feindlicher Stämme und die engere Verbindung
mit freundlichen mittels Verschwägerung , erhellt schon aus
dem Erzählten; aber seine bürgerliche Gesetzgebung und
seine Staatseinrichtungen erfordern noch besondere Beleuch-
tung. Er ist der Gesetzgeber seines Volkes. Aus den
bisherigen europäischen Geschichtschaeibern mongolischer
Geschichte ist nur die bürgerliche Gesetzgebung desselben,
d. i. die Jasa^ bekannt, aber in Wassaf, dem Livius der
persischen Geschichtschreibung, weicher, berühmt unter
dem Namen des Lobredners der Majestät ^^ ^ schon andert-
halb Jahrhunderte nach Tschengischan , zu Ende des drei-
zehnten Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung und zu
iVnfang des vierzehnten , schrieb , und aus der grossen
Sammlung von Staatsschreiben , welche ein halbes Jahrhun-
dert später der Staatssekretär Mohammed Hinduschah, bei-
genannt die Somie der Stylisten ^), für Schah Oweis Behadir-
chan , den zweiten Herrscher der zweiten Dynastie der
Ilchaue (deren Gründer sein Vater, der grosse Hasan^, aus
den Archiven zusammentrug, lernen wir auch die besonderen
Namen der Gerichtsordnung und des Militärcodex kennen.
Die erste, nach welcher den Oberrichtern das Recht zu
sprechen in ihren Bestallungsdiplomen eingeschärft ward,
hiess Kutatgu hilik Tschengischatii , d. i. das Kutadische
Tschengischanische überlieferte Wort; denn unter dem Titel
von BUik gibt Reschideddin neun und zwanzig überlieferte
Worte Tschengischan's, und Kntat (^oder Kitad^ ist der
Name der Familie Tschengischan's ; den Namen des Militär-
codex hat nur Wassaf aufbewahrt; derselbe hiess: Tnmen-
dschin, d. i. wovor man sich zu hüten; dieses ging, sowie
*) Wassaful-liasret. 'j Schemsclml-niuuschi.
E r s t e s B u c li. 37
das Bilik, unmittelbar von Tschengisclian selbst aus, aber
an der Jasa hatte die Weisheit seines Sohnes Dschagatai
grossen Äntheil. Da die einige und zwanzig Punkte des
ersten und des zweiten bereits bekannt gemacht worden,
80 genügen hier ein Paar Federstriche zum Umrisse des
Geistes der Gesetzgebung Tschengischan's. Häufige Todes-
strafe und Prügel waren die Saqction derselben, die Todes-
strafe nicht nur auf Verbrechen, sondern auch auf Unsitt-
lichkeit und auf die Verletzung abergläubischer Sitte gesetzt;
so wurde der überwiesene Lügner, Zauberer, der, welcher
bei Donnerwetter badete, und wer ins Wasser oder auf Asche
pisste, mit dem Tode bestraft; den Prügeln, womit vor-
züflich die üebertretung der Kriegszucht bestraft ward,
wai;en auch die Prinzen des Geblüts unterworfen, und die-
selben entehrten nicht; ihre Zahl immer ungleich, von drei,
fünf, sieben bis sieben und siebzig. ' ) Die grösste politische
Tugend der Mongolen die blindeste Unterwürfigkeit in den
Willen des Herrschers, indem nur Einer der Herr und alle
Anderen Sklaven; Nichts von Geburt aus, oder wenn auch
durch diese und durch Stammverwandtschaft geadelt und zu
Würden erhoben, wieder Nichts vor des Herrschers All-
macht; die zweite Tugend schweinische Unreinigkeit, indem
es ihnen verboten, ihre Kleider zu waschen, die sie auf
dem Leibe tragen mussten, bis sie ihnen in Stücken ab-
fielen ^^, also gerade das Gegentheil jüdischer und mosli-
mischer Gesetzgebung, wovon jene zwischen Reinem und
Unreinem so genau unterscheidet, diese wiederholtes Waschen
zur Pflicht macht. Gastfreundschaft war geboten , doch
durfte keiner zum Mahle niedersitzen , ohne dazu geladen
zu seyn, keiner auf Kosten seiner Tischgenossen schlemmen;
Titel und Phrasen waren untersagt, selbst der Kaan durfte
nicht anders als bei seinem Namen angeredet werden; ein
persischer Sekretär , welcher das im Namen Tschengischan's
an eine belagerte Stadt erlassene Aufforderungsschreiben
mit Floskeln ausgeschmückt , büsste dieselben mit seinem
'D Wassaf. -) Uie Jasa iu Makrisi.
38 E r 8 t e s B u c h.
Leben. Alle Mädchen und Frauen der Mongolenstanden
dem Herrscher zu Gebot; die Tarchanen, d.i. Freiherren,
waren von allen Steuern befreit und hatten zu jeder Stunde
freien Zutritt zum Kaan. Die Erbfolge in der Familie Tschen-
gischan's war durch die Jasa, welche hievon die Brüder
Dschudschi Kasar's ausschloss und die Herrschaft dem üluse
Ogotai's, des zweiten Sohnes, zusprach, festgesetzt, aber
die Verkündung der Thronbesteigung musste auf einem
Kundtai , d. i. einem Landtage, feierlich vollzogen werden.
Der erste und grösste Hofdienst war der des Oberstjäger-
meisters , denn die Jagd als Vorspiel und Vorübung des
Kriegs vertrat die Stelle der Bildung und Erziehung, da
das Handwerk und die Kunst der Mongolen nur Krieg und
Verheerung.
„ Die Periode der Staatseinrichtungen Tschengischan's
und das ^^'^^ ^" ^^^ sieben Jahre, welche von seiner zweiten Thron-
Testament, besteigung als gewaltiger Herrscher bis zum Ausbruche des
siebenjährigen chinesischen Krieges verflossen; aber die
militärische Einrichtung des Heeres nach Zehnern, Hun-
derten , Tausenden und Zehntausenden hatte schon früher
stattgefunden. Das Buch der vier Uluse, dessen Verfasser
ülugbeg und welches dem Stammbaume der Türlcen^^ zu
Grunde liegt, schreibt die Eintheilung des mongolischen
Heeres in sieben Treff'en schon dem Oguschan zu; in jedem
Falle ist diese Einrichtung eine türkische und weit älter,
als Tschengischan, und verschieden von der arabischen Ein-
theilung, welche nur fünf Abtheilungen des Heeres kennt.
Die Türken und nach ihnen die Mongolen theilten ihr Heer
« in die folgenden sieben Theile : 1. Btädschiinghar , auf
türkisch Karaul, die Vorposten oder Vedetten ; 2. Borunghar ,
auf türkisch Mankalai, der Vortrab des Heeres, auf arabisch
Mahaddemetol-dschisch ; 3. Vt/ghar, auf türkisch Ssagkkolf
der rechte] Flügel, auf arabisch Jemiw ; 4. Dschunghar, auf
türkisch Ssolkol , der linke Flügel, auf arabisch Jesar ;
5. Ghul, auf türkisch Jes«?^/^ das Mitteltreffen , der Mittel-
•) The Shajrat ul Atrak. LondoQ 1838. p. 32.
E r s t e s B u c h. 39
punkt des Heeres, die Fahnen und Standarten, die Koss-
schweife und Heerpauken, von den Arabern Kalboldschisch,
d. i. das Herz des Heeres, genannt; 6. Okdschunghar, auf
türkisch Tschehlcdaul, der Nachtrab, auf arabiscJi Sahat;
K. Besttinghar , auf türkisch Bassdürma und auf persisch
Kemingjah, d. i. der Hinterhalt; dieser Theil des Heeres
war, wie der türkische und persische Name zeigt, zu Ueber-
fällen aus dem Hinterhalte bessmmt; er zog aber, der letzte,
in so grosser Entfernung vomNachtrab, dass er den Staub
desselben nicht sah. Diese letzte Abtheilung, sowie die
erste, fehlt in der Strategie der Araber. Ein Corps von
zehntausend Mann hiess Turnen oder Toman, eine Benenii^mg,
welche auch den Länderabtheilungen und später Münzen
beigelegt ward, wie denn noch heute Silber- und Gold-
tomane in Persien cnrsiren; die Silber- und Goldmünzen
der Mongolen hiessen Baiisch. Die Jagd, Pfeilschiessen,
Pferdetumraeln und Ringen waren die Uebungen des Heeres
und der Feldherren, welche hierin mit gutem Beispiele
vorgehen mussten : „Die grossen Fürsten und das ganze
Heer muss sich in der Jagd üben und den Namen bestimmen,
bei welchem sie, wenn sie ins Feld ziehen, ausgerufen
werden sollen; sie sollen mit zu Gott gewandtem Herzen
beten, bis sie mit göttlicher Hilfe die vier Weltgegenden
unterjocht." lautet das zehnte der hinterlassenen Worte
Tschengischan's; dann das eilfte: „Der Mann sei unter dem
Volke ruhig und schweigsam , wie ein Kalb , falle aber in
der Schlacht wie ein hungriger Geyer auf die Feinde.''
und das zwölfte: „Jedes Wort, das einmal gesprochen worden
und von dem man zweifelt, ob es im Scherze oder Ernste
gesprochen worden, kann nicht mehr zurückgenommen wer-
den, — gilt für Ernst," Die grösste Auszeichnung war,
wenn der Kaan auf einen mit dem Finger zeigte ; dem mit
dem Finger Ausgezeichneten '^ waren die Einkünfte der
Minen, die guten Pfeilschützen, die Pferde der Post, die
Jagdvögei , die Jagdhunde der eroberten Länder zuge-
') Nocli heute Lin Aiabischeu : Muschai- l)il bunaiu
40 K r s t e s B u c h. -
sproclien. ') Die feste Grundlage des Herrschergesetzes
Tsehengischaii's uar Familieneinigkeit und festes Zusammen-
halten der Stamraverwandtschaft; eine Lehre, welche er
durch das bekannte Gleichniss vom Pfeilbündel , dann von
den zwei Schlangen , der einköpfigen Vieischweifigen ^) und
elnschweifigen Vielköpfigen , seinen Söhnen versinnlichte.
Von diesen bekleidete Ogotai , der Oberste Jägermeister,
das erste Hofamt, Dschagatai versah die Stelle des Obersten
Kichters und wachte. auf die Vollziehung der Jasa, an deren
Verfassung er so grossen Äntheii hatte; dem Ogotai lag die
innere Verwaltung, d. i. die Erhebung der Steuern, dem
jüngsten, Tuli, die Sorge für das Haus und die Truppen,
für den Herd und das Heer ob; der jüngste Sohn war, wie
schon oben gesagt worden, nach mongolischen Gesetzen der
Hüter des Herds und der Herden und nach des Vaters Tod
der Erbe der ganzen Wirthschaft, wiewohl das Haupt der
Familie und des Stammes stets der Erstgeborne blieb. Das
mongolische Gesetz trennte also das Ansehen der Erstgeburt
von dem Stammvermögen, indem die Stammherrschaft zwar
dem Aeltesten , das Vermögen aber de:n Jüngsten des Hauses
zuerkannt ward. In diesem Sinne sollte Dschudschi, der
älteste der vier Söhne, dem Vater auf dem Throne gefolgt
sein, aber mit demselben unzufrieden, besonders seitdem
er nicht auf dem letzten Kurultai zur grossen Jagd erschienen,
sprach Tschengischan's letzter Wille die Thronfolge dem
dritten Sohne, Ogotai, das Staramvermögen aber, das ist
die grösste Macht des Heeres, dem jüngsten Solme, Tuli,
zu. Von hundert neun und zwanzig Toman, d. i. hundert
neun und zwanzigtausend Mann , aus welchen das Heer bei
Tschengischan's Tod bestand , hinterliess er hundert ein
Tausend dem Tuli, jedem der vier anderen: Dschudschi,
Dschagatai, Ogotai, Gulgan, nur viertausend: den rechten
Flügel über acht und dreissigtausend Mann befehligte der
erste der neun Orlöke , der treue Freund und Waffenge-
') XXV. Wort Tsclien;:^iscliairs in Rescliideddiu. -) Von La-
fontaine bei der Audienz eiues kais. Gesandten einem Türken in
den Mund zelei't.
ErstesBuch. 41
fährte Bughurdschi ; den linken ron zwei und seclizigtausend
Mann der Eroberer China's, der Kojank Mokli der Dsche-
laire, welchem drei Hesare ^ d. i. dreitausend 31ann Dsche-
lairen als ein Leibregiment überlassen worden ; fünftausend
seinem jüngsten Bruder Vtdschigin , dreitausend seinem
Bruder Katschiun und eben so viele seiner Mutter Vlun,
tausend dem Sohne des Bruders Dschudschi Kasar's. Diese
Truppen erbten in den Familien fort. Als Tschengischan
sein Testament machte, Hess er aus den Archiven den
Familienpact holen , w elchem noch dasi goldene Siegel seines
Vorfahren T?/me«ß/aufgedrückt war und welchem die folgenden
Ahnen, nämlich: Kahulchan, der ürgrossvater , Bertan
Behadir, der Grossvater, und Jisukai, der Vater Tschen-
gischan's, ihre ünlerschrilten beigesetzt hatten *}; erzeigte
diese Familienurkunde, vermöge welcher der letzte Wille
des Herrschers als Gesetz geachtet werden musste, den
Söhnen, befahl ihnen, den Bruder Ogotai als Herrn anzu-
erkennen , und empfahl die Leitung der Reichsgeschäfte
dem Vetter Karadschar Nujaji, dem Sohne seines Oheims,
dem Ahnherrn Timur's. Ogotai erhielt das Reich als oberster
Herrscher, Tuli das Stammgebiet am Onon und Kerulon und
die östlichen Länder. Dem UJuse Dschudschi's , der kurz
vor dem Vater verstorben, ward der Besitz von Kipdschak
erhalten ; Dschagatai's Antheil waren die Länder der üighuren,
die kleine und grosse Bucharei, die Länder am /// und
zwischen dem Dschihiin und Sihim (^Oxus und Jaxartes),
welchen, sowie der türkischen Mundart der üighuren, der
Name der Dschagatai'schen verblieb.
Der Familienvertrag der Familie Tschengischan's sowohl, jy^^.
als der grosse Einfluss Karadschar's als Leiter, Rath und Familien-
Orakel der tschengisischen Familie ist bisher von keinem vertrag %u
europäischen Schreiber mongolischer Geschichten gehörig J^oradscia.
ins Auge gefasst worden ; selbst die soeben angeführte Stelle
Mirchuand's über den Familienvertrag ist unberücksichtigt
geblieben. Das seit kurzem erst in englischer üebersctzung
') Mircluiand.
42 K r s t e s B II c ii.
bekannt gewordene treffliche Werk des Stammbaums der
Türken, welches den Kern der Geschichte der vier Uluse
von Ulugbeg enthält, gibt darüber sowohl, als über Kara-
dschar's Einfluss und Ansehen umständlichen Bericht; wir
lernen daraus, dass dieser Familienvertrag Temghai Tumenai-
chan, d. i. das Insiegel Tuminechans, hiess , und also schon
vom ürurgrossvater Tschengischan's datirt. Diesen Familien-
vertrag liess Tschengischan auf seinem Sterbebette holen
und führte seinen Söhnen zu Gemüthe, dass er sowohl,
als Karadschar, denselben immer genau beobachtet hätten.
Karadscharchan erscheint also schon hier als das Haupt
eines Zweiges der Familie Tschengischan's , welches im
Namen derselben mit Tschengischan einen Familienvertrag
eingegangen oder vielmehr den erneute, welchen der Ahn-
herr Tumenaichan zwischen seinen Söhnen Kabulchan und
Katschulai geschlossen und welchen später Jisukai und Te-
mudschin bestätigt hatten ; mehr als einmal erwähnt desselben
die Geschichte des Stammbaums; sie erwähnt desselben unter
der Regierung Tewa's, des eilften Chan's der Familie Dscha-
ghatai, als des zwischen Karadschar Nujan und Tschengis-
chan geschlossenen Familienvertrags, und abermals unter
der Regierung von Sijurghurtmisch, dem zwei und dreissigsten
Chane des üluses Dschaghatai ^3; dieser Familienveatrag des
tschengisischen Hauses, welcher zuerst von Tumenaichan, dem
vierten Ahnherrn Tschengischan's, zwischen seinen beiden
Söhnen Kabul und Katschulai aufgerichtet, von seinem Ur-
enkel Jisukai bestätigt worden, ward von seinem ürurenkel
Tschengischan mit Karadschar erneuert und blieb bis zu
dem letzten Chane des Uluses Dschaghatai, von Tumenai-
chan bis auf die Zeit Timur's, d. i. durch dreihundert Jahre,
aufrecht. Karadschar Nujan hätte zweifelsohne den Thron,
wenigstens im Uluse Dschaghatai, für sich selbst behaupten
können, aber er wollte lieber denselben verleihen, als selbst
einnehmen;, 80 erhob er einige Jahre nach dem Tode Dscha-
') The treaty inaJe between Kurachar Noj-aun aud Changeez
Khan. The Shajrat ul Atrak p. 367; und ebend. p. 381: The
coveuant renewed betweeu Changeez Khau and Kurachar Noyauii.
ErstesBuch. ^
ghatai's statt eines Sohnes den Enkel desselben, Kara Hulaga,
auf den Thron, setzte denselben zwar auf die Vorstellung
des Grosschan's Gajuk ab und einen Sohn Bschaghatai's als
Chan, dann aber, als dieser gestorben, den Kara Hulagu
zum zweitenmal als Chan des Uluses Dschaghatai ein. *^
Karadschar war der Sohn Emir Songhur TschitsQhati's, der
Enkel Emir Irdümdschts, der Urenkel Emir Kadschulais,
des Sohnes Tumenai's und also der Vetter Tschengischan's
im dritten Grade , indem ihre ürgrossväter Brüder waren.
Warum Tumenai, da ihre Urgrossväter Kabul und Katschulai
Brüder, warum Tumenai, welcher acht Söhne hatte, den
Hausvertrag der Herrschaft nur unter den beiden obge-
nannten abschloss, erhellt nicht aus den bisher bekannten
Quellen mongolischer Geschichte; wahrscheinlich weil Ka-
tschulai dem Kabuichan die Nachfolge streitig machte. Nach
den Tier durch die vier Söhne Tschengischan's begründeten
Lfiosen war das Haus Karadschar's das mächtigste des tschen-
gisischen Stammes und Herrschaft und Welteroberung gingen
auf den Nachkömmling Karadschar's im fünften Grade, auf
Timur Gurgan, über. ^) Der Stamm des HausesKaradschar's
war der der Berla's. ^) Karadschar, der Rath Tschengis-
chan's und seiner Söhne Ogotai und Dschaghatai, starb bald,
nachdem er den Kara Hulagu, den Enkel Dschaghatai's, zum
zweitenmale auf den Thron gesetzt, acht und neunzig Jahre
alt"), und hinterliess zehn Söhne, deren ältester, Itschelj ^
der ürurgrossvater Temur Gurgan's. ^)
Ehe wir von Tschengischan zur Geschichte seiner Nach- Charakter
folger, Herrscher der Mongolen, übergehen, nur noch ein und Sitten
der
•) The Shajiat ul Atrak S. 354. ^) Timur, der Sohn Emir '' ^'^Ü^ ^^'
Tharagai Nujan's, des Sohnes Tiikil Nujan's, des Sohnes Emir
Beleyir Nujan's, des Sohnes Emir Itscliil Nujan's, des Sohnes Emir
Karadschar 'SaJRü''s; Abder-vesak im Matlaa es-saadein. ^) Nicht
Berolas, wie Freih. v. d'Ohsson schreibt; im dschaghataischen zu
Calcutta gedruckten Wörterbuche S. ll6. ") I. J. 652 (1254).
5) The Shajrat ul Atrak p. IctS. 344. 347. 352. 355. 366 ; die Namen
sind aber alle so verstümmelt, dass sie kaum zu erkennen, nämlich
Irdiimdschi als Eeroomchi , Kadschulai als Kuchooli , Songhur
Tschitschan als Sooghoo chi chun.
44 B r s t e s B u c h.
Paar Worte über den Charakter und die Sitten des Volkes.
Die beste und kürzeste Schilderung derselben liegt iui Namen
Mongol selbst, sei es, dass derselbe, wie die persischen
Quellen sagen, trübe und traurig, sei es, dass er, wie ein
mongolischer Geschichtschreiber behauptet, trotzig und tm~
erschrocken bedeute. Es hat mit dem Aaraen der Mongolen
dieselbe Bewandtniss, wie mit dem derSIaven, welchen die
Fremden von Slavo: schwach und feige, die Eingebornen
von Slaha: Ruhm und Glanz, abgeleitet haben; wie dem auch
sei, der Charakter der Mongolen entspricht der doppelten
Angabe der Bedeutung ihres Namens, sie sind eben so ein
trübes und trauriges, als trotziges und unerschrockenes Volk.
Die Traurigkeit und Schwermuth spricht sich schon in den
Klaggesängen , welche vom mongolischen Geschichtschreiber
Ssetsen aus der ältesten Zeit her erhalten sind , in der weh-
raüthigen Sehnsucht nach den Ufern des Onon und Kerulon,
sowie in den Volksliedern der heutigen Mongolen aus; ihre
Tapferkeit hat sich Asien unterworfen und Europa zittern
gemacht, ein trauriges barbarisches Volk , das erst Tschen-
gischan durch das Beil und die Prügel gesittigt, und das
durch Raubsucht und angeborenen Sklavensinn das tüch-
tigste Werkzeug zur Welteroberung; „sie hatten das Herz
des Löwen, die Geduld der Hunde, die Behutsamkeit des
Kranichs, die List des Fuchses, die Vorsicht des Raben,
die Raubsucht des Wolfes , die Heftigkeit der Hahnen j für
Familie sorgend wie Hühner, die Ruhe der Katzen, die
Heftigkeit im Anfall vom Schweine'' , welche Eigenschaften
der Morgenländer dem vollkommenen Krieger insgemein
beilegt '^j m^n könnte aber auch sagen, dass sie alle Eigen-
schaften der zwölf Thiere ihres Jahrescyclus in sich ver-
einten , dass sie diebisch wie Mäuse, stark wie Stiere, raub-
süchtig wie Panther, vorsichtig wie Hasen, listig wie
Schlangen, schrecklich wie Drachen, rauthige Renner wie
Pferde , folgsam wie Schafe , kinderliebend wie Affen,
familiensorgsam wie Hühner, treu wie Hunde, unrein wie
') Wassaf.
E r s t e s B u c h. 45
Schweine; der Cyclus ihres Jahres war das Sinnbild ihres
sittlichen Gesichtskreises. Mittler Statur, breit von Schul-
tern, stark vom Rücken, hervorragender Brust und einge-
zogenen Bauchs, von grauen und braunen Augen, die aus
schiefen Winkeln hervorglotzen , von breiten olivenfarbenen
Wangen, Sturapfnasen, dicken Lippen, spärlichen Barthaaren,
aber wucherndem Haarwuchse auf dem Kopfe, dessen Vorder-
theil vom Scheitel bis zu den Ohren hufeisenförmig ge-
schoren; leicht, flink, mit ihren Pferden wie Centauren
zusammengewachsen ; gewandte Bogenschützen, wie einst die
Parther, nie gefährlicher als im Fliehen, mit Kampfund
Beute gesättigt noch immer nach Kampf und Beute durstend,
undankbar, schmutzig, grob, raubsüchtig, grausam, aber
leibeigen, walirheitsliebeud, pruukhassend, tapfer und blind-
lings gehorsam. Niemand war ihnen Freund, aber sie hassten
der Denuncianten scheussliche Brut. Ihre Nahrung: Hirse,
Haiden und Fleisch von allen Arten, am liebsten das des
Pferdes, aber auch Mäuse, Hunde, Katzen und sogar ge-
bratenes Menschenfleisch; das Fett leckten sie von den
Fingern und schmierten damit ihre Stiefel. Ihr. liebstes
Getränke: Stutenmilch sammt dem daraus gezogenen, ge-
gohrnen, berauschenden Kumis und Meth; ihre Kleider aus
Thierfellen genäht , ihre Waffen aus Eisen geschmiedet, ihre
Kopfbedeckung eine dreieckige, am Rande verbrämte Mütze,
der sogenannte tatarische Hut, die der Frauen eine ellen-
hohe Pyramide aus leichtem Holz, deren Obertheil mit
Pfauenfedern und Juwelen geschmückt, mit einem Flore
bedeckt, welcher Baghtak hiess, woraus die Missionäre
Botta , die Venezianer Bauia gemacht. Die Weiber, deren
grösste Schönheit die kleinste Nase , wie bei den Chinesen
der kleinste Fuss, bereiteten den Kumis und die getrocknete
sauere Milch, welche Kurut^^ hiess ; sie verfertigten alle Arten
der Hausgeräthe, Kleider, Zelte, Reitzeug, Schilde, Schuhe,
Socken, Betten, die vermählten mit weissem, bis auf die
Brust reichenden Schleier verhüllt, ihre ledernen aufge-
') Bei Rubruquis Griut.
^ ErstesBuch.
schlagenen Oberkleider hielt ein Gürtel um die Brust zu-
sammen. Die Frauen, deren Zahl nur durch die Lust des
Mannes oder durch seine Mittel, sie zu erhalten, beschränkt
war, genossen grossen Ansehens und Einflusses, besonders die
Mütter und die Stiefmütter, deren der Sohn nach des Vaters
Tod gewöhnlich sich einige als Gemahlinnen aneignete. Sie
glaubten, dass der Mann in jenem Leben seine Weiber
wieder finde, aber damit der Herrscher bis zu ihrem Hin-
scheiden im anderen Leben nicht langweile, sandten sie ihm
seine Beischläferinnen, dieselben schlachtend, ins Grab nach.
Aberal lube ^^" dem Aberglauben ist bereits des das Donnerwetter
und betreffenden erwähnt worden ; wie sie glaubten , dass die
Gebräuche. Kaitien es beschwören könnten, so auch, dass es in ihrer
Macht stände, mittels des Regensteines, Dschade (^welcher
schon von Japhet her vererbt war) , Regen zu machen, und
die Dschededschij d.i. die Regenmacher, vertraten bei dem
mongolischen Heere die Stelle der Auguren des römischen.
Zauberei wurde geübt, weil geglaubt, und war, wenn die
Person des Herrschers mit ins Spiel kam, Majestätsverbrechen.
Um sich, wider die Wehen der Zauberei zu bewahren, mussten
die zu Reinigenden zwischen zwei Feuern durchgehen, die
polnischen und russischen Gesandten und die des Papstes
im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert, wie schon fünf
und sechs Jahrhunderte früher der byzantinische Gesandte
Zemarchos am Hofe des Königs der Türken durchs Feuer
gereinigt ward. ^) Ihre Wahrsager wahrsagten besonders
aus den Schulterblättern der Schafe; sie schwuren bei dem
Blute geschlachteter Thiere , bei der in den Strom ge-
stampften Erde , bei den abgehauenen Bäumen , bei dem
Fleisch und Blut ihrer Herrscher, aber nicht im Namen
Gottes. Ehe die Lehrer des Budhismus und des Islams die
Mongolen bekehrten , verehrten sie ein höchstes Wesen,
von Marco Polo Natagai , von Ssetsen Hormusda genannt;
das letzte ist gewiss der Hormusd der Magheu, das erste
vielleicht nur die Verstümmelung des türkischen Wortes
») stritter p. 50. Step. Kniga. I. 342. Rubruquis.
E r s t e ä ß u c h. ^f
Ovggan, d. i. Gott. Sie beteten die Sonne und Sterne
sammt den Elementen an, und v^eiliten diesen ihren Göttern,
ehe sie assen, Speise und Trank. Bei dem Gebete wurden
dje Gürtel gelöst und über die Schulter geworfen, wie
Tschengischan gethan , als er in der Nacht hinaus ging auf
den Berg, um den Beistand des Plimmels zu erflehen wider
den Herrscher des himmlischen Reichs auf Erden. Einer
der grössten Lobsprüche, welche. ihm die Geschichte zollen
muss, ist seine Duldung gegen alle Religionen. Uighurische
Kamen und chinesische Bonzen hielten vor ihm Controverse,
die Budhapriester erhielten die Erlaubniss, ihre Burhanen-
bildcr aufzustellen , aber die Kamen blieben in nicht min-
derem Ansehen; neben ihnen wurden die Priester aller
anderen Religionen, namentlich die ^ghaun, d. i. die
Christlichen, der JNestorianer geduldet. Zu Bochara war «
Tschengischan zwar in die Moschee geritten, stieg aber, als
er hörte, das sei Gottes Haus, vom Pferde auf die Kanzel
und ertheilte die Befugniss der allgemeinen Plünderung mit
den Worten: Das Feld ist gemäht, gebt euren Pferden zu
fressen, worauf die Korane unter die Hufe der Pferde ge-
treten wurden und der Wein die ^ur der Moschee über-
schwemmte, während die Imame oder Scheiche als Stall-
knechte die Pferde warten mussten; aber hingegen hatte er
in der Icleinen Bucharei , wo Kuschluk der jNaimane den
Islam unterdrückt, die freie Ausübung desselben gestattet.
Diese allgemeine Duldung blieb Herrscherprincip der Kaane
und auch der persischen , und selbst noch zum Theile nach ~
ihrer Bekehrung zum Islam. Ausser dem grossen Schmiedefest
am neuen Jalirestag wurde alljährlich auch das des Geburts-
tages des Chan's, sowie die Thronbesteigung desselben mit
Trinkgelagen gefeiert. Bei diesen Gelagen gab einer der Diener
das Zeichen, indem er Hai schrie, zum Beginne der Musik;
der Cythernspieler begann sein Spiel, die Männer tanzten
vor dem Herrn , die Weiber vor der Frau des Hauses,
Alle in die Hände klatschend. Nachdem der Hausherr ge-
trunken, schrie der Diener wieder Ha .', der Cythernspieler
verstummte, und nun tranken alle Gäste unter Gesang, der
48 ErstesBuch.
aber mehr ein Geheul.*) Bei diesen Trinkgelagen wurden
die Preise der Tapferkeit [Ulisch'^J] vertheilt, und dieselben
leben noch zum Tlieil in den kalmukischen üerrus fort. ')
Bas Seitenspiel zu diesem //«rufe ist das Zetergeschrei vop
Morio als Mordio, das sie während des Pferderennens oder
Pfeilschiessens erhoben*), indem sie die Plände ausstreckten.
Im Kriege vermieden sie so viel als möglich das Gefecht
von Mann zu Mann und .suchten nur im Fliehen zu ver-
wunden oder zu tödten ; den Belagerten sicherten sie Scho-
nung des Lebens und Eigenthums zu , hielten aber fast
niemals Wort; die Be^jatzungen metzelten sie alle nieder
und schonten manchmal nur der Künstler und Handwerker,
die sie in die Sklaverei mit sich schleppten. Bei der Todten-
zählung nach Schl&chten oder Gefangnengemetzel wurde
%nach jedem geschlachteten Zehntausend Ein Leichnam mit
dem Kopfe zur Erde, mit den Füssen in die Höhe als
Trophäe aufgerichtet. Bei den Begräbnissen ihrer Fürsten
wurden ihre Sklavinnen oder Beischläferinnen geschlachtet,
wie schon Terxanthes, der Fürst der Türken, gefangene
Hunnen am Grabe seines Vaters geschlachtet. *) Bei dem
Begräbnisse wurde geiivÖhnlich dem Todten ein Hengst,
Stute oder Füllen mit ins Grab gegeben mit Sattel und
Zeug , damit er im anderen Leben sogleich beritten sei,
damit es ihm an Stutenmilch nicht fehle ; ein anderes Pferd
wurde zum Todtenmal geschlachtet und dann ausgestopft
über dem Grabe aufgestellt ; die Gräber der Vornehmen
waren aus Stein , Häuser der Todten , nur Tschengischan
hatte noch bei seinen Lebzeiten geboten, sein Grab geheim
zu halten und ihn ohne Maai zu begraben unter einem
grossen Baume im Walde von Burhan Kaldun.
Tschenais- Ungeachtet der klaren Anordnung Tschengischan's über
chan's die Nachfolge auf dem Throne blieb derselbe fast zwei
Nachfolger. Jahre lang ledig, wovon die Ursache wohl nur in der Umsicht
Ogotai's, welcher seine Brüder Dschaghatai und Tuli und
*) Rubiuquis. ^^ Memoir of ßaber. '} Bergman 1. 60. *) Wassaf.
') Stritt III. 60. dücheid eoruin lingua vocant : das persische Dachme.
Erstesliucli. ^tj
des Neffen Balu Pläne und Absichten kennen und prüfen
wollte , eh"e er den etwa von ihnen selbst gewünschten Tliron
bestieg. Diese Zögernng zeigt, dass es ihm auch mit der
dreissigtägigen Weigerung auf dem zur Tlironbesteigung im
Familienhorde Tschengischan's zu Keluran am Onon zu-
samraenberufenen Kurultai der Prinzen einigermassen Ernst
gewesen sein mag ; erst am vierzigsten Tage zogen ihn sein
Bruder Dschagatai und sein Oheim Utdschigin (^der jüngste
Bruder Tschengischan's^ auf den Thron, sein jüngster Bruder,
Tuli, brachte ihm knieend den mit Stutenmilch gefüllten
Becher dar, im selben Augenblicke warf die ganze "\'er-
sammlung die Mützen in die Höhe und den Gürtel über den
Rücken , worauf er sich vor der Sonne anbetend niederwarf
und mit neunmaliger Kniebewegung dem neuen Kaan hul-
digte. Die vorzüglichsten Prinzen , welche auf diesem
Kurultai erschienen , waren nebst den zwei schon genannten
Brüdern der Bruder Gulgan und der Oheim Belgetai, sieben
NeflFen, Söline Dschiidschi's , von denen der zweite, Bntu,
der Herrscher in Kipdschak; dann die Neffen Iltschidai,
der Sohn Dschudschi Kasar's , und Karadschar Niijan,
welchem Tschengischan die Berathung des Thronfolgers
anempfohlen. Um dem Herrscher im Grabe zu huldigen,
wurden ihm vierzig seiner liebsten Sklavinnen unter die Erde
nachgesandt ; um seine Anordnung der Welteroberung nach
allen vier Weltgegenden in Erfüllung zu sehen, ein dreifacher
Heereszug beschlossen. Dschurmaghun der Dsclielaire wurde
mit einem Heere nach Persien gesandt, um Dschelaleddin,
den Schall von Chnaresm, welcher sich nach Tschengis-
chan's Tod eines Theils des väterlichen Erbes bemächtigt
hatte, zu vernichten. Batu und seine Brüder wurden zur
Eroberung des Westens, das ist Russlands, Polens, Ungarns
und der angränzenden Länder befehligt'); Ogotai selbst
zog wider China aus , um die vom Vater begonnene Er-
oberung des himmlischen Reichs zu vollenden. Unter ihm
') Batu, der Herrscher von Kipdschak, sein älterer Bruder
Orda und die anderen Scherban, Berke , Berketschar , Tukatimur,
Bina Timur.
Uammei-j Geschichte der Ilchane. I. 4
50 ErstcsBuch.
befehligten die Abtheilungen des Heeres Subtäaij, der eine
der beiden Feldherren, welche vor sieben Jahren Persien
bis nach Russland durchzogen, und Tatschar, der Sohn des
hochbetrauten ersten Orlök Bugurdsckt, dessen Stelle als
Wesir jetzt einer der weisesten und menschlichsten und
folglich grössten Wesire versah, deren die Geschichte er-
wähnt. Mahmud Jelwadsch war ein Perser und Moslim,
welclien sich die chinesischen Quellen aneignen, indem sie
den Namen Jelwadsch in Jelui verstümmeln , ihn selbst zu
einem Chitanen , Bekenner der Lehre des Fo, machen.')
Sieben Jahre lang dauerte der Krieg im Osten und Westen,
glorreich in den nördlichen Provinzen China's, in Sche*m,
Petseli und Iran^ in Russland, Polen und Ungarn, erobernd
und verheerend geführt. Die mongolischen Heere drangen
zu gleicher Zeit bis an die Ufer des Kara Miiran, d. i.
der schwarzen Mur, oder des gelben Flusses in China und
fast bis an die der w eissschäumenden Mur in Steiermark
vor; China's Länder wurden bleibend erobert; mit dem
Falle der Residenz Peajikmg^ deren von Subutai dem mon-
golischen Heere versprochene Plünderung nur durch die
Vorstellungen Jelui Tschuisai's (^Jelwadsch's) abgewendet
worden, stürzte auch die Dynastie der goldenen Kaiser zu-
sammen, deren letzter, von TscJiengischan zuerst besiegter,
sich erhing. ^) Im Westen waren die Heere Batu's über
Russland, Polen und Ungarn bis nach Mähren, Oesterreich
und Dalmatien vorgedrungen ; sie erschienen belagernd vor
den Mauern von Wienerneustadt und zogen vor denen Wien's
vorbei; von denen von Olmütz, nachdem die Blüthe des
mährischen und scliiesischen Adels in. der unglücklichen
Schlacht von Lignitz geblutet, wehrte sie Jaroslav von Stern-
berg ab, von dessen Hand Peta, d. i. Paidar, der Sohn
Dschagatai's, fiel, wie sein Bruder Mowatukan vor den
Mauern Bamian's gefallen, wesshalb Olmütz für die Mon-
golen eine böse Stadt, wie sie Bamian und Koseslk nannten.
") D'Ohsson II. 1935 nach Reinusat. -) Moliakkah auest ki
^ chodra berawicht, ausgemacht ist es, dass er sich erliing. Re-
schideddin.
Erstes B u c li. 5|
Auf dem Rückzuge von China starb Tuli , welcher während
des ganzen siebenjährigen Feldzugs dem Bruder eben so
treu und tapfer als Feldherr gedient, als vormals dem Vater,
nur vierzig Jahre alt, ein wahrer Spiegel (^was sein Name
Tuli heisst^ von Sohnespflicht und Brudertreue.
Die Verwaltung der von der goldenen Dynastie eroberten Ogotai's
chinesischen Länder übertrug Ogotai dem weisen Wesire Bauten,
Jelwadsch , welcher schon im ersten Jahre des Feldzugs ^^ ^^
Jagden ,
zehn Steuerämler zur Einrichtung und Einhebung der Steuern preiaebia-
niedersetzte , deren jedes einen Präsidenten und Vicepräsi- Av^/f j«?^ 17«-
denten hatte und deren Beamte chinesische Gelehrte. „Das mässhfkeit.
Reich", stellte der weise Staatsmann dem Herrn vor, „ist i-J'i230.
zu Pferd erobert worden , kann aber nicht zu Pferd regiert
werden"; sechs Jahre hernach wurden die ersten Tresor-
Rcheiue für die Summe von zehntausend kleinen Barren,
d. i. für fünfzigtausend Unzen Silber, ausgegeben.') Er I- J1^36.
stiftete zwei hohe Schulen, die eine zu Pingaiig in Schendai,
die andere zu Peking in Petsclie-li, wohin die mongolischen
Emire ihre Söhne sandten, um in der Geschichte, Geographie,
Arithmetik und Astronomie unterrichtet zu werden. ^} Durch
Colonien, aus China weggeschleppte Maurer, Zlmraerleute,
Maler und Vergolder, wurde während des Feldzugs zu Kara-
korum, welches auf der Ostseite des Berges ütekian, in der
Nähe des Flusses O'rghan, ehemals die Residenz der üighuren,
die neue Residenz des Herrschers gebaut und geschmückt,
welche Ordubaligh , d. i. Lagerbailei , genannt ward , als
Seitenstück zur chinesischen Residenz PeMng, welche später
unter Kubilai den Namen von Chanbaligh, d. i. Chansbailei,
erhielt. ^) In zwei besonderen Quartieren derselben wohnten
die Moslimen und Chinesen von den Mongolen getrennt; an
den nach den vier Himmelsgegenden gelegenen Thoren
wurden die Märkte der Schafe und Ziegen , Ochsen und
Pferde gehalten*}; zwölf Götzentempel, zwei Moscheen,
') D'Ohsson II. 67: nach Mailla p. 115. 2) Mailla ebeud.
^) Die Hauptstädte üighuristan's sind : AlmaUgh und Pischbaligh
erhielt den Ehrennamen der guten Stadt, Kotloghbaligh ; wie Ba-
inian den der bösen, MobaligJi. '*) Rubruquis chap. 44.
4* f
g2 E r s t e s B u c h.
eine christliche Kirche zeigten, dass nebst dem herrschenden
heidnischen Kultus auch die freie Ausübung der anderen
gestattet ward. Die Stadt wurde täglich durch fünfliundert
Wagen verproviantirt, deren einige sehr gross, Ton acht
Ochsen gezogen'}; der Palast der Residenz hiess Ä'arsc/«';
Goldschmiede, unter denen ein französischer, von den Mon-
golen auf ihrem Raubzuge durch Ungarn von Belgrad weg-
geschleppter'), arbeiteten an den goldenen und vergoldeten
künstlichen Thieren, welche als Fontainen an festliclienTagen
statt Wassers Ä'?m2S, Wein, Meth ^) und Reisabsud spien 0-
Den Frühling brachte der Kaan auf den Weiden zu, wo
vormals die Herden Efrasiab's geweidet haben sollen und
wo er das Zelt Getoher Chagan, d. i. des Chakan's Edelstein,
baute ^), den Sommer am Gebirge Ormektu^^^ wo das
goldene Zeit (Sira Ordu) aufgeschlagen, dessen Nägel Gold,
das von innen mit goldenen Tapeten behangen , tausend
Personen fassen konnte; den Herbst brachte er zu Köschei
Nawerj vier Tagreisen von Karakorum, zu, und im Winter
jagte er grÖsstentheils zu Ongko, an dem Gebirge von
Telenkii ; nur einen Monat lang schenkte er seine Gegenwart
der Residenz; zwei Parasangen davon hatte er ein hohes
Köschk erbaut, welches Terghubalighj d. i. Proviantbailei,
hiess; hier ward vor dem Einzüge in die Stadt Einen Tag
Rast gemacht, an welchem der ganze Hofstaat ehifarbig
gekleidet erscheinen musste. Während des Aufenthalts in
der Residenz (Karschi} wurden täglich Feste gegeben und
die reichsten Geschenke gespendet, denn Ogotai war an
Freigebigkeit ein zweiter Hatim; die Zeit verging unter
Bogenschiessen , Scheibenwerfen, Ringen, Jagen. Vor der
Stadt war ein Stück Landes im Umfange von zwei Tagreisen
mit einem Walle aus Lehmen und Reisig als Park umfangen,
in welchen das grosse, auf dreissig Tagreisen ausgedehnte
') Rescliideddiu. ^) Guillaunie; bei Rubruquis 44. ') Bei Rn-
bruquis.')3. CerasinesoW Tarasun ];\e\ssen. *) Rescliidedrlin. *) Dieser
FrühJingssalon fehlt bei d'Ohsson II. 85., sowie Teryhubaligh. ") In
der Nähe des hoheu Bergs IJrmuchtu giügen wir herab bis auf die
Auen des Flusses Schara. Pallas Reisebeschreibung I. S. 79.
E r s t e s B u c li. 53
Jagdrevier des Heeres, immer näher zusammenrückend , das
ganze Wild der Gegend hineintrieb. Die Prinzen und Emire
erlegten dasselbe in des Chanes Gegenwart ; das erlegte
wurde unter den Hofstaat und das Volk vertheilt. In Chorasan
wurde die Stadt Herat, welche bei der Eroberung durch
das Blutbad von hundertachtzigtanseud ihrer Bewohner ent-
völkert und niedergebrannt wurde, wieder aufgebaut; fünfzig-
tausend Gefangene wurden zu diesem Ende dahin befehligt.
Die Statthalterschaft Chorasan's war dem L^iraten Arghiin
anvertraut'), die von Persien dem Körges (^Blindaug),
welcher mit Dschurmaghun nach Persien gekommen; über
die Länder vom Gebirge Chankai bis an den Oxus war
Mesud, der Sohn von Jelwadsch , als Statthalter bestellt.
Ogotai's Freigebigkeit kannte keine Gränzen, aber auch
nicht seine Unmässigkeit im Trinken, welche seinen früh-
zeitigen Tod herbeiführte; sein Bruder Dschagatai hatle
ihn beschworen, sich die Zahl der Becher zu mindern; er
minderte die Zahl , nahm aber Becher von grösserem Um-
fange. Ahika, die Schwester Sijurkidtejii's, die Gemalilin
Tuli's, um deren Hand Tschengischan vergebens bei Owang-
chan geworben und die heimlich an einen Tafeldecker ver-
mählt an der chinesischen Gränze ihren Jurt liatte, kam
alljährlich mit ihrem Sohne, welcher mit dem Amt eines
Mundschenken bekleidet war, zur Aufwartung. Eines Nachts,
wo ihr Sohn den Wein kredenzt hatte, starb Ogotai. Man tLDtc.tSil.
wollte Abika und ihren Sohn der Vergiftung beschuldigen,
aber Iltschidai und die anderen Emire vertheidigten ihre
Unschuld, indem es klar war, dass Ogotai im Uebermasse
des Rausches vom Schlage getroffen worden.-)
Ogotai hatte vier grosse Frauen Gemahlinnen und sechzig Turakina's
Beischläferinnen, aus den letzten nur zwei Söhne; die Mutter Re(ient-
der fünf anderen war die zweite der vier Gemahlinnen,
Tiirahiiia, aus dem Stamme Ohos Merkit, welche von Tschen-
gischan ihrem Gemahle Tairosun , dem Fürsten der Merkit,
geraubt und dem Sohne Ogotai zur Frau gegeben worden,
•) Mirchuand, fehlt bei d'Olisson S. 73. ^} Reschideddüi.
54 E r s t e s ß u c li.
wiewohl jenem früher die Prinzessin Kulan, die Tochter
Tschengischan's, vermählt war; sie war nicht schön, aber
den Mangel an Schönheit ersetzte Herrschsucht und List,
wodurch sie nach Ogotai's Tod die Kaanschaft ihrem Sohne
Gujuk verschaffte, wiewohl Ogotai dieselbe dem Schiramun,
dem Sohne seines geliebten , vor ihm verstorbenen Sohnes
Kutschu, bestimmt hatte. Nach dem mongolischen Familien-
gesetze war sie nach des Gemahles Tod als Mutter die
Regentin, welcher alle Stämme bis zur Thronbesteigung des
neuen Herrschers gehorchen mussten. Durch die Künste
ihrer Herrschsucht und List verlängerte sie die Regentschaft
vier volle Jahre, während welcher sie Alleinherrscherin der
31ongolen. Sie begann ihre Herrschaft mit der Absetzung
des Staatssecretärs Ogotai's , des Uighuren Tschtnkai ^^,
welcher die Worte Ogotai's aufgezeichnet, und entzog ihr
Vertrauen dem weisen Mahmud Jelwadsch, dem Chuaresmier,
welcher schon von Tschengischan als Gesandter an Chuaresm-
schah verwendet, seinen Beinamen vermuthlich dieser Ge-
sandtschaft dankt, wiewohl Jelwadsch eigentlich nur einen
Gottesgesandten, einen Propheten bedeutet.^) Turakina
hatte ihr unbeschränktes Vertrauen in Finanzgegenständen
dem Moslim Abderrahman geschenkt, welcher zu Ende der
Regierung Ogotai's sich als Pächter der Staatseinkünfte
China's mit Verdoppelung des bisherigen Pachts von Einer
Million auf zwei angetragen. Jelwadsch stellte dagegen vor,
dass man wohl fünf Millionen jährlich erpressen könne, aber
das Land zu Grund richten würde; der Pacht ward dennoch
bewilligt, und Abderrahman und die Moslimin Fatima, welche
bei der Verheerung von Tus geraubt worden , leiteten die
Rathschläge Turakina's. Bald nach dem Tode Ogotai's hatte
dessen Oheim Vtdschigin^ der jüngste Bruder Tschengis-
chan's, 3Iiene gemacht, sich der obersten Herrschaft be-
mächtigen zu wollen, indem er mit Truppen der Residenz
nahte. Turakina sandte ihm Wort; warum er mit so zahl-
') Bei Plan Caipi» cliap. 14. le Secretaire Ch'uujaij. ^) Peighamter
es tarafi choda ; dscIiagataLscIies \> örterbucli^ gedruckt zu Calcutta.
E r s t e s B u c h. 55
reichem Gefolge seine Tochter zu besuchen käme ? und
sandte ihm seinen Sohn, der am Hofe Ogotai's verweilte,
zurück, ütdschigin antwortete, dass er blos gekommen,
ihr sein Beileid über den Tod des Gemahls zu bezeigen,
und kehrte zurück. Der ausgeschriebene Landtag hatte
endlich am See Köke^^ statt, wo Ogotai den Herbst zuzu-
bringen pflegte. Der lange Aufschub rührte vorzüglich von
Batu her, welcher die liegentin nicht liebte, und ein üebel
am Füsse vorschützte, um nicht auf dem Kuruitai zu er-
scheinen; endlich versprach er zukommen, sandte aber seiner
statt seine Söhne und Enkel; auch der Temgu ütdschigin
erschien mit achtzig seiner Söhne; die Frau Sijurkukteni,
die Wittwe Tuli's mit ihren Söhnen und die Dschagatai's'^);
ausserdem die Statthalter des Reichs: der von Chorasan und
Persien, Arghun; der von JJighuristaji und Turkistan, Mesud,
der Sohn von Jelwadsch ; von den zinsbaren Fürsten Rukneddin,
der Seldschuke Rum's , Jaroslaw, der russisclie Grossfi'irst,
zwei Prinzen David, die sich um den Thron Georgiens
stritten, der Bruder des Herrschers von Mossul, aus dem
Hause Ejub, die beiden Gebieter von Kurdistau, Schemseddm
und Schihabeddin, im Namen des Fürsten der Assassinen,
die Herren von Rudbar und Alamut, Fachreddin der Richter
der Richter, von Seite des Chalifen von Bagdad, derGesandte des
Fürsten von Fars und Kerman, und im Namen des Papstes
Innocenz des vierten die beiden Franziskaner: derPoleBenedict
und der Franzose Plan Carpin , deren letztem wir das treue
Gemälde des Kuruitai und tatarischer Sitte in seiner Reise-
beschreibung verdanken. Zugleich waren vier Dominikaner
Missionäre an Baidschu Niijan^^ ^ den mongolischen Be-
fehlshaber in Persien, abgegangen, von denen aber nur
'") Bei d'Olissou II. p. 85 Keusche , p. 1Q5 geuca ; in der H.iiid-
schrift der Geschichte Reschideddio's auf der kais. Hofbibliothek
Kösche. *) Wassaf nennt von dem Uluse Dschagatai's : Kisil, Bitri,
Paidar, Jesenbuka, und dem Uluse Batu's : Hirdii, Uersebai, Berke,
Berkedscha. ') Bajoth noi, Bajoth est son nom propre, et ISoy
est un nom de dignite. Plan Carpin chap. 10. soll heissen Baid&cJiit
Nojan oderlNowin, was richtig der mongolische Fürstentitel.
56 ErstesBuch.
Simon von Saint Quentin über die Missionsreise kurzen, im
Geschichtsspiegel des Vincenz von Beauvais erhaltenen,
Bericht hinterlassen.
Gifjiik's Durch vier Tage wechselten die Prinzen und ihr Ge-
Thron- folge den Anzug, indem sie am ersten Tage in weissen
^ ^9 U- Kleidern, am zweiten in rothen , am dritten in violeten, am
vierten in scharlachfarbenen erschienen ; zwei Eingänge
fülirten zum grossen Wahlzelte, in welchem Kaum für zwei-
tausend Personen ; einer der Eingänge unbewacht, nur für
den Herrscher; der andere von Bogenschützen besetzt,
welche die, denen der Eingang nicht gestattet war, ab-
wehrten. Die Thronbesteigung sollte schon am Tage der
Himmelfahrt Maria statthaben, ward aber ob eines fürchter-
lichen Hagels und Schneegestöbers (^welches in der Hälfte
Augusts für die Rauheit des Klima's im Gebirge von Kara-
korum zeugt und den mongolischen Volksabergiauben der
donnerbeschwörenden Uriankuten und der hagelmachenden
2^. August Schamanen erklärt) bis an den Bartholomäustag verschoben.
iS46. Turakina hatte für ihren Plan, den Thron ihrem ältesten
Sohne Gujuk zuzuwenden, die Stimme Sijurkukteni's und
ihrer Söhne gewonnen , und der Minister Kaidah, Chinese,
wie Tschi/ikai, leiteten die Wahl. Gujuk, von heftigem und
wankelmüthigem Sinne '), verstand sich zur Annahme des
ihm von der Mutter bestimmten Thrones nur unter der
ßedingniss, dass die Fortdauer der Herrschaft in seinem
Uluse beschworen werde. Der Vertrag ward mit der Formel
unterzeichnet: „dass, so lange vom Stamme des Kaan's ein
Stück Fleisch übrig, an der Herrschaft kein Anderer Theil
nebmen solle".-) Dem Gujuk, wiewohl noch nicht zum
Herrscher ausgerufen, wurden schon ausschliessliche Ehren
erwiesen; wenn er aus seinem Zelte ging, traten ihm Sänger
vor und die Hofdiener neigten vor ihm ihre Ceremonien-
stäbe mit den rothen Quasten.^) Als man endlich mit dem
Wahlvertrage im Reinen , hatte die Feierlichkeit der Thron-
') Be tak.illub u tehevvwur maaruf heissfc heftig und wankel-
müthig, nicht grave et severe, wie bei d'Ohsson II. 234, *) Mir-
chuaud uud Dschihuuguschai. ^) Mirchuaud.
ErstesBuch, 57
besteigung statt. Gujuk wurde auf einen goldenen Stuhl
gesetzt, und die Prinzen und Nujanen erklärten, dass sie
ihn zum Herrscher wollten. Gujuk fragte : ob sie bereit,
seinein Worte zu gehorchen, zu gehen und zu kommen nach
seinem Befehl und zu tödten auf seinen Wink? und als sie
dies bejaht, sagte er: So wird dann künftig sein mein Wort
als Schwert. Sie gaben ihre Zustimmung , setzten ihn Tom
goldenen Stuhle auf eine Filzdecke auf die Erde und sagten:
Schaue auf zu Gott im Himmel und nieder auf den Filz
zur Erde; wenn du gut regierst, wenn du gerecht, frei-
gebig, die Prinzen und Freiherren ehrst, wird dir die Erde
unterthan sein nach deinem Willen; im Gegentheil wirst du
arm, verachtet und elend sein und nicht einmal der Filz
wird dein gehören, auf dem du sitzest'^. Dann setzten sie
neben ihn seine Gemahlin Oghulkaimisch die Merkitin, hoben
sie beide auf dem Filze empor und riefen ihn als Chakan
und Moilchan und sie als grosse Frau der Mongolen aus.
Die Mützen flogen in die I^uft, die Gürtel wurden über die
Schulter geworfen, die ganze Versammlung beugte neunmal
das Knie, drei Becher von Stutenmilch, Wein und Meth
wurden ihm dargebracht, und als er aus dem Zelte ging,
fiel das versammelte Volk und Heer dreimal vor ihm nieder '^J;
sieben Tage dauerte das Fest , während welches vom Zelte
des Chakan's Fleisch und Salz und Stutenmilch ausgetheilt
ward^). Die Frauen hatten ihre Sitze links des Thrones,
auf der rechten Seite standen nur die Prinzen'); die Nu-
janen hatten ihre Sitze inmitten des goldenen Thronzeites;
die der Frauen waren von weissem Filz; die Diplome wurden
erneuert, die Jurte und Privilegien bestätigt, die Statthalter-
schaften vertheilt. Die Feldherren Subutai Behadir und
Dschaghan wurden nach China, JltscMkidai mit einem
schweren Heere nach Westen zur Schlichtung der Ange-
legenheiten Rum's und Georgien's abgeordnet, dem Arghun
wurde die Reichshut wider die Schlösser der Assassinen in
') PJan Carpiu clwip. 9. ^) Mirchuand. ') Plan Carpiu cli. 0.
■*) Au cöte droit personne n'etoit assis; ebeud.
58
Erstes Buch.
Mengku's
Thron-
besteigung.
Cliorasan und Kuhistan aufgetragen, die Gesandten von
Alamut und die des Chalifen wurden mit drohenden Briefen
entlassen, indem über den Fürsten der Assassinen Arghiin,
der Statthalter von Chorasan , über den Chalifen sich Schi-
ramim, der Sohn Dschurraaghun's, des vormaligen Feldherrn
in Persien , beklagt hatten. Die Finanzverwaltung von China
war in den Händen Äbderrahraan's; Mesud, der Sohn von
Jelwadsch, behielt die Verwaltung Turkistan's; die Wesir-
schaft war zwischen den beiden Chinesen Tschinkai und
Kaidah getheilt, unter denen die nestorianischen Priester
hoch das Haupt empor trugen und auf deren Einfluss die
Missionäre des Papstes die HoflFnnng der Bekehrung des
Chan's zum Christenthume bauten. Turakina starb schon
zwei Monate nach ihres Sohnes Thronbesteigung ^ und ihre
Günstlingin Fatima ward unter der Anklage, dass sie dem
Prinzen Kulan, dem Bruder des Chan's, eine Kratikheit an-
gezaubert, als Zauberin ertränkt. Im Frühjahre des zweiten
Jahres seiner Regierung ging Gujuk von Karakorum gegen
Imil, sein Staramgebiet; die Wittwe Tuli's sandte hievon
Batu, dem Herrscher von Kipdschak, Kunde, um ihn zd
warnen, dass der Marsch wider ihn gerichtet sein könnte;
auf demselben starb Gujuk im drei und vierzigsten Jahre
als ein Opfer seiner Ausschweifungen in Trunk und Weibern.
Der Tod Gujuk's ward nach der von Tschengischan
herrührenden Staatsraaxime geheim gehalten, bis der Aelteste
der Familie (dies war Batu, •der Herrscher von Kipdschak^
davon verständigt; er war auf Sijurkukteni's Warnung vom
Marsche Gujuk's demselben entgegengezogen und bis nach
Kialik gekommen, als er die Kunde des Todes erhielt. Die
Regentin, die Frau Oghulkaimisch , sandte an ihn Botschaft
im Namen ihrer Söhne, von denen der älteste, Chodscha
Aghul, den Thron vermöge der Jasa und des noch bei der
Thronbesteigung seines Vaters unterzeichneten Familien-
vertrags in Anspruch nahm; aber auch die Frau Sijurkukteni,
Wittwe Tuli's, die Mutter vier seiner neun Söhne, nämlich:
Mufigkas , Kubilai's , Hulagtis und Arik Buka's, sandte
Botschaft, um seine Stimme für den ältesten derselben zu
E r s t e s B u c h. 59
gewinnen. Sijurkukteni war die Nichte Owangchan's, eine
Frau von ausserordentlichem Geiste und Verstände, un-
streitig die grösste aller Frauen , von denen die mongo-
lische Geschichte ein Paar Hundert, in die der Herrscher
verflochten, erwähnt. Flochangesehen durch ihre Geburt
als die Nichte des grossen Herrschers der Kerait aus seinem
Bruder Hakembo , war sie es noch mehr durch die Ver-
schwägerung mittels ihrer drei Schwestern, von denen
Begtutmisch eine der vier grossen Frauen Dschudschi's und
also die Stiefmutter Batu's, und vermöge der mongolischen
Sitte, nach welcher die Söhne nach des Vaters Tod die
Stiefmütter zu Gemahlinnen nahmen , eine der Frauen Batu's
oder doch wenigstens von grossem Einflüsse in seinem Frauen-
gemach; ausserr diesen Vortheilen ihrer Geburt und Ver-
schwägerung geiioss sie des höchsten Ansehens als die grosse
Frau Tuli's, des Flerdhüters des Hauses Tschengischan's, als
die Mutter seiner vier obgenannten Söhne und als eine Frau
von grosser Staatsklugheit. Durch diese hatte sie immer
den Herrscher Batu sich und ihren Söhnen günstig zu er-
halten gewHSst; als Batu den kranken Fuss vorgeschützt,
um sich der Gegenwart beim Kurultai der Thronbesteigung
Gujuk's zu entheben, hatte sie ihre Söhne an ihn gesandt,
um sich nach seiner Gesundheit zu erkundigen; als Gujuk
gegen die Gränze marschirte, hatte sie ihm die früheste
Kunde und Warnung gegeben, und fand ihn also ihren
Wünschen geneigt; ausserdem hatte sie als grosse Menschen-
kennerin die durch Talente oder Heldenmuth ausgezeich-
netsten Männer der verschiedenen Stämme als Erzieher oder
Umgebungen ihrer Söhne an sich zu ziehen gewusst und
sich mit dem Bollwerke ihres Kopfs und Arms umgeben. ')
Die zahlreichsten Prinzen auf diesem Kurultai waren die der
Uluse Dschudschi und Tuli. Iltschilidai der Dschelaire, der
Befehlshaber in Persien , brachte den versammelten Prinzen
den bei der Thronbesteigung Gujuk's unterschriebenen Fa-
milienvertrag in Erinnerung : dass , so lang ein Stück Fleisch
'j Reschideddin. Mirchuand.
60 E r s t e s B u c h.
von seinem Hause übrig wäre , sie aus keinem anderen den
Herrscher wählen würden. Ihr habt, entgegnete Kubilai,
zuerst die Jasa Tschengischan's gehrochen, indem ihr seine
Tochter Atalun (^die Gemahlin Dschawer Satschan's des
Olkoniten^ getödtet, indem ihr die durch Ogotai's letzten
Willen seinem Enkel Schiramim bestimmte Thronfolge dem
Gnjuk zugewendet. Diese Einwendung unterstützte das An-
sehen Batu's und der Oberrichter '^ Mingkasar Nujan, welcher
den Heldenmuth Mengku's, des ältesten Sohnes Tuli's, und
die von ihm in dem chinesischen Feldzuge noch unter dem
Grossvater Tschengischan und dann im siebenjährigen west-
lichen Kriege wider Europa geleisteten grossen Dienste
anpries. Die Prinzen trugen den Thron Balu als dem
Aeltesten des Hauses an; da dieser denselben aber aus-
schlug, übertrugen sie ihm die Ernennung des Herrschers,
und Batu ernannte dazu Mengku, den ältesten Sohn Tuli's.
Mengku entschuldigte sich, aber sein Bruder Muhe be-
merkte, dass, da Alle versprochen, sich dem Ausspruche
Batu's zu fügen, so sei hier Unterwerfung auch für Mengku
Pflicht; demnach ward ihm als künftigem Herrscher ge-
huldigt und Batu selbst brachte ihm den Becher dar; zugleich
ward ausgemacht, dass, da die Versammlung nicht voll-
ständig, nächsten Frühling im Stammgebiete Keluran auf
vollzähligem Kurultai die Thronbesteigung gefeiert werden,
unterdessen die Frau Oghulkaimisch die Regentschaft führen
solle. Die Söhne Gujuk's ziehen ihren Stellvertreter, der
hiezu beigestimmt, überschrittener Vollmacht, die Prinzen
des üluses Dschagatai und Ogotai weigerten sich , auf dem
Kurultai zu erscheinen ; da sandte Batu seine beiden Brüder,
Berke und Tokatimur, mit zahlreichem Heere, um den
Mengku trotz ihrer Abwesenheit als Kaan auszurufen. Drei
i. Juli 12Ö1. Jahre nach dem Tode Gujuk's wurde Mengku unter den
gewöhnlichen Feierlichkeiten als Kaan und Moilkan ausge-
rufen. Es wurde ein Regierungsbefehl erlassen, vermöge
dessen befohlen ward, nicht nur der Menschen, sondern
') Bei d'OIissou H. 24'J. irrig le general iMaugoussar.
E r s t e s B u c h. 61
auch der Lastthiere zu schonen, verboten, die Thiere, deren
Fleisch gegessen , anders als nach mongoiisdiier Sitte zu
erwürgen, die Reinheit des Wassers zu trüben. Sieben Tage
dauerte das Krönungsfest, an deren jedem neues Kleid von
anderen Farben angezogen , täglich das Fleisch Ton hundert
Pferden und Ochsen, fünftausend Schafen verzehrt, die
Ladung von zweitausend Wägen Weins und Kumis ausge-
trunken ward.
Während der Feste kam ein Soldat der Leibwache'), Hinrich-
welcher sein Maulthier verloren, dasselbe zu suchen ausge- tunken der
gangen, in grösster Eile (er hatte in Einem Tage den P^'^'^'^J" >
Marsch von dreien durchmessen) mit der Kunde, dass die ^,g^g,j Osten
Prinzen des üluses Ogotai, Schiramun, Baghu und Kuiuktu und Westen.
mit versteckten Waffen, die sie in bedeckten Wägen mit
sich führten, im Anzüge. Mingkasar ging ihnen mit Truppen
entgegen, überfiel sie und führte sie ins Lager mit sich;
hier brachten sie nach mongolischer Sitte ihre Geschenke,
neun verschiedene Dinge und von jedem neun Stücke, dar;
aber am dritten Tage wurden sie beim Eintritt in's Zelt
verhaftet und von Mengku selbst verhört. Der Hofmeister
Schiramun's gestand, geprügelt, den Auftrag, und Mengku
übertrug nun das Gericht über die Schuldigen dem Mingkasar;
dieser sprach über dieselben nach der Jasa die Todesstrafe
aus. Siebzig Prinzen und Nujanen wurden hingerichtet, .
unter den letzten zwei Söhne Iltschikidai's, des Feldherrn
in Persien, deren Vater zu Badgis verhaftet, zu Batu ge-
führt, von diesem hingerichtet ward. Die Todesart der
Nujanen war, dass man ihnen den Mund mit Steinen füllte
und sie so erstickte; die der Prinzen, dass man sie in
seidene Tapeten einwickelte und darin zu Tode rollte*). *
Katakasch, die Mutter Schiramun's, die Nichte Altschi Nujan's,
sandte Bitte an Sijurkukteni, die Schuld ihres Sohnes be-
kennend und für denselben um Verzeihung flehend ; auf die
Fürbitte der Mutter schenkte Mengku den Aghlanen, d. i.
den Prinzen Schiramun, Ghodscha Aghul, Baghu aus dem
') Wassaf. ^) Derselbe.
02 E r s t e s B u c h.
Uluse Ogotai, Jcsenbuke aus dem Uluse Dschagatai, das
Leben, indcAi er sie nach China sandte, dem Chodscha
Aghui aber, welchem die Thronfolge gebührt hätte, einen
Jurt an der Selenga anwies'); auch den beiden grossen
Söhnen Ogotai's, Timur und Melik, und denen Kutan's wurde
das Leben geschenkt, aber in der Folge, als Mengku selbst
nach China zog, wurde der Prinz Schiramun ertränkt. Seine
Mutter Katakasch und Oghulkaimisch, die Wittwe Gujuk's,
wurden das Jahr hierauf vor das Gericht Mingkasar's ge-
stellt, beide als überwiesen, dass sie die Söhne zur Wider-
spenstigkeit bei demKurultai der Thronbesteigung aufgehetzt»
zum Tode verurtheilt und in Filz eingewickelt ersäuft.
Kaidak und Tschinkai, die beiden Rätlie der Oghulkaimisch,
wurden hingerichtet. Buri , der Enkel Dschagatai's , wurde
an Batu ausgeliefert, der ihn um einige Schimpfreden , die
er wider ihn ausgestossen, tödten Hess. So waren ausser
siebzig Nujanen die Kaiserin Oghulkaimisch und die Mutter
Schiramun's, welcher von Ogotai zur Thronfolge bestimmt
worden war, als Opfer der Herrschaft des Uluses Tuli's
gefallen. Der Idikut, d. i. Fürst, der Uighuren, welchem
Turakina die Herrschaft über das Land verliehen, wurde,
von einem Moslim eines Mordplans wider alle Moslimen in
seinem Lande angeklagt , vor das Gericht des unerbittlichen
Mingkasar gestellt; von diesem auf die Folter gelegt, be-
kannte er sich schuldig, wurde zur Todesstrafe verurtheilt
und nach Pischbaligh gesandt, um dieselbe zu erleiden; an
einem Freitage, als die Moslimen in die Moschee gingen,
wurde er zu ihrer grossen Freude geköpft; die Stelle des
Scharfrichters vertrat sein eigener Bruder, welchem Mengku
die Herrschaft des Landes der Uighuren verlieh. Berke
Aghul und Buka Timur, die beiden Söhne Batu's, wurden
mit £hren nach Kipdschak, so auch Eara Hulagu, der
Enkel Dschagatai's, aus dessen vor Bamian's Mauern ge-
fallenem Sohne Muwatukan, mit der Oberherrschaft seines
Uluses entlassen; Mohammed Jelwadsch, welcher, als Mengku
*) Dscbihanguscha u. Mirchuaud und nach demselben d'OIissou II. 272.
E r s t e s B u c li. 63
einen Augenblick über die Strafe der schuldigen Prinzen
unscliiüssig, denselben nach der aus der römischen Geschichte
bekannten Anekdote, der vom Vater Tarquinius als Antwort
auf des Sohnes anfragende Botschaft stillschweigend abge-
hauenen höheren Pflanzen , zur Todesstrafe bestimmt hatte,
ward wieder die Finanzverwaltung von China, und seinem
Sohne Mesud die Statthalterschaft über die Länder zwischen
dem Oxus und Irtisch anvertraut, dem Aghun die Statt-
halterschaft über ganz Persien , von Chorasan bis nach
Armenien und an die frische Gränze bestätiget. Mingkasar
war der Oberrichter, der Christ Bulghai stand an der Spitze
der Staatskanzlei, in welcher Sekretäre für die Ausferti-
gungen in sieben Sprachen: Perser, üighuren, Araber,
Chinesen, Tibeter, Mandschu und Tanguten angestellt waren.
Kuikur, der Sohn Dchudschi Kasar's, des Bruders Tschen-
gischan's, erhielt die Befehlshaberschaft der Residenz Kara-
korum ; Befehle wurden erlassen, um dem Misbrauche der
von Ogotai eingesetzten Posten Jam^^ zu steuern, indem
die Kuriere und Gesandten den Bauern die Pferde weg-
nahmen; die Abgabe Kuntschur von den Herden wurde auf
Eines vom Hundert bestimmt; die Herde, die nicht Hundert
zählte, war davon frei. In Persien wurde nach dem Fusse
der von Jelwadsch in Transoxana eingeführten Besteuerung
der Kopfsteuer, je nach dem Vermögen von Einem bis
zehn^), in China von Einem bis fünfzehn Dukaten fest-
gesetzt. Forderungen von Kaufleuten , weiche für die unter
Gujuk gelieferten Waaren keine Bezahlung erhalten hatten,
wurden mit fünfzigtausend Silberbaiischen befriedigt^ ); hin-
gegen zog er alle Ländereien ein , deren sich nach dem
Tode Gujuk's seine Wittwe Oghulkaimischund ihre SöhneCho-
dsclia und Baghu bemächtigt hatten, welche siebzehntausend
Baiische Gold eintrugen*). Der Bruder Kubilai wurde mit
einem Heere nach China befehligt, und bei dem Aufbruche
desselben hielt der Kaan ein Kurultai, von Festen aller Art
•) Bei Rubruquis chap. 29. Jani statt Jam. ^-j Wassaf; bei
d'Ohsson 11. 263. a sept. 3) D'Ohssou II. 267. hat aber Nichts vom
Folgenden. *) Wassaf.
64
Erstes Buch.
Dynastien
im Osten
Asiens.
begleitet; auf diesem erschienen der Richter Schemseddin
von Kaswin , welcher wider die ihn aufsuchenden Dolche
der Assassinen zum Throne des Kaans flüchtete, und Abge-
ordnete Baidschu Nujan's, des Befehlshabers in Irak, welcher
sich über den Chalifen von Bagdad beklagte. Da beschloss
Mengku den Krieg wider die Assassinen und den Chalifen
und übertrug die Führung desselben seinem Bruder Hulagu.
Da einige Geschichtschreiber den Anfang der Herrschaft
der Mongolen In Persien von diesem Jahre an rechnen,
wiewohl Hulagu erst drei Jahre später dort als Eroberer
einzog , so wird auch das folgende Buch am bessten mit
dem Feldzuge, dessen angekündigter Zweck die Zerstörung
der Herrschaft der Assassinen und des Chalifats, beginnen,
aber zuvor thut noch zur Orientirung des Lesers vonnöthen
ein Ueberblick der damals, das ist in der Hälfte des drei-
zehnten Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung , in
Asien dem Reiche der Mongolen gleichzeitigen asiatischen
Dynastien.
China, dessen nördliche Hälfte unter Mengukaan, dessen
südliche unter Kubilai zu dauerndem Besitze und zur Grün-
dung der Dynastie Juan, d. i. der Mongolen, erobert worden,
liegt hier eben so , wie das indische Reich von Dehli, dessen
grosse Stadt Lahur noch unter Gujuk's Regierung von den
Mongolen belagert und für kurze Zeit erobert worden
war ') , ausser dem Bereiche dieses üeberblicks, welcher blos
die unmittelbar mit der mongolischen Dynastie in Persien
bei der Eroberung desselben oder später verflochtenen
asiatischen Reiche und Dynastien ins Auge nimmt. Wir
wenden den Blick nach sechs Seiten, so dass derselbe Persien
selbst und seine Gränzländer in Osten, Westen, Süden,
Norden, sammt dem äussersten des westlichen Asiens, bis
wohin sich das Reich und die Macht der Ilchane erstreckte,
in sich begreift. Im Osten zuerst nach dem indischen Gränz-
reiche, nach Chorasan,, d. i. dem Ostlande, dem persischen
Oesterreich und dem daran stossenden Ktihistan; im Süden
') Firischte und nach demselben d'Ohsson 11. 28).
E r s t e s B H c h. (J5
gegen Kerman und Jesd , dann nach Persien im eng^sten
Sinne, nach Fars , dem persischen Irak und den beiden dazu
gehörigen Lurtslan; im Westen nach dem arabischen Iraky
dem Sitze des Chalifats, und nach dem Reiche der Seldschu-
ken in Rum; im Norden nach Güan, Georgien und Arme-
nien; endlich nach dem entfernten Syrien und Aegypten und
dem byzantinischen Reiche:
I. Von der indischen Gränze , von deren Deckung gleich
beim ersten Feldzuge Hulagu's die Rede sein wird, herrschte
die in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts ge-
gründete Dynastie der Chuldschen , d. i. die fünfte der Ghiir,
nachdem die drei früheren dieses Namens zu Ghasna, Bamimi
und Kabul erloschen , während die vierte , nämlich die der
Vlugschahe , mit ihnen gleichzeitig zu Dehli herrschte. Die
Benennung der zweiten tatarischen Dynastie, unter welcher
Ferischte, der grosse Geschichtschreiber der raoslimischen
Reiche in Indien, die Chuldschen aufführt, könnte gelten,
wenn es wahr wäre, dass sie von einem Eidam Tschengis-
chan's , Namens Choldsch , abstammen ; aber keiner der
Eidame Tschengischan's trägt diesen Namen und keine der-
selben waren Choldsche oder Challadsche (^das indische
Choldsch ist blos eine Verstümmelung des Namens der
Challadsch oder Kaladsch), welche, wiewohl Türken von
Abkunft , von Reschideddin den uneigentlichen Mongolen bei-
gesellt werden. In der Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts
herrschte aus dieser Dynastie Dschelaleddin Firus , welcher
sich der Stadt Dehli bemächtigte, und dessen vier glänzende
Siege der grosse persische Dichter Chosrew von Dehli , in
einem besonderen : die Eroberung der Eroberungen V betitel-
ten Werke beschrieben, und dessen Sohne Alaeddin ein
anderes seiner Werke ^ nämlich die Vereinigung der beiden
glücklichen Gestirne V ^ gewidmet. Chosrew von Dehli war
der Lobredner Dschelaleddin's und Alaeddin's, der beiden
grossen Herrscher der Chuldschen, wie ein halbes Jahrhun-
*) Fetliol-fatuh. ^) Kiran Saadein : dieser Titel ist das Muster
des Matlaai Saadein , d. i. der Aufgang zweier Glückssterue vou
Abderresak.
Hammer, Geschiclite der Ilcliane. I. 5
66
Erstes Buch,
Dynastien
im Süden
Persiens.
dert später Wassaf , der Lobredner der beiden Herrscher
der llchane , Chodabende und Ebu Said. II. In Chorasan
war erst vor einigen Jahren zu Herat die Dynastie der Kert durch
Scheniseddin Mohammed gegründet worden, welchem Tschen-
gischan bei der Eroberung Herats den Besitz desselben ein-
geräumt , 3Iengku , welchem er mit reichen Geschenken seine
Huldigung darbrachte, die Herrschaft von Herat und Ghar-
dschistan bestätigte. In dem unmittelbar an Herat anstossen-
den und längs der südlichen Gränze von Chorasan sich
hinziehenden Kuhistan, das ist dem Gebirgslande , sandten:
III. die Assassinen von ihren hundert Schlössern den Meuchel-
mord wider alle ihre Feinde aus. Der siebente Grossmeister
dieser Meuchelmörder, Alaeddiri Mohammed Gurschah, sass
seit zwanzig Jahren als Alter vom Berge auf dem Stuhle,
auf welchen den neunjährigen Knaben die nächsten Verwand-
ten , welche den Täter vergiftet , gesetzt und dem er , vom
eigenen Sohne gemordet, entsank.
IV. Kerman, die südliche Landschaft Persiens, kam
nach dem Untergange der Herrschaft der Bujiden in die
Macht der Seldschuken, von deren fünfgetheilten Herrscher-
geschlechte ein Zweig den Namen von Kerman führt,, und
blieb im Besitze der Söhne Kaurdin's bis zur Regierung
Dscheladdin Chuaresmschahs , zu dessen Zeit der Kämmerer
Borrak , zum Islam bekehrt, vom Chalifen mit der Herr-
schaft dieses Landes belehnet luid mit dem Ehrentitel Kotlogh
Sultan, d.i. der gute Sultan, ausgezeichnet ward. Kotlogh
Sultan war mit dem Atabegen von Jesd Ghajaseddin in viel-
fältige luid langwierige Streitigkeiten verwickelt, welche in
der welteröffnenden Geschichte Dschuweini's erzählet sind.
Der Sohn Kotlogh Sultans Rukneddin erhielt trotz der Empö-
rung Kutbeddin's, des Neffen Borrak's, vom ersten Nachfol-
ger Tschengischan's von Ogotai die Belehnung von Kerman ,
Kutbeddin gewann aber mächtigen Schutz am Hofe des Kaan,
indem er seine Schwester dem Kasar Beke und eine Tochter dem
Ssahib Habesch Amid vermählte ; zwei Söhne aus dieser Ehe
waren in der Folge die Stützen des Throns von Kerman wider
Kutbeddin, welcher von Ogotai nach China gesandt, durch
658
K r s t e s B u 0 li. 07
den Schutz des Grosswesirs Jelwadsch von Meng^kutaan das
Diplom der Herrschaft Kerman's erhielt. Kutbeddin schickte
6' 50
mit der Botschaft der Belehnung einen Gesandten an Buk- .^.^
neddin, der, als er beim Atabegen von Fars MosafFereddin
Ebubekr vergebens Hilfe gesucht und auch beim Chalifen
Mosteaassim keine gefunden hatte, sich im folgenden Jahre
nach Almaligh zum Kaan Mengku begab, wo auch der Neben-
buhler um den Thron Kutbeddin mit ihm zugleich einge-
troffen. Diesem bestätigte Mengku, und später auch Hulagu
die Herrschaft, die er bis zu seinem, ein Paar Jahre später
erfolgten Tode behielt. Fast noch weniger als die Geschichte
der Sultane Kermans aus der Familie Borrak ist die der
Atabegen von Jesd aus der Familie Kakuje bisher europäi-
schen Geschichtschreibern bekannt. V. Die Atabege von Jesd
leiten ihren Ursprung vom Dilemiten Ebu Dschaafer Moham-
med Kakuje ab , dessen Namen die Araber in Kakeweih ,
so wie den der Buje in Boweih, und den der Fasluje in
Fasleweih verstümmeln ; er war der Oheim Stde Chalun's,
der Mutter Medschdeddewlets des Bujiden und Statthalters
von Issfahan ; sein Sohn Ebit Manssur Firamurs hatte vom
Seldschuken Toghrul vor einem Jahrhunderte die Herrschaft ioöä
von Jesd erhalten ; ihm war in derselben sein Sohn Emir
Ali Ben Firamurs gefolgt , welcher im Kriege >vider die
Karachitanen fiel. Sultan Sindschar, der grosse Herrscher
der persischen Seldschuken , verlieh die Herrschaft von Jesd
dem Sam Ben Wirdan , einem Abkömmlinge aus einer Tochter
Emir Alis, als Stellvertreter desselben. Sam Ben Wirdan um-
fing das Grab Ali's zu Meschhed mit einer Mauer und verherr-
lichte Jesd durch den Bau einer grossen Moschee. Er überliess
die Herrschaft seinem Bruder Iseddin Beschker , welcher,
ein tapferer Fürst und Feldherr, von den Seldschuken mit
der Statthalterschaft von Schiras und Issfahan betraut wor-
öS(i
1142
61ö
im
r)90
1W4
604
den, zu Anfang des Jahrhunderts starb; ihm folgte sein
Bruder Wirdansor durch zwölf Jahre, und dann dessen
Bruder Ebu Manssur ;, beigenannt Kutbeddin der Choldsche, gest
nach ihm dessen Sohn Mahmud durch dreizehn Jahre, und
nach diesem dessen Sohn Saighurschah , der Erbauer d^r nach
5*
1S19
621
U31
in Fars.
(»8 E r s t e s B u c ii.
iliin genannten Stadt Salgktirabod , und dann dessen Sohn
Toghofischah , der neunte der Herrscher der Familie Kakuje,
der Zeitgenosse Ilulagu's'^, welcher das Dasein dieser Herr-
scherfamilie duldete , bis nach zwei späteren Herrschern
(Alaeddewlet und dessen Bruder Jiisufschah) , zu Ende des
dreizehnten Jahrhunderts , Jesd von Ghasan erobert und
dessen Ertrag den Einkünften des Diwans einverleibt ward.
Bie In Persien herrschten ausser den xltabegen von Jesd
Dynastien noch die von Schiras , insgemein bekannt unter dem Namen
der Salghuren , und zu Darabscherd , einer Landschaft von
Fars, die Dynastie Schebankjare -) aus der Familie Fashije.
\ I. Die Vorfahren Fasl Ben Emir Fasliije's waren urspriing-
lich die Ispehbede , d. i. die Heerführer von Fars ; schon
zur Zeit Omars, als Jesdedschird, der letzte Chosroes der
Sasan, vor den arabischen Heeren nach Issfahan flüchtete,
versammelten sich um ihn die Grossen der Schebankjare,
welche mit den Einwohnern der Ebne Run bei Darabscherd
einen Bund des Friedens aufrichteten , während Jesdedschird
nach Kerman ging. Ali Ben Fasluje war die rechte Hand
Horbeid's, des Schwagers Jesdedschird's, und sein Nach-
kömmling zur Zeit Alp Arslan's des Seldschuken, der oben-
genannte Emir Fasl Ben Fasluje's, insgemein Fasluje Ben
Hasuje genannt, Isfehsalar d. i. General der Reiterei. Unter
der Regierung :Adhadeddewlet's des grossen Fürsten der Ben
Buje überzog dessen Statthalter zu Schiras, Tasch Ferrasch
Schebankjare , das Land mit einem Heere , und zu dieser
Zeit siedelte sich die Familie Fasluje in der Ebene von Run,
in der Nähe der Stadt Darabscherd , an ; fünfzehn Jahre
später bemächtigten sie sich des Gebietes von Fars, zu dessen
Verwaltung Emir Schebankjare Fasluje angestellt worden.
Kaurdin, der Bruder Alparslan's, des Seldschuken von Ker-
man , verheerte Fars , Fasluje flüchtete zu Alparslan , und
pachtete von ihm Fars und Darabscherd für siebenundzwan-
430
1038
') Dsclühanuuina S. 281. ') Von diesen ist in Dej^uignes keine
Kunde ; AVassaf behandelt aber im 13. Kap. des IV. Buchs unmittelbar
vor der Eroberung Kerman's ihre Geschichte , welche auch im
Muuedschimbaschi und im Dschihannuma S. 279 wiederholt ist.
E r s t e s B u c li. QQ
zig Millionen Dirliem; da er sich wider seinen Lehensherrn
empörte, überzog ihn Nisaraeddin, der grosse Grosswesir
Melekschah's , mit Krieg, und der Atabege Dschelaleddin
Dschanli der Chua7isalaf , d.i. Obersttruclisess, schhig sich
mit dem Erbauer der Residenz zu Darabscherd , dessen
langer Namen Nisaineddin Mahmud Ben Jahja Ben Hasuje.
Dsclianli starb während des Feldzugs an einem Blutflusse;
ihm folgte sein Sohn Mobariseddin , dann dessen Sohn Nisa-
meddhi II. , dann der Bruder Mosaffer Mohammed^ w elcher,
ein weiser und gerechter Fürst, seit vierzehn Jahren herrschte,
als Hulagu gegen den Westen aufbrach. Von allen Dynastien,
welche zur Zeit Hulagu's in Persien herrschten, ist keine
merkwürdiger als die VII. der Atabegen Salghuren, deren
Geschichte die Hälfte des zweiten Buchs von der Wassaf's
füllt, und die er mit besonderer Vorliebe und Ausführlich-
keit behandelt , w eil Fars das Stammland Persiens und
Schiras seine Geburtsstadt; auch wir werden in der Folge
die Geschichte derselben ausführlicher als die aller übrigen
Dynastien erzählen, weil die Regienmg der fünf ersten
Fürsten , w eiche alle den Vornamen Mosaffereddin , d. i. die
mit dem Siege der Religion Betheilten, führten, eine schöne
Zeit des Flores der Herrschaft und der Wissenschaft, des
Lebensgenusses und der Poesie , und weil der Namen des
letzten Ebubekr Ben Saad's schon durch Saadi's Gülistan
allein unsterblich. Hier genüge es zu sagen, dass von dem
Ende der Herrschaft der Dilemiten bis zu dem Auftritte des
ersten Salghuren Sonkar Ben Meivditd in der Hälfte des
sechsten Jahrhunderts der Hidschret , des zwölften der
christlichen Zeitrechnung , Fars durch sieben Atabege , Statt-
halter der Seldschuken , verwaltet worden. Der erste Fasluje
Schebankjare , dessen schon oben bei der Dynastie dieses
Namens Erwähnung geschehen , und von dem die Dichter,
auf dessen Namen Fasl , d. i. Trefflichkeit, Verdienst, Wohl-
that und Huld anspielend, gesagt:
Vor Gott , dem Allverehrten , war er Huld und Glück,
Deu Uebermuth des Aufruhrs hielt Faslui Eurück.
fiS4
1337
1U8
70 E r ä t e s B u c 1i.
Der zweite Rohneddewlet , d.i. die Reichssäule Chtmar Tegin,
ertrank ; der dritte Dschelaleddin Dschanli verkeerte das
Gebiet der Dynastie Schebankjare ; der vierte Karadschu
baute eine Medrese zu Schiras und ward zu Hamadan er-
schlagen; der fünfte Mengubers baute eine Medrese, au der
er begraben liegt , dessgleichen seine Gemahlin Sahide die
Medrese Issmeti zu Schiras; der sechste Bosabe ward, wie-
wohl ein gerechter und billiger Herr , gewaltsam getödtet,
und der siebente Melehschah hielt der letzte das Ansehen
der Seldschuken aufrecht, welchem Sonkar Ben Mewdud,
der Gründer der Dynastie der Salghuren, ein Ende machte,
indem er sich zum Atabegen unabhängigen Herrscher, aufwarf.
Die i>Jit der Familie Fasluje's , welche zu Schebankjare
>linas lei \n.i'Ysc}\te , sind die sogenannten grossen Fasluje nicht zu
von Gross- e b /
und Klein- vermengen, welche in Gross -Luristan unter dem Namen der
Luristan. grossen Atabege , so wie die Familie Chorschid in Klein-
Luristan unter dem Namen der kleineu Atabege herrschten.
Die beiden Provinzen haben ihren Namen von zwei Brüdern,
Lor oder L?ir , welche dort Statthalter im dritten Jahrhun-^
derte der Hidschret , später über die Stämme herrschten,
welche um's Jahr fünfhundert der Hidschret am Berge Säumal
im nördlichen Syrien in dieses südöstliche Gebirgsland Per-
siens eingewandert , sich unter Anführung Chorschid's fn
Klein -Luristan niederliessen ; von ihrer westlichen Abstam-
mung heissen sie die Könige des Westens *). Vill. In Gross-
Luristan dienten die Anfülirer dieser ausgewanderten Stämme
AU und dessen Sohn Mohammed den Atabegen Salghuren,
und .yJba Tahi'r , der Sohn Mohammed's , stand dem Atabegen
Sojikar Mider die Schebankjare bei. Sonkar, der Salghure,
sagte zum Abu Tahir: er möge sich eine Gnade erbitten ;
Abu Tahir begehrte erst den Pfeil , dann das Pferd des
Atabegen, und als ihn dieser noch mehr begehren hiess, die
Erlaubniss, Luristan von den Feinden der Atabege zu reini-
gen; er eroberte es, erklärte aber sich selbst zum unabhän-
gigen Fürsten und Atabegen. Bei dieser Gelegenheit siedel-
550
~Il55
'J Melikol-yhiirb.
KistesBuch. 71
teil sich zahlreiche Stämme aus Syrien in Luristan an , und
vertrieben die Scholeti oder Schulen, welche die Urein-
wohner des Landes. Abu Tahir hatte fünf Söhne, deren
ältester Hesarsif in beständigem Kriege mit Tikle dem
Atabegen Salghuren von Fars. Hesarsif verheerte das Ge-
biet der Salghuren, und unterwarf sich das Land bis auf
vier Farasangen von Issfahan. Hesarsif erhielt für seinen
Sohn Tikle, welcher denselben Namen trug wie der Atabege
Salghure von Fars , weil er von mütterlicher Seite ein Enkel
desselben , ein Herrscherdiplom vom Chalifen Nassir ; der
Salghure Saad sandte Heere wider Tikle, welcher dieselben
schlug , und auch wider Hosameddin Chalil , den Neffen
Schudschaaeddin's von Klein-Luristan, siegreich Krieg führte;
endlich kamen aus Chusistan zwei Feldherren des Chalifen,
welche den Bruder Tikle's gefangen nahmen. Tikle tödtete
den einen , nahm den anderen gefangen und löste denselben
für den Bruder aus. Tikle war der Beherrscher Gross-
Luristan's, als Hulagu wider Bagdad zog. Zur selben Zeit
herrschte in Klein-Luristan der kleine Atabege Bedreddin
Mesud , welcher sich dem Dienste der Mongolen stellte.
IX. Die Dynastie der kleinen Atabege in Klein - Luristan
begann ein halbes Jahrhundert später als die der Atabege
von Gross -Luristan. Schudschaaeddin Chorschid, d. i. der
Tapfere der Religion , die Sonne, eroberte das Land, nahm,
der erste, den Titel Atabeg an, und starb nach vierzig-
jähriger Regierung über hundert Jahre alt; ihm folgte sein
Neffe Rüstern j ein gerechter aber strenger Fürst, den sein
Bruder Scherefeddin Ebubekr ermordete; dieser wurde von
seinem Weibe vergiftet; sein Bruder Iseddin Kerschasif
nahm den Thron ein und die Frau Melike , seines Bruders
Gemahlin, die Tochter Schihabeddin Suleimanschah's , zur
Frau; in langwierigen Krieg mit Hosameddin Chalil, dem
Neffen Schudschaaeddin's, verwickelt, schloss er mit dem-
selben Frieden , ward aber von ihm erschlagen. Die Wittwe
Melike Chatun sandte ihre drei Söhne (Schudschaaeddin
Chorschid , Ssafeddin Rüstern und Nur eddin Mohammed) zu
ihrem Bruder Suleimattschah y der mit Hosameddin den Krieg
580
liöT
Erstes Buch.
so erbittert führte, dass sie sich in Einem Monate ein und
dreissigmal schlugen; nach einigen Jahren kam es in der
Ebene von Schabur zu einer entscheidenden Schlacht , in
welcher Suleimanschah von sechzigtausend Reitern des Chali-
fen unterstützt ward, während das Heer Hosanieddin's nur
aus dreitausend Reitern und neuntausend Fussgängern bestand;
dennoch wurde Suleiraan Anfangs in die Flucht geschlagen,
trug aber den Sieg davon , und improvisirte , als man ihm
den Kopf Hosameddin Chalil's brachte, vier Verse darauf,
in denen eben so viele Wortspiele:
Clialil der Arme war sich selber nicht bewusst,
Er hatte eingepflanzt der Seele Frühliji^slust');
Ein Diw , begehrte er das Reich von Suleiman,
Zuletzt im Diwan Salomoni's abgethan.
Die Herrschaft kam an den obengenannten Bedreddin Mesud,
den Bruder Iseddin Kerschasifs.
Dynastien jm arabischen Irak herrschten, ausser X. den Chalifen
i, arab. Irak,
in Syrien.
Arabien,
zu Bagdad, in der Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts noch
Äeqypten *^^^^ Dynastien, deren Fürsten den Titel von Atabegen, das
und ist von Hofmeistern (Hausmayern) führten. Von einem
Dutzend von Dynastien, welche in der morgenländischen
Geschichte unter diesem Namen berühmt, waren die von
Damashis , Haleb , Aserbeidschan und Irbü bereits erloschen,
und es bestanden nur noch die schon erwähnten persischen
der Atabege von Jesd, Darabscherd , Schiras, Gross- und
Klein - Ltiristan j, und die nun zu erwähnenden von Mossul,
Dschesire und Sindschar. XI. Zu Mossul hatten seit einem
Jahrhunderte sechszehn Atabege aus der Familie Amadeddin
Sengi's, deren Thron vom Chalifen Bagdad's dem Bedreddin
Lulu, Obersthofraeister der beiden letzten Fürsten, verliehen
worden; dieser füllte den Thron rühmlich vierzig Jahre
lang und ward von Hulagu , dem er nach Bagdad's Eroberung
zu huldigen kam , gnädig aufgenommen. XII. Die Dynastie
der Atabege von Sindschar , deren Herrschaft vor einem
•) Gesellte war, gischte pflanzte, küsclite erschlagen, diwan
Plural von Diu- und Diwau die Ratlis Versammlung.
E r s t e s B u c h. 73
Jahrhunderte ') begonnen , hatte nur durch ein halbes Jahr-
hundert geherrscht , und ihre Herrschaft war nach Bedreddin
Lulu's , des Atabegen von Mossul , Tode dem Sohne desselben,
MosafFer von Beibars, dem Sultane Aegyptens , zugesprochen
worden ; eben so war die Linie der Atabegen Mossul's, welche
seit acht und vierzig Jahren *) XIII. zu Dschesire geherrscht,
erloschen, und an ihre Stelle Modschahid , ein anderer Sohn
Bedreddin Lulu's, des Atabegen von Mossul, getreten, so
dass Bedreddin Lulu und seine drei Söhne f der dritte folgte
ihm als Herr von Mossul nach) als unumschränkte Herrscher
in die Fussstapfen ihrer vorigen Herren getreten. XIV. Zu
Mardin herrschte ein Zweig der Beni Ortok , deren Haupt-
linie von Diarbekr seit zwanzig Jahren^) erloschen war;
aber aus derselben Familie herrschten zu Mardin schon seit
hundert sechs und achtzig Jahren *) Fürsten , deren Dynastie
erst im Beginne des fünfzehnten Jahrhunderts der christ-
lichen Zeitrechnung erlosch. ') I/ghasi j der Gründer dieser
Dynastie, Sultan Melekschah's des Seldschukiden Statthalter zu
Bagdad, hatte sich Nissibin's und Mardin's bemächtigt; ihm war
sein Sohn Hosameddin Timurtasch und sein Sohn Nedschmed-
dtn, diesen die beiden Söhne Hosameddin II. und Nassireddin
und diesem der Sohn Melik Said gefolgt , welcher der sechste
Herrscher dieser Dynastie, auf die Festigkeit seiner Residenz
trotzend , der Belagerung Hulagu's widerstand. Auch zu
Miafarakain hatte noch vor dreissig Jahren Suleiman, ein
Sohn Ilghasi's Ortok, geherrscht, aber zur Zeit Hulagu's
war diese Stadt im Besitze Kjamil's des Ejubiden. XV. Mia-
farakain's Fürstenthum ist also das zehnte des zehnzweigi-
gen mächtigen Herrscherstammes der Beni Ejub (^die neun
anderen , die von Kairo , Damashis , Haleh , Hama , Himss,
Kerek , Baalbek , Hossnkeif und Jemen)', von diesen zehn
Dynastien der Beni Ejub bestanden in der Hälfte des drei-
zehnten Jahrhunderts nur noch im arabischen Irak die von
Miafarakain und Hossnkeif j und in Syrien die vier von
•) i. J. 566 (1170). ') seit 576 (1180). 3) seit 629 (1231).
*) seit 464 (1071). *) i, J. 814 (l4ll).
74 BrstesBuch.
Haleb, Hanta , Himss und Kerek. Kjamil war der fünfte
Herrscher der Beni Ejub zu Miafarakain ; seine Vorfahren
Melikol-aadil, der Bruder Ssalaheddin's , dann Melik el-eschref,
Melik el-ewhad, Melik el-mosaffer , die drei Söhne Melik
el-aadil's ; der Sohn des letzten war Melik Kjamil , der
GrossnefFe Ssalaheddin's, welcher den Versuch, den Waffen
der Mongolen zu widerstehen , mit dem Verluste seiner
Hauptstadt und des Lebens bezahlte. XVI. Die Dynastie der
Beni Ejub zu Hossnkeif hatte vor zwanzig Jahren begonnen '),
indem Melik Ssalih Nedschraeddin von seinem Vater Kjamil
die Städte Amid und Hossnkeif erhalten; nachdem Kjamil,
um Aegyptens und Syriens Herrschaft zu übernehmen, sich
dahin begeben , blieb sein Sohn Melik Moaasem Turanschah
im Besitze des väterlichen Gebiets, und als auch dieser dem
Vater auf dem Throne Aegyptens gefolgt, verlieh er die
Herrschaft von Amid und Hossnkeif seinem Sohne Melik
Mowahid, der wie sein Vetter von Miafarakain ein Opfer
seines Widerstandes unter dem Schwerte der Mongolen fiel.
Vier andere Söhne der Beni Ejub herrschten in Syrien.
XVII. Zu Hanta Melik Manssur II. , der bei Annäherung der
Mongolen nach Aegypten flüchtete. Der Gründer des Hauses
war Takjeddin, der Enkel Ejub's, aus dessen Sohn Sphehin-
schah, von seinem Oheim Ssalaheddin als Herr von Hama
installirt, sein Sohn Nachfolger Melik Manssur I. ob seiner
widei^ die Kreuzfahrer erfochtenen Siege und des Schutzes,
den er Gelehrten und Dichtern angedeihen Hess, von jenen
in zahlreichen ihm gewidmeten Werken , von diesen in Sieges-
hymnen und Elegien gepriesen. XVIII. Die Dynastie der Beni
Ejub zu Himss leitet ihren Ursprung von Esededdin Schirkuh,
dem jüngeren Bruder Ejub's , ab , welcher vom grossen Nu-
reddin zum Statthalter vom Himss bestellt worden war.
Ssalaheddin bestätigte seinem Neffen und getreuen Begleiter
auf allen Feldzügen Melik Nassireddin Mohammed des Vaters
Statthalterschaft als Eigenthum ; nach dessen schnellem Tode
verlieh er die Herrschaft zwar dem Sohne desselben Melik
0 >. J. 62-:) Cl2jl).
ErstesBuch. 75
Modschahid Schirkuh , zog aber das väterliche Vermögen
ein, das er nur, durch einen vom zwölfjährigen Neffen citirten
Koransvers gemahnet , zurückgab ; dem Modschahid folgte
sein Sohn Manssur Ibrahim j der den Chuaresmern tapferen
Widerstand geleistet, und nach ihm sein Sohn Melik Bschref
Mosafersddin Musa , der Zeitgenosse Hulagus, von diesem,
weil er ihm gehuldigt, in der Herrschaft bestätigt. XIX. Die
Dynastie der Beni Ejub zu Kerek begann unter Melik Aadil
Seifeddin Ebubekr , welcher vom Bruder Ssalaheddin die
eroberte Stadt erhielt; nach des Bruders Tod zur Herrschaft
von Damaskus berufen , übergab er Kerek seinem Sohne
Melik Moaasem Isa , welchem der Sohn Melik Nassir Daud
und diesem Melik Moghis Fetheddin Omar folgte, der Zeit-
genosse Hulagu's, von diesem ob des Briefwechsels mit Bei-
bars getödtet. Beibars war der vierte Sultan der Mamluken
in XX. Aegypten, deren Dynastie gleichzeitig mit der per-
sischen Hulagu's in Persien emporstieg, und als eine Neben-
buhlerin derselben um Syriens Herrschaft in der Folge
genauere Kunde erfordern wird. So herrschte auch zu Mekka
der viÄte Herrscher der XXI. Dynastie der Beni Kitade,
welcher nach den erloschenen drei Dynastien der Beni
Ochaissar , Musa sani und Beni Haschim seit einem halben
Jahrhunderte auf dem Throne sass, welchen der vierte
Herrscher Ebu Nami Mohammed durch sieben und vierzig
Jahre gefüllt.
Wir wenden ims nun zuletzt nach dem Norden und zwar Dynastien
zuerst nach den nördlichen Landschaften Persiens, nach ^^^ nördl.
Taberistan und Masenderan, wo seit der Hälfte des ersten . . '
Armeniens^
Jahrhunderts der Hidschret bis in die Hälfte des fünften Georgiens u,
die zwei Dynastien Bawendije , auf einander folgend , ge- Kleinasiens,
herrscht; aus der zweiten, im Anfang des dreizehnten Jahr-
hunderts der christlichen Zeitrechnung'^ erloschenen, erstand
in der Hälfte des vierzehnten ein Zweig derselben in der
Dynastie Bschelawije. Das Stillschweigen der Geschichte
durch diese anderthalb Jahrhunderte^^ beweiset, dass Tabe-
•) I. J. 60J (1209). *) Vou 1209 — 1349.
76 E r s t e s B u c li.
ristan während dieser Zeit keine eigenen Herrscher hatte ;
in Gilan herrschten XXII. die Beni Badusian schon seit dem
vierzigsten Jahre der Hidschret zu Rujan und Rustemdar;
der Gründer Badusian '^ war ein Nachkömmling des Schmie-
des Kjawe, des Befreiers seines Vaterlandes von der Tyrannei,
dessen Schurzfell erst Freiheitsfahne , dann Reichspanier, -)
Sie führten den besonderen Titel Astandar , welches in der
bisher ganz unbekannten Mundart Taberistan's gleichbedeu-
tend mit Scheichol Dschebal , d. i. des Alten vom Berge wie
der Grossmeister der Assassinen, hiess, weicher diesen Namen
von den früheren Herrschern Kuhistan's aus der Dynastie
Bawend geborgt. Die beiden Alten des Gebirgs , der von
Alamut und der von Rustemdar ^ bekriegten sich um die
Hälfte des sechsten Jahrhunderts als unversöhnliche Feinde ;
aber nach dem Tode Keikawu's Ben Hesarsifs schlug sein
Sohn und Nachfolger Schehrnusch den entgegengesetzten
Pfad ein, und trat selbst in die Fussstapfen der Assassinen,
seiner Verbündeten. Nach Schehrnuscli herrschte sein Bru-
der Isferidiar Kerlcud , nach ihm sein Neffe Serin Kemer,
d. i. Goldgürtel, der Erste der Sohn Hesarsifs, dann Gold-
gürtel der Zweite, der Sohn Chassin's , der ein und zwanzigste
Herrscher der Beni Badusian; diesem war zu Anfang des
dreizehnten Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung ^)
sein Sohn Bisutun , diesem nach zehnjähriger Regierung der
Sohn Fachreddetplet , diesem nach zwanzigjähriger Regie-
rung der Sohn Hosameddeiplet Ardeschir und diesem der
Bruder Iskender gefolgt. Sein Nachfolger Isfendiar Scheh-
rahim, der jüngste Fürst der Beni Badusian, regierte drei
und dreissig Jahre lang als Zeitgenosse Hulaguchan's und
Abaka's ; von diesen wurden die Herrscher Gilan's in Ruhe
gelassen, und die Eroberung des Landes erst unter ihrem
Nachfolger Oldsckm'tu, dem achten Ilchane Persiens, ver-
•) Geschichte Taberistan's und Masenderan's von Sahireddin,
auf der kaiserl. Bibliothek zu Wien, schon in der Geschichte der
Assassinen. S. 230 benutzt, wo statt Badusian Badusgan gedruckt.
^) Ben Vschit, B. Gilan, B.Firus, B. Kersi, B. Dschaut. ^) i. J. 610
(1214).
K r s t e s B u c li. 'J^
sucht. XXIII. Der König Kleinarmeniens war Hetum oder
Haithon I., der vierte Fürst seiner Dynastie durch fünf und
vierzig Jahre, während welcher er in häufiger Berührung
mit Hulagu und dem Bruder desselben , dem Grosskaan
Mengku; ein nicht minder historisch wichtiger, in die Ge-
schichte der Mongolen eingreifender, grosser Herrschel*-
charakter ist XXIV. die Königin von Georgien , Russuldan,
die Tochter der Taf/iar j nach deren Tode das georgische
Reich unter die beiden Davide, welche bei der Thronbe-
steigung Gujuk's erschienen, nämlich zwischen ihrem Vetter
David Narin und ihrem Sohne David Ssosslatij getheilet
ward. Dieser erhielt das obere Georgien, d. i. Karthli,
Kacheihi , Achal-ziche und Schetcar ; der andere JNieder-
georgien, A. \. Imerethi , Mingrelien , Sswanethi , Dschikhethi
und Abchasethi ; nach Mengkukaan's Tode zeichnete Hulagu
den David, Sohn der Russuldan, seiner Tapferkeit willen
besonders aus. XXV. Das Reich der Seldschuken in Rum
beherrschte der zwölfte Sultan derselben , Iseddi'n Keika-
wus IL , erst allein , dann mit seinen Brüdern Ruhieddin
'Kilidscharslan IV. und Jllaeddin Keikohnd II., von welchen
der vorletzte bei der Thronbesteigung Gujuk's erschienen
war. In Nicäa endlich thronte XXVI. der griechische Kai-
ser Vataces, dessen drei und dreissigj ährige Regierung, ein
Muster von Weisheit und Staatsklugheit, die Wiedererobe-
rung Konstantinopels aus den Händen der Lateiner vorbe-
reitete, und dessen Gesandte sich mit denen Innocenz IV.
am Hofe Mengukaan's zusammenfanden. ') Der Papst und
die Könige von Frankreich und Ungarn verkehrten mit den
Herrschern der Mongolen durch Gesandtschaften ; aber weder
die fränkischen Kaiser von Konstantinopel , noch die Reste
der Kreuzfahrer in Syrien kamen mit denselben in unmittel-
bare Berührung, wie die hier aufgeführten sechs und zwanzig
asiatischen Dynastien , welche die Zeitgenossen Hulagu's.
Wie an der Pforte Mohammed Chuaresmschahs , des mäch-
*) En ce meine terns les Ambassadeurs de Vastarce etoient
loges bien pres de nous. Rubruquis. Ch. 32.
78 K r s t e s B u c h.
tigsten Herrschers Asiens vor Tschengischan , sieben und
zwanzig besiegte oder huldigende Prinzen fünfmal des Tages
die Heerpauken schlugen, so schlugen diese sechs und
zwanzig , dem Ursprünge des mongolischen Reichs in Persien
gleichzeitigen Dynastien , welchö" denselben widerstanden,
erlegen, gehorchten, huldigten oder ob denselben zitterten,
gleichsam an der Pforte derselben die Heerpauke der
Herrschaft.
cBtuettee pud|*
Regieruniä^saiitritt Hula^u's; iseine Familie; Feld-
zug nach Persien m ider die Schlösser der Assas>
sinen und Bagdad; Rückblick auf die Chalifen und
die Emirol-uniera» Moteaassiinbillah« der letzte
Chalife; Alkaiui der ÜTesir; Belagerung, Erobe-
rung und Verkrustung Bagdad's; Hinrichtung des
Chalifen JUelik üloaasem MosafFereddin ; der Herr-
scher von Irbil , Stifter der Geburtsfeier des Pro-
pheten; die damaligen Herrscher Gross- und Klein-
liuristan's und Gross- und Klein - Armenien's.
MMulagu oder, wie die Mongolen den Namen schreiben Htilayu.
und sprechen, Chulagu war der fünfte Sohn Tuli's, des
jüngsten Sohnes Tschengischan's aus der Frau Sijurkukteni,
der Nichte Owangchan's, welche ihm vor Hulagu den ersten
Mengku , den vierten Kubilai, und Arikbuga, den siebenten
seiner neun Söhne, geboren. Als vor sechs und zwanzig Jah-
ren (^zwei vor seinem Tode^ Tschengischan das letztemal
in seinen Jurt zurückgekehrt, um das grosse, durch Jagden
gefeierte Kurultai der Familie zu halten, bei welchem alle
Söhne mit ihren Frauen und Kindern erschienen (^den ältesten
Dschudschi ausgenommen, der seinf • statt nur ein herrliches
Geschenk von Pferden gesandt), kamen ihm die beiden
Enkel, Kubilai und Hulagu, jener zehn, dieser neun Jahre
alt, mit dem ersten Wilde, das sie erjagt, jener mit einem
Hasen , dieser mit einem Rehe entgegengelaufen. Tschen-
gischan vollzog an ihnen beiden den mongolischen Jagdge-
brauch der Fetteinschmierung ^^ , welcher darin besteht, den
') Dschatnischi Mirchuand.
gO ZweitesBuch.
Jünglingen oder Knaben, welche das erste Wild erlegt, den
Daumen mit dem Fette und Fleische desselben einzuschmie-
ren, was als eine günstige Vorbedeutung für die künftige
Laufbahn der beiden Prinzen mit Festen gefeiert ward; in
jedem Falle eine minder unmenschliche Vorbedeutung als
die Handvoll geronnenen Blutes, mit welcher Tschengischan
zur Welt gekommen, die er erobernd in Blut getränkt und
die so giausam in Erfüllung gegangen; auch diese vom Gross-
rater Welteroberer selbst vollzogene Fetteinschmierung ging
an beiden Enkeln, künftigen Herrschern, Eroberern und
Stiftern von Dynastien in Erfüllung, indem Beide sich Reiche
erbeuteten, der Jäger des Hasen das chinesische, als Stifter
der mongolischen Dynastie der Juan, und Hulagu das per-
sische, als Gründer der Dynastie der Ilchane. Hulagu war
nun fünf und dreissig Jahre alt, in voller Reife männlicher
Kraft, von welcher das Dasein von zehn Söhnen, die ihm
von vierzehn, die er hatte, in diesem Alter bereits geboren
waren, sprechender Beweis. Wir können also die Zahl sei-
ner Frauen und Kinder , welche die Biographie sonst gewöhn-
lich am Ende des beschriebenen Lebens aufnimmt , am bessten
sogleich überblicken , weil die grösste Anzahl derselben schon
vorhanden, und die Namen der in der Folge vorkommenden
Frauen und Kinder dann keiner weiteren Einführung bedürfen.
Hulagu hatte sechs Frauen Gemahlinnen, aus deren vieren
ihm sechs Söhne und drei Töchter , indem die anderen acht
der zweimal sieben Söhne und die anderen vier der sieben
Töchter aus zwölf Beischläferinnen geboren wurden, welche
die Geschichte aus der grossen Zahl derselben nennt, weil
sie Mütter von Prinzen oder Prinzessinnen. Von diesen
zwölf Beischläferinnen waren drei ') aus dem Lager der
ersten seiner Gemahlinnen, der grossen Frau Tokus , und
vier aus dem Lager seiner fünften Gemahlin, der Konghura-
tine Kutui Chatun, ein Umstand, der vielleicht weniger für
ihre Bereitwilligkeit, dem Gemahle gefällig zu sein, als für
■) VscJiiirdsche Ikadschi die Mutter Kuchurtai's, II Ikadschi 6ie
Mutter Huladschu des zwölften Sohu es, und die Mutter des vierten
Sohnes Tedekadu,
Zweites Buch.
81
ihren guten Geschmack , sich mit schönen Sklavinnen zu
umgeben , beweiset ; die Beischläferinnen werden am schick-
lichsten mit den Namen der Söhne und Töchter, durch
welche der ihrige in der Geschichte in Vorschein ge-
kommen, genannt werden; aber der sechs Gemahlinnen
wollen wir zuerst und besonders erwähnen , weil dieselben
als Frauen des grössten Ansehens und Einflusses genossen;
als Frauen Gemahlinnen trugen sie den hohen pyramiden-
förmigen, mit herabfallendem Schleier bedeckten mongoli-
schen Kopfschmuck Baghtak, dessen Namen die europäischen
Reisenden in Botta, die Venezianer in Baiuta verstümmelt
haben. ')
Die erste und grösste Gemahlin, deren Rang bei den p.
Mongolen immer den andern weit voraus und welche die Gemahlin
Frau und Gebieterin des Harems, wie noch heute bei den Hulagu's.
Perserinnen die grosse Frau-}, war Tokus Chatun, d. i.
die Frau Neun, die Keraitin , welche der Vater Tuli kurz
vor seinem Tode zur Frau genommen, aber ohne dieselbe
zu berühren gestorben war. Nach der mongolischen Sitte,
vermöge welcher die Söhne die vom Vater hinterlassenen
Stiefmütter als Gemahlinnen erben, ward dieselbe mit Hulagu
vermählt, sobald das Heer auf dem Rückmarsche aus China
den Oxus passirt hatte, Tuli war in seinem vierzigsten
Jahre gestorben und Hulagu damals sechzehn Jahre alt ;
seine Stiefmutter, vielleicht jünger oder nicht viel älter,
hätte also wohl bald ihrem stiefmütterlichen Ansehen als
wirkliche 3iutter neues Gewicht beifügen können ; allein sie
ward nie Mutter und behauptete sich dennoch bis zu ihrem
Tode in dem höchsten Ansehen als grosse P'rau und Ge-
bieterin des Frauengemachs, als die erste Rafhgeberin und
mütterliche Freundin Hulagu's, was fast vermuthen lässt,
dass sie vielleicht um Vieles älter, erst dem Vater Tuli
und dann dem Sohne von der Mutter des letzten, der staats-
klugen Sijurkuktem, ihrer Fante, mehr an die Hand, als
') Les femnies out un ornemeiU >\e tele, qu'ils appelleut Botta
Rtibruq eh. 15. ^) Danui Melu/t.
Uanimer, Geschichte der Ilchane. I. 6
82 Z w e i t e 5 B u c h.
ins liett gegeben worden. Hulagu nahm sie zur Gemahlin
und ihre Schwester Tukini zur Beischläferin , die ihm eben
so wenig als die Schwester Kinder gab. Sie waren beide die
Töchter Ettiko's, des zweiten Sohnes Owangchan's, die Nichten
der Frau Sijurkukteni, der Mutter Hulagu's, welche die
Tochter Hakembo's, des Bruders Owangchan's, und waren
also beide die Basen Hulagu's, beide Christinnen, wie Sijur-
kukteni , und in der freien Ausübung ihres Cultus eben so
wenig beirrt , als ihre Tante Sijurkukteni vom Gemahle Tuli.
Inmitten des Lagers Hulagu's hatte sie ihre von nestoriani-
schen Christen bediente Kapelle mit Glockengeläute, die
grosse Beschützerin der Christen und Missionäre bei ihrem
Gemahle. Wie sich Hulagu zwei Schwestern Keraitinnen, die
eine als Frau, die andere ah Beischläferin, genommen, so
auch zwei Gemahlinnen Schwestern aus dem mit dem Hause
Tschengischan's so vielfach verschwägerten Stamme der Virat,
nämlich Kubak oder Kojuk Chatim, die Mutter seines zweiten
Sohnes Dschumkttr, und ihre Stiefschwester Oldschai, die
Mutter seines eilften Sohnes Mengku Timur; beide waren die
Töchter Turaldschi's , des Sohnes litilvke's, des Fürsten der
üirat. Tschengischan hatte dem Turaldschi seine Tochter
Dschidschegan zur Frau gegeben, welche ihm den Sohn
B?ika Timur geboren ; aus einer anderen Gemahlin hatte
Turaldschi die beiden Töchter Kubak und Oldschai, welche
also die Stiefschwestern Dschidschegan's, der Tante Hulagu's,
seine Stiefbasen waren ; die beiden anderen Gemahlinnen
waren zwei Konghuratinnen : KuUii Chalun, aus deren Lager
Hulagu sieben Beischläferinnen genommen , die Mutter Tek-
schinsj, seines vierten, und yihvied Tekf/dnr's^ seines siebenten
Sohnes; und Mertai Chatun, welche kinderlos, wie die grosse
Frau Tokus Chatun und ihre Schwester Tukini; endlich die
Frau Jhut oder Jisiintschin, aus dem Stamme Suldus, die
Mutter des Kronprinzen Abaka. Wir mussten in diese Um-
ständlichkeiten eingehen , weil sich nur aus denselben das
Resultat der die Wahl der Gemahlinnen mongolischer Herr-
scher leitenden Staats- und Familien -Maximen klar heraus-
stellt. Von diesen sieben Gemahlinnen waren vier Biutsver-
Z w e i t e s B u c b. yg
wandte, nämlich zwei Basen, obendrein Stiefmütter, und zwei
Stiefbasen; dann waren die zwei Stämme, denen diese zwei
Schwesterpaare angehörten, nämlich die Kerait und die Uitat,
sowie der der Konghiirat, aus welchem die zwei anderen
Gemahlinnen, die mit dem Hause Tschengischan's am viel-
fältig^sten verschwägerten, die früher als andere der aufstei-
genden Macht Tschengischan's, sich derselben unterwerfend,
gehuldigt. Die Wahl der Frauen Gemahlinnen wurde also
vorzüglich durch die Politik, durch die Freundschaft der
Stämme und die nächste Verwandtschaft bestimmt.
Der Erstgeborene Abaka war als der Aelteste schon bei p,^ söhne
des Vaters Lebzeiten sein erklärter Thronfolger, als welcher und Töchter
er auch nach dessen Tode der zweite der Ilchane in Iran, Hulacfu's.
nachdem er demselben gefolgt. Dschumkur der Zw eitgeborene,
nur einen Monat jünger, als Abaka, blieb, als der Vater den
Feldzug nach Westen unternahm, als dessen Sachwalter im
Lager des Kaans Bruders zurück; in der Folge, als nach
dem Tode Mengkukaan's der jüngste Bruder desselben, Arik-
bugha, dem ältesten, Kubilai, den Thron streitig machte,
ward Dschumkur von jenem gezwungen, sich für ihn wider
diesen zu erklären, fiel aber, als Arikbugha wider Alghui
auszog, von ihm ab, um in's Lager des Vaters zurückzukehren,
und starb auf dem Wege dahin; desselben, sowie seiner beiden
Söhne Dschuschkub und Kunktischu, wird im Verlaufe dieser
Geschichte noch mehrmals erwähnt werden. Jaschmtit, der
"dritte Sohn Hulagu's, aus der Chinesin Tukadschi Ikadschi,
welche eine Sklavin des Lagers der Frau Kutui , war Vater
von drei Söhnen; Kutui selbst war die Mutter des vierten
Sohnes , Tekschin, welcher an einem Blasenübel gestorben,
und dessen Gemahlin Nulim, die Tochter Buka Timur's, des
Bruders Kubak Chatun's (^folglich seine angeheirathete Base},
nach Tekschin's Tod sein Bruder Dschumkur zur Frau nahm.
Der fünfte Sohn, Tarakai, aus der dem Lager der Frau
Kutui entnommenen Beischläferin Borkdschin, ward auf der
Reise nach Persien vom Blitze erschlagen; merkwürdiger
durch seinen Sohn Baidu, welcher einige 3Ionate lang der
sechste Herrscher der Mongolen in Persien, nach Ahmed
6*
J^4 Z w e i t e .« B u c li.
Tektidar, dem siebenten Sohne Ilulagu's, dem fünften der
llchane; zwischen beiden ward Tu sin , djgr sechste Sohn
Hulagn's, aus derselben Mutter, \\ie Jaschmut, geboren.
Adschai , des achten Sohnes Mutter, war die Beischläferin
Irtika Ikadschi, aus dem Lager der Frau Kutui ; als Hulagu
nach Persien zog, liess er ihn an der Spitze des Lagers der
Frau Kutui zur Besorgung der Angelegenheiten zurück ; er
überlebte seinen Bruder Hulagu nur zehn Tage. Die Bei-
schläferin Dschudsche Ikadschi , die Mutter des neunten
Sohnes, Kuikurtai , war eine Sklavin aus dem Lager der
Frau Tokus; er war Vater von sechs Söhnen und erreichte
ein sehr hohes Alter. Die Mutter Jisudars, des zehnten
Sohnes, war Uwischdschin , aus dem Stamme Kurlaut, dessen
diese Geschichte weiter nicht, aber noch des eilftea Sohnes
Mengku Timur's '^ erwähnen wird, welcher sechs und zwanzig
Jahre alt starb; Vater von drei Söhnen, allein drei aus der
Sklavin Ilinak Ikadschi, und keiner aus seinen drei Frauen,
deren erste Oldschai, die Tochter Buka Timur's , des Bruders
der Frau Oldschai, Gemahlin Hulagu's, folglich seine Stief-
base; die zweite die berühmte Abisch Turkan, Tochter des
Atabegen von Fars, letzte Herrscherin aus diesem Stamme;
die dritte Nuhin Chatun. Sie gaben ihm keine Söhne , aber
mehrere Töchter, deren berühmteste die ältesie, Kordotschin,
aus der Atabegin j4bisch , in der Geschichte nicht minder
oft genannt, als ihre Mutter, indem sie dreimal vermählt
ward ; das erstemal an Dschelaleddin Sijurghutmisch , den*
Sultan Kerman's , dann an den Emir Sntilniisch und endlich
an ihren Vetter Toghai; die .Atabegin abisch, ihre Mutter
Tnrkan Chatun und Kordotschin, die obgenannte Tochter
der Abisch . sind drei der grössten weiblichen Charaktere,
Hebel grosser Begebenheiten in der Geschichte der Atabege
von Fars und Sultane Kerman's, welche eng mit der der
') Geboren deu 24. Scliewwal 6l4 C-'5. Octoter 1256), gesf.
16. Mohariein 6öl (26. April 1282), welclier aber ein Donnerstag,
nicbt ein Montag, wie in Itescbicicddin vernuithlich durch Schreib-
fehler_, sowie rlcr 23. October 1256 ein ^lontag und nicht ein
Sonntag war.
Z w e i t e s B II c li. 85
lichane Persiens verflochten. Huladschu., der zwölfte Sohn
Hulagu's, hatte die Sklavinn Ilkadschi, aus dem Lager der
Frau Tokus, zur Mutter, welche später mit dem Kopf-
schmucke Bagthak zur Frau erhoben ward ; Vater von vier
Söhnen. Ilkadschi war aucli die Mutter Scheibawedschi's,
des dreizehnten Sohnes; und die des vierzehnten, Toghai
Timur's, eine Beischläferin Sklavin aus dem Lager der Frau
Kuttii, Vater's von fünf Söhnen. Die sieben Töchter Hulagu's
waren : die erste Bulughan Aka, aus der Frau Kobak ; ne
wurde mit ihrem Oheim Dschume Gurgan, dem Sohne des
Tataren Dschudschi , vermählt, dessen Gemahlin die mit der
Tochter Tschengischan's gleichnamige DsQhidschegan , die
Tochter Vtdschigin's , des jüngsten Bruders Tschengischan's;
Dschume Gurgan erhielt nach dem Tode Bulughan Akas
auch die Hand der Nichte Dschemi, der zweiten Tochter
Hulagu's aus der Frau Oldschai; die dritte Tocliter, Me7i-
gelugan, ebenfalls aus der Frau Oldschai, ward an Dschakir
Gurgan, den Sohn Buka Timur's den Uiraten, vermählt,
welcher der Bruder Oldschai's und folglich der Oheim seiner
Gemahlin; die vierte, Tutukasch, aus einer Beischläferin
Sklavin des Lagers der Frau Tokus, wurde zuerst an den
Uiraten Tengkir Gurgan, welcher früher eine Tochter Gu-
juk's zur Frau gehabt und welchem von dieser das Leben
erbeten ward, dann an dessen Sohn Sulamisch und endlich
an dessen Sohn Dschidschek Gurgati vermählt, so dass dieser
der Vater, Sohn und Enkel der Gattin; ') die fünfte, Tarakai,
deren Mutter die Beischläferin Irtikan Ikadschi, ward dem
Konghuraten Musa, dem Enkel Tschengischan^s aus seiner
Tochter Tumalun, das ist ihrem Oheim, zur Frau gegeben;
die sechste Tochter, Kutlukan, aus der Beischläferin Min-
klikadsch , wurde zuerst dem Jisubuka , aus dem Stamme
Durban, dann nach dessen Tode seinem Sohne Tokel ange-
traut; die Hand der siebenten, Baba, aus der Frau Oldschai,
erhielt Legst Gurgan, der Sohn Emir Arghtm's, des Staats-
secretärs, welchen Mengkukaan früher als Hulagu nach Perslcn
') Reschideddin im Abschnitte der Virnt.
86 Z w e i t e s B u c h.
gesendet hatte; also die Töchter ebenfalls meistens an Oheime
und Vettern vermählt.
Hulagu's Von zehn Söhnen, von denen Hulagu in seinem fünf
Aufbruch, und ^Jreissigsten Jahre Vater, nahm er auf dem Zuge nach
Persien den erstgeborenen, AbakOj und den dritten, Jtischmut,
mit sich, trug dem zweiten, DschumhiTj im Lager des Bruders
Kaan's als seinem Agenten und seinem Bruder Temhjan '^ in
seinem Jurte die Besorgung der Geschäfte auf; ausserdem
aber begleiteten ihn noch sein jüngster Bruder Suntai, der
neunte Sohn Tuli's, dann aus dem Uluse Dschagatai Tekuder"^^,
der Sohn Dschudschi's, des erstgeborenen Sohnes Dschagatai's ;
aus dem Uluse Dschudschi's (mit seinem ebengenannten gleich-
namigen Neffen nicht zu verwechseln) der Enkel BulghaP^y
der Sohn Scheiban's, des fünften Sohnes Dschudschi's; Kuli,
der Sohn seines Erstgeborenen Orda, und der Urenkel Kotur,
der Sohn Mongkadr's, des Sohnes seines siebenten Sohnes
Teivel; endlich Buka Timur, der Sohn Dschidschegan's, der
Tochter Tschengischan's , welche an Turaldschi, den Sohn
Kutuka's, des Fürsten der Uirat, vermählt, der Stiefbruder
von Kuhak Chatun und Oldschai Chatun, der zwei Gemah-
linnen Hulagu's; von diesen begleiteten ihn ins Feld die
grosse Frau Tokus Chatun, dann Jisut Chatun, die Mutter
des erstgeborenen Abaka und Oldschai^ aus welcher ihm zwei
Jahre hernach sein eilfter Sohn Mengku Timur geboren ward;
also in Allem neun Prinzen von Geblüte, nämlich; Hulagu,
seine Söhne Abaka und Juschmut j, sein Bruder Smitai, sein
Stiefschwager ÄMJJ-a Timur, der Neffe Teknder; die Vettern:
Bulghai, Kuli und Kotar. Des Bruders Kaan's Auftrag vom
Kurultai , auf welchem die Eroberung der Länder im Osten
und Westen durch Kubilai Chan und Hulagu Chan beschlossen
worden w ar , lautete an diesen : die Burgen der Assassinen zu
brechen; dem Chalifen das Joch der Unterthänigkeit aufzu-
legen; in Allem sich mit der Frau Tokus Chatun zu berathen.
•) Im Schedschretol Etrak S. 243 heisst er Tumgha Oghitl ;
his eldest sou soll heissen : sein jüngster Sohn; der älteste war
Abaka. ') Bei Bar. Hcbräus ex parte Schagatai Tecliodar p. 53ti.
') Bei Bar. Hebr. Bulghai filius Sibkani et Kotar et Koli.
Z w e i t e s B u c Ii. 87
Die Heere, welche schon früher unter Baidschu Nujaa und
Dschurmaghun nach Persien gesendet worden waren , wurden
nun dem Befehle Hulagu's untergeben ; so auch die an der
indischen Gränze, erst von Dür Ntijan und hernach vom
Tataren Sali Ntijan gegen Kaschmir befehligten, welche
während des Feldzugs Hulagu's in Persien demselben den
Rücken decken sollten. Durch das ganze Reich ging der
Befehl, von jeden zehn Mann zwei für den Feldzug nach
Westen zu stellen; nach China wurden Eilboten gesendet,
um tausend Familien von Feuerwerkern und Naphthaschleu-
derern aufzubieten ; von Karakorum bis an die Ufer des Oxus
wurden alle Weiden für die Fütterung der Reiterei inBeschlag
genommen, alle Flüsse mit Brücken versehen und die Strassen
für das Heer gänge geinacht; überall sollte Mehl und Wein
als Mundvorrath in Bereitschaft sejn ; Baidschu und Dschur-
maghun erhielten den Befehl, von Persien gegen Kleinasien
vorzurücken; den Vortrab bildete der Naimane Keitbuka,
vormals Bawerdschi , d. i. Tafeidecker , mit zwölftausend '
Türken, welcher, bis die Rüstungen vollendet waren, den
Mari^ch nach Kuhistan antrat, um dasselbe indessen zu ver-
heeren. Nachdem die Rüstungen binnen Jahresfrist vollendet
waren, wurden zum Abschiede Feste veranstaltet, die be-
gleitenden Prinzen und Frauen mit Geschenken überhäuft,
im letzten Monde des Jahres sechshundert und ein und fünfzig
der Hidschret, d. i. im Februar des Jahres 1254, der Marsch
nach Pei'sien angetreten ; derselbe ging von der Residenz
Karakorum sieben Tage lang über das Schneegebirge des
Changai nach dem Flusse Hoen Murin , über den mit Ruder-
schiffen gesetzt ward , einige Tagreisen später über den
ArungUj der in den See Kisilbasch, d. i. Rothkopf, fällt;
weiter hin waren Reisfelder und die Berge mit Lerchen-
bäumen bewachsen. Im Norden der Stadt, welche der chine-
sische über diesen Marsch abgestattete Bericht'} Pfuhle
nennt, liegt ein Berg, von welchem der Wind oft mit solcher
') Relation de lexpedition de HouJagou par Al)el Rfma>ut.
Journal II. p. 283.
gg Z w e i t e s B u c h. ^
Heftigkeit herabstürzt, dass er Reisende in den See weht;')
durch einen engen Pass, gleich einer fliegenden Brücke, öflhet
sich der Weg nach Almaligh, einer Stadt voll fliessender
Brunnen, und deren Einwohner Türken, vermischt mit Chinesen.
Hier kam ihm Frau Hirghana, die Gemahlin Kara Hulagu's,
des Sohnes Muwatukan's , des vor Bamians Mauern gefallenen
zweiten Sohnes Dschagatai's , bewillkommend entgegen und
bewirthete ihn mit Festen. Hirghana oder Hurkana war die
Enkelin Tschengischan's , aus der an den Uiraten Turaldschi
vermählten Tochter Dschidschegan, und folgte der Stief-
schwester , der Frau Oldschai , welche in der Begleitung
Hulagu's. Bei dem Eintritt in Turkistan kam ihm Mesud,
der Sohn von Jelwadsch, bewillkommend entgegen; während
des Sommers wurde dem Heere in Turkistan Rast gestattet
und in der herbstlichen Tag- und Nachtgleiche vor Samarkand
auf der schönen Ebene von Kjofitgül, d. i. die Fundgrube
der Rosen, gelagert.
jf^g Hier ward das goldene Zelt aufgeschlagen, aussen und
ffuldeneZelt; innen von Gold gewirkt, mit goldenen Nägeln und goldenen
Arylmn ; Stricken befestigt, und vierzig Tage lang gerastet und ge-
.., ~ ^l ^ trunken; dieses Fest wurde iedoch durch den Tod des Prinzen
liber den ''
Oxiis. Suntaij des Bruders Hulagu's, getrübt. Hierauf wurde nach
der Stadt Kesch '^) vorgerückt , welche in der Folge als der
Geburtsort und die Grabstätte der Ahnen Timur's unter dem
Namen von Schehr Sebs, d. i. der grünen Stadt, berühmt;
diesen Namen dankt sie dem üppigen Grün, von zahlreichen
Flüssen, deren zwei die Stadt durchströmen^}, genährt. Die
Stadt besteht aus der Citadelle, der Stadt selbst, welche
vier Thore hat, und der Vorstadt '') ; von fruchtbaren Gärten
') Ganz übeielustinmieud mit dem , was hierüber Rubruquis
^ eh. 29 und Plan Carpiu l45 berichten, und nach ihnen Ritter, Asia
I. S. 429. 2j Mirchuand. ') Das Dschihannuma nennt S. 353 Rudi
Dschadsch , Rudi Hasek , Rudi Dschowan und die beiden aus dem
Stadtthor fliessendeu Nehr Kassarin, d. i. der Fluss der Walker,
* und Nehr Esived, d. i. der schwarze Fluss. *) Kohondos ist das
Scliloss, Scliaristan die Stadt, Rabsch ^\c Vorstadt; die Namen der
Thore im Dschihannuma: das eiserne, das des Flusses, das Abdallah'«
und das Turkistan's, welches der Namen eines vor demselben ge-
legeneu Dorfes.
Z w e i t e s B u c Ii. gg
umgeben, in welchen alle Arten von Korn und Gemüse ge-
deihen. Hier kam der Fürst von Herat, Schemseddin Mo-
hammed Kert , der Gründer der seinen Namen führenden
und unter mongolischem Schutze seit Tschengischan aufstei-
genden Dynastie Kert , um den Steigbügel Hulagu's zu küssen
und von demselben seinen nicht mehr zu trennen; auch
Arghunaga, der mongolische Statthalter Chorasan's, mit allen
Grossen und Vornehmen des Landes, um sich dem Befehle
des Herrn zu stellen. Von Arghunaga und seinen Söhnen
wird in der Folge dieser Geschichte so oft die Rede sein,
dass Näheres über ihn zu sagen nöthig. Der Dschelaire Iluke,
dessen Vater Kadan, aus dem Gefolge Tschengischan's, hatte
seinen Sohn sammt dessen Truppen dem Dienste Ogotai's ge-
widmet , bei dem er in der Folge als dessen Obersthofmeister
in hohem Ansehen stand. In einer grossen Hungersnoth ver-
kaufte ein armer Uirate , um nicht Hungers zu sterben , seinen
Sohn dem Emir Atabeg Iluke für ein Stück Fleisch, und als
sein Sohn Kadan in den Hofdienst ^) Ogotai's trat , gab er
ihm den Sklaven als Diener mit. Dieser um ein Stück Fleisch
gekaufte Sklave war Arghun. Iluke's Bruder war der schon
mehr als einmal genannte Iltschi'dai, welcher vor des Bruders
Zorn , der ihn tödten wollte , bei Ogotai Zuflucht suchte und
fand, der hernach aus Dankbarkeit auf dem Kurultai nach
Gujuk's Tod die Rechte des Hauses Ogotai wider die Auf-
rührer des üluses Tuli mit so warmer Beredtsamkeit verfocht,
dann als Statthalter nach Persien gesandt ward, wo ihn die
Missionäre als Ergutai kennen, und der, nachdem sein Sohn
in die Verschwörung der Prinzen des Hauses Dschagatai und
Ogotai begriff'en, nach des Sohnes Tode durch's Schwert
ebenfalls hingerichtet worden. Arghun, durch Versland, Be-
redtsamkeit, Tapferkeit und Geschäftskenntniss ausgezeichnet,
schwang sich bald so hoch , dass er nach Mengkukaan's Thron-
besteigung zum Baskaken, d. i. Statthalter, Chorasan's er-
nannt ward. Vater zahlreicher Söhne '^ ) , von denen Newrus
') als Kettaul (?) i Reschideddiu sowohl unter dem Artikel
Dschelair, als unter dem üirat. -) Reschideddiu nennt acht: Kerrai
Melik, Turaschi, Newrus, Legst, Dsckami. Julkotloyhj Bulduk,lliratai.
90 Z vv e i t e s B u c li.
und Legsi in der Folge die Hand von Prinzessinnen, seine
Töchter die von Prinzen und Fürsten erhielten. Von der
Ebene ron Kjanigüi aus ergingen an alle Sultane und Könige
Vorderasiens Schreiben und Diplome , ihnen zu künden , dass
der Zweck des Feldzugs die vom Kaan befohlene Zerstörung
der gräuelvollen Macht der Assassinen, dass Hülfe und Be-
reitwilligkeit im Dienste wider dieselben durch Länderzuwachs
ihren Lohn finden , gegentheilige Gesinnung den Verlust der
besessenen Länder nach sich ziehen werde. Einige der Fürsten
waren diesen Kündigungsschreiben durch Erscheinung in Person,
wie Schemseddin von Kert , zuvorgekommen , nämlich die
beiden Seldschuken Rum's, die Brüder heddin und Rokneddi'n,
d. i. die Ehre und die Säule der Religion , der Atabeg von
Fars, Saad, mehrere Fürsten des nördlichen Persiens aus
Arran, Schirwan, Aserbeidschan und Gurdschistan , welche
alle, Geschenke darbringend, huldigten. Nachdem die nö-
thigen Schiffe und Nachen, um über den Oxus zu setzen,
herbeigeschafft worden , hatte der Uebergang über denselben
statt, durch welchen Persiens Loos, wie das Roms durch
den Uebergang über den Rubicon, entschieden ward; am
ersten Tage des letzten Mondes des 653sten Jahres der
Hidschret, d. i. am ersten Janaar des Jahres 1256 unserer
Zeitrechnung.
\V nt •- ^^ *^®" Uebergang über den Oxus in dankbarem Aii-
quartier zu denken zu erhalten , hob Hulagu den bisher von allen Schiffen
Schebur- genommenen Ueberfuhrszoll auf, was von damals an während
ffhan; die j^j, g^jj^en mongolischen Herrschaft Gesetz blieb. Jenseits
Dscfi IV ' ^^ Oxus wurde auf Löwen gejagt und zehn derselben erlegt.
10 Januar ^™ zelmten Tage nach dem Uebergange (^am moslimischen
I2ö6. Opferfeste) wurde südwestlich von Balch auser der Stadt
Scheburghan^^ gelagert, deren District bei den »orgenlän-
dischen Geschichtschreibern unter dem Namen der Landschaft
Dschusdschan oder Dschusdschanan bekannt ^^ ; die mit flies-
sendem Wasser reichlich bewässerten Gärten sind vorzüglich
') Im Schedscliretol eschrak 8, 243 ist der Nume Schehurtfliun
in Surghan verstümmelt, und gleich das Chitqrschah iu Chuaresm-
schah. ^) Dschihanouma S. 316.
ZweitesBucli. 91
fruchtbar au Wassermelonen, welche getrocknet verführt
werden. Dem Heere ward verboten , die Stadt zu betreten ;
ein heftiges Schneegestöber, das durch sieben Tage dauerte,
von grimmiger Kälte begleitet, war vieler Lastthiere Ver-
derben. Hulagu beschloss , hier den Rest des Winters abzu-
warten. Emir Arghun brachte ein prächtiges, mit goldenen
Nägeln und Stricken versehenes, goldenes Zelt zum Geschenke
dar, in welchem Hulagu auf goldenem Throne sass, eine
Vorbedeutung glücklicher Herrschaft, während um ihn die
Prinzen und Fürsten versammelt, die gegebenen Feste ver-
herrlichten. Nach aufgehobenen Festen begab sich Emir
Arghun an den Hof des Kaan's, um demselben Bericht zu
erstatten, Hess aber für die Besorgung der Geschäfte seiner
statt seinen Sohn Kerrai Melik und Alaeddin jithamülk
Dschuweini als Staatssekretär zum Dienste Hulagu's zurück.
Alaeddin Athamülk und sein älterer Bruder Schemseddin
Mohammed Dschuweini sind ein leuchtendes Doppelgestirn
nicht nur der W esirschaft , sondern auch der Literatur ; die-
selben erscheinen so oft und wirksam in der Geschichte
Hulagu's und seines Nachfolgers Abaka, dass nähere Be-
kanntschaft mit ihrer Herkunft und ihrem Wirken hier unab-
weislich. Dschuwein ist die arabisirte Aussprache von Ka-
wan ') , einem Distrikte der Stadt Nischabur in Chorasan,
dessen Hauptort Asadwar, auch Dschuwein genannt, durch
das erlauchte Brüderpaar für immer in der Geschichte ge-
adelt worden. Sie waren die Söhne des Imams Abdulmelik
Dschtiweinij, aus einer seit langen Jahren durch hohe Staats- j j ^gjj
dienste geehrten Familie. Als Sultan Mohammed Tekesch ±192
nach Dschuwein zog, bewillkommte ihn Behaeddin, der ür-
grossvater Alaeddin's, mit einem Distichon, das er gnädig
aufnalim, und sein Enkel Behaeddin, der Vater Alaeddin's,
befand sich im Gefolge Dschelaleddin Minkburni's, als dieser ^17
vor den Mongolen floh. Dreizehn Jahre hernach floh Beha- 1220
eddin vor den vom mongolischen Emir Dschintimur zur ^^^
Dämpfung von Unruhen gesandten Truppen nach Tus, und
1232
') Dschiliannuma S. 322 N'uslictul-musclitak.
98 Z w e i t e s B II c li.
633 Dschintimur ernannte ihn zum Herrn des Diwans in Cliora^an
l»3ö und Masenderan; drei Jahre später sandte ihn Dschintimur
an Ogotai, der ihn ehrenvoll empfing und in seinem Amte
bestätigte; und als abermal drei Jahre später der Emir
Körgös, der Statthalter von Chorasan, an den Hof des Kaan's
sich zu vertheidigen ging, übertrug er in seiner Abwesenlieit
die Statthalterschaft Chorasan's an Behaeddin; desgleichen
that der Nachfolger von Körgös , der Emir Arghun, bei seiner
ersten Reise ins Hoflager ; bei seiner zweiten führte er ihn mit
sich; endlich starb er zu Issfahan, sechzig Jahre alt. Sein
• Sohn Alaeddin, im Sterbjahre Tschengischan's geboren, kam
schon in früher Jugend in das Gedränge der. Geschäfte des
Diwan's , und verschluss , wie er selbst reuig in seiner Ge-
schichte bekennt, das Ohr den heilsamen Ermahnungen des
Vaters, welcher ihm gerathen, sich den Wissenschaften zu
widmen. Später jedoch holte er das Versäumte durch Studien
nach, von denen seine Geschichte Tschengischan's, welche
den Titel Dschihanguscha, d. i. die Welteröffnende, führt '^,
die schönste und bleibende Frucht. In seinem siebzehnten
und achtzehnten Jahre begleitete er den Emir Arghun auf
dessen Reisen in's Hoflager und in seinem zwanzigsten zum
Kurultai der Thronbesteigung Mengkukaan's , an dem er sich
mehrere Jahre aufgehalten zu haben scheint, da dort die
Anforderung an ihn erging, die Geschichte Tschengischan's
zu schreiben , die er im sieben und zwanzigsten Jahre seines
Alters begann. Er spricht darin von seinen Reisen in Ma-
wereinnehr, Turkistan und an die chinesische Gränze und
beschreibt die in der Nähe Karakorums entdeckten Ruinen
der vormaligen Hauptstadt der Uighuren. Seit der Abreise
Arghun's von Schaburghan an den Hof des Kaan's versah
Athamülk bei Hulagu die wichtige Stelle des Staatssekretärs,
als Hulagu's unzertrennlicher Begleiter,
Keitbuha Keitbuka der Dschelaire war mit dem Vortrabe des
Schi SS Heeres gleich nach dem Kurultai , auf welchem der Feldziig
der nach Westen beschlossen worden, gegen Kuhistan aufge-
Assassinen. ,_ ^ T . •.,... i ,. ■
') (Juatremere memoire histonque sur la vie et les ouvragcs
d' Alaeddin Ata Melik Djouaeitty , miues de Torient I. p. 220.
7/ ^^' e i t e s B u c li. 93
bvochen und mit fünftausend Fussgängern in Kiihislan, d. i.
im Gebirgslande der Assassinen, an den Fuss des Schlosses
Girdkjuhj d. i. Kreisberg , einer ihrer beträchtlichsten Festen,
gelangt. Girdkjuh^ auch Derihmbed, d. i. das Gewölbthor
genannt, liegt drei Farasangen von Demghan in der Land-
schaft Kumis in der Nähe von Manssurabad oder Manssurije '^
Die Belagerungsweise war eine neue, vordem und seitdem
unerhörte, acht mongolische oder chinesische j rund um das
Schloss wurde ein Graben gezogen, hinter demselben eine
Mauer aufgeführt, hinter der Mauer stand das Heer und
hinter demselben abermal eine hohe Mauer aufgebaut, damit
es so von vornen als hinten wider Ueberfälle geschützt und
auf allen Seiten der Weg zu Feldflucht gesperrt sei^); so
war das Bergschloss von einem dreifachen Kreise, dem des
Heeres und der beiden Mauern, umzüngelt, und verdiente
im eigentlichsten Sinne den Namen Kreisberg. Da das Schloss
festhielt, zog er mit Truppenabtheilungen nach den anderen
Schlössern, von denen die Geschichte dieses Feldzugs ein
Dutzend nennt, von denen nicht nur bisher auf den bessten
Karten keine Spur, sondern deren Namen sogar in den bessten
geographischen Werken des Morgenlandes über Persien , in
den arabischen Abulfeda'sQ, dem persischen Hamdallah Me-
stufi's*^ und im türkischen lladschi*) Chalfa's, der aus beiden
geschöpft, fehlen. So zog er belagernd vor die Schlösser
Mehriny vor dem er Wurfmaschinen aufstellte, Schahdts , wo
er einen Haufen von Feinden tödtete und zurückkehrte bis
Tarim und Rudbar, die er vermistete, an den Fuss von Man-
ssurije und Ohlomischin, wo durch achtzehn Tage gekänipfet
ward ; die von Schirkjuh machten indessen einen nächtlichen
üeberfall, in welchem sie den Belagerungswall verheerten '').
') Kushet. ^) Ruschideddiu , soliuu im Juuniai asiat. iiberset/.t.
'3 Takwlmol-boldan , die Ephemerideu der Länder. *) Xuslietol-
Kohtb, die Ergötzungen der Herzen. *) hschihannuma, die Welt-
schau. ^) Schebeliua awerdend dscherkera cliarab kerdendj.aus
der fehlerhaften Schreibart des Manuscripts der Hofbibliothek sind
in der französischen Uebersetzung irrig zwei eigene Namen von
Cheikhorun und Werke entstanden; so heisst in der Geschichte der
Assassinen Keitbuha Niijan irrig Kajukauian.
94 Z w e i t e s B u c h.
Die beiden Schlösser Schir und Sirhjuh ' J wurden berennt,
Mehn'n genommen ; die Besatzung von Girdkjuh hatt« indessen
an Alaeddin Mohammed, den Grossmeister, Wort gesandt,
dass trotz der tapferen Vertheidigung sie sich würden bald
Schaaban ergeben müssen ; da sandte der Grossraeister zwei seiner
-■ Hauptleute ') mit hundert zehn Tapferen, jeden mit drei
Menn Henna und drei Menn Salz, an welchem das Schloss
Mangel litt; das Henna nicht zum gewöhnlichen Gebrauche
der Bartfärbung oder Nägelschminke, sondern als Mittel wider
die grassirende Pest ; denn man hatte bei der Hochzeit der
Tochter eines Emirs die Erfahrung gemacht, dass alle, welche
(ob Wassermangels) von dem Wasser , worin das Henna auf-
gelöset worden, getrunken, von der Pest frei geblieben waren.
Indessen ward Alaeddin der Grossmeister, dessen Vater und
letzten Nachfolger vor Einem Jahre ') durch die nächsten Verwandten
6Ö3 vergiftet worden, durch den Meuchler Hasan von Masenderan
i. Dtc. 125Ö wnd hierauf der Mörder selbst auf Befehl Chorschah's, des
Sohnes und Nachfolgers Alaeddin's, getödtet. Der Vatermord
rächte den Vettermord; der Meuchler ward gemeuchelt.
Alaeddin war als zehnjähriger Knabe auf den Herrscherstuhl
gesetzt worden , den er durch vier und dreissig Jahre mit
Blut und Gräueln aller Art befleckte. Hasan aus Masenderan
hatte ihm, bis sein Bart grau zu werden anfing, zum Lotter-
buben gedient, dann hatte er ihm eine seiner Sklavinnen
geschenkt; da er aber nichtsdestoweniger den Mann und das
Weib in beider Gegenwart, diese an jenes statt, jenen als
diese, zu misbrauchen fortfuhr, ergrimmte Hasan über so
schändlichen Misbrauch des Herrschergelüstes und schwur
ihm den Tod ; er theilte sein blutiges Vorhaben jedoch dem
mit dem Vater stets entzweiten Sohne mit, und als dieser
dazu schwieg, führte er, unter vorausgesetzter stillschwei-
gender Beistiramung, das Werk der Rache aus. Der Dichter
') Sirkuh im Dschihannunia S. 3'26 mit deu Namen der drei
dazu gehörigen FJecken. ^) Mobareseddin Ali Turan und Schu-
dschaaeddin Hasan, 'j lu Beschideddin ist hier eine Verwirrung der
Daten, indem das .Jahr nicht richtig angegeben: nämlich (j5l statt
(353, wie aus dem Nushet 7,u ersehen.
Z w e i I e s B u c h. g5
Schemseddia Ejub Tausi verfertigte auf den Tod Aiaeddin's
ein Gedicht, woraus die Verse:
Der Todeseogel trug ilin zu der Hölle Strafen ,
Um in gesclimolznem Pech den Rausch dort auszuschlafen;
Entgegen kamen ihm der Hölle Feuerschenken,
Um als Gefährten ihn mit Gluthenschw.all zu tränken.
Hulagu sandte den Herrn von Herat, Schemseddin Kert, />,> städle
an den Gebietiger') des Schlosses Sertacht, an Nassireddin, TitnundTus.
dessen Name durch den grossen Astronomen Nassireddin von
Tus, welclier seine demselben gewidmete berühmte Ethik
nach dessen Namen die Nassirische Moral '^ betitelte, rühmlich
fortlebt. Der Gebietiger übergab das Schloss und kam mit
Melik Kert zur Huldigung Hulagu's. Dieser fragte ihn : warum
er nicht auch die Bewohner des Schlosses mit sich geführt?
Nassir entgegnete, dass diese dem Grossraeister Chorschah
und nicht ihm gehorchten. Hulagu liess ihm Diplom und
das Ehrenzeichen des Löweukopfs geben und sandte ihn als
Befehlshaber nach Tun. Tun, eine der vorzüglichsten Städte
Kubi«tan's, zwei Tagreisen südlich von Meschhed auf der
Strasse von Kerman, nicht ferne von Kain^^, zeichnet sich
durch besondere Anlage der Hänser und Gärten aus, indem
das Schloss mit tiefem Graben, ausser welchem der Markt
und die Häuser mit Gärten und diese von Saatfeldern und
die Felder mit Mauern umgeben, das Ganze mit unterirdi-
schen Wasserleitungen und mit Gruben durchschnitten , in
welchen Wassermelonen trefflich gedeihen *). Hulagu , nach
Sawa und Chatvtvaf^ ) vorgerückt, erlitt einigen Verlust;
Ä'nli llkai und Keiibuka^^ wurden weiter an die Gränze von
Kuhistan vorausgesandt, wo sie einigen Widerstand fanden,
aber binnen einer Woche denselben besiegten , und dann vor
Tun die Wurfmaschinen aufpflanzten ; in zwölf Tagen war
>) Mohteschim , so hiessen die Commandeure der Assassinen.
') Achlaki Nassiri. ') Auf Fraser's Karte Ghain oder Kain.
") Nushet und nach demselben dasDschihanuuma S. 325. *) Chatvwaf
und Sawa, ebend. S. 3l9. ") Den Namen Keitbuka verstümmelt
der Ueberset/.er des Schedschretol-etrak in Kunooka S. 24j, sowie
den Sultan Aegjptens, Sfifeddin Kottts, in Syfe-ud-din Furdooz
und Jaschmiit in Bishinoot.
96 Z w e i t e s B u c li.
7. Rebiut- die Stadt erobert, iind sie kehrten sogleich zu Hulagu zurück,
der sich zu Aus beiaud. lus, eine der ältesten istadte
ö. Mai IS öd
Chorasan's, schon im Beginne des neunten Jahrhunderts der
christlichen Zeitrechnung ' J durch die Grabstätte des Cha-
lifen Harun Reschid '^ und um neun Jahre später durch die
Ali Ben Musa Risa's des achten Imam's, zwei Jahrhunderte
hernach durch die des grössten persischen ethischen Dichters
FirdetvsP^ , als der Geburtsort Ghasali's des grossen Philo-
sophen, Nassireddins des grossen Astronomen und Hamdallah
Mestufi's des grossen Geographen und Geschichtschreibers,
verherrlicht. Dieser belehrt uns, dass die Stadt schon von
Dscheraschid gebaut, nach ihrer Verwüstung von Tus, dem
Sohne Nuser'sj wieder aufgebaut, von ihm den Namen er-
halten; dass das Grabmal Ali Musas, vier Farasangen von
Tus im Dorfe des Distrikts Sebanahad *) , der um dasselbe
angebauten Stadt den heutigen Namen Meschhed gegeben;
folglich sind die Ruinen des alten Tus vier Farasangen vom
heutigen Meschhed, das schon mehrere Reisende besucht,
keiner so umständlich beschrieben, als Fräser ^). Meschhed,
der Geburtsort und die Grabstätte so vieler der grössten
Lichter Persiens, ist heute, was ehemals Bochara Mar, der
Sammelplatz der Gelehrten ; von einigen und zwanzig Tausend
Einwohnern der Stadt sind die zahlreichsten die Imame,
Molla, Muderrise (^Professoren) und Danischmende (Stu-
denten), welche den verschiedenen Moscheen, Medreseen,
Grabstätten und Domen angehören. Das Innere einer Medrese
gleicht einem Karawanserai, nur mit Abwesenheit der Stall-
gewölbe; dem Eingange in die Mitte der Nord- oder Nord-
oslseite steht in der Mitte der Süd- oder Südostseite eine
gewölbte Nische entgegen, welche die Kibla vorstellt und
wohin sich alle Gesichter beim Gebete wenden; in der Mitte
der beiden Seitenwände sind Balcone^ von Säulen getragen,
für die Wohnungen der höheren 3IoIla , in der Mitte des
Hofes ein kleiner Garten und im Mittelpunkte desselben ein
') 203 (818). =) I. J. 193 C8;?0. ') Gest. im J. 411 (1020).
') Im Dscliihannuma S. ;US durch Druckfehler Senabad. ') Nar-
rative of a journey into Khorassan 44+.
Zweites n u c h. j)y
Wasserbecken. Die grosse Moschee von Meschhed , welche
das Grab Ali Risa's umschliesst, ist hundert fünf und sechzig
Klafter lang und fünf und zwanzig breit, in der Art eines
Karawanserai , mit zwei Stock hohen , rings herum laufenden
Gemächern gebaut, im Mittel und an den Ecken jeder Seite
hochgewölbte Thore , das Ganze mit glasirten vielfarbigen
Ziegeln auf das Geschmackvollste bekleidet; dieser herrliche
Hof heisst Ssahn, d. i. das Feld, wie der Yorhof der grossen
Moscheen zu Konstantinopel , wesshalb die dort an der
MoscHle Mohammed's II. angestellten Professoren der acht
Medreseen die Achter vom Felde genannt werden. Der
Dom des Mausoleums, mit goldenen Ziegeln bedeckt, rings
herum mit goldenen Inschriften in lazurblauem Felde ge-
schmückt , die Schafte der beiden Minarete reich vergoldet
und oben mit zierlich geschnitzten hölzernen Galierien ge-
krönt. Von diesen herrlichen , erst unter der Dynastie der
Ssefi errichteten Gebäuden bestand noch Nichts zur Zeit
Hulagu's, wohl aber waren die Grabstätten der grossen
Chalifen Imam's und Dichter ein Gegenstand der Verehrung
der Wallfahrter; noch sind die Mauern von Tus mit ihren
Thürmen aus Lehmen sichtbar und ausser den obgenannten
Grabmälern grosser Männer wird noch das GrabBurkEswed's
besucht, welcher nach der Volkssage ein Neger, Freund
des Herrn Jesus gewesen, nach dessen Tode hierher geflohen,
hier gestorben und bestattet worden sein soll. •)
Hulagu stieg zu Tus im Garten Arghun's im goldenen Tifs.Bostum,
Zelte ab, welches dieser auf ausdrücklichen Befehl des -^^'fßrde-
Kaan's für Hulagu nach dem Muster der grossen ffoldenen ri, , .
Zelte des Kaan's bereitet hatte; von da begab er sich nach
dem Garten Manssurije, welchen Arghun von seiner Ver-
wüstung wieder hergestellt. Hier brachten die Frauen
Arghun's und Iseddin Tahir's Proviant dar'); den nächsten
Tag begab sich Hulagu nach der Ebene von Radgjan, wohin
von MerWj Jesrud und Dehistan Wein und Lebensmittel im
*) Fräser 5 19. ^) Terghu , dies ist der wahre Sinu, der in
der französ. üebersezung im journ. as. verfehlt ist: les dames
re^urent des titres.
Hammer, Geschiclite dci Ilchane. I. 7
98 ZweitesBucb.
üeberflusse zugeführt worden; hierauf nach dem seit der
Ankunft der Mongolen verwüsteten FJecken Chabuschan '),
Ilulagu befahl, denselben wieder herzustellen, Hess Kanäle
graben, eine Fabrik bauen und neben der Moschee einen
Garten anlegen; den Emiren wurde befohlen, dort Häuser
zu bauen, und dem Wesir Seifeddin die Leitung und Ober-
aufsicht des Baues aufgetragen. Die drei Gesandte ^^, welche
• !^J"'' an Chuarschah, den Grossmeister der Assassinen , abgesandt
S4 Juli 1256 ^^ Orden , kamen unverrichteter Dinge zurück , und es ward
daher sogleich der Befehl zur Verheerung des Lancies ge-
bau ' S^^^^^' Acht Tage hierauf stand das Lager zu Bestam, der
^ Sept. östlichsten der drei Hauptstädte der Landschaft Kurais (die
beiden anderen sind Demghan und Semnan}. Bestam, eine
alte, schon in der Hälfte des dritteo Jahrhunderts der
Hidschret durch Erdbeben verwüstete Stadt ^) , dankt ihren
Ruhm vorzüglich der Grabstätte des zwanzig Jahre hernach*)
gestorbene-i grossen mystischen Scheichs Bestarai'), dem
Stifter des nach ihm genannten Ordens der Derwische Be-
stami; später ward dieselbe noch als die Geburtsstadt zweier
anderer grossen Gelehrten verherrlicht, der eine Abder-
rahman Ben Mohammed Bestami, der in der Hälfte des
fünfzehnten Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung, Ver-
fasser von vierzig Werken, starb®), und Ali Ben Medsch-
deddin Bestarai"), welcher, berühmt unter dem Namen
Mussanmfek, d. i. der kleine Corapositor, sich in der osma-
nischen Geschichte keinen minderen Namen durch seine
zwanzig Werke, als durch seinen Fanatismus erworben,
welcher ihn dazn antrieb, an dem gefangenen letzten König
von Bosnien selbst das Amt des Henkers zu vollstrecken **).
Von Bestam aus sandte Hulagu abermal zwei Gesandte ""^
■j Manuscript, Mirchuaud, Dscliihaunuma S. 323. bei Quatremere
memoire d'Ata .Melik. dasselbe uuiichtig Djouvuchan und unrichtig
nach der Eroberung Alamut's. ^) Beigtimur Kurdschi, Sahireddin
Sipehsalar Bitekdschi, Schati Emir. ') Fräser nach Price im J.
242. ') I. J. 261 (874). *) Seine Lebensbeschreibung die 42. im
Nefhatol Ins. Dschami's. ^) Gest. i. J. 858 (_lVoi}. ') I. J. 875
(1470). «) Geschichte des osra. Reichs IL B. S. 76 un.l S. 351 , wo
die Titel von zwanzig seiner Werke. ^) Merketai uud Ikiluiisch.
Z w e i t e s B u c h. QQ
nn den Grossnieister der Assassiiien mit Drohui)n:en und Ver-
heissungen. Bei demselben befand sich der grosse Astronom
Nassireddin mit zwei berühmten Aerzten '"), welcher, in die
Macht der Assassinen gefallen , eine Zeit jiang bei Nassir,
dem Gebietiger vonSertacht, verweilet, jetzt der Arzt und
Rath des neuen Fürsten der Assassinen. Nassireddin be-
schloss mit seinen Collegen, dem Gräuel der Assassinen-
herrschaft ein Ende zu machen , indem sie zum freundlichen
Empfange des Botschafters Hulagu's riethen. Chuarschah be-
folgte ihren Rath und sandte mit den freundlich empfangenen
Botschaftern Hulagu's seinen Bruder Schehiiischah und den
Chodscha Assileddin von Susen^), um seine Unterwerfung
dem Hulagu darzubringen. Hulagu empfing sie freundlich
und sandte abermals vier Botschafter^) mit dein Begehren,
dass, wenn die Unterwerfung aufrichtig, Chuarschah die
Schlösser brechen und selbst am Hofe des Chan's erscheinen
möge. Chuarschah antwortete : w enn mein Vater w ider-
spenstig war, will ich unterwürfig sein ; er fing an, "an einigen
Schlössern , wie Mewmndis, Lemsir und Alamut, Zinnen,
Thore und Mauern abbrechen zu lassen, begelirte aber die
Frist eines Jahres bis zu deren gänzlichen üebergabe. Die
Frist nicht gewährend, bot Hulagu seine Heere auf und zog
von Bestem aus wider die Schlösser; der rechte, von Koke
iJka und Tukatimur befehligte Flügel zog auf der Strasse von
Masenderan , der linke, unter dem Befehle des Prinzen
Tekuder Aghul*) und Keitbuka Nujan's, auf der Strasse
von Chuar und Semnan ; Hulagu, im Mittelpunkte mit einem
Toman, d. i. mit zehntausend Wackeren, zog gegen Finishjnh,
d. i. den Glücksberg, auf welchem heute die Ruinen des
Schlosses der Assassinen für eine Windmühle und ein Bad
aus der Zeit Alexander's des Grossen gelten * J. Er sandte
abermals Aufforderung an Chuarschah , sich unmittelbar zu
*) Reiseddeulet und Muicafilndäeivlet. ^j Suseni , nicht Roii-
veni, wie in der fiJinzös, üebersetzung. ^) Ssadredd'm, Sahireddin,
Tolek Behadir und Berrak (der erste fehlt in der franz. Ueber-
setzung). *) Nicht Koudraghoul , wie iu der frauz. Uebersetzun;;;.
'3 Mgrier second jouru. öbö.
7*
100 Zweites Buch.
ergeben. Als die Fahnen der Mongolen bereits vor Fi-
ruskjuh'), kamen die Gesandten und mit ihnen der Wesir
und traute Gesellschafter Chuarschah's Keikobad zurück.
Er bat im IVamen seines Herrn noch einmal um Frist eines
Jahres bis zum gänzlichen Auszuge und um die Schonung
Lemsir's und Alainut'j'', der ältesten Bargen ihrer Herrschaft;
er sandte Kabiiiet!.befehle an die Gebietiger von Girdkjiih
und Kuhistan, sich sogleich zu unterwerfen, und hoüte so
den Sturm zu beschwören.
Demaivend. ^^® Fahnen Hulagu's flatterten nun zu Demawend , einer
Fall von der ältesten Städte Irans, am Fusse des gleichnamigen Berges
Meimundis. gelegen, der ein vulkanischer, durch Erdbeben und Rauch
Verwüstungen anrichtet und androht. Hier residirte der
Tyrann Sohak, dessen Karbunkel auf der Achsel, wo ihn
der Satan geküsst , nach der Volkssage nur durch das Gehirn
. zweier täglich geschlachteter Menschen gelindert werden
konnte. Von dieser Tyrannei befreite sein Volk der Schiried
Gjawe, dessen Schurzfell, an einen Spiess gestekt, die
Fahne, unter welcher sich die Völker zum Sturze des Ty-
rannen sammelten , vor dessen Grimm sich die Schlachtopfer
seiner Regierung bis in's Gebirge von Kurdistan geflüchtet
hatten , und der endlich selbst in's Gebirge von Demawend
verbannt ward. Alljährlich am 31. August wird, unabhängig
vom mosliraischen Kalender, das Befreiungsfest von der Re-
gierung Sohak's zu Demawend gefeiert. Die Bewohner der
Umgegend sammeln sich, auf Pferden, Mäulern , Eseln be-
ritten, und ziehen unter lautem Geschrei durch das Feld^),
jubelnd, dass ihre Väter dem Halloli der Tyrannei entflohen,
welche noch so schwer auf ihnen selbst lastet; JVachts wer-
den Feuer auf den Terrassen der Häuser angezündet und
die Stadt beleuchtet, Freudenfeuer über die Erlösung von
dem Drucke Sohak's , durch welchen die Seufzer der Unter-
drückten wie Flammen zum Himmel emporstiegen. Dieses
') Firuskjuh, auf der Strasse von Demgliau nach Tehran, nahe
bei Demawend , auf Fräsers Karte ; nach dem Nushet ebenfall?
hart an Demawend gelegen ; in Dschihanu. S. 339 unter Girdkjuh.
-) Morier second journey p. 357.
Zweites Buch. 101
Fest heisst das Fest der Kurden , auf denen Sohak's Ty-
rannei vorzüglich lastete. Demawend soll schon von Siamek,
dem Sohne des Keioraer's , des zweiten Herrschers der
Pischdadier, gebaut worden und von Tahmuras Diwbend,
d. i. dem Diwbändiger, sollen die Diwe in den Demawend
gebannt worden sein, wo sich ihr Daseyn noch durch Rauch
und Erdbeben kund gibt. Von hier sandte Hulagu den
Sckemseddin Kilegi nach Girdkjuh (^dem Tfgado Hoi'thon's^,
um den Befehlshaber zur Unterwürfigkeit aufzufordern, und
einen anderen Gesandten an Chuarschah, um diesen zu
bringen. Hulagu erwartete den Erfolg dieser Botschaften
zu Abbasabad '3, iu der Nähe von Rei, der alten Haupt-
stadt des persischen Irak. Chuarschah sandte seinen Sohn, " i^j"*^"*
einen achtjährigen Knaben, welchen ihm aber Hulagu vait ^'g^f^j^^
der Botschaft zurücksandte, dass, wenn er selbst nicht kommen
könne , er einen anderen Bruder statt Schehinschah's senden
möge. Chuarschah sandte seinen Bruder Schiranschah und
den Chodscha Assileddin mit dreihundert Mann, um seine t- Scliewu-ul
Huldigung darzubringen. Nach vier Taijen wurden sie mit
* ^ " , " *= ^6-. üct.
einem Diplome zurückgesendet, welclies dem Chuarschah,
da er Nichts verbrochen, die Gnade des Kaan's versicherte,
wenn er seine Schlösser ausliefern wollte; zugleich erhielt
das Heer den Befehl, von allen Seiten aufzubrechen. Koke
llka und Tukatimur nahten sich von der Seite vonispidar;
Chuarschah fragte: warum sie kämen, da er zur Unterwer-
fung bereit; sie antworteten: es sei die Heeresstrasse, auf
der sie nach Fütterung auszögen. Hulagu hatte sich indess,^^ Scheuic.
gegen Thalkan'^^ gewendet, einer Siadt der Landschaft m^ Octuber
Tocharisian , nach welclier die Mongolen von den Byzan-
tinern den Namen Tocharen erhielten , der noch in dem der
Mongolen Tsackare?i fortlebt. Ohne einen eingefallenen
Regenstrom wäre Chuarschah schon diesen Abend am Fusse
seines Schlosses gefangen worden; acht-Tage hernach, als
sich das Wetter aufgeheitert, ward Kriegsrath gehalten, ob
') The wretclied village of Abbasabad. Fräser 248- *3 Thalkan,
wie Seinnan , eine Stadt der Tocharistan geuaunten Landschaft.
Nttsliet.
102 :d >r u l i e < Buch.
die Belagerung des ScJiIosses noch bei so weit rorgeruckter
Jahreszeit zu unternehmen, oder auf's nächste Jahr zu ver-
schieben sei; der Wesir Seifeddin, die Generale Keitbuka
und Bukadmur stimmten für die Belagerung. Hulagu sandte
abermals Botschaft, halb drohend, halb versöhnend, einen
letzten Terrain von fünf Tagen zur üebergabe bestimmend.
Chnarschah verlor den Kopf und sandte seinen gelehrten
, Arzt und Rathgeber Nassireddin von Tus mit seinem Bruder
Irauschah und seinem Sohne Turkia mit vielen Geschenken,
seine Unterwürfigkeit darzubringen; drei Tage hernacli,
i.v Tof./^öö So""^3gs den 19. JVovember, kam Chuarschah selbst, um
den Fuss des Kaan's zu küssen; er kleidete seine Unter-
werfung in die folgenden beiden, von ihm selbst verfertigten
Distichen ein :
0 Sc!;ah , ich komm' an deineu Uof, gewarnt,
Bereueurt Schuld, die mich bisher umgarnt.
Dein Glück hat dleseu Lauf für mich genomineu.
Wie war' ich sonst, wozu wär^ ich gekommen!
Hulagu sah, dass er einen unerfahrenen Jüngling vor sich
hatte; er schmeichelte ihm mit Verheissungen und bewog
ihn, alle Burgen seiner Vorfahren, deren Zahl auf hundert
stieg, zu brechen, nur Girdkjuh und Lemsir, in welchen
sich die Besatzungen noch festhielten, ausgenommen; die zu
Meimundis ') aufgespeicherten Schätze wurden ausgeliefert
«nd unter die Emire des Heeres vertheilt. Hulagu zog vor
Ala7nut, d. i, dem Adlerneste, dem Hauptsitze des Gross-
meisters der Assassinen, von wo unter dem Gründer Hasan
Ssabbah die 3Iaclit des Ordens wie ein Adler aufflog. Der
Befehlshaber ergab sich, nachdem er ein Paar Tage Wider-
2fi. ^ilhi- stand geleistet. Die Mongolen drangen ein , zerbrachen die
Wurfmaschinen und gaben den Einwohnern drei Tage Frist
dsche ()ö4
lö.December . ,
zum Abzüge.
Schlösser Nach Abzug der Besatzung, nach Vertheilung der Beute,
der sandte Hulagu seinen gelehrten Staatssekretär Athamülk
Assassinen.
*) Meimundis findet sich weder im Manuscript, «och im Pschi-
hunnuma , ci scheint dasselbe ^ihrinend zu sein, was im Nushet.
Zweites Buch. lOS
Dschuweini in's Schloss von Alamut, um die Archive und
die Bibliothek zu durchsuchen. Die Korane und einige andere
kot^tbare Werke wurden bei Seite gelegt, darunter eines,
welches den Titel: Begebenheiten tinsers Herrn und Mei-
sters'^ führte und das Leben Hasan Ssabbah, des Gründers
des Ordens, enthielt, woraus Athamülk in seiner IVelteröff-
nenden Geschichte die verlasslichsten iVachrichten über den-
selben gegeben; alle anderen Werke philosophischen und
freigeisterischen Inhalts über die Lehre der Israaili wurden
den Flammen übergeben. Ob er dieses Autodafe der Bücher
auf Hulagu's Befehl oder aus eigenem Antriebe veranstaltet,
ob, wenn dieser Brand blos sein W^erk gewesen, ihn dazu
nur der Feuereifer rechtgläubigen Islara's , oder, wie iJin
spatere Geschichtschreiber dessen beschuldigen, verdam-
menswerthe engherzige Habgier ausschliesslicher Gelehr-
samkeit bewogen, ist heute zu entscheiden unmöglich. Kr
soll nämiich blos die historischen Werke , die er benutzen
wollte, gerettet und auch diese hernach den Flammen preis-
gegeben haben, um die Gelehrsamkeit als Geschichtschreiber
zu moiiopolisiren. Eine ähnliche Anklage lastet auch auf
dem Andenken des grossen Astronomen Nassireddin und des
grossen Arztes Ibn Sina^). In welchem Gelehrtenkopf immer
solche Barbarei Eingang gefunden haben mag, so ist die-
selbe doch vom einseitigen Mathematiker und Arzte oder
Philosophen begreiflicher , als vom Geschichtschreiber,
welcher, wenn er seine Quellen, statt dieselben anzuführen,
vernichtet, mit denselben seine Glaubwürdigkeit zerstört.
Zur Ehre des grossen Geschichtschreibers, Astronomen und
Arztes, welche so ausschweifender und ausschliesslicher
Ruhmsucht bezüchtiget werden, wollen wir glauben, dass
der Gedanke davon nicht in ihrem vielumfassenden Geiste,
sondern in dem engeren ihrer Anklager Platz greifen konnte.
*) Sergüseschti Sidina. Wassaf. ^) Nach ihui auch ClaprotU:
„Hier erzählt man sich, er habe, als er eine li Werste von der
Buchtana in einen Felsen jL^ehauene Hieroglyphe nicht entziffern
konnte, sie heraushauen lassen , um keinem anderen den Ruhm zu
lassen. Briefe ans Siibirien; im Ausland ^r. lü'<J vuiu 11. April l8.^<3.
iOitO
104 Z \r e i I e s Buch.
Alaimit , d. i. das Adler- oder Geyernest, auf einem hohen
steilen Hügel, nordöstlich von Kaswin gelegen, bietet noch
heute in seinen Ruinen eine lange Reihe durch Mauern
mit einander verbundener Thürrae dar, welche auch dem,
der sie, wie Ker Porter, der Maler des persischen Alter-
thums , nur von ferne gesehen , als unbezwingbar ins Auge
springen. ') Der ganze Gebirgsdistrikt zwichen Dilem und
Irak, durch dessen Schluchten der Fluss Schahrnd, d. i.
der Königsfluss, sich mühsam den Weg bahnt, heisst Rudbar,
d. i. das Flussland , und zwar das von Aiamut zum Unter-
schiede vom südlichen, von Lur, in Issfahan's Nähe, welches
der Sendrud, d. i. der lebendige Fluss, durchströmt. Hasan
^^'^ Ssabbah hatte sich Alamut's halb mit Gewalt, halb mit List
bemächtigt, dann sich vom seldschukischen Sultan Berkjarok
das in der Nähe von Damaghan gelegene Schloss Girdkjuh
erbeten , und zwölf Jahre nach der Besitznahme von Aiamut
das im selben Thalwege gelegene feste Schloss von Lem-
beser'^). Nebst Aiamut, d. i. dem Geyerneste, Girdkjuh,
d. i. dem Gürtelberg, und Lembeserj, d. i. Ruh' im Kopf,
waren die^ festesten Schlösser der Assassinen (nach den
Citadellen der Städte Tun und Kairf) in Kuhistan: das von
Meimundis, d. i. die glückliche Feste, aus welcher der letzte
Grossmeister abzog, und Muminabad, d. i. der Bau der
Gläubigen, welches seinen Namen und seine Befestigung
vermuthlich dem vorvorletzten Grossmeister, welcher den
Beinamen des neuen Musalman führte, dankt, dessen Name
in der heutigen Verstümmelung von Meio?nend^) kaum zu
erkennen, und dessen ausserordenCliclie Festigkeit die Geo-
graphie Hamdallali's anrühmt*); so auch die des am Berge
Demawend gelegenen Firuskjuh, d. i. Glücksherg, und das
Schloss Dschenabdar oder Kebajed, welches aber nicht erst
') Tr.aces of a very exteuded line of towers conoected with
walls and so situaled as to appear to tlie gazer below absolute
inipreguable. I, p, 289. -) Insgemein Lemsir geschriebeu ; am
20. Silkide 495 C5. Sept. 1102). ^A'assaf. 0 Fräser p. 248. ') Mu-
lahide sachte eiid bighajet muhkeuiest.
Zweites Buch. 105
von den Assassinen, sondern vom Sohne des altpersischen
Helden Guders befestigt worden sein soll. ')
Von Alamut begab sich Hulagu in den ersten Tagen Kaswin.
des Januars in das grosse, sieben Farasangen von Kaswin 16. Siiki-
aufgeschlagene Lager, wo durch sieben Tage Feste gefeiert, _^^'^!^^--
die Prinzen und Emire zur Aufwartung und zum Uluck-
M unsche der Eroberung zugelassen wurden ; selbe , sowie
der Astronom Nassireddin von Tus und die beiden Söhne
der zwei grossen Aerzte von Hamadan, welche durch ihren
Rath wesentlich zur üebergabe von Mehmmdis beigewirkt,
wurden beehrt, beschenkt; der Astronom und seine beiden
Begleiter blieben sofort im Gefolge Hulagu's, von demselben
bei jeder Gelegenheit ihrer Kenntnisse willen ausgezeichnet.
Dem Chuarschah ward ein mongolisches Mädchen angetraut
und die Hochzeit zu Kaswin mit Festen gefeiert. Hulagu
behandelte ihn mit Schonung, um von ihm die nöthigen
Befehle an die Gebietiger der Schlösser in Syrien zu er-
halten, dass sie dieselben bei Ankunft des mongolischen
Heeres demselben ungesäumt übergeben möchten. Nachdem
er diesen Befehl von ihm erhallen, sandte ihn Hulagu als
Trophee an den Hof des Kaan's Mengku. Als dieser die
Nachricht erhielt, dass Chuarschah sich nahe, sagte er;
Wozu schickt man ihn? und sandte ihm als Willkomm den
Todesbefehl entgegen. Er wurde getödtet und hierauf seine
ganze Familie, Weiber, Brüder und Söhne zu Kaswin nieder-
gemacht. So hatte die blutige Dynastie der persischen
Ismaiiije, d. i. der Assassinen, nach hundert und sieben
und siebzig Mondjahren ihr Ende erreicht -J, und der Dolch
des Meuchlers ward durch das Schwert des Mongolen ge-
brochen. Flulagu hielt sich einige Zeit zu Kaswin auf, wo
er im Bade Moslim's badete. Hamdallah von Kaswin , der
Geschichtschreiber und Geograph Persiens, erwähnt in seiner
auserwäklten Geschichte dieses Besuchs als einer der merk-
') UamdiiUuh uud im Dschihanuuiua Alamut S. 29ij, Tu/i^ Kain,
Dschenabdar S. 325, Muminabad S. 326. ^) Nach Reschideddin
vom J. d. H. 477—654, nach Hadschi Chalfa v. J. d. H. 483 ange-
fangen.
106 Z w- e i t e s B u c h.
würdigsten Epochen der Geschichte seiner Vaterstadt, die
von nun an eine der Hauptstädte des mongolischen Reichs
in Persien und daher unter dem Geleite Haradallah's näherer
Bekanntschaft werth. '). Zuerst baute Schabur^) Jiier eine
Stadt, welche seinen Namen trug, als Feste wider die Dile-
miten , die feindlichen Nachbaren im Norden. Bei einem
denselben hier gelieferten Treffen, als die Schlachtordnung
der Perser auf einer Seite in Verwirrung gerieth, soll der
Chosroes seinem Feldherrn zugerufen haben: an kesch win,
d. {.jenen Winkel schau, und nach erfochtenera Siege zum
Andenken desselben die Stadt erbaut Iiaben, welcher sofort
der Namen Keschwin, d. i. Winkel schau , blieb, das heu-
tige Kasiüin. Der Chalife aus dem Hause Abbas Hadibillah
Musa fügte eine dritte Stadt hinzu, Mubarekabad, d. i. der
gesegnete Ba«, genannt; diese drei Städte umfing der Chalife
Harun Reschid mit einer Mauer, welche den Namen Re-
schidabad erhielt. Der Thronprätendent Husein Ben Said
bemächtigte sich später der Stadt und vollendete den Bau
derselben ^). Unter der Regierung Fachreddewlet's des
Bujiden erneuerte sein berühmter Wesir Ismail Ben Ibad
die Stadt und vergrösserte dieselbe nach dem Bau des nach
ihm Ssahibabad genannten Viertels. Hierauf* ) vom Dile-
miten Ibrahim Ben Merseban verwüstet, vom Kmir Ebu Ali
Dschaaferi wieder hergestellt und vom grossen Sultan der
Seldschuken, Alparslan, erneuert*), war sie jetzt durch die
Mongolen abermal verheert worden. Die Mauer, von zehn-
tausend dreihundert Ellen im Umfange, war mit zweihundert
dreissig Thürmen befestigt, hatte sieben Thore und umfing
neun Viertel, und sechs unterirdische Wasserleitungen, von
denen die vom Einsiedler Chumar Tekesch®} gebaute das
besstc Wasser gibt; derselbe baute auch ein halbes Jahr-
hundert später') die nach seinem Namen genannte Moschee;
') Ausführlich zu Ende des Tarichi Güside, kürzer im Xushetul-
Kolub; uach beiden und nach dem Tedwin Iinam Rafii's, das Dschi-
hannuaia S. 293. -) I. J. 463 der alexaadriuischen Aere. ') I. J.
20-t (8t9). *) I. J. 411 t:i02ü). *) I. J. 572 (1175). «) I. J. 500
tUOiJ. 'J I. J. 548 (11533.
Zweites Buch. J0^
eine andere hatte schon der tyrannische Statthalter Hi-
dschadsch aus einem Götzentempel in einen Betört der
Muslimen umgeschaffen. Die Schii hassen diese Moschee,
weil von ihrer Kanzel unter der Regierung der Beni Omeije
dem Ali geflucht ward. Eine noch frühere üeberlieferung
aus dem Munde Plohammed's oder eines der vier ersten
Chalifen heisst: Ehret Kaswin , welches eine der höchsten
Pforten des Paradieses ^^, Kaswin hat Ueberfluss an herr-
lichen Frücliten, besonders an Melonen, Wassermelonen und
Trauben, welche für die bcssten ganz Persiens gelten^};
die hier verfertigten Klingen wetteifern mit denen von
Chorasan und Schiras; von den Fabrikaten zeichnen sich die
aus raannichfarbigen Tuchenden zusammengenähten Pferd-
decken aus. Die Einwohner gelten für die bessten Gesell-
schafter, und ein persisches bekanntes Distichon räth dem
Schah, vier Männer nur aus vier Städten seines Reichs zu
wählen; Musiker aus Chorasaji, Geschäftsmänner aus /ss/aÄa«,
Krieger aus Tebris und Gesellschafter aus Kaswin^^. Zur
Verherrlichung des literarischen Kuhmes Kaswin's genügen
die beiden Sekretäfe Kaswini , der Verfasser der tVtinder
der Geschöpfe*^ und der einzigen Perle der Seltenheiten^^,
jenes Naturgeschichte, dieses Geographie, und Homdällak
Mestuß, der Verfasser der auserwiihlten Geschichte*') und
der bessten persischen Erdbeschreibung, so dass persische
JNatur- und Völkergeschichte, Erd- und Ortsbeschreibung
keiner persischen Stadt mehr verdanken, als dem reich-
begabten gesellschaftlichen Kaswin.
Mit Eintritt des Frühjahrs begab sich Huiagu von Üamadan.
Kaswin nachHamadan, wo Baidschu Nujan von Aserbeiilschan
zur Aufwartung erschien. Huiagu, mit dessen Unfhätigkeit
unzufrieden, überhäufte ihn mit Vorwürfen: ,,Was hast du,
seit DschurmagJiun nicht mehr in Iran geblieben, gethan?
welche Schlachtenreihen hast du gebrochen, welchen Re-
'j Aasu Kiiswiue leiuaelm min auhi babil-dscheuneti, Dsclii-
lianuuma S. 293. ^) Morier second journey. p. 203. ^3 Dschihau-
numa, ebend. ^) Adscliaibol machlukat. *) Charidetol-gharaib.
*J Tarichi Giiside. 'j Nushetol-kolub.
108 Zweites Ruch.
bellen geschlagen? Hat dir das mongolische Heer zu Etwas
Anderem gedient, als durch dessen Macht nnd Grösse den
Chalifen zu schrecken?" Baidschu kniete nieder und sagte:
„Ich habe mir keine Saumseligkeit zu Schulden kommen
lassen und, was in meinen Kräften lag, gethan. Von den
Thoren Rei's bis an die Gränzen Syriens habe ich Alles
unterworfen, Bagdad ausgenommen, dessen Menschenmenge
unerraesslich und wohin die Zugänge äusserst schwer. Uebri-
gens steht der Befehl in der Hand des Padlschah, und ich
bin bereit, aus derselben Leben oder Tod zu empfangen."
Diese Unterwürfigkeit milderte den Zorn Hulagu's; er befahl
ihm , aufzubrechen , den Westen bis an's Meer hin zu unter-
jochen und die Länder Rum's diesseits und jenseits des
Bosporos den Händen der Griechen und Franken ') zu ent-
reissen. Baidschu INujan hatte schon vor vierzehn Jahren
mit einem Heere von vierzigtausend Mann das hundert-
siebzigtausend starke Ghajaseddin Keichosrew's, des Sohnes
Alaeddin's, zu Kösetagh geschlagen-^ und vollendete nun
die Eroberung Rum's bis an das Gestade des mittelländischen
Meeres. Hulagu begab sich mit den Prinzen Kali, Beighai,
Kotar und mit den Befehlshabern Bukatimury Sundschak,
Koke Ilka in die Ebene von Haraadan, um dort das Heer
zu sammeln. Hamadan, insgemein für das uralte Ecbatana
gehalten, ist nach allen Quellen persischer Geschichte und
Geographie eine der ältesten Städte Persiens, welche schon
Hu.scheng, der zweite der Pischdadier, erbaut, Nabucho-
donoser verwüstet, Darius wieder hergestellt haben soll.^^
Bedil, der Sohn Werka's, eroberte die Stadt im drei und
zwanzigsten Jahre der Hidschret *^; dreihundert Jahre her-
nach^) wurde dieselbe von Medaividschj dem Dilemiten,
und abermal dreihundert Jahre später ^^ von den mongoli- .
sehen Heeren mit allgemeinem Gemetzel der Einwohner
verwüstet. Die Stadt hat Ueberfluss an Wasser, selbst wenn
• •) Ferseudani Aferinisch u Longtar. ') Im J. 641 (12433: Xoch-
betettewarich, der Ort iu Reschideddin. ^) Dschihauuuuia S. 299
und das Nushet. ") Im J. 23 (643). *) Im J. 320 (932). ^) Im J.
618 (1221).
^j Z w e i t e 8 B u c h. lOQ
bei der von Hamdallah angegebenen Zahl der Quellen (tau-
send dreihundert) durch Fehler des Abschreibers eine Nulle
zuviel. Zwei der grössten Philosophen Schöngeister, Ein-
geborene von Hamadan, der Dichter Ihn Chalweih und Be-
diesseman, d. i. der Wunderseltene der Zeit, haben das
Klima sowohl als die Einwohner in bekannten Versen')
mehr getadelt, als gelobt. Der Erste sagte:
Die Kälte ist vielstinimig zu Hamadan, und sogestalt
Ist es, im Winter grimmig, im Sommer massig kalt.
Der Wunderseltsame der Zeit , der Verfasser der ersten
Makame, welche denen Hariri's zum Muster gedient, sagte:
Wiewohl geboren ich zu Hamadan,
Dasselbe ich dennoch nicht preisen kann;
Denn seine Knaben sind altklug, wie Greise,
Die Alten kindisch, nach der Knaben Weise.
Das frische Grün der Fluren, das Gemurmel der zahlreichen
Quellen verscheuchen allen Gram und stimmen zur heitersten
Lebenslust, wesshalb die Einwohner vorzüglich lebenslustig,
Spielen und Scherzen ergeben; ausserdem, dass Hamadan
der Geburtsort zwei so ausgezeichneter Schöngeister, als
die beiden oberwähnten, wallfahrtet hier der Jude zum
Grabe Esther's und Mardochai's j, der Arzt zu dem ^vi-
cenas"^^ , die Mystiker zu dem eines der grössten persischen
Dichter, nämlich: Aththar's, des Verfassers der Vögel-
gespräche und eines Dutzends gereimter Bücher, nämlich:
des Buchs des Ratks , der Drangsale, der Nachtigallen,
der Kamele, der Geheimnisse der Gänse, der Chosroen,
der Antworten, der Nöthen, des Auserwählten , des Gött-
lichen, und Haiders, des Biographen der Heiligen, des
ascetischen Werkes der Brüder der Reinheil und anderer
mystischer in Versen und Prosa. Bei dem Einfalle des
mongolischen Heeres hatte Einer schon des Schwert aufge-
hoben, um den Dichter zu tödten, als ein Anderer sagte:
Tödte diesen Greis nicht, ich kaufe dir sein Leben um
•) Dschihannuma S. 300. ^) Morier secoud journ. p. 265. 269.
Malcolm's Geschichte.
110 Z w e i t « s Buch.
tausend Silberstücke ab. Hüte dich, sagte Aththar, mich
um so niedrigen Preis wegzugeben*; du wirst Käufer finden,
die mich theuerer bezahlen Einige Schritte weiter bot ein
Anderer für Aththar's Leben einen Sack Stroh; hierüber
ergrimmt, hieb ihn der Mongole nieder.'^ Seit diesem
ersten Einfalle der Mongolen , welche bei der Verfolgung
Chuaresmschah's bis an's kaspische Meer und an die Gränze
des arabischen Irak \ordrangen , bis zur Erscheinung IIu-
lagu's vor Hamadan, waren sieben und zwanzig Jahre ver-
flossen, und ehe wir mit Hulagu die Gränze vom persischen
Irak in's arabische überschreiten, überblicken wir noch die
Schicksale Persiens unter mongolischer Herrschaft in der
vom ersten Einfalle der Mongolen bis zur Gründung des
Reichs der llchane verflossenen Zeit,
p-g Persien wurde von den Mongolen in zwei Statthalter-
Monyolenim Schäften getheilt, wovon die östliche Chuaresra und Chorasan,
tvestlichen ^\q westliche das persische Irak und Aserbeidschan in sich
„ , begreift. Um die Statthalter nicht zu vermengen, über-
Hulagu. ° .
blicken wir zuerst das westliche oder eigentliche Persien,
welches in dieser Zeit nur zwei Statthalter hatte, nämlich
Dchurtnaghun und Baidschi Ntijan, und dann erst das öst-
liche, wo die Begebenheiten verwickelter durch die Ränke
der Nebenbuhler um die Leitung der Geschäfte. Als die
Mongolen bei der Verfolgung Chuaresmschah's zum erstenmal
ß^ß die Gegend um Irbil verwüsteten, rüstete der Chalife Mo-
±236 stanssirbillah ein Heer und rief die moslimisclien Fürsten
zur Hülfe auf; bei dem zweiten Einfalle nahmen sie die
Stadt Irbil, doch nicht die Citadelle , ein; sie drangen bis
Schengabad und Sermenrai vor, der Clialife setzte Bagdad
in Vertheidigungsstand und rief alle Einwohner zu den
Waff'en auf. Am rothen Berge (Düchebel Hamrin) ober
Tekrit wurden die Mongolen geschlagen und ihnen die Ge-
fangenen, die sie von Irbil und Dakuka weggeschleppt , ab-
') Am I. Uchemasiul sani 627 C26. April 1230). Dewietschah,
glaubwürdiger ;, als andere Daten, welche in der Gescliichte der
persischen Redekünste S. l4l durch Druckfehler verstüniuielt sind,
indem 727, 732 für 7l9, 627, 632, 6l0 steht.
Zweites Buch. lU
genommen; ein Corps von fünfzehntausend Mongolen, das
bald darauf bis Dschaaferije vordrang , zog sich bei der
Annäherung des Chalifen zurück. iSoch im selben Jahre C35
war ein Corps von gleicher Stärke bis Chanekin vorge- i^ss
drungen und schlug das ihnen vom Chalifen entgegengesandte,
das nur halb so stark. Im forden hatten sie sich Gendsche's
bemächtigt, und Dschurmaghun's Heere überschwemmten
(ieorgien und Armenien. Er eroberte das Land zwischen
dem Arras und Kur und in Georgien die Hauptstadt Tiflis
nebst anderen Städten. Er belagerte und verheerte Rei;
hierdurch erschreckt, trugen ihm die Bewohner von Kares
die Schlüssel ihrer Stadt entgegen; nichtsdestoweniger wur-
den die waflFentüchtigen Einwohner niedergemacht, mit Aus-
nahme der Kinder und Handwerker, die in die Sklaverei
geschleppt wurden. Der armenische Prinz Aicak begab sich
mit seiuer Schwester Thamtha an den Hof Gujuk's, um
die Zurückstellung des väterlichen Erbes zn erflehen, und
8ie erhielten hiezu den Befehl an Dschurmaghun. Nach
dessen Tode setzte sein Nachfolger Baidschu Nujan die
Eroberungen seines Vorfahrers fort. Er wandte seine
Waffen ge^^n Ersenrum, Ersendschan, und schlug das in
der Ebene von Akschehr bei Ersendschan verstärkte Heer
des Sultans von Rum, unter dessen Verbündeten zweitausend
von Johann Limminata aus Cypern und Bonifacio de Castro
von Genua befehligte Truppen; diess ist die oberwähnte
Schlacht von Kösetag, welcher Berg sonst Alahjuh hiess. '^
Nach dem über den Sultan erfochtenen Siege wurden Siwas,
Tokat und Kaissarije geplündert und verheert; ein General
des Sultans und der Richter von Aniasia kamen in's mon-
golische Lager von Siwas und unterhandelten einen Frieden,
vermöge dessen der Sultan jährlich einen Tribut von hun-
dert zwanzigtausend Goldstückeil , fünfhundert Stück Stoffe,
fünfhundert Kamele, fünfJiundert Sklaven zu leisten ver-
bunden. ^^ Keichosrcw war zu glücklich, diesen ohne seine
') Haitho eh. 1^; Marino Sanuto III. pars 1.3. eh. .". uud nach
demselben d'Ohsson III. p. 81. 0 Vincent. Bellov. Spec. hist.
L. XXXI. c. jS und nach demselben d'Ohssou III. p. ^3.
112 Zweites Buch.
Vollmacht abgeschlossenen Friedensvertrag zu bestätigen.
Bei ihrem Abzüge erstürmten die Mongolen Ersendsciian
und machten die Einwohner nieder. Malatia kaufte sich
von der Plünderung durch viertausend Goldstücke los, zu
deren Vervollständigung die goldenen und silbernen Kirclien-
gefässe, die Heiligenschreine und Reliquienkästen ausge-
liefert werden mussten. *) Wahrscheinlich war es derselbe
mongolische Feldherr Irsane, welcher zweimal Bohemund V.,
den Fürsten von Antiochien , auffordern Hess, die Mauern
seiner Festungen zu brechen und ihm dreitausend Jungfrauen
zu liefern; die Forderung wurde abgeschlagen, aber später
zahlten die Fürsten von Antiochien an die Mongolen Tribut.
Schihabeddin , der Fürst von Miafarakain , durch einen
mongolischen Gesandten aufgefordert, seine Mauern zu
1S44 schleifen, antwortete, dass er nur ein kleiner Fürst, dem
Beispiele der Sultane Syriens und Aegyptens folgen werde.
Hethum I., der armenische Fürst Ciliciens, suchte durch
Gesandte mit reichen Geschenken Baidschu's Schutz an.
Baidschu forderte vor allem die Auslieferung des Harems
Keichosrew's, des Sultans von Rum, und Hethum erkaufte
um diesen Preis den Frieden und das Diplom als Vasall des
1245 grossen Kaan's. Im folgenden Jalire eroberten die Mongolen
die nördlich des Sees von Wan gelegenen Länder, die sie
auf Ogotai's Befehl der armenischen Prinzessin Tharatha
übergaben. Sie nahmen Amid , Roha, Nissibin. Der Fürst
von Mossul, Bedredin Lulu, schloss in seinem und des
Fürsten von Damaskus Namen einen Vertrag von, in drei
^g_l(f Klassen geregelter, Kopfsteuer ab. Im folgenden Jahre er-
schienen die Mongolen zum fünftenmal in der Nähe von
Bagdad zu Dakuka, von wo sie der kleine Diwitdar zurück-
1247 schlug, und im folgenden Jahre tödteten die Mongolen zu
Dakuka den Statthalter Eelban; sie plünderten die Karawanen,
und Jesaur verheerte die Gegend um Malatia. Die gleich-
zeitigen Begebenheiten Rum's und Armeniens gehören in
die Geschichte dieser Länder und ihrer Fürsten ; wir er-
•) Bar. Hebr. und d'Olisson III. 85.
^
Z w e i t e s B u c li. ] |3
wähnen nur noch tler Mission der vier Dominikaner, welche
ßaidschu auf deji ihm im Namen des Papstes gemachten
Antrag, sich zum Christenthume zu bekehren, tödten wollte.
Einer seiner Offiziere hatte sogar vorgeschlagen , den ersten
der Missionäre zu schinden und seine ausgestopfte Flaut
dem Papst als Antwort zu senden'); doch auf die F'ürbitte
der Gemahlin Baidschu's wurde ihnen nicht nur das Leben
geschenkt, sondern sie erhielten sogar ein in dem Missions-
berichte bis auf uns gekommenes Schreiben "und wurden
ron zwei Gesandten Baidschu's an den Papst begleitet, der
sie auf das Ehrenvollste empfing und mit Geschenken über-
häufte.^)
In Persien liess Tschengischan , nachdem er abgezogen, 'Bschintimur,
als Statthalter den Dschintimur zurück, welchem von allen Korona,
vier Ulusen , d. i. Stämmen des JJrvgh , d. i. des Hauses ^t'^f^^^'^'^^''''
Tschengischan's, ein Amtsgehülfe beigegeben war, indem
Chorasan als ein, allen vier Söhnen Tschengischan's gemein-
samer Besitz betrachtet ward; eine Zeit lang dem Dschur-
maghun, dem Statthalter Feldherrn in Persien, untergeordnet,
unter dessen Oberbefehl er die, Chorasan noch verheereqden
türkischen Schaaren Chuaresmschah's schlug, erhielt Dschin-
timur von Ogotai die unabhängige Statthalterschaft Chorasan's
und Masenderan's; als Gehülfe vom Blute des Kaan's war
ihm Kelilat beigegeben ; er selbst verlieh beide höchsten
Staatsämter, nämlich das des Wesirs oder Inhabers des
Diwans und die Stelle des Staatssekretärs, an zwei Moslimen,
jenes an Scher efeddin von Jesd, dieses an Behaeddin von
Dschuwein, den Vater Athamülk's, des Geschichtschreiber's.
Nach Dschintimur's Tod erhielt seine Stelle Nnssalj welcher
schoii von Tschengischan dem Dschintimur als Amtsgehülfe
von Seite des Uluses Dschudschi's beigegeben worden war.
Dem Nussal folgte in der Statthalterschaft bald Körgös, d. i.
Blindaug, welcher, an den Hof Ogotai's gesandt, um über
die Verwaltung Chorasan's Bericht zu erstatten , gefiel und
') Ascelin, bei Viucent de Be:iuvais und in Reniusat's Memoire
sur les rapports des priaces Chretiens avec les Tatares, io den
memoires de l'Iustitut de Fraace VI. p. 422. ^) Ebenda S. 425.
Hammer, Geschichte der llchane. I. 8
114 Z Nv e i t e s Bu c li.
von seinem Landsmaiine, dem Staatssekretär Dschinkai tfem
Liigliuren, begünstigt. Der Kämmerer Danischmeiid, Gegner
Dschinkai's, bemühte sich seinerseits, die Statthalterschaft
Chorasan's dem Soline Dscliintimur's zu verschaffen ; Dschinkai
wünschte jedoch seinem Schützling ein Jerligh, d. i. Diplom,
des Kaan's zu verschaffen , vermöge welchem ihm die stati-
stische Zählung der Bewohner Chorasan's und Masenderan's
aufgetragen und alle Macht in seine Hände concentrirt
ward. Der Wesir Scherefeddin und Kelilat , ihrer Wirk-
samkeit durch das Jerligh beraubt, schmiedeten mit Otigu
Timur , dem Sohne Dscliintimur's, Ränke wider Körgös am
Hofe des Kaan's, der ihn auf ihre Beschwerden zu sich
berief. Körgös machte sich auf den Weg, indem er den
Behaeddin von Dschuwein an der Spitze 'der Verwaltung
zurückliess. Auf dem Wege in's Hoflager begegnete er zu
Binaket den Commissären des K-aisers, welche ihm zurück-
zukehren befahlen 5 es kam vom Wortwechsel zu Thätlich-
keiten, in welchen Körgös blutig geschlagen und ihm ein
Zahn gebrochen ward; er musste den Commissären folgen,
abe{^ in der Nacht sandte er einen Eilboten mit seinem
blutbefieckten Kleide nach Hof. Ogotäi, über diese Be-
handlung seines Statthalters aufgebracht, berief ihn zu sich;
allein die Gegner Kelilat und der Sohn Dscliintimur's folgten
ihm auf dem Fusse. Zu Bochara wurde bei einem dem-
selben gegebenen Feste Kelilat am hellen Tage ermordet.
Ogotai wollte in dem ihm vom Sohne Dschintimur's darge-
brachten Zelte speisen; kaum hatte er es verlassen, als es
ein Windstoss zusammenriss. Ogotai , durch diese böse Vor-
bedeutung erschreckt, befahl, es in Stücke zu zerreissen.
In dem von KÖrgös ihm dargebrachten Zelte fand er im
Gegentheii einen mit Juwelen besetzten Gürtel, nach dessen
Umbindung sein Lendenschmerz verschwand, so dass er
guten Muths wieder zechte. Die beiden Nebenbuhler um
Chorasan's Statthalterschaft blieben mehrere Monate am Hofe
Ogotai's, welcher wünschte, dass sie sich vertrügen, und
ihnen befahl, aus demselben Becher zu trinken, dasselbe Zelt
zu bewohnen, nachdem sie zuvor ihre Waffen abgegeben.
ZweitesBuch. 1|5 '
Da sie sich nichtsdestoweniger nicht verglichen, ward, als
sie Beide in Ogotai's Gegenwart vor Gericht erschienen,
der Sohn Dschintimiir's als schuldig verurtheiit, und sollte
an den Herrscher seines Uluses, nämlich an Batu , ausge-
liefert werden. Der Sohn Dschintimur's flehte den Kaan,
selbst sein Schicksal zu entscheiden , indem ein Hund , wie
er, nicht werth sei, dass zwei grosse Herrscher, wie Ogotai
und Batu, sich über ihn beriethen. Du hast Recht, sprach
Ogotai, Batu's Strenge würde selbst seinem Sohne, wenn
er sich in deinem F"^alle befände, nicht verzeihen. Dem
Sohne Dschintimur's wurde verziehen; aber seine Begleiter
wurden nach der Jasa bestraft, welche über die Verläumder
Strafen verhängt. KörgÖs verwaltete Chorasan mit Gerech-
tigkeit und Einsicht, baute Tus und Herat aus ihrem Schutte
wieder auf und warf den Ränkeschmied Scherefeddin, welcher
unter dem Scheine der Freundschaft gearbeitet, in's Ge-
fängniss ; dieser aber fand mittels seines Weibes Schutz beim
Uluse Dschagatai , und Arghun wurde mit dem Befehle ab-
gesandt, den KörgÖs lebendig oder todt nach Hofe zu
bringen. ' )
KörgÖs, der sich Anfangs in einem von ihm zu Tus -scheref-
erbauten Magazine eingesperrt, ging endlich, als man Ge- eddin von
wait brauchen wollte, selbst heraus, und ward von den ^^'"^'> j" '
eyel der
Söhnen Dschagatai's nach Hof gesandt, wo sein Beschützer p,^.^^^^^^^ ^^^^^^
Dschinkai von der Regentin Turakina verungnadet worden. Arghun.
KörgÖs, ohne Beschützer, ohne Geld, wurde auf Befehl
Karä.Hulagu's, des Enkels Dschagatai's, hingerichtet, und
von der Regentin wurde Arghun zum Statthalter Chorasan's
ernannt. Er begehrte den Scherefeddin als Vlug Bltehdschf,
d. i. grossen Staatssekretär oder Finanzrainister, weil er sich
verbindlich geu»acht, viertausend Baiische , welche in den
beiden Ländern Chorasan und Masenderan an Steuern aus-
ständig, einzutreiben. Scherefeddin, Sohn eines Lastträgers
von Chuaresm und seiner schönen Gestalt willen Lieblings-
page des Statthalters von Chuaresm, war Ton diesem, als
•) d'Ohsson III. 103- 118.
8*
110 Z w e i t A s R u c h.
der Page die Frische des Jugendreizes verloren, dem Dschirt-
timur abgetreten , bei dem er sich durch seine Geschick-
liclikeit als Sekretär und seine Kenntniss der mongolischen
Sprache als brauchbar empfahl; er stellte ihn in Steuer-
geschäften an, in welchen er bald Proben seines blutaus-
saugenden Druckes gab, wodurch sein Name in der Ge-
schiclite für inmier gebrandmarkt. Er unterschied zwischen
den Dörfern, welche sich freiwillig den 3Ioiigolen ergeben,
oder mit Gewalt erobert worden waren, und belastete die
Einwohner der letzten mit allen Arten von Auflagen und
Qualen'). In diesem Geiste hatte er unter Körgös das Land
gedrückt und noch mehr unter Arghun , um die Summe,
zu deren Eintreibung er sich anheischig gemacht, einzu-
treiben. Weder Weiber noch Waisen wurden verscliont und
Foltern aller Art angewandt, um Geld zn erpressen; die
Häuser wurden geplündert,- den Todten selbst das Leichen-
tuch weggenommen, der Mann vom Weibe, der Vater vom
Sohne gerissen und als Sklave verkauft; die Männer wurden
barfüss, die Weiber unverschleiert aus den Häusern ge-
schleppt; jene bei den Füssen, diese bei den Brüsten auf-
gehängt. Zu Rei wurden die geraubten Einrichtungen der
Häuser in der Moschee aufgeschichtet, dort auf Maulthlere
geladen und diese mit den Teppichen der Moschee zuge-
deckt. So schaltete und waltete er zu Tebris und Kaswin,
zu Issfahan , Kum, Kaschan, Rei und Hamadan, alle Häuser
und alle Foltern erschöpfend. Seinen Helfer Mahmud von
Sebsewar sandte er, um Isferain und Dschadscherm auszu-
saugen, er selbst lag schwer als Alp der Finanz auf Astrabad,
Araul und den Städten Masenderan's. Als Arghun zu Tus,
bat der Imam der Grabstätte Musa Risa's um Gnade und
Schonung, und Arghun gab ihm einen Kabinetsbefehl an
Scherefeddin zur Zurückstellung eines Theils des Geraubten.
Scherefeddin befahl, den Vorzeiger des Befehls mit Fäusten
zu ohrfeigen , so dass er besinnungslos niederfiel. Die
Pflugstiere nahm er vom Aeker, die Heefden aus den Haiden
') Mirchuand.
Zweites H u c h. 117
weg, so dass Ackerbau und Viehzucht darniederlag. Glück-
licherweise befreite sein Tod das Land von seiner Tyrannei; i*^^
aber noch auf dem Todbette sandte er Wort an Arghuii,
ja die Eingesperrten niclit frei zu lassen, bis sie gezahlt,
und ja keinen Heller nachzusehen , weil sonst alle Ordnung
zu Ende. Arghun that das Gegentheil, indem er die Ge-
fangenen lojjgab, die noch zu leistenden Zahlungen nachsah
und sich dadurch den Segen des Landes erwarb. Bei der
Thronbesteigung Gujnk's braclite Arghun alle eingesammelten
Anweisungen, welche sieh verschiedene Prinzen gesetzwidrig
auf verschiedene Distrikte Chorasan's verschafft hatten, dem
neuen Kaan als das angenehmste Geschenk dar; die Stellen
wurden nach seinem Vorschlag besetzt, die durch den Tod
des Blutegels Scherefcddin erledigte des ülugh Betekdschi
erhielt Fachreddin Behischti. Nach Gujuk's Tod riss wäh-
rend des Zwischenreichs der Missbrauch der Anweisungen,
wodurch den Prinzen Einkünfte von Dörfern und Flecken
in Chorasan für Jahre hinaus zugesichert wurden, wieder
ein. Bei Mengku's Thronbesteigung verschafften sich die
Klagen" des Landes Gehör, und es wurde beschlossen, Cho-
rasan auf die von Mohammed Jehvadsch in Transoxana ein-
geführte Weise zu besteuern. Die Statthalterschaft wurde
ihm mit Jerligh und Pai'se, d. i. mittels Diploms und Löwen-
kopfs, bestätigt, und Behaeddin von Dschuwein für die
Finanzverwaltung beigegeben; aber die Brüder des Kaisers:
Kubilai, Hulagu, Arikbngha, hatten bei ihm ihre Agenten;
80 auch Nihpei , der Herr des Uluses Dschagatai. Persien
wurde in vier Steuerbezirke abgetheilt und die Vorsteher
derselben erhielten den Titel Meh'k , welches gewöhnlich
König', hier aber so viel als Intendant oder Generalpächter
bedeutet. Arghun veranstaltete bei seiner Zurückkunft neue
Zählung und regelte die Kopfsteuer nach den Klassen , was
bereits, sowie die Einrichtungen Hulagu's durch denselben
oben erzählt worden.
Hulagu befand sich Ende Aprils zu Denna , drei Monate RüclihUck
hernach zu Hamadan ; in der herbstlichen Tag- und Nacht- ouf dcts
gleiche sandte er einen Gesandten au den^Chalifen von
Clialifat.
118 Zweites Buch.
9. Rebiul- Bagdad mit der Aufforderung von Unterwürägkelt und dena
Vorwurfe, dass die zur Besiegung der Assassinen ange-
36. April
i2ö7 sprochene Hülfe nicht geleistet worden. Doch ehe wir die
lO.Redscheb Begebenheiten der zwischen dieser Aufforderung und dem
ZU. Juli Sturze des Chaiifats verflossenen fünf Monate erzählen,
fordert geschichtlicher Zusammenhang den Rückblick auf
die letzten Zeiten des sinkenden Chaiifats, das unter den
Beni Abbas nun bereits durch fünf Jahrhunderte gedauert.
Ohne diesen Rückblick auf die ersten und letzten Ursachen
des Sinkens und gänzlichen Verfalls würde es unmöglich
sein, zu begreifen, wie der durch fünf Jahrhunderte auf-
recht stehende Thron des Chalifen in fünf Monaten zer-
trümmert ward '^. Der Wurm hatte schon lange an dem
Herrscherstabe des Chalifen genagt, ehe derselbe und das
darauf gestützte Schattenbild der Herrschaft zu Boden fiel.
Von innen zerrissen das Reich die Partheiungen der Sunni
und Schii und die Anführer der türkischen Leibwachen,
mit denen sich schon der achte Chalife Moteaassirn in der
Hoffnung umgeben, durch dieselben den Thron zu schützen,
die aber statt Vertheidiger Empörer, von Sklaven sich zu
Sultanen emporschwangen. Von aussen erschütterten und
zertrümmerten das Reich die mit dem Schwerte den Islam
reforrairende Secte der Karmathen und die überall empor-
steigenden Dynastien, von denen alle den Titel der Herr-
schaft den durch Gewalt abgenöthigten Diplomen des Cha-
lifen dankten, von denen aber die mächtigsten, wie die
Be7ii Hamdan und Beni Buje , um die Oberherrschaft über
den Chalifen buhlten, und desshalb im beständigen Kriege,
mit dem Erairol-umera, d. i. dem Fürsten der Fürsten, dem
Hausmeyer des Chaiifats, bis sie den Titel desselben sich
selbst augeeignet. Kaum ein Jahrhundert war seit der
') Die grössere Utnstaudlichkeit dieser Uebersiclit hat noch die
Kritik Herrn v, Poujoulat's im Teiups 18. Mars 1836 angeregt,
welcher üudet, dass in der Geschichte des osm. Reichs die Anarchie
des byzantinischen Reichs nicht ausführlich genug charakterisirt
worden: Peutetre devoit il mieux caracteriser ranarchie de l'empire
grec morcele par les croisades.
Zweites ß ti c Ii. 119
Gründling der Dynastie der Beni Abbas durch Abdallah
es-seffah, d, i. den Diener Gottes, den Blutvergiesser, ver-
flossen, als schon mit dem Einflösse der türkischen Leib-
wachen der Saamen des Unheils wuchernd aufschoss ; ein
Jahrhundert hernach unter dem neunzehnten Chalifen Kahir-
billah, d. i. der Räcketide durch Gott, war bereits das Loos
der Theilung über das Ehrenkleid des Chalifats geworfen ^ j ^g-,
und die Länder desselben in zwölf Theile zerstückelt. Heute ysö
vor neunhundertjaliren herrschte in Persien die mäclitigste,
iii vier Zweige getheilte Dynastie der Beni Biije j in Diar-
bekr und Dijari Kebia, zu Mossul uird zu Haleb die Dynastie
der Beni Hamdan; Chorasan war in den Händen der Beni
Saman, Masenderan und Dschordschan in denen der Beni
Dilem; der südlichen arabischen Landschaften hatten sich
die Karmathen, der südlichen persischen Ahtvas und ffasit,
die Söhne Berid's, als Empörer bemächtigt. In Aegypten
und Syrien führten die türkischen Sklaven der Familie
Achschid als Herrn den Titel von Sultanen und zu Bagdad
gelbst den des Fürsten der Fürsten. Zwei Dynastien der
Beni Sijad regierten zu Sebid in Jemen und die anderen in
Taberistan ; in Kufa die Beni Thaba Thaba aus der Familie
Ali und die Beni Ochaissar in Hidschas. Den Titel und die
Macht als Chalifen machten den Beni Abbas die alle Dy-
nastie der Beni Omeije in Spanien und die neue der Fati-
müen in Afrika streitig '). So hatten sich Leibwachen und
Sklaven, Sectirer und Empörer, arabische und persische
Emire in das weite Reich des Chalifats von Osten bis Westen
getheilt, und das Gebiet desselben war, wie in der letzten
Zeit des byzantinischen Reichs, fast nur auf das Weichbild
der Residenz beschränkt; was sich innerhalb den weiten
Gränzen des ehemaligen Reichs der Chalifen zutrug, gehört
in die Geschichte der Dynastien , die sich dort erhoben, und
nicht mehr in die des Chalifats, das seit dem Beginne des zehnten
Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung noch durch viert-
halbhundert Jahre seinem Untergange allmähtig zusank.
*) Elmacinus i).255. — Hadschi Clialfa's chrouologische Tafelu.
120
Zweites Bucb.
IVesh'e
VeiTiither ;
HeliywHs-
secten ;
Ueber-
schiveni-
mungen.
Am Eingänge und Ende dieser vierthalbliundertjährigen
Periode stehen zwei Wesire Staatssekretäre, beide Gelehrte,
beide als Hebel des Verderbens des Reichs von der Ge-
schichte gebrandraarkt. Der erste, Ibn Mokla, der Verbes-
serer der arabischen Schrift in ihrer schönsten, gefälligsten
Form des Neschi , der dreimal den Koran abgeschrieben,
dreimal die Wesirschaft verwaltet, dreimal Heere befehligt,
dreimal die Pilgerreise vollzogen und zuletzt sogar dreimal
bestattet worden, unterhielt verrätheriscUcn Briefwechsel
mit Jahki'm, dem türkischen Emire, wie Ibn Alhainh der
letzte gelehrte Wesir des letzten der Chalifen, mit Hulagu;
jener die Türken, dieser die Mongolen rufend. Der zwischen
beiden liegende Zeitraum zerfällt in vier Perioden, in deren
erster die Biijidenj in der zweiten die Seldsckuken, in der
dritten die Chiaresmschahe und endlich die Mongoleji die
mächtigsten Herrscher Mittel- und Vorderasiens. Wir haben
hier nicht die Geschichte dieser Reiche zu überblicken,
sondern nur die des unter ihrem eisernen Fusstritte tief
darniedergebeugfen Chalifats. Die erste Periode der üeber-
macht der Beni Buje bis zum Auftritte der Seldschuken
unter Toghrul urafasst hundert fünf und zwanzig Jahre, die
Herrschaft der Seldschuken in Chorasan und Kerman andert-
halb Jahrhunderte, die überwiegende Macht der Chuaresm-
scha-he unter den beiden letzten grossen Sultanen derselben,
Mohammed Tekesch , die der mongolischen Herrschaft seit
dem Tode Tschengischan's, dreissig Jahre. Während dieses
durch die üebermacht der Beni Buje, der Seldschuken,
der Chuaresmschahe und der Mongolen unterdrückten, durch
innere Unruhen zerstückten Chalifats sassen seit dem neun-
zehnten Chalifen, Kahirbiliah, noch achtzehn sogenannte
Schatten Gottes auf Erden als Schatten auf dem Chalifen-
stuhle, mit dem Mantel des Propheten angethan, mit seinem
Stabe als Richter die weltliche Herrschaft zum Scheine und
nur noch die geistliche als die Imame des Islams ausübend,
auch diese nicht unbestritten , sondern von Ketzern und
Glaubensreformern vielfach beeinträchtigt, von den Chalifen
der Beni Omeije in Spanien und von denen der Fatimiten
Zweites Buch. 121
in Afrika in Anspruch genommen. Zuerst entzweite das
Chalifat die zu Bagdad mit einer gleichen Erbitterung ge-
führte Giaubensspaltung der SuTi/ii und Schii, wovon jene
die Katholiken, diese die Protestanten des Islams; jene dem
Hause Abbas, diese dem Alis und folglich allen denen,
welche als Verwandte der Prophefeufamilie auf Herrschaft
Anspruch machten, gewogen. Die für den Thron sowohl
als für den Altar gefährlichsten Religionsneuerer aber waren
die Karmathen und Ismailitenj wovon jene mit dem Schwerte
in der Hand als Zerstörer der Kaaba und Räuber des hei-
ligen schwarzen Steines, als Mauerbrecher das feste Gebäude
des Islams erschütterten; diese unter dem Schleier geheimer
Lehren und Verbindungen die Grundfeste der Religion unter-
gruben und mit dolchbewaffnetem Arm schneidende Beweise
führten; höchst gefährliche Neuerer der Lehre, welche den
ihnen beigelegten Namen der Mulhadj d. i. der Freigeister
oder Gottlosen, wohl verdienten und welche nur unter dem
tropischen Gewände der Allegorie und Mystik das Skelet
ihrer Grundlehre : Nichts zu glauben und sich Alles zu
erlauben, verlarvten; gefährlicher als die Anhänger MasdeVs
unter Nuschirwan, als die Babek's unter den Chalifen Mamun
und Moteaassim , welche oflFen die Gemeinschaft der Güter
und Weiber predigten , das Scheusal ihrer Grundsätze offen
Preis gaben, während diese es unter dem Schleier asceti-
scher Liebungen und philosophischer Lehren im tiefsten
Geheimnisse verbargen. Von der Zeit an , wo unter Kahir-
billah die Karmathen und Beridäer die Länder des Chalifats
mit Blut überschwemmten bis zur letzten Blutüberschwem-
mung durch die Mongolen, waren die grossen politischen
Ünheile des Reichs fast immer gleichzeitig mit grossen ver-
derblichen Naturbegebenheiten, mit Erdbeben, Hiingersnoth
und besonders grossen Verheerungen des Tigris, so dass
die üeberschwemmung des letzten nur als ein Vorzeichen
einer üeberschwemmung von Blut galt, ein Glaube an eine
geheime Verbindung physischer und moralischer grosser
Begebenheiten, welche durch die furchtbaren üeberschwem-
mungen des Tigris, welche im Jahre der Einnahme Alamut's
12S Z w e i t e s n u c Ii.
Statthatte und nur zd bald durch das Blutbad und den Ruin
Bagdad'» bestätigt ward.
Die Emirol- Der Tyrann Kahirbillah , Nachfolger des Chalifen Radhi,
uvieramts der letzte der Chalifen, welcher dichtete und selbst am
'^^öm' '"^ Freitage das Chutbe verrichtete, berief den Türken Raik
als Fürsten der Fürsten nach Bagdad und stiftete so die
oberste Gewalt der Fürsten der Fürsten, um die sich mit
den Befehlshabern der Leibwachen die mächtigen Fürsten
des Hauses Ilamdan und ßiije stritten. Er bestellte, der
erste, einen Stellvertreter in der Moschee, in welcher vor
ihm die Chalifen selbst als Imame dem Gebete vorstanden,
am Freitage die Rede selbst von der Kanzel als Chatibe
330 gehalten hatten. ') Unter seines Bruders und Nachfolgers
941 Mottaliki, d.i. des Gottesfürchtigen, Regierung verkündeten
grosse üeberschweramung des Tigris und grosse Pest und
Hungersnoth eben so grosses politisches Unheil. Der An-
führer Beridi verheerte Bagdad dritthalb Monate lang mit
seinen Truppen , der Türke Tiistin drängte sich nach Raik's
Tod dem Chalifen als Fürst der Fürsten auf, dem byzan-
tinischen Kaiser Romanus Lapachenes musste das Schweiss-
tuch Christi als Lösegeld ausgeliefert werden; Mottakki
ward geblendet und vom Throne gestossen. Sein Neffe
Mostekflbülah verlieh nach Tusun's Tod die Stelle des Fürsten
der Fürsten dem Schirsad, welchem sie Ahmed der Bujide
entriss und vom Chalifen mit dem Ehrentitel Moiseddetvletj
d. i. der den Hof oder das Reifh Ehrende, anerkannt ward.
Er bemächtigte sich der Leitung aller Geschäfte, wies dem
Chalifen nur fünftausend Dirhem für dessen täglichen Unter-
halt an, riss ihn endlich gewaltsam vom Throne und verstiess
ihn geblendet in den Kerker. Die Wesire wurden von nun
an nicht mehr Wesire , sondern nur Kjatibe, d. i. Sekretäre,
genannt.^) Sein Nachfolger Motülillah, d. i. der Gehorsame
in Gott, war nur de« Befehlen Moiseddewlet's und seines
Sohnes Bachtiar gehorsam, welche die wahren Herren von
Bagdad , als Schii die Sunni als Ketzer und die Chalifen aus
') Noclibec ^ Sojuti. -) Muuedschimbaschi.
Z \v e t t e 1 B u c h, 123
dem Hause Abbas als ungerechte Thronbesitzer anfeindeten ;
Verwünschungen wider Omar, der Fedek, das Landgut Ali's,
eingezogen, und den Ebu Serr verdammte, wurden an die
Thore der Moscheen geschrieben , Nachts zwar von den
Sunniten wieder ausgelöscht, dann aber dem Moawia von
den Kanzeln geflucht und das Fest Aaschura zum Preis des
Martyrthums Husein's eingesetzt'}. Moiseddewlet verkaufte
die Stelle des Obersten Richters um zwanzigtausend Dirhem,
das erste Beispiel so schändlicher Verkäuflichkeit im Islam,
und Bachtiar, als es ihm an Geld mangelte, zwang den
Chalifen, seine ganze Garderobe und sein Hausgeräthe zu
verkaufen, und zog die aus der Versteigerung gelösten
vierzigtausend Dirhem ein, so dass man sagte, er habe den
Chalifen vergantet ^ ). Die Karmathen hatten zwar den
schwarzen heiligen Stein wieder an die Kaaba zurückgestellt,
aber hingegen eroberten die Griechen alle Gränzfestungen
des Reichs. Zu Tarsus verwandelten sie die Moscheen in
einen Stall und verbrannten die Kanzel; Antiochien und
Haleb, Edessa und ISissibiu wurden geplündert. Dschewher,
der Feldherr der Fatimiten, hatte Aegypten erobert. So
grosse und schwere Unfälle waren durch ausserordentliche ^^ß
INaturverheerungen vorbedeutet oder von denselben begleitet .957
worden. Erdbeben verschluckte die Stadt Thalkan mit allen
ihren Einwohnern, bis auf dreissig*}, und hundert fünfzig
Dörfer. Die Erde warf die Gebeine der Todten aus und
sprengte heisses Wasser zum Himmel empor; Kum und
Holwan wurden durch Erdbeben verwüstet; die Heuschreckeii
verzehrten nicht nur das Gras der Fluren, sondern auch
die Blätter der Bäume; das Meer trat achtzig Ellen weit
von seinen Ufern zurück *^ und enthüllte die Naturwunder
seines Schooses ; drei Jahre später verschlang es das Gepäck ' 349
der Pilgerkarawane, die ein Wolkenbruch demselben zuge- ^^^
schwemmt; in diesem Jahre wurde Kreta von den Griechen
erobert. Der Sohn Motii's war Thaai, was ebenfalls ge-
•) Sojuti, Munedschimbaschi. *) Nochbet. ^) Sojuti und Nodibet.
*) Muaedschiinbaschi.
124 Zweites Buch.
horsam bedeutet; er gehorsamte, wie der Vater, dem Fürsten
der Belli Biije, die sich nun mit den Türken und unter
sich um die Obervormundschaft des gehorsamen Chalifen
stritten; doch beobachtete Adhadeddewlet, der grosse Fürst
der Bujiden, wenigstens den äusseren Aiistand, indem er
siebenmal vor dem Chalifen die Erde küsste, während Beha-
eddewlet den Palast des Clialifen plünderte, ihn selbst durch
zwei Dilemiten von dem Throne reissen liess und geblendet
in den Kerker verstiess. Adhadeddewlet hatte zu Bagdad
Spital und Sternwarte gebaut, und inmitten der finsteren
Nacht, welche den Thron des Chalifats umdunkelte, leuch-
teten am literarischen Himmel Gestirne der ersten Grösse.
Der Dichter Motenebbi, der Geschichlschreiber Mesudi, der
Philosoph Farabi und Ebidferedsch von Issfahan, der Ver-
fasser der grossen Blüthenlese, Aghani, welcher dem Wesir
Ibad die fünfhundert Kameellasten von Büchern, die er vor
Erscheinung derselben mit sich zu führen pflegte, ersparte.
Kadirbiüah ^" ^^^ vierzigjährige Regierung Kadirbillah's, des fünf
und Kaim- w"d zwanzigsten Chalifen, des Enkels Moktedir's, fällt das
bienirillah. Ende der Herrschaft der Beni Buje und der Beginn der
Grösse der Sultane von Ghasna, welche aber zu ferne, um
unmittelbaren Einfluss auf die Schicksale Bagdads zu nehmen.
Nichtsdestoweniger ertheilte ihnen der Chalife Ehrentitel,
indem er dem Vater Sebugtegin den der reckten Hand des
Hofes und des Intendanten des Volkes ^^ beilegte, wie die
Fürsten derBuje der Bewahrer"^^, der ^/-m'^, der Ruhm*)^
der Adel^^^ das Schwert ^^^ der JFerth''^, die Säule^^
und die Ehre^')^ der Feredler^°), die Erhabenheit^^) des
Reichs und des Hofs geheissen hatten; fünf und vierzig Jahre
alt, als er den Thron bestieg, füllte Kadir, d. i. der Mächtige,
denselben vierzig Jahre lang, wenn nicht mit Macht, doch mit
Anstand und Würde , war genau und eifrig in Vollziehung
der vorgeschriebenen Religionspfiichten im Gegensatze seiner
') Eüiiueddewlet we eminol-nüllet. -) Moiseddewlet. ^) Adhad-
eddewlet. ") Fachieddewlet. ^) Scherfeddewlet. **) Ssamssaiiied-
dewlet. ") Behaeddew let. ») ImadcddCM iet. »J Iseddewlet. ■") Mo-
schrifeddewlet. ") Dschelaleddewiet.
Z \v e i t e s B u c li. J25
Vorfahren, welche Wüstlinge und Schlemmer, schrieb ein
Buch wider die Schismatiker, welche die Lehre, dass der
Koran erschaffen, vertheidigen, welches alle Freitage in •
der Moschee vorgelesen ward ; nur wurde seine lange Re-
gierung häufig durch die blutigen Streitigkeiten der Sunni
und Schii getrübt, weil er die letzten auf Kosten der ersten
begünstigte. In dem ersten dieser Religionsaufruhre wurde
der Wesir Behaeddewlet erschlagen, weil er die Todten- f. j, 3S3
feier des Martyrthums Husein's abstellen wollte. Neun Jahre 992
hernach empörten sich die Ketzer, indem sie die Einführung
eines neuen Festes, nämlich des schiitischen des Teiches,
durchsetzten'). Zehn Jahre hernach, im selben, wo ein '^^9
heftiges Erdbeben die Stadt dreimal , und Hakimbiemrillah '^•^'*
die Kirche, das heilige Grab zu Jerusalem in Schutt ver-
wandelte, schlugen sich die Sunni und Schii in den Strassen
von Bagdad. Neun Jahre später wurden die Ketzer za
Wasith von den Sunni geschlagen und die Kuppel der grossen
Moschee zu Jerusalem stürzte ein. Schon im nächsten Jahre
entbrannte der Kampf zwischen ihnen so heftiger zu Bagdad;
und abermals nach dreizehn Jahren schlugen sie sich wegen
des Festes Aaschiiraj, d. i. des Trauerfestes Husein's. Ausser 1030
dieser so oft wiederholten blutigen Polemik wurde Bagdad
von Zeit zu Zeit durch Diebsbanden beunruhigt, so dass
Niemand seines Eigenthums sicher'^). Nichtsdestoweniger
brachte es Kadir dahin, dass die Beni Okail in Syrien das
Kanzelgebet auf seinen Namen und nicht auf den der Fati-
raiten verrichteten, deren angeblicher Ursprung von Ali, zn
Bagdad öffentlich in den Schulen angegriffen ward. Die
Gleichzeitigkeit Firdewsi's und Kabus Schemsolmaalis, des
Dilemiten, wie die Hamdaus, des Musters der Beni Ilamdan,
und Aüicenas verherrlichte die vierzigjährige Regierung
Kadir's nicht minder, als die fünf und vierzigjährige seines
Sohnes Kaimbie?nrillah's, d. i. des auf Befehl Gottes Aufrecht-
stehenden, durch das Aufsteigen Toghriil's, des Gründers
•) S. Garcin de Tassy und S. de Sacy's Anthologie, ^) In
Uadschi Chalfa's chrono]. Tafeln i. J. 397, 4l7, 424 5 im Mune-
dschimhaschi i, J. 384 (994).
i. J.
407
i. J.
iOiß
40S
i. J.
1017
421
i. J. 402
löir
126 ° ZweiteeBucb.
der Dynastie der Seldschuken, als Beginn einer neuen Epoche,
indem die Vormundscliaft der Chalifen von dem Hause Buje
in das der Seldschuken überging. Toghrul, von dem Cha-
lifen um Schutz wider den übermächtigen Türken Besasiri
angefleht , gewährte denselben , aber gegen die Belehnung
mit der Herrschaft des Ostens und Westens mittels zweier
Kopfbünde, zweier Schwerter, siebeu Fahnen und sieben
nacheinander angelegter Ehrenkleider , während der Chalife
auf sieben Ellen hohem Throne sass. Der Chalife vermählte
sich mit der Nichte Toghrul's und dieser nahm die Tochter
des Chalifen zur Frau, starb aber vor Vollzug der Hochzeit
siebzigjährig. Zwei Kometen'), Erdbeben, Huugersn5>th,
Meeresebbe und üeberschwemmungen verkündeten und be-
gleiteten diesen neuen Umschwung der Herrschaft des Ostens
und Westens. In Aegypten und Palästina spie die Erde
Wasser '^^, das Meer zog sich auf einen Tag weit von den
Gestaden zurück und verschlang in unvermutheter Rückkehr
die, welche in seinen aufgedeckten Tiefen nach Schätzen
suchten^). Die Hungersnoth in Aegypten war so gross,
dass seit des ägyptischen Joseph's Zeit keine grössere ge-
dacht ward "*) und die Stärkeren die Schwächeren ohne
Scheu auffrassen ; durch zwei üeberschwemmungen des
Tigris*) wurden über hunderttausend Häuser verwüstet.
Solche Zeichen mussten die Herrschaft der Türken über
Vorderasien verkünden; aber ausserdem ward Bagdad noch
durch Diebesbanden und die Religionskämpfe der Sunni und
Sehii verwüstet; diese fügten zum Gebetausruf die Formel:
Auf! zu guten Werken 1*^^ bei und schrieben auf ihre Boll-
werke: Mohammed und Ali sind die bessten der Geschöpfe;
ftber vollzieht, ist dankbar, wer sich dessen weigert, un-
dankbar; die Sunni widersetzten sich; die Grabmäler der
Imame Mtisd und Takki wurden ihrer goldenen Leuchter
und Lampen beraubt, die Schreine aus Ebenholz angezündet;
sie verbrannten auch die Grabdome des Chalifen Emin und
') Im J. 443 (1051) und 458 (1065). ^) 4S0 (1067);, Nochbet.
») Nochbet. *) I. J, 462 (1069) j Nochbet. *) l.'J. 466 (1073) und
i. J. 454 (1061). «) Hei ala chairil animel.
Zweites Buch. 127
seiner Mutter Soheide , die der Bujiden Mvü und Dsche-
laleddewlet *^ ; die Moscheen der Hanefiten wurden von
den Schiiten geplündert. Sie unterliessen dafür das Kanzel-
gebet für den Cliaiifen , weil er sie zu schützen nicht im
Staude, nicht Chalife und Imam zu heissen verdiene. Doch
hatte er vor seinem Ende den Trost, dass der Scherif von
Mekka das Kanzeigebet nicht mehr auf den Namen der
Fatimiten-, sondern auf den der Beni Abbas verrichtete;
und unter seiner Regierung erhob sich zu Bagdad die erste,
vom grossen Wesire Melekschah's von Nisaraeddin gestiftete
hohe Schule Nisam/'je'^^.
Mit Äloktefi, dem Sohne Kaimbiemrillah's, dem sieben j)/^ Chalifen
und zwanzigsten Chalifen, welcher zwanzigjährig den Thron Muktefi,
bestiegen , setzte sich auf denselben in Chuaresm Itsis, einer -^ostadhir.
der Emire Melekschah's, der Gründer der Dynastie der
Chuaresmschahe, die erst ein Jahrhundert später zum Gipfel
der Macht emporstieg. lisis liess das Freitagsgebet wieder
auf den Namen des Chalifen aus dem Hause Äbbas, statt auf
den der Fatimiten, verrichten. Moktell vermählte sich mit
der Tochter seines Scliirmvogtes, des grossen Sultan's der
Seldschuken, Melekschah. Die Hochzeit war die glänzendste,
welche Bagdad seit der berühmten 31amun's mit der Tochter
seines Wesirs Sehl gesehen; der grosse Wesir Nisamolmülk
mit zweitausend Reitern begleitete die Braut; hundert vier
und dreissig Reihen von Kamelen (jede Reihe zu sieben)
trugen den Brautschatz, in weichem die juwelenbesetzten
Pantoffeln das Hauptstück. Die Hochzeit, sowie ein Paar
Jahre hernacji das Geburtsfest des Sohnes Dschaafer aus
der Frau Turkjan, wurde mit grossen Festen gefeiert; dem
letzten wohnte Melekschah in eigener Person bei und legte
bei dieser Gelegenheit den Grund der nach seinem Namen
• genannten Moschee Bagdad's. Nach Verlauf eines Jahres
zertrugen sich der Chalife und die Tochter Melekschah's,
welche zu ihrem Vater nach Issfahan zurückkehrte, weil
Moktefi statt ihres Sohnes Dschaafer's den Mostadhir zum
») Nochbet. 2) I. j. 459 (io66).
128 Z\roitas Buch.
Thronerben ernannte. Melekschah forderte, dass der Chalife
die Erbfolge an seinen Enkel Dschaafer, den Sohn Turkjan's,
übertrage, und war eben im BegriflFe, ihm dieses Farailien-
gesetz mit gewaffneter Hand aufzuzwingen , als er vergiftet
starb , was von Bagdads. Einwohnern der Wirkung des him-
meldurchdringenden Gebetes des Chalifen zugeschrieben
'^^'^ ward. Moktefi überlebte ihn nur drei Jahre und hatte seinen
sechzehnjährigen Sohn Mostadhir zum Nachfolger. Zwei
^^•^ Jahre nach seiner Thronbesteigung ward ganz Asien durch
den Schrecken der Astronomen über den Verein der Pla-
neten, den Saturnus ausgenommen, im Zeichen des Fisches
mit Vorhersagungen von Sündfluth aufgelärmt, indem zur
Zeit der Sündfluth alle sieben Planeten im Fische gestanden
haben sollen ; wirklich schwemmte ein Wolkenbruch das
Gepäck der Pilgerkarawane fort ; aber verderblicher als
diese üeberschwemmung war die der Kreuzfahrer, deren
Fluth bald hierauf an den syrischen Gestaden emporbrandete.
499 Ein Comet von einer Grösse, dessgleichen nie gesehen
ilOö worden , galt als Vorzeichen des ungeheueren Brandes, dess-
gleichen Bagdad noch nicht erlebt hatte, und in weichem
nebst dem Palaste des Chalifen die hohe Schule IVisamol-
511 mülk's und die ganze Flussseite der Stadt in Asche gelegt
i^'^ ward; was vom Brande übrig geblieben, zerstörte ein Erd-
beben. Brand und Erdbeben mussten den Tod Mohammed-
schah's des Seldschuken und des Chalifen vorbedeutet haben,
welche bald hierauf im Zwischenräume von wenigen Monaten
starben. Es war das dritteraai, dass der Tod des Chalifen
mit dem seines seldschukischen Schirravogtes fast zusammen-
fiel; Sultan Alparslan war zwei Jahre vor dem Chalifen
Kaim^^^ Sultan Melekschah zwei Jahre vor dem Chalifen
Mokteß^^ und jetzt Sultan Mohammed nur einige Monate
vor dem Chalifen Mostadhir gestorben, und sowohl die drei .
Sultane als die drei Chalifen gehörten unter die grössten
und bessten Herrscher ihres Hauses Q. Mostadhir, beredt,
■) Alparslan i. J. 465 (1072); Kaiinbiemrillali i. J. 4(37 (1074).
2) Melekschah i. J. 485 (1002); Moktefi i. J. 4ö7 (1U94). ^) Das
Nochbet nach dem lkdol-df>cheman Ibnol-dschewsi's.
Zweites Buch. I29
•
freigebig und Schönschreiber, machte den Bewohnern Bagdads
angenehme und fröhliche Tage, indem seine vier und zwanzig-
jährige Regierung im Ganzen eine ruhige, während die
siebzehnjährige seines Sohnes und Nachfolgers Mosterschid
das Gegentheil durch die Thronnebenbuhlerschaft der beiden
Seldschuken, Mahmud und Mesud , von denen Mosterschid
jenen als Oberherrn anerkennend mit sieben , diesen nur mit
zwei Ehrenkleidern bekleidete. Mesud überzog in der Folge
den Chalifen mit Krieg, belagerte Bagdad und nahm ihn
gefangen; als aber sein Oheim Sindschar solche Verletzung
der dem Oberhaupte des Islams schuldigen Ehrfurcht hoch
raissbilligte , setzte er ihn in Freiheit und ging sogar vor
dessen Pferde, die Safteldecke desselben tragend, einher.
Ein Feuerregen zu Mossnl und fliegender Skorpionen zu
Bagdad, an deren Bissen Viele starben, gingen dem ge-
waltsamen Tode des Chalifen voraus, der unter dem Dolche ^
der Ässassinen fiel. Sie hatten ihn zu ihrem Opfer auser-
sehen, weil er ihnen feindj ein tugendhafter Fürst, ausge-
zeichneter Schönschreiber, Rechtsgelehrter und ütberlie-
ferer, in dessen Gegenwart Lesungen der Ueberlieferungen
gehalten worden. Unter seiner Regierung wurden zu Hebron
in einer Felsenhöhle Leichname entdeckt, welche für die
Abraham's, Isak's und Jakob's galten, deren Gräber seitdem
dort der Gegenstand mosliraischer Verehrung; und zu Bagdad
fiel, was vordem und seitdem unerhört, mannstiefer Schnee,
der vierzehn Tage liegen blieb ').
Raschid'), der Sohn Mosterschid's, der dreissigste D?« C/(rt??/f«
Chalife, trat keineswegs in seines Vaters und Grossvaters ^«'^'^'"'^ '^"'^
Fussstapfen; wider Sultan Mesud lehnte er sich auf, indem ^""'f^'^A-
er das Kanzelgebet zu Bagdad, statt auf dessen Namen, auf
den David's, des Neff"en Mesud's, verrichten liess. Mesud
plünderte dafür Bagdad mit solcher Raubsuc^t, dass den
Frauen und Sklavinnen sogar die Halsbänder und Ohrge-
hänge weggerissen wurden; durch sechzehn Tage und Nächte
') I. J. 514 (112)). 2) Re, Elit und folglich Raschid, uud niclit
Raschid, was der Beiname Haiun's.
flanimeij Gescliichfe der Ucliane. I. 9
130 Zweites B u c ii.
bebte die Erde zu Bagdad, und schon eilf Monate, nachdem
er den Thron besh'cgen, dessen ihn die Richter und Uechts-
geiehrten durch ein Fetwa als uiit'ähig erliJärten , fiel er,
wie sein Vater, unter MeuchlerdoicJi. Das Reich war so
gesunken und verarmt, dass, als Raschid's Nachfolger, sein
V'etter Moktefl, der Sohn Mostadhir's, den Chaiifenstuhl
bestieg, ihm kein Einkommen blieb, als der Ertrag seiner
Privatgüter; aber auch diesen liätte er nicht eintreiben
können, wenn ihm nicht die Sklaven Mesud's dazu verhelfen
hätten. Er vermählte sich mit der Schwester Sultan Mesud's,
weiche ihm hunderttausend Dukaten als Heirathsgut zu-
brachte; aber vierzehn Jahre hernach, als die Araber der
Wüste die ganze Pilgeikarawane plünderten und gefangen
nahmen, musste die Gemahlin desChalifen, welche sie ge-
fangen behielten, um hunderttausend Dukaten losgekauft
werden, so dass das lleirathsgut als Lösegeld aufging. Hierauf
sandte ihm Sultan 8indt<char, der Oheim JVJcsud's, den Mantel
und Aew Stab des Propheten, welchen Mesud, als er den
Chalifen Mosterschid gefangen genommen, dem Oheim ge-
sandt. Moktefi hatte " während seiner vier und zwanzig-
jährigen Regierung mit Widerwärtigkeiten aller Art zu
kämpfen. Die ]\aturbegebenheiten sciiienen sicli wider ihn
verschworen zu haben, wie die Emire Sultan Mesud's, u eiche
Bagdad belagerten und verheerten. Ein Erdbeben, in wel-
chem dreissigtausend Menschen zu Grunde gingen, verschlang
•^'^^ die Stadt Hire, an deren Stätte schwarzes Wasser aufquoll;
'^'^•^ in Syrien zählte man in Einer Nacht achtzig Erdstösse ;
Orkane und Wolkenbrüche verheerten Kleinasien und ein
Comet zog flammend von Osten gegen Westen. Zu Bagdad
rettete sich der Chalife nackt aus den Flammen, welche
den kaum aufgebauten Palast mit der ganzen Einrichtung
^_^43 verzehrten. In Arabien regnete es Blut; aber mehr noch
m<^ als alle diese Naturerscheinungen bedrängte den Chalifen
der Druck seines Schwagers Schirmvogtes Mesud; wider
denselben blieb dem Unterdrückten keine Wafle, als der
himmeldurchdringende Pfeil des Gebetes; diesem ward der
gäbe Tod Mesud's zugeschrieben, durch welchen nicht nur
itöii
Zweites Buch. 131
Mokteii seines Drängers ledig, sondern auch das nun schon
dreihundert Jahre auf dem Chalifate schwer lastende Joch
türkischer Sklaverei für immer zerschlagen ward ; eine ^^^
höchst günstige Begebenheit, wodurch die Chalifen wieder
ihre Unabhängigkeit genossen, welche sie seit der Einfüh-
rung der türkischen Sklaven unter Moteaassim verloren
hatten. Doch nützte ihnen dieselbe nicht viel, da das Reich
zerstücket, ihre Herrschaft nur auf das Grabmal von Bagdad
und einige Städte des arabischen Irak beschränkt war und
die Macht der Chuaresmschahe drohend emporwuchs. In-
dessen ist diese Epoche doch eine sehr merkwürdige in der
Geschichte des Chalifats, welches in dem letzten Jahrhun-
derte seines Daseins keinen Schirmvogt anerkannte. iVIoktefi
selbst benützte den ersten freien Odemzug, den ihm der
Tod Mesud's gewährte, zur Belagerung von Tekrit und
einem Streifzuge wider die in der Gegend herumziehenden
Turkmanen, denen er viermalhunderttausend Schafe und
grosse Beute abnahm und damit zu Bagdad einzog. Suleiman,
der Sultan der Seldschuken Rum's, kam nach Bagdad, um
aus der Hand des Chalifen den Titel der Herrschaft und
den Befehl zur Eroberung des Gebirgslandes zu empfangen.
Das Erdbeben, das im folgenden Jahre acht Städte der
Moslimen und füi>f der Franken in Syrien verheerte, war
eines der schrecklichsten; die EinN\ohner Hamid's wurden
alle erschlagen, zu Schetser blieb nur ein Weib, zu Kefrtab
keine Seele lebendig. Zu /iptmiea^ Himss , Maarret und
Teil Hamdaii wurde die Hälfte der Einwohner verschüttet,
die von Hossn Ekrad und Arka gingen alle zu Grunde,
Niemand wollte innerhalb der Mauern bleiben, und die
Uebriggebliebenen suchten Kettung im Freien. Im folgenden
Jahre verwüstete die üeberschwemraung des Tigris dreissig-
tausend Häuser von Bagdad und Hagel in der Grösse von
Hühnereiern und den seltsamsten Figuren ging dem Tode
des sechs und sechzigjährigen Chalifen voraus.
Die Periode der Unabhängigkeit der Chalifen von dem '^'^ ^
. . ^ des Chn-
scit Mesud's Tode abgeschüttelten Joche der seldschtikischen i^f^fg . ji/^i.^.
Vügtschaft ist in keiner der bisherigen europäischen Ge- tendschid.
9*
132 Zweites Buch.
schichten des Chalifats gehörig hervorgehoben , kaum mit
ein Paar Worten über den Charaicter der Gemahlin Moktefi's
angedeutet worden'); diese, welche Taus, d.i. Pfau, hiess,
flösste ihrem Gemahle den hohen Sinn und den Muth ein,
sich von der schmählichen Oberherrschaft der Türken, unter
denen die Chalifen durch drei Jahrhunderte geschmachtet,
loszusagen. Das letzte Jahrhundert der Dauer des Chalifats
war also ein für dasselbe ehrenvolleres, als die drei ver-
flossenen, indem die letzten sechs Chalifen keine Obervogt-
schaft anerkannten und selbst ihre Heeresmacht wieder zu
einer Höhe brachten , wodurch sie in den Stand gesetzt
wurden , nicht nur die Anmassungen der Chuaresmschalie
auf gleiche Vogtschaft zurückzuweisen , sondern sogar Em-
pörungen niederzuschlagen und ein Paar dem Chalifate längst
entrissene Landschaften demselben wieder einzuverleiben.
Die Ursache des gänzlichen Ruines des Chalifat» ist, ausser
der Alles vor sich in den Staub tretenden üebermacht der
Mongolen, hauptsächlich die Unterthänigkeit des letzten Cha-
lifen aus dem Hause Abbas, >velchen) , wenn er in die Fuss-
stapfen seiner fünf unmittelbaren Vorfahren, und namentlich
in die Nassir billah's, getreten wäre, es wohl hätte gelingen
können, die Macht der Mongolen von den Mauern Bagdads
zurückzuschlagen, wie diess ein Paarmal seine Vorfahren
mit MutJi und gutem Glück gelhan. Die Periode der vor-
letzten fünf Chalifen gehört, wenn nicht unter die schönsten
Zeiten des Chalifats aus dem Gesichtspunkte des Glanzes
und der Macht, doch unter die bessten und ehrenvollsten
Tage desselben, aus dem Gesichtspunkte äusserer Jochent-
lastung und Unabhängigkeit und innerer Ruhe und Sicherheit
betrachtet. Der Zeitraum der fünf und achtzig Jahre, welcbe
unter den vorletzten fünf Chalifen verflossen, kann mit einigem
Fuge dem Zeiträume der neun und achtzig verglichen wer-
den, in welchem Rom unter der Herrschaft Trajan's, Ha-
drian's und der Antonine aufathmete , das vorige Weltreich
wieder einigen Ansehens, die Menscliheit wieder einiger
■) Rampolili VII. 289.
Zweites Buch. 133
Rulie geno89. Der Name Mostendschid , der mehrere Be-
dentungen hat, kann in zweien dieser Bedeutungen für den
geschichtlich bezeichnenden seiner Herrschaft gelten. Mos-
tendschid heisst sowohl der einen Vertheidiger Suchende,
alij ein nach überstandener Krankheit seine Kräfte Sam-
melnder. Er hoffte in dem syrischen Atabegen einen Ver-
theidiger des Chalifats zu finden; eine Hoffnung, die nicht
durch Nvreddin, der selbst mit dem ägyptischen Chalifen
im Kampfe lag, wohl aber unter Ssalaheddin, dem ersten
Herrscher des mächtigen Hauses Ejub , unter Mostadhir,
dem Nachfolger Mostendsckid's , durch den Sturz des Cha-
lifen Nebenbuhlers in Aegypten und durch die (Jebertragnng
des Kanzelgebetes von ihrem Namen ayf den der Familie
Abbas eiuigermassen erfüllet ward. Mostendschid , ein ge-
rechter, gebildeter und energischer Fürst, hob die von seinem
Vorfahrer zum Ruin des Handels eingeführten drückenden
Stempelgefälle auf, verbot die scholastischen Vorlesungen
über metaphysische Werke und entriss den Händen der
Bern' Mesud die der Stadt des Heiles so nahe gelegenen
Hille j Kufa und Enbar.
Mostendschid's Sohn und Nachfolger, Mostadhir d. i. Mostitdhi
der Erfeuchtung Suchende, schritt während seiner neun- «nrf IVassir-
jährigen Regierung auf dem von seinem Vater, während Hdiniliufi.
seiner eilfjährigen , betretenen Pfade fort. Dem Gründer
der Grösse, des Hausses Ejub, dem grossen Ssalaheddin,
welcher der^Herrschaft der Chalifen Nebenbuhler in Aegypten
ein Ende gemacht und das Kanzelgebet wieder auf den Namen
der Chalifen aus dem Hause Abbas übertragen, sandte er
Ehrenkleider und ein höchst ehrenvolles Diplom mit glän-
zenden Titeln und Geschenken. So ward nun wieder in
Aegypten und Arabien der Chalife Bagdad's von den Kanzeln
als der rechtmässige erkannt. Grössere Kräfte, als unter den
nur zwei Jahre füllenden Regierungen Mostendschid's und
Mostadhi's, sammelte dasChalifat unter der sechs und vierzig-
jährigen Nassirlidinillah's _, d. i. des Helfers der Religion
Gottes, welchem bald nach dem Antritte seiner Regierung
die Freude ward , dass nach dem Sturze der Beni Omeije
J34: Zweites Buch.
in Spanien nun auch dort von den Herrschern aus der Fa-
milie Abdol IVIumin das Kanzelgebet auf den Namen des
Chalifen aus dem Hause Äbbas verrichtet ward , eine frohe
Botschaft, weiche so, wie unter Mostadhi die von der Ver-
änderung des Kanzelgebetes in Aegypten und Arabien, zu
Bagdad mit Freudenfesten gefeiert ward. Während Ssalah-
eddin die heih'ge Stadt der Herrschaft der Christen entriss,
eroberte der Chalife die am Euphrat gelegenen Schlösser
Aana und Hadise wieder dem Reiche zurück, das sich nun
wenigstens wieder über den grössten Theil Mesopotamiens,
von den Ufern des Tigris bis an die des Euphrats, und über
Chusistan erstreckte, dessen Schlösser der Wesir Ibnol aththar
wieder der Macht des Chalifen unterwarf. Den Triumph
Nassir's vollendete der gänzliche Ruin der persischen Sel-
dschuken, vormaligen Schirmvögten, indem Sultan Tekesch
der Chuaresraschah den Kopf des von ihm besiegten letzten
persischen Seldschuken Toghrulschah dem Chalifen nach Rei
sandte, wo derselbe an der Moschee als Trophäe aufge-
hangen ward. Den Gesandten des Sultans, welcher die
Vogtschaft Bagdads, welche jetzt die Seldschuken besassen,
nun für sich begehrte, entliess er ohne Antwort. Chuaresra-
schah stellte, um die Weigerung zu rächen, das auf den
Namen Nassir's verrichtete Kanzelgebet ab und ernannte
sogar einen Gegen -Chalifen in der Person des Seid Alaeddin
von Tirmid, dem er als Chalifen huldigen iiess. Nassir
sandte, um den Sultan auf bessere Gesinnungen zn bringen,
den grossen Scheich Schihabeddin Suhrwerdt, der ihn zu
Hamadan traf. Der Sultan empfing ihn verächtlich, indem
er ihn nicht einmal niedersetzen hiess ; und als der gelehrte
und beredte Scheich in einer langen Rede die Stellen der
Ueberliefernng zu Gunsten des Hauses Abbas und die Herr-
scheftugenden Nassir's gepriessen, antwortete der Sultan:
Alles dieses passt nicht auf Nassir ; ich ziehe nach Bagdad,
um dort einen, der wirklich alle von dir hergezählten Eigen-
schaften besitzt, als Chalifen einzusetzen. Er rückte gegen
Bagdad vor, welches Nassir noch vor kurzem mit einer
Mauer umfangen hatte, welche die Stadt wohl schwerlieh
Z w e i t e s B u c li. 1äj5
vor der üebermacht des Sultans gerettet hätte. Diesen bewog
ein nngeheures Schneegestöber zum Rückzuge, indem, als
er nach Holwan gekommen , es zwanzig Tage ununterbrochen
schneite, so dass der Schnee so hoch als die Zelte, das
Heer durch ungeheueren Verlust an Menschen und Thieren
schwächte. Diese Naturbegebenheit war für Bagdad erfolg-
reicher, als einige andere frühere ausserordentliche Kr-
scheinungen ; diese waren der Verein der sieben Planeten i. J- 383
im Zeichen der Wage, woraus die Astronomen ungeheuere ^'^6*
Orkane für die Nacht der Vereinigung vorausgesagt; in
derselben herrschte aber so grosse Windstille, dass die
Lampe auf der Sternwarte in freier Luft unausgelöscht
brannte, zu grosser Beschämung der Astronomen. Sechzehn . j ,gg
Jahre hernach flammte eine ganze Nacht voll fallender Sterne, JgöF
die nach allen Richtungen hin und herschossen, eine Er-
scheinung, die durch ähnliche in unseren Tagen genauer
beobachtete beglaubigt wird. Nassir hatte den Chalifenpalast
zu Bagdad abbrechen lassen , aber ausser der Stadtmauer
viele Moscheen und Medreseen und ein Speisehaus für die
Armen gebaut; die erste Anstalt dieser Art, welcher die
Geschichte des Islams erwähnt. Nassir war ein besonders
in der üeberlieferung gelehrter Fürst und hinterliess über
dieselbe ein Werk, das den Titel: Geist des Erkennenden^^
führt; aber Nassir war auch ein harter, habsüchtiger Fürst,
dessen Gier, Schätze zu sammeln, keine Gränzen kannte,
der die Unterthanen durch Gelderpressungen drückte und
das Heer der Finanzbeamten noch mit einem Heere von
Ausspähern vermehrte. Von den Kanzeln , wo ehe für die
Chalifen des Hauses Omeije in Andalus, dann für die des
Hauses Fatima in Aegypten als Chalifen gebetet worden,
wurde nun das Kanzelgebet wieder auf den Namen Nassir's
verrichtet, so auch in Hidschas und Jemen, in Chorasaii
und Masenderan und in Indien auf den Namen Nassir's, als
des einzigen rechtmässigen Chalifen des Islams.
') Ruhol-aarifiii
13ß Zweites Buch.
Stthirbiem- Ogr Sohn und Nachfolger NassirlidinilJah's, der Chaiife
ritlah und
Mostanssir.
Sahir bie?nrillah, d. i. der Offenbare durch Gottes Befehl,
war vor allen Chalifen aus dem Hause Abbas seines Bei-
namens werth, nach dem Zeugnisse der Geschichtschreiber,
dass seit Omar el-assis, dem wegen seiner Frömmigkeit und
Gottesfurcht berühmten achten Chalifen der Beni Omeije,
kein Gerechterer auf bem Chalifenstulile gesessen. Diesen
guten Klang seines Namens dankt er dem freigebig ge-
schenkten Golde und der kurzen Zeit seiner Regierung,
indem er nur neun Monate lang den Völkern als ein Muster
des Chalifats mehr gezeigt als bewährt. Er stellte bei seiner
Thronbesteigung confiscirte Grundstücke ihren Eigenthümern
zurück, sandte dem Richter der Richter zehntausend Dukaten
zur Bezahlung der Schulden derer, die desshalb im Thurme
Sassen , setzte die Kopfsteuer von Jakuba , welche vormals
nur zehntausend Goldstücke betragen , unter seinem Vater
aber aufs Siebenfache gesteigert worden war, wieder auf
die obige Summe zurück , liess von der Gesammtsumrae der
Steuern dreiraalhundert fünfzigtausend den Unterthanen nach
und vertheilte am Opferfeste hunderttausend Dinare unter
die Gesetzgelehrten und Ssofi; denen, die ihn fragten, warum
er sich so beeile, Gutes zu thun , antwortete er mit An-
spielung auf das vorgerückte Alter von ein und fünfzig
Jahren, in welchem er den Thron bestiegen: Ich gleiche
denen, die erst Nachmittags ihre Buden öffnen und sich
also beeilen müssen, wenn ihr Handel Gewinn tragen soll;
hindert mich also nicht in guter Handlungen Handel. In
seine Fussstapfen , als ein gerechter, freigebiger und ge-
lehrter Fürst , trat sein Sohn und Nachfolger Mostanssir-
billah, d i. der bei Gott Hülfe Suchende. Er baute die
berühmte, nach seinem Namen genannte hohe Schule, deren
Grösse und Glanz die frühere, vom Wesire Nisaraolmülk zu
Bagdad erbaute, bei weitem zurückliess; sie bestand in vier
besonderen Schulen, nach den vier Ritus des Islams, wo
die RecJitsgelehrsamkeit nach den Ueberlieferungen Ebu
Ha?nfe's, Schaafii's , MaWc's und HanbeU's gelehrt ward;
an jeder dieser vier Medreseen waren zwei und sechzig
I
Zweites Buch. 137
Plätze für Studenten') und zwei für Correpetitoren *) ge-
stiftet. In vier Jahren war der Bau vollendet; am Tage
der Eröffnung besuchte der Chaiife mit allen Richtern und
Rechtsgelehrten die Schulen und vertheilte reiche Geschenke
unter die Professoren und Studenten. Das Seitenstück zur
Mostanssirije , d. i. zur hohen Schule Mostanssi'r's , war die
Kamerije, d. i. die Mondige, eine am Ufer des Tigris ge-
baute, reich gestiftete Speiseanstalt für Dürftige. Seine
Wohlthaten strömten vorzüglich den Gelehrten zu, dieselben
überschritten aber das Maass vernünftigen Staatshaushalts,
wenn die folgenden Anekdoten wahr. Jedesmal, als aus
einem mit Gold gefüllten Becken geschöpft ward, rief er
aus: Ach, wann werde ich dich leeren ! während sein Vater
jedesmal , als Gold hineinfloss : Ach , wann werde ich dich
füllen ! ausgerufen haben soll. Eines Tages , als er von der
Terrasse seines Palastes rund um auf den Terrassen Wäsche
aufgehangen sah und der, was dies bedeute, gefragte Wesir
ant^vortete, dass es die für das iiächste Fest gewaschenen
alten Kleider seien, wunderte sich Mostanssir, dass nicht
jeder seiner Unterthanen sich neues Festkleid anschaffen
könne, liess aus Gold Armbrustkugeln verfertigen und ver-
schoss dieselben auf die Terrassen der Nachbarn. Wider
die Mongolen , welche unter seiner Regierung bis Meragha
vorgedrungen und Erdebil vom Grunde aus verheeret hatten,
brachte er ein Heer von siebzigtausend Mann auf,, von
welchem zwar Anfangs die Mongolen, dann aber die Truppen
des Chalifen zu Dakuk y das seiner Naphthabrunnen willen
berühmt^), geschlagen wurden. Im selben Jahre richteten
die Mongolen das Blutbad von Issfahan an, in welchem der
grosse Dichter Ismail Kemdl von Issfahan , beigenannt der
Vater der Bedeutungen, unter ihrem Schwerte erlag, wie
früher der grosse mystischeDichter Aththar. UnterMostanssir's
Regierung blühte vorzüglich die Mystik, und in dieselbe
fallt der Tod von vier höchst merkwürdigen Männern, Säulen
der Mystik , des Scheich's Behaeddin Weled, des Vaters
653
U37
') Danischmend. -) Mtiid. ') Dschiliannuma S. 466.
138 Z w e i t e s B 11 c Ii.
Dschelaleddm Runiis, des grossen mystischen Dichters Omer
Ibn Faradh , des grossen Scheich's Schihabeddin Omer
Suhrtverdi und des Inders Reten^), welcher, der erste, aus
Indien das berauschende Opiat (Haschische} nach Mittel-
asien gebracht, dessen sich die Assassinen bedienten, um
ihren todtgeweihten Handlangern die Freuden des Paradieses
vorzuspiegeln, und von dem sie ihren Namen '^) Haschischin,
d. i. die Kräutler, erhielten.
Moteaassim. Moteaassimbillah , d. i. der an Gott Festhaltende, der
Sohn Mostanssir's , der sieben und dreissigste und letzte
Chalife des Hauses Abbas, bestieg den Thron , den er sech-
zehn Jahre gefüllt, im dreissigsten seines Alters; ein pracht-
liebender, grossthuender, schwacher Fürst, doch nicht ohne
löbliche Eigenschaften und Werke. Ein Haßs , d. i. ße-
wahrer des Koran^s (wie Alle heissen , welche denselben
auswendig wissen), war er den Gesetzgelehrten geneigt
und baute für dieselben, nach seines V'aters Beispiel, eine
hohe Schule, gegenüber dem Grabmale des Scheich's Karchi,
80 nach dem, vorzüglich von Schiiten bewohnten Stadtviertel
Bagdad's genannt, welche aus vier iVledreseen für die vier
Ritus des Islam's bestand*). Im dritten Jahre seiner Re-
gierung erschien ein mongolisches Heer in der Wälie von
Bagdad, von wo es zu Baahiba durch den kleinen Diwitdar
( Staatssekretär} zurückgeschlagen ward *}. Dieser Vortheil
vermehrte den Dünkel Moteaassim's , unter welchem das
Ceremoniel des Hofes von Bagdad auf einen bisher nie ge-
hörten Grad getrieben ward. Die Schwelle des Thronsaales
war ein schwarzer Stein, welchen Alle, selbst Gesandte und
Fürsten, die ihre Belehnung empfingen, nicht ausgenommen,
sieh unterwerfend küssen und dann den schwarzen Schleier,
welcher dem daranstossenden Fenster vorgezogen ward , wie
den Vorhang des Heiligthums der Kaaba verehren mussten.
Medschdeddin Ismail, der Gesandte des Atabegen Ebubekr
Ben Segi , unterwarf sich dem vorgeschriebenen Ceremoniel,
') Uadsclii Chulfa's clirouologische Tafeln uud Kainus. -) Hji-
scWschin. ') Noclibet. ') Ebenda nach Noveiri; bei d'Olisson III.
S. 89.
Zweites Buch. 139
legte aber einen kleinen Koran, den er in der Hand ver-
borgen, auf die Schwelle und küsäte deren statt den Koran.
Wann Moteaassira ausritt, sass er auf hohem Rappen, schwarz
verschleiert mit schwarzem Turban, dessen Enden über die
Schultern zurückflogen, von vierzig schwarzen Leibwachen
umgeben; der Rappe war mit goldenem Halsband und edel-
steinbesetztem Zügel und Bügel geschmückt , und wann ihn
der Chalife bestieg, erscholl der Siegesruf, dessen Worte
aus Koranstexten zusammengesetzt: ,,Gott mache das Gute
zum Stirneknoten des Pferdes mid binde es an seine Mähnen ;
er mache die Fasse desselben weiss durch Erreichung aller
Begehren ; er wolle dem Laufe desselben mit losgelassenen
Zügeln alle Sicherheit gewähren , die Eroberungen sollen
seinen Wettlauf am Ziele kennen und das Heil des Erfolgs
seine Zügel dehnen" ! •) Alle moslimischen Fürsten erhielten
den Titel rechtmässiger Herrschaft einzig von dem Beleh-
nungsdipiome Moteaassim's, welche derselbe mittels Ge-
sandten ertheilte, die nebst dem Diplome der Investitur»
Kaftan, Turban, Fahne, Schwert, Ring und ein Maul mit
goldbeschlagenen Hufen und juwelengestickter Satteldecke
zum Geschenke brachten^]). Der Gesandte vollzog nun ein
Paar Tage nach seinem feierlichen Einzüge in die Residenz
des Sultans oder Emirs die Investitur, indem er dem Fürsten
den Kopfbund aufsetzte, den Ring ansteckte, das Diplom
vorlesen Hess und ihm dreimal wiederholte: Sei gerecht
und übertrete das Gesetz nicht; dann erst ward ihm erlaubt,
den Thron zu besteigen, und erst, nachdem er den Thron
bestiegen, ward er für würdig erachtet, dem vom Chalifen
gesandten Maul in Gegenwart des ganzen Hofes den gold-
beschlagenen Huf zu küssen. Der Gesandte warf Geld aus
und begleitete den Sultan, der nun unter einem über seinem
Kopfe emporgehaltenen Sonnenschirme die Stadt durchritt.
Wann immer ein Gesandter des Chalifen an den Hof des
Sultans kam, ward sein Maul bis in den Thronsaal geführt
und ein Vorhang niedergelassen; der Sultan musste vom
') \>'assaf. -) d'Olissoii in. p. 20). nach Noveiri
140 Zweites Buch.
Throne steigen , hinter dem Vorhange den Huf des Maul-
thieres küssen, vorauf er mit dem vom Chalifen gesandten
Ehrenkleide erst Mieder den Thron bestieg. Die Insignien
der Investitur von Seite des Chalifen waren also : Kaftan,
Turban^ Schwert, Ring, Fahnen, Son?ienscfurm und der Huf
des Maultliiers. Krone, Mantel, Schwert, Ring, Fahne finden
sich auch als Insignien der Investitur fürstlicher und kirch-
licher Würden im europäischen Mittelalter; nur an die
Stelle des Hufes trat das Hörn, mit welchem dänische und
angelsächsische Könige ihre Vasallen belehnten '). Das Heer
Moteaassim's war hunderttausend Mann stark, von denen
die Hälfte vom Diwan aus besoldet ; der Befehlshaber des-
selben, Suleimanschah, welchen der Dichter Esireddin Vmani
in Lobgedichten gepriesen. Die innere Verwaltung besorgten
die beiden Dhvitdare (^Tintenzeughalter}, d. i. Staatssekre-
täre; die Geschäfte des Hofes leitete der Scherabdar, Mund-
schenk, aber die Summe der Regierung war in den Händen
des Wesirs Moejededdin Mohammed Abdolmelik El-Alkami,
ein ausgezeichneter Gelehrter in Prose und Poesie, in üeber-
lieferungs- und philosophischen Wissenschaften gleich ge-
wandt, der Chalife aber selbst dem Wohlleben und Sinnen-
genusse ergeben. Die nächsten Hebel seines Verderbens
waren von innen der Wesir Alkami, von aussen der grosse
AstronomeNassireddin, der sich im Geleite Ilulagu's befand.
Alkami; ■ Nassireddin von Tus hatte eines Tages, als Moteaassim
it listen- an den Ufern des Tigris sass, demselben huldigend ein Ge-
""'^,^''^''*'^- dicht dargebracht, das der Chalife, statt, wie es der Wesir
erwartet hatte, reich zu belohnen, auf des Wesirs Alkami
darüber ausgesprochene Kritik in den Tigris warf. Von
diesem Augenblicke schwur der tief beleidigte, tief grollende
Astronome Schöngeist dem Wesir und dem Chalifen Rache;
er verliess Bagdad und verweilte bei dem ihm gleichnamigen
Comthur des Assassinenschlosses Sertacht. Alkami warnte
den Comthur wider seinen Schutzgenossen, als wider einen
') Uoroa an iustrunent of couve^ance, tlie Pure^horn, tlie
Borrstallinrn, Brusshorn ii. s. w., iui dritten Baude der Archaeologia
brittancia I. 7.
Z w e i t e s B u c li. ]41
Ränkeschmied , der ihn im Geiste des Chalifen verderben
wolle; und diese Warnung war nur ein neuer Sporn in die
rachedürstenden Weichen des durch Geringschätzung seines
Gedichtes so tief beleidigten Astronomen Schöngeistes. Als
Gesandter des letzten Herrschers der Assassinen an Mulagu
gesandt, hatte er durch sein grosses Talent sich dessen
Achtung erworben und demselben erst zum Verderben der
Assassinen , dann zu dem des Chalifats sich als hilfreiches
Werkzeug angeboten. Sein Feind, der Wesir Alkami, ar-
beitete seiner Rache durch Verrätherei selbst in die Hände.
Von den nächsten Umgebungen des Chalifen, dem Diwitdar
und dem Mundschenken, nicht die Achtung geniessend, deren
er werth zu sein glaubte, und als Schii dem Chalifen grol-
lend, weil der Sohn desselben, Ahmed, die Plünderung des
nur von Schiiten bewohnten Stadtviertels von Karch und die
hierbei vorgefallenen Gräuel von Schändung und Gemetzel
begünstigt Iiatte. Er schrieb an den Seid Tadscheddin al
Hoseini , welcher damals der erste der Herren der Familie
des Propheten, klagend: „dass die Söhne des Hauses Ali
geplündert, das Volk des Stammes Haschim gefangen und
die Schmach , welche vormals Husein , der Enkel des Pro-
pheten, durch Plünderung seines Harems und Blutvergiessung
getroffen, jetzt wieder erneuert worden sei"'). Der Seid
antwortete im iVamen aller Prophetenverwandten: ,, Die Ketzer
müssen ermordet, verbrannt, ihre Rasse ausgerottet werden;
wenn du nicht mit uns hältst, bist du verloren, du wirst
zu Bagdad weniger geschätzt sein, als vom Manne das
Henna der FVauen und als der Ring dessen, dem die Hand
abgehauen"^). Nach dem Falle von Alamut hielt Alkarai
den Augenklick für günstig zur Förderung seiner Rache; er
sandte heimlich an Hulagu einen Brief, in welchem er, die
Macht des Chalifen verkleinernd und die Schwäche Bagdad's
ins hellste Licht setzend, den Eroberer seine Zügel nach
der Stadt des Heils zu lenken einlud. Hulagu, wohl ein-
gedenk, dass vormals ein Heer >on hundert vier und zwanzig-
•) Wassaf. ^) Derselbe.
142 Zweites Buch.
tausend Mann wider die Mongolen gesandt, zweimal den
Dschurmaghun geschlagen, zauderte, der Einladung Gehör
zu geben, und berieth sich mit Nassireddin, dem Astronomen,
und erst, als dieser ihn versichert, dass „das Unternehmen
im Bunde mit der Gestirne günstiger Stunde'**^, beschloss
er den Marsch nach Bagdad, wo indessen ein Versuch des
kleinen Diwitdar, den Chalifen zu entthronen, das Feuer
des Bürgerkrieges angeflammt. Moteaassim sah sich ge-
zwungen , den Versicherungen des kleinen Diwitdar von
seiner Treue und Ergebenheit scheinbaren Glauben zu
schenken. Die Unschuld desselben wurde laut auf den
Strassen Bagdad's verkündet und der Name des kleinen
Diwitdar, des Feindes Alkami's, sogar nach dem des Cha-
lifen im Kanzelgebete eingeschaltet; das Heer wurde nach
des Verräthers Alkami Vorschlag um die Hälfte vermindert,
ein Drittel des verminderten in die nahe gelegenen Städte
geschickt , so dass nur zwanzigtausend zu Bagdad's Ver-
theidigung blieben ^}. In diesem , durch den Fall Alamuts
und die Verrätherei Alkami's für die Stadt des Heils so
unheilschwangeren Jahre schreckten niclit nur Ueberschwem-
mung des Tigris und FJrdbeben, sondern auch der Brand
von Medina und der Wüstenbrand in Arabien die moslimische
Welt auf. Zu Hara , in der Nähe von Medina, brannte die
Wüste, und allgemein ward geglaubt, diess sei das Feuer,
welches die üeberlieferung des Propheten als den Vorboten
des jüngsten Tages verkündet. Drei Monate lang brannte
die Wüste in der Ausdehnung von vier Parasangen. Zu
Medina zündeten die Einwohner des Nachts kein Licht an,
da der Wüstenbrand die Stadt erhellte. Dieses, wie es
scheint, elektrische Feuer soUHulz verschont. Eisen verzehrt
haben , so dass von hineiiigeschossenen Pfeilen daf Holz
unversehrt, die Spitze zerfressen ward ^ ). Nach dem Wüsten-
brande plünderten Beduinen die Stadt, bis man das Thal,
aus dem sie ausfielen , mit steinerner Mauer verdämmte. Das
grösste Unglück aber entstand durch die Unvorsichtigkeit
'j Wassai". -) Nochbet. ^) Nochbet.
Zweites Buch. ]43
eines der Küster der Moschee des Propheten, der eine
Kerze umfallen Hess , wodurch die Moschee in Brand gerieth
und mit derselben die ganze grosse Büchersammlung auf-
flammte'^, so dass dieses Jahr zwei der reichsten Biblio-
theken in Flammen aufgingen , die von Alamut und die von
Medina ; der Verlust von dieser war aus mehr als einem
Grunde weniger beklagenswerth , als der von jener, indem
zu Medina meistens nur Korane und Bücher der Ueber-
lieferung, zu Alamut aber mathematische und philosophische
Werke ein Opfer des Brandes, die dort ein Werk des Zu-
falls, hier der zu verdammenden Willkür des gelehrten
Wesirs Athamüllc Dschuweini.
Diess waren die Zustände Bagdads, als Hulagu, durch Gesandt-
Alkami's Einladung und Nassireddin's Vorhersagung aufge- schaften
muntert, von seinem Lager zu Ilamadan aus an den Chalifen ""''^i'" * ""
^ 1 • 1 » I I . ■ 1 d*"'* Chalifen
einen Gesandten mit dem Begeiiren schickte, dass er ^^^- und Frovhe-
weder selbst erscheine oder eine der vier Säulen seines zeilnoufen.
Hofes, nämlich den Wesir, den kleinen DiwiJdar, den Heer-
führer Suleimanschah oder den Mundschenken sende. Mo-
teaassim,' statt diesem befehlartigen Begehren zu willfahren,
sandte den Scherefeddin Ibiiol Dschewsi, einen durch Be-
redtsamkeit ausgezeichneten Gelehrten, und den Bedreddin
Mohammed von Nachdschiwan. Hulagu , als er von ihrer
Sendung Kunde erhielt, sagte in aufwallendem Zorne: Der
Chalife handelt krumm, wie ein Bogen; Gott gebe, dass ich
ihn wie ein Pfeil gerad machen könne ^ ). Uen Gesandten,
als sie vor ihm erschienen, herrschte er entgegen: Gott
hat dem Hau^e Tschcngischan's die Herrschait vom Osten
bis Westen verliehen; wer sich uns unterwirft, dessen Blut
und Gut wird nicht verderbt und vergossen, wenn nicht, ist
dessen Untergang beschlossen. Wir ziehen mit einem Heer,
zahlreich wie Heuschrecken und Ameisen, wider Bagdad.
Als die Gesandten mit dieser Botschaft zurückgekehrt, rietli
Ibn Alkami, tausend Lasten Korn, tausend Kameele, tausend
Pferde für Hulagu mit vielen Geschenken für die Prinzen
') Nochbct, Hadscai Chalfirs chronol. Tuielii. ') Hcsclndeddin.
144 Zweites Buch.
huldigend , mit Ueberlassung der beiden Majestätsrechte des
Islams: des Kanzelgebets und der Münze, abzusenden. Der
kleine Diwitdar Modschahiddin Ibek machte Vorstellungen
dagegen, aber Ibn Alkami, der die Schwächen und den
Dünkel des Chalifen kannte, bestärkte ihn in demselben,
indem er in seinen Reden die Macht der Mongolen ver-
kleinerte, die des Chalifen vergrösserte und dem neuauf-
geschossenen Pilzlinge mongolischer Herrschaft die uralte
legitime des Hauses Abbas entgegenstellte. Suleimanschah,
der Oberstbefehlshaber, Fetheddin Ibn Kerr, der grosse
Diwitdar und der kleine Modschahiddin Ibek versammelten
sich beim Wesire, ihren Aerger über die Sorglosigkeit und
Blindheit des Chalifen in bitteren Worten lüftend. Suleiman-
schah trug sich an, dem Feinde entgegen zu ziehen, and
Alkami ging zum Scheine in den Vorschlag ein , wohl wis-
send, dass der Chalife seinem Rathe folgsam, dass er
Rüstung und das zum Solde der Truppen nöthige Geld
verweigern werde ' ). Er sandte auf dessen Rath den Bed-
reddin von ISachdschiwan und den Richter Berdindschan
mit geringen Geschenken und der hochtrabenden Botschaft:
Alle Fürsten, welche sich jemals wider das Haus Abbas
zu erheben gewagt, seien zu Grunde gegangen; Beispiele
davon seien Jakub Leis der Soffaride, der Türke Besasiri,
der Seldschuke Sultan Mohammed und Mohammed Chuaresm-
schah , welche Alle das Verderben ereilt, das auch Hulagu's
harre, wenn er auf seinem Vorhaben bestehe. Hulagu,
ergrimmt, antwortete ihnen mit dem persischen Verse des
Schahname*):
Bau' nur zu, aus Eisen deinen Wall,
Führe Bollwerk auf mit Ziunen, die von Stahl,
Riist' aus ein Heer von Penis und von Dschinnen,
Komm' nur heraus, du wirst den Tod jjewinnen;
Birgst uiiter'm Uinimel dich, ich will dich suchen,
Ich werde dich im Sciiluud des Löweu suchen.
'3 Reschideddin. ') d"Ohssun III. 2'22 gibt die Botschaft, aber
nicht die Antwort, und sagt: Houlagou les congedia sans faire
grande attention a leurs discours.
Zweites Buch. I45
Hiilagu war nun zuerst bedacht, sich des grossen Passes
von Derüeng, d. i. Engthor, welcher über das gordiaisclie
Gebirge oder den Zagros in die Ebene des arabischen Irak
führt, zu versichern. Auf steilem Felsen, auf der Heer-
strasse vom persischen ins arabische Irak erhebt sich das
Schioss in einer engen Schlucht, wovon es den Namen
Engthor führt. Die Bewohner dieser Felsenschlucht waren
nicht minder durch ihre Schönheit, als das Schioss durch
seine Festigkeit berühmt '^ Dieselbe wird vom Diala durch-
brochen, welcher in der Entfernung einiger Stunden oben
an den Ruinen von Kassr Schirin (^das alte Artemita} vor-
beifliesst. Hulagu, dem nicht unbekannt, dass Hosaraeddin
Aka, der Befehlshaber des Engpasses, sich über den Cha-
lifen zu beklagen habe, lud ihn zu sich, überhäufte ihn mit
Ehren und Geschenken und schenkte ihm die Schlösser
Disser, d. i. das Goldschloss, Dis Merdsch, d. i. das Wiesen-
schtoss, und einige andere; aber hierdurch übermüthig,
sandte Aka an Ssalaje , den Befehlshaber von Irbil , Wort,
dass , wenn ihm der Chalife sein Vertrauen schenken wolle,
er mit hunderttausend Turkmanen und Kurden den Hulagu
zurückzutreiben bereit. Der Chalife gab diesem Vorschlage
kein Gehör. Hulagu, der davon Kunde erhalten, sandte
den Keilbuka mit dreitausend Heitern mit dem scheinbaren
Auftrage, sich mit Aka über die Mittel des Marsches nach
Bagdad zu berathen. Dieser ging in die Falle; Keitbuka,
Herr seiner Person, forderte die Schleifung '1er Schlösser
und er ward, nachdem dieselben geschleift waren, getödtet.
Kein günstiger Stern waltete über dem Haupte des von
Mengukaan seinem Bruder zur Berathung beigegebenen
Astronomen Hosameddin. Um seine Meinung über den Zug
wider Bagdad befragt, sagte er unter Verbürgung mit seinem
Kopfe, im Falle, dass der Marsch unternommen werde,
sieben Unfälle voraus: den Fall von Pferden und Menschen
durch Seuchen, Mangel an Sonne und Regen, schreckliche
Orkane und Erdbeben, Unfruchtbarkeit und Hungersnolh
') Dschihannuuia S. 456.
Hammer, Geschichte der Uchane. I. 10
146 Z M- e i t e s n II c li.
\\iu\ endlich den Tod eines grossen Monarchen im seilxMi
Jahre. Iliilagu licss sich diese Prophezeihnng nnd Bürg-
schaft schriftiicli gehen und befragte nun den Astronomen
Kassireddin, was denn geschehen wiirde , wenn er nacii
Bagdad zöge; Nichts, antwortete Nassireddin, als dass Hu-
lagn die Stelle des Chalifen einnehmen wird. Er zerstrente
hierauf alle Besorgniss Ilulagu's über etwa aus solcliem Zuge
wider Bagdad zu befürchtende Unglücke durch die Anfüh-
rnng geschiclitliclier Beispiele. Tahir sei aus Chorasan wider
Bagdad gezogen und habe den Bruder des Chalifen er-
schlagen; Motewekkil und sein Sohn und mehrere Chalifen
seien erschlagen worden, ohne dass für die Stadt irgend
ein Unheil daraus entstanden. Hulagu ergab sich gern den
seinen Wünschen schmeichelndei» Versicherungen des Astro-
nomen von Tus; der andere wurde, da keine seiner Pro-
phezeihungen eingetroffen, fünf Jahre hernach hingericlitet.
„ . . Die Anordnung der verschiedenen Heereskörper, welche
Marschnach vermöge Hulagu's Befehl nun Bagdad von allen Seiten um-
Bagdad. zingelten , ist eines der scJjönsten Zeugnisse für Hulagu's
grosses Feldherrntalent. Dschunnaghun und Baidschu Nujan,
die beiden in den persischen Feldzügen ergrauten Feldherrn,
welchen aber seit Hulagu's Eintritt in Persien ihr Standort
in Kieinasien angewiesen worden, befehligten den rechten
Flügel, der, von Irbil und Mossul heranrückend, über die
Brücke von Mossul ging und sich auf der Westseite von
Bagdad niederliess. Mit ihnen vereinten sich die Prinzen
Bulghüj Kuli, Kolar (^der Enkel Batu's) und die persischen
BuJx-a Timur und Sundschak Nujan , welche die Strasse von
Schehrsor über Vakuh heranzogen. Keithuka, der Befehls-
haber des Vortrabs beim Einmärsche Hulagu's in Persien,
mit Kuriisun und llha kamen mit dem linken Flügel von
Seite Luristan's und Chusistan's. Hulagu selbst stand mit dem
schweren Gepäcke des ganzen Heeres im Mittelpunkte zu
Hamadan und brach in den ersten Tagen des Januars des
Jahres tausend zweihundert acht und fünfzig, gerade zwei
Jahre nach dem Uebergange über den Oxus , gegen den
Tigris über Kermanschahan und Holwan auf. In seinem
Zweites n II c li. 147
Geleite die grossen Emire Koke Ilka »iiul Arghnnaga , die
beiden Bitekdschi (^Kanzler) Karakal und Seif eddin , der
Staatssekretär Alaeddin Athamülk von DscMiwein, der grosse
Geschichtschreiber, und Nassireddin von TtiSj der grosse
Astronom ; jener , um die Thaten ond Begebenheiten des
Feldzugs zu beschreiben, dieser, um die durch den Lauf
der Gestirne angezeigten günstigen Stunden anzugeben; jener
die Feder, dieser der Zeitmesser des Feldzugs. Von Esed-
abad aus sandte Hulagu aberroal einen Gesandten nach
Bagdad, um den Chalifen zur Uebergabe aufzufordern, und
zu Deinewer erschien aberraal Ibnol Dschewsi, der Gesandte
des Chalifen, mit dem Antrage: die Summen, welche Hulagii
aussprechen würde , jährlich in dessen Schatz abzuführen,
und mit der Bitte : dass das Heer zurückkehren möge.
Hulagu antwortete: Da wir schon so weit gekommen, um
den Chalifen za sehen, wie sollen wir nun umkehren, was
nach persönlicher Zusammenkunft geschehen mag. Von
üemewer ging der Marsch über Kuh Girdaa^ und am sie- ^.-^.
beuten Tage nach dem Aufbruche von Hamadan ward Ker- 13. Januar
manschahan geplündert und verheert. Von hier wurden Eil- i^-5S
boten abgefertigt, um die Ankunft von Sundschak, Baidschu
und Suntai zu beschleunigen ; sie warteten zu Takkesrai und
brachten als Gefangene den Ibek von Haleb und Seifeddin
Melik mit sich, welche sie streifend aufgegriffen. Hulagu
schenkte Beiden das Leben und machte sie zu Dienern der
Schildwachen '^ Die Emire wurden , mit schmeichelhaften
Beweisen von Gunst und Freigebigkeit überhäuft, zurück-
gesendet, um auf das Eheste den üebergang über den Tigris
auf der westlichen Seite von Bagdad zu bewerkstelligen.
Von dort holten die Verräther des Heeres des Chalifen
die beiden Chuaresmier Kara Sankor und Su!ia?idsckuk,
die Befehlshaber der mongolischen ein; Kiptschak schrieb
an den ersten: Du und ich sind von Einem Stamme (^Türken);
wir haben uns unterworfen und befinden uns gut dabei, thuet
desgleichen. Kara Sankor antwortete in dem Sinne dea
') Kökeri gesik.
10*
148 Zweites Buch.
Astronomen Ho^ameddin : Wie sich ein neu aufgeschossener
Zweig, wie die Herrschaft der Mongolen, mit dem schon
ein Jialbes Jahrtausend wurzelnden Stamme des Chaiifats
messen könne? Wenn sich Ilulagu unterwerfen wolle, würde
man trachten, durch Vennittelung des Diwitdars den Frieden
vom Chalifen zu erwirken. Hulagu, als man ihm dieses
Schreiben brachte, lachte darüber und sagte: Meine Hilfe
kommt von Gott und nicht vom Gold; wenn er mir hilft,
was kümmert mich die Zahl der Heere des Chalifen ^).
Bdcidad's ^'" neuer Gesandter ward nach Bagdad abgefertigt,
Belagerung, um den Chalifen zur Unterwürfigkeit aufzufordern, und zu-
gleich nach Holwan aufgebrochen, wo eine Woche gerastet
ward. Indessen gingen die Emire ßaidschu, Buka Timur
und Sundschak über den kleinen Tigris und standen am
Kanäle Nehr ha. Sundschak erbat sich ven Baidschu die
Erlaubniss aus, den Vortrab des westlichen Heeres gegen
Bagdad zu befehligen, und nachdem er dieselbe erhalten,
rückte er bis Dscherbije vor. Mndschahideddin Ibek , der
kleine Diwitdar, und Felheddin Ibnol-Kerr, die F^eldherren
des Chalifen, waren mit zehntausend Mann bei Jakuba über
den Diala und dann über den Tigris gegangen und trafen
mit dem mongolischen Vortrabe in der Gegend von Enhar"^ ).,
neun Parasangen westlich von Bagdad, zusammen, Fetheddin
Kerr wollte die Schlacht hier nicht wagen, aber die ünge-
stümrae des Diwitdar zwang ihm dieselbe auf. Der Sohn
Kerr's , um seinen Sinn kund zu geben, dass er auf dem
Schlachtfelde feststehen und dasselbe keineswegs als Flüch-
tiger verlassen wolle, ritt statt eines Pferdes ein Maulthier,
dessen Hufe so schwer mit eisernen Schienen beschlagen, dass
es zur Flucht untauglich^}. Die Schlacht dauerte den ganzen
*) Reschideddin setzt die Verse hinzu ?•
^Yas sind Anieieeu mir, was Elephanteuwuth ,
"\A'as Ouell , was Fluss und was des Alles Fluth;
Und wenn sich der Befehl von Gott nun anders wendet,
Wer weiss woiil ausser Ilim^ wie dieses Werk noch endet.
*) Bei Köschk Manssur oberMesrike: Reschideddin. Wassafsagt:
in der Nähe von Dudscheil. ^) Wassaf.
Zweites Buch, |49
Tag und endete mit der Vernichtung des Heeres des Cha-
lifen, von welchem der Diwitdar nur der Selbdritte entfloh.
Als er mit der Nachricht des verlorenen Heeres vor dem
Chalifen erschien, der eben Schah spielte, sagte dieser blos
dreimal: Gott sei Dank für das Heil Mi/dschahideddi7i's.
Moteaassim's an Blödsinn gränzende Sorglosigkeit und Un-
wissenheit ging so weit, dass, als man ihm die erste Nach-
richt brachte: die Vorposten der Mongolen hätten bereits
die Höhen von Hamrin (^das von Westen nach Osten zwisclien
dem Enphrat und Tigris nach Tekrit laufende niedere Ge-
birge^ passirt, er fragte: wie das wohl möglich? Man
antwortete ihm: „Das Heer der Tataren, die wie die Meeres-
fluthen einherfahren, überfliegt der Berge Gipfel wie der
Adler Schaaren ; da sie den Damm von Gog und Magog
für Spinngeweb' ansehen, was soll auf des Hamrin's Höhen
aus ihren Hufen wohl anders erstehen, als Staub, was soll
aus dem Sturme , in dem sie daherfahren , wohl anders auf-
gehen, als Feuer und Raub" '}. In der Hälfte desMoharrem 14. Mohär-
stunden die drei Nujahe, Baidschu , Buka Timur und Sun- L^JH
dschak auf der westlichen Seite des Tigris vor Bagdad, is.58
während Keitbuka und die mit ihm von Nachaire kamen,
und Hulagu mit dem schweren Gepäcke zu Chanikin stand.
Am folgenden Tage lagerte er an der östlichen Seite von
iBagdad, das nun von allen Seiten, wie von Ämeisenzügen
und Heusch/eckenschwärmen , und nach der mongolischen
Belagerungsweise sogleich mit einer Mauer, oder, um rich-
tiger zu sprechen , mit einem in aller Eile aufgeworfenen
Erddamme eingeschlossen ward. Dienstags den nenn und S2. flJo'itirr.
zwanzigsten Januar begann der Kampf. Iliilagu stand auf*<9. Jiinuur
der Heerstrasse von Chorasan , gegenüber dem persischen
Bollwerk, Ilka Nujan vor dem Gülwadiscfien Thore , die
drei Prinzen, Enkel Dschudschi's, mit Schiramiin und Arktin
vor dem Thore des Sultansmarktes, Buka Tiimir auf der
Südwestseite an den Mühlen, Baidschu und Sundschak auf
der Westseite gegenüber dem Spitale , welches Adhaddewiet,
•) Wassaf.
150 Zweites Ruch.
der grosse Herrscher aus dem Hause Buje, der erste zu
Bagdad, gebaut. Die Belagerungsmaschinen waren vorzüglich
gegen das persische Bollwerk gerichtet und in demselben
bald Wallbruch gemacht. Nun sandte Moteaassim den Wesir
und einen Bischof'} mit der Botschaft, er füge sich dem
Verlangen des Padischah, welcher verlangt, dass ihm der
Wesir gesendet werde ; — „diess", antwortete Hulagu, „war
mein Begehren zu Hamadan, wie soll ich mich aber vor
Bagdads Thoren mit Einem begnügen? Es sollen auch die
drei anderen Säulen der Herrschaft des Chalifen erscheinen,
der Diwitdar, der Scherabdar und Suleimanschah, der Ober-
befehlshaber des Heeres." Am folgenden Tage erschien der
Wesir mit einer Schaar von Vornehmen, aber ohne die ver-
langten Drei. Hulagu sandte sie zurück; er befahl, ein an
die Richter, Scheiche, Danischraende (^Studenten}, Arkaune
(christlichen Priester} von Bagdad gerichtetes Diplom, wo-
durch denen, die sich friedlich halten würden, das Leben
zugesichert ward, in sechs Abschriften von sechs Seiten der
Stadt durch Pfeilflug in dieselbe abzufertigen. Die Wurf-
maschinen schleuderten in Ermangelung von Steinen Thon-
flötze, die man von Hamrin gebracht, und abgehauene Palmen
wider das persische Bollwerk , das Freitags am ersten Fe-
i. Februar bruar zu Boden sank.
Am fünften Februar standen Hulagu's Krieger bereits
Bagdad's ® ®
Eroberuna *"^ *^^^ Mauer des Bollwerks, während auf der anderen
Seite die Prinzen noch nicht bis an den Fuss der Mauer
vorgedrungen waren. Hulagu sandte ihnen ausscheltendes
S v h VVort und befahl zugleich, Brücken zu schlagen. BukaTimur
wurde mit einem Toman , d. i. mit einer Abtheilung von
zehntausend Mann , auf der Heerstrasse von Medain und
Bassra befehligt, um die, so etwa mit den Schiffen auf dem
Tigris zu entfliehen versuchten, aufzufangen. Der Diwitdar,
welcher auf diese Weise mit mehreren Schiff^en zu entkommen
hoifte, wurde aufgehalten, drei Schiffe genommen, die an-
deren versenkt oder zerstört. Auf diese Nachricht entsank
^ö.Muhar-
rem
^S. Moharr
') Dseharlik) ci^cullich Diakuu.
Zweites Buch. 15X
dem Chalifen aller Muth zu fernerem Widerstände; er sandte
den Fachrcddin von Demaghan und den Ibn Dernus mit
wenigen Geschenken; denn er fürchtete, dass, wenn er
viele sendete, die Grösse derselben für den Maassstab seiner
Furcht gelten könnte. Hulagu wies dieselben mit den Ueber-
bringern zurück. Am folgenden Tage kam Ebulfadhi Abder-
rahman an der Spitze aller Grossen mit grossen Geschenken;
aber auch diese wurden nicht genehmigt. Hulagu sandte
den IVassireddin von Tus als Gesandten in die Stadt; welcher
Triumph für den rachsüchtigen Astronomen, welcher seiner
Empfindlichkeit für die Verschraähung seiner Verse die
Stadt des Heils und das Heil des Chalifats geopfert, welcher
Triumph für ihn, dem Chalifen nun im Namen des Siegers
Gesetze vorzuschreiben! Am folgenden Tage kehrte er
zurück , und Hulagu sandte die aus der Stadt gekommenen
drei Gesandten , den Fachreddin Demaghani , den Ibuot
Dschewsi und Ibn Dernus, mit dem Begehren, dass Suleiman-
schah und der Diwitdar erscheinen mögen. Sie erschienen i. Ssafer
wirklich zwei Tage hernach. Hulagu sandte sie wieder in 7. Februar
die Stadt zurück , um die Ihrigen mit sich za bringen. Die
syrischen und irakischen Truppen und eine Menge Volkes ,
benützten diese Gelegenheit, um die Stadt zu verlassen und
sich in's Lager der Mongolen , wo sie Rettung und Sicher-
heit zu finden hofften , zu begeben ; sie wurden in Tau-
sende, Hunderte und Zehn abgetheilt, den mongolisclien
Befehlshabern der Tausender, Hunderter und Zehner über-
geben und von diesen regelmässig umgebracht. Abgeordnete
kamen aus der Stadt, um das Leben der noch Zurückgeblie-
benen zu erflehen, die Alle unterwürfig. Hulagu begehrte,
dass der Chalife seine Söhne sende und selbst komme.
Während diesen Unterhandlungen ward einem Inder Bitek-
dschi, der bei Hulagu in grossem Ansehen, ein Auge aus-
geschossen; Hulagu, hierüber ergrimmt, wollte nun \oi\
weiterem Aufschub nicht mehr hören. Er befahl dem Nassir-
eddin von Tus, sich an's Thor der Wettrenner') zu begeben
') Babol-Halbe.
152 Z \v e i t e s n « c li.
g. S.sufir ,j{,j iJie Einwohner mit Zusichermig des Lebens Iierauszu-
• ** '' führen; als diess geschehen, wurden sie Alle niedergemacht.
Siileimanschah wurde mit Siebenhundert der Seinen in die
Gegenwart Huiagu's geführt. Dieser fragte ihn: Wie kommt's,
dass du, ein Sternkundiger, nicht den Frieden vorgezogen
und deinem Herrn nicht dazu gerathen? Suieiraanschah
erwiederte: Der Chaiife ist an Geist und Glück verwahrlost
und leiht denen, die es wohl mit ihm meinen, kein Ohr.
Suleiman und seine Siebenhundert wurden niedergemetzelt,
so auch der Diwitdar und dessen Sohn, und die drei Köpfe
an Bedreddin Lulu, den Atabegen von Mossul, gesandt, der,
ein Freund Suleimanschah's, seinen Tod beweinte, aber
notligedrungen, um nicht seinen Kopf zu verlieren, den des
Freundes au dem Thore seines Palastes aufhängen musste.
Nach diesem tragischen Ende seiner Getreuesten rief der
Chaiife seinen Wesir und fragte ihn , was zu thun ; dieser
antwortete ihm mit dem arabischen Distichon:
Sie wälnien, es sei leicht, Geschäft zu schlichten,
TnHess das Schwert sich schärft, um lüu/.urichteu.
Endlich begab sich der Chaiife , mit seinen drei Söhnen und
von dreitausend Seiden, Imamen , Scheichen und Kadis be-
gleitet, Freitags den zehnten Februar zu Ilulagu. Dieser
empfing ihn ohne Merkmal des Zorns und begehrte kalt
und ruliig, der Chaiife möge Wort in die Stadt senden,
dass die Einwohner die Waffen wegwerfen und zur Zählung
lierauskommen möchten. Der Chaiife gehorchte und Bagdad'»
Einwohner gingen wie Schafe zur Schlachtbank, denn statt
gezählt zu werden, wurden sie ungezählt Alle getÖdtet, der
Chaiife und seine Söhne in Zelte gewiesen vor dem Gül-
7. Ssafer xvadischen Thore, wo der Standort Keitbuka's. DrvA Tage
i^<^<" hernach begann die allgemeine Plünderung. Alle Paläste
und Gebäude wurden niedergebrannt, bis auf einige wenige,
ausdrücklich ausgenommeiie Häuser von Arkaunen , das ist
nestorianischen Priestern und Fremden. Die Priester dankten
diese Schonung vermuthlich Niemanden Anderem, als ihrer
Glaubensgenossin, der ersten Gemahlin Huiagu's, der grossen
Frau Tokus, der Keraitin, welcher im Lager Kapelle mit
4, Ssafer
10. Febr.
Zweites Buch. 153
Glockengeläute gestattet ward. Unter den Fremden sind
vielleicht fränkische Kaufleute gemeint, Venezianer und
Geuueser, welche sich zu Bagdad des Handels willen auf-
hielten.
Freitags am fünfzehnten Februar begab sich Hulagu Blutbad und
selbst in die entvölkerte, niedergebrannte, verheerte Stadt Hinrichtung
und ordnete auf den Ruinen derselben Feste an. Er Hess ^* "' "'
den Chalifen vorführen und sagte ihm: Du bist der Gast-
geber und ich der Gast; tische uns also auf, was du hast.
Der Chalife zitterte und hatte aus Furcht alle Besinnung
verloren, so dass er die Schlüssel zu den Schatzkisten, die
er ausliefern sollte, nicht fand. Die Kisten wurden erbrochen
und er brachte huldigend dem Sieger zweitausend Kleider
und zehntausend Goldstücke nebst vielen Juwelen und an-
deren Kostbarkeiten dar. Hulagu würdigte das Geschenk
keines Blickes und befahl, es unter die Emire und die
nächste Umgebung zu vertheiien. Dann herrschte er weiter:
Was über der Erde von deinen Schätzen, ist klar und
offenbar; doch nun entdecke uns auch die unterirdischen.
Der Chalife gab die unterirdische Cisterne an, bei deren
Anblick sein Urgrossvater Nassir so oft seufzte, dass er die-
selbe trotz seines Zusammenscharrens von Gold nicht damit
ganz füllen«, sein Vater Mostanssir , dass er dieselbe trotz
efeiner verschwenderischen Freigebigkeit nicht ganz leeren
konnte. Moteaassim's Geiz hatte den durch des Vaters Frei-
gebigkeit entstandenen Abgang wieder ausgefüllt. Hierauf
wurde das Frauengemach des Chalifen gezählt; es waren
siebenhundert Sklavinnen und tausend Verschnittene. Der
Chalife, als er den Zählungsbefehl vernahm, bat um Scho-
nung dieser, selbst von Sonne und Mond nie geschauten
Schönheiten. Hulagu erlaubte ihm, hundert auszuwählen.
Mit sinkender Nacht kehrte Hulagu aus der Stadt wieder
in's Lager zurück und befahl dem Sundschak Nujan , die
Schätze des Chalifen in Besitz zu nehmen; die seit einem
halben Jahrtausend aufgehäuften Schätze wurden rings des
Herrscherzeltes aufgeschichtet; die edelsten Wallfahrtsstätten,
wie die Moschee des Chalifen, die Grabstätte Musa's, die
154 Zweites Buch.
Grabmäler'von Roesafa, wurden geplündert; die noch übrigen
Einwohner der Stadt baten durch Scherefeddin von Meragha
und Schihabeddin von Sindschar una Schonung und Ver-
gebung; da erging der Befehl, dass das Blutbad und die
Plünderung aufhöre, denn Bagdad sei sofort des Padischah's
'^■>^<</f>' liJigentlium. Hulagu, zog nach einigen Tagen , der unge-
sunden Luft willen , sein Lager auf einige Entfernung von
der Stadt zurück; dann Hess er abermals den Chalifen in
seine Gegenwart fordern. Der Chalife sagte zum Wesir :
Was ist zu thun ? „Unser Bart ist lang", antwortete dieser
in bitterer Beziehung auf das Wort des Diwitdar's, der, als
der Wesir bei der ersten Aufforderung Hulagu's gerathen,
sich mit einer reichen Ladung von Schätzen abzufinden , dem
Chalifen sagte : „Der Wesir hat einen langen Bart" (^auf
das arabische Sprichwort hindeutend : langer Bart und
kurzer Verstand^. Der Chalife bat nun den Ilchan um die
Erlaubniss, sich in's Bad zu begeben, welche ihm Hulagu
unter der Begleitung von fünf Mongolen gewährte. Ich
wünschte nicht, sagte Moteaassira , die Gesellschaft von fünf
Folterengeln, und declamirte einige Verse einer berühmten
Kassidet , deren Anfang :
Wir wachten auf iu einem Freudenhorte ,
Voll Paradieseslust und Pracht ; ♦
Der Abend findet uns an einem Orte,
Woran wir gestern nicht gedacht.
14. Ssafer Am selben Tage, wo Hulagu sein Lager von Bagdad
20. Febr. zurückzog, wurde der Chalife, in einen Teppich einge-
wickelt, zu Tode gerollt und unter den Hufen der Pferde
zertreten; drei seiner Söhne und seine fünf Begleiter wurden
im Dorfe iVakf hingerichtet, und am folgenden 'Vftg^ Alle
die, so am Gülwadischen Thore zurückbehalten worden
waren, getödtet ; der jüngste Sohn des Chalifen , JMubarek-
schah, wurde der Gemahlin Hulagu's, der Frau Oldschai,
zum Geschenke gemacht, welche ihm eine mongolische Sklavin
zur Frau gab und an Nassireddin von Tus nach Meragha
sandte. Am selben Tage mit dem Chalifen wurde der Wesir
Alkami und der Staatssekretär, Vorsitzer des Diwans, Fachr-
Zweites Buch. I55
eddin von Demaghan in die Stadt gesendet und Ali Bchadir,
der Steuereinnehmer, welcher das Heer während der Be-
lagerung mit Lebensmitteln von Baakuba aus versehen hatte,
zum Statthalter, der Emir Karakal Imadeddin von Kaswin
zum Naib (^Stellvertreter des Richters) ernannt ; dem
Nedschmeddin Ebi Dschaafer Araran, der den schönen Bei-
namen Meliki rast, d. i. des geraden Königs, führte, wurde
die Steuereinnahme über das östliche Gebiet Bagdad's an-
vertraut und dem Richter der Richter JNisameddin Abdol-
mumin uie Aufrechthaituug der Polizei aufgetragen! Ilka
>'ujan und Kara Buka wurden mit dreitausend Mann zur
Aufräumung des Schuttes und zur Beerdigung der Todten,
zur Auferbauung der verheerten Gebäude befehligt; ein
vergeblicher Befehl, denn das alte Bagdad erstand nie wieder
in seinem vorigen Glänze; und als sechzig Jahre nach der
Eroberung der Geschichtschreiber Wassaf Bagdad besuchte,
war nicht der zehnte Theil der alten Gebäude und Be-
völkerung vorhanden; dem Ibnol Alkami aber, dessen Ver-
rätherei die Hauptursache des Ruins des Chalifats, und
welcher nur drei Monate die Eroberung Bagdad's überlebte,
ward noch allgemein geflucht, uud an den Thoren der Mo-
sclieen und Medreseen war die Inschrift zu lesen: Gott
verfluche deti , der nicht fluchet detn Ibnol Alka7ni ' ).
Von Hilie, das der Sitz der Seide, Prophetenvervvandten, Gesandt-
hatte der Vorsteher derselben, Medschdeddin Mohammed ^c^^cß^" ««
Ibnol Hasan Ben Taus (das erste Viertel dieses vierthei- "".'/"•■
Alkami's
ligen langen Namens, heisst Glaubensrtihm, das letzte Pfauen- j,^^ . j^HfH^^
sokti) durch einen Gesandten ein Schreiben unterwürfigen thekenruin.
Inhalts anHulagu gesandt^). Dieser entgegnete ihnen Diplom
und Geschenke durch Tekele und Ali von JVachdschiwan,
welcher als Gesandter, der Emir Alaeddin der Perser als
Statthalter nach Hille gingen^). Ihnen folgte auf dem Fusse
Buka Timur, der Bruder der Frau Oldschai, um sich Hille's,
') Ein scliiitischer Molla, welcher aus der Inschrift das La
(uicht) we;^Iöschte, ward mit siebzigStockstreichen bestraft. ^Vassilf.
Mirchuaud : Nuveiri ; bei d'Ohssou HI. p. 243. ^) Das Schreiben
des Laugen uoch bei Wassaf. ^) Reschideddio; Wassaf.
156 Z w e i t e s B u c li.
10. Ssnfer Wasith's lind Kufa's zu bemächtigen. Die Bewohner Hiile's
/'tö/'. i(ame„ [1^^ freundlich entgegen und erleichterten seinen
Marsch, indem sie Brücken über den Euphrat schlugen.
Von den Bewohnern Wasith's, das sich nicht unterwarf,
wurden vierzigtaus^nd niedergemetzelt. Von Wasith zogBuka
Tiraur gegen Chusistan , den SchereflFeddin Ibnol-Dschewsi
mit sich führend , um durch denselben die Einwohner der
Stadt Schuster zur Uebergabe zu bereden. Bassra und die
Umgegend unterwarf sich gutwillig, der Emir Sfdfeddin,
der Bitekdschi, erbat sich hundert Mongolen als Sicher-
heitswache für die Grabstätte Ali's zu Nedschef ; nach Ver-
lauf von fünf Wochen war Buka Timur im Lager zurück.
' '.^..r. "/ ~ Ein Monat nach der Eroberung Bagdad's wurden die Ge-
gff MfVri^ sandten des Fürsten der Ejubiden zu Haleb mit einem von
Nassireddin von Tus aufgesetzten arabischen Schreiben zu-
rückgefertigt; es lautete: „Wir haben gelagert vor Bagdad
im Jahre sechshundert sechs und fünfzig und übel tagte der
Morgen über die Bewohner, und wir luden den Besitzer
ein; er weigerte sich; da ward an ihm das Wort erfüllt,
und wir nahmen ihn gefangen. Wir laden dich ein zu
Unserem Gehorsam; wenn du denselben verweigerst, ist's
dein Verderben. Sei nicht wie der, der sich streitet um
ein Aas, denn der Listige verliert, er weiss nicht was,
sonst wirst du seyn von den Verworfenen, welche ihren
Fleiss auf das irdische Leben wenden an, und die da wähnen,
sie hätten Etwas für's Künftige gethan; Heil dem, der wahrer
achir Leitung folgt!" Hulagu befand sich in der zweiten Hälfte
iT. April Aprils wieder bei seinem schweren Gepäcke'") zu Han^adan,
ie.Rebiul.IT. ^o er seine Gesundheit pflegte, da er unwohl. Fünf Tage
S2. A/Ji-U später erschienen Ilka und die anderen Emire zur Aufwar-
S.Dschem.ll. tung; sechs Wochen hernach starb Moejeddin Ibnol Alkami,
6*. Jitui welcher wenigstens dem Namen nach die Wesirschaft von
Bagdad beibehalten hatte; nacli dessen Tode erhielt dieselbe
sein Sohn Scherefeddin. Wiewohl der Name Ibnol Alkami's
' ) d'Ohsson III. j56. pres de HaniaHan (iii etoieut restes ses
«);^liruks (A»hrik) ; das türkische Aghiilik Iieisst das schwere
Gepäck.
Zweites Buch. I57
nichts anderes als der eines Verräthers auf den Zungen der
glaubwürdigsten Geschichtschreiber, so erfordert es doch
unsere Pflicht, als solcher auch des Ehrenvollen zu er-
wähnen, was eine andere, freilich nicht sehr glaubwürdige
Quelle von demselben meidet Der Verfasser des Sitten-
spiegels der Herrschaft ^^ , welcher sich im Seltsamen zu
gefallen scheint , sucht ihn von aller Schuld der Verrätherei
rein zu waschen , indem er den schlechten Ruf desselben
einzig als Verläumdung und aus dem Hasse und ^ieide der
nächsten Umgebungen des Chalifen, welcher ihm sein ganzes
Vertrauen geschenkt, zu erklären bemüht ist; dass er des
Vertrauens des Chalifen nicht ausschliesslich genoss, erhellt
schon aus dem, dass sein Rath von dem seines Gegners,
des Diwitdar's , überflügelt worden, und dass ihm Hulagu
nach Bagdad's Eroberung den Titel der Wesirschaft liess,
beweiset keineswegs, dass er kein Verräther. Wassaf, welcher
ein halbes Jahrhundert darauf seine Geschichte schrieb, be-
stätigt die Worte Reschideddin's , seines Zeitgenossen, und
entkräftet das angebliche V' ertrauen , das jenem Sittenspiegel
zufolge Hulagu in ihn gesetzt haben soll, durch das, was
er bei dieser Gelegenheit über die löbliche Sitte mongoli-
scher Herrscher sagt: die Verrätherei und Anschwärzerei
zwar zu ihrem Vortheile zu benützen , aber den Verräther
und Anschwärzer zu verachten ; seiner Verrätherei aus
Niederträchtigkeit und Leidenschaftlichkeit ungeachtet, kann
Ibnol Alkami sehr wohl ein gebildeter, selbst gelehrter
Wesir, grosser Gönner und Freund der Gelehrten gewesen
sein, der eine Bibliothek von zehntausend Bänden besass,
deren viele ihm gewidmet waren; selbst der grosse Gelehrte
Nassireddin erscheint in nicht viel besserem Lichte, indem
ihn gekränkte Eitelkeit zur Rache an dem Chalifen durch
den Ruin des Chalifats anspornte, und so stehen der ge-
lehrte Wesir und der gelehrte Astronom leider beide von
Seite ihres Charakters und ihrer politischen Grundsätze in
höchst ungünstigem Lichte vor den Augen der Nachwelt.
') Adabes-Sultanijet.
158 Zweites Buch.
Die zehntausend Bände der Bibliothek Ihn Alkami's) wurden,
wie die der anderen Bibliotheken Bagdad's, von den Mon-
golen entweder in den Tigris geworfen oder verbrannt;
binnen zwei Jahren der dritte grosse, für Bibliotheken ver-
derbliche Brand, in welchem zu Alamut, Medina und Bagdad
die Werke östlicher Weisheit, welche die Welt erleuchten
sollten , ein Raub der Flaramen. Durch diesen dreifachen
Bibliothekenbrand hinnen zwei Jahren ging nur zu sehr in
leidige Erfüllung die Vorbedeutung des um zwei Jahre
früheren Brandes der arabischen Wüste.
IrhiVs Nach Bagdad's Eroberung befehligte Hulagu den Oroktu
firosser, Nnjan zur Eroberung Irbil's, der zwischen dem grossen
u-ohltfuitufer ^^j^d kleinen Sab, zwei Tagreisen von Mossul gelegenen
! , Hauptstadt des oberen Kurdistan's, welches durch die Bauten
persische ^
Künic/stein ; ^^^ ^^^^ ^or acht und zwanzig Jahren ') verstorbenen turk-
die Stern- manischen Fürsten Kewkebusi Ben Ebul Hasan Ali damals
warte von gjjjg jgj. blühendsten Städte des persischen Irak. Dieser
edle Fürst, von welchem die europäischen Geschichtschreiber
bisher nicht die geringste Kunde genommen, ist einer der
wohlthätigsten des Islams und verdient als solcher sehr wohl
seinen doppelten Ehrennamen Melik Moaasem Mosaffereddin,
d. i. des grossgeehrten, durch die Religion siegreichen
Känigs. Täglich speiste er Arme und kleidete sie im Winter;
alljährlich sandte er Commissäre in die Häfen, um Gefan-
gene auszulösen, und nach Mekka, um die Pilgerkarawane
mit Speise und Trank zu versehen. Zu Mekka führte er
die erste Wasserleitung vom Äarafat und baute mehrere
Wasserbehälter, zu Irbii gründete er ein Dutzend wohlthä-
tiger Anstalten, mehrere solche, von denen weder vordem
noch seitdem im Islam gehört worden; nämlich: ein Haus
für Findelkinder, eine Anstalt für Ammen und Säuglinge,
eine Versorgungsanstalt für Wittwen, ein gemeines Kranken-
haus, ein besonderes Spital für Blinde, ein Karawanserai,
in welchem die Reisenden nicht nur umsonst bewirthet,
sondern auch noch ausserdem mit Reisegeld versehen wurden,
O Am lö. Ramasan 630.
Zweites B u c li. I59
ein Kloster, eine Medrese, an welcher Mmlerrise für die
beiden Ritus Hanefi nnd Schafii , und endlicli eine Moschee,
an welcher alljährlich das Fest der Geburt des Propheten
mit einer Pracht und einem Zulaufe von Menschen begangen
ward, wie vordem und seitdem nirgends. Von Mossul,
Sindschar, Dschesire, JNissibin strömten die Besucher, Pre-
diger, Redner, Dichter, Koranleser, Ssofi nach Irbil; einen
ganzen Monat vor dem Feste waren zwischen der 31oschee
und dem Kloster zwanzig, drei Stock hohe Dome aus Brettern
aufgeschlagen, von deren Gallerien Dichter declamirten,
Redner sprachen, Schattenspieler die Zuschauer unterhielten.
Täglich nach dem Nachmittagsgebete begab sich Mosaffer-
eddin zu diesen Domen , wohnte in der Nacht im Kloster
dem Reigen der Ssofi bei und ging nach dem Morgengebete
auf die Jagd. -Am Geburtsfeste selbst ward eine unzählbare
Menge von Kameelen, Rindern, Schafen unter Musik auf
den Platz gebracht, geschlachtet, gesotten und gebraten,
während der Nacht die Stadt erleuchtet und am folgenden
Tage die Gäste an zwei grossen Tafeln, deren eine für die
Vornehmen, die andere für das Volk, bewirthet ; im Schlosse
walzten die Derwische, von den Gallerien wurden die Hymnen
des Gebets abgesungen, die Sänger, Prediger und Derwische
reichlich beschenkt. 3Iosaflereddin wurde in der Nähe von
Kufa, seine Gemahlin Rebiaa am Berge Kasiun bei Damaskus
in der von ihr gestifteten ^ledrese bestattet. In keiner
Schlacht besiegt, von keinem anderen Fürsten in Stiftungen
der Wohlthätigkeit übertroffen, verdient dieser turkmanische
Fürst von Irbil wohl den Namen des durch die Religion
siegreicheii, grossmüchtigen KÖ7iigs '}. Das Schloss von
Irbil erhebt sich auf einem vereinzelten Berge, während
die Stadt in der Ebene. Tadscheddin, der Sohn Salaje's
(^des oben erwähnten Befehlshabers des Passes \on Deriteng
[Eiigthor]), war bereit, die Stadt zu übergehen; aber die
Kurden gehorchten ihm nicht. Oroktu begehrte Ilülfstruppen
von Bedreddin Lulu, dem Fürsten Mossul's, der sie ihm auch
O Dschihannuma S. 346 und 347 ein volles Blatt.
160 Zweites Buch.
sandte und den guten Rath ertheilte, den Sommer abzu-
warten, weil dann die Kurden nicht me^r im Schlosse aus-
halten, den Gebirgen zueilen würden. Oroktn übergab die
Belagerung dem Bedreddin, dessen Yorhersagung durch den
Abzug der Kurden im Sommer erfüllet ward ; er schleifte
die Mauern. Hulagu schickte einen Theii der erbeuteten
Schätze mit dem Siegesberichte seines Eroberungszuges
an den Bruder Kaan , den grössten Theil derselben aber
speicherte er in dem am See Urmia auf unbezwinglichem
Felsen gelegenen Schlosse Tala ( das heute Gurtschinkalaa
heisst) auf; eine vereinzelte, auf drei Seiten unzugängliche
Felsenmasse, welche den englischen Reisenden Porter an
den Königstein in Sachsen erinnerte und welche ein Steier-
märker die persische Riegershurg nennen würde'). Bedr-
7. .9c/jrt«&rt« edfjin Lulu, der neunzigjährige Fürst von Mossul, wartete
-7 — -. -T" dem Eroberer Persiens, für den er Irbil eroberte, zu Me-
9. August ' '
IS58 ragha auf; ebenda Atabeg Saad, der Salghure, Herr von
Fars, und die beiden seldschukischen Prinzen von Rum,
Isededdin und Rokneddin. Hulagu war über jenen sehr
ungehalten, weil er wider Baidschu iVujan sich zu schlagen
gewagt. Um den Erzürnten zu versöhnen, stellte sich Ised-
eddin zur Audienz mit einem Geschenke von einem Paar
Pantoffeln, deren Sohlen sein Portrait eingestickt war, und
mit der Bitte dar , dass der Padischah auf diese Weise ihn,
den Sklaven, unter den Sohlen in den Staub tretend, adeln
möge. Hulagu verzieh ihm, durch diese Schmeichelei be-
sänftigt und auf die Fürbitte der Frau Tokus. Einen schönen
Gegensatz zu dieser niederträchtigen Schmeichelei des Sultans
von Rum bildet die Freimüthigkeit des Astronomen Nassir-
eddin von Tus, welcher dem Eroberer in Erinnerung brachte,
dass, als Chuaresujschah erobernd bis Tebris vorgedrungen,
er auf die wider die Ausschweifungen seines Heeres vor-
gebrachten Klagen geantwortet : Ich kam als JVelleroberer
und nicht als llelterhalter^); Hulagu antwortete: Ich bin.
• ') Porter sagt hierüber II. 592. 593. -) Dschihangir ne Dschi-
handar.
Zweites Buch. 161
Gott sei Dank ! sowohl Welteroberer als Welterlialter und
kein Schwächling, wie Dschelaleddin von Chuaresm. Den
ersten Beweis von der Wahrheit dieses Wortes gab Hulagu
durch den Bau der Sternwarte von Meragha, deren Grund
jetzt gelegt, aber deren Bau erst unter der folgenden Re-
gierung vollendet ward. Vier Astronomen ^J von Damaskus,
Kaswin , Achiath und Mossul waren die Gehilfen Nassir-
eddin's von Tus, der an dieser Sternwarte die ilchanischen
Tafeln verfertigte, die, vollkommener als die früheren^),
ein bleibendes Denkmai des Ruhmes des Ilchans, Erbauers
der Sternwarte und des an derselben beobachtenden grossen
Astronomen Nassireddin's von Tus.
Von den Fürsten, welche dem neuen Ilchan oder Landes- Herrscher
herrn nach Bagdad's Eroberung zu huldigen kamen, ist be- G^o«*- ""^
reits des Salghuren von Fars und des Seldschuken von Rum, *^'"~
Luristan's.
sowie des Atabegen von Mossul, Bedreddin Lulu's, welcher
bei Irbil's Eroberung hilfreiche Hand geleistet, Erwähnung
geschehen, und es wird von ihnen noch weiter unten die
Rede sein; doch hier ist noch von anderen Fürsten zu
melden , deren Staaten nun in unmittelbarer Berührung mit
der mongolischen Macht, derselben sich nur scheinbar oder
erst durch Gewalt gezwungen unterworfen; solche waren
die Atabege von Gross- und Klein-Luristan , die Könige
Gross- und Klein- Armeniens , endlich die Sultane Syriens
und Aegyptens. Die ausführliche Erzählung des wider die
letzten geführten syrischen Krieges ist dem folgenden Buche
vorbehalten; hier also nur kurz von den Atabegen und den
christlichen Fürsten. Tekele, der Sohn Hesarsifs, der dritte
Herrscher der im Geburtsjahre Tschengischan'^ vor einem
Jahrhunderte als unabhängig emporgeschossenen Dynastie
der Atabege von Gross -Luristan, war, als Hulagu gegen
Bagdad zog, demselben huldigend entgegengekommen und
von ihm dem Tomane Keitbuka Newin's, des Befehlshabers
') 1. Moejeddin Ben Irsi von Damaskus, 2. Nedschmeddin
Kjatib von Kaswin, ?,. Faclireddiu von Mossul, gebürtis von Me-
raasch, 4. Facliredrtin von Tiflis, gebürtig von Achlat. ^-j als die
von Fachir, Alaiy Scliahi, Guschjar. >yassaf. d'Olisson III. 265.
Hammer, Geschiclite drr Uchane. I. II
162 Zweites Buch,
des Vortrabes, zugetheilt worden. Nicht im Stande, die
Aeusserungen seines Schmerzes über den Sturz des Chalifats
und den Mord der Bewohner Bagdad's zu unterdrücken,
hatte er sich durch dieselben die Ungnade Hufagu's zuge-
zogen , der Truppen wider ihn sandte. Schemseddin Alp
Arghun , der Bruder Tekele's, bot sich dem Bruder an,
sich selbst in's Lager des Ilchans zu begeben, um dessen
Verzeihung zu erflehen. Tekele nahm den Antrag dankbar
an. An der Gränze Luristan's fiel Alp Arghun den mon-
golischen Truppen in die Hände, deren Heerführer ihn
trotz seiner Sendung als Unterhändler tödteten. Tekele
vertheidigte sich in dem Schlosse Mandschascht und ergab
sich erst, als ihm durch Sendung des Ringes Hulagu's sicheres
Geleite versprochen ward. Nichtsdestoweniger ward er nach
Tebris geschleppt und dort hingerichtet und die Herrschaft
Grossluristan's dem mit dem hingerichteten Bruder Tekele's
gleichnamigen Schemseddin Alp Arghun verliehen ^ ). In
Klein-Luristan war die Herrschaft der vor siebzig Jahren
unabhängig gegründeten Dynastie in den Händen des vierten
Herrschers, Bedreddin Mesud, welcher, als er sich auf dem
Feldzuge Hulagu's gegen Bagdad zum Dienste desselben
stellte , von ihm die Auslieferung seines Schwagers und
mächtigen Nebenbuhlers um den Thron, Suleiraansehah's, be-
gehrte. Hulagu antwortete: Diess ist ein grosses Wort,
dessen Gewährung bei Gott. Als aber Bagdad erobert und
Suleimanschah erschlagen worden war , erhielt Bedreddin
Mesud die von ihm begehrte Familie des Schwagers. Er
behandelte dieselbe so gütig und beförderte durch weise
und gerechte Regierung den Wohlstand des Landes so sehr,
dass, als er ihnen später die Wahl Hess, ob sie in Luristan
bleiben , oder nach dem aus der Asche sich wieder erhe-
benden Bagdad wandern wollten, nur Wenige dahin aus-
wanderten; ein gerechter, eingezogener und besonders der
Ueberlieferungen: wohl kundiger Fürst. Die auserwählte Ge-
schichte'^') rühmt an ihm, dass er nie unrechtmässigen Bei-
') Tarichi Güside. -) Ebeuda.
Zweites Buch. 163
schlaf gepflogen und dass er vierlausend juridische, nach
den Grundsätzen des Ritus Schafii entschiedene Rechtsfragen '
auswendig gewusst. Nach seinem, nun zwei Jahre nach dem
Falle Bagdad's erfolgten Tode stritten sich um die Herr-
schaft Klein- Luristan's seine Söhne Dschemal eddin Bedr
(Schönheit der Religion, Vollmond) und Nassz'reddin Omer
mit Tadscheddin Schah, dem Sohne des in der Schlacht
wider Suleiraanschah gebliebenen Ilesameddin Chalil. Dieser
Streit ward erst unter Abaka, dem Sohne und Nachfolger Hu-
lagu's, durch das wider die Söhne Bedi^eddin Mesud's ausge-
sprochene Todesurtheil blutig entschieden. Der Thron Klein-
Luristan's wurde dem Sohne Suleiraanschah's, Tadscheddin,
zugesprochen, welcher denselben sieben Jahre lang behauptete,
welcher dann aber den beiden Brüdern der hiiigerichtetea
beiden Söhne Bedreddin Mesud's, dem Felekeddin Hasan
und Iseddin Huseinj, zugesprochen ward.
Der König Klein -Armeniens, Hethum 1., welchen die Könige
Araber Hatim, die Kreuzfahrer Haithon nennen, hatte sich ^''^**" ""'^
bei der Thronbesteigung Mengku's über Kipdschak in das , . ,
Hoflager des grossen Kaan's zu Karakorum und nach einer
Abwesenheit von sechzehn Monaten wieder in seine Staaten
zurückbegeben. Mit goldener Krone gekrönt, mit goldenem,
geweihtem Scepter in der Hand auf hohen goldenen Tliron
gesetzt ^^, füllte er denselben fünf und vierzig Jahre mit
umsichtiger Klugheit, sein Schiff durch den Fluthenschwall
ungeheuerer Heeresmacht und die Klippen der Scheelsucht
der Könige Georgien's glücklich durchsteuernd. Wenn seinem
Vetter, dem genannten Hethum gleichnamiger Mönch, Ge-
schichtsclireiber, Glauben beizumessen wäre, hätte Mengku
seinem Vetter König sieben vorgetragene Begehren gewährt,
aber das angebliche, als Gewährung des ersten Begehrens
gegebene Versprechen Mengku's, sich taufen zu lassen'^),
•) Vahran's clivonicle of the Armenian Kingdom in Cilicia trans-
lated by Nainia p. 47. ^) Haitho c. XXIIF. ; diese sieben Artikel
sind die des Vertrags, von welchen die Geschichte Vahrain's spricht,
die als Antwort auf Neuinan's Frage in der Note 67 : Is this treaty
to be any where found?
11*
im Zweites B ii c Ii.
verdächtigt auch die Gewährung der anderen sechs Artikel.
Vor ihm war schon sein Bruder Semj)ad, der Connetable
Arraenien's '), in's Hoflager gezogen, und ward nun zum
zweitenmal dahin gesandt, um Schutz wider die georgischen
Fürsten aus der Familie Awak anzuflehen, welcher, wie
Arghun dem mongolischen Statthalter, dem Sempad nach
dem Leben gestrebt, die Länder seines Bruders Hethum ver-
wüstet*^. Bald nach Sempad's Abreise ward auch Arghun
in's Hoflager berufen , um unter der Anklage von Erpres-
sungen über seine Verwaltung Rechenschaft zu geben. Sempad
fand ihn dort durch den Einfluss seiner Feinde Sewindsch
und Scherefeddin eingekerkert, welche Arghun's Tod suchten,
um seine Stelle zu erhalten. Das ZeugÜiiss Sempad's zu
Gunsten der Verwaltung Arghun's rettete diesem das Leben;
die Anklager wurden hingerichtet, Arghun und Sempad
kehrten nach Armenien und Georgien zurück Q. Arghun
brachte neue Einrichtung des Steuerwesens mit sich, das
bisher unverhältnissmässig mehr auf den Armen, als auf den
Reichen gelastet hatte. Von nun an waren die Reichen mit
fünfhundert Dinaren, die Armen nur mit Einem besteuert*}.
Arghun, dankbar gegen seinen Vertheidiger Sempad, unter-
stützte ihn wider seine Feinde, die georgischen Prinzen
aus dem Hause Awak, von denen David, der Sohn der
Königin Russadan, sich wider die Mongolen erapörje. Hu-
lagu sandte wider ihn ein aus Mongolen und Mosiimen
6%5r zusammengesetztes Heer, von dem er geschlagen ward*).
I2'i9 Arghun verfügte sich nach Tebris , um über die Zustände
Georgien's zu berichten. Als Arghun nach Tiflis zurück-
kehrte, hatte sich David zum zweitenmale empört, weil die
Entrichtung des verspäteten Tributs gefordert worden. So-
wohl Sempad , der Orpeliane und Herrscher von Gross-
armenien, als Hethum, der Herrscher von Kleinarmenien,
') Sinebaldus Conestabulus regni Armeniae. ^) S. Martin
Mem. II. scheint diese zwei Reisen Sempad's mit den seines Bru-
ders Hethum vermengt zu haben. ^) Orpellian in S. Martin. Mem.
II. p. 143. ") d'Ohsson IH. 268.; nach Dschuwelni. *) Derselbe
S. 269.
Zweites Buch. 165
dem cilicischeti Reiche, erhielten sich als Vasallen mongo-
lischer Herrschaft auf ihren Fürstenstühlen , Dank dem
Schutze der ersten Gemahlin Hulagu's, der grossen F'rau
Tokus, welche eine eifrige Christin, durch deren Einfluss
nach ßagdad's Eroberung der Patriarch der Nestorianer den
Palast des kleinen Diwitdar zum Sitze des Patriarchats er-
halten hatte. Nur zu Tekrit siegten die Moslimen über die
Christen, wo wegen Verheimlichung von Gütern hingerich-
teter Moslimen auf Befehl Hnlagü's allgemeines Gemetzel der
Christten stattfand ' ), Die Blutvesper von Tekrit ausgenommen,
hatten sich die Christen mittels des Schutzes der Frau Tokus
nur günstiger Behandlung vonHulagu zu erfreuen, namentlich
Hethuin, der Pagratide, Herr von Kleinarmenien, und der
von Grossarmenien , der Orpeliane Sempad. Die Residenz
des ersten war die Stadt Ai7i; am Zusammenflüsse zweier
Stföme, die in den Äraxes münden, gelegen, zählte sie im
eilften Jahrhundert hunderttausend Einwohner und tausend
Kirchen^}; die Residenz des zweiten, Sis , in Cilicien an
einem kleinen Flusse, der sich in den Dschihan ergiesst-),
der Sitz des armenischen Patriarchen. Der Pagratide Hethum
und der Orpeliane Sempad standen beide bei Hulagu als
treue Vasallen in Gnaden; der erste musste ihm das Holz
zu seinen Bauten am Alatagh liefern, dafür konnte er un-
gehindert kostbare Reliquien in Gold und Silber fassen ; so
die Hirnschale des heil. Gregor des Erleuchteten aus dem
Kloster bei Kaghseman ^^ , das zwischen Karss und Pasin
am Durchbruche des Araxes zwischen geklüftetem Gebirge,
und den Schädel S. Gregor's des Wunderthälers, den er
der berühmten Kirche von Norevanch schenkte *}. Hethum,
schon durch die Lage seines Königreichs ferne dem Hulagu
und näher den Kreuzfahrern , als der nördliche Herrscher
Grossarmenien's , war mit den angesehensten Fürsten der
*) Mouradjea d'Olisson III. 271., nach Bar. Hebr. 530. ^) S. Martin
Mein. I. 112. uud Dschih. S.60:. ^) Der Aufmerksamkeit; S. Marliu's
ist entgangen, dass Kaghücvau (das in seioem geograpliisclien Re-
gister fehlt) dasselbe mit Kaghseman (Dschih. S. 408). ^) S. Martin
Mein. p. 145.
166 Zweites B u c li.
Kreuzfahrer durch Vermählung seiner Töchter (mit dem
Fürsten Äntiochien's, Sadan , und dem Herrn von Ibelim)
verschwägert. Von seinen Söhnen fiel der jüngere, Toros,
im Kriegsdienste Hulagu's im syrischen Kriege wider den
Sultan der Älamluken, sowie heuiach Purthel, der Neffe
Sempad's, im Feldzuge Hulagu's wider Kipdschak in der
Schlacht am Terek blieb. Die christlichen Herrscher Gross-
und Klein-Armeniens waren also treuere Vasallen des Uchan's,
als die mosliraischen Gross- und Klein-Luristan's, und es
darf nicht Wunder nehmen, wenn durch die NameTisähn-
lichkeit der Pagratide ^e/Äz^m in den Geschichten der Araber
als ein zw^iiev Hatim (das arabische Muster von Freigebig-
keit und Grossmuth) und der Orpeliane Sempad (als ein
zweiter Sindbad , der berühmte Reisende der arabischen
Mährchen} durch seine Reisen iu's mongolische Hoflager
figurirt.
P r i t t e 0 P XI d).
Syrischer Feldzug $ ]?larseli von Tebris nach Haleb,
Miafarakain ; Ho^snkcif« Mardin; Heitbuka vor
Damaskus; iSchlachten von Aindschalut und Mimss;
das Chalifat der Ben! Abbas in Aeg^ypten; Anlass
des Hries^es mit Berke; Feldzuj? sfegen Hipdseliak;
Thronprätendenten nach dem Tode Mengkukaan's,
Arikbuka, Al^^hui, Haidu ; Vertheilung der tänder
undlStatthaltersehaften; Dynastie derBeniAamaret
und ISchebankjare von Fars.
Jl^ie hundert Burgen der Assassinen waren gebrochen, Verhültniss
der Thron des ChaJifats war umgestürzt, die Fürsten \on Huluyu'smit
Fars und Mossul, von Gross- und Klein- Armenien, von ^^«^ f/^«^'*^'-
. zeitujeu
Gross- und Klein -Luristan, hatten freiwillig oder gezwungen ^^^y^^;^^/,^«
gehuldigt, das ganze Land von den Ufern des Oxus bis zu Dynastien.
denen des Tigris war der Herrschaft des Ilchan's unter-
worfen, aber hierdurch der Auftrag, welchen der Eroberer
Hulagu vom Bruder Kaan erhalten , ganz Asien h\t an den
äussersten Westen zu erobern, nur zur Hälfte erfüllt; noch
blieb Mesopotamien und Syrien bis nach Äegypten hin zu
erobern übrig. In dem letzten dieser drei Länder war der
Hauptstamm der Herrschaft der Ejubiden, welche sich zu
Ende des zwölften Jahrhunderts gleichzeitig mit der der
Mongolen erhob , vor neun Jahren durch gewaltsame Um-
wälzung gebrochen worden und die Stelle der Herren aus
dem Hause Ejub hatten ihre Sklaven, die Mamluken, auf
dem Throne als Herrscher eingenommen ; aber von dem
168 Drittes Buch,
hohen und raächtig;en Baume dieses grossen Herrscherge-
schlechtes wurzelten noch sieben Zweige im arabischen Irak
und in Syrien, vom Jenseits der Wüste an, welche Meso-
potamien von Syrien, bis zu der, welche Syrien von Aegyten
trennt, Miafarakain und Hoss7ikeif, bis nach Damaskus und
Karah; inmitten derselben die von Halehy Hama und Himss.
Wären diese sieben Strahlen der Herrschaft in dem Brenn-
punkte Eines einzigen starken Volkes und Muthes vereint
gewesen , hätte die sieben Herrscher nur das Band auf-
richtiger, zusammenwirkender politischer Eintracht ver-
bunden, so würde ihre, von einem Einzigen geleitete, aber
auch immer aufrichtig vereinte Macht der Hulagu's wahr-
scheinlich siegreich widerstanden haben, da sogar Einzelne der-
selben männlichen Widerstand nicht ohne Erfolg versucht und
den reissenden Strom der Eroberung wenigstens eine Zeitlang
gehemmt; aber es fehlte Einheit und Eintracht, welche im
Herrscherhause Ejub nur unter der ruhmwürdigen Regierung
Ssalaheddin's zwanzig Jahre lang das von ihm gegründete
Reich befestigte. Nach seinem Tode war die Macht viel-
getheilt und durch Herrschsucht und Scheelsucht geschwächt,
nicht im Stande, den andringenden Fluthenschwall mongo-
lischer Herrschaft zu gewältigen. Ein Blick auf die gleich-
zeitig im Osten und Westen Asien's emporgestiegene Herr-
schaft des Hauses Tschengischan's und Ejub's zeigt im hellsten
Lichte die Staatsklugheit des Tschengischan'schen Hauses
und Grundgesetzes der Einigkeit und Familieneintracht,
ohne dessen strenge Beobachtung die Herrschaft der Mon-
golen nie zu solcher Macht gediehen wäre. Zwar zeigten
sich auch schon bald nach Tschengischan's Tode Symptome
der Uneinigkeit und des Familienzwistes in den Ansprüchen
auf die oberste Herrschaft, aber das Schwert rottete bei
Mengku's Thronbesteigung in dem blutigen Sinne der Jasa
siebzig Prinzen auf einmal aus, und das Reich erhob sich
unter ihm und seinem Nachfolger Kubilai zu einer Ausdeh-
nung von Macht und Grösse , dergleichen die Geschichte
vor- und nachdem nie gesehen. Erst als die Bande der
Alles im Mittelpunkte versammelnden Einheit und dTer Fa-
Drittes Buch.
169
Miaf'ara-
kain und
Hossnkeif.
milieiieinigkeit sich lockerten, begannen auch die Thronen
der mongolischen Herrscher zu wanken, und erlagen fremder
Uebermacht, wie jetzt der mongolischen die Grösse des
Herrscherhauses Ejub. Wir nehmen den kurz gedrillten
Faden der Geschichte von sieben oben erwähnten, Hulagu
gleichzeitigen Dynastien der Söhne Ejub's da wieder auf,
wo wir denselben im ersten Buche dieser Geschichte ver-
lassen haben.
Von den sieben, Hulagu gleichzeitigen Dynastien des jjie Beni
Hauses Ejub, welche mit seiner Macht in Berührung, von ^jub zu
demselben, weil sie widerstanden, vernichtet, oder weil sie
gehuldigt, noch einige Zeit geduldet worden, war die von
Haleh , wo die unmittelbaren Nachkommen Ssalaheddin's
herrschten, die mächtigste, deren Uebermacht soeben die
von Damaskus verschlungen hatte. In Mesopotamien, zu
Miafarakain und Hossnkeif, und an der Gränze Syriens, zu
Ketek, herrschten Abkömmlinge Melikol-aadil's (d. i. des
gerechten Königs^, des Bruders Ssalaheddin's, zu Hama
die Nachkommen Schehinschah's, des Bruders Ssalaheddin's
und Melikol-aadil's, und zu Hiniss die Schirkuh's, des Oheims
der drei Brüder. Melik Nassir Jusuf, der Urenkel Ssalah-
eddin's, war nach seines Vaters, Melikol-asis , Tode schon
in seinem siebenten Jahre zur Regierung gelangt, welche
während seiner Unmündigkeit für ihn seine Grossmutter,
die Tochter Melikol-aadil's, die Frau Ssaffije, führte. Seinem
Vetter, dem Herrn von Himss, Manssur Ihrahim, dem Ur-
enkel Schirkuh's, des Oheims Ssalaheddin's, stand er mit
einem Heere wider die Chuaresmier bei, welche nach dem
Sturze des chuaresmischen Reichs in einzelnen Banden, wie
die Condottieri des Mittelalters, Mesopotamien und Syrien
durchrannten und ausraubten. Er bemächtigte sich ihrer
beiden Hauptplätze, Harran's und Rakka's. Für den Sohn
und Nachfolger Manssur Ibrahim's, Melikol-esQhref Musa,
nicht so freundschaftlich gesinnt, wie für dessen Vater,
hatte er demselben seine Hauptstadt Himss entrissen und
ihm dafür das aus der Geschichte der Kreuzzüge bekannte
Schlüss von Teil baschir gegeben. Im folgenden Jahre hatte
6^6
1248
170 Drittes Buch.
er wider Bedreddin Lulu , den Ätabegen von Mossul, ein
ß^^ Heer gesandt, welches das Feld zu Nissibin behauptete und
iä4f) im Besitze des ganzen Lagers des flüchtigen Feindes blieb.
f>-i8 Als im nächsten Jahre die Herrschaft des Stammes der Beni
1:^00 Ejub in Aegypten erlosch, luden die Emire von Damaskus
den Herrn von Haleb zur Besitznahme ihrer Stadt ein. Er
zog dahin, und, in der Absicht, auch Aegypten zu erobern,
dem Heere der Mamluken entgegen ; er schlug dieselben
zwar zuerst bei Abbasa y ward aber dann geschlagen und
floh nach Damaskus zurück. Er zog zum zweitenmale aus,
und schloss Frieden auf die Bedingniss, dass der Jordan
die Gränze beider Reiche. Wider Nassir , den mächtigsten
Herrscher der Beni Ejub' in Syrien, wandte sich also jezt
Hulagu's erobernde Macht; aber auf dem Wege dahin standen
ihm noch die nächsten Verwandten Nassir's, die Herren von
Miafarakain und Hossnkeif, entgegen, welche, auf die Festig-
keit ihrer Burgen stolz , dem Eroberer trotzten. Zu Mia-
farakain herrschte Melikol-kjamü j, der Sohn Melikol-Mosaf-
fer's , des dritten der drei Söhne Melikol-aadil's , welche
nach ihrem Vater Herren dieser festen Stadt ; der von
Hossnkeif war Melikol Mowwahid , der Ururenkel Melikol-
aadil's, aus dessen Sohne Kjamil. Als Kjamil nach seines
Vaters Tod den Thron Aegyptens bestieg, gab er seinem
Sohne Melik Ssalih Nedschmeddin die Stadt Amid und das
Schloss Hossnkeif als Leibgedinge, und als Ssalih's Enkel
Moaasem Turanschah sich nach Aegypten begeben , um dort
die Herrschaft, welche in ihm enden sollte, zu übernehmen,
blieb Hossnkeif seinem Sohne Mowwahid als Leibgedinge.
Die beiden Herren von Hossnkeif und Miafarakain waren
würdige Träger des INamens Ejub, indem sie, stolz auf
ihren angestammten Herrscheradel und die Festigkeit ihrer
Burgen , dem mongolischen Eroberer zu huldigen ver-
schmähten, während ihr mächtiger Vetter Nassir von Haleb
huldigend einen Gesandten an Mengkukaan gesandt und von
demselben Jerligh und Pm'se, d. i. Diplom und das Ehren-
zeichen des Löwenkopfes , erhalten hatte. Selbst an Hulagu,
als er das persische Gebiet betreten , hatte er heimlich
Drittes Buch. 171
unterwürfige Botschaft gesandt, entfloh aber nun bei der
Annäherung Hulagu's nach Aegypten.
Nach der Eroberung Bagdad's war Hulagu erst gegen Aufbruch
Haraadan und von da über Meragha nach Tebris gezogen,*^""
das von nun an die Hauptstadt von Aserbeidschan (^dem
alten Atropatene ) , von nun an auch die des neuen mon-
golischen Reichs in Persien und die Residenz des Ilchan's;
seitdem heisst dieselbe mit dem ganzen Lande umher
Pailachti Hulagu, d. i. der Fuss des Thrones Hulagu's.
Tehrüj d. i. das warm Rieselnde, hat seinen Namen, der
gleichbedeutend mit TepUz , von seinen warmen Quellen;
es liegt auf der Westseite des Berges Sehend mitten unter
üppigen Gärten, vom Flusse Surchah , d. i. Rothwasser,
bespült. Es ist möglich , dass Tebris nur eine Verstümme-
lung des alten, beim Ptolemäus vorkommenden Gabris; aber
alle Quellen arabischer Geschichte nennen als Erbauerin der
Stadt die Gemahlin Harun Reschid's, seine Base, die grosse
Frau Sobeide. Schon neun und dreissig Jahre nach ihrer irs C^Oi)
Erbauung vom Erdbeben zerstört, wurde Tebris vom Cha-
24:5 CS57)
lifen Motewekkil wieder erneuert und zweihundert Jahre
später vom Erdbeben gänzlich in Schutt gelegt. Der Astronom 434 C1042)
Abu Tahir von Schiras hatte das Erdbeben für die Nacht,
wo es stattfand , vorausgesagt und die Einwohner der Stadt,
dieselbe zu verlassen , ermahnt ; Viele beherzigten seine
Warnung, aber vierzigtausend, welche in den Häusern zu-
rückblieben, wurden unter denselben begraben. Der neue
Bau ward unter der Leitung des genannten berühmten
Astronomen im Zeichen des Scorpions begonnen, um dadurch
für immer die Gefahr gänzlicher Zerstörung durch Erdbeben
abzuwenden; „und wirklich", sagt Hamdallah Mestiifi, der
persische Geschichtschreiber Geographe, „haben in den
seitdem verflossenen dreihundert Jahren mehrmal Erdbeben «
stattgefunden , ohne der Stadt wesentlich zu schaden , so
dass die Stadt ihren Ruin nicht mehr von Erdbeben, sondern
nur von Ueberschwemmung fürchtet". Zahlreiche, seitdem
gegrabene Kanäle und unterirdische Wasserleitungen ge-
währen dem Wasser Abfluss, so dass auch diese Furcht
172 1) r i fc f e s Buch.
verschwunden ; der vom Berge Sehend niederströmende
kleine Fluss Mehranrud vertheiit sich in mehr als hundert
solcher Kanäle, um die Gärten der Stadt zu bewässern; die
Waldungen rund um die Stadt sind so dicht, dass, als zu
Beginn des vorigen Jahrhunderts das osmanische Heer hier
den Befehl erhielt, dieselben auszuhauen, dreitägige Arbeit
der Axt keinen merklichen Unterschied hervorbrachte, so
dass sie so dicht, wie ehe, schienen. Die schöne und frucht-
bare Ebene von Tebris, welche sich auf der Westseite der
Stadt gegen den See von Urmia hinzieht, wetteifert durch
üppigen Baumwuchs mit den Zauberthälern von Soghd,
Damaskus, Schaabbewwan und mit der Ebene von Mam-
schanrud bei Hamadan um edenischen Ruhm. Die Aepfel,
Birnen, Aprikosen und vorzüglich die Weinbeeren ohne
Kern sind vortrefflich ; die Einwohner blühender Gesichts-
farbe, gewerbfleissig und auch nicht ohne Muth, aber durch
Treulosigkeit verschrien. Derohalben ist von ihnen der
persische Viervers gang und gäbe :
Als Freuud hat Keiner noch Tebrisern je getraut;
Die Anderen sind Mark, Tebriser ist nur Haut.
Wer in der Freundschaft nicht beständig wird geschaut,
Hat, wenn nicht von Tebris, sich dorten angebaut.
Hierauf entgegnete ein Dichter von Tebris :
Tebris ist Paradies, sein Volk ist spiegelrein.
Du sagst, dass sie aufrichtig nicht in Freundschaft sei'n;
Wie konntest And'res dir von ihnen bilden ein ,
Der Spiegel wirft zurück von dir den Widerschein.
Vorzüglich hat sich in der Landschaft Aserbeidschan
von jeher wissenschaftliches Streben kund gegeben, und
schon Abu Tahir sagte: Aserbeidschan ist im Osten, was
Andalus im Westen, durch philologischen und medicinischen
Ruhm. Von den grossen Männern und Dichtern , deren
Ruhm die Stadt verherrlicht, sowie von den grossen Ge-
bäuden derselben, wird unter der Regierung Ghasan's, dessen
Grabdom noch heute die schönste Ruine der Stadt, zu
sprechen der Ort sein*).
') Dschiliauuunia .S. 3^2 und Uauidatlah.
Drittes B u c Ii. 173
Von Tebris, seinem neuen Thronsitze, brach Hulagu Marsch
Freitags den zwölften September gegen Syrien auf. Vor ^"'^^"'* *'*
TT 11 Rohit.
seinem Aufbruche sandte er Botschaft an seinen Vasallen _, „
Bedreddin Lulu, den Herrn von Mossul, ihn seines hohen snn 6-57
Alters willen der persönlichen Erscheinung im Felde ent- IS. Septem-
hebend , aber dafür die Gegenwart seines Sohnes Ssalih
fordernd. Dieser erschien und Hulagu belohnte ihn dafür
mit der Hand einer Tochter des letzten grossen Sultans von
Chuarefm, Dfchelaleddin. Seinen Feldherren Baidfchu und
Schiktur übertrug er den Befehl des rechten, anderen Emiren
den des linken Flügels, er selbst führte das Mitteltreffen an.
Wir folgen nun seinem Zuge nach den Stationen, deren die
persischen. Geschichten erwähnen, wie wir demselben von
Karakorum an bis an den Oxus nach den chinesischen Be-
richten gefolgt sind. Auf der Westseite des Ararat, zwischen
demselben und Erferum, südlich von Hasan Kalaa , erhebt
sich das Gebirge Alatagh, d. i. der bunte Berg, in welchem
herrliclie Alpenweiden , Jagden und die Hauptquelle des
Euphrat's, nämlich die des Muradfsuji , welcher hier aus
mehreren Bächen zusammenströmt * ). Hulagu fand so grosses
Wohlgefallen an den Weiden von Alatagh, dass er denselben
einen mongolischen Ehrennamen beigelegt '^). Von hier
wandte er sich südwärts nach Achlath, der auf dem nörd-
lichen Ufer des Sees von Wan , gegenüber des Schneegebirgs
Siban, gelegenen Stadt, die eine uralte, schon zu Nufchir-
wan's Zeit der Sitz seines Oheims Dschamasb, von den By-
zantinern Chliat genannt*), berühmt durch die Grösse seiner
Aep^el, deren einer bis hundert Drachmen wiegt. Ihren
Flor verheerte zuerst der Einfall Chuarefmschah's und (}2fi
zwanzig Jahre hernach ein Erdbeben. Seid Husein von i2Ss
Achlath , in allen esoterischen Wissenschaften tief gelehrt,
hatte noch vor dem Einfalle der Mongolen in Persien das
Unheil Tfchengifchan's vorausgesagt und war mit zwölftausend
Familien nach Kairo ausgewandert, wo noch seine Grabstätte
') Dschihaunuma S. 426 uud 425. ') Lobanasiiyut oder Liba-
sanagut oder Lehasannyut , nur der erste Vocal ist zweifelhaft.
'} Constantin Porphyrogenita.
174 Drittes Buch.
und noch das Stadtviertel der Achlather das Andenken an
diese Ansiedelung bewährt ' ). Die Kurden des Stammes
Haltkjari , welche um Achlath wohnen, wurden vom Heere
wie scheues Vieh verfolgt und getödtet-}. Als das Lager
zu Diarbekr, beschloss Hulagu vor Allem die gänzliche Er-
oberung Mesopotamiens, um auf dem Marsche gegen Syrien
den Rücken frei zu behalten. Der Herr von 3Iiafarakain ^),
Melik Kjamil, hatte nicht nur der Einladung zur Unter-
würfigkeit keine Folge geleistet, sondern auch einen syri-
schen Priester, welcher während der Belagerung Bagdad's
mit einem Jerligh des grossen Kaan's an ihn abgesendet
worden, gekreuziget *). Der Prinz Jaschraut^) und Suntai
Nujan wurden die Stadt zu belagern befehligt; den Sohn
Bedreddin Luiu's sandte Hulagu gegen Amid, das heute
unter dem Namen Diarbekr bekannter; er selbst wandle sich
nach Roha, das alte Edeffa, das sich freundlich ergab;
Harran und Nifsibin wurden mit Gewalt genommen und
verheert; die Einwohner von Serudsch, die keinen Boten der
Unterwürfigkeit gesandt, niedergemacht. Zu Roha schlug
er sein Winterquartier auf und beschied dahin seine Va-
sallen, Hethum, den König Kleinarmeniens, und die Sel-
dschukeu Rum's ; auch an Nassir, den Sultan von Haleb,
sandte er von hier wiederholte Botschaft, ihn persönlich
in's Lager zu laden; Nassir schickte seiner statt seinen Sohn
Melikelasis mit reichen Geschenken. Hulagu behielt ilm
den ganzen Winter hindurch bei sich und sandte ihn erst
im nächsten Frühjahre nach Ostern an den Vater mit der
lakonischen Botschaft zurück :- „Nicht dich haben wir be-
gehrt, sondern deinen Vater; er komme also, sonst kommen
wir zu ihm". König Hethum erschien an der Spitze einer
grossen Anzahl gewafFneten Gefolges; ein nicht zu verach-
tender Bundesgenosse, denn er war zwölftausend Reiter
und vierzigtausend Fussgänger in's Feld zu stellen im
') Dscliihannuma S. 4l9. -~) Reschideddin. ^) Beim Bar Hebr.
Maiphercata. *) Bar Hebr. iieiint ihn Aschraph fil. Malic Ghazi ;■
er hiess aber Kjamil Ben Melik Mosaffer Ghasi. Nochbet, *) Beim
Bar Hebr. Aischmut , bei Abulfeda IV. 573. Samud. .
Drittes Buch. 175
Stande '). Hethum setzte dem Eroberer die Ännelimlichkeit
Haleb's auseinander und bewog ihn zu dem Entschlüsse
(^od^ bestärkte ihn darin), vor allen anderen Städten nach
Haleb seine Waffen zu wenden. Den armenischen König
scheint zu diesem Rathe hauptsächlich das Interesse der ,
Kreuzfahrer und zunächst das seines Schwiegersohnes, des
He^-rschers von Antiochien, des nächsten Nachbars Haleb's,
bewogen zu haben. Unter die Seldschuken Iseddin und
Kokneddin wurden die Länder Rum's so vertlieilt, dass
dieser Herr der Länder zwischen Cäsarea und Grossarmenien,
jener Herr Kleinasiens bis an's mittelländische Meer. Von
hier aus wurde ein Botschafter mit dem berühmten, von 80.Julii259
Nassireddin mit allem Schmucke morgenländischer Rhetorik
geschwellten Schreiben an Nassir gesandt, welches Wassaf
sammt der Antwort gibt, wie folgt:
„Gott, der Ernährer der Himmel und Erden", so kündet
der siegreiche König: „Wir haben gelagert vor Bagdad im
sechshundert fünf und fünfzigsten Jahre, wir haben den
Beherrscher gefangen gemacht und ihn ausgefragt, und da
er bestand mit nichten , war es nölhig, ihn zu vernichten.
Er geizte mit seinem Gold, und so kam die Sache dahin, ^
wie sie es gesollt ; er opferte kostbare Seelen den irdischen
Lüsten auf, und das war klar aus dem ganzen Verlauf. Sie
hatten den Lohn ihrer Thaten und der Sagende sagt: So-
bald ein Ding vollkommen, hat es auch schon abgenommen,
aber uns kann noch der Wachsthum frommen. Hernach
sollen wissen die Fürsten, die siegreichen, Seifeddin ([das
Schwert des Glaubens), Ihn Jaghmur und Alaeddin El-
Koscheimri und die übrigen Emire Syriens und Truppen:
Ich bin ein Kämpe Gottes, den er erschaffen in seinem
Grimme, um ihn loszulassen wider die, denen er zürnet.
Nehmet euch ein Beispiel an dem, was geschehen, um euch
an den Erschlagenen zu ersehen. Werdet durch fremden
Schaden klug und ergebt eucli Uns, ehe der Vorhang auf-
gezogen wird , und ehe wider euch ergehet der Zug. Wir
'J ÜAv Uebräus cli. 2ö.
176 Drittes Buch.
erbarmeil uns nicht des Weinens und haben kein 3Iitleiden
mit der Klage; Gott hat aus Unserem Herzen g-erissen die
Barmherzigkeit. Wehe! und abermals Wehe! denen, die
nicht streiten auf Unseren Seiten. Wir haben die Länder
verheert mit Macht und die Kinder zu Waisen gemacht.
Wir haben über die Erde Verderben gebracht; an euch ist
die Fhiclit vor Uns, der euch sucht; wo ist die Erde, die
euch nährte? und das Land, das euch Zufluciitsort gewährte?
Ihr werdet Unseren Schwertern nicht enteilen, und habet
keine Rettung vor Unseren Pfeilen; Unsere Pferde sind
vorauseilende, Unsere Schwerter leiberzertheilende und Un-
sere Pfeile sicherbetheilende; Unsere harten Herzen halten
wie Berge Bestand, und die Zahl Unserer Fleere ist unzählbar
wie der Sand. Wer sich Uns ergibt, der findet Heil, und
wer wider Uns kämpft, dem wird Reue zu Theil. Unser
Reich wird von keinem Andern begelirt und das Land Un-
serer Nachbarn wird nicht verheert. Wenn ihr Unsere
Bedingungen annehmet und zu Unserm Gehorsame euch be-
quemet, so ist Unsere Sache die eurige, und die eurige
die Unsere; wenn ihr aber widerstrebt, und euch wider
Uns erhebt, wenn ihr verharrt als Rebellen, so schmähet
hernach nur eure Seelen, denn es wird euch am PJnde :
iras erwerben eure Hände. Wer voraus droht , ist ent-
schuldigt durch die Noth, und wer da warnt, Niemanden
unbillig umgarnt. Die Schlösser vor Uns werden umgekehrt,
und Unsere Heere werden ^om Kampfe nicht abgewehrt.
Euere Bitten werden von Uns weder erhört noch angehört,
denn ihr habt die Ungerechtigkeit gefressen und den Glauben
vergessen ; ihr habt die Neuerung eingesetzt und das Ge-
meinwohl verletzt; ihr Überliesset euch den Lastern und
der Passion und es waltet in euch der Neid und die Re-
bellion. Nehmet daher in Betrachtung die Kunde der Er-
niedrigung und Verachtung. Heut empfangt ihr den Lohn
euerer Verachtung , weil ihr hochmiithig gewesen auf Erden
ohne Wahrheit^y , für euere Laster. Er wird die kennen,
') Aus dem 94. Vers der VI. Sura.
Drittes Buch. J-J7
die Unrecht gethan , nnd die Umwälzenden roerden umge-
wälzt werden^ y. Bei euch ist es ausgemacht, dass >vir die
Ungläubigen, und bei Uns ist es ausgemacht, dass ihr die
Lasterhaften. Uns hat auf euch losgelassen Er , in dessen
Hand die Geschäfte, die geleiteten, und die Gebote, die
Ton ewig her bereiteten. Von Uns wird verachtet, wer
euch dünket ein König, und was euch Viel ist, das däucht
Uns Wenig. Wehe und Furcht dem, der sich vor Uns
gross macht, und Sicherheit und Verzeihung dem, der er-
zittert Unserer Macht. Wir haben die Erde in Besitz ge-
nommen im Osten und Westen und die Güter der Reichsten
und Besten; wir haben sie zerstaubt und alle Schiffe geraubt.
Unterscheidet mit eurer Vernunft das Wahre und Klare^
und ihr sollt eilen, uns Antwort zu ertheilen , eh' dass die,
so ihr ungläubig nennet, euch verbrennet, ehe ihr sehet
die Funken, ehe ihr unter der Last des Kriegs seid ver-
sunken, ehe grosses Unglück bei der Hand, und Niemand
lösche den Brand; weisst du, zvas das sei, flamme7tder Brand?
ehe dass Ehre und Würde von euch schwindet, und ihr
weder Zufluchtsort noch Schutz findet, und ehe dass der
Ausrufer des Verderbens auch mit den Worten des Korans
ruft: Ist einer von ihnen zu finden, ist von ihnen zu hören
der geringste Laut "^J. Wir sind billig gewesen , indem Wir
euch senden dieses Schreiben zum Lesen Antwortet darauf,
ehe die Strafe nimmt ihren Lauf, und ihr unverständig seid.
Stellt auf Sternwarten euere Beobachtungen an , eh' der
Treiber wie Holz zerbricht eueren Plan; und wenn ihr
leset dieses Schreiben genau, leset zugleich den Anfang
derSura: Nachl'^, und das Ende derSura: Ssad*'). Wir
haben Perlen des Worts ausgestreut, und die Antwort wird
zeigen, wie ihr seid. Heil werde zu Theil dem, der ver-
dient Heil."
») Aus dem 226. Vers der XXVI. Sura. ^D Aus dem 97. Vers
der XIX. Sura. ^) Die 16. Sure, die Biene; sie beginnt mit dem
Verse : Gekommen ist Gottes Befehl ; beschleuniget nicht sein Ge-
richt. *) Das Ende der Sura Ssad, d. i. der 38-, ist der Vers:
Und ihr werdet wissen, dass die Kunde wahr, nach einiger Zeit.
Hammer^ Geschichte der Ilchaue. I. 12
178 Drittes B u c li.
A 11 1 ^¥ o r t.
,,Bei Gott ist die Vorsehung. Sag: Gott ist der Be-
sitzer des Reichs, es wird gegeben das Reiche wem er will;
es hat uns seine Vorsehung geleitet, Lob sei Gott, dem
Herrn der Welten, und Gebet und Lob über den Herrn
der Gottgesandten, den Schlussring der Propheten, Mo-
hammed den Propheten, den Ungebildeten'}, und seine
ganze Familie. Antwort auf das Schreiben, welches kündend
gekommen vor der Majestät des Jlchan's und der Schwelle
des Sultan's (Gott wolle dieselbe mit Rechtlichkeit bedräuen
und derselben die Annahme des Rechten und Wahren ver-
leihen!}. Hochdieselben sind, wie sie sagen, erschaffen aus
Gottes Grimme, überwältigend Alle, über welche ergeht
seines Zornes Stimme, ohne sich der Klagenden zu erbarmen,
oder für die Weinenden ein Mitleid zu erwarmen, weil
Hochdenselben Gott aus dem Herzen gerissen das Erbarmen.
Dieses sind schändliche Eigenschaften der Satane und nicht
der Sultane. Diese Zeugenschaft genügt als Prediger wider
euch und von eurem selbst beschriebenen Reich abhaltend
die Vernünftigen von euch. So sagt der Koran: „0 ihr
Ungläubigen, ich bete nicht an, was ihr betet an!'* Ihr
habt euch selbst geflucht durch den Brief, den ihr ge-
schrieben, und habet euch selbst mit allen Schändlichkeiten
beschrieben , und alle Propheten haben Euer erwähnt. Wir
haben von euch Kunde seit der Zeit, wo ihr erschaffen
worden seid; und ihr, die ihr Ungläubige seid, wie ihr
dessen selbst im Wahne seid, hat Gott in seinem Buch'
nicht den Drängern gegeben den Fluch? Ihr sagt: wir
(die Moslimen) hätten Neuerungen gemaclit und das Ge-
meinwegen heruntergebracht, den Glauben gebrochen und
alle Laster verbrochen ; das ist kein Wunder. Hat ni(^t
Pharao sich die Rolle des Ermahnenden angeeignet und zu-
gleich das Gesetz geläugnet? — Wir halten fest auf der
Grundfeste, Uns nicht bekümmernd um die Zweige und
Aeste; Wir sind die Rechtgläubigen fürwahr! Wir nehmen
') ümmi.
Drittes B u c li. 119
das Schädliche nicht an und legen den Zweifel in Bann.
Zu Uns stieg nieder der Koran, und der ewige Gott sieht
Uns erbarmend an; Wir haben die Sendung des göttlichen
Worts vergewisst und wissen, wie dasselbe auszulegen ist.
Es ward für euch das höllische Feuer erschaffen , um eure
Hartherzigkeit zu strafen.
Wann sich spaltet der Himmel,
Wann die Sterne sich zerstreuen,
Wann sich mischet der Meere Getümmel^
Wann die Gräber ihre T odteu ausspeien }
Dann weiss die Seele, was war und kommen wird.')
W^underbar, wunderbar! mit Schlägen zu dräuen den Leuen,
reissenden Thieren mit Streichen von Rappieren und Recken
mit Stöcken. Unsere Pferde sind blitzend^, Unsere Bogen
ägyptische, Unsere Schwerter jemenische, Unsere Schultern
festsitzende ; Wir sind bekannt zum Bessten in Osten und
Westen ; Unsere Pferde sind Löwen , wenn Wir sie be-
steigen, und Unsere Reiter erreichen den Feind, sobald sie
sich zeigen; Unsere Schwerter schneiden, wann sie treffen,
und Unsere Lanzen zermalmen , wann sie sich senken im
Treffen; Unser Kürass ist Unsere Haut, Unser Panzer ist
Unsere Brust; Unsere Herzen werden durch keinen Unfall
erbittert und Unsere Versammlung keiner Drohung erzittert
durch die Kraft des Allgeehrten und Alllobenswerthen! Durch
Drohungen werden wir nicht erschreckt, durch Anrücken
des Heeres nicht geschwächt; wenn wir als Empörer auf-
treten, so ist es des Gehorsames Pfliciit, und wenn wir
tödten , so ist diess ein Kapital von Gewicht. Zwischen
Unserer Erdenrunde und dem Tode ist nur Eine Stunde*).
Ihr sagt: „Unsere Herzen halten wie die Berge Stand, und
Unsere Zahl ist unzählbar, wie Sand". Den Fleischer die
Menge der Schafe nicht erschreckt, und vieles Holz wird
durch einen kleinen Funken in Brand gesteckt. Werden
•) Die ersten 4 Verse der LXXXII. Sura. -) Anspielung auf
den üeberlieferuu;4S- Spruch, der auf den Zifferblättern morgen-
ländischer Uhren zu sehen: Eddimja saatun fe edschaalha taaten,
die Welt ist Eine Stunde, gehorsam mach' die Runde.
12*
180 I) r i t f e s B 11 c li.
Wir denn vor dem Tode fliehen und die Schmach vorziehen?
Ist es nicht gefehlt, was ihr befehlt? Wir fliehen vor der
Schmach und laufen lieber dem Tode nach ; der Tod in
dieser Welt ist, was Uns am meisten gefällt; wenn wir leben,
sind wir selig, und wenn wir sterben, als 3Iartyrer glück-
selig: Wird nicht Gottes Verein der ühericältigende sein? ')
Nach dem Fürsten der Rechtgläubigen, nach dem Nach-
folger des Propheten Gottes, des Herrn der Welten, fordert
ihr von Uns Gehorsam. Wir horchen euch nicht und ge-
horchen euch nicht. Die Sehnsucht, ihm (dem Propheten)
nachzufolgen, genügt, um von Uns abzuwehren die Begierden,
die schädlichen, und die Phantasien, die leeren. — Ihr be-
gehrt von Uns, dass Wir Uns euch ergeben, ehe sich die
Decke wird hebQn, und ehe Wir Uns in die Gefahr begeben.
Das sind Worte, ungereimt, aus deren Reihung Zweifel
keimt. Wenn die Decke aufgezogen würde und niedersänke
des Looses Bürde, so würde sich's zeigen, was grössere
Sünde sei, ob der Unglaube nach dem Glauben, ob der
Bruch nach der Bewährung, ob die Lüge nach der Erklä-
rung, oder Gehorsam geschworen den Idolen und die Ver-
messenheit , sich einen zweiten Gott zu holen : Ihr habt
eine unaussprechliche Sache vorgezogen; wenig fehlte^, dass
die Hifnmel klafften und die Erden sich spalteten und ein-
stürzte der Berge Bogen-). Sagt eurem Schreiber, der
diese und diese Worte angefasst und dieses Schreiben ver-
fasst: Wie kurzsichtig ist deine Kürze, wie öde die Ueber-
treibung deiner Rede; dein Schreiben wirkt auf Uns, wie
des Thierangels Hummen und der F'liegen Summen; du hast
des Islams Gnade zu leicht genommen, und es wird Gottes
Pein über dich kommen; du erachtetest zu erweitern durch
das Schreiben die Pein und betrachtetest den Briefwechsel
und die lügnerischen Drohungen als Spielerei'n. Dein Zweck
war, in Vorschein zu bringen deine Beredtsamkeit und zu
zeigen deine Wohlredenheit. Du bist der, von dem der
') Der 65. V^ers der V. Sura. -) Der 8S. und sq. Vers der
XIX. äura.
Drittes Buch. 181
Sprechende spricht : Du hast Etwas im Gedächtnisse be-
halten, aber es fliehen dich der Dinge Gestalten. Du hast
geschrieben den Text: Er tvird die kennen, die Unrecht
gethan , und die Umivälze?iden werdeji umgetoälzt werden ' ).
Auf dieses Wort kommt die Antwort sofort: Gottes Ge-
schäft ist gekommen, beschleunigt es nicht, der König Nassir
und Jagkmur und Alaeddin Koscheimri und die übrigen
Emire Syriens achten nicht das Feuerschlagen zwischen
Kiesel und Stahl , sie erwarten das Wiehern der Rosse und
das ZusammentrefFeii im Stosse; sie geloben, sich im hei-
ligen Kampf zu erproben, euch den Höllen und dem Ab-
grund zuzugesellen, euch die Haare, welche über die Ohren
niederstürzen, mit dem Stahle des Schwertes zu kürzen; sie
sagen euch Alle: Seid ihr zum Kampf bereit, so sei das
eure Beredtsamkeit; was braucht es, Verse zu citiren und
Histörchen zu componiren und Lügen einzustudiren. Wir
sind nun im letzten Ssafer und Unsere \ erheissung kommt
(als eine wahre) vom Morgen her. Gott beflügelt für den,
wen er will , den Sieg. Wir haben diess nicht bloss pro-
saisch geschrieben und sind dabei im Orte der Schmach
sitzen geblieben; Wir sagten, was zur Hand, und entschul-
digen den, der zu schwach zum Widerstand. Heil!"
Nachdem Hulagu den Sommer in Mesopotamien verweilt, Marsch
trat er erst im Herbste des Jahres zwölfhundert neun und *** Ualeb.
fünfzig seinen Marsch nach Syrien an. Auf vier Punkten
wurden Brücken über den Euphrat geschlagen; diese vier
Orte sind noch heute die betretensten gewöhnlichen Ueber-
gangspunkte , nämlich zu Malatia^ Kalaatol Ttmn, Bire und
Kirhesia, alle vier als Uebergänge des Euphrats schon aus
der römischen und byzantinisclien Kriegsgeschichte bekannt.
Malatia, das alte Melitene, Kalaatol Rum j d. i. das Römer-
schloss, an der Stelle des alten Zeugma, d. i. der Brücken-
verband, Bire, das alte Birtha, und Kirkesia, ganz unver-
ändert das alte Kirkesion. Das erste Blutbad hatte zu
Menhedsch y dem alten Hierapolis, statt, dessen heutiger
»3 Der 226. Vers der XXVI. Sura.
182 Drittes Buch.
Name aus dem alten Bambyce verstümmelt; die beide» alten
Namen enthalten schon statistische und historische Kunde
der Stadt, die berühmt durch ihre Baumwollpflanzuugen
und ihre Tempel, besonders den der Astarte, der grossen
syrischen Göttin, vor welchem sich vereinzelte Thürme er-
hoben, Thürme, die heute Minarete, d. i. Leuchtthürrae,
genannt, ursprünglich Phallische Sinnbilder der Zeugung.
Von hier aus wurden die Castelle am Euphrat, deren Ein-
wohner alle unter dem Schwerte fielen , mit Besatzungen
versehen, nämlich: die Schlösser Nedschm, Rakka und
Dschaaber. Nedschm heisst das Sternschloss; Rakka hat in
der römischen und griechischen Kriegsgeschichte als Kaliiiike
oder Nicephoriura schönen Sieg verkündenden Namen,
Dschaaber aber in der osmanischen die grösste Wichtigkeit,
weil hier dreissig Jahre vor dem üebergange Hulagu's über
den Euphrat Suleiman, der Grossvater Osraan's, des Grün-
ders des osmanischen Reichs, als er von ChorasaH, vor dem
Heere Tschengischan's auswandernd, flüchtete, hier bei'm
üebergange über den Euphrat vom steilen Ufer in den Fluss
stürzte und ertrank , wo seine Grabstätte noch heute unter
dem Namen des Türkengrabs geehrt wird '). Noch im
October'^ streiften ungeheuere Schaaren bis in die Nach-
barschaft von Haleb , wo ihnen Moaasem , der Sohn Nassir's,
der Urenkel^) des grossen Ssalaheddin, entgegen kam, aber
von ihnen geschlagen in die Stadt floh. Abtheilnngen des
Heeres rückten vor Maarretnaarnan , Hanta und Himss^
welche sich ergaben ; die Sultane der beiden letzten Städte
waren nach Aegypten entflohen , so auch Melik ISassir, der
Sultan von Haleb, welcher sich in das innerste Syrien,
nach Schaubek und Kerek, gerettet. Damaskus ergab sich
gutwillig, aber Haleb wurde von Hulagu belagert. Er selbst
') Gesch. des osm. Reichs I , nach Neschri, Seadeidin, Dsche-
uahi. ') Primo mense, d. i. des syrischen Jahres, welches Ende
September begann. Bar Hebr. ') Moazem filius Saladini niagni
beim Bar Hebr. p. 255 ist unrichtig, denn Ssalaheddin hatte keinen
Sohu^ der so hiess ; es ist hier die Rede von dem ältesten Sohne
Nassir's, welcher auch Ssalaheddin hiess, wie sein Grossvater.
Drittes Buch. 183
lagerte vor dem westlichen Thore, das nach Antiochien führt,
Oroktu Nujan vor dem Thore der Juden , Keitbuka Nujaii
vor dem Thore der Griechen und Sundsche Nujan vor dem
südlichen Thore von Damaskus. Vor dem Judenthore, das
auch Thor der Freude heisst, ist ein grosser') alter Stein,
bei welchem Juden und Christen schwören; ausser demselben
wallfahrtet der Moslim zu Haleb noch zu zwei Stätten Chiser's,
des Hüters des Lebensquells, dessen Legende in Syrien mit
der des heil. Georg zusammengewachsen, und zu zwei Stätten
Abraham's, dessen Heerden hier gemelket worden sein sollen '^^,
eine Legende entstanden ans der Verstümmelung des alten
Namens Chalyhon in Haleb, was auf arabisch Milch heisst.
Haleb ist durch seine Früchte, sowie durch seinen Handel
von jeher berühmt gewesen, durch seine Gurken, Wasser-
melonen, Feigen, Aprikosen, vorzüglich aber durch seine
Pistazien, welche der Araber die Tochter des Gedächtnisses^^
nennt, weil sie gegessen das Gedächtniss stärken sollen ; als
Niederlage indischer Waaren wird Haleb auch das kleine
Indien genannt.
Der Befehlshaber des Schlosses war Moaasem Turan- Eroberuna
schah, der Sohn Nassir's, an welchen die Aufforderung der *'"" HuhO
Mongolen erging: Wir wollen euch Nichts üebles, lautete
die Botschaft, wir suchen nur den König Nassir auf, um
uns zu schlagen; nehmt also zwei mongolische Yögte an,
deren einer in der Stadt, der andere im Schlosse residire,
so lange noch das Kriegsglück unentschieden ; wenn wir das
moslimische Heer geschlagen, seid ihr uns ohnedies als
Sklaven verfallen ; schmiegt euch daher lieber früher als
später in's Joch; sollten wir besiegt werden, so steht es
euch immer frei, unsere Wogte hinaus zu werfen, oder wenn
ihr lieber wollt, sie zu tÖdten. Moaasem's Antwort war
eines Ejubiden würdig: er habe für die Mongolen Nichts,
als sein blankes Schwert. Auf diese Antwort umzingelten
die Mongolen die Stadt, besetzten die Brücken, bei deren
') Reschideddin. ^) Dscliihannuma S. 593. Histnire des Sultans
Mamlouks de l'Egypte par Makrizi, traduite par Ouatremcre I. 10.
') Bintol- Haiisa.
lind Harim.
184 Drittes Buch.
Vertheidiguiig Esededtlin , der Sohn Soheir's, des Sofines
Nassireddin's, fiel. Das Schwert wüthete durch fünf Tage,
von Sonntag bis Freitag, bis Hulagu's Befehl dem Morden
Einhalt that; nur sechs Gebäude waren durch besondere
Sicherlieitsbriefe von der allgemeinen Plünderung ausge-
nommen'), nämlich vier Häuser von Prälaten, das Kloster
der Ssofi und die Synagoge der Juden, aber weder die
griechische noch die syrische Kirche. Während Abulfaradsch,
der Syrer, w elcher die Geschichte dieses Feldzugs als Augen-
zeuge beschrieben, als Abgesandter der Christen an Hulagu
im Sternschloss aufgehalten ward , drangen die Tataren in
die Stadt ein und metzelten die Christen nieder, die sich
in die griechische Kirche geflüchtet , bis auf wenige, welche
der armenische Priester Toros rettete^). Das Blutbad war
gross und grösser, als zu Bagdad^); die Zahl der in den
verschonten Gebäuden Geretteten belief sich auf fünfzig-
tausend *) ; das Schloss w ard mit Wurfmaschinen beschossen.
Die Emire Kurchan, Adschu Sukurdschi und Ssadik Gurdschi
wurden verwundet. Hulagu beschenkte sie und sagte: Wie
die rothe Farbe die Schminke der Weiber, so ist die Schminke
il. Rebhil- der Männer das BlutQ. In dem Schlosse wurden Mehrere,
-- — ;.l' .als des Einverständnisses mit den Mongolen verdächtig, ge-
6. April 1261 c ' o
tödtet; über zwei Monate ') hatte die Belagerung gedauert,
als der Besatzung freier Abzug gestattet ward. Die Emire
der ägyptischen 3Iamluken, welche sich unter der Besatzung
befanden, wurden der Sorge eines Kipdschaken empfohlen,
welcher vormals bei Nassir, dem Herrn Haleb's, Schutz
gesucht, von demselben gütig aufgenommen, jedoch, weil
es ihm in Syrien nicht gefiel, wieder zu den Mongolen über-
gegangen war. Ausrufer verkündeten, dass es den Moslimen
erlaubt sei , in ihre W^ohnungen zurückzukehren , und dass
ihnen Niemand Etwas in den Weg legen solle. Hulagu
') filJcliehabeddiu Ben Amru's, das Nedsciuneddiii's , des Bruders
Marsdekiii's, das Basdedde's, das Alemeddin Kaissar's. Abulfeda
IV. 579. ^) Bar Hebr. 556. ') Bar Hebr. ^) Abulfeda IV. p. 579.
') Resciüdeddin. ^j „ici,t vierzig Tage, wie Reschideddin sagt;
Abulfeda sibt die Daten genau.
Drittes B u c li. 185
ernannte zum Vogte Fachreddin, den Mundschenken, und
Tokal Bachschi, Hess den ersten in der Folge, als sich die
Einwohner über seine Erpressungen beklagten, hinrichten,
und gab die Stelle dem Seineddin Hafis '). Nun kam Melikol-
Eschref Musa, der Herr von Himss, welchem Nassir, wie
vordem gesagt worden, die väterliche Stadt weggenommen
und ihm dafür Telbaschil gegeben hatte, und der mit Nassir
und dessen Bruder bei Annäherung der Mongolen aus Haieb
nach Aegypten geflohen, um sich dem Eroberer huldigend
zu Füssen zu werfen. Hulagu empfing ihn gnädig und setzte
ihn in das ihm entrissene Fürstenthum von Himss wieder
ein; auch erschien Mohijeddin, der Sohn Seki's, der Richter
von Damaskus, um ihm die Huldigung der Stadt darzu-
bringen; Hulagu empfing ihn ehrenvoll und sandte ihn nach
Damaskus mit goldenen Ehrenkleidern für die Gesetzge-
lehrten zurück. Er theilte dieselben dort in öffentlicher
Versammlung aus und las das Jerligh vor, welches ihm die
Stelle als Richter von Damaskus verlieh ^^. Nachdem Haleb's
Einrichtung getroffen war, wandte sich Hulagu gegen Harun,
welches unter dem Namen Harim aus der Geschichte der
Kreuzzüge bisher besser als seine Lage bekannt, durch
mehrere Schlachten berühmt ; von den Christen eingenommen,
von Nureddin belagert und erstürmt, fiel es wieder in der
Kreuzfahrer Hände, denen es Ssalaheddin entriss^^. Es
liegt zwischen Haleb und Antiochien, zwei Tagreisen von
jenem und eine von diesem entfernt, und ist besonders
seiner herrlichen Granatäpfel willen berühmt, welche die
saftigsten Syriens*}. Die Besatzung erklärte, sie wolle sich
an Niemanden als an Fachreddin, den Naib (Stellvertreter
des Richters) von Haleb, ergeben, welcher, herbeigerufen,
ihre üebergabe im Namen Hulagu's empfing; diesen aber
wurmte der ihm hierdurch zugefügte Schimpf so sehr, dass
•) Reschideddin, Abulfeda IV. uennfc den Naib Aniadeddiu von
Raswin. =) Abulfeda IV, 585. ^) Wilkens Geschichte der Kreu/.-
züge I. 180. n. 516. 633. III. 52. 82. 90. 92. 219. Abulfeda III. 5ll.
583. 593. 755. IV. 35. 59. '') Dschihannuma S. 597; der Richter von
Harim zu Selkin, auf der Karte Serkin.
186 Drittes Buch.
er trotz des zugesicherten Lebens alle Einwolmer mit Weib
und Kind erwürgen Hess. De,n Sultan von Iliiuss, Melikol
Eschref, sandte er nach Haraa, dessen Emire, nachdem ihr
Sultan Melik Manssur sich nach Damaskus geflüchtet hatte,
dem Hulagu die Schlüssel der Stadt überbracht und um einen
mongolischen Vogt gebeten. Er sandte ihnen den Wesir
Chosrewschah, der seinen Stamm vom Schwerte des Islams
von Chalid, dem Sohne Welid's, dem berühmten Feltlherrn
der beiden ersten Chalifen, dem Eroberer Syriens, her-
leitete •). Melik Eschref erhielt von Hulagu den Auftrag,
die Mauern Hama's oder die seiner eigenen Stadt Himss zu
zerstören. Melikol Eschref verfuhr schonungslos zu Hama,
wo er die Mauern des Schlosses schleifte, das Arsenal ver-
brannte, die schöne Bibliothek versteigerte und auch die
Mauern der Stadt gebrochen haben würde, wenn nicht ein
Franke dem mongolischen Zerstörer, dem Perser Chosrew-
schah, vorgestellt, dass die Nachbarschaft der Christen zu
Hossnol Ekrad es nicht rathsam mache, die Stadt ihres
Walles zu entmanteln. Nicht so genau vollzog Melikol
Eschref die Befehle Huiagu's in seiner eigenen Stadt Himss,
wo er nur Weniges zum Scheine abbrach , sein übriges Erbe
verschonend ^^.
Miafara- Ehe wir die Erzählung des syrischen Feldzugs weiter
kain. verfolgen, wenden wir uns nach Mesopotamien zurück, wo
Hulagu auf seinem Durchzuge seinen Sohn Jaschmut mit
einer Heeresabtheilung belagernd vor der Stadt Miafarakain
gelassen, welche nordöstlich von Diarbekr gelegen. Miafara-
kai?t, das südlich demselben gelegene Hoss?ikeif und das noch
südlichere , am Berge Dschudi oder Masius gelegene Mardin,
das alte Merde , drei der festesten Horte des arabischen
Irak und Gränzfestungen des byzantinischen und persischen
Reichs, wollen ihrer Wichtigkeit wegen vom Leser dieser
Geschichte näher gekannt sein. Das erste, auf armenisch
Nefrgerd, auf griechisch die Stadt der Märtyrer geheissen,
ist tielleicht das alte Carcatiocerta, welche die Hauptstadt
') Abuifcda IV. 5öl. -) AbuUeda IV. 587.
Drittes Buch. 187
Svphiene'8, wie Miafarakain die Hauptstadt des Landes Bekr's
war'])» ^^^ li^g^t 3™ dritten Gränzflusse des byzantinischen
und persischen Reichs, am Nymphius, der heute der Go!d-
fluss heissf^^ und nördlich der Stadt aus einer Quelle ent-
steigt, welche die Quelle Bekr's heisst^). Die orientali-
schen Geographen nennen nur ein einziges Denkmal der
Stadt, aber dieses einzige macht viele andere zum Ruhme
der Stadt überflüssig und leuchtet hell hervor aus dem
Dunkel unbekannter Märtyrer, von denen die Stadt den
armenischen und griechischen Namen hat; es ist das Grabmal
Seife ddewlet's, d. i. des Reichsschwerts, des grossen Fürsten
der BeniHamdan, dessen zahlreiche glückliche und unglück-
liche Kämpfe gegen das byzantinische Reich, dessen Kriegs-
thaten in Asien von Flaleb bis an die Ufer des Bosporos die
Geschichte erzählt und Motenebbi in unsterblichem Gedichte
verherrlicht hat. Hier ist das eigentliche Land Bekr's, von
welchem die spätere Hauptstadt desselben, Amid oder Diar-
bekr, den heutigen Namen trägt. Ursprünglich der Sitz
des Stammes Behr Ben Wail, dann der Könige von Kinde,
aus welchen Amrolkai, einer der sieben grössten Dichter
vor Mohammed , um des von den Beni Esed erschlagenen
Vaters Tod zu rächen , Bundesgenosse des griechischen
Kaisers , zuletzt von seinen Feinden im Bade mittels ver-
gifteten Kleides getödtet. Nach der Eroberung unter dem
Chalifate Omar's herrschten hier die Dynastien der Beni
Merwan und Beni Ortok, und als Hulagu's Heer vor Miafara-
kain belagernd erschien , war dasselbe seit siebzig Jahren in
den Händen eines Zweiges der Beni Ejub, deren vierter
Herrscher, Melikol Kjamil, durch die Hinrichtung des Ge-
sandten und durch die Verweigerung der Unterwerfung unter
die Macht des Kaan's und Ilchan's gesichert. Als Prinz
Jaschmut mit den beiden ihm untergebenen Feldherren,
') S. Martin Mem. 11. 97. üschiliannuina S. 437. ^) Aini Haus-
ile musenima bu aindeu, d. i. aus einer Quelle, welche Beckeii-
quelle heisst ; es ist also unrichtig, wenn S. Martin p. 97 sagt:
le Njmphius appelle actuellemeut Aynalhaoudh. ') Macdouald
Kineir.
188 Drittes Buch.
Ilkai Nujati und Suntai, zur Uebergabe aufforderte , ant-
wortete er: der Prinz mög^e nicht kaltes Eisen sclimieden
und Unmögliches nicht erwarten. Ist er nicht der Sohn des
Vaters, der dem Chorschah f dem Fürsten der Assassinen},
dem Chalifen von Bagdad, dem Hosameddin Aka (dem Be-
fehlshaber von Deriteng) und dessen Sohne Tadscheddin
(dem Befehlshaber von Irbil) das gegebene Wort gebrochen ' ')
und sie trotz des gewährten sicheren Geleites getödtet hat*?
Da mich gleiches Loos erwarten würde, wie sie, will ich
mich bis auf den letzten Odemzug vertheidigen. Er öffnete
seine Schätze und Magazine der Besatzung und sagte ihnen :
Theilt euch darein, denn ich bin nicht, Gott sei Dank! der
Chalife Moteaassim, dessen Geiz die Ursache von Bagdads
Ruin. Wurfmaschinen wurden wider Wurfmaschinen aufge-
pflanzt und zwar mit so grosser Genauigkeit der Richtung
der einen gegen die andere, dass die geschleuderten Felsen-
stücke mehrmals in der Luft zusammenstiessen und , durch
den Zusammenstoss zerschmettert , als Kies und Sand her-
unterregneten. Endlich gelang es den Belagerten, die
Wurfmaschinen der Belagerer mittels geschleuderten Naphta-
feuers zu verbrennen.
Eroberung Hulagu, von dem Widerstände Miafarakain's unterrichtet,
V071 Mia- sandte den Oroktu mit dem Befehle, dass der Prinz und das
faraka'm Heer so lange weile, bis die Stadt durch Hunger zur Uebergabe
. gezwungen seyn würde. Dieser Zeitpunkt trat ein; einen
ganzen Monat lang schon ass die Besatzung nichts als Hunde,
Katzen, Mäuse und Ratten, zuletzt Leichname der Erschla-
genen. Da schrieben die wenigen, noch vom Tode Ver-
schonten an Jaschmut: „Die Lebensmittel sind ausgegangen
und die Stadt ist ihrer Vertheidiger entblösst; wenn jetzt
die Reiter kommen, werden sie keinen Widerstand finden."
Der Prinz sandte den Oroktu, und dieser fand nur siebzig
halb verhungerte , halb durch Wunden verstümmelte Älänner,
• ') Reschidedriin setzt noch den Nassir von Halch hinzu, was
aber ein Anachronismus, indem dessen Hinrichtunj: erst nach der
Niederlage von Aiudschalut stattliatte, welche, wie wir s(i;;k"ich
zeigen werden, später als die Eroberung von .\Iiafarakain.
Drittes Buch. 189
die eich nicht mehr vertheidigen konnten ; nur zwei Reiter,
die während der ganzen Belagerung in wiederholten Aus-
fällen Wunder der Tapferkeit gethan, kämpften auch nun
mit vorgehaltenen Schilden gegen der Feinde Ueberraacht,
bis sie derselben erlagen. Melik Kjamil wurde mit seinem
Bruder an Hulagu gesandt, der damals zu Tellbaschir (des
Tnrbeysel der Kreuzfahrer in der Nähe von Haleb ) ; Hulagu
überhäufte ihn mit Vorwürfen über seinen Undank und seine
Treulosigkeit, dass er den Gesandten des Kaan's, der ihm
Diplom und Löwenkopf gesandt, getödtet Er befahl, ihm
Riemen Fleisches aus dem Leib zu schneiden und in den .
Mund zu stecken; der abgeschnittene Kopf wurde als Trophäe
in den syrischen Städten zu Haleb, Hama und Damaskus ^ „ .
7. Dschem.
unter Musik herumgetragen und in der letzten Stadt an ewwel 6'5S
einem Fenster des Stadtthores, welches das Thor des Para- 3i- April
dieses heisst , aufgehängt ' ) , erst nach Abzug der Mongolen
in dem Grabmale Husein's beigesetzt. Der Scheich Schiha-
beddin, als Dichter unter dem Namen Abu Schamaj d. i.
Vater des Muttermaals, berühmt, beweinte dessen Tod in
einer berühmten Kassidet, woraus die Verse:
Der Sohn des Kämpeu kämpfte wider die Barbaren,
Die in Irak aus rauhen Kehlen schnarren j
Hellstrahlend und erhaben in Gefahren,
Starb er den Martyrtod erst nach zwei Jahren.
Entehrt ward nicht sein Haupt durch die Fanfaren,
Womit auch das Husein's ward gefahren ;
Es ruht bei ihm nach Abzug der Tataren;
Im Leben und im Tode gleich Verfahren.
Gleiches Schicksal mit dem Fürsten von Miafarakain hatte
sein Vetter Mowwahid, der Sohn Turanschah's, des letzten
Sultans der Beni Ejub in Aegypten, der Herr des festen
Schlosses von Hossnkeif, welches zur selben Zeit wie Mia-
farakain fiel und dessen Fürst ebenfalls von den Mongolen
getödtet ward. Hossnkeif oder Hiss7ikeifa, von den Byzan-
') Da Abulfeda IV. 509 das Datum gibt, so bleibt kein Zweifel
übrig über die Epoche des Falles von Miafarakain, wiewohl Re-
schideddin denselben erst nach der Schlacht von Aindschalut erzählt.
190 Drittes Buch.
tiiiern das Schloss des Kiphas genannt^), liegt auf dem
westlichen Ufer des Tigris, auf dem Wege von Miafarakain
nach Mossul^^. Die Stadt hängt mit dem auf einem hohen
Berge gelegenen Schlosse mittels einer Brücke zusammen ;
bevor dasselbe der ejubidische Emir Merd Mahmare be-
festigte , hiess es bei den Arabern Rasol Ghul, d. i. das
Dämonenhaupt, weil es, wie im Sternbild des Perseus das
Haupt der Gorgone, welches der Araber ebenfalls Dämonen-
hanpt nennt, fürchterlich und hoch vom Himmel herunter-
droht. Nach der arabischen Legende soll der Name Hossn
oder Hissn Eeifa ursprünglich Hasan Keifa gelautet haben,
und zwar aus folgendem Anlasse: Ein Wackerer, Namens
Hasan, im Schlosse gefangen gehalten, erbat sich beim
Emire eines Tages die Erlaubniss, eine seiner Stuten auf
dem Schlosshofe zu tummeln; die' Erlaubniss wurde gewährt;
Hasan tummelte und tummelte das Pferd und setzte damit
zuletzt in toddrohendem Sprunge über die Mauer, mit dem
Pferd hinunterstürzend in den Tigris , den er glücklich
durchschwamm. Da erscholl der Zuruf der Bewunderung
solcher Tollkühnheit: Hasan Keifa! d. i. Hasan Wohlauf!
und der Name blieb dem Schloss. Vielleicht ist es dasselbe
mit dem alten persischen Schlosse der Vergessenheit, worin
Prinzen und andere Staatsgefangene zu ewiger Vergessenheit
eingekerkert worden, und dessen die byzantinischen Ge-
schichtschreiber mehrmals erwähnen^); da aber jenes auf
persisch Gilgerd*^ genannt wird, so ist es weit wahrschein-
licher, dass dasselbe eins mit einem der festesten Schlösser
der Ässassinen, mit Girdkjuh, dem T?^ß</o Hethum's^^i ^^^
länger als alle anderen aushielt ^).
Nach Miafarakain's und Hossnkeifs Eroberung befeh-
Belageruny. ^'»^^ Hulagu seinen Sohn Jaschmut und die ihm beigege-
benen Emire wider Mardin, die Residenz Melik Said's, des
Fürsten der Familie Ortok, von denen die ältere Linie zu
0 S.* Martin Mem. I. p. 174. -) Dschihan. S. 4H7. ^) Procop.
de hello persico I. 5. *} rdiyiQäov. Theophanes IV. 1. ^D Haitho
Histor. 24. «) Hiernach wäre die Stelle in der Gesch. des osm.
Reichs II. 448 bei einer neuen Ausgabe zu berichtigen.
Mardin's
Drittes B ii c ii. 191
Amid und auch zu Hossnkeif geherrscht, ehe das letzte in
den Besitz der Ejubiden kam. Mardin ist das alte Marde,
der Sitz des kriegerischen, störrigen Stammes der Marden,
welche der persische König Arsaces theils hierher, theils
nach dem Libanon verpflanzte, deren Wohnsitze sich später
bis nach Satalia an der cilicischen Küste ausdehnten 'J und
deren Nachkommen, im Peloponnesos angesiedelt, noch heute
in dem tapfersten Stamme der Schipetar oder Albanesen in
den Mirdaiten fortleben. Der Berg MasiuSj, sogenannt von
seinen Eichenwäldern [auf persisch Masu^)], ehemals /za^e,
dann von den Arabern Dschudi genannt, ist eine Raubhöhie
der verschiedenartigsten Stämme und Secten , welche zu
verschiedenen Zeiten die Freiheit ihres verfolgten Cultos
in die Eichenwälder und Schluchten dieses Berges gerettet,
an dessen steilstem Ende nach der moslimischen Ueberlie-
ferung die Arche Noah's sitzen geblieben und von wo aus
er mit seinen Söhnen in die Ebene Mesopotamiens herunter-
gestiegen sein soll. Sunni und Schii,' katholische und schis-
luatische Armenier, Jacobiten, Nestorianer, Chaldäer und
Juden, Sonne-, Feuer-, Kalbs- und Teufelsverehrer wohnen
hier einander über den Köpfen; denn die Stadt steigt in
Terrassen auf und die Häuser stehen alle eines ober dem
anderen, so dass Dächer und Thore in einer senkrechten
Linie sich übereinander erheben; die zahlreichste Bevölke-
rung Kurden, Jesidi, welche dem Teufel göttliche Ehre
erweisen, wahrscheinlich Nachkommen der Marden, welche
vermuthüch zur altpersischen Secte gehörten, die das böse
Princip anbetete. Wenn irgendwo in Asien noch Spuren
der Ungarn anzutreffen sein sollen, so dürften dieselben
ausser Sibirien noch in den Eichenwäldern des Masius in
dem Volksgemische der Umgegend zu suchen sein, denn
hierherum kennt Theophylaktus das Schloss der Magyaren
und den Pass der Sahiren j, welche die Namen der Ungarn,
die bei dem Auszuge aus dem Lande zwischen der Wolga
•) Theophanes, Cediuus, .lustinus und nach denselben Geschichte
des osm. Reichs H. 443. ^) Dschihann. S. 441.
192 Drittes Buch.
und dem Dniepr sich südlich nach Persien wandten '_). Melik
Said, Fürst der Familie Ortok, beantwortete mit gleicliem
Muthe und in gleichem Sinne, wie die Herren von Mia^ara-
kain und Hossnkeif, die Aufforderung Jaschmut's : „Ich
hatte den Sinn , mich euch zu unterwerfen , aber die Art,
wie ihr die, so sich euch ergaben, behandelt, hat meinen
Sinn geändert; an lobenswerthen , an tapferen Kurden und
Türken fehlt es mir, Gott sei Dank! nicht." Oroktu pflanzte
also die Wurfmaschinen auf, welche acht 3Ionate fruchtlos
die steile Bergfeste beschossen. Die 31ongolen rächten sich
für den tapferen Widerstand des Schlosses durch die Plün-
derung der Stadt und der nächstgelegenen Städte Ersen
und Dinsar. Der ältere der beiden Söhne Said's, Mosa-
fereddin, hatte zu wiederholtenmalen dem Vater fruchtlose
Vorstellungen wider die längere Vertheidigung gemacht;
endlich räumte er dessen längeren Widerstand durch Gift
aus dem Wege und begab sich in's Lager, sich selbst als
Vatermörder aus Menschenliebe angebend , weil er über-
zeugt , dass das Schloss doch endlich der Uebermacht der
Eroberer weichen müsse, durch den Tod des Einen das
.Leben von Tausend habe bewirken wollen. Der Vatermörder
fand Gnade vor Hulagu , der ihm des Vaters Herrschaft
verlieh ; seine Nachkommen erhielten dieselbe als zahme
Vasallen der Ilchane. Hundert dreissig Jahre nach dieser
Unterwerfung trotzte Sultan Isa, der letzte des grossen
Herrschergeschlechtes der Beni Ortok, noch den weltero-
bernden Waffen Timur's, der von den fruchtlos Belagerten
die gewöhnliche Neunzahl der Geschenke und das Ver-
sprechen jährlichen Tributs annahm^). Die Dynastie der
Beni Ortok erlosch fast gleichzeitig mit der der Beni Ejub
zu Hossnkeif, wo nach Mowwahid's Hinrichtung dessen Nach-
kommen das Schioss ebenfalls als Vasallen der Mongolen
besassen, bis der achte derselben der aufsteigenden Dynastie
•) Theophylaktus III. 5. S. Gesch. des osni. Reichs II. 448
und ö4(S. Matha ist verniuthlich das Schloss der Magjaren und
-Beiranikai (Macdouald Kineir p. 425) vielleicht das alte ßeidum.
^) Cherefeddin bei La Croix eh. 37. p. 275.
Drittes Buch.
103
der Bajandere, d. i. des weissen Hammels, erlag, deren
Gründer Kara Jidak, d. i. der schwarze Blutegel, von
Tiraur mit der Herrschaft von Amid und Mardin belehnt
ward '^ Zwei der Zweige der Beni Ejub wurden also als
Vasallen der Mongolen zu Hossnkeif und Himss geduldet,
während die Dynastien der beiden anderen von Miafarakain
und Haleb mit ihren Hauptstädten zu Grunde gingen. Ehe
wir das Ende des mächtigsten dieser Fürsten, nämlich Na-
ssir's von Haleb , als Folge der Niederlage von Aindschaliit
erzählen, erwähnen wir noch einmal des Fürsten von Mossul.
Bedreddin Lulu, der sechs und neunzigjährige^^ Greis, Ssalih's,
der vierzigjährige Herrscher von Mossul, welchen Hulagu des Sohnes
in Anbetracht seines hohen Alters der Pflicht, im letzten i^^dreddin
Feldzuge persönlich zu erscheinen , enthoben und seiner ^ uifana
statt seinem ältesten Sohn Ssalih der Belagerung Miafara- j,„^ Ende.
kain's beizuwohnen, aufgetragen hatte, war während der-
selben gestorben. Bedreddin Lulu, d. i. Vollmond -Perle,
erst Sklave des sechzehnten Atabegen von Mossul , dann
Obersthofmeister von dessen beiden Söhnen Mesud und
Mahmud, eignete sich, nachdem sie bald auf einander ge-
storben , den Thron selbst an und mass seine Macht mit
der der Fürsten aus dem Hause Ejub; zuerst mit Ssalih
Nedschmeddin, dem Sohne Kjamil's, dem Herrn von Sindschar,
das er zweimal belagerte; das erstemal war er durch das
dem Sultan zu Hilfe eilende Heer Chuaresmschah's die Be-
lagerung aufzuheben gezwungen ; das zweitemal aber entriss
er die Stadt dem Enkel Melikol aadil's, Dschewad; hierauf
die festen Städte Nissibin und Dara den Händen der Chua-
resmier, den Sohn Melik Ssalih's, den nachmaligen letzten
Herrscher der Beni Ejub in Aegypten, aus der Gefangen-
schaft der Chuaresmier befreiend. Zehn Jahre hernach
H37
1239
wurden ihm diese Städte von dem wider ihn gesandten
Heere Nassir's von Haleb wieder abgenommen^}. Seiner
Unterwürfigkeit und Huldigung gegen Flulagu ist schon oben
») Dschihanuuma S. 443. *) Miiwad und Schesch 96, Reschid-
eddin; also nicht SOjährig, wie d'Ohsson sagt. ') Nochbet.
Hammer, Geschichte der Ilchane. I. 13
ii)4 Drittes Buch.
Krwäliiiung geschclien. Nach seinem Tode wurden seine
drei Söhne, Ssalih, MosafTer Ali und Melik Modschahid,
^011 Bondokdar, dem Sultane Aegyptens, mit den Fürsten-
thütnern von Mossul, Sindschar und Dschesiret Ben Omar
belehnt. Ssalih wurde in's Lager gefordert und die Tochter
Dschelaleddin Chuaresmschah's, welche ihm Hulagu früher
vermählt, wurde zur Huldigung nach Syrien gefordert; dort
nahm sieh seiner Rokneddin Beidak an; aber Hulagu sandte
den Senedarghun Nujan mit einem Tomane mongolischen
Heeres , um Mossul zu besetzen und die Schätze auszuliefern.
Als Ssalih in seine Stadt zurückeilte, fand er alle Wege
von Mongolen besetzt; er verweilte zu Dsckewsak, wo ihn
die mongolische Schlachttrompete aus weichlichem Wohl-
leben aufschreckte; da eilte er nach Mossul und rüstete die
Stadt zur Vertheidigung wider die Mongolen, die Einwohner
mit der Hoifnung tröstend, dass sein Beschützer, Beidak
der Syrer'), bald zum Entsätze erscheinen werde. Von
beiden Seiten flogen Felsenstücke und feuerbeschwingte
Pfeile; mehrere wackere Mongolen, welche bereits die
Mauern erstiegen hatten , wurden getödtet und ihre Köpfe
in's mongolische Lager gepfeilt. Melik Ssalih, von einem
Pfeile verwundet, eilte in's Lager zu Hulagu, um ihm von
dieser halsstarrigen Empörung Ssalih's Kunde zu geben.
Beidak, von der üblen Lage seines Schützlings unterrichtet,
sandte ihm Truppen zu Hilfe, die von Sindschar aus durch
Taubenpost von ihrer nächsten Ankunft Wort sandten. Die
Taube ward von einem Mongolen geschossen, der Brief dem
Senedarghun Nujan gebracht. Er legte sich in Hinterhalt,
schlug die von Beidak zu Hilfe gesandten syrischen Truppen
und steckte die Mongolen in ihre erbeuteten Kleider; unter
dieser Verlarvung erschienen sie vor den Mauern Mossul's,
dessen Einwohner, sie für den syrischen Entsatz haltend,
ihnen entgegen gingen, aber alle niedergemacht wurden;
dennoch hielt sich die Stadt noch sechs Menate, bis die
') Bei (l'Ohsson III. 322. Alakuli , der Statthalttr ßoiidokdar's
y.ii Halel».
Drittes Buch. 195
Sonne in ihrer höchsten Hitze, im Löwen, und die Hun-
gersnoth in der Stadt aufs Höchste gestiegen. Da ver-
liessen die Vertheidiger Mossul's, durch Hunger gezwungen,
die Stadt und wurden vom Schwerte der Mongolen gefressen.
Ssalih unterhandelte nun die IJebergabe um Schonung des
Lebens und sicheres Geleite an Hulagu. Senedarghun*)
verhiess und gewährte beides, aber nur der Person Ssalih's,
denn die Besatzung wurde bis auf Wenige zusammengehauen.
Neun Tage dauerte das Morden, die Stadt ward entvölkert,
nur nach Abzug der Mongolen kamen etwa Tausend , die
sich in's Gebirg gerettet hatten, wieder in die Stadt zurück. 660
Schaaban
Hulagu war über Ssalih's Empörung so ergrimmt, dass er 2?. Januar
an demselben ein Beispiel mehr als gewöhnlicher, ekel-
hafter, unmenschlicher Grausamkeit aufstellte; er wurde,
das Gesicht auf die Schaam gebunden, in einen Filz ge-
wickelt und in die Sonne geworfen; so musste er elend
verschmachten; sein dreijähriger Sohn wurde nach Mossul
gesendet, am Ufer des Tigris entzweigehauen und die zwei
Hälften auf den beiden Seiten des Flusses aufgehangen, bis
sie verfault, abfielen. Solche echt mongolische Grausamkeit
schändet den Ruhm Hulagu's, welchem sein Volk den Ehren-
namen Ssatn Adschu, d. i. der Schwierigkeitenlöser, bei-
legte, welcher mit seinen Söhnen für das Hemd^^ des
mongolischen Reichs galt, während alle anderen Prinzen
nur als Oberkleider ^) angesehen wurden.
Hulagu befand sich nach der Eroberung von Damaskus, Hular/n's
mit den Plänen weiterer ägyptischer Eroberung beschäftigt, Aufbruch
zu Haleb, als er die Nachricht von dem Tode seines Bru- ^"'^ Haleb,
1 . irr , T. 1 , . 1.. n i_ 1 Keilbuka zu
ders, des grossen Kaan s Mengku, erhiert. Er brach so- ^j«,«««/,-««
gleich auf, wie es scheint in der Absicht, die oberste Herr-
schaft des Reichs im Kurultai zu Karakorum für sich selbst
anzusprechen, erfuhr aber schon zu Tebris, dass sein Bruder
Kubilai zum Kaan und Moilchan ausgerufen worden, und
kehrte in der Folge wieder nach Haleb zurück. Ehe er
') Bei d'OhssoH III. BT.i, nach Bar Heb, Samdaghun. ^) Dschein-
dschadar. ') Durgfuni, Wassaf im V. Bande, Eingangs der Erwäh-
nung des Zuges Hulagu's nach Westen.
13*
196 Drittes H II c !i.
Ilaleb verlassen, befahl er die Schleifung der Mauern und
des Schlosses von Haleb , was vollzogen ward ; den Ober-
befehl über das Heer liess er in den Händen Keitbuka'ä,
des bisherigen Befehlshabers des Vorlrabs. Dieser war im
zauberischen Thale von Ghuta gelagert, welches durch die
üppige Fülle seines Grüns und Baumwuchses eines der vier
Paradiese des Ostens (die drei anderen sind die Auen von
Obolla an der Mündung des Euphrats, das Zauberthal
Schaab Bewivan in Fars und die Ebene von Soghd im Lande
jenseits des Oxus^. Wiewohl diese vier vorzugsweise die
Paradiese des Ostens heissen , so zählen doch genauere Geo-
graphen und eifrige Moslimen deren acht, indem nach der
Lehre des Koran's die Zahl der Höllen sieben, die der
Paradiese aber acht, indem Gottes Grimm minder als seine
Huld und jenseits wie diesseits verdiente Strafe von unver-
dienter Gnade überwogen wird. Diese vier anderen Para-
diese sind das Thal von Tebris^^, das von Mamschanrud
zu Hamada?iy der Sommeraufenthalt der Bewohner Malatia's
zu Sebusi'^, dem vom Flusse des Messias bewässerten Thale,
und endlich das des Bosporos^ dessen Schönheiten nach dem
bekannten Distichon des türkischen Dichters Melhemi die
Schönheiten der vier ersten Paradiese weichen müssen').
Im schönen Thale von Ghuta gelagert, empfing Keitbuka
Gesandte der Franken, welche ihm den Prinzen «SßÄzV^ den
Bruder Jusuf Nassir's , des ehemaligen Sultans von Haleb,
zuführten. Keitbuka bestätigte ihn im Besitze seines Leib-
gedinges, nämlich der Herrschaft von Ssarchad*^; eine
Heeresabtheilung wurde unter Kuschluchan's Befehl gegen
Nablus (^Neapolis} gesandt, das alte, zwischen den Bergen
Garazin und Tobalj welche die Kibla der Samaritaner , ge-
legene Sichein ^^, und die Besatzung, welche ausfiel, zu-
') Chuthai Tebris, Dschihannuma S. 381. ^D Ewlia in der Be-
schreibung Malatia's und Dschih. S. 600.
0 Wie Schaab , Ghuta, Obolla, Soghd auf Erden berühmt sind,
So ist des Bosporos Gestad' im Paradiese berühmt.
Geschichte des osm. Reichs V. S, 594. ") d'Ohsson III. 329. nach
Noweiri. ^) Dschihannuma S. 570.
drittes Buch. 197
samniengehauen. Die Mongolen kehrten das grosse syrische
Gestade bis hinunter nach Ghasa sengend und brennend aus.
Pßwjfls'), die anderthalb Tagreise nordöstlich von Damaskus
gelegene kleine Stadt , wurde verheert. Während dieser
Begebenheiten ward Keitbuka Herr von Nassir's, des flüch-
tigen Sultan's von Haleb , Person. Nur von seinem Bruder
Sahir, dem Melik Ssalih Nureddin, dem Sohne des Herrn
von Hirass, und drei kaimarischen (richtiger kimerischen)
Emiren (gebornen Chuaresraiern) begleitet, war er bis nach
Kathije an Aegyptens Gränze gekommen, von wo, sich nicht
weiter in's Land wagend, er nach Schaubek und, alles seines
Gepäckes und Gefolges verlustig, sich nach Kerek und von
da nach Belka begab. Durch zwei kurdische Hellebardiere
an Keitbuka verrathen , wurde er am See von Sisa ergriffen
und vor Keitbuka geführt , der belagernd vor Adschalun's
Mauern stand. Keitbuka zwang ihn, den Belagerten den
Befehl der üebergabe zuzurufen ; die Stadt ergab sich und
die Mauern derselben, welche Iseddin , einer der Emire
Ssalaheddin's, erbaut"^, wurden geschleift. Keitbuka sandte
den Sultan Nassir mit seinem Bruder Sahir, mit Ssalih,
dem Sohne des Sultans von Himss, und mM Asis, dem min-
derjährigen Sohne von Moghis , dem Sultan von Kerek, nach
Tebris in die Gegenwart Hulagu's. Dieser empfing die vier
Prinzen des Hauses Ejub gnädig und versprach dem Sultan
von Haleb , ihm sein väterliches Erbe zurückzustellen , so-
bald Aegypten im Besitze des mongolischen Heeres.
Wiewohl Keitbuka wie Hulagu die Christen als die Keitbuka's
Feinde seiner Feinde, der Moslimen, begünstigte, so er- Stellung
firiramte er doch wider die Franken von Sidon und Beau- ^^:
° Kreu%-
fort, welche einige den Mongolen zinsbare, im Gebiete von fahrer in
Beaufort gelegene saracenische Ortschaften geplündert, raeh- Aegyiden.
rere der Bewohner getödtet, andere in Gefangenschaft ge-
schleppt, einen Neffen Keitbuka's, welcher an sie gesendet
worden, um die gemachte Beute zurückzubegehren, erschlagen
') Banias, wie bei d'Ohsson , nicht zu vcrmeujreii mit dem Ba-
lanias Abulfeda's, welches auf den Karten auch als Uauias steht.
') Haitho c. -1%
198 Dritte»- Buch.
hatten und dem Keitbuka Zurückstellung der Beute und
Genugthunng verweigerten. Keitbuka züchtigte sie dafür
durch die Eroberung von Sidon und die Schleifung eines
Theiles der Stadtmauer. Die Einwohner flüchteten in die
nächst der Stadt auf einer Insel gelegene Burg. Durch diese
Feindseligkeit wurde das bisherige Zutrauen der syrischen
Christen und Mongolen für immer zerstört'). Die politische
Zuneigung Hulagu's für die Christen ward hauptsächlich
durch die Frauen, durch die Frau Tokus, die erste Ge-
mahlin und grosse Frau Hulagu's, seine Begleiterin auf diesem
Feldzuge, und durch Hethum, den König Kleinarmeniens,
bestärkt. Diesem dankte sein Eidam, der Prinz von An-
tiochien, einzig seine Rettung, indem sonst nach Haleb's
Ruin der Antiochien's wohl unvermeidlich gewesen wäre.
Hulagu sandte ihm aber Geschenke und Diplom, wodurch
der Fürst von Antiochien wieder in den Besitz aller, zu
seinem Fürstenthume gehörigen , ihm von den Saracenen
entrissenen Ortschaften eingesetzt ward ^). Der grössere
Theii des mongolischen Heeres war theils in Mesopotamien,
mit der Belagerung oder Huth der dortigen Städte beschäftigt,
theils in Syrien zu Grunde gegangen , theils dem Hulagu bei
seinem Aufbruche von Haleb gefolgt; Keitbuka blieb mit
nicht mehr als zehntausend Mongolen zur Eroberung Aegyp-
tens oder doch wenigstens zur Huth Syriens wider Aegypten
zurück ^). Keitbuka war zu Damaskus auf die Vertheidigung
und den Schutz Syriens bedacht, als er die Nachricht von
dem Anmärsche des Sultans von Aegypten, Mois Seifeddin
Kotos, erhielt, in dessen Gefolge sich Melik el Manssur,
der Sultan von Hama, mit seinem Enkel Efdhal, dem Vater
Abulfeda's, des grossen Geographen, Geschichtschreibers,
und andere moslimische Fürsten befanden, welche sich bei
der Annäherung der Mongolen nach Aegypten geflüchtet und
bei dem Sultane der Mamluken vom Nile den Schutz ge-
sucht, den ihnen ihre Uneinigkeit wider die Mongolen nicht
') llaitlio. ») GurbogH, bei Ilaithon 29- ') Haitlion 50; bei
Wilkeii VII. 4i(i.
Drittes Buch. 199
gewährte. Kotos, der erst seit einem halben Jahre auf dem
Throne sass, war der dritte der Sultane Mamluken, welche
denselben seit dem , der Gefangenschaft des heiligen Ludwig
gleichzeitigen, Ruine des Hauses Ejub gefüllt; denn nach-
dem Melikolmoaasem Turanschah in dem Aufrühre der Mam-
luken zwischen Gluth und Fluth, halb versengt und halb
ertränkt' j, endlich von den Pfeilen der Rebellen ereiU,
geendet hatte, war die Herrschaft Aegyptens erst in den
Händen der Frau Schedschreteddurr, d. i. Perlenbaum, der
Gemahlin Ssalih's, des vorletzten Sultans der Beni Ejub, und
ihres Gemahls, des Turkmanen Iseddin Aibek Dschaschiegir ,
d. i. Glaubensehre, Mondfürst, Truchsess, den sie aber
selbst durch ihre Sklavinnen im Bade ersticken Hess, als sie
vernommen, dass er die Tochter Bedreddin Lulu's vonMossul
zur Gemahlin nehmen wolle. Seine Mamluken setzten dessen
fünfzehnjährigen Sohn auf den Thron und rächten dee Vaters
Mord durch den der Frau Perlenbaum, deren Leichnam
aus der rothen Burg^), in der sie unumschränkt befahl,
hervorgezogen, nackt in den Graben geworfen ward. An
der Spitze der Bluträcher stand der Emir Ätabeg, Ober-
befehlshaber des Heeres Seifeddin Kotos, welcher unter
dem scheinbaren Grunde, dass der Mongolen drohende Ge-
fahr statt des unerfahrenen Jünglings einen kräftigen Mann
zum Herrscher Aegyptens dringend fordere, den Sohn
Aibek's schon nach dritthalb Jahren des Thrones, worauf er
ihn gesetzt, entsetzte und diesen selbst als Sultan Aegyptens
einnahm.
Am dritten Sonntage des Monats Ssafer waren die Ab- lieijeben-
geordneten Hulagu's, vom Richter Muhijeddin Ben Seid j)(,r,iaskus ;
begleitet , angekommen , welcher sich nach Haleb begeben ^/"»'^ der
o •> o moiuioh-
hatte und dort von Hulagu zum Oberrichter ganz Syriens scheii itut-
ernanut worden war. Am folgenden Morgen versammelten sciutfter
sich die Bewohner ohne Furcht in der grossen Moschee; jf^ ssafti
Ibn Sekt, mit dem Ehrenkleide Hulagu's angelhan, las den 6*.58
%H
•) hcm harik Iicm j^harik. Nuclihct und Abulf'cda IV. p. jll.
') Burdschi ahmer.
200 Drittes Buch.
versammelten Rechtsgelehrten das Diplom der Investitur
(Taklid) des mongolischen Herrschers und die Fermane,
wodurcli den Bewohnern von Damaskus Sicherheit ihres
16. Beb. Lebens und Gutes versprochen ward. In der Hälfte des
eicirel 6'öS
- . _ .^ folgenden Monates waren die Generale Hulagu's an der Spitze
einer zahlreichen Truppenabtheilung von Tataren im Geleite
Keitbugha JSiijan's erschienen und bald darauf wurde durch
ein Diplom der Richter Kemaleddin Omer von Tiflis zum
Stellvertreter der richterlichen Gewalt (Naihol-hukm) er-
nannt, so dass er als Richter der Richter in den Städten
Syriens zu Mossul, Mardin und Miafarakain Recht sprach.
Dasselbe Diplom verlieh ihm die Aufsicht der Moscheen und
der frommen Stiftungen. Die Tataren hatten indessen ganz
Syrien überschwemmt; sie waren bis Ghasa, Bett, Dschibrail,
Hebron und 8salt vorgedrungen, hatten überall geplündert
und Sklaven gemacht ujid verkauften die Beute auf den
Märkten von Damaskus '^ Die Christen von Damaskus, welche
einen besonderen Schutzbefehl Hulagu's zu Gunsten freier
Religionsübung erhalten hatten, übernahmen sich in der
ihnen zugestandenen Freiheit gegen die Muslimen, indem
sie im Ramasan öffentlich auf den Gassen Wein tranken und
denselben vor den Moscheen ausschütteten; sie zogen mit
dem Kreuze durch die Strassen und zwangen die Kaufieute,
demselben aufzustehen , die sich dessen Weigernden miss-
handelnd; Prozessionen zogen mit dem Kreuze nach der
Kirche der heiligen Jungfrau, von deren Kanzel der Triumph
des Christenthums über den Islam verkündet ward. Die
gekränkten und misshandelten Moslimen beschwerten sich
darüber beim mongolischen Statthalter, von dem sie, statt
Ausrichtung zu erhalten, mit Schlägen abgefertigt wurden;
^r überhäufte die christlichen Priester mit Ehren, besuchte
ihre Kirclien und begünstigte oflFenbar das Christenthum.
Eine merkwürdige Epoche für die Geschichte christlicher
Kirchen in Syrien während der mongolischen Herrschaft
') Histoiie des Sultans Manilouks de l'Egypte p.ir Makrizi,
traduitc par Quatremere. I. p. 98.
Drittes Buch. 201
unter der Statthalterschaft Keitbugha's ; aber diese dauerte
nicht lange , denn Metik Eschref, der ejubidische Fürst von
Himss, erschien mit einem Diplome Hulagu's, welches ihn
zum Statthalter über ganz Syrien besteilte. Indessen hatte
der Emir Bedreddin Mohammed Ben Kermdsche , der Fe-
stungsbefehlshaber der Citadelle von Damaskus, und der
Emir Dschelaleddin Ben Seirafi den Entschluss gefasst, die
Thore der Citadelle zu schliessen und sich darin wider die
1.1. »^ . I 1 t i. Ti 1 6'. Rebiul-
Mongolen zu vertheidigen. Keitbugna begann die beiage- aebir 6'öS
rung des Schlosses. Dieselbe dauerte fünf und vierzig Tage lo. März
mitten unter fürchterlichen Ungewittern, die mit Erdbeben
begleitet waren; mehr als zwanzig Wurfmaschinen schlen-
derten Felsenstücke wider die Mauern , um sie zu erschüt-
tern , während eine Menge anderer Häuser durch das Erd-
beben einstürzten, und mit den Blitzen kreuzten sich die
Fiammengeschosse des Naphta. Nachdem die Belagerten ' eivivel^'
endlich zu kapituliren begehrt, plünderten die Tataren das ^ i^i^i i^ßo
Schloss , zündeten dasselbe an mehreren Ecken an , schleiften
mehrere Thürme und zerstörten alle Kriegsmaschinen ; von
hier zogen sie nach Baalbek , wo die Citadelle ebenfalls zer-
stört ward; eine andere Heeresabtheilung verheerte Bamias
und die Umgegend. Hulagu , nachdem er von Haleb abge-
zogen, liess dort den Keitbugha und zu Damaskus den Baidera
als Statthalter zurück und führte sieben Emire der Mam-
luken Bahrt, d. i. derer vom Nile, mit sich. Bald darauf
erschienen Botschafter Hulagu's mit einem Schreiben'} an
Kotos voll Drohungen, dessen Inhalt in den folgenden Schluss-
worten desselben zusammengedrängt ist: „Sag' dem Lande
Aegypten, Hulagu kommt, begleitet von entblössten Degen
und schneidenden Schwertern; er wird die Mächtigen de-
müthigen , die Grossen zurechtweisen und die Kinder nach-
senden den Greisen." Im gehaltenen Kriegsrathe der Emire
wurde beschlossen, die Botschafter Hulagu's, es waren deren
vier an der Zahl , zu vernichten ; vor der Hand wurden sie
aber nur in den Kerker geworfen'}. Hälfte Schaaban's zog ' a^Q
Juli 1260
') Ebenda p. i03.
Drittes Buch.
Sultan Kotos, von seinen Truppen begleitet, aus dem Schlosse
Kairo's gegen Ssalihije aus. Unmittelbar vor seinem Aaszuge
wurden die vier mongolischen Botschafter an vier der volk-
reichsten Plätzen der Stadt, nämlich am Fusse des Schlosses,
ausser dem Thore Soweila ' ) , dem Thore Nassr und zu
Ridhania entzweigehauen , ihre Köpfe an dem Thore Sotveüa
aufgehangen; vier bedeutungsvolle Stätten , mehr als einmal
in der späteren mamlukischen und osmanischen Geschichte
und bis in unsere Tage herunter durch die Schlachten von
Heeren «nd das Schlachten von Menschenopfern blutig be-
fleckt; durch das Thor Nassr's, d. i. des Sieges, zogen die
jeweiligen Eroberer Kairo's triumphirend ein, am Fusse
des Bergschlosses rann das Blut der letzten, von Mohammed
Ali veranstalteten Mamlukenvesper; in der Schlacht von
Ridhania zwischen Sultan Selim, dem Eroberer Aegyptens,
und Sultan Tumanbai , dem letzten Sultan der Mamluken,
wurde das tragische Schicksal des letzten entschieden, und
am Thore Soweila , wo jetzt die Köpfe der vier entzwei-
gehanenen mongolischen Botschafter hingen , baumelte dritt-
halbhundert Jahre später der Kopf Tttmanbai's, des letzten
Sultan's der Mamluken Tscherkessen. Im Gefolge der mon-
golischen Gesandten befand sich ein Kind, welches der
Sultan begnadigte und unter die Zahl seiner Mamluken auf-
nahm. Wassaf erzählt diese Botschaft und das Sendschreiben
derselben auf eine im Wesentlichen zwar übereinstimmende,
in den Nebenumständen aber abweichende Weise. Nach
ihm waren nicht vier Botschafter, sondern nur Einer, von
vierzig Dienern begleitet, und die Botschaft lautete: „Gott
hat dem Hause Tschengischan's die Weltherrschaft zuer-
kannt; der sich Uns unterwirft, hat sich und seiner Familie
Leben und Gut gerettet. Der Ruf Unseres unzählbaren
Heeres geht demselben wie die Heldensage Rüstern s und
Isfendiar's voraus ; sende unterwürfige Botschaft und komme
*) Soweila, nicht Zwilah, wie in der Uebersetzuug Makrisi's
von Quatreniere I. p. 103 dieser Name irrig gcschricbea wird; bei
demselben findet sich auch S. lOl das Schreiben Hulagu'a an Kotos
in voller Ausdehnung.
Drittes Buch.
selbst, um einen Vogt in Aegypten zu bitten; wenn nicht,
80 sei gerüstet zum Kriege." Sultan Kotos berief bei An-
kunft der mongolischen Botschaft seine sechs chuaresmischen
Emire '^, welche nach der Zerstörung der chuaresmischen
Länder sich von Achlath nach Aegypten geflüchtet und hier
besonders zur Erhebung Sultans Kotos auf den Thron bei-
getragen hatten. ,,Hulagu'S sagte er ihnen, „wäre schon
in Aegypten eingefallen, wenn ihn nicht die Nachricht von
des Bruders Tod aus Syrien abgerufen hätte; er hat aber
den Keitbuka an der Gränze zurückgelassen, der das Land
wie ein grimmiger Löwe und wüthiger Drache zu verheeren
droht und dem Niemand zu widerstehen im Stande; was
denket ihr hierüber!" Der sechste Emir, Nassireddin
Kimeri^^^ von welchem die kimrischen oder eimerischen
Mamluken ihren Namen haben, sprach: „Es wäre keine
Schande für uns, dem Hulagu, als dem Sohne Tului's, dem
Enkel Tschengischan's , entgegen zu gehen; welcher Ver-
nünftige wird sich aber selbst vergiften und muthwillig dem
Tode entgegen gehen? Die Beweise seiner Treulosigkeit
liegen in dem Schicksale der Herren von Alamut, Deriteng,
Irbil, Miafarakain und des Chalifen offen." Kotos sprach
im selben Sinne und endete so : „Mir bleibt nur eines von
dreien zu wählen übrig: Freundschaft, Feindschaft oder
Auswanderung." Alle stimmten für den Krieg. Kotos be-
rieth sich noch insbesondere mit Bondokdar ^ dem Emiroi
umera , dem ersten der ägyptischen Mamluken , welcher sich
schon seit zehn Jahren dadurch, dass er der erste den
Todesstreich wider Melik Moaasem, den letzten Herrscher
Aegyptens aus dem Hause Ej'ub, führte , Namen und Ansehen
erworben und seitdem als Fürst der Fürsten behauptet hatte.
Bondokdar, d. i. der Bogenhalter, der Kipdschake, dessen
ursprünglich türkischer Name BeibarSy d. i. Beg Panther,
und der später als Sultan Aegyptens der Schrecken der
') 1. Emir Melik üusein Chan; 2, Melik Ichtiareddin Cliau;
3. Melik Seifeddin Ssadik Chan ; 4. Melik Nassireddin Gülschu Chan ;
5. Atlas Chan : 6. Nassireddin Kinieri. ') Kainieri statt Kimeri ist
Keiskische Leseart.
204 Drittes Buch.
Franken in Syrien wie der Mougelen, rieth zum Morde
des Gesandten; noch in derselben Nacht blutete der Ge-
sandte und seine vierzig Begleiter bis auf einen als Märtyrer
mainlukischen diplomatischen Verkehrs; ihre Köpfe wurden
am Thore Soweila aufgesteckt , und am Morgen brach Kotos
mit zwölftausend Reitern gegen Syrien auf.
Schlacht von ^^ Ssalihije, dem Vereinigungspunkte des ägyptischen
-4 /«</sc/jrt/Kt. Heeres, fand Kotos Widerwillen bei seinen Emiren, wider
25. Rama- den Feind zu ziehen ; mit den Worten : „Ich werde allein
wider die Tataren ziehen", schloss er den Kriegsrath, indem
3. Sept. ISbO
er bei einbrechender Nacht die Trommeln zum Aufbruche
zu rühren befahl. Der Emir Beibars Bondokdari ([der nach-
malige Sultan der Mamluken} erhielt den Befehl; mit einer
Truppenabtheilung vorauszueilen , um Erkundigung vom
Feinde einzuziehen. Alsbald er vor den Mauern Ghasa's
erschienen , wurde die Stadt geräumt. Kotos folgte ihm auf
dem Fusse nach; aus Aka kamen ihm die Franken mit An-
erbietung von Hilfe und Begleitung entgegen. Er lehnte den
Antrag ab und forderte nur das Versprechen der strengsten
Neutralität, deren Verletzung er zu züchtigen drohte').
Zu Aindschalut, d. i. am Quelle Goliath's, zwischen Beisan
und Nablus, kam es zur entscheidenden Schlacht. Keitbiigha
und Baidera , die beiden Feldherren, Statthalter Hulagu's
zu Damaskus und Haleb, hatten alle in Syrien befindlichen
tatarischen Streitkräfte versammelt. Am ersten Freitag des
Septembers brauste alsbald nach Sonnenaufgang das ganze
weite Thal vom Pferdegewieher und Waffengetöse; das Ge-
schrei der Dorfbewohner tönte in den unaufhörlich fort-
rollenden Trommelwirbel der Capelle des Sultans und der
Heermusik seiner Emire -}. Die Aegypter gebrauchten die
Kriegslist, sich dem mongolischen Heere in weissen Burken,
d. i. mongolischen Pelzen , zu nahen , so dass sie von den
Mongolen für Schaaren Ihriger gehalten wurden*). Einer
der Flügel des ägyptischen Heeres war bereits in ünord-
') Makri/i, trad. pur Quatreniere I. p. 10+. ') Ebenda. ^) Biirke.
noch heute der tscherkessische Wetterniautel.
drittes B u c li. 205
iiung und gebrochen; Sultan Kotos warf seinen Helm zur
Erde und schrie aus allen Kräften: „o Islam!" Er stürzte
sich mit allen, die um ihn waren, auf den Feind und kämpfte
mit äusserster ünersclirockenheit. Die Mongolen flüchteten
in's GerÖhricht des sumpfigen Thaies; Kotos befahl, das
Geröhricht anzuzünden, und sie gingen zwischen Feuer und
Schwert elend zu Grunde. Der Emir Beibars that Wunder
der Tapferkeit vor den Augen des Sultans. Als dieser
mitten im Gemenge der Schlacht, spannte der mongolische
Knabe, welchem Kotos aus Mitleiden mit seiner Jugend beim
Gesandteumorde das Leben gerettet hatte , seinen Bogen von
rückwärts auf den Sultan, um durch dessen Tod das ver-
gossene Blut der Brüder zu rächen; nach Einigen wurde er
auf der Stelle von den ihn Umgebenden , weiche seines Vor-
habens gewahr, zusammengehauen, noch ehe der Pfeil ab-
geflogen ; nach Anderen , erst nachdem er denselben abge-
schossen und damit das Pferd des Sultans verwundet hatte,
welches denselben abwarf. Die Mongolen wurden von den
Tataren bis in die Nähe von Beisa?i verfolgt , wo sie sich
umwandten und noch einmal Stand machten zum hartnäckig-
sten Gefechte. Die Moslimen wankten , da schrie Sultan
Kotos dreimal mit lauter Stimme: „o Islam! o Gott, schütze
deinen Diener Kotos und verleihe mir Sieg über die Ta-
taren!" Als diese zum zweitenmale besiegt, stieg der Sultan
vom Pferde, warf seine Stirne in Staub und verrichtete ein
Dankgebet von zwei Verbeugungen. Nach Makrisi ward
Keitbugha in der Schlacht getödtet, nach Wassaf gefangen
vor Kotos geführt. „Sei nicht stolz", sagte der mongolische
Feldherr dem Sultan der Mamluken, „auf deinen Sieg, dem
die Rache auf dem Fusse folgen wird. Von Aserbeidschan
nach Aegypten wird die Erde vom Hufe mongolischer Pferde
gestampft, welche den Sand Aegyptens in Säcken davon
tragen werden. Hulagu hat dreimalhunderttausend tapfere
Reiter, von denen ich nur Einer." — ,, Prahle nicht", sagte
Kotos, ,,mit eueren Heeren, die nur durch Treulosigkeit
siegen." — „Ich bin", entgegnete Keitbugha, „meinem Herrn
nur treu gewesen, nicht, wie du, ein Verräther am selben;
206 I> r i t t e >: Buch.
mach' es kurz mit mir ! '^ Er wurde enthauptet. Das ganze
mongolische Heer fiel in die Hände der Sieger, die nun
ganz Syrien verheerend durchstreiften. Die Wogte wurden
getödtet, die Weiber und Kinder in Gefangenschaft geschleppt,
der Kopf Keitbugha's nach Kairo gesandt und auf dem Thore
Sowetla aufgesteckt. Huiagu ward von der Kunde der ver-
lorenen Schlacht und des getödteten Feldherrn tief betrübt;
es war die erste Niederlage, welche seine Heere erlitten
hatten; er brach noch am selben Tage mit seinem Lager
auf. Melik Nassir Jusiif, der Sohn von Melik Asis y der
ehemalige Fürst von Damaskus, war kurz vorher zu Huiagu
gekommen, von ihm mit Ehren überhäuft, seiner innersten
Gesellschaft beigezogen und neben ihm auf einen Thron
gesetzt worden ; mit einem Diplome zum Fürsten Syriens
und Aegyptens eingesetzt, mit Ehrenkleidern und Geschenken
überhäuft, hatte er die Strasse Syriens eingeschlagen; aber
nachdem die Nachricht der Niederlage von Aindschalut ein-
getroffen, Hess ihn Huiagu einholen und im Gebirge von
uhU Seimas hinrichten ; dasselbe Schicksal theilte Melik Sahir
2S. Seilt. Ghasi, Bruder Nassir's, Melik Ssalik, Sohn Schirkjuh's, und
andere Prinzen des Hauses Ejub ; Tokus Chatun, die Ge-
mahlin Hulagu's, hatte für Melik Asis, den Sohn Nassir's,
fürgebeten, und er wurde, der Einzige aus den bei Huiagu
befindlichen Prinzen des Hauses Ejub, gerettet, wie diess
sogleich unter den Folgen, welche die Schlacht von Ain-
dschalut für die Christen und das Haus Ejub's hatte, um-
ständlicher erzählt werden soll. Sie erhielten den verdienten
Lohn dafür, dass sie, statt mit anderen Fürsten, ihren
Stamm- und Glaubensgenossen, sich wider den hereinbre-
chenden Feind des Islams zu verbünden, demselben gehuldigt
hatten ; eine oft wiederholte und dennoch nur selten fruch-
tende blutige Lehre der Geschichte.
Folgen der Schrecklich waren die Folgen der mongolischen Nieder-
Schlachtvvn\^„^ sowohl für die syrischen Christen, als für das Haus
Aindschalut ° ' •' . .^ ,
für die Ejub's. Während der Gegenwart der Mongolen zu Damaskus
Chpüen und ^^^^^ die Christen die ihnen gewährte grössere Freiheit
das Haus ^ "
Ejub's. ihres Cultus gegen die Moslimen missbraucht; von allen
Drittes Buch. 207
Kirchen übertönte das Glockengeläute den Ruf der Mueeine,
und 8ie trieben den Uebermuth so weit, das» sie Wein in
die grosse Moschee trugen. Schon am vierten Tage nach ^ ^^"^^^'^^
der Niederlage der Mongolen überfielen die Moslimen die '^' ^/' '^"' ^^
grosse, der heiligen Jungfrau geweihte Kirche zu Damaskus
und schleiften dieselbe. Dies war die Kirche, welche der
Chalife Omar II. Ben Asis den Christen eingeräumt hatte,
um sie für den Verlust der Kirche des heiligen Joannes zu
entschädigen, welche ihnen laut der unter Omar I. (Ben
Chattab} abgeschlossenen Kapitulation der Stadt für immer
hätte zu eigen bleiben sollen, ihnen aber von Welid, dem
Sohne Abdolmelik's, weggenommen und in .die grosse Mo-
schee, das Meisterstück saracenischer Baukunst, verwandelt
worden war. Kotos hatte bei seinem Auszuge die beiden
Fürsten des Hauses Ejub, den von Himss, Sultan Eschref,
und Said , einen Enkel Melikolaadil's von seinem Sohne
Asis Q , welcher von Ilulagu mit dem Besitze von Sobeibe
und Banias belehnt worden war , zur Hilfe wider die Mon-
golen auffordern lassen. Der Herr von Himss empfing den
Gesandten des Sultans unterwürfig und trug ihm auf, in
seinem Namen die Erde vor den Füssen des Sultans zu
küssen, in dem er den Retter des Islams verehre. Said
hingegen entliess den Gesandten mit Schimpfreden auf Sultan
Kotos ') ; er focht in den Reihen der Mongolen. Nach der
Niederlage derselben nahte er sich huldigend dem Pferde
des Sultans, um demselben die Hand zu küssen. Kotos,
statt ihm die Hand zum Kusse zu gewähren, stiess ihm die
Ferse in's Maul , dass das Blut herausschoss ; er Hess ihn
dann enthaupten. Eben so tragisch war das Schicksal Melik
Nassir's, des letzten Sultans von Haleb, der mit seinem
Bruder sich in seiner alten Residenz befand, wo Hulagu
die Nachricht von der Niederlage Keitbuka's') erhalten ^^' ^^^^'^^
■) Abulfeda IV. 595, fehlt in der Stammtafel beiRehm, so &.\ic\\ 29.0ct.1260
sein Vater Asis. -) d'Ohsson III. 335, nach Noweiri und Ileschid-
eddin. ') Nach Abulfeda V. 6'21 auch die Nachricht der Schlacht
bei üimss, was aber ein Widerspruch mit Bar Hebr., welcher als
den Tag der Hinrichtung den 29. October angibt, während die
Schlacht von Hiiuss am 10. December statt hatte.
208 Drittes Buch.
hatte. Hulagii überhäufte den vorigen Herrscher Flaleb's mit
Vorwürfen, das» die syrischen Truppen, für deren ünter-
würflgkeit Nassir gut gestanden, sich auf die Seite der
Aegypter gewendet. Nassir antwortete, dass, wenn es ihm
erlaubt gewesen wäre, in Syrien zu weilen, kein syrischer
Soldat es gewagt haben würde, wider einen Mongolen das
Schwert zu ziehen ; wie könne aber Syrien von Tebris aus
beherrscht werden? — Hulagu, statt hierdurch besänftigt
zu werden , nur noch mehr ergrimmt , schoss einen Pfeil
nach ihm , der ihn verwundete. Schone meiner ! rief ihm
der unglückliche Nassir zu ; aber sein Bruder Sahir ermahnte
ihn, nicht auf unwürdige Art zu sterben; und er erlag dem
zweiten , von Hulagu auf ihn geschossenen Pfeile ^^. Die
anderen Prinzen und das Gefolge derselben, in Allem drei-
hundert Reiter, wurden von dreihundert mongolischen Reitern
getödtet, bis auf Einen, den Astronomen Mohijeddin El
Mahribi^), welchem das Ansehen, worin die Astronomie bei
den Mongolen stand, das Leben rettete, und aus dessen
Munde der syrische Geschichtschreiber die Umstände dieses
Gemetzels erzählt ^'). Mit Melik Nassir und seinem Bruder
Sahir fiel hier unter dem mongolischen Schwerte Melik
Ssalih, der Sohn Melikol Eschref's, des Herrn von Himss,
welcher die von seinem Vater dem Gesandten des Sultans
gegebene unterwürfige Antwort jetzt mit dem Leben büsste*).
Nur das Leben Melikolasis, des unmündigen Sohnes Melikon-
nassir Jusuf's, wurde verschont. Sein Vater, Nassir Jusuf
Ssalaheddin, gleichnamig mit seinem grossen Urgrossvater,
hatte nicht nur über ganz Syrien, sondern auch über einen
grossen Theil Mesopotamiens, über Haran, Roha, Rakka,
Reis Ain, später über Damaskus und bis an Aegyptens
Gränze geherrscht, wo er schon zum Sultan ausgerufen,
als solcher wieder den Thron dem Hause Ssalaheddin's er-
10 Silkide , « . . , ^,1 ^\
649 worben hätte, wenn ihn nicht m der Schlacht zu ^öOßsa*^
24.Jan.lSö2
') Abulfeda IV'. p. 621. ^) Rescliideddin bei Bar Hehr. Motvahid.
^) Bar Hebr. p. 559 aber abweiclieiid vou Rescliideddin. *) am
29. October 12(30, nicht 1261, wie in Rehnrs Stammtafel; denn Bar
Hebr. gibt den Tag an. ') Abulfed.'i IV. p. 523.
ürittesBucli. " 209
der erste Sultao der Mamluken , der Turkmane Aibek, und
die von seinem Vater, Asis, ererbten Mamluken verlassen
hätten. Er liebte den Aufwand, besonders den der Küche,
in welcher täglich vierhundert Hammel geschlachtet wurden;
übrigens viel zu nachsichtig für Diebe und Räuber, die unter
seiner Regierung durch ganz Syrien grassirten. Zu Damaskus
hatte er die nach ihm genannte Moschee, zu Ssalihije sein
Grabmal erbaut, in welches aber nicht er, sondern der
mongolische Emir Kormun begraben werden sollte '); der
Dichtkunst nicht fremd , Verfasser mehrerer türkischer Ge-
dichte, aus denen Abulfeda das folgende erhalten:
Bei Gott ! wenu du mein Herz in Gram versenktest
Und statt der Tliräuen mich mit Blut nur tränktest,
So würdest du nur mehren meine Liebe,
Und meinem Geist nicht and're Freundin bliebe.
Sultan Kotos ordnete nach dem Siege von Aindschalut Einrichtun-
die Verwaltung des nun von der Herrschaft der W.on^o\en gen Syriens ;
der der Mamluken anheim gefallenen Syriens. Dem Ejubiden Schlacht bei
Jliviss
Melik Manssur wurde das väterliche Erbe von Hanta zurück-
gestellt, nachdem der mongolische Vogt Chosrewschah daraus
abgezogen; auch erhielt er Barin xmAMearret, welche Melik
Nassir, der Sultan von Haleb, schon vor fünf und zwanzig
Jahren vom Fürstenthurae Haraa abgerissen ; nur mit Selimije
wurde ein arabischer Emir belehnt. Dann zog Kotos, vom
Fürsten Hama's begleitet, nach Damaskus, wo er im Triumphe
als der Hort des Islams empfangen ward. Viele Tataren wur-
den hingerichtet, darunter Husein der Kurde, der Beilträger ^)
Melik Nassir's; dreissig Christen wurden gehenkt und der
christlichen Bevölkerung von Damaskus eine Steuer von
hundert fünfzigtausend Dirhem auferlegt. Manssur, der Fürst
Hama's, wurde von hier nach Hause entlassen, und von den
Dichtern seiner Stadt als Sieger über die Tataren und Wieder-
eroberer Maarra's bewillkommt^^. Kotos setzte über die
0 Abulfeda IV. p. 625. ^) Tebrdar, nicht Taudar, wie bei
Reiske IV. 599; aber auch nicht hellebardier, wie bei d'Ohsson
p- 345, in welchem Falle es Harbedar heissen müsste. ') Proben
dieser Siegesgedichte bei Abulfeda IV. p. 601.
Hammer, Geschichte der llchane. I. 14
210 Drittes Buch.
südliche Küste Syriens als Statthalter den Emir Schemseddin
Ton Berlas*^, einer der asisischen Mamluken, welcher in
der Schlacht Nassirolraelik's von Haleb wider Aibek , den
Mamluken, zu diesehi verrätherisch übergegangen, für ihn
die Herrschaft Aegyptens entschieden, dann aber, wider ihn
Ränke schmiedend, wieder nach Syrien entflohen war, von
ihm in Adschlun festgesetzt worden; dann, als Melikon-
nassir bei Annäherung der Mongolen gegen Aegypten flüch-
tete, wieder freigelassen, folgte er seinem natürlichen Herrn
eine Zeit lang, verliess ihn aber zum zvveitenmale und ging
zu Kotos über, der ihn nun dafür mit der Statthalterschaft
von Ghasa belehnte; die von Damaskus übertrug er dem
Emir Alemeddin^} Senschar von Haleb, dem vorigen Atabeg
des Sohnes Aibek's, des ersten Sultans der Mamluken, und
die von Haleb, welche der Emirol umera Bondokdar für
sich gewünscht hatte, dem Melikes-Said, dem Sohne ßedr-
eddin Lulu's, dem Bruder Ssalih's, dessen schmähliches Ende
Sß.ScJietv- bereits oben erzählt worden. Er selbst brach von Syrien
— nach Aegypten auf. Bondokdar, der Fürst der Fürsten, wel-
S.'>. Octüber
ö* Octob€v
chem er die Statthalterschaft Haleb's versagt hatte, verschwor
sich wider den Sultan, und dieser wurde schon am zwan-
"' "^*^ zigsten Tage nach seinem Aufbruche aus Syrien zu Eossair,
eine Tagreise von Ssalihije, auf der Jagd von den Ver-
schworenen ermordet. Die Emire Kairo's waren dem als
Sieger über die Tataren im Triumphe zurückkehrenden
Sultan zum Bewillkomm bis nach Ssalihije entgegen gegangen,
wo sie den Mord desselben vernahmen ; der Emir Ogotai,
welchen Kotos bei seiner Abreise als seinen Stellvertreter
an der Spitze der Verwaltung Aegyptens zurückgelassen,
fragte, als es sich um die Wahl des Sultans handelte, wer
den Kotos getödtet, weil es der Türken Brauch, dass der
Tödter die Stelle des Getödteten einnehme. Sie zeigten
auf Beibars Bondokdar. So besteige du den Thron, sagte
Ogotai, indem er ihn bei der Hand nahm und auf den Thron
setzte. Ich setze mich darauf, antwortete Beibars, im IVamen
') nicht Elbarli, wie bei Abulfedn IV. 603. ^) Abulfeda IV. 344.
Drittes Buch. 211
Gottes; leistet den Eid! An dir ist's, sagte Ogotai, der
erste zu schwören, dass du die Emire als deines Gleichen
gütig behandeln, dass du ihnen Befehlshaberschaften ver-
leihen, ihre Grade vermehren wirst '). Beibars nahm den
Titel MeliJcol hahir, d. i. des rächenden Königs , an , den er
aber später mit dem von Melikol-dahir , d. i, des Offenbaren,
vertauschte , und zog zu Kairo unter den Triumphfesten ein,
welche für seinen Vorfahrer bereitet worden waren. In
Syrien begann unterdessen Aalemeddin, der Statthalter von
Damaskus, die geschleiften Mauern wieder aufzubauen, und
erklärte sich bald hernach selbst zum Sultan , die Macht des
Sultans des Rächenden, des Offenbaren verhöhnend. Zu
Haleb hatte Said, der Sohn Bedreddin Lulu's, durch Kopf-
losigkeit und die unbedeutsame Absendung einer zu schwachen
Truppenabtheilung, welche zu Bire am Euphrat von den
Mongolen geschlagen wurden , den Hass der Einwohner auf
sich geladen. Er ward vor den Thoren der Stadt ergriffen
und gezwungen , seine Schätze zu entdecken , welche die
Emire unter sich theilten, ihn selbst gefesselt nach Schoghr
sandten und seiner statt Hosameddin, den Maillenschläger,
zum Statthalter einsetzten; bald darnach erschienen die
Mongolen vor Haleb, und Hosameddin flüchtete mit den
Emiren nach Hama, die Stadt Haleb der Wuth der Mon- silMdsche
golen überlassend. Von Hama zogen sie mit dem Fürsten 6'j8
Hama's und seinem Bruder Efdhal gegen Himss, ihre Streit- ^f>^-^^f>0
kräfte mit denen des Fürsten dieser Stadt vereinigend, und
lieferten vor Himss den Tataren eine Schlacht, in \ye\c\xGT 5.Moliarrem,
diese geschlagen abzogen, auf ihrem Rückzuge von dem
« i. 1 , T 1 , lO.üec.läö'O
Befehlshaber Apamia s geharket. Auch der Statthalter von
Ghasa, Abusch von Burlas, empörte sich, wie der von
Damaskus, wider Beibars Bondokdar, den neuen Sultan, und
dieser und jener wollten die Prinzen von Hama und Himss
für sich gewinnen; aber diese gaben ihnen kein Gehör,
und nachdem die beiden Thronnebenbuhler Bondokdar's,
Senshar und Abusch , geschlagen worden, ward Bondokdar,
*) d'Ohsson III. 346. nach dem Lebeu Beibars.
14*
212 Drittes Buch.
der Sultan Aegyplens , auch als solcher in Syrien , zu Ilaleb
und Damaskus, zu Hama und Himss anerkannt.
DasChalifat Beibars Bondokdar, der sich den Weg zum Throne
derBeni durch doppelten Mord gebahnt, erst durch den Moaasera
Abbas zu Turanschah's, des letzten Fürsten der Beni Ejub, und dann
Kairo. ^u^ch den des dritten Sultans der Mamluken, Kotos, war
vor Allem bedacht, seiner Usurpation des Thrones den
Mantel der Legitimität umzuhängen. Zu diesem Ende stellte
er zu Kairo einen angeblichen Abkömmling des Hauses Abbas,
Abulkasim Ahmed^ welcher für einen Sohn Dahir's, des vor-
vorletzten Chalifen, ausgegeben ward, als Phantom eines
Chalifen auf, der nur dazu diente, kraft seines angestammten
Rechts als Chalife durch Verleihung von Titeln die Ilerr-
S.Redscheb Schaft desselben als legitim zu rechtfertigen. Zu Kairo ward
___££^___ feierlicher Einzug desselben veranstaltet, bei welchem die
.*^. J«Hi i-?6i jjigjjj^ von Missr und Kahir den Koran, die Rabbinen die
Bibel, die Christen das Evangelium voraustrugen. Vier Tage
hernach ward in feierlicher Versammlung aller Ulema und
Emire das Schauspiel des Beweises der vorgegebenen Ab-
• stammung aufgeführt, der angebliche Sohn Dahir's von Bei-
bars als Chalife ausgerufen, und dieser hierauf von ihm, dem
rechtmässigen Chalifen, als Sultan Aegyptens und Syriens
belehnt. Der Chalife, mit dem schwarzen Mantel des Hauses
Abbas angethan, bekleidete den Sultan mit eigener Hand,
indem er ihm den Kaftan anzog und goldene Kette um den
Hals gab. Beibars ritt auf einem Schimmel durch die Stadt
und der Wesir und der Hofraarschall trugen abwechselnd
das Diplom des Chalifen , auf ihren Händen über den Kopf
emporgehalten, vor. Am nächsten Freitage predigte der
Chalife in der Moschee , und als dem Sultan die Predigt zu
lange währte, indem er fürchtete, dass der Chalife das
Volk und das Heer sich selbst zuwenden könnte, liess er
ihm Gold- und Silbermünzen über den Kopf schauern, wo-
mit die Predigt zu Ende. Nachdem Beibars durch die In-
vestitur seinen Zweck erreicht, war ihm die Gegenwart des
Chalifen überflüssig und konnte ihm sogar gefährlich werden :
er setzte also das Schauspiel in noch grösserem Maasstabe
Drittes Buch. 213
fort, indem er ihm einen Hofstaat mit allen Titeln des alten
Chalifenhofes beilegte und zweitausend Reiter mit einer
Truppe Beduinen beigab, mit denen er zur Wiedererobe-
rung Bagdad's, seiner Hauptstadt, ausziehen sollte. Ihn be-
gleiteten die von Beibars mit den Fürstenthümern vonMossul,
Sindschar und Dschesiret belehnten drei Söhne Bedreddia
Lulu's. Am Ufer des Euphrats trat Elhakim , ein anderer
Imam aus dem Hause Abbas, als Nebenbuhler um die Cha-
lifenherrschaft auf. Bondokdar's Schiitzling zog mit Hilfe
der ihm von diesem beigegebenen Truppen zu Aana und
Hadise ein, welche ihm Anfangs ihre Thore gesperrt hatten;
Hadise, das sich widersetzte, wurde mit Gewalt genommen,
die Christen und Juden geplündert. Unterdessen zogen die
mongolischen Befehlshaber Karabuga mit fünftausend Reitern
^Q^^n Enbar und Behadir Ali, der mongolische Statthalter
von Bagdad, wider den Abenteurer heran, der als der
wahre Chalife seine alte Residenz einzunehmen kam. Vor
Enbar kam es zur Schlacht; der Chalife ordnete die Turk- ' ^^q
manen auf dem rechten Flügel, die Araber auf dem linken, i. j}ec. 1261
er selbst in der Mitte. Behadir's Truppen ergriffen Anfangs
die Flucht und stürzten sich die meisten in den Euphrat;
als aber eine Truppe Mongolen aus einem Hinterhalte her-
beiflog, wichen die Turkmanen und Araber, und der Chalife
verschwand. Wie der letzte der Chalifen des Hauses Abbas
zu Bagdad, war nun der erste der Schatten -Chalifen aus
demselben Hause zu Kairo unter dem Schwerte der Mon-
golen gefallen. Der Nebenbuhler um diese Schattenherr-
schaft, der Imam Hakim, welcher sein Geschlecht im fünften
Grade von Mosterschid, dem neun und zwanzigsten Chalifen
des Hauses Abbas, ableitete '}, flüchtete uach dieser Schlacht
nach Aegypten , wo ihn Beibars , dem es bequem und an-
genehm, einen solchen Münzwardein der Legitimität unter
seinen Händen zu haben , die Abstammung desselben aus
dem Blute der Ben! Abbas gerne anerkannte, ihn aber, den
>) El Hakimbicinrillah Ahmed Ben Hasau Ben Ali ß. Ebibekr
B. Mosterschid.
214 Dritte« Buch.
Geflüchteten, im Palaste Menasirolkeheschj d. i. Belvedere
des Widders, als einen Staatsgefangenen ehrenvoll unterhielt.
Sein Geschäft war blos die Ertheilung der Investitur und
der Diplome als Titel der Rechtmässigkeit der Herrschaft;
er empfing von dem damit Belehnten Geschenke, und schattete
so durch vierzig Jahre unter dem Titel von Schatten Gottes
auf Erden, Herrscher durch Gottes BefehP}, während er
als Titular-Chalife nur ein Schatten des ehemaligen Chalifen
unter des Sklaven -Sultans Befehl. Er selbst, nur ein Titel-
träger der Herrschaft, stempelte durch die von ihm aus-
gehenden Diplome die Herrschaft moslimischer Usurpatoren
zur rechtmässigen; hierdurch gewann Beibars im Angesicht
der moslimischen Welt einen ungeheueren Vortheil über
Hulagu, dessen Herrschaftstitel auch nur das Schwert, wie
der des Sultans Aegyptens, weil er, nicht Moslim, nur vom
Chalifen als rechtmässig legitimirt werden konnte. Hakim
war der Stammvater der übrigen ägyptischen Chalifen aus
dem Hause Abbas , aus welchem mit ihm zwanzig durch
dritthalbhundert Jahre zu Kairo als Drahtpuppen der Suitaue
figurirten, bis nach dem letzten derselben Selim der Erste,
der Erbe Aegyptens, ohne Recht der Geburt, nur als Er-
oberer Aegyptens, den Chalifentitel annahm, der seitdem
dem Titel der osmanischen Sultane beigefügt, wie aus dem
Gesagten erhellet, nur eines Schattens vom Schatten.
. , Hulagu war im Begriffe, ein neues Heer nach Syrien
Kriegs mit ^^ senden und dasselbe dem Besitze des Sultans der Mam-
Berke, luken zu entreissen, als ihn die his zum offenen Kriege ge-
reifte Misshelligkeit mit Berhe , dem Herrscher der Mon-
golen in Kipdschak, dorthin sich zu wenden und seine Waffen
von den Ufern des mittelländischen Meeres an die des kas-
pischen zu übertragen zwang. Die Ursachen dieses, trotz
des nachdruckvollsten Vermächtnisses Tschengischan's und
der Jasa, welche die Einigkeit zwischen den Gliedern der
Familie als die Grundmaxime der Politik des tschengis-
chanischen Hauses einschärft, aufflammenden Familienkriegs
*) Hakimbiemrillah.
Drittes B u c li. 215
waren mehrere , und das Feuer glimmte schon seit längerer
Zeit unter der Asche; auch hier sind, wie fast bei allen
Kriegen und Feindschaften (von Staaten, wie von Einzehien),
der wirkliche und scheinbare Grund, die Masse, welche
schon längst das Gefäss füllt, von dem Tropfen, der es erst
überfliessen macht, wohl von einander zu unterscheiden. Die
wahre und eigentliche politische Ursache dieses Krieges war
der streitige Besitz der Landschaften Arran und Aser-
heidschaii, welche, als ausser dem eisernen Thore von Der-
bend gelegen, vermöge der Ländertheilung Tschengischan's
unter seine vier Söhne nicht zum Jurte des Uluses Dschu-
dschi's gehörig, von diesem jetzt angesprochen ward '^.
Nach dieser Ländertheilung erstreckte sich der Jurt Dscha-
ghatai's von den mittägigen Pässen bis nach Samarkand und
Bochara, der Ogotai's lag im Mittelpunkte des Reichs zu Iniil
und KobaJc; Tuli besass die angränzenden Länder von Kialik
und Chiiaie&JTi bis an die äusserste Gränze Kipdschak's und
die Länder der Ssakst'neti ; Dschudschi endlich die nördlichen
Jurte innerhalb der kaukasischen Pässe. Hulagu, Herr der
westlichen Hälfte der Jurte, als Ilchan des durch ihn ge-
gründeten mongolischen Kelchs in Persien, konnte unmöglich
die Ansprüche des Chanes der goldenen Horde von Kipdschak
auf den Besitz der nördlichsten Gränzlandschaften seines
Reichs gelten lassen. Dieser politische Grund ward durch
persönliche Empfindlichkeiten Hulagu's noch eindringlicher
gemacht. Berke's Einfluss hatte auf dem Kurultai nach
Mengku's Tode die Walil der Prinzen für Kubilai wider
seinen Bruder Hulagu und Arik Bugha, welche ebenfalls
Ansprüche auf die Kaanschaft machten, entschieden. Als
der Aeltere der Familie hatte Berke dem Hulagu zu wie-
derholtenmalen Lehren und Ermahnungen zugesandt, als
neubekehrter Moslim hatte Berke besonders das treulose
Benehmen Hulagu's gegen moslimische Fürsten, die Ver-
wüstung so vieler Städte, das Blutbad so vieler Menschen
') Ueber Dschudschi und seineu Ulus siehe die Beila^eu I. u. II.
aus deu Geschichteu Haider's und Wassaf's.
21C Drittes Buch,
und den Kuin des Chalifats hart getadelt. Wiewohl er mein
Aelterer , sagte Plulagu , so Ivaiiii ich sein Hofmeistern doch
nicht weiter ertragen; endlich war der Tropfe, welcher das
längst gefüllte Gefäss des Grolles überfliessend machte, der
folgende. Auf dem Zuge nach Syrien war Bulghai , der
Enkel Dschudschi's, aus seinem fünften Sohne Scheiban,
gäh nach einem Gastmahle gestorben, und sein Vetter Ä"Mfar')
wurde angeklagt, durch Zauberei den Tod desselben bewirkt
zu haben. Hulagu , der es nicht auf sich nehmen wollte,
ihn zu richten, hatte ihn in Begleitung Sundscliak Nujan's
nach Kipdschak geschickt, um dort vor dem Throne Berke's,
seinem natürlichen Richter, Rede zu stehen. Berke sandte
denselben wieder zurück und Hulagu Hess an ihm das Todes-
urtheil vollstrecken; zugleich mit ihm ward auch Ssadreddin
SmvedsQhi als der Zauberei schuldig angeklagt und hinge-
17. Ss/tfer richtet; da auch bald darauf Kuli, der dritte Prinz des
^^^ TJliises Dsrhndsciii , welcher diesen Feldzug mitmachte , ge-
storben, und ihre Angehörigen sich nach Kipdschak ge-
flüchtet hatten, brach die politische Feindseligkeit und
persönliche Empfindlichkeit in die offenen Flammen des Fa-
milienkriegs aus. Ein Heer von dreissigtausend Kipdschaken,
welches Nokai , der Vetter des hingerichteten Kutar , be-
fehligte, war von Derbend aufgebrochen und vor Schamachi,
der Hauptstadt Schirwan's, gelagert.
Verkehr ^^^ Umschwung der Verhältnisse zwischen Berke und
zwischen Hulagu hatte natürlicherweise die Politik des ersten gegen
Kipdschak den Sultan der Mamluken, als Beherrscher Syriens und
"" Aeffyptens, wesentlich umgestimmt und die feindlichen Ge-
A.£(iwten, c./ i 7 o
sinnungen wider denselben in freundliche verwandelt. Gewiss
hatte die äussere Politik wenigstens eben so grossen Einfluss
als die innere auf die Bekehrung Berke's vom mongolischen
Heidenthume zum Islam. Im Sommer desselben Jahres , mit
dessen Beginn der Feldzug nach Persien beschlossen ward,
begab sich eine Gesandtschaft Berke's auf den Weg nach
0 Bei Bar. Hebiaus Kotar , d'Ohsson Tumor ist Schreibfehler
des Manuscripts.
Drittes H u c h. 217
Aegypten, um die Mitwirkung des Sultans in Anspruch zu
nehmen; Botschafter waren Emir Dschelaleddin , Sohn des
Richters, und der Scheich Nureddin Ali, von grossem Ge-
foIge«begieitet; sie waren Ueberbringer eines am ersten i-Redscheb
Redscheb des laufenden Jahres datirten Beglaubigungsschrei- Jj^^^^iJ^
bens, in welchem Berke seine Annahme des Islams kündete.
Zu gleicher Zeit war zu Kairo eine Botschaft des byzanti-
nischen Kaisers Lascaris erschienen; sie wurden gemein-
schaftlich mit einem Gastmahle bewirthet, und jeden Mitt-
woch und Sonnabend, wo der Sultan sich in die Maillebahn
beffab, wurden zahlreiche Geschenke unter sie vertheilt.
Am letzten Freitage des Monats Schaaban, welcher der erste ^-^i
des August, verrichtete der Schattenchalife des Hauses Abbas, 5. Auy. 12tiä
Hakimbiemrillah, das Kanzelgebet sowohl auf den Namen
des Sultans Beibars, Herrschers von Syrien und Aegypten,
als auf den Berke^s, des Herrschers Kipdschak's'^. Vier
Tage hernach hatte die Ceremonie der Investitur des Ritter-
thums für den ChalHen Hakimbiemrillah statt. Futuwwef^)
bedeutet nicht sowohl den Adel, welcher auf arabisch Scher/
heisst, als das Heldenthum oder eigentlich Ritterthum, als
den Inbegriff grossmüthiger , edelmüthiger , starkmüthiger
Gesinnungen und Handlungen. Das bekannte Wort La Feta
illa Ali kann nur mit den Worten: Es gibt keinen Helden
oder keinen Ritter als Ali^ übersetzt werden, und nicht als:
■Es ist kein Adeliger als Ali. Das Symbol des Heldenthums
oder vielmehr ritterlicher Gesinnungen bestand aber nicht
in Schild und Schwert, Panzer oder Helm, welche im
Abendlande die Insignien des Ritterthums, sondern in einem
Paar von — Beinkleidern. Tags darauf, nach der Ceremonie
der ritterlichen Beinkleiderinvestitur, wurden die Botschafter
Berke's im Bergschiosse durch den Atabeg (^Ohersthof-
nieister^ mit Ehrenkleidern ausgezeichnet. Das Antwort-
schreiben war so weitläufig gewortet und geschrieben , dass
es nicht weniger als siebzig Bogen mittleren Formates aus
*) Histoire des Sultans Mauilouks p;ii- Makrizi, traduite par
Quatremere I. p. 212. -) Quatremere übersetzt durchaus: Signa
de la Noblesse, was nicht richtii-.
218 Drittes Buch,
den Fabriken von Bagdad. Der Schreiber desselben, Mo-
hijeddin Abdes-sahir , las dasselbe dem Sultan in der Gegen-
wart der Emire vor, und es ward mit einem herrlichen
Geschenke den zwei ägyptischen Botschaftern, dem^Erair
Fariseddin Akusch Mesudi und dem Scherif Imadeddin
Haschimi, übergeben. Auch zu Mekka und Medina wurde
das Chutbe auf den Namen Berke's verrichtet. Um den
Faden der Erzählung ägyptischer und mongolischer Ver-
hältnisse nicht durch den Bericht des nordischen Feldzuges,
welchem der nächste ilbschnitt gewidmet ist, zu unter-
brechen, reihen sich hier noch die folgenden Begebenheiten
ein, welche das unmittelbare Verhältniss der Aegypter und
Mongolen betreffen. Es waren noch nicht zwei S^onate
nach dem Abgange der Botschaft an Berke verflossen, als
eine grosse Anzahl mongolischer Emire'} ankamen, um dem
Sultane ihre Unterwürfigkeit zu bezeigen. Er ritt ihnen
zum Empfange entgegen; alsbald sie ihn erblickten, stiegen
sie vom Pferde und küssten die Erde vor dem Sultane, der
im Sattel sitzen blieb. Nachdem er sie mit Ehren über-
häuft, kehrte er in's Schloss zurück. Hosameddin, der Sohn
Berke's, welcher als ein Beweis der Freundschaft seines
66i Vaters für den Sultan nach Kairo gekommen, starb allda;
9. Nov. 1262 drei Tage hernach wurden die Botschafter mit Ehrenklei-
dern angethan und der Sultan besuchte das Grabmal des
Sohnes Berke's. Bald darauf kam eine zweite Schaar und
endlich eine dritte tatarischer Edelen ; der Sultan verlieh
den Vornehmsten derselben den Rang eines Emirs und sie
bekehrten sich auf seine Einladung zum Islam ^). Kairo
war damals von den Tataren beider Parteien, nämlich so-
wohl von der Berke's alsHuIagu's, besucht; nur erschienen
jene öffentlich als Freunde, die sich meistens zum Islam
bekehrten, diese aber nur heimlich als Kundschafter, die,
wenn entdeckt , ergriffen wurden. Unter die Emire der
') Makrisi nennt die vorzüglichsten: Keramun^ Amtagjah,
Noffitai, Dscherek , Kajan , Nasagjah, Taischur, Bentti , Sobhi-,
Dschaudschelan , Adscltkarka, Adkerek, Kerai, Salagjah , Mote-
kaddem und Daragan. Quatremere I. p. 222. ^) Ebenda u. S.235.
Drittes Buch. 219
bekehrten Tataren sowohl, als die Franken, welche sich
zum Islam bekehret hatten, wurden an Einem Tage vom
Schatzmeister Bedreddin hundert achtzig Pferde vertheilt.
Dieser Verkehr Berke's mit Beibars durch gegenseitige Bot-
schaften erklärt die Verpflanzung mongolischer Hofwürden
nach Aegypten , wo sich dieselben mit ihren ursprünglichen
türkischen Namen erhielten, und erklärt die bei Makrisi
erhaltene Kenntniss von der tatarischen Jasa. Bei der Be-
trachtung des feindlichen Verhältnisses der Oberhäupter der
beiden Uluse Berke's und Hulagu's und ihrer gegenseitigen
Verhältnisse mit Aegypten erhellet auch, dass die Kreuz-
fahrer damals nicht gegen alle Tataren gleiche Gesinnungen
hegen und dieselben insgesammt als Feinde des Sultans von
Aegypten und also als natürliche Freunde und Verbündete
betrachten konnten. Dieses waren für die Kreuzfahrer nur
die Mongolen Persiens, während die Mongolen Kipdschak's
als die Freunde und Verbündete von Beibars auch die
Feinde der Christen im gelobten Lande. Da der Krieg
zwischen Berke und Hulagu dem Sultan in Aegypten und
Syrien so freiere Hand Hess , so konnte derselbe den Kreuz-
fahrern nur höchst unerwünscht sein.
Hulagu bot das ganze Heer Persiens zum Zuge wider FehHug
Kipdschak auf, setzte sich mit demselben Hälfte Mai's des (lefien
Jahres zwölfhundert zwei. und sechzig von Alatash aus in "^'Z'«^'^'«''-
^ , ^ f " 2. Scheiriral
Bewegung. Schiramun, der Sohn Dschurmaghun s, der vor- aßo
malige Statthalter Persiens, befehligte den Vortrab. Die 14. Mai 1S6'2
Nujanen Basmaghan und Ahatai standen Anfangs Novembers 26. silhide
vor Schamachi. Schiramun war von dem Heere Berke's
überfallen und geschlagen worden , aber vier Tage vor Ende
des moslimischen Jahres schlug Abatai bei Schahuran den ^ J'^T^'^"*
Nokai in die Flucht. Hulagu brach hierauf von Schamachi 2o.Noo.l262
^ege\i Derbend auf. Hier wurden der Kanzler Seifeddin,
der Chodscha Asis der Georgier und Chodscha Medschdeddin
von Tebris ergriffen , nach Schaburan gebracht und dort
sammt dem Astronomen Hosaraeddin hingerichtet. Melik
Ssadreddin von Tebris und Ali Melik, die Befehlshaber von
Irak, schlugen sich in theilweisen Gefechten durch; am
220 Drittes Buch.
3L Moharr. giebenten December stand das Heer Hulagu's vor den Mauern
ff 61
^ jy j,^ A Derbend s. Nach dreitägigem Kampfe wurde die Feste er-
obert und acht Tage hernach Nokai geschlagen. Die Nu-
janen Schiramun und Abatai wollten den Prinzen Abaka, den
ältesten Sohn Hulagu's, den er ihnen zur Hilfe gesendet,
zur Rückkehr bewegen; aber dieser trotzte männlich den
Beschwerden des Feldzugs inmitten des Winters. Hulagu
ertheilte sieben anderen Nujanen '3 "^c" Befehl, sich des
Lagers der Kipdschaken zu bemächtigen. Sie gingen über
den Terek und schleppten Zelte und Herden von allen Seiten
zusammen, sich Ausschweifungen überlassend. Berke, hier-
T. Rebiul- '^^^^ i" Kenntniss gesetzt, brach auf einmal mit mächtigem
ewwel 66t Heere aus den Schneegefilden der Steppe auf sie los ; einen
lff.J««.i^6-3 g^n^en Tag ward an den Ufern des Terek gekämpft; als
die persischen Truppen sich über den Fluss zurückzogen,
brach das Eis ein und eine grosse Anzahl derselben ging
zu Grunde ; Abaka kam heil nach Schaburan ; Berke hielt sich
ll.Bschema- inner Derbend und Hulagu kam im Frühjahre nach Tebris
■ zurück ^3* Hulagu rächte sich für die Unfälle des Feldzugs,
wie nach dem syrischen, durch den Mord von Unschuldigen.
Es Hess alle Kaufleute Kipdschak's , die sich zu Tebris be-
fanden, hinrichten und ihre Güter einziehen ^3- Berke, um
Gleiches mit Gleichem zu vergelten, liess alle persischen
Kaufleute, die in Kipdschak, morden; und Hulagu vergalt
dieses Blutbad mit dem eines Theiles der Bewohner Bo-
chara's, welches sich aus seinem Schutte hervorzuheben
begann. Von sechzehn Hesaren, d. i. Regimentern, welche zu
Bochara lagen, gehörten fünf dem Batu, drei der Frau
Sijurkukteni , der Mutter Hulagu's, die übrigen acht dem
grossen Eidam Tschengischan's. Die fünf Regimenter Batu's
liess Hulagu ausrücken und niederhauen *3' '™ folgenden
Jahre erscholl abermal das Gerücht, dass ein Heer aus
Kipdschak im Anzüge. Hulagu sandte den Scheich Scherif
») i. Ilkai, 2. Turan Behadir , 3. Batu, 4. Saldschedai,
5, Tschagkan, 6. Belarghu , 7. Boyhus. ^) üeber den Feldzug
wider Berke siehe die Beilage III. aus Wassaf. ') Wassaf. *) Der-
selbe.
Drittes Buch. 221
Tebrisi auf die Strasse von Lesgistan nach Kipdschak , um
Erkundigung einzuziehen. Er ward ergriffen und vor No-
kai gebracht. Was macht Hulagu ? fragte ihn Nokai, fährt
er noch fort, aus Grimm unsere Krieger und Edele, unsere
Kaufleute und Derwische zu morden? — Der Scheich ent-
gegnete : Unser Padischah war vormals erzürnt ob der Miss-
heiligkeit mit seinen Brüdern (Kubilai und Arigh) und das
Feuer seines Grimms verbrannte, was trocken und feucht;
allein seitdem der Bürgerkrieg um den Thron beendigt ist,
übt er die strengste Gerechtigkeit. Es waren nämlich Ge-
sandte mit der Nachricht angekommen, dass AihtoM, welcher
dem Bruder Kubilai den Thron streitig machen wollte, sich
unterworfen; dass Alghui, der Enkel Dschafer's, aus seinem
Sohne Paidar, welcher ein anderer Thronprätendent, ge-
storben, dass Kubilai dem Bruder Hulagu das Diplom der
Herrschaft von den Ufern des Oxufe bis an die äussersten
Gränzen Syriens als IlcTian und Padischah und obendrein
dreissigtausend auserlesene mongolische Jünglinge zur Hilfe
gesendet. Diese Nachricht lähmte die Kriegslust Nokai's,
und der Scheich kehrte mit der Nachricht, dass, wiewohl
kein Friede, die Feindseligkeiten aufgehört, zu Hulagu
zurück. Das Interesse Hulagu's ist in die Streitigkeiten der
Prinzen um die oberste Macht des Kaan's so enge verflochten
und er hat an denselben durch seinen Gesandten so einwir-
kenden Antheil genommen, dass eine kurze Erzählung jener
Begebenheiten als unmittelbar in dessen Geschichte gehörig
hier unabweislich.
Nach dem Tode Mengkukaan's , dessen Todeskunde Arikbitgha.
seinen Bruder Hulagu zur Rückkehr aus Syrien, wie vor
vierzig Jahren die Nachricht von dem Tode Ogotai's dessen
Vetter Batu zum Abzüge aus Ungarn veranlasst, hatten die
im Kurultai versammelten Prinzen, welche den Kubilai zum
Kaan und Moilchan ausgerufen , hundert Gesandte an Arik-
bugha, dessen Bruder und Nebenbuhler um den Thron, ab-
geordnet, um ihm die Nachricht zu überbringen, dass durch
einstimmigen Beschluss der Prinzen Kubilai den Thron als
grosser Chan bestiegen und Apuschkan, der Urenkel Dscha-
222 Drittes Buch.
gatai's*), dem Uluse seines Grossvaters vorgesetzt, mit
seinem jüngeren Bruder Kasar dorthin abgesendet worden
sei. Die hundert Gesandten trafen an der Gränze Tangkut's
Arikbugha, der sie einkerkern liess und ein von dem zvveit-
gebornen Sohne Hulagu's, dem Prinzen Dschumkur, und
Karatschar y dem Sohne Orda's, befehligtes Heer gegen
Kubiiai sandte; sie wurden geschlagen und gefangen; Arik-
bugha' Hess die hundert Gesandten hinrichten und zog sich
in's Land der Kirgisen zurück. Er wandte sich an Alghui,
den Sohn Paidar's (des vor Olmütz gefallenen Peta^, mit
der Bitte, für ihn als Gränzhüter am Oxus die Truppen
Hulagu's und Berke's abzuwehren. Indess sammelte sich
für ihn ein Heer zu Kaschghar , das bald über hundert
fünfzigtausend stark, in vollem Aufrühre wider Kuhilai.
Dieser sandte wider die Rebellen ein von dem Jelce Kadak
und Karadschu, dem Sohne Dschudschi Kasar's (des Bruders
Tschengischan's), befehligtes Heer, das geschlagen und zer-
streut ward. Die Prinzen Anführer flüchteten zu Arikbugha,
der flüchtig und halb verhungert (denn Kubiiai hatte ihm
die Zufuhr der Lebensmittel abgeschnitten) im Lager der
Kirgisen und Kemdschiuten weilte. Kubiiai hatte zu Kara-
korum die vier Lager Arikbugha's und das des mit ihm
verbündeten Gulgan's (des fünften Sohnes Tschengischan's)
aufgehoben. Arikbugha sandte Botschaft mit dem Bekenntniss
seiner Schuld und Bitte um Verzeihung; er erwarte nur,
dass seine Pferde fett und dass Hulagu, Berke und Alghui
kämen , um sich mit ihnen dem Kaan huldigend zu Füssen
zu werfen. Kubiiai sandte Antwort; dass, wenn er, ohne die
Ankunft der Prinzen abzuwarten , erscheinen wolle , seine
Ankunft um so willkommener sein würde , und zog sich nach
Karawin Dsehidun, wo er die zu Karakorum aufgehobenen
Lager Arikbugha's und Gulgan's freigab. Zu dieser Zeit
war häufiger Gesandtenwechsel zwischen Kubiiai mit seinem
Bruder Hulagu und seinem Vetter Bcrke , dem Herrn des
•3 Anuschka, Solin Buri's, des Soliues Muwatukjan's, des Sohnes
Dschaifhatars.
Drittes Buch. 223
Uluses Dschudschi y und Alghui, dem Haupte des Uluses
Dschaghatai, die sich nun dem Kaan näherten. Er gab
ihnen kund , dass Alghui das Land vom Altai bis zum Oxus,
Hulagu vom Oxus bis nach Aegypten besetzen möge, wäh-
rend er selbst die Länder vom Altai bis an's chinesische
Meer hüten wolle. Arikbugha brach, sobald seine Pferde
sich wieder erholt hatten, wieder als Rebelle gegen die
Macht Kubilai's auf, überfiel den Prinzen Jesunke , den
Neffen Kubilai's, welcher die Vorhut desselben befehligte,
und schlu'g ihn. Das Heer Arikbugha's und das Kubilai's '^
schlugen sich zu Indschije Kutku am Hügel Chodscha Buldak.
Das Heer der Rebellen wurde geschlagen und viele Uiraten
getödlet. Simtai , der Sohn des letzten Kaan Mengku's,
berieth sich mit Arikbugha, und sie beschlossen, eine zweite
Schlacht zu liefern , am Rande der Sandwüste , in der Olt
genannten Gegend, zu Schirghan Taghun am Hügel Schüklik.
Der rechte Flügel Arikbugha's war geschlagen, aber der
linke hielt tapfer bis in die sinkende Nacht aus, welche die
beiden Heere trennte, die sich in die Winterquartiere be-
gaben. Arikbugha, durch diesen wiederholten Versuch,
seine Streitkräfte mit denen Kubilai's zu messen, ermuthigt,
sandte im nächsten Jahre seine Waffen wider Alghui, wel-
chen er als Herrn des Uluses Dschaghatai eingesetzt und
von welchem er zu wiederholtenmalen Hilfe begehrt hatte,
ohne dieselbe zu erhalten ^).
Alghui, der Sohn Paidar's (Peta's), der von Arikbugha .
eingesetzte Herrscher des Uluses Dschaghatai, hatte, als
er nach Turkistan gekommen, ein Heer von mehr als hun-
derttausend Mann gesammelt. Sein Vetter, der Prinz Nikpei
Aghul (Sohn Sarban's, des achten Sohnes Dschaghatai's^,
war an der Spitze von fünf tausend Mann in Transoxana
eingefallen, und hatte zu Samarkand und Bochara, das da-
mals zum Gebiete Kipdschak's gehörte, geraubt und die
Angehörigen Berke's getödtet, unter diesen auch den grossen
') In demselben waren Taghadschar, Httlagu, der Sohn Üdsclii-
tai's, Nadin Kadan. ^) Reschideddio.
224 Drittes Buch.
Scheich Seifeddin Backersi. Gesandte Arikbugha'g, an deren
Spitze Schadi, der Sohn Jaschmtit's des Arkaun, d. i, des
nestorianischen Priesters, forderten vermittels Jerlighs die
Zurückstellung der geraubten Güter, welche Alghui ver-
weigerte, und eben darum die Gesandten tödtete. Hierüber
ergrimmt, zog Arikbugha wider denselben; zu Karakorum
forderte er die Einwohner zur Hilfeleistung auf;, die Imame,
die Schreiber der Christen entschuldigten sich, dass siedle
Waffen nicht gewohnt, nur für den Erfolg derselben beten
könnten. Einige Zeit darnach kam der Kaan, der, als er
das treue Benehmen der Einwohner erfuhr, die alten Pri-
vilegien Tschengischan's und Mengku's bestätigte, sie alle
zu Tarchanen (^Freiherren) ernannte; Vorfälle in China
nöthigten ihn, bald wieder zurückzukehren. Karabuka, der
Befehlshaber des Vortrabs Arikbugha's, war von Alghui zu
Sutgoly d. i. am Milchsee'), geschlagen und getödtet worden.
Alghui zog sich sorglos an's Ufer des Hile Miiran; von dem
Prinzen Suntai , welcher das Heer Arikbugha's befehligte,
geschlagen, ging er über die Anhöhen von Timurkahalka
und den Hile Muran nach Almaligh, dem Jurte Alghui's, und
plünderte denselben aus. Alghui nahm seine Frau und die
Truppen des rechten Flügels, welche Suntai noch nicht ge-
schlagen, und flüchtete damit nach Choten und Kaschghar.
Arikbugha brachte den Winter am Hile Muran und zu Al-
maligh in Festen zu , liess aber von allen Seiten die Truppen
des Kaan's aufsuchen und tödten. Alghui hatte sich nach
Samarkand und Bochara gezogen, wohin auch Dschumkur,
der bisher von Arikbugha bei sich zurückgehaltene Sohn
Hulagu's , kam, indem ihm Arikbugha, um seine Gesundheit
Rebhilewwel herzustellen, sich jenseits des Oxus zu begeben erlaubt hatte.
Das Benehmen Arikbugha's, welcher überall die Leute des
Januar 1263 ,, , „ , , .. i i .i j. t.
Kaan s aufsuchte und todtete, entwandte ihm die Herzen
der Bewohner und eine Hungersnoth schwächte gewaltig die
Zahl seiner Truppen. Dazu kam die böse Vorbedeutung
eines Sturmes, welcher das an tausend Pflöcken befestigte
') iu der Nähe der Stadt BuladO)y Tulad C?)-
Drittes Buch. 225
Ilerrscherzelt zusammenriss und im Ruine desselben viele
Menschen erschlug. Seine Truppen zerstreuten sich nach
allen Seiten , nur einige wenige blieben mit Arikbugha und
Suntai zu Almaligh. Unterdessen war JJriktasch, der Sohn
Mengku's, welcher es nicht, wie sein Bruder Suntai, mit
Arikbugha, sondern mit Kubilai hielt, am Altai^^ und die
Truppen schlugen sich zu ihm. Er sandte an Arikbugha,
um ihm das grosse Siegel seines Vaters Mengku, welches
bisher in Arikbugha's Händen , abzufordern , und dieser lie-
ferte es aus. Alghui, welchem hieraus die Schwäche Arik-
bugha's kund geworden, zog nun wider ihn, und begehrte
die Herausgabe der Frau Hirghana , der Gemahlin Kara
Hulagu's, des Sohnes Muwatukjan's, welche vor einiger Zeit,
um die Beschwerden Alghui's anzubringen, in's Lager Arik-
bugha's gegangen, von demselben zurückbehalten worden
war. Er sandte sie mit ihrem 3Iinister Mesud, dem Sohne
von Jelwadsch, zurück. Alghui empfing sie ehrenvoll und
bestellte den Mesud zur Verwaltung der Länder jenseits des
Oxus, wo er zu Saraarkand und Bochara residirte. Durch
seine weise Verwaltung erstarkte der Schatz und die Macht
Alghui's, der sich zu wiederholtenmalen mit dem Heere
Berke's schlug, und diesem Otrar entriss; ihm gegenüber
stand aber als Verbündeter, Schutzgenosse Berke's der Prinz
Kaidu, der Sohn Kaschin's, des fünften Sohnes Ogotai's.
Anfangs von der Partei Arikbugha's, hatte er denselben
verlassen und sich zu Berke geflüchtet, der ihm sein Ver-
trauen schenkte, weil die Astrologen das Horoscop Kaidu's
ungemein günstig und glückvorbedeutend gefunden *). Bald
hierauf starb Alghui und durch die Bemühungen Hirghana's
ward ihr Sohn Mubarekschah als Herrscher des Uluses
Dschagatai anerkannt.
Arikbugha, von seinem Heere verlassen, hatte sich
reuig an dem Hofe des Bruders eingestellt, an welchem er
nach dem mongolischen Gebrauche als Schuldiger eingeführt
ward. Nach dieser Sitte wurden die Schuldigen nicht durch
Kaidu.
') Reng Altui, am Flusse Dschaikau. ^) Mirchuand.
Hammer, Geschichte der Ilchane. I. 15
226 U I- i t t e & U u c li.
das gewöhnliche Thor in's Zelt zur Audienz eingeführt,
sondern bei einer heimlichen Pforte hineingestossen , und
statt eines Ehrenkleides mit Filz bekleidet '}. Das offene
Bekenntniss der Schuld ward gnädig aufgenoniraeu; aber
Dschingkum, Aet Gesandte Hulagu's, welcher gegenwärtig,
rieth im Namen seines Herrn , nach der Strenge der Jasa
zu verfahren und den Prinzen sammt seinen Mitschuldigen
vor Gericht zu stellen; ^wch Dschikar , der Bruder Apuschka's,
welcher durch die Hand des Prinzen Suntai gefallen , warf
dem Arikbugha hartes Wort, dass er bereit sei, dessen Blut
zu vergiessen , in's Gesicht. Am folgenden Tage gingen die
grossen Nujane mit den Prinzen in's Gericht ^). Auf die
wider sie vorgebrachte Klage schwiegen sie alle; endlich
redete sie Toraan Nujan , einer der edelsten so von Gesicht
als Gesinnung, an: Warum sprecht ihr nicht, ihr Fürsten!
Haben wir uns nicht Alle verschworen, den Arikbugha auf
den Thron zu setzen, oder mit ihm zu sterben? Nun ist
der Tag gekommen, den zweiten Theil unseres gegebenen
Wortes zu lösen. Arikbugha erzählte den Hergang des
Aufruhrs und die Emire bekannten ihre Schuld. Kubilai
wollte dennoch nicht zur Vollstreckung des ürtheils schreiten,
ohne zuvor das Gutachten Berke's und Hulagu's und auch
Alghui's, der damals noch am Leben, eingeholt zu haben;
nur die schuldigsten der Emire wurden sogleich hingerichtet:
Bulgha Nnjarij der erste Hebel des Aufruhrs, Ildschetaij
welcher Gurundschi, den Sohn Kadau's, verschwärzt, und
Tokusj welcher das meiste Blut der Truppen des Kaan's
vergossen; andere wurden nach Turkistan verbannt^); nur
um das über die Prinzen Arikbugha und Suntai zu verhän-
gende Loos wurden BerkSj, Hulagu und Alghui um ihr
Gutachten befragt. Alghui erklärte, dass er sich der Mei-
') Reschi«leddiD, Mirchuand. ^) Tnyhadschar , der Sohn E\v-
badschi Nujan's^ Jesiinke, der Sohu Dscliudschi Kasar's, Jekehadak,
Dschinglimur, der Sohn Kadak^s, AscMkai ; die schnldij^en Prinzen :
Scfiiregi, Taifhai, Dscherku, Baitimttr ; die Emire: Hintunk Nujan,
Durbai, Pulad Dschinj^sang. ^) Huku, der Sohn Gujukchan^s, Hobat,
der Sohn Mako's, Kutuk, der Sohn Karadschar's.
Drittes Buch. 227
nung des Kaan's und Hulagu's, was immer sie sei, anschliesse.
Hulagu billigte in Allem den Beschluss der Prinzen und des
Gerichts und versprach , wenn Berke käme , ebenfalls beim
Kuruitai zu erscheinen. Bald nach der Rückkehr des Ge-
sandten starb Arikbugha natürlichen Todes, und es brach
der Krieg zwischen Huiagu und Berke aus. Kubilai verlieh
die Herrschaft des üluses Dschagatai, welche die Frau
Hirghana ihrem Sohne Mubarekschah zugewandt hatte , dem
Beirakj dem Sohne Jesun Tewa's, des zweiten Sohnes Mu-
watukjans, welcher den Mubarekschah zur Abdankung bewog
und sich der Zügel der Herrscitaft des Uluses Dschagatai
bemächtigte; aber nachdem Arikbugha und Alghui, die
beiden Thronanmasser aus dem Uluse Tuli's und Dschagatai'»,
verschwunden , hatte Kubilai noch einen dritten aus dem
Uluse Ogotai's, nämlich Kaidu, den Sohn Kaschin's, zu be-
kämpfen. Kubilai sandte ihm ein von seinen Söhnen Nu-
mughan und Kukishi befehligtes Heer entgegen, in welchem
sich Söhne Ogotai's *) und Arikfaugha's befanden. Die Prinzen
Tokatimur und Schiregi (^der Sohn Ogotai's} verschworen
sich mitsammen, ergriffen die beiden Prinzen, Söhne Ku-
bilai's, und sandten dieselben an Mengku Timur, den Herrn
von Kipdschak, aus; zugleich streuten sie das Gerücht aus,
dass die Söhne Batu's mit den Kaidu's gemeinsame Sache
machten, das aber nicht dem so. Zwar vereinten sich mit
Schiregi und Tokatimur auch Sarban^ der achte Sohn Dscha-
ghatai's; aber sie wurden vom Heere Kubilai's geschlagen,
und die beiden letzten entflohen nach der Landschaft Nariny
wo sie am Ufer des Irtisch weilten ; während Tokatimur im
Lande der Kirgisen streifte, ward sein Lager von den Truppen
Kubilai's geplündert; Tokatimur wandte sich an Schiregi um
Hilfe, und als dieser sie ihm verweigerte, lockte er den
Sarban mit Hoffnungen auf die Chanschaft, wie er früher
den Schiregi damit verlockt hatte. Die beiden gleich ge-
täuschten Thronbewerber Sarban und Schiregi bekriegten
') <Sic/i«r«//?V, der Sohrt Ogotai's; die Söhne Arikbuglia's: Tukukur
und Melik Timur ; Tokatimur, der Sohn Suktu's; ürughadai ; die
Neffen Kubilai's: Horrak und Ogin,
15*
228 Drittes Buch,
sich iiui) mit einander und rieben sich gegenseitig auf, bis
beide in die Hände Kubilai's fielen, der jenen in eine durch
Sumpfhift verpestete Insel sandte , dem Sarban den Befehl
über eine Abtheilung von Truppen gab. Melik Timur und
der Sohn Schiregi's begaben sich zu Kaidu, der, noch nach
vierzig Jahren der mächtige Herrscher des üluses Ogotai,
im Verlaufe dieser Geschichte noch mehr als einmal in die
der llchane eingreifend erscheinen wird.
Vertheilung Hulagu beschäftigte sich nach beendigtem Feldzuge wider
rfcrÄ*</ff/jrt/- i^jpjgpljgj^ mit dem Baue zweier Schlösser, das eine in der
_, ' ^ Ebene von Alatak , das andere zu Chii, und begab sich
Tod
Hula(fii's. <lann von Tebris an den Goldfluss ') , welchen die Mongolen
Tschaghahitpunghatu nannten, bei Meragha, dort mit der
Vollendung der Sternwarte und mit wissenschaftlichen Ver-
sammlungen beschäftigt; nebst der Astronomie war er vor-
züglich der Alchjmie ergeben und verschwendete grosse
Summen an Alcheraiker, deren Vorspiegelungen so, wie die
ihnen zugewandten grossen Summen , in Rauch aufgingen.
Zugleich ordnete er die Verwaltung des durch seine Erobe-
rungen gegründeten neuen Reichs. Seinem ältesten Sohne,
Abaka, übertrug er die Statthalterschaft von Cliorasan; seinem
dritten Sohne, Jaschmut, dem Eroberer 3Jesopotamiens, die
Statthalterschaft \on Arran und Aserbeidschan; dann die von
Jaschmut eroberten Landschaften Mesopotamiens: Diari Bekr
und Rebiaa , von dem Ufer des Tigris bis an das des Eu-
phrats, dem Emir Tudan, und die der Länder Rums dem
Emir Moineddin Perwane ; die Verwaltung von Tebris ver-
traute er den Händen Melik Ssadreddin's, die Kerraan's der
Frau Turkjan Chatun an, iVach der, während des Feldzugs
von Kipdschak vollzogenen , oben erwähnten Hinrichtung des
Staatskanzlers Seifeddin Bitekdschi ward dieses höchste
Staatsamt dem Schemseddin Mohammed Dschmceini , als
Herrn und Vorsteher des Diwan's, und der Vorsitz des
Diwan's zu Bagdad seinem Bruder Atamülk, dem Geschicht-
schreiber, verliehen. Besonderes Vertrauen schenkte er
*) Serinerud.
U 1- i t t e s B u c Ii. 229
dem Sohne des vormaligen kleinen Diwitdar von Bagdad,
dem Dschelaleddin; dieser tänsclite das Vertrauen Hulagu's
nicht minder, als sein Vater das des letzten Chalifen ge-
täuscht. Er trug ihm vor, dass sich in der Landschaft
Bagdad's mehrere Tausend Kipdschaken befänden, die, wenn
Hulagu hierzu den Befehl ertheilen wolle, er zu sammeln
bereit sei, um dieselben zum Vortrab im nächsten Feldznge
wider Kipdschak zu verwenden. Hulagu, durch seinen Vor-
schlag verblendet, gab ihm Diplom und Löwenkopf und
unumschränkte Vollmacht über alle Truppen und Waffen
der Landschaft Bagdad's. Er warb die Kipdschaken und
Andere an, wiegelte sie aber gegen Hulagu auf, indem er
sie heimlich versiclierte , dass er nicht gesonnen, sie wider
ihre Landsleute auf die Schlachtbank zu führen, sie vielmehr
retten wolle. Nachdem er sie aus den Zeughäusern Bagdad's
bewaffnet, führte er sie unter dem gegen den Statthalter
Bagdad's vorgeschützten Vorwande, dass er mit ihnen nach
Derbend und Schirwan auszielie, in's Gebiet des arabischen
Stammes Chafadsche , das er plündernd durclizog und dann
mit der ganzen Truppe längs des Euphrats bis Aana und
Hadlse vorbeiziehend nach Syrien und Aegypten aufbrach.
Der Aerger, so schändlich vom Günstlinge getäuscht worden
zu sein, nagte als giftiger Wurm in der Brust Hulagu's und
beschleunigte seinen Tod , der ihn nach kurzer Kraukheit ^ Uebiui-
hingerafft '^. Er ward auf dem Gipfel des Berges Schahu '), acidr atis
gegenüber von Destchawakan, bestattet. Nach mongolischem ^■P*^f'>'- i^fi-^
Gebrauche wurden ihm Gold und Edelsteine in den Sarg ge-
geben und die schönsten seiner Beischläferinnen geschlach-
tet ^3, um ihm die Einsamkeit des Grabes zu versüssen.
Aber ausser den geschlachteten Beischläferinnen folgten ihm
bald zwei seiner Frauen natürlichen Todes ins Grab nach,
') Souutags deu 9. Rebiulachir (ß. Febr., Soiiutagsbuchstabe U,
richtig eiu Sountai^). -) d'Ohssou sagt, ich weiss nicht, aufweiche
Auturität, dass dies das .Schloss Tidii am .See von Uriiiia; aber
Reschideddiu sagt: gegenüber von Delickuareijjan (bei d'ühssou
Sacltwareku^ , was uur Verstüuiineluug von Uestchawakan LUschi-
hauuuuia S. 366] , welches nicht lerne vom Berge Sehend. ') Mir-
chuand, Wassaf.
230 Drittes Buch.
die Frau Irtekan, die Mutter seines achten Sohnes Adschai,
3. Raviasan gehen am neunten Tage nacli dem Tode ihres Gemahls, nnd
i^. e/ii . ^igj. ]yiQ„a(e ^„d eilf Tage später, drei Tage vor der Thron-
besteigung Abaka's, die Frau Tokus Chatun, die Christin,
die grosse Beschützerin ihrer Glaubensgenossen. Auf ihren
Einfluss gründete sich vermuthlich die Hoffnung des Papstes,
dass Hulagu sich nächstens zum Christenthume bekehren
^verde, wovon ihm der Ungar Joannes die Kunde gebracht
und worüber sich der Papst in seinem Schreiben an Hulagu
so hoch erfreut'). Eine grosse Frau , deren Wirken stiller
und wohlthätiger, als das zweier der berühmtesten Frauen
persischer Geschichte, nämlich der Frau Turkjan und der
Atabegin Abisch aus der Dynastie der Salghuren, welche
^ Persien beherrschten, und deren Geschichte in die Hulagu's
enge verflochten , nun zum Schlüsse dieses Buches besonders
erzählt werden soll.
Fars , d. i. Persien im eigentlichsten und engsten Sinne,
der Kern des persischen Reichs, in welchem das Haupt
desselben die alte Persepolis, die Geburts- und Grabstätte
des Cyrus, ist als Vaterland persischen Namens, als Mutter-
land persischen Stammes zu jeder Zeit seiner Geschichte,
von der ältesten bis zur neuesten, und folglich auch
binnen des Jahrhunderts mongolischer Herrschaft vor allen
anderen Landschaften des Reichs von vorwiegendem Interesse
und Momente. Persien im weitesten Sinne, d. i. Iran, das
Ariene der Sendbücher, ist das Paradies der Bibel, das
zwischen den vier Flüssen des biblischen Paradieses, dem
Digloth (Tigris), Frat (Euphrat), 6riÄow (Dschihun) und
Phischon (Sihun) , östlich und westlich eingeschlossene asia-
tische Hochland. Persien im engsten Sinne, d. i. FarSy ist
die von Natur und Kunst vor allen anderen Landschaften
des Reichs am meisten ausgezeichnete südliche, nördlich
vom persischen Irak, südlich vom persischen Meerbusen,
östlich von der Sandwüste Kirmans, westlich vom Gebirgs-
laude Luristan begränzt , in welcher das paradiesische Thal
Schaab Bewwan , von den asiatischen Geschichtschreibern
•) Odoricus Rajnuldus XIV. 12b0. N. 29.
Drittes Buch. 231
als eiaes der vier Paradiese des Ostens gefeiert , die Natur-
feste Kalaaisefid, d. i. das weisse Schioss, schon aus dem
Schahname als der Sitz des weissen Diwe's bekannt, die
Ruinen der vierzig Säulen') oder der vierzig Leuchtthürme^},
die behauene Steinwand des Ebenbildes Rustem's^}, die der
alten Königsgräber, das Grab der Mutter Salomon's *'), d. i.
das des Cyrus fein Felsengrab mit Pehiewiinschrift), die
des Kerkers * ) und der Musikkapelle Dscheraschid's"}, Felsen-
grotten mit Inschrifttafeln in Pehlewi , die Sculpturen von
Schabur, welche den Triumph Schabur's über Valerian ver-
herrlichen, Königsgräber, Heldengrotten, Bergaltäre, Feuer-
tempel und mehrere andere solcher steinerner üeberliefe-
rangeti der ältesten Geschichte des Reichs. Ein von der
Natur durch mehrere Seltenheiten hochbegiinstigtes Land,
in welchem die Rosen und der Wein von Schiras glühen,
das reine Wasser von Mossella fliesst, ein Land, das der
Lebensfluss und der Kor durchströmen, deren erster seinen
Namen von den lebendigen Bergwässern , dieser in der äl-
testen Zeit von Kyros, in der mittleren vom grössten Fürsten
der Dynastie Buje den Namen hat'); das Land, wo der
königliche Berg der Gräber von Persepolis und das viel-
farbige Salzgebirge von Darabdscherd sich erheben , wo zu
Schiras die Berggipfel persischen Dichterruhms in den Grab-
mälern von Hafis und Saadi. Persische Baukunst und Dicht-
kunst haben in Fars ihre höchsten Triumphe gefeiert, und
ohne von der ältesten Geschichte zu sprechen, so ist seit
dem Aufblähen neupersischer Poesie und Literatur Fars der
Mittelpunkt derselben geblieben, bis erst in der jüngsten
Zeit sich dieselbe in dem Brennpunkte der nach Norden
übertragenen Hauptstädte von Teheran und Tebris gesammelt.
In den ersten drei Jahrhunderten der Hidschret blühte mor-
genländische Dichtkunst und Literatur zwar zuerst unter
der Herrschaft der Beni Saman und Chorasan auf und erhielt
') Tsckeltelsutun. =) Tschehel Minar. ') Nakschi Rüstern.
*) Meschdschedi Maderi Suleiman. *) Sindani Dschemschid. •*) Na-
karachana Dschemschid. '') Bend Emir, d, i. der Damm des Fürsten,
nämlich AdhadeddewleV s .
232 Drittes Buch.
8ich dort noch mit der Herrschaft der Seldschuken in be-
deutendem Flore; denn Fars wetteiferte hierin mit Choraean
schon unter der Herrschaft der Beni Buje, und trug unter
der der Salghuren den ersten Preis davon, welcher dem-
selben erst nach dem Untergange dieser Dynastie, unter der
Herrschaft der Ilchane vom nördlichen Persien, wo die Re-
sidenz Tebris aufblühte , streitig gemacht, in der Folge aber
unter der Herrschaft der Dynastien der Bern Mosaffer und
Sseffi wieder errungen, und bis in die neueste Zeit be-
hauptet ward, wo der Lebensfluss geistiger Kultur wieder
den nördlichen Hauptstädten und Residenzen Teheran und
Tebris in seichteren Fluthen zufliesst; also schon aus dem
Gesichtspunkte der Kulturgeschichte allein ist die Geschichte
der Salghuren , welche ein Jahrhundert vor der Herrschaft
der Ilchane Fars beherrscht, von der höchsten Wichtigkeit,
indem dieselbe auch die Kulturgeschichte Fersiens während
der Eroberung und der dreizehnjährigen Herrschaft Hulagu's
einschliesst.
In Hinsicht auf Kultur hat die bisher europäischen
t „ . Orientalisten und Geschichtschreibern nicht einmal dem
Amare, Be7n
Buje und Namen nach bekannt gewordene Dynastie der Beni Dsche-
Beni lendi, welche zur Zeit der arabischen Eroberung von den
Seldschuken. ufgj,„ jgg persischen Meerbusens bis nach Kerman und Irak
hin herrschten, einen bedeutungsvollen Beinamen, indem
dieselben auch Beni Amare oder Imare , d. i. die Söhne
der Kultur, heissen. Das arabische Wurzelwort Amr oder
Omr bezeichnet Leben und Kultur, indem die Kultur belebt
und das Leben ohne Kultur kein geistiges; zunächst ver-
wandt mit Omer , d. i. Homeros, dem Inbegriffe ältester
griechischer geistiger, vom Orient aus belebter Kultur*).
Ammer heisst der Hochgebildete, Wohlgerüche Liebende,
sei es nun die physischen, sei es die geistigen höherer
Bildung , wovon jene ein treflliches Sinnbild. Bisher kennt
die europäische Geschichte des Morgenlandes nur zwei Dy-
') Dass OfiiiQO!; dasselbe mit Omer, ist in den Jahrbüchern der
Literatur bei Gelegenheit der Anzeige des Werkes „Ulysse Homere"
darü;eLhan worden.
Drittes Buch. 233
nastien der Beni Ammer, die, welche zur Zeit der Kreuz-
fahrer in Tripolis herrschte, wo die herrliche, angeblich
drei Millionen Bände starke Bibliothek derselben von den
Kreuzfahrern verbrannt ward' ); die zweite, welche im ersten
Viertel des vierzehnten Jahrhunderts zu Tripolis an der afri-
kanischen Küste gegründet, unter sieben Fürsten durch sieben
und siebzig Jahre gedauert-}, welche ebenfalls Freunde
der Wissenschaften und Literatur; die dritte endlich, die
hier zum erstenraale in Europa an's Licht gezogen wird,
die der Beni Amare in Fars, welche, auf ihre Bergfesten
stolz, nicht nur den arabischen Eroberungen , sondern auch
noch der in Chorasan aufsteigenden Dynastie der Beni Ssaffer
trotzten, indem Omer Ben Leis , der Fürst der letzten,
zwei Jahre lang den Abdallah Ben Ahmed el-Dschelendi,
den Fürsten der Beni Amare, bekriegte, ohne denselben
besiegen zu können. Nach den historischen Ueberlieferungen
der moslimischen Geschichtschreiber sollen die Beni Amare
als Herren der Küste und Seeräuber schon zur Zeit des
Moses geherrscht und das SchiflF weggenommen haben, dessen
im Koran bei der Erzählung der Wanderung des Moses mit
Chisr nach dem Zusammenfluss der beiden Meere (des ara-
bischen und persischen oder persischen und indischen} Er-
wähnung geschieht^}. Nach der Herrschaft der Beni Omeije
erhob sich unter der der Beni Abbas in Fars die der Beni
Buje, deren grösste Fürsten besonders die neue Hauptstadt
Schiras durch Bauten verherrlichten. Während der sieben
und achtzig Jahre, welche vom Ende der Herrschaft der
Beni Buje bis zu dem Beginne der Herrschaft der Salghuren
verflossen, ward Fars durch sieben Statthalter Atabege der
Seidschuken verwaltet. Der erste, Faalui Scheba7i1cjare, von
dem ein Dichter gesagt:
Von Gott, dem Allerhöchsten, war es Huld und Glück,
Dass Ungethüm des Aufruhrs hielt Faslu zurück.
') Ouatremere inenioires geographiques sur l'Egypte II. p. 506;
dauu Wilken's Geschichte der Kreuzzüge II. 78. 119. 201. ^) Ge-
schichte des osm. Reichs III, s». 413, nach dem "^ocMtet-ettewaricIi.
') Dschihaunuma S. 278.
234 Drittes Buch.
Der zweite, Rohneddin Chmnar Tekin, ertrank; der dritte,
Oschelaeddin üschanli, zerstörte Schebankjare; der vierte,
Rok?ieddm Dschanli , welcher eine Medrese zu Schiras ge-
baut, ward zu Hamadan erschlagen; der fünfte, Mengubers^
baute eine Medrese, an welcher er begraben liegt, des-
gleichen seine Gemahlin Sahide^ d. i. die Einsiedlerin, die
nach ihr Issmeti^ d. i. die keusche, genannte Medrese; der
sechste, Besabe , ward, wiewohl ein gerechter und billiger
Herr, gewaltsamer Weise getödtet, und der siebente, Melek-
schah, hielt, der letzte, das Ansehen der Seldschuken aufrecht.
i. J. ^43 Wider diesen stand in der Hälfte des sechsten Jahrhunderts
104S <ler Hidschret, des eilften der christlichen Zeitrechnung,
Sonkar Ben Mewdud, der Salghure, vormaliger Sklave Melek-
sehahs, in Aufruhr auf und masste sich als Atabege die
Krone an. Er war Atabeg, d.i. Obersthofmeister, des un-
mündigen Sohnes Sultan Moharamed's, des Seldschuken, ge-
wesen und war von ihm zum Statthalter von Fars bestellt
worden, das er drei Jahre lang verwaltete, dann aber durch
seines Bruders Tekele List eingesperrt ward *}. Er hatte
sich am Fusse des Berges Giluje angesiedelt, von wo aus
er seine neue Herrschaft begründete; er schlug sich zu
wiederholtenmalen mit Jakub Ben Arslan, dem Herrn von
Chusistan, und starb, nachdem er die nengegründete Herr-
schaft durch vierzehn Jahre befestigt. Er baute zu Schiras
Kloster, Moschee, Karawanserai und eine hohe Minaret, er
selbst ein hoher Leuchtthurm der Herrschaft, welcher durch
Siege, Einrichtungen und Bauten als Reichsgründer seinen
zehn Nachfolgern strahlend vorgeleuchtet ^).
jy. Der Atabeg Mosaffereddin Sengt Ben Mohammed , der
fünf ersten Bruder des Gründers, vom Sultan der Seldschuken, Toghrul,
Atabegen als Atabege bestätigt, behauptete, wie sein Bruder, die Herr-
Salghuren. gc^aft durch vierzehn Jahre, wiewohl sie ihm von seinem
Schwager Saik, welcher zu Baidha ein Karawanserai gebaut,
mit den Waffen in der Hand streitig gemacht ward. Er
baute für den grossen Scheich Abdollah Chafif eine kleine
') Dschibauuuma S. 281. ') Tarichi Güside ; Wassaf.
Drittes Buch. 235
Zelle, welche in der Folge bis za drei Domen vergrössert,
erst von Schah Ismail, dem Gründer der Dynastie Ssofi,
zerstöret ward. Ihm folgte als dritter Atabeg sein Sohn
Tekele, ein gerechter Fürst, dessen weiser Grosswesir,
Emineddin Karasun, zu Schiras Moschee und Kloster er-
baute; im fünften Jahre seiner Regierung verheerte der
Atabeg von Äserbeidschan , Pehliwan, der Sohn des lldigis,
das Land , und die fünfzehn folgenden Jahre derselben waren
kaum hinreichend, die dem Lande durch die Verheerung
geschlagenen Wunden durch gerechte Verwaltung zu heilen;
kaum vernarbt, wurden dieselben während der siebenjährigen
seines Vetters und Nachfolgers Toghrul Ben Sonkor ' } wieder
durch den Bürgerkrieg, in welchem ihm sein Vetter, der
fünfte Atabeg, Ebu Schudschaa, d. i. der Vater der Tapferen,
Saad Ben Sengi, den Thron zu entreissen strebte, aufge
rissen und durch Landplagen so schmerzlicher gemacht.
Auf unerhörte Trockenheit folgte schreckliche Hungersnoth,
in welcher die Leichname der Hungers Gestorbenen von den
Ueberlebenden verzehrt wurden, und auf die schreck-
lichste Hungersnoth noch schrecklichere Pest. Usbeg, der
Sohn Pehliwan's, der Atabege von Äserbeidschan, verheerte
Schiras, und vierzehn Jalire hernach, als der Sultan Mo-
hammed Tekesch, der Schah Chuaresm's, mit dreimalhun-
derttausend Mann auf dem Zuge nach Bagdad sich des Ge-
birgslandes des persischen Irak bemächtigt hatte, schlug
sich Saad einigemal mit ihm und wurde von ihm gefangen.
Mohammed Tekesch, selbst ein tapferer Fürst, erhob die
Tapferkeit des gefangenen Feindes so hoch, dass er ihm
die Herrschaft von Fars unter der Bedingniss bestätigte,
dass dessen Tochter Melike Chaiun dem Sohne Chuaresm-
schah's, dem grossen und unglücklichen Dschelaleddin Mink-
hurni (dem letzten der Chuaresmschahe}, vermählt werde ;
dass das Drittel der Einkünfte von Fars in den Schatz
Chuaresmschah's fliesse und das feste Schloss Istachr chua-
resmische Besatzung einnähme. Saad's Sohn Ebubekr miss-
*) Dieser fehlt in der Liste bei Deguignes I. 260.
570
1174
,590
1194
äOO
1S03
23S Dritte« Buch.
billigte den vom Vater geschlossenen Ret(ungsvertrag, stand
wider denselben mit den Waffen in der Hand auf, schlng
ihn einigemal und sperrte ihn im Schlosse von Istachr,
welches sammt den von Ischnekwan von Chuaresmschah hätte
besetzt werden sollen, ein. Ebubekr hatte die Pflichten des
Sohnes so sehr ausser Augen gesetzt, dass er sogar nach
dem Vater mit Keulen schlug; dieser stürzte den Sohn vom
Pferde und sperrte ihn in einem der drei Schlösser von
Istachr ein, erfüllte den mit Chuaresmschah geschlossenen
Vertrag durch Sendung der Tochter und benützte den Frieden
zum Baue einer Moschee, eines grossen Karawanserai auf
dem Wege von Tebris, welches Schekrallah, d.i. die Stadt
Gottes, heisst, und zu Erneuerung der Mauern von Schiras'}.
Saad's Wesir war Amideddin Abu Nassir Esaad Abri'si,
welcher einen Band arabischer und persischer Geschichte
hinterliess und mit welchem Saad, selbst Dichter, sich öfters
in poetischen Wettstreit einliess. Die Frucht eines der-
selben ist die berühmte , seitdem auf allen Zungen gang und
gäbe Antithese Chuaresmschah's :
In Schlachten wie Eisen, bei Festen wie Wachs,
Verderblich dem Feiade, gesegnet dem Freunde^).
Der Wesir Ainideddin stand in gelehrtem Briefwechsel mit
dem Meister aller Humanitätswissenschaften, Oiner Er-Rasi,
über die Schwierigkeiten des mystischen Epos Selaman und
Absal, welches unter der Hülle einer Männerliebe die Alle-
gorie des Aufschwungs der Seele zu göttlicher Liebe. Die
Volkssage hat die Namen der beiden Helden dieses Ge-
dichtes altpersischen Ursprungs einer Steinwand von Sculp-
turen von Schiras ^) aufgeheftet, sowie denen von Tak
Bostan bei Kermanschahan die Sage von Chosrew und Schirin.
Saad hatte den Wesir Amideddin sammt seinem Sohne Ta-
dscheddin zu Ischnekwan, einem der Schlösser Istachr's^),
') Lari, Nochbet, Güside, Wassaf, Mirchaand. -> NVassaf.
') Kämpfer amoenitates exoticae. ") Mirchuand und Wassaf führen
bei dieser Gelegenheit das Uistichou des Schahuume an :
In den drei Domen, wo zu Istachar
Die Residenz der Schahe von Iran war.
sein Bruder
Saliilmr-
schah.
Drittes Buch. 237
eingesperrt; er kürzte sich die lange Weile seiner Gefangen-
schaft durch Gedichte, die er an die Wand schrieb, und
deren eines die berühmte Kassidet, deren Beginn:
Wer briugt meiueu Geist zu Betha's freien Tauben?
Die sich der reineu Fluth erfreuen uud grüner Lauben.
Ebubekr ward nach siebenjähriger Gefangenschaft zu EbnbekrBen
Istachr unmittelbar vor des Vaters Tod an dessen Sterbebett Snad und
berufen , und bestieg nach dessen acht und zwanzigjähriger
Regierung den Thron. Sein Vater, Saad, hatte Kerman
erobert und die Schebankjare gedemüthigt, aber sein Sohn f{23
Ebubekr war ein Vergrösserer, sei es als Eroberer, Bauherr l^stj
oder Gönner von Dichtern und Gelehrten. Unter ihm wur-
den die Inseln des persischen Meerbusens Kisch und Bah-
rein und das arabische Gebiet von Kauf und Lahsa erobert.
Seine dreissigjährige Regierung ist der Glanzpunkt der
Salghurenherrschaft. Ueberall erhoben sich in Fars Kara-
wanseraien unter dem Namen Mosaffer Ebubekr's, als zu
Ebrkuh, Bei'dka, Kanin, im Passe AdhadiwnA an der Küste
von Dschoaber, die schönste Juwele aber der Strahlenkrone
seines Ruhms ist Saadi's Zueignung seines Gülistan, in wel-
ch£m der Dichter gleich Eingangs mit einer von dem em-
phatischen Selbstlobe der Lyriker und Epiker sich sehr
vortheilhaft auszeichnenden Bescheidenheit den Beifall seiner
Zeitgenossen einzig dem des Atabegen zuschreibt und auf
ihn und sich den bekannten schönen Apolog des durch die
Nachbarschaft der Rose durchdufteten Thones anredet :
Bios weil dein Blick auf mich Un\vürd"gen gefallen ist:
Mein AVerk der Sonne gleich berühmt bei Allen ist:
Wenn Alles auch an mir nur Fehl' und Mangel ist,
Fehlen, das der üSultan billigt, Tugendangel ist.
Die Zeit hat die Anwendung umgekehrt, und Ebubekr ist
durch Saadi, nicht aber dieser durch jenen berühmt. Nach
dem Verderben Chuaresraschah's huldigte Ebubekr Ben Saad
staatsklug den Herrschern der Mongolen und ward als Atabeg
in der Herrschaft von Fars bestätigt. Er führte jährlich
nur dreissigtauscnd Dukaten an den Schatz ab, eine Summe,
welche damals der kleinste Distrikt von Fars abwarf; mit
238 • Drittes Buch.
(lieser Summe sandte er alljährlich den Sohn Saad mit einem
seiner Neifen an den Chan; die mongolischen Vögte be-
handelte er freigebig, stellte aber zugleich Späher auf, um
alle Verbindung des Volkes mit denselben zu hindern, damit
jene nicht die Wahrheit seiner glänzenden Umstände er-
führen ; er genoss des Lebens im Stillen im Garten Firusi,
von wo er jeden Morgen nach dem Lager sich begab und
nach aufgehobener Mittagstafel wieder in den Garten zurück-
kehrte. Ein grosser Beschützer der Dichter und Gelehrten,
besonders aber der Frommen und Derwische, die er mehr
als die Gesetzgelehrten achtete, weil er, wie es scheint,
dieselben minder fürchtete. Er hatte von Hulagu bei dessen
Einmarsch in Persien das Diplom der Herrschaft mit dem
Titel Kotloghschah erhalten ; er hatte denselben seinem
Sohne Saad und seinem Bruder Salghurschah entgegengesandt.
Der Bruder, beigenannt Karandank Chan, war ein humaner,
verständiger Prinz, von schöner Gestalt, aber ganz sinnlichen
Genüssen ergeben, denen er in den von ihm angelegten
paradiesischen Gärten, welche Ssubuhabad, d. i. Morgen-
trunksbau, hiessen, ungestört nachhing; seiner unablässigen
Trinkgelagen ungeachtet, schrieb er täglich als Kalligraphe
einige Verse des Korans und sandte die Abschrift an die
Kaaba, Verfasser anmuthiger vicrzeiliger anacreontischer
Strophen. Jedem Gedanken auf Herrschaft fern, lebte er
einzig seinem Vergnügen, und als Ebubekr, durch eine
lügenhafte Denuntiation aufgelärmt, die ganze Gesellschaft
unversehens überfiel, fand er Nichts als ein Gelage von
Trinkern , wie Wassaf sagt :
„Morgentrunk und dann des Weines Gluglu,
Böse, Rosenstraucli und Nachtigall dazu,
Traute Säuger, die gebunden und betrunken,
Neben Flaschen Schenke , dem das Glas entsunken.
Zerbrochen die Krüge , die grossen , der Wein ausgegossen,
die Schöne zerwühlt, die Halsschleife zerknüllt, die Halb-
trommel eine Zeit lang von den Ohrfeigen nicht ertönend,
und aus dem Mund der Flöte einen Augenblick aufgähnend,
die Haare verwirrt herumtrcllen, wie die Schönen, welche
Drittes Bucii. 239
(las Gesicht gegen die Wand wenden, wenn sie schmellen,
von den Aesten sang ein Ghasei die Nachtigall und ein
Wunder ist's, dass die Schlafenden nicht erwachten von
dessen Schall und Widerhall." Bei solcher Lebensart ver-
tiefte er sich in Schulden, die dann der Bruder grossmüthig
zahlte. Eines Tages improvisirte Salghurschah :
Wenn nur das Glück wie die Beisitzer wäre,
Wenn mir der Kopf voll Groll und Geizes wäre ;
So würd' ich dicli, wie du gewohnt, gen mich zu handeln,
An deiner Statt gerade wie du mich behandeln.
Ebubekr sandte ihm zehn Beutel Goldes, zehn Kisten Kleider,
zehn edle Pferde nebst der Freudenkunde, dass alle seine
Schulden getilgt seien ').
Die glänzendste der Eroberungen Ebubekr's ist die der Eroberunff
Inseln Kais oder Kisch (auf persisch Kosch) und Bahrein, *'o" Kisch;
wo die reichsten Perlenfischereien im persischen Meerbusen. , .^"" ^
Literatur.
Die erste dieser Inseln hat ihren Namen von Kais, dem
Sohne Kaissar's, eines Schiffsherrn von Siraf, der Hafen-
und Stapelstadt der mittägigen persischen Küste. Der Ur-
sprung der Macht und der Grösse der Beni Kaissar war
eine Katze, welche die arme Mutter der drei Söhne Kaissar's
einem Schiffer als ihr einziges Habe auf einer Fahrt nach
Indien mitgegeben, die sich aber, weil sie dort, wo gelandet
ward, es keine Katzen und zu viel Mäuse gab, die letzten
zusammenfrass, mit einem Schatze von Juwelen und Gold
reutirte. Die Sohne der Wittwe wurden mächtige Schiffs-
herren und dehnten ihre Unternehmungen bis an die indische
Küste aus; sie bauten auf Kais einen grossen Palast, den
sie Aferide nannten und welcher mit der Palasthalle Adhad-
eddewlet's zu Nahend (^dem östlich von Siraf gelegenen
Borfe} und mit den Säulenhallen des Elephantenhauses
Adhadeddewlet's zu Siraf um den Vorzug buhlte-), und
der Chalife Nassirolidinillah verlieh ihnen das Diplom der
Herrschaft von Kais unter dem Titel; Sultan /&;?o/ Melik
Dschemschiü. So herrschten die Beni Kaissar, deren Dasein
') Wassaf. -) Derselbe.
240 Drittes K u c Ii
bisher aber, sowie das der Beni Amare in Fars, europäi-
schen Geschichtschreibern entgangen, auf Kais, als Seifeddin
Abu Nadhr Ali Ben Keikobad, der Herr der Insel Hormus,
dem Atabeg Ebubekr seine Hilfe zur Eroberung von Kais
anbot; die Befehlshaber von Germsir, d. i. dem warmen
Landstriche der südlichen persischen Küste, wurden zur
Eroberung von Kais befehh'gt, und Melik Dschemschid wurde
Chi ^ '(r"fi ""*" ^"''ff^ Monate vor dem Tode Tschengischan's getödtet.
IT. Mai 12ä9 ^^^ Herr von Hormus hatte die Insel aber für sich und
nicht für den Ätabegen erobert; wie sich diesem Abu Nadhr
zum Sturze Melik Sultans angetragen, so boten Indienfahrer
von Kisch, welche mit ihren reichen, nach Malatia be-
stimmten Ladungen zu Chorsckif gelandet hatten , ihre Hilfe
zum Verderben Abu Nadhr's an. Der Atabeg sandte ein
Heer von Kurden, Luren und Schulen, und Seifeddin, d.i.
4Moharrem ^^^ Schwert der Religion, Abu Nadhr fiel unter dem Schwerte
^^^ der Feinde. Der Sultan von Kenbajet in Indien huldigte
i^.Aor.i^aO jgjjj Ätabegen von Fars, der ihn mit einem Diplome be-
ehrte, dessen Beginn: Im Namen Gottes der Erbe des Reichs
Salomon's, des Gerechten der Welt, Sultan zu Land und
See, König der Welt und der Religion, Ebubekr Ben Saad,
der Helfer der Diener Gottes , der Rechtgläubigen. Hierauf
wurde die mit ihren Perlenfischereien in die Steuerregister
3. Silliidsche jgg Chalifats eingetragene Insel Owal , insgemein Bahrein
r-j—^^^. genannt, und sieben Jahre darnach die Insel Jiiatif , auf
welcher das Schloss Tharut , erobert und mit jährlichen
zwölftausend Dukaten vom Ertrage der Perlenernte besteuert.
5. Dscliem. Ebubekr, der grösste der Ätabegen. starb in seinem sieben
und siebzigsten Jahre, von seinem Sohne Saad II., dem
Siebenten Atabege , nur zwölf Tage überlebt , worauf der
letzte minderjährige Sohn, Mohammed Ben Saad, unter
Vormundschaft Turkjan Chatun's, der Schwester des Äta-
begen von Jesd , Alaeddetvlet'sj den Thron bestieg. Ebu-
bekr, des grössten der persischen Atabege Namen, ist niclit
nur durch das Gülistan Saadi's, sondern auch durch die
Werke anderer grosser geistiger Dichter verherrlicht, und
seine Regierung umfasst die der Hulagu's gleichzeitige Blüthe
Drittes Buch. 241
persischer Kultur. Nach dem Beispiele der Fürsten der
Dynastien Saman, der Seldschuken und Chuaresmschahe
hatte er einen Dichterkönig, tiamkjar Farsi, beigenannt
Medschdeddin Semeki , der seinen Stammbaum bis zu Nu-
schirwan hinaufleitete ; Shönredner, Schönschreiber, in trautem
Umgange mit den grossen Dichtern Imami aus Herat, ^bd-
ulkadr von Nain, Said von Herat, Neßeddin Lokmani^)
und Esireddin Omani , dem Schüler Nassireddin's von Tus.
Ein Schüler Nassireddin's von Tus war auch der Chodscha
Hemameddin, der Atticus dieses Zeitalters, ein reicher Mann
und aufgeweckter Kopf, dessen Haus Dichtern und Gelehrten
offen stand ^). So günstig, als Ebubekr den Dichtern, so
wenig liebte er die Gelehrten, besonders die, so sich Philo-
sophen nannten; er verbannte mehrere derselben aus Schiras,
darunter den grossen Imam Ssadreddin Mahmud El-Uschnusi,
den berühmtesten Prediger seiner Zeit '3; er fürchtete, sagt
Wassaf, dass die Gelehrten mittels Einsicht und Geldes die
Regierungsgeheimnisse erfahren , die Regierung in ihrem
freien Gange beeinträchtigen könnten. Die grösste und
schönste der Stiftungen Ebubekr's ist das grosse Spital von
Schiras mit dem dazu gehörigen Garten. Nach Ebubekr's
Lobpreis steht im Gülistan Saadi's dasSaad's, seines Sohnes
und des grossen Emirs Ben Ebi Nassr.
Turkjan, die Regentin von Fars , sandte huldigende Ge- TurJfJan's
schenke an Hulagu und erhielt von demselben das Diplom tragisches
der Herrschaft auf den Namen ilires Sohnes, welcher schon ^'^<i^> Fars,
nach zwei Jahren und sieben Monaten sein Leben durch ,. , „ . ,
lisch. Reiche
einen Sturz vom Dache endete. Der Leiter ihrer Geschäfte einverleibt.
war der von Saadi im Gülistan gepriesene Grosswesir Nisam-
eddin Ebubekr, der als Gesandter an Hulagu ging, ihr be-
kannter Günstling aber der schöne Sklave Scheraseddin Miak,
ein Älamluke des Atabegen Saad ; nach Mohammed's Tod
wurde sein Vetter Mohammed, der Sohn Salghur's, zum
Herrscher ausgerufen, welchem Turkjan zwar ihre Tochter
') Geschichte der schönen Redekünste S. 202. 203. l60 und l6l
nach Dewletschah. ^ S. 2l4. ') Wassaf.
Hammer, Geschiclite 'der llchane. I. 16
242 Drittes Buch.
«r
Sefgham vermähUe, aber nichtsdestoweniger wider ilin bei
llulagu Känke schmiedete. Mohammed , derSohn Salchur's
(der Bruder Ebubekr's), war ein tapferer Fürst, der im
Geleite des Ilchan's vor Bagdad durch Proben seiner Tapfer-
keit sich bei Hulagu in Kredit gesetzt , aber als er zur Re-
gierung gelangt, sich der Weichlichkeit ergab. Sein im
Sclilosse von Istachr eingesperrter Bruder bat ihn vergebens
in Versen um Befreiung. Da verschwor sich die Frau
Turkjan wider iliren Schwiegersohn mit den Emiren der
Schulen und Turkmanen, iiess ihn im Hareme ergreifen
und sandte ihn nach viermonatlichcr Regierung, als der Re-
gierung unfähig, an Hulagu. Die Emire der Schulen be-
freiten den gefangenen Bruder SeldscTiuk und setzten den-
selben auf den Thron. Turkjan Chatun hatte ihm ihre
Hand gereicht und so sehr darauf gerechnet, seinen Arm*
zu leiten, als er in ihre Schönheit verliebt war; aber bei
einem Trinkgelage, wo die Sänger und Sängerinnen die
Charaktere der sieben berühmtesten Liebespaare arabischer
und persischer Romane vorstellten , nämlich: Koseir und
Aasa, Amrol Kais und Oneise , Irwet und Aafra, Emher
und TFefttj Leila und Medschrmn , •Weise und Gihchad,
Schiriti und Ferhad, scheint den schon Trunkenen die
Furcht, dass er in Liebesbanden gegängelt werde, aufge-
stachelt zu haben ; auf den von ihm einem gegenüberstehen-
den Neger gegebenen Wink hieb dieser der Frau Turkjan
den riesigen Kopf ab, und als ihm derselbe auf goldenem
Becken dargebracht ward, riss er die grossen Perlen der
Ohrgehänge weg und warf sie den Sängern vor, wie es
scheint, als Dank, dass ihn -ihr Gesang zu solcher That be-
geisterte. Die beiden mongolischen Vögte Ogldobeg und
Koilogh Bitekdschi, die Mordthat missbilligend, suchten zu
Schiff zu entkommen, aber Seldschuk, ihre Entfernung ge-
wahr, eilte ihnen im Hemde, nur mit goldener Keule be-
waffnet, nach, erschlug den einen und Iiess den anderen
ermorden. Miak war an den Hof Hulagu's gegangen, wo
Mohammed noch gefangen gehirtten , erst in Freiheit gesetzt
und nach Fars bestimmt, bald aber darauf lilngerichtet ward.
Drittes Buch. 243
Hulagii sandte seine Generale Altadschu and Timur nach
Fars, den Atabegen zu züchtigen; da dieser trotz der an
ihn ergangenen Aufforderung zur Reue, auf welche Ver-
zeihung folgen sollte, den Boten misshandelte, rückte Al-
tadschu, verstärkt von den Truppen des Sultans von Kermau
und des Atabegen von Jesd (des Bruders Turkjan's), in
Fars ein. Seldschuk flüchtete nach Chorschif. Zu Kjarsun
kam es zur Schlacht; geschlagen, suchte Seldschuk ver-
gebens am Grabmale des Schwagers Morschid Rettung und
ward am Fusse des weissen Schlosses getödtet, Kanzel-
gebet und Münze wurden nun auf den Namen des einzigen
übrigen Sprösslings der Atabegen, der Tochter Turkjan's,
Abisch^^ (aus Saad Ebubekr) , verrichtet. Nach der Nie-
derlage Seldschuk's hatte der General Timur auf ein allge-
meines Gemetzel der Ejinwohner von Schiras angetragen,
aber Altadschu gab hierzu seine Einwilligung nicht, und
wurde in der Folge , als der Seid Scherefeddin neuen Auf-
ruhr zu Schiras anzettelte, von Hnlagu vor Gericht gestellt
und, weil er zu milde gewesen, nach der Jasa zur Prügel-
strafe verurtheilt. Schon im ersten Jahre nach dem Tode ßßi
Seldschuk's wurde der neue Atabeg, die Frau AWsch, mit läö'^
Mengu Timur, dem eilften Sohne Hulagu's, vermählt; statt
des Heiraths^tes, das sie dem Prinzen mitbringen sollte,
wurde ein Sechstel der Besitzungen von Schiras mit den
Finkünftcn von jährlichen achttausend Dukaten ausgeschieden,
und Abisch blieb bei ihrem Gemahle im Lager, wo sie noch
zwanzig Jahre als Atabeg von Fars geehrt, ihr Land aber
von mongolischen Vögten (Baskak) und Intendenten (Melik}
verwaltet ward, von denen in der Folge dieser Geschichte
noch mehrmal die Rede sein wird. Dieser Erwerb des
') Abisch, nicht Aische, wie bei Deguigiies, «auch eicht Uns,
wie d'Ohssou, durch einen Schreibfehler des 3Ianuscripts verleitet,
schreibt, ist der Namen dieser Prinzessin , welcher die niorgien-
ländische Sitte eines freundschaftlichen Plkniks bezeichnet. S. Gol.
qui atriuiii alienae domus instruit cibo ac potu suo, quod facere apud
Arabes inter se aniici solent, quasi symboia conferentes ; eine Art
ovaixiu.
16*
244 Drittes Buch.
Kerns ganz Persiens, der Landschaft Fars, welche, wie
Wassaf sagt, das Kleid der sieben Erdgürtel, das achte der
Paradiese, durch Heirath, krönte die Politik Hulagu's zu
Ende seiner Laufbahn, die er als Brecher der Burgen der
Assassinen und Eroberer von Bagdad begonnen. Der Krone
des llchan's und Padischah's von Iran durfte die schönste
Juwele derselben nicht fehlen, welche die Landschaft Fars.
X e V X t 0 P n d).
Thronbesteigung Abaka's und Vertbeilung der Statt-
halterschaften ; die Familie desselben und Schems-
eddin's; ' iSehlacht j^e^en IVokai; armenische und
ag^yptische Verhältnisse; KricjS^ i;videir jBorrak und
dessen Ende ; zvreite Thronbesteigung Abaka's in
Fiuristan; der Tod grosser Männer; ISchemseddin
Kert und Ilschn\^eini; die niguderischen Banden
in Fars ; ägyptische Verhältnisse ; .Streifzug arider
Armenien; Verheerung Ciliciens; Schlacht von Klbi-
stan; Gesandtschaft an Beibars; Schemseddin ver-
ungnadet und 'H'ieder zu Gnaden aufgenommen;
Schicksale Alaeddin*s DschuT\ eini ; Schlacht von
HimsS; Abaka's Tod; Terhältniss gegen die
Christen.
JLPas Geheimniss ist das Element, in welchem sich die Politik ^t^;. ^g
am sichersten bewegt; am wenigsten bedarf derselben die Thron-
gerade, offene des VÖlkerwohls, welcher das Gesetz den heste'ujung.
sicheren Pfad vorzeichnet ; am meisten die dunkel quer-
gängige des Despotismus, indem sie den, durch Nebenbuhler
gefährdeten Besitz der Macht ergreift; desshalb war es von
jeher in östlichen Reichen und auch in westlichen , schon
vom Hinscheiden des ersten römischen Kaisers angefangen,
Staatsbrauch, den Tod des Herrschers so viel und so lange
als möglich zu verheimlichen, bis dass nach getroffenen
zeitgemässen Anstalten die Kunde desselben immer zugleich
mit der von der Besitzergreifung des Nachfolgers ver-
246 V i e r t e s ß u c h.
laute'); daher wurden, sobald als Hiiiagu gestorben, nach
mongolischem Staatsgebrauch alle Wege gesperrt und
Eefehl erlassen, dass Kiemand sich von seiner Stätte be-
wege. Ein Eilbote ward an Abaha , den durch des Vaters
Anordnung zum Throne bestimmten Nachfolger, Statthalter
von Chorasan, abgefertigt, und zugleich Argkun, welcher
bei Abaka die Stelle des Wesirs bekleidete, einberufen.
Abaka, der sich damals im Winterquartiere von Arran, und
seiu Bruder Jaschmut, der sich ari der Gränze von Derbend
befand , trafen am achten Tage nach des Vaters Tod ein ;
der letzte, der unberufen gekommen, kehrte, als er sah,
dass die Fluth der Stimmen der Emire wider ihn rinne,
19. Dschem. jj^ z^ei Taijen wieder zurück ; Abaka aber stieg im Lager
entvel (ibS ° o o
9~y(irz 1365 ^^" TscTiaghaniu (^am Goldfluss in der Nähe Meragha's)
ab, wo ihm die Emire bewillkommend entgegengingen und
llkaij der Emir des Lagers , dem Prinzen als treuer Diener
ztigethan, demselben, der erste, Brod und Wein als Bürgen
der Sicherheit reichte. Nachdem die Prinzen und Prin-
zessinnen ihr Beileid bezeugt , versammelten sich die grossen
. Emire und Nujane, deren sich eben Viele gegenwärtig be-
fanden-). Ä/Wf/sc^ßr Nuj an, welchem Hulagu seinen letzten
Willen und die Schriften anvertraut hatte , und Arghan be-
zeugten mehr als die Anderen, dass nach Hulagu's letzt-
williger Anordnung Abaka zum Nachfolger auf dem Throne
bestimmt worden ; sogleich knieten die Brüder nieder und
huldigten dem Abaka als Herrn. Abaka verwies sie auf den
Befehl Kubiiai's, des Bruder Kaan's Moilchan's. Sie aber
sagten: Du kennst besser als wir die Gebote und Verbote
der Jasa, der alten und neuen, wie sollte er einen anderen
ernennen; nud so bestieg er nach dreimonatlicher Berathung
3. Ramasan ^^j herkömmlicher Weigerung Freitags den neunzehnten
663
TTTl — ■ ,.i,-'- Juni den Thron im ein und dreissigsteu Jahre seines Alters.
jy.Junil^bo ^ °
•) Donec provisis qiiae tempus nionebat simul excessisse
Au^ustum et reium potiri Nerouem fama eadeni tulit.
Tacit. Anual. I. 5. ^) Reschidedclin neunt sieben : 1. Ilkui Nujan ;
2. Sundschak N.; 3. Suntai N.; 4. Abtai N.; 5. Semnyhaf^.;
(i. Scliiktur N.j f. Arghun Aka.
Viertes Buch. 247
«
Die Prinzen warfen die Mützen in die Höhe, die Gürtel
um den Hals, um dadurch zu sagen, dass ihr Kopf uube- ,
deckt, das ist nicht mehr frei, dass ihr Gürtel bereit, als
Strang auf Befehl des Herrn den Hals zuzuschnüren, beugten
siebenmal das Knie vor der Sonne und dann vor dem Chan.
„Die Schenken schenkten ein den flüssigen Edelstein, der
leichter als des Feuers Schein, und wie des Paradieses
Quelle rein; sie massen den Wein in kleinen und grossen
Massen aus goldenen und silbernen Tassen ein."- Mehrere
Tage djfuerte das Fest. In dem vom Astronomen IVassir-
eddin von Tus als glücklich bezeichneten Monate hatte die
Thronbesteigung am Tschaghan Nur, d. i. am weissen See,
im Distrikte Ferahan, statt ; Ferahan ist eine Stadt mittler
Grösse am Ufer eines Sees, wo nach persischer geschicht-
licher üeberlieferung Tahmuras, der Diwbändiger, seine
Residenz erhaute, die längst in Schutt zerfallen*); es liegt
in derselben Höhe und Breite, wie das vier Tagreisen von
Hamadan, sechzig Farasangen von Issfahan entfernte Do/fabad,
der Bau des zur Zeit Harun Raschid's durch seinen Witz,
Frohsinn , Reichthum und Kredit so berühmten Emirs Ebu
Dolf Kasim Ben Isa Ben Idris, südlich vom Gebirge Ras- ,ji'M^
mend. an dessen Fusse die grosse Fontaine Chosrew'sPerwis. -^^T
An dieser ; durch historische Erinnerungen aus der ältesten
Zeit des jfersischen Reichs und der des Chalifates so
reichhaltigen Gegend am weissen See trat Abaka die Herr-
schaft an.
Abaka wollte bis zur Ankunft der Bestätigung Kubilai's Verleihunii
nicht auf dem Throne, sondern nur auf einem \e\^\\\o^e\\ du- Befehls-
Stuhle sitzen ; aber er traf nichtsdestoweniger alle Mass- ^'(iher-
regeln und Anordnungen der Herrschaft als Chan, Ilchan,
Schah und Padischah, d. i. als Herr, Landesfürst, König
und Monarch. Nachdem er die Prinzen und Prinzessinnen,
die Nujane und Emire der Tomane (der Zelintausenden^,
der Hesare und Ssade (Tausender und Hunderter) mit Ge-
schenken überhäuft, flogeu in alle Gegenden Boten mit der
^) Nusliet und uach demselben Dschihaununia 8. L*99.
«
248 V i e r t e s B II c li.
Nachricht seines Regierungsantrittes und mit Befehlen für
Bestätigung und Aufrechthaltung der Jasa Tschengischan's
und Hulagu's im strengsten Sinne; dann vertlieilte er die
Befehlshaberschafien der Heere und die Statthalterschaften
des Reichs. Dem Bruder Jaschmut wurde mit wohlgerü-
stetera Heere die Huth der nördlichen Gränze gegen Der-
bend*), Schirwan, Moghan bis an die Gränze des Altai;
dem Bruder Tuktin die Huth der östlichen Gränze von
Masenderan und Chorasan bis an den Oxus anvertraut. Der
Bileldscki (Staatssekretär} Tughu, der Sohn llkai Nujan's,
und Tudan , der Bruder Sundschak Nujan's (^der Ahnherr
des zu Ende dieser Geschichte als ein grosser Charakter
auftretenden Emirs Tschobari), wurden nach Rum gesendet,
wo sie später von den Emiren Semaghar und Kehurkai ab-
gelÖset wurden. Dutai Nujan wurde nach Diarbekr und
Dijar Rebiaa an die syrische Gränze befehligt, die mili-
tärische Aufsicht Georgiens dem Sckiramun , dem Sohne
Dschurmaghun's, des vormaligen Befehlshabers in Persien,
die von Bagdad und Fars dem Sundschak Nujan übertragen;
die Verwaltung der Krongüter erhielt Baltadschu Aga und
die der Pachten^) Arghunaga. Zur obersten Würde des
Wesirs als Leiter und Herrn des Diwans zu Tebris wurde
Schejnseddin Mohammed von Dschuwein und zu seinem Stell-
vertreter als Leiter und Inhaber des Diwans' sein Bruder
Alaeddin Atamülk , der Geschichtschreiber, ernannt. Zu
Issfahan stand der Sohn des Wesirs Scheraseddin, Chodscha
Behaeddfn, an der Spitze der Geschäfte. Die Verwaltung
von Chorasan wurde dem Chodscha Iseddin Tahir und nach
ihm seinem Sohne Chodscha Wedschiheddin zugewandT;
Fars wurde im Namen der Atabegin Abisch verwaltet und
die Aufsicht der Pachten hatte dort Tasiku auf sich. Die
Herrschaft von Kerman wurde der Prinzessin Turkjan Chatun,
die von Nimrus dem Melik Schemseddin Mohammed Kert
•) Dieses übersetzt Milcs, ohne das eiserne Thor am kaspi-
scben Meere zu erkennen, S. 248: he presented the iron durbund
of Shirwan to Bishmoot , und Tuktin ist in Tyubeen verstümmelt,
Sundschak als Sooghchak, Dschuweini als Joini u. s.w. ^) Mak(itn.
t
Viertes Buch.
249
und Ton Georgien dem ^bd und seinem Sohne Ssadren,
die Armeniens dem Könige Hethtim bestätigt. Diarbehr worde
dem Dschelaleddin Tarsi, Dijar Rebiaa dem Mosaffer Fachr-
eddin Kara Arslan, Kastvin und ein Theil Iraks dem
Iftichareddin Kastoini, Tebris dem Ssadreddin zur Verwal-
tung anvertraut. Aus dieser nach Reschideddin gegebenen
Uebersicht der Heere und Ländervertheilung erhellet, dass
schon damals, wie später im osmanischen Reiche, dessen
Staatseinrichtungen grösstentheils den mongolischen nach-
gebildet sind, die militärischen Befehlshaberschaften der
Gränze von den Statthalterschaften, die Aerater des Diwans
von denen der Finanz getrennt waren. Wir haben hier
sechs grosse militärische Hüter der Gränzen : in Schirwan
und Chorasan , in Georgien, Kleinasien, in Pars und im
arabischen Irhh, drei Wesire, Inhaber des Diwans: zu Tebris,
Bagdad und Issfahan, drei Intendenten der Krongüter und
Pachten, fünf Vorsteher der inneren Verwaltung: in Chorasan,
Diarbekr, Dijar Rebiaa, zu Kasioin und Tebris und endlich
die dem Namen nach herrschenden, aber eigentlich nur im
Namen der Mongolen das Land verwaltenden fünf Fürsten
von Kerman, Nimrus, Georgien, Armenien und Fars ; zählen
wir hierzu noch die schon oben erwähnten Fürsten, welche
nur unter der eisernen Keule mongolischer Herrschaft ihr
Land regierten, nämlich die Atabegen von Gross- und Klein-
Luriklan und von Jesd , die nocli zu Mardin herrschenden
Fürsten aus der Familie Ortok und die zu Hossnkeif aus
der Familie Ejub (^denn die noch übrigen syrischen von
Himss, Hama und Kerek gehorchten nun dem Sultan Aegyp-
tens), so haben wir beim Regierungsantritte Abaka's sieben
und zwanzig von ihm begewaltigte grosse Befehlshaber der
Heere und Länder , Vorsteher der Geschäfte und Verwalter
der Güter.
Der Geschichtschreiber Wassaf , statt diese Eintheilung
zu geben , hebt als die vier Säulen des Ruhms der Zeit
Abaka's, von welcher die feste und sichere Herrschaft der
Ilchane in Persien datirt, vier in ihrem Fache ausgezeich-
nete Männer hervor als „die vier Grossen unter ihren Zeit-
SchemS'
eddin's
Familie
250 Viertes Buch.
genossen" ; der erste derselben der grösste Astronom und
Philosoph seiner Zeit, Nassireddi?i von Tus, der Gründer
der Sternwarte zu Meragha , der Verfasser der grossen
Metaphysik und Ethik, welcher am Hofe Hulagu's und Abaka's
die Stelle des Ministers des Unterrichts vertrat und der bei
Gelegenheit der Thronbesteigung Abaka's hundert seiner
Schüler mit Geschenken des neuen Herrn bedräute '^. Der
zweite der Wesir Sckemseddin Dschuweini , der dritte der
Tonkünstler Ssafijeddin Abdolmumin El Ormewi und der
vierte der Schönschreiber Dschemaleddin Jakut. Von den
beiden letzten genügt hier döi-Name, den ersten haben wir
bereits in dieser Geschichte handeln gesehen ; Schemseddin
Mohammed Dschuweini tritt aber erst jetzt als Wesir an
die Spitze der Reichsgeschäfte in seiner ganzen Grösse
auf. „Unter seiner Regierung", sagt Wassaf, „begehrten
die Schafe von den Wölfen das mehrjährige Blutgeld, und
das Repphuhn liebäugelte mit Falken und Habichten; durch
ihn wurde der gute Name des Padischah auf den schwarzen
und weissen Blättern der Tage und Nächte mit schöner
Glückesschrift aufgezeichnet." Unter seiner gerechten Ver-
waltung erhob sich Bagdad, wo sein Bruder sein Stellver-
treter, wieder aus dem Schutte der Verheerung Hulagu's.
Mehr als hunderttausend Goldstücke verwandte er auf die
Grabung eines Kanales, um damit Meschhed (^die Grab-
stätte Ali's^ und die Umgegend von Nedschef zu bewä^ern.
Tadscheddin Ali, der Sohn des Emirs Dolfendi, welcher
von Schemseddin mit der Ableitung des Kanals aus dem
Euphrat und mit der Urbarmachung der todten Ländereien
beauftragt w ar , hinterliess über dieses verdienstliche Werk
eine besondere Abhandlung. Seide und Imame, Redner und
Dichter erschöpften sich in Prose und Versen, im Lobe
seiner Gerechtigkeit, Weisheit, Freigebigkeit und Milde.
In seine Fussstapfen trat sein Bruder Atamülk zu Bagdad,
aber nicht Schemseddin's Sohn, der Chodscha Behaeddin,
der Inhaber des Diwans zu Issfahan , welcher die öffentliche
•) Rcschideddin.
M
Viertes Bucli. 251
Sicherheit nur durch Spähersystem und durch blutige Strenge
erhielt. Auf den Bericht eines Kundschafters, der die nächt-
liche Kunde der Wachen gemacht, dass er den Hauptmann *
wach und eifrig auf seinem Posten, einen Mann der Wache
aber schlafend, einen anderen abwesend gefunden, befahl
er , allen dreien zwei uud siebzig Prügel zu geben , weil
der Hauptmann nicht früher als der Kundschafter die An-
zeige der Bestrafung der zwei Schuldigen gemacht. Einem,
der ihn zu fest angesehen, Hess er die Augen ausstechen;
einem seiner Kinder, welches, auf seinem Schoosse spielend,
ihn beim Barte zupfte, schwur er, heftig auffahrend, dafür
an den Hacken schlagen zu lassen, und da keiner der Grossen
fürzubitten wagte , packten die Schergen den Knaben und
schlugen ihn vor des Vaters Augen zur Erfüllung von dessen
Eidschwur an den Hacken *^. So ein blutiger Tyrann Be-
haeddin, so ein grosser JBeschützer war er der Gelehrten,
und ein trefflicher Oekonome seiner Zeit, die er zwischen
Studien und Waffenübungen, Reichsversammlungen und Fe-
sten theilte :
,,Zwischen den Federn und zwischen den Fahnen,
Zwischen Gelagen und zwischen Diwanen -)."
Nach aufgehobenem Diwane verbrachte er die Zeit im Ge-
spräche mit Gelehrten, eingedenk des Spruchs:
,;6espräch uiit Gelehrten* ist besser als Kosen mit Liebesgefährten."
und schloss sich, nachdem er dieselben entlassen, mit seinen
Vertrauten ein, um sich dem Genüsse des Weines zu über-
lassen :
„Wein, der unter'm Schleier') spricht,
Durch die Rosen im Gesicht."
Nach dem Trinkgelage beschäftigte er sich noch tief in die
Nacht hinein mit politischen Untersuchungen und polemi-
schen Studien, nur wenige Stunden dem Hareme und dem
Schlafe gönnend, und nur seinen Bruder Harun, der es
ihm an Gründlichkeit philosophischer Studien zuvorthat, um
diesen Vorzug mit Recht beneidend. Diesem widmete der
') Wassaf. =) Derselbe. ') sab rosa.
252 Viertes H ii c li.
grosse übgenannte Tonkünstler Ssafijeddin Abdolmomin seine
Abhandlungen über die Volkslieder *^, über ihren Ursprung,
Composition und Tonarten. Eines Tages , als in einer Ver-
sammlung bei Behaeddin, wo auch der grosse Tonkünstler
gegenwärtig, Harun, vom Weine erhitzt, diesen ganz kurz-
weg Ssafijeddin anredete, entschuldigte Behaeddin vor den
Gegenwärtigen die Freiheit des Bruders, einen so grossen
Künstler schlichtweg bei seinem Zunamen angeredet zu haben,
indem er sagte: Harun ^ der den Namen des grössten der
Chalifen trägt, der eine Verwandte des letzten der Chalifen
zur Frau hat, dessen Sohn Mamun heisst und der zu Bagdad
wohnt, denkt sich erlaubt, den grossen Künstler nach der
Gewohnheit des Chalifen bloss mit dessen Zunamen statt
mit dessen Vornamen und eigenen Namen anzureden. Diess
waren die Söhne Schemseddin's, des Wesirs, die NeflFen
seines Bruders Atamülk, des Verfassers der Welterobernden
Geschichte.
Abaka's Nachdem die Leser auf diese W^eise die Heerführer,
Familie. Statthalter und Wesire Abaka's kennen gelernt, müssen sie
sich auch mit seiner eigenen Familie näher bekannt machen.
Diese bestand, die kinderlosen Beischläferinnen ungerechnet,
aus der Mutter, eilf Frauen, drei Beischläferinnen Müttern,
sieben Töchtern und zwei Söhnen. Seine Mutter war die
Frau Jesundschin aus dem Stamme Suldus. Von seinen
Frauen nennen wir die beiden, nach des Vaters Tode aus
dessen Harem in das seine herübergenommenen zuerst, weil
sie durch Ansehen und Würde den übrigen vorgingen ; diese
waren : die Frau Oldschai Chatun, welche mit Tokus Chatun
den Vater Hulagu auf seinem Auszuge nach Persien be-
gleitet hatte, die treue Gefährtin desselben auf seinen drei-
zehnjährigen Feldzügen; dann Tokini Chatun, die Base der
grossen Frau Tokus, die Beischläferin Hulagu's, welcher
Abaka nach dem Tode ihrer Base das Lager derselben an-
eignete, ihr als Frau den Baghtak, d. i. den Frauenkopf-
schmuck, aufsetzte und au die Stelle Dur dschi Chatun' s als
'j Scherfijet auf der kais. Uufbibliothek.
Viertes Buch. 253
grosse Frau erklärte. Die vierte seiner Gemahlinnen war
die Tatarin Nukdan, die Mutter seines Sohnes Kendschatity
welche aber jung starb. Ihr folgte Iltürmisch Chatun , die
Tochter Timurgurgan's , die Schwester Turka Gurgan's, des
Konghuraten. Hierauf nahm er die Prinzessin Padischah
Chatun, die Tochter Sultan Kutbeddin Mohammed Chan's
von Kerman, die er an die Stelle seiner Mutter, Jesundschin,
setzte, so dass ihr die ersten Ehren des Frauengemachs
erwiesen wurden. Die siebente und achte Gemahlin waren
ebenfalls zwei Wittwen Hulagu's, die Konghuratinnen Frauen
Mertai und Kuti Chatun, Schwestern Musa Gurgan's, des
Sohnes der Tochter Tschengischan's, von denen die erste
unter der Regierung Arghun's gestorben. Die- neunte Ge-
mahlin, Tudai Chatun, die Konghuratin, und nach ihr
Bulghan Chatun , die Verwandte des Oberstrichters Nohai
[die Konghuratin '^ ] , welche er vor allen anderen liebte
und daher im Range sowohl der Mertai als der Despina,
d. i. der griechischen Prinzessin , vorsetzte. Die letzte war
Maria, die natürliche Tochter Michael's, des Paläologen»
aus einer Diplowatzerin. Michael, welcher gegen das Ende
der Regierung Hulagu's mit demselben Frieden und Freund-
schaft unterhandelt hatte , sandte ihm zum Unterpfande des-
selben die Tochter vom Archimandriten des Klosters des
Pantokrators von Ville Hardouin, dem Bruder des Fürsten
des Peloponnesos, mit reichen Geschenken begleitet; unter
diesen befand sich eine tragbare Kirche in Gestalt eines
Zeltes, dessen Wände und Dach dichte seidene StofPe, mit
goldenen Kreuzen und Heiligenbildern und den Opferge-
fässen^). Der Paläolog durfte sich schmeicheln, dass die-
selbe als Christin von ihrer Glaubeusgenossin, der Frau
Tohis, wohl empfangen, wie dieselbe die Freiheit öffent-
lichen Gottesdienstes im Lager mit Glocken geniessen würde.
In Cäsarea angelangt, erhielt sie die Nachricht vom Tode
•) Nicht zu verwechseln mit Bulghau Chatun , der Gemahlin
Ghasan's, welche ebenfalls eine Konghuratin; diese war die Tochter
Tesu's , jene die Tochter ütaman's. 0 Pachj-meres T. I. p. 273.
Stritter III. io44.
264 Viertes Buch.
Hulagu's; aber Michael, gleich folgerecht in seiner Politik,
welcher er die Tochter opferte , und in der mongolischen
Ansicht, nach welcher die Gemahlinnen und Bräute aus dem
Frauengemache der Väter in das der Söhne übergingen,
sandte den Befehl zur Fortsetzung der Reise an den Hof
Abaka's, in dessen Frauengemach sie doch der aus persön-
licher Neigung vorgezogenen Frau Bulghan weichen rausste.
Von seinen Beischläferinnen gebar ihm Kaitmisch Ikadschi
den Sohn Arghiin ; dann Keivkebi Ikadschi die Tochter
Toghandschuk, hierauf Biihidschin Ikadschi die beiden Töchter
Ilkotlogh und Oldschatai ; die vier anderen wurden ihm von
Gemaiilinnen geboren , nämlich Julkotlogh und Taghai aus
der Frau Tndai , dann Nttdschin aus der Frau Mertai und
endlich Melike aus der Frau. Bulghan. Diese sieben Töchter
waren keine an Prinzen vom Geblüte, sondern nur an Söhne
von Emiren oder grossen Beamten vermählt; so Julkotlogh
an den Ildschitai Kiischdschi von der Leibwache, Toghan-
dschuk an den Emir Newriis, den Sohn Arghunaga's, Melike
an Taghai Bvka , den Sohn des Oberrichters Nokai. In
dieser Gallerie von Frauen sind die merkwürdigsten die
griechische Prinzessin Maria, die karachitaische Prinzessin
Padischah Chaüm und vor allen Bulghan Chatun, eine gewiss
eben so an Schönheit als an Geist hochbegabte Frau, welche
ohne so ausgezeichnete Vorzüge nicht die grosse Rolle ge-
spielt haben könnte, in welcher sie, von einem Frauen-
gemache der Herrscher in's andere wandernd , dieselben
mehr oder minder beherrschte durch Schönheit und Geist,
hohen Mutli und Chaj-akter ein ganzes Menschenalier hin-
durch , dreissig Jahre lang.
Schlacht ^^^ erste WafFenthat der Regierung Abaka's hatte an der
mit Xukai. nördlichen Gränze statt, wo Nokai, um die unter Hulagu er-
3.Schewwalliitcne Schlappe zu rächen, aus Derbend auf das Heer des
" Prinzen Jaschmut ausgefallen , über den Kor gezogen war.
Die Schlacht begab sich an den Ufern des Flusses Akssu '),
> j Im Schedsehretol Etrak wird als das Datum der Schlacht der
20. Ssafer ()t)4 anj^egeben; die Namen sind, wie gewöhnlich, alle
verstümmelt, Berke in Boorkeh und Nokai in Booka.
Viertes B .u c li. 255
den die Mongolen Tschaghan Mnran nennen (^das eine und
andere heisst Weisstvasser^. Der Verlust war von beiden
Seiten gross. Nokai, von einem Pfeile in's Auge getroffen,
flüchtete nach Schirwan. Jaschmut ging über den Kor, aber
wieder zurück, als er vernahm, dass Berke mit einem Heere
von dreiraalhunderttausend Mann nahe; die Brücken waren
alle abgerissen worden, so dass Berke, nachdem er vierzehn
Tage lang vergebens am Ufer des Kor geweilet hatte, wieder
nach Tiflis zurückging, um dort leichter über den FIuss zu
setzen ; aber auf dem Wege erkrankte und starb er. Abaka
befahl, von Delai Nor bis an die Wüste der Kurden einen
Wall mit einem tiefen Graben längs des Kor zu ziehen, an
dem er Truppen zur Gränzhuth zurückliess, ohne dass dess-
halb der Handelsverkehr der beiden Länder mittels der
Kara>ya,"en unterbrochen ward. Nach Beendigung dieses
Werkes entliess er von dort den Prinzen Mengu Timur (den
eilften Sohn Hulagu's, Gemahl der Atabegin Abisch und der
Frau Oldschai} und brachte den W^inter in Masenderan und
Gurgan (^dem alten Hyrkanien) zu. Während dieses Winters ^^'^
erschien Mesvdbeg, der Sohn des berühmten Wesirs Mahmud
Jelwadsch, als Gesandter Kaidu's, des Herrschers des Uluses
Ogotai, im Lager Abaka's, um die noch ausständige Rech-
nung der Einkünfte seiner Krongüter zu. begehren. Abaka
empfing denseften sehr ehrenvoll, Hess ihm das Kleid
Tschengischan's anziehen und wies ihm seinen Sitz ober
allen Emiren an, ausgenommen Ilkai. Abaka trug* dem In-
haber des Diwans, dem Wesir Schemseddin, auf, die Rech-
nung auf's schnellste auszufertigen, und binnen einer Woche
kehrte der Gesandte, reich beschenkt, schnell zurück. Erst
einige Tage nach seiner Abreise, als die Nachricht eintraf,
dass sich am Ufer des Dschihun ein Heer sammle, sah
Abaka, dass dies Begehren der Rechnung nur ein Vorwan'd
gewesen und dass Mesud als Kundschafter Borrak's , des
Urenkels Dschaghatai's, gekommen, welcher dem Mubarek-
schah die Herrschaft des Uluses Dschagatal entrissen.
Abaka fertigte sogleich Gesandte ab, um den verkappten
Kundschafter Borrak's zurückzubringen; sie erreichten aber
l'idö
256 V i e r t.e s B u c h.
die Ufer tles Oxus in dem Augenbiitke , als Mesudbeg eben
über denselben gesetzt. Abaka ging nach Chorasan bis
Serchas und wandte sich dann in's Winterquartier nach
Masenderan. Zu Kebuddschame, d. i. Blaukleid , in der an
Korn, Wein und Seide fruchtbaren Stadt Taberistan's *},
gfng er dem Gepäcke Hulagu's entgegen, welches mit dessen
Wittwe Kuti Chatun und den Söhnen Hulagu's, Tekschi'n
und Tehider j und mit dem Enkel desselben, DschnsQhkab,
dem Sohne Dschumkur's, Badu , dem Sohne Tarakai's, und
Jesundschin Chatun, der Mutter Abaka's, welche zur Zeit
des Aufbruches Hulagu's nach Persien im Hoflager Mengku-
kaan's geblieben waren. Dschurakur, der Vater Dschuschkab's
und Kendschu's, war in dem Bürgerkriege zwischen Kubilai
und Arikbugha gezwungen gewesen, die Partei des letzten
zu ergreifen , was jetzt die Söhne entschuldigten ; er war
seitdem gestorben; die Frau Kuti hatte zu Bedachschan den
Tod Flulagu's vernommen und sich blind geweint ; er verlieh
ihr die Einkünfte von Diärbekr , Miafarakain und einigen
anderen Oertern als Nadelgeld, das bei den Mongolen
Tonlik , das Geld auf Unterhosen, heisst. Die Einkünfte
betrugen das Jahr über hunderttausend Goldstücke. Er
brachte den Winter zu Tschanganlu (\n der Gegend von
Meragha^ , den Sommer in den Weiden von Alatagh an Atw
Quellen des Euphrats und zu Siahhuh (Sdhwarzberg} zu,
und überwinterte dann in der Landschaft Arran.
Armenische Während dieser beiden Jahre, wo Abaka Nichts ge-
imd äfiyp- than , um die weiteren Fortschritte Sultan Beibars in Syrien
tische Ter- ^u hindern, hatte dieser den Kreuzfahrern die Städte Cäsarea,
Arssuf, Ssafed, Jafuj, Schakif, die Schlösser Haifa, Arla,
Kaliat, Meluhat, Dschebele entrissen ^^ und war in Cilicien
in die Staaten König Hethum's eingefallen , welcher erst
l/eira mongolischen Befehlshaber in Rum und dann bei Abaka
selbst vergeblich Hilfe gesucht. Indessen Leon, der Sohn
Hethum's, den Pass von /s^e^ir/e/•M7^ ( Älexandriette) besetzt
hiiltnisse.
') Nushet, nach demselben Dschiliannuina S. 341. ') Noweiri,
bei d'Olisson III. p. 4jl ; Dschebele heisst dort Djeliba.
Viertes D u c li. 25T
hielt, ward er von den Aegyptern umgangen und dann bei
Serwend geschlagen und gefangen; sein Bruder Toros und
einer seiner Oheime fielen in der Schlacht. Die Sieger
kamen am folgenden Tage nach Tel Hamdun , setzten über
den Dschihun und bemächtigten sich des den Templern
gehörigen, auf einem steilen Hügel gelegenen Schlosses
Amudin, das verbrannt ward. Gleiches Schicksal hatte Sir^
die Hauptstadt Kleinarmeniens. Der Herr von Hama , der
jetzt in den Reihen der Aegypter focht, lagerte an den
Ruinen dieser Stadt, während der ägyptische Feldherr Kila-
wun (^der nachmalige Sultan^ die Städte Ajas, 3Iassissa und
Adana verheerte. Das ägyptische Heer kehrte mit so reicher
Beute beladen, mit so vielen geraubten Heerden zurück,
dass der Ochs, im Lager um zwei Dirhem losgeschlagen,
keinen Käufer fand. Hethum , der vergebens bei Abaka
Hilfe gesucht, sah sich gezwungen, den Frieden mit Beibars
auf dessen Bedingungen abzuschliessen. Dieser begehrte die
Zurückstellung mehrerer von den Mongolen den Aegyptern
entrissener, dem Königreiche Armenien einverleibter Schlösser
und die Freigebung des ägyptischen Generals Schemseddin
Sonhar el-Aschkar, d. i. Sonne der Religion, Falke der
Falbe, seines alten Waffengefährten, welchen Hulagu zu
Haleb gefangen , nach Persien gesendet hatte. Der Friede ^uni iS(i7
wurde zu Antiochien unterschrieben; die festen Plätze Be-
hesna, Derbesek, Merseban '^ wurden zurückgestellt, der
Emir Sonkar gegen den bisher im Schlosse von Kairo in
Verhaft gehaltenen Prinzen Leon ausgewechselt^^. Bald
darauf verfügte sich König Hethum an den Hof Abaka's, der
sich damals zu Bagdad befand, um ihm für die Auslösung
seines Sohnes zu danken und um die Erlaubnis» zu bitten,
dem Sohne den Thron abtreten zu dürfen. Nachdem er i^6'P
dieselbe erhalten , rief er die Grossen seines Reichs zu
Tarsus zusammen , entsagte der Krone zu Gunsten Leon's
und zog sich nach fünf und vierzigjähriger Regierung unter
'3 Bei d'Ohsson nach Ranan er-Roub? und Sikhulhadid, d. i.
eiserner Bratspiess. ^3 Xoweiii, Bar Hebräus ,'•45. Haithon hist.
Orient, c. 33.
Hammer, Geschicüte der Ilchanc. I. 17
258 V i e r t e -s H u c h.
dem Namen Makarius in's Kloster von T/azargk zurück, wo
er einige Monate hierauf starb ' J. Im selben Jahre sandte
Abaka Gesandte an Beibars, welcher dieselben zu Damaskus
zugleich mit den Gesandten des griechiscfien Kaisers und
Mengku Tiraur's, des Nachfolgers Berke's auf dem Throne
von Kipdschak , empfing. Abaka warf in seinem Schreiben
dem Sultan Aegyptens den an seinem Herrn Kotes began-
genen Königsmord vor und fragte, wie er, der vormals zu
Siwas verkaufte Mamluke, es wagen könne, den Königen,
Söhnen der Könige, gebornen Weltbeherrschern, zu wider-
stehen. Er drohte, ihn anzugreifen und Alles dem Schwerte
zu opfern; er schrieb an Beibars selbst: „und wenn du in
die Wolken aufflögest, und wenn du unter die Erde hin-
nnterstiegest , du würdest mir nicht entfliehen". Beibars
antwortete: „Es ist wahr, dass ich den Kotos getödtet, aber
die Sultanschaft ist mir durch freie Wahl der Bege über-
tragen worden; wenn es dir Ernst, mich anzugreifen, so
komm', wir werden bereit sein, dich zu empfangen, um
die den Musulmanen entrissenen Länder denselben wieder
zurückzuerobern." Abaka war nicht im Stande, seinen Dro-
hungen Folge zu geben; daran hinderte ihn das von Osten
sein Reich bedrohende Ungewitter, indem Borrak , der
Herrscher des üluses Dschagatai , wider Chorasan herange-
zogen. Die feindliche Stellung Borrak's gegen Abaka würde
Tom Leser nicht gehörig beurtheilt werden können , wenn
derselbe nicht in Kenntniss der früheren Begebenheiten,
welche zwischen diesem und Kaidu, dem Herrscher des
Uluses Ogotai, vorgefallen und die wir nun nach Reschid-
eddin erzählen.
,, . . Kaidu's, des Sohnes Kaschim's, des fünften Sohnes
huidit's vvd
Jiorrak's Ogotai's, ist bereits Erwähnung geschehen, so auch Borrak's,
Vertrag, des Sohnes Jesentewa's , des zweiten Sohnes Muwatukjan's,
des zweiten Sohnes Dschagatai's^ ). Dieser, vom Kubilai
') Haithon bist, orient. c. 33. ^) Jesentewa., der Soliu Muwa-
tukjan^s, heisst im Scliedschretol Etrak durch die Verstüininelung
des Uebersetzers eioinal Sookur Kann, the soa of Knoikar, S. 250
und S. 251 Tokzur Sookur aud Abaka Abukni.
Viertes Buch. 259
zum Herrscher des üluses Dschagatai ernannt, hatte sitl»
nicht sobald in den Besitz des Uluses gesetzt, als er mit
dem Statthalter Turkistan's, Mogholtei^ Streit begann. Dieser •
sandte den Emir Tekmisch, jener den Emir Knwtndschi mit
einem Heere ; Tekmisch ward von Kuwindschi geschlagen,
aber dieser musste sich vor einem zweiten stärkeren Borrak'8
zurückziehen. Borrak verwüstete Choten und schlng auch
das Heer, welches Kaidu und Kipdschak, der Feldherr
Mengu Timur's, dem Herrscher von Kipdschak, wider ihn
geführt. Mengu Timur, hierüber ergrimmt, sandte seinen
Oheim Berekdschar mit fünfzigtausend Mann zu Hilfe Kaidu's.
Borrak, von demselben geschlagen, zog sich nach Samarkand
in der Absicht, das fruchtbare Land zu verheeren. Kaidu
und Kipdschak beriethen sich, wie das Unheil abzuwenden,
und Kipdschak, zwischen welchem und Borrak alte Freund-
schaftsbande bestanden, trug sich an , den Frieden zu unter-
handeln. In der Ebene von Soghd empfing Borrak den
Kipdschak auf dem Throne, setzte ihn neben sich, trank
mit ihm und bewirthete ihn mehrere Tage hindurch in der
Steppe von Katwan in der Nähe des Karawanserai '). Abu
Mohammed's Tonkünstler spielten in den in Kipdschak be-
liebtesten Tonarten , um dem Prinzen Kipdschakaghul zu
gefallen. Dieser war der Sohn Durdschi's, des Sohnes Ka-
dan's, des sechsten Sohnes Ogotai's und folglich ein Neffe
Kaidu's. Er kam mit Borrak überein, dass sich dieser und
Kaidu mit den Truppen, mit denen sie dermalen zu Samar-
kand und Bochara standen, begnügen, dieselben nicht ver-
mehren sollten und Borrak Bochara verschone. Kaidu und
Berekdschar gaben ihre Zustimmung, und die Prinzen ver-
sammelten sich im Frühjahre in der Ebene von Talas und
Kundschuk , wo nach achttägiger Gasterei Kurultai statt-
fand ^). Kaidu sprach von dem Vertrage Tschengischan's
und wie alle Zwietracht der Prinzen demselben zuwider;
dann nahm Borrak das Wort und sagte : da Kaidu an der
Spitze des Uluses Ogotai stehe, wie Mengu Timur an der
667
lä69
•) Robath; Wassaf. ^) Derselbe j Schedschretol Etrak p. 360.
17*
260 Viertes IJ u c li.
des TJhises Dschiidschi's in Kipdschak, wie Knbilai und Abak»
die Herrschaft des Uluses Tuii's im Osten und Westen
• tlieilten, so möge man auch ihn als Oberhaupt des Uluses
Dschagatai unangefochten lassen und sich friedlich mit ihm
verständigen. Die drei Prinzen der drei üiuse kamen dann
überein, das Land zwischen dem Dschihun und Sihun in
drei Theile zu theilen , wovon einer vonBorrak, die beiden
anderen von Truppen Kaidu's und Mengu Timur's besetzt
bleiben sollten; sie verbanden sich gegenseitig, mit ihren
Reitern nur in den Steppen herum zu ziehen, die Städte
nicht zu betreten, die Unterthanen zu schonen; im folgenden
Frühjahre aber sollte dem Borrak freistehen, gegen Cho-
rasan zu ziehen und sich auf Kosten Abaka's zu vergrössern:
„Sie besiegelten ihren Vertrag nach mongolischer Sitte mit
gewechselten Bechern und Kleidern, indem sie die Hefe
auf die Erde gössen" *). Eine Zeit lang genoss das Land
unter der gerechten Verwaltung Mesud's, der als weiser
Wesir in seines Vaters Jelwadsch Fussstapfen trat, des er-
wünschten Wohlstandes, bis bald darauf, als JVlengu Timur
und Kaidu sich veruneinigt hatten, das Heer des letzten
dem des ersten entgegenziehend Bochara verlassen, die
Besitzungen desselben berannte, das Land, trotz der Vor~
Stellungen seines Wesirs Mesudbeg, durch Erpressungen
verheerend. Borrak, im Besitze des Landes zwischen dem
Dschihun und Sihun, war nun auf den Feldziig gegen Abaka
bedacht, worüber ihm die Herrscher des Hauses Ogotai und
Dschudschi, als Feinde des Uluses Tuli , freie Hand ge-
lassen, sandte aber zuerst die schon oben erwähnte Ge-
sandtschaft an Abaka, um den Zustand desselben besser zu
erkunden.
') Wassaf; aber von dem, was bei d'Ohssou zweimal, Ilt. B.
S. 427 und 429, vorkommt: ils hurent ensemble, apres avoir cboque
leuis coupes, du sang oii il y avoit de l'or, ist keine Spur im
citirten Wassaf, wo bloss vom Blute der Rebe die Rede, Chuni-
reschardend , sie tranken das Blut der Rebe; es scheint, dass H.
v. O. Chuniser las, das heisseu würde: sie tranken das Blut des
Goldes.
Viertes U u c h.
2fil
Der öffentliche Auftrag dieser Botschaft lautete, wie üotschaß
schon oben gesagt worden, die ausständigen Rechnungen Borrak's
über die beiden Prinzen gemeinsamen Krongüter zu ver- „ "'
Rustunqen
langen; aber ein geheimer war, den Prinzen Nigudaraghul, desselben.
den ersten Sohn Dschudschi's, des erstgeborenen Dscha-
gatai's, welcher im Heere Abaka's diente, von demselben
abspenstig zu machen. Zu diesem Ende war der Gesandte
mit einem der geheimen Briefpfeile versehen , welche die
Mongolen Tughane nennen, in deren Schaft die geheime
Depesche verborgen '"). In dem Briefe gab Borrak dem
Prinzen Kunde, dass er im BegriflFe, wider Abaka in's Feld
zu ziehen; er möge, als ein Prinz des üluses Dschagatai,
sich hüten, dem Feinde ferner zu dienen. Die Aufforderung
fruchtete; Nigudar, zu einem Kriegsrathe berufen, ent-
schuldigte sich und bat nm Erlanbniss, in seinen Jurt nach
Georgien zurückkehren zu dürfen; er hoffte über Derbend,
im Norden des kaspischen Meeres, das Lager Borrak's zu
erreichen; aber Dschiramun Nujan , welchem die Huth der
nördlichen Gränze übertragen war, hinderte ihn an der
Ausführung dieses Planes, indem er ihn, sich nach Georgien
zu werfen, zwang, wo er durch die Hand der Tochter des
Königs David Bürgschaft seiner Sicherheit suchte, aber nicht
fand; denn die Gegner trachteten ihm nach dem Leben, so
dass er im folgenden Jahre mit Weib und Kind sich auf
Gnade und Ungnade in die Armen Abaka's warf. Abaka
liess sechs seiner Emire hinrichten, seine Truppen unter
die Tausender, Hunderter und Zehner vertheilen , setzte
ihm fünfzig Mongolen als Aufseher und ihn selbst zu Derjar
Kebudan in Verhaft, aus welchem er jedoch in der Folge,
nach der Niederlage Borrak's, entlassen ward 2). Der Bot-
schaft Borrak's ritt Schemseddin Dschnweini, der Wesir
Abaka's, bewillkommend entgegen, und trotz der hohen
Meinung, die er von sich selber hatte, stieg er, als er in
die Nähe Mesud's kam, doch vom Pferde und küsste dem
Mesudbeg ehrfurchtsvoll die Bügel. Dieser, minder be-
1270
0 Reschideddiu. ') Derselbe.
262 viertes H ij c I..
scheiden, als sein Vater, Jelwadsch, sagte, verächtlich auf
Schemseddin herabsehend: „Du bist der Inhaber desDiwan's!
Dein Neme ist besser, als dein Aussehen," Schemseddin's
Klugheit Terschraerzte den bitteren Gross für den Äugen-
blick mit Stillschweigen, rächte sich aber bald hernach
durch die Nachsendung der Boten, welche den Gesandten
als Kundschafter zurückbringen sollten , und als diese zu
spät kamen, durch die Entflammung des Krieges wider
Borrak, der seinen Bundesgenossen Kaidu um Hilfe ansprach.
Kaidu sandte Jerligh an die Prinzen Ahined Ben BurP^,
Bali'ghu'^ und Nihpei Aghul^)^ dass sie bei Tirwed über
den Oxus gehen sollen; Tschahad, der Sohn Huku's") , Mo-
barekschah^^ und Kipdschah, der Sohn Kaidu's®}, erhielten
den Befehl, mit Borrak zu Amu über den Dschihun zu
setzen; weiter hinauf sollten Kohadsclm''^ der grosse und
Banial bei Chiwa, Kokadschu der kleine aber bei Mingk-
kischlagh, welches der gewöhnliche Ueberfuhrsort von Chua-
resra, über den Fluss gehen und sich mit Borrak jenseits
desselben vereinen. Dieser rüstete den Krieg aus allen Kräften,
alle Pferde wurden zum Dienste des Heeres weggenommen
und des Tages mit sieben Menn Gerste und Korn gefüttert,
um sie fett, alle Hunde wurden getödtet, um aus ihren
Häuten Schilde zu machen; so entstand Theuerung und
Mangel. Um dem Heere Proviant zu verschaffen, befahl
Borrak, das Land bis Bochara und Samarkand zu verheeren.
Mesud machte ihm abermals Vorstellungen dagegen und auf
die Unklugheit aufmerksam , sich auf diese Weise selbst
sicheren Fückzug abzuschneiden. Borrak bestrafte diese frei-
müthige Vorstellung des weisen Wesirs mit sieben Prugel-
streichen, nahm aber den Befehl der Verheerung zurück.
') der Sohn Muwatukjan's , des zweiten Sohnes Dschagatai's,
*) der Sohn Kaidu's, des siebenten Sohnes Dschagatai's. ^) der
Sohn Serban's, des achten Sohnes Dschagatai's. ') der Sohn
Gujuk's, des zweiten Nachfolgers Tschengischan's. *) der Sohn
Kara Hulagu's, der Erstgeborene Muwatukjau's. *) der sechste
Sohn Ogotai's. ■*) Kuhdschu heisst auch der neunte Sohn Kubilai'si
4
Viertes Buch. 268
Ausser den oben genannten, von Kaidu zur Hilfe Borrak'g Borrakzieht
bestellten neun Prinzen des Uluses Ogotai und Dschaffatai "*^'* ^'"^
_ . , " OxHS und
stellten sich zu seinem Dienste noch vier des Uluses Dschu- ^^ird von
dschi, nämlich die beiden Jesawur [der grosse und kleine] *\ Kipdschak
Meraghul und Dschelertm'^^. Rlit diesem Heere eroberte ^^^^"**«^"-
Borrak Chorasan von den Gränzen Bedachschan's und Schi-
bnrghan's (bei Balch) bis nach Nischabur. Ehe er noch
über den Oxus gesetzt, sandte er Botschaft an Tekschin (den
vierten Sohn Hulagu's, den Bruder Abaka's), welchem vom
Vater die Herrschaft über das Gebiet von Badgki's, östlich
vonHerat, eingeräumt, vom Bruder bestätigt worden. Bodgkis,
was nur verderbte Aussprache von Badchis, d. i. Windauf-
stehend , weil dort immer die Winde rege, hiess vormals
Pasin und war die Hauptstadt der Hunnen Euthaliten; die
Wälder der Gegend sind meistens Pistazienwälder, von denen
Herat und andere Städte mit Pistazien versehen werden.
In diesem Bezirke liegt das unbezwingliche Schloss Nerfht^), •
das Pornos Chorasan's, auf einem tausend Ellen hohen P'elsen,
zu welchem eine halbe Stunde lang ein nnr für Einen Men-
schen gangbarer Pfad fuhrt, noch nie dnrch Gewalt der
Waffen bezwungen; die Geffend umher ist so kalt, das» die
Rosen hier erst im Juli bli'ihen; das Holz zn dem Baue der
Häuser von Herat kommt ans diesen Wäldern und ist so
trefflicher Eigenschaft, dass es weder austrocknet noch
fault, der Boden so fruchtbar, dass derselbe ohne Mühe
und Kultur hundertfach trägt *^. IVach der Fel«enbiirg
Nertku ist Kiasis ein geschichtlich merkwiirdifrer Ort des
Gebietes von Badchis, weil es die Grabstätte Mofram/aas.
des berühmten falschen Propheten, der allnächtlirh ans einem
Brunnen von Nackscheb einen Mond aufsteigen liess (ver-
*") der grosse Jesattmr, der Bruder Borrak's, he\\Vassaf Fesmar,
hei Reschideddin auch Jesfts ; der Meine war Jpsmrnr. der Sohn
Dschudschi's (der Bruder Kipdschak's") , des Sohne« Kaidu's, des
sechsten Sohnes Ogotai's. *) der Sohn Batu's, des Sohnes Hindu's,
des Sohnes Dschagatai's, des zehnten Sohnes Dsrhudschrs. ') In
den Jahrbüchern der Literatur VII. HOO. irrig Nertukc, weil das Ki
zum Namen gezogen worden, *) Nushct : üschiliauuuma S. 3)4.
2(54 A i c r t e s D ii c li.
muthlich von bengalischem Feuer}, der die Gegend weit
umher erlenchlete ' ). Borrak Hess den Prinzen Tekschin
wissen, das Land von Badgliis bis Ghasnin und dem ludus
geliöre zur Weide seiner Väter, und er möge daher das-
selbe räumen. Tekschin antwortete: er Jiätte es als väter-
liches Erbe von seinem Aka^ d. i. dem älteren Bruder und
Herrn Abaka, bei dem er sich erst anfragen müsse. Abaka
antwortete: dass das Land von Badghis zu den Krongütern
des Hauses Hulagu's g.ehöre und dass er dasselbe wider den
Angriff Borrak'8 zu vertheidigen wissen werde. Auf diese
Antwort hatte Borrak mit den Prinzen, die in seinem Ge-
leite, Kriegsrath geljalten und war über den Oxus gegangen,
nachdem er seinen Sohn Begtimur mit tausend Reitern zu
Kesch und Nachscheb zurückgelassen. Melik Schemseddin
Kert von Herat kam dem Prinzen huldigend entgegen, um
die Schonung seines Landes zu erhalten, welche auch zu-
gestanden, aber die Verheerung alles übrigen, dem Kubilai
oder seinem Neffen Abaka gehÖrigenLandes befohlen ward ^).
Von Seite Abaka's befehligte sein älterer Sohn Arghun,
welchem die Statthalterschaft von Chorasan verliehen ward,
das Heer; in demselben befand sich ein Emir der Tausender
Namens Sidsckektii , welcher ehemals ein Hausgenosse des
Prinzen Kipdschak; als er hörte, dass dieser sich im Heere
Borrak's befände, sandte er ihm ein Geschenk von Pferden,
das dieser mit gleichem entgegnete; diess war der Anlass
eines heftigen Streites zwischen Kipdschak und dem Feld-
herrn Dschelartai dem Dschelairen, welcher dem Kipdschak
in Borrak's Gegenwart vorwarf, die bessten Pferde für sich
behalten und nur die schlechteren dem Borrak gegeben zu
haben. Kipdschak rief aus: „Hat je ein Karadschu , d. i.
ein Unterthan, solche Worte gegen einen Abkömmling
Tschengischan's so gesprochen, dass sich solch ein Hund
solcher Worte erfrechen darf." — „Wenn ich ein Hund
bin", antwortete Dschelartai, „bin ich der Hund Borrak's
und nicht der deine." — „Ich werde dich entzwei hauen,"
*) Dschihauuuiua S. Mi). ') Reschideddin.
Viertes Buch. 266
rief Kiptlschak , „ohne dass mein Aka es mir verarge." —
„Und ich," entgegnete Dschelartai, die Hand auf den Dolch
legend, „wenn du nahest, dir den Bauch spalten." Da
Borrak durch sein Stillschweigen dem Dschelartai Recht gab,
verliess Kispdchak erzürnt die Versammlung und in der
IVacht mit zweitausend Reitern das Lager. Die Versuche
Borrak's, denselben durch die Sendung von drei Prinzen
zur Rückkehr zu bewegen, waren vergebens. Dschelartai
folgte mit dreitausend Mann, in der Hoffnung, ihn zu über-
rumpeln; aber da die Prinzen fürchteten, dass, wenn die
Truppen desselben in Sicht kämen, Kipdschak sie mit sich
führen würde, kehrten sie unverrichteter Dinge zurück.
Eaidu fühlte empfindlich diese, seinem Vetter zugefügte
Beleidigung; er machte gegen Abaka die Flucht Kipdschak's
aus dem Lager Borrak's als ein Verdienst geltend, und ver-
band sich, seinen alten Verbündeten Borrak verlassend, mit
Abaka in Freundschaft, so dass sie sich fortan Ortak, d. i.
Genossen, hiessen.
Abaka sandte den Prinzen Jaschmut mit einem Heere jj^id
zu Hilfe Tekscliin's, welcher dem Anfalle des Heeres Borrak's Meryhaul,
preisgegeben , während Schiramun im Norden sich mit Ni- VschebaVs
gudar, dem in Abaka's Lager flüchtigen dschagataischen
Prinzen, schlug. Mit fünfTomanen, d. i. mit fünfzigtausend
Mann, trat Borrak den Zug durch Chorasan an'); seine
beiden tapfersten Feldherren, Dschelartai der Dschelaire
und Merghaul, jener ein Bogenschütze, wie Aresch , der
berühmte Bogenschütze der altpersischen Geschichte; den
Bogen Dschelartai's vermochte kein Anderer zu spannen , als
er selbst. Merghaul war vorzüglich in der Kunde des Dschade,
d. i. des Wetter- und Hagelmachens mittels des Regensteines,
bewandert; er sagte von sich selbst: „Ich binde den Gaul
zu Konghus Alanik an und reite nicht faul den Falben ^^
'3 \Vassaf nennt die Prinzen: Jesdar , Kongurtai , Adschai,
Tikesdi?, Nigudar Hnladschu; die Emire : Arghesim, Masiik Aln/ied,
Kotschek . Timur, Olinak, Menkeser , Abdullah^ der Sohn Tulak
Bawerdschi's , und Aradschuk. *) Ala at.
266 Viertes Buch.
bis an die Alpen desselben*}, ohne dass, um auszuruhn,
ich den Zügel vom Kopf muss thun , und ohne dass die
Schweissdecke trocken werde." Purbaha D schämt , der
persische berühmte Dichter, welcher, ein Türke oder Mon-
gole von Geburt , zur Zeit Arghun's (des Sohnes Abaka's)
halb aus persischen, halb aus türkischen und mongolischen
Worten bestehende Mischlingsgedichte verfertigte, sagt in
seiner zum Lobe Schemseddin Dscfauweini's verfassten Kas-
sidet :
Die Trennung Merghaul verheert Geduld mit Schwert,
Wie jüngst Borrak mit seinem Heer das Land verheert').
Solchen Kräften und Helden vermochten die Prinzen Arghun,
Jaschmut und Tekschin Qener der Sohn , diese die Oheime
Abaka's} nicht zu widerstehen, und er zog also selbst an
der Spitze eines Heeres nach Herat. Indessen hatte Borrak
Gesandte an Kaidu geschickt, um sich über die Empörungen
der beiden Prinzen Kipdschak und Dschebaty welche er ihm
zu Hilfe gesandt und die ihn nun verlassen, zu beklagen.
Als Dschebat an die Gränze Bochara's gelangt, rastete er
einige Tage aus. Die Emire der Tadschiken (Perser) gaben
hiervon dem Begtimur Aghul, welchen der Vater, Borrak,
jenseits des Oxus zurückgelassen, Kunde: „Könntest du,"
fragte Begtimur den Tasikaka (den Emir der Tadschiken},
„mit fünfhundert Reitern denselben nicht abwehren?" —
Tasik antwortete : „Ich bin Karadschu, d. i. Untcrthan , und
Dschebat ist Urugh, d. i. vom Herrscherhause, wie kann
sich der Karadschu mit dem Urugh schlagen?" — Da sass
Begtimur selbst zur Verfolgung Dschebat's auf, der sich mit
genauer Mühe mit zehn Reitern rettete, nachdem er die
Brücke von Tschirameghan zerstört; dreissig Parasangen
weit verfolgte ihn die Truppe Borrak 's, ohne ihn erreichen
zu können. Borrak machte sich jedoch nicht viel aus der
Entweichung der beiden ogotaischen Prinzen, Kipdschak und
Dschebat, vertheilte ihre zurückgebliebenen Truppen unter
die seinen, und schwelgte, unbesorgt der Zukunft. Merghaul
') Alatayh. -) Wassaf.
viertes Buch. §07
wurde nach Nischabur gesandt, Borrak blieb zu Thalkan;6'. Rnmnsan
Nischabur wurde geplündert, und gleiches Loos hatte Borrak ^— -—
der Stadt Herat bestimmt. Da stellte ihm Kotlogh Timur \269
vor, dass, wenn er sich den Herrn von Herat, Melik Schems-
eddin Kert, zum Feinde mache, derselbe ganz Chorasan
empören würde. Borrak gab der Vorstellung Gehör und
sandte den Kotloghbeg mit fünfhundert Reitern, den Herrn
von Herat in's Lager zu laden. Im Schlosse Chatsar trafen
sie zusammen Melik Schemseddin, ein staatskluger Kopf,
folgte der Einladung; er ward von Borrak ehrenvoll em-
pfangen und mit Chorasan belehnt ; Mehreres noch versprach
ihm Borrak nach Persiens Eroberung; sie sprachen von
Nichts, als von der Verheerung Bagdads und der Stadt
Tebris, deren Schätze sie schon im Gedanken theilten , in-
dem der Herr von Herat sich dem Lieblingsplane Borrak's
hingab. Dieser begehrte von ihm eine Liste der reichsten
Einwohner Chorasan's. Schemseddin gab auch diese und
begehrte die Erlaubniss, nach Herat zurückzukehren, um
dort Waffen und Pferde aufzubringen. Die Einwohner Herat's
gingen ihm entgegen und vernahmen trostlos die mongolische
Forderung; da aber indessen die Nachricht vom Anzüge
des Heeres Abaka's verlautete , zog sich Melik Schemseddin
in das östlich von Herat gelegene Schloss Chatsar zurück;
hier erwartete er politisch den Ausgang des Kampfes zwi-
schen dem Uluse Dschagatai und Hulagu's, zwischen Abaka
und Borrak , den Untergang des letzten voraussehend *).
Fast zwei Tage früher , als Borrak Nischabur verheerte» Abaka's
brach Abaka, von allen seinen Brüdern, Jaschmut und Tek- Aufbruch;
schin ausgenommen, die schon in Chorasan, begleitet, dahin ,,.
^ ' » & ' Niederlage.
von der Gränze Aserbeidschan's auf. Als er nach dem . „
4. Ramasan
zwischen Sendschan und Ebher gelegenen Distrikt Schirgis"^^ 668
gekommen (^wo epäter die Stadt Sultanie erbaut ward^, ^S. April
welchen die Mongolen Kungurulang nennen , wartete ihm
der von Kubilai an ihn geschickte Gesandte Tehadschek auf,
welcher von Borrak aufgefangen und in Verhaft gehalten,
0 Reschideddin. *) d'Ohsson III. 505.
268 Viertes Buch.
demselben entflohen war. Auf «lie durch ihn erhaltene
Kundschaft von der Schwelgerei und der Sorglosigkeit Borrak's
beschleunigte Abaka seinen Marsch; jenseits Rei, zu Kumts,
kamen ihm sein Bruder Tekschin, der General Arghun und
sein Sohn Arghun und mit ihnen der Sultan Kerraan's be-
wiilkommend entgegen; auf der Ebene von Radegan wurden
Gold und Silber in Menge unter das Heer vertheilt und
demselben mit Drohungen und Verheissungen die Erfüllung
seiner Pflichten eingebunden. Von hier ging der Marsch
nach Bachers, dem zwischen Nischabur und Herat gelegenen
Distrikte, in der Literaturgeschichte durch Bachersi, den
Verfasser der berühmten Blüthenlese, für immer geadelt.
Gegen Ferjah , nicht zu verwechseln mit Farab, dem Ge-
burtsorte des grössten Philosophen und Gesetzgebers der
Tonkunst, Ferjabi, welchen die Araber den zweiten Lehrer,
wie Aristoteles den ersten, nennen, sandte er Streifparteien
aus und beschäftigte sich mit der Vertheilung des Heeres
in verschiedenen Richtungen. Dem Bruder Jaschmut über-
trug er den Befehl des rechten Flügels, den Obotai Nujan
behielt er bei sich im Mittelpunkte , den Bruder Tekschin
sandte er nach Beldschaghran, dem Jurte Merghaul's , wo
einige der Vorposten Merghaul's getödtet wurden ; dieser
eilte, dem Borrak die Kunde zu bringen, dass ein feind-
liches Heer zugegen. Borrak sagte: Wenn Tekschin und
Arghun wieder zurückgekommen , so wissen wir schon , was
von ihnen zu halten, da wir sie geschlagen; ein Anderes
wäre es mit Abaka; geh' und verrenne ihnen den Weg, bis
wir zur Schlacht gerüstet. Von Badghis aus sandte Abaka
einen fündigen Gesandten an Borrak mit Friedensanträgen:
er wolle ihm Ghasnin und Kerman und das Land bis an den
Indus überlassen, er möge freiwillig zurückkehren; wenn nicht,
zur Schlacht gerüstet sein. Prinz Jesawur rieth zum Frieden,
weil Kipdschak und Dschebat entflohen und die Pferde noch
schwach. Merghaul ereiferte sich dagegen und behauptete,
das anziehende Heer seien nur die Truppen Tekschin's und
Jaschmuts, indem das Abaka's in Syrien beschäftigt sei.
^ Dschelartai sprach im Sinne Merghauls: Wir sind zum Kriege
Viertes Buch. 269
ausgezogen; wenn du Frieden gewünscht, wärest du besser
jenseits des Oxus geblieben. Borrak fragte den Astrologen
Dschelal ; dieser riefh, einen Monat zu warten, indem die
Ansiciiten der Gestirne ungünstig. Merghaul und Dschelartai
sprachen erzürnt dagegen; die Schlacht ward beschlossen.
Abaka befahl dem Emire Toghus, das Terrain auszuwählen.
Er bestimmte am Fusse eines Berges eine grosse Ebene,
vom Flusse Karasii durchschnitten. Drei hier aufgegriffene
Kundschafter wurden durch eine Kriegslist Abaka's getäuscht,
indem in ihrer Gegenwart ein eingelernter Bote die falsche
Nachricht brachte, dass zu Hause ihr Jurt von den Feinden
im Norden überfallen, schleunigen Rückzug fordere. Dieser
wurde in der grössten Eile veranstaltet, das ganze Lager
im Stich gelassen; der Befehl zur Hinrichtung der Kund-
schafter ward öffentlich, heimlich der gegeben, dass man
einen derselben entwischen lasse. Borrak mit seinen beiden
schlachtlustigen Feldherren, Merghaul und Dschelartai, gingen
in die Falle ; das zurückgelassene Lager ward geplündert
und dann der flüchtige Feind verfolgt bis an den Ort, welchen
Abaka zum Schlachtfeld ausersehen; Borrak, betroffen, stellte
sich am Flusse in Schlachtordnung auf. Abaka gab den Be-
fehl des rechten Flügels dem Bruder Tekscliin und dem
Emir Semghur, den des linken dem Bruder Jaschmut, unter
welchem die Generale Suntai und Arghunaga; der letzte
befehligte die Hilfstruppen von Kerman und Fars, deren
Anführer Sultan Hidschadsch und der Atabeg Jusufschah;
Obotai befehligte das MitteltrefFen. Merghaul fiel gleich
Anfangs der Schlacht, Dschelartai schlug den linken Flügel
und «Irückte dejiselben bis Fuschendsch zurück; der rechte
Flügel und der Mittelpunkt hielten noch fest; als aber auch
die Truppen Abaka's zu wanken begannen, liess sich Suntai,
der neunzigjährige Feldherr desselben, auf einem Sessel
mitten im Schlachtfeld nieder und sagte zu den ihn um-
gebenden Offizieren: „Heut' ist der Tag, uns dankbar gegen
Abaka zu erweisen durch Sieg oder Tod." Nach dreimaligem
Angriffe wurde Borrak geschlagen ; sein ganzes Heer wäre
▼erloren gewesen ohne Dschelartai's Muth und Geistes-
270 Viertes B u o li.
gegenwart. Er sammelte die zerstreuten Flüchtlinge und
bewirkte ihren Rückzug über den Oxus.
^jj. Borrak, der auf der Flucht vom Pferde gefallen und
Borrak's. dazu vom Schlage berührt worden , kam gelähmt nach Bu-
chara , wo er sich zum Islam bekehrte und den Namen
Ghajaseddin annahm. Viele seiner Feldherren, seiner üblen
Laune ausgesetzt, verliessen denselben unter verschiedenen
Vorwänden. Der Prinz Ahmed Aghul, der Sohn Huris '7,
zog missvergnügt mit seinen Truppen nach Pischbaligh.
Tukai , die starkraüthige Gemahlin Borrak's, als sie dessen
Rückzug vernahm, bot sich ihrem kranken Gemahie au, auf-
zusitzen und ihm den Prinzen zurückzubringen. Der Emir
Mauidan erhielt den «Befehl zur Verfolgung , Borrak folgte
in einer Senfte; auf der zweiten Station traf die Nachricht
ein, dass Prinz Nikpei, der Sohn Serban's, sich nach
Chodschend entfernt. Borrak sandte ihm den Prinzen Ba-
lighu , den Sohn Kadaki's, des Sohnes Buri's, nach, und
erschöpfte sich in Klagen über die ünstätigkeit seiner Hilfs-
genossen und über die Unfälle der letzten Schlacht: „Als
ich," sagte er, „vom Pferde gefallen, als ich rief; Ich bin
euer Padischah , gebt mir ein Pferd! hörte mich keiner;
Alle stürmten vorbei auf der Flucht, his ein Kar mvine (ein
Naphtafeuerwerker^ , Namens Sali, vom Pferde stieg, mir
dasselbe gab und statt desselben einige Pfeile begehrte, die
ich ihm reichte." Er sandte den Bruder Jesar') an Kaidu,
um sich über den Abfall der Prinzen Kipdschak und Dschebat
zu beklagen. Kaidu brachte ihm die Treulosigkeit Borrak's
in Erinnerung, welcher, während die Prinzen, seine Brüder,
mit Kipdschak die Rückkehr unterhandelten, den Dschelartai
nachsandte, um ihn zu überfallen ; Jesar läugnete es. Kaidu
versammelte seine Emire zum Rath, stellte ihnen vor, wie
verächtlich bisher die Verbindung mit Borrak für das Haus
Ogotai's gewesen ; es ward beschlossen, den Jesar in Gewahr
zu halten und dass Kaidu selbst mit ein Paar Tomanen unter
*) Der Enkel Dschagatai's aus seinem zweiten Sohne Muwa-
tulijan. 2) Bei d'Ohsson Jesar, in Wassaf Basmar^ in der Hand-
schrift Reschideddin's der k. k. Hofbibliothek Parso.
Viertes Buch. 271
«lern Scheine, dem Borrak die begehrte Hilfe zu leisten,
aufsitze , weil , ehe sie ankämen , sein Loos entschieden sein
würde. Indessen hatte Nauldar den Prinzen Ahmed Biiri
und Balighu den Prinzen Nikpei verfolgend erreicht und in
dem ihnen gelieferten Treffen fielen Ahmed Buri und Nikpei.
Sodald Borrak hiervon Kunde erhalten hatte, sandte er an
Kaidu , dessen wahre Absicht er ahnte, Wort, um ihm für
seine Hilfe zu danken, die nun überflüssig geworden sei.
Kaidu setzte nichtsdestoweniger seinen Marsch fort; ehe er
noch das Lager Borrak's erreicht, war dieser plötzlich ge-
storben, vermuthlich durch neuen Schlaganfall getroffen.
Als Kaidu dem Lager nahte, hörte er die Todtenklage und
sah die Wachen mit fliegenden Haaren. Kaidu und alle
Prinzen beweinten den Tod Borrak's; sie zogen die Trauer
an und Borrak's Leichnam wurde auf einem hohen Berge
bestattet. Am folgenden Tage erschienen die Prinzen Mu-
bareksehah (der Enkel Muwatukjan's, aus dessen Sohn Kara
Hulagu und der Frau Hirghana^, Kajan und Dschobai, die
Enkel des vor Olmütz gefallenen Paidar [Peta] ' ) , und
Hessen sich vor ihm, als dem älteren Prinzen, auf die Kniee
nieder, sich seinen Befehlen fügend. Sie klagten über die
Behandlung, die sie von Borrak erlitten; Kaidu versprach
ihnen die Zurückstellung der ihnen weggenommenen Güter
und überliess ihnen den Schatz Borrak's zur Theilung. Mu-
barekschah nahm mit eigener Hand die Ohrgehänge der
Frau Tukai , der Gemahlin Borrak's, vom Ohre. Borrak
hatte vier Söhne hinterlassen : Peik Timur, Tewabtiri, Tehu
und Vladai ; mit ihnen vereinigten sich die Söhne Aighui's,
die beiden obgeiiannten, Dschobai und Kija?i; des dem Kaidu
gegebenen Wortes vergessend , verheerten sie das ganze
Land von Chodscheud bis Bochara und bis jenseits des Oxus.
Drei Jahre hernach kam auf Vortrag des Wesirs Scheras-
eddin, dass es die höchste Zeit, den Unordnungen im Lande
jenseits des Oxus ein Ende zu machen, ein Heer unter dem
') In der Handschrift der k. k. Hofbibliothek einmal DschaüU
und einmal Dschobai, in Wassaf Dschoban.
272 Viertes Buch.
Befehle Jusufs und Kuroghdai's , der Söhne Dschintiraur's,
des vormaligen Statthalters in Persien , nach Chuaresra: Gnr-
gendsch. Chiwa und Karakusch, wurden von Gütern geleert,
7. Redscheb mit Leichnamen gefüllt. \'or Böchara schlugen sie sich mit
— — - — — — - dem dschagataischen Heere; sieben Tage dauerte die Schlacht,
«O.Jan JiHt -i '^ c 1
zehntausend Todte deckten die Erde. Bochara ward toq
neuem mit Feuer und Schwert verwüstet, die Medrese und
die Bibliothek Mesudbegs gingen in Flammen auf. Dies
war eine strenge Antwort (bemerkt Wassafj auf das ver-
ächtliche Wort, welches Mesudbeg dem Grosswesir Scheras-
eddin zum Willkoramen gesagt. Fünfzigtausend Jünglinge
und .Mädchen wurden als Sklaven weggeschleppt; Dschobai
und Kijan nahmen ihnen jedoch die Hälfte wieder ab.
Dieser Raubzug war das Werk der Einstreuungen des Turk-
manen OkbaP ). Sieben Jahre lang blieb die Stadt verödet.
Zueite Nach der Niederlage Borrak's zog Abaka mit dem Heere
Thron- nach seinem Thronsitze in Aserbeidschan zurück; die Kriegs-
besteigung : zucht ward so strenge gehalten, dass, wie auf dem Hin-
Halswunde; j^arsche im Frühling, der Huf seiner Pferde kein Saatfeld
zertrat, jetzt auf dem Rückwege im Herbste vom Soldaten
keine Garbe geraubt, keine Traube abgerissen ward; eine
Kriegszucht, so löblicher, je ungezügelter die Raubsucht
i. Rehiul- mongolischer Heere im feindlichen Lande. Ära achtzehnten
ewuei 669 October, dem in der Geschichte durch vielfache Schlachten
Ib.Oct.UTO ^\^ Kriegsfest so berühmten Tage, stieg er zu Meragba ab
SO.Rebiul- und zwanzig Tage hernach hatte im Lager zu Dschaghantu
^""'"'^^ die zweite feierliche Thronbesteigung und Krönung statt,
em '^'' ifjtj^fjj (jjg Gesandtschaft des Kaan's mit der Bestätigung der
Herrschaft als Ilchan und Padhchah in Iran mit dem Herr-
scherdiplorae eingetroffen war. Der Grund , dass sich diese
Bestätigung volle sechs Jahre erwarten iiess, kann v*ohl blos
in dem Bürgerkriege Abaka's mit Nigudar und Borrak ge-
legen haben, weil, ehe das Loos der Waffen durch die
Niederlage von den beiden letzten die bleibende Herrschaft
des ersten entschieden , dieselbe feierlich zu bestätigen der
') ^^assaf.
V i c r t 0 a ß u c b. 27JJ
Kaan Anstand nahm. Zu gleicher Zeit mit den Gesandten
des Kaan's trafen auch die Mengutiraur's, des Herrschers
von Kipdschak , mit Geschenken ein, ura zur siegreichen
Beendigung des Feldzugs Glück zu wünschen. Sie wurden
ehrenvoll empfangen und reich beschenkt entlassen. Auf
einer der Stationen des Marsches, vor der Ankunft zn "Me- Zl^füllL^^
ragha, war Abaka auf der Jagd durch das Hern eines wilden '' ^^^"
Stieres am Halse rerwundet worden, so dass das Blut aus
der Wunde floss ; um dasselbe zu stillen, unterband einer
der Ai'dadschij d. i. der Küchenmeister, die Haut mit einer
Bogensehne, so dass es zu fiiessen aufhörte, und er dafür
von Abaka reichlich belohnt ward; aber es hatte sich ein
Senkel gebildet , welcher höchst beschwerlich fiel und auch
gefährlich schien. Keiner der Aerzte getraute sich den-
selben zn öffnen, nur der grosse Astronom iVassireddin,
welcher auch ein geschickter Arzt, verbürgte sich, die
Operation ohne Gefahr zu unternehmen; er schnitt den
Blutsack auf und reinigte die Wunde, die binnen einer
Woche geheilt war. Die allgemeine Freude hierüber ward s,. sUhidsche
durch den Tod der beiden Prinzen Jaschnut und Tehschin, ^
die Oheime und treuen Waff"engefährten Abakas in dem
Kriege wider Nigndar und Borrak, getrübt. Sechs Monate
früher war auch Jesundschin, die Mutter Abaka's, gestorben;
ihr Lager erhielt die Gemahlin Abaka s, die Prinzessin
Padischah Chatun, die Tochter Kutbeddin's, des Sultans
von Kerman. So hatte Abaka Chan nach dem Tode seiner
Stiefmutter, der grossen Frau Tokuschatun , ihr Lager ihrer
Nichte Tukini, der Beischläferin seines Vaters Hulagu, ver-
liehen, welche dreissig Jahre lang im Besitze desselben,
■worauf es Kukadschi Chatun, eine Verwandte der grossen
Frau Bulughan, der Gemahlin Ghasan's, und nach dereii
Tode die Frau Keramun, die Tochter eines Vetters der Frau
Bulughan, erhielt, nach dessen Tode dieselbe unter der
Regierung Oldschaitu Chodabende's (^des achten Ilchanen^
die Frau Kotloghschah, die Tochter Emir Irindschi's, eines
Neffen der grossen Tokus, verliehen ward'J, So erbte der
•) i. J. 703 a303), Reschideddia von den Frauen Hulagu*.
Uammerj Gcschichte der llchane. I. 18
214 Viertes Buch.
Besitz der Lager der Prinzessinnen zwar nicht regelmässig
fort, sondern ward theils mit Rücksicht auf die Erbfolge,
6". Itebitil- theits aus Gunst verliehen. In diesem Jahre der Rückkehr
aus Chorasan ergab sich endlich das Schloss der Assassinen
Girdkßih , welches seit der üebergabe von Alamut noch
vierzehn Jahre '3 ausgehalten, weil der letzte Fürst der Assas-
sinen demselben zwar den von Hulagu gestellten öffentlichen
Befehl, sich zu übergeben, aber heimlich sich zu halten,
Wort gesandt hatte. Girdkjuh , das letzte blutige Nest der
Assassinen, vielleicht das Gilgerd der Byzantiner, das Schloss
der Lethe , in welchem Staatsgefangene zur ewigen Ver-
gessenheit eingesperrt wurden ; sowohl der Name als die
Festigkeit desselben geben dieser Vermuthung Wahrschein-
lichkeit.
Herrscher Auf dem Rückmarsche von Chorasan nach Aserbeidschan
von Luri- war Abaka an der Gränze Gilan's von einer Schaar dilemi-
stan ; Oll gpjigji Gesindels aus einem Hinterhalte angefallen worden.
ÜVOSSCV
Männer Jusufschah, der Sohn Scbemseddin Alp Arghaun's, der Atabeg
von Gross - Lurisfan , welcher auf diesem Feldzuge den Chan
als Vasal begleitet hatte und sich eben in dessen Nähe be-
fand, sprang vom Pferde und wehrte durch seine Tapferkeit
die Gefahr vom Haupte Abaka's ab. Zur Belohnung dafür
verlieh ihm der Chan zu Gross -Luristan noch den Besitz
von Chusistan , das Gebirge Kibije und die beiden Städte
Firusan und Dscherbadukan ; die erste, im persischen Irak
in der Nähe von Firusan gelegen, ward von Firns, dem
Könige der altpersischen Dynastie der Beni Sasan, erbaut,
von welchem sie den Namen hat, in einer an Baumwolle,
Korn und Früchten aller Art gesegneten Gegend gelegen^).
Dscherbadakan, auch Derbajekan oder Güljadkjan genannt,
ist eine zwischen Kerdsch und Hamadan gelegene Stadt,
welche Humai, die Tochter Behmen's, des Kejanenen (^die
') Vom J. 654 (1256) bis 669 (1270) machen vierzehn Sonnen-
und fünfzehn Mondjahre, was die Hälfte der von Haithon als Be-
lagerungszeit des Schlosses Tigaddo angegebeneu dreissig Jahre.
^) Nushet und Dschihannuma S«. 292.
ViörtoM «uch. 275
Parigatis der Griechen}, baute und Samere nannte ' ). Jusuf-
schah begab sich nach dem Gebirge Kiiuje (j\\ Luristan}
und schlug die Schulen , den Sieg mit seines Bruders
Nedschmeddin Tod bezahlend^). In Chorasan schlugen sich
indessen die Feldherren Nihpei Behdi und der Turkraane
Akbeg wider die dschagataischen Prinzen Dschoba und
Kapan, den Sohn Alghui's, das Land verödend, wie bereits
oben gesagt worden. Akbeg hätte sich gerne mit seiner
Beute zu Kaidu geflüchtet, aber einer seiner Brüder kam
zum Dienste des Steigbügels des Prinzen Arghun und ent-
deckte demselben des Bruders Anschlag. Arghun berief den
Turkmanen ein, um ihn an den Hof Abaka's zu senden ; auf
dem Wege dahin wurde er zu Kökdsche denis, d. i. am
blauen Meere (j&xn Uralssee}, abgethan; so ward auch der
Intendent Melik Ssadreddin zu Rei hingerichtet. Der von
Hulagu und Abaka hochgeschätzte Sekretär Dschenglaun
Bachschi und der Feldherr Emir Arghun, der Sohn Dschur-
maghun's, starben natürlichen Todes. Zu Tebris stürzten
alle Thürme im Erdbeben ein. In diesem Jahre, wo zu „,
Tebris Melik Ssadreddin hingerichtet ward , starb zu Konia
in Rum, dessen Fürsten unter der eisernen Ruthe mongoli-
scher Vogtschaft standen , der grosse mystische Scheich
Ssadreddin von Konia ; im nächsten Jahre aber hatten
Astronomie und Philosophie, Mystik und Poesie noch weit
grösseren Verlust zu beklagen in dem Tode Nassireddin's
von Tus, des Werkzeugs des Sturzes der Assassinen und
des Chalifats , des Errichters der Sternwarte von Meragha,
des Verfassers der berühmten Metaphysik und Ethik, deren
schon oben Erwähnung geschehen, und des grössten mysti-
schen Dichters der Perser, Mewlana Dschelaleddins Rumi,
beigenannt der Molla Kjaiser, des Verfassers des Mesnewi,
des Stifters der Mewlewi. Nassireddin von Tus befand sich
am Hofe Abaka's im Mittelpunkte des Reichs als der Reprä-
sentant der Wissenschaft, während die Mystik und Poesie
in den äussersten Enden desselben, in Rum und in Fars,
id7S
') Nusliet und Dselühanuuiua S. 299. ^) Tariclü Güsicle.
18 *
276 Viertes Buch.
blühten, in Rum durch die obengenannten beiden grossen
Scheiche Dichter, in Fars noch durch Saadi , den wahren
König der persischen Dichter seiner Zeit, wiewohl He?nker
Farsi das Aiut des Dichterkönigs am Hofe der Atabegen zu
Schiras bekleidete; dass aber schon damals der Dichterkönig
von Aratswegen nicht unbedingt als der grösste Dichter er-
kannt ward, beweiset, was Dewletschah in seinen Lebens-
beschreibungen persischer Dichter bei der Imami's von Herat
erzählet. In einer Abendversaramlung stritten sich die vier
geistreichsten und gelehrtesten Staatsmänner Abaka's, nämlich
der Wesir Schemseddin Dschuweini, der Statthalter Rums
Moineddin Perwane, der Richter 3Iewlane Schemseddin und
der Intendent Melik Iftichareddin von Kerman , einen Abend
lang darüber, ob Saadi, ob Imami aus Herat oder Hemker
Farsi (der Dichterkönig) der grösste Dichter; sie kleideten
diese Frage in Versen ein') und sandten dieselben zur
Entscheidung an den Dichterkönig von Amtswegen; dieserv
antwortete bescheiden und wahr:
Obwohl ich bin ein Papagei durch süssen Sang,
Bin ich die Fliege nur von Saadi's Zuckermund;
Und soll i(% thun ein allgemeines Urtheil kund,
So läuft Imami mir und Saadi ab den Rang.
Wie tief persische poetische Bildung damals in Staatsge-
schäfte eingriff, wird sogleich aus dem Verhältnisse und
Briefwechsel des gelehrten Wesirs Schemseddin Dschuweini
mit Melik Schemseddin Kert, dem Herrn von Herat, erhellen.
Melik Schemseddin Kert, welchem schon Tschengischan
Schimseddin ' "
Kert. «'ie Herrschaft von Herat überlassen und welchen sein dritter
Nachfolger, Mengku, als Herrn von Hera^, Sebsewar^ Ghur
und Ghardschistati bestätiget hatte, war ein unternehmender,
fitaatskluger, hochgebildeter Fürst, dessen Arm nie seinem
Kopfe zuvoreilte und dieser nie hinter jenem zurückblieb.
„Er war," sagt Wassaf, „ein Mann von hohem Geist und
erhabenem Sinne, der sich der Humanitätswissenschaften
befleisst. Er vereinigte in sich die beiden Lehren von den
*) Geschichte der persischen Redekünste S. 20:^.
Viertes B u c li. 277
Fingern und von den Speeren, gleich geschickt zu tanzen
den Reigen der Worte und der Lanzen. Inhaber von Bü-
chern und von Heeresschaaren, ein Bereiter, kundig, die
Stufen und Grade zu bewahren , der auf Orion's Schultern
8888 und auf denselben, als seinem Reitpferde, die Himmel
durchmass.
Schüttelt die Hand er zum Wohlthuu, so ist sie eiu Meer,
Schüttelt die Hand er zum Kampfe, so ist sie eio Speer 5
Wann sich die Erde verfinstert, so ist er die Sonne,
Wann sie verdorret, erfrischt er als Guss sie mit Wonne."
Sein Vater, Kert, war zur Zeit der Sultane Ghurs einer ihrer
Emire und gehörte zu den nächsten Umgebungen Sultan
Schihabeddin's, des neunten Herrschers von Ghur, welcher
vor Sultan Mohammed Chuaresmschab sich nie gebeugt. Zu
Beginn der Regierung 3Iengkukaan's, als wider diesen Jesui
Menluk, der dritte Sohn Dschagatai'e, ein Heer gerüstet,
ward Schemseddin Kert geschlagen und flüchtete zu Bat»,
fand sich aber , sobald Mengku die Prinzen , seine Neben-
buhler um den Thron, aus dem Wege geräumt, am Hofe
desselben huldigend ein. Er trug vor, dass, weil er bei
der Annäherung des Heeres Tschengischan's demselben hul-
digend entgegengekommen, er von demselben mit dem Lande
Ghur '} mit dem tiefeingeschnittenen Schluchtlande des nord-
östlichen Sistan's ober Kabul und mit Ghardschistau , dem
nördlich von Ghur unter Balch gelegenen Gebirgslande be-
lehnt worden sey. Mengku bestätigte ihm nicht allein den
Besitz der beiden Gebirgslandschaften von Ghur und Ghar-
dschistan'^), deren Einwohner derselbe Schlag von Menschen,
durch Diplom und das Ehrenzeichen des Löwenkopfs, son-
dern schlug noch Herat und Nimrus, jenes östlich, dieses
südlich von Ghur (^das eigentliche Sistan), dazu. Schems-
eddin begab sich in den Dienst Arghun's, des Statthalters
inChorasan, und erhielt von demselben das ganze Land bis
an die Ufer des Oxus in Acht und Pacht. Auch Hulagu
') Von drei Selten von Chorasau umiicben. IlscIüIi. s. 254.
Hier sind die Schlösser Firtiskufi und Girdkjuh. -) Ghardschistun
Dschih. S. 238, 254, 324.
278
viertes Buch.
6'38
Brief-
wechsel
zwischen
den beiden
Schemseddin
(Kert und
Vschmreini)
hatte denselben mit Ehren und Geschenken ausgezeichnet,
aber schon Im Jahre nach der Eroberung Bagdads (bei
welcher er nicht im Heere Hulagu'g erschienen^ entbrannte
wider ihn der Zorn Huiagu's in so hohem Grade, dass er
dem wider ihn gesandten Heerführer Tegur den Auftrag
gab , ihm die Haut Schemseddin Kert's mit Stroh ausgestopft
zu schicken. Kert schlug nicht nur die Truppen Tegur's,
sondern auch ein zweites, wider ihn gesandtes ilchanisches
Heer zu Schelaun, an der Gränze Herats, sandte aber dann
Botschaft der Unterwürfigkeit und Geschenke an Hulagu
und erhielt dessen Verzeihung. Als er, am Hofe angelangt,
von Hulagu befragt ward, warum er ohne Befehl den Statt-
halter von Nimrus getödtet, antwortete er schlagfertig:
„damit der Padischali an ihn nicht dieselbe Frage stelle,
wie jetzt an mich." Dem Hulagu gefiel die Antwort, und
er nahm den Herrn von Herat und Ghur wieder zu Gnaden
auf; Schemseddin machte in Huiagu's Geleite den Feldzug
wider Berke mit und erwarb sich dessen Zufriedenheit durch
Tapferkeit und Ergebenheit ; aber in dem Feldzuge wider
Chorasan fiel er in die Ungnade Abaka's, weil er der Ein-
ladung des Prinzen Tebsin, in dessen Lager zu erscheinen,
nicht Folge geleistet , in seinem festen Schlosse von Chaisar
fest sass. Abaka sandte Truppen , um denselben durch Ge-
walt zu bezwingen. Schemseddin machte Vorstellungen wider
diese Massregel, wodurch Chorasan von neuem verheert
werden würde; er bat den Ilchan, die Schlichtung dieses
Geschäfts seinem Sohne Chodscha Behaeddin, dem Statthalter
von Issfahan, zu überlassen.
Schemseddin Kert, an hohem Muthe und Geist ein
würdiger Zeitgenosse und Nebenbuhler des Wesirs Schems-
eddin Mohammed Dschuweini, sandte an diesen, als er die
Annäherung der wider ihn gesandten Truppen vernahm , die
folgenden Verse:
Wer schickt nach Chata notschaft an »len Türkenchan?
Ist nicht Nimrus das Vaterland von Pttrdestan '^ ,
•j PurdestciHy der Sohn Destan's, ist Kusteni, der Herr von
Nimrus (Sistao) , der Inhaber der berühmten Stierkeule , welche
eine der iicrsischcu Heichsiusignien.
Viertes Buch, 2T9
Vou dessen Schwerte und vou dessen Stiereskeule
Das Haus Efrasiab's noch heute trä>it die Beule ?
Schemseddin Dschuweini, um als Dichter nicht zurückzu-
bleiben und um die Sache in Gutem beizulegen , sandte
Schemseddin Kert das folgende Schreiben, halb in Versen,
halb in Prose;
j^Reichsglanz , o König Schemseddin Mohammed Kert ,
In dem der König und der Engel *) sich bewährt.
Wie schwer dem Herzen deine Trennung fällt zur Last,
Wird nicht von Genien, ven Menschen nicht gefasst.
0 Du von hellem Sinn und von wahrhaftem Wesen ,
Es ziemt sich, dass, wenn du diess Schreiben hast gelesen.
Du, wie der Wind, entflammst der Wunscherreichung Gluth,
Und diesen Staub abwaschest mit der Vorsicht Fluth.
Da der Gebrauch des lieblosen Himmels und des trübseligen
Erdgetümmels droht, dass sie das Begehrte und Beliebte
hinter dem Schleier der Verwehrung verstecken und den
Zweck des Herzens und der Seele ferne stecken , so ge-
schieht es, dass alle Lüsten und Mühen, welche sich der
Menschenliebe geben, nur Beschwerden und Gefahren nach
sich ziehen, und dass sie allzumal in der Wahl der Sicher-
heit, wie sie dieselbe immer erfinden, nur Stoff der Ent-
äusserung und Täuschung finden.
Weltenbrauch ist's einmal nun ,
Stäts das Gegentheil zu thHU ;
Hätten wir die Eintracht nicht begehrt.
Hätte Welt dieselbe uns gewährt.
O wenn Genuss zu uns doch heute wiederkehrte ,
Ich würde sagen ihm , wie Trennung uns beschwerte.
Der Sinn des Gesagten ist: Seit Jahren ist das Ohr der
Seele und die Seele des Ohrs mit dem Schalle der Gross-
muth des Königs des Islams, des Herrschers von Iran, des
Chosrews der Erde, die Sonne der Wahrheit und der Re-
ligion (die Welt sei seinen Geboten und Verboten unter-
thänig und der Himmel seinem Vorhaben günstig!) als mit
einem Ohrgehänge geschmücket und entzücket worden, und
') Worlspiel awischen Melik , König, and Melek^ Engel.
280 Viertes R u c li.
dieser eleudc Sklave 31ohamined Ben Mohammed El-Dschu-
weiui hat gewünsclit, das» er von Angesicht zu Angesicht
denselben schaue; als es nahe daran war, dass dieser Wunsch
erfüllet worden ganz und gar, brach von dem Loos eine
geheime Absicht der Verzögerung los (^sie möge nur Gutes
bewirken!); das erstaunte Herz blieb ohne Kopf und die
Seele blieb nur das Ergebniss des Spruchs: Der Gierige
bleibt beraubt zurück:
Ein Eu^el s\i/X an des lazurnen Daches Hand,
Der für die Licbeuden dort bildet Scheidewand.
Seit einigen Tagen sind Boten des Prinzen Mohammed von
jener Seite gekommen und haben erfreuliche Nachrichten
von beglückter höchstdero Seite gebracht. Diese Kunden
hatten des Messias Eigenschaft, dessen Wunderkraft Todte
in's Leben rafft; der Kiel des Schreibers der Kunden hatte
über die Nothwendigkeit, sich vor Seiner Majestät dem llchan
zu hüten, sich herausgelassen; hier erkühnt man sich aber,
zu schreiben , dass der Weg unnöthiger Behutsamkeit des
leeren Verdachts möge verschlossen bleiben , indem der
Vorsatz jener Majestät (des Ilchan's^ nach Westen und nicht
nach Osten steht."
Hierauf antwortete Schemseddin Kert, wie folgt:
„Da die Tage und Nächte, die nacheinander ziehen,
sich dahin bemühen, dass kein Geschöpf den Wunsch des
Herzens erreiche, und dass jeder Gedanke, auf welchen
man das Herz setzt '^, verändert sich nimmer gleiche, so
nützen Nichts Fleiss und Streben, und Mühen und Be-
schwerden können keinen Gewinn geben. Jahre sind es,
dass ich mit Gebet und Fasten und Bitten ohne Rasten ge-
wünscht das verehrte Antlitz des grossen Inhabers (^des
Diwans), des gerechtesten und geehrtesten Wesirs, dessen
Rath und That gesiegt, der die Sonne des Reichs und der
Religion (seine Würde werde vermehrt!), zu sehen und
demselben alten und neuen Gram zu gestehen, aber
») dil ber an nihadin , ßauz und gar dasselbe mit dem Eng-
lischen : sct his heart upon sume thiug.
Viertes Buch. 281
f Da mit den Feiuden viel der Freuüd ist umgegangen,
Geziemt sich nicht, von diesem Freunde zu verlangen :
Hut" vor dem Honig dich, dem Gift ist beigemischt,
Und vor der Fliege, die gesessen ist bei Schlangen.
Durch die Frische der Rosenzeit und durch die Bewässerung
der Jahre wurden die Banden der Eintracht und Freund-
schaft und die Formen der Liebe zwischen beiden Seiten
befestigt und das Gebäude der Einigkeit stark und hart vor
den Giftwunden alles Fremdartigen bewahrt, die Kibla der
Wahrheit zugewendet, und es wurden alle Tage Briefe ge-
sendet, einzuladen Tataren und lasterhafte Barbaren. (He-
mistich^ «
Was dir gefällt, gefällt mir nicht.
Diess liegt aber ausser der gesunden Vernunft Pfaden, und
es ist zuwider dem reinen prophetischen Gesetze und den
üeberlieferungen Mustafa's, des Freunds der Gnaden.
Besser ist's, dass Weiser einsam streife,
Dass nach Winkeln er als Festen greife,
Dass er trinke, küsse und ausschweife.
Bis dass Welt Beständigkeit ergreife.
In diesen Tagen wird an den Sohn 3Iohammed kommen,
was soll frommen, so Gott will, der Allgeehrte."
Die Verse, welche Schemseddin Kert mit Schemseddiu schemsed-
Mohammed gewechselt, sind nicht die einzigen, welche die din's Verse:
Geschichte von diesen beiden Sonnen der Relision aufbe- **"* '""
halten; vom zweiten wird noch in dieser und in der loi-
genden Regierung die Rede seyn; vom ersten sprechen wir
hier zum letztenmale und erwähnen daher noch zwei anderer
Früchte seines Dichtertalentes, wovon das eine nur von ge-
ringem poetischem Werthe, weil das grösste Verdienst des-
selben im Wortspiel, das andere aber so merkwürdiger, als
es in Europa neuer Beitrag nicht zur ethnographischen,
wohl aber zur ethographischen Farbentheorie der Morgen-
länder. Das erste , eine Antwort an Siadeddin , das ist
Glanz der Religion , den König von Kabul , mit welchem
Schemseddin in grosser Zerwürfniss und Bewilderung. Jener
schrieb ihm :
V
282 Vierte.« Buch.
Aus Groll gen Kabul wollte gliurscher Juage
Nicht löseu zum Gespräch uiit mir die Zunge :
Du bist die Sonn', ich Glanz; ein Jeder weiss,
Die Sonne macht durch Glauz nur hell uud heiss.
Schemseddin Kert entgegnete hierauf:
Du, deiner nicht bewusst, nimm dich in Acht!
Warum hast Feindschaft du mit mir gemacht ?
Ich bin die Sonne und du bist der Glanz ,
Der von der Sonne kommt; was will der Glan-/. ?
Die zweiten Verse sind zum Lobe des Grünen im Gegen-
satze mit dem Rotken, worunter aber keineswegs das Grün
der Erde, des Meers oder Smaragds, oder das Roth des
Morgens oder der Blumen oder des Rubins, sondern ganz
ein anderes Grün und Roth verstanden wird. Ohne nähere
Beiehrung hierüber würde das folgende Lob des Grünen
und Rothen einem Abendländer eben so unverständlich sein,
als einem Morgenländer die grüne und blmie Partei des
Rennplatzes gleich Eingangs der Commentare Mark Aurel's.
Die Farben des Lebens und Todes des Morgenländers sind,
wie bei den Abendländern, das Weiss der Tage und das
Schwarz der Nächte, jenes Glück, dieses Unglück vorbe-
deutend, worin er mit dem Abendländer übereinstimmt;
aber schon bei dem Unterschiede der Menschenrassen setzt
jener den Schwarzen nicht die Weissen, sondern nur die
Rothen entgegen ; so ist Mohammed der an die Rothen und
Schwarzen, d. i. an alle Rassen der Menschen, gesandte
Prophet; die Rothen sind jenen die blutigen Säbel und
der gewaltsame Tod, die Schwarzen die giftgeschwollenen
Schlangen und der Tod durch die Pest; dem Schwarzen
steht das Grün entgegen; dem schwarzen Korn, die Begier,
das jedem Menschensohn in die Brust gepflanzt ist, und das
nur dem Propheten durch Gabriel der gespaltenen Brust
entnommen ward , ist entgegengesetzt das grüne Korn der
Mystiker, welches, durch Beschauung gross gezogen, in der
Brust des Menschen zum Baume des Lebens und der Er-
kenntniss aufwächst. Das grüne Korn in rein sinnlicher
Bedeutung ist aber das des Bilsenkrauts und des daraus
Viertes Buch.
bereiteten Opiats als Berauschungsmittel , im Gegensatze des
Rothen, d. 1. des Weins. Schemseddin, dem Genüsse des
ersten ergeben , sang zum Lobe desselben die folgenden
Verse ;
Der Reiche, welcher trinket Wein, wird warm,
Die Welt füllt sich für ihn mit Lust statt Harin.
Ich giess^ Smaragd in den Rubin gelinde'),
Damit das Aug' der Gfamesschlang' erblinde').
Wenn Staub des grünen Korns versüsst das Maul,
Besteige ich des Himmels grünen Gaul 5
Mit Grünen ess' ich Grünes in dem Grün,
Bis dass mein Staub wird einst als Pflanze grün.
Wassaf entgegnet hierauf zum Lobe des Rotken:
Rothe Rose, rother Wein und rothe Wangen;
Trink', so laug noch frisch und roth ist das Verlangen;
Gilb' nicht dein Gesicht mit Gram, denn blau ist Himmel,
Wenn auch schwarz und weiss des Tags , der Nacht Gewimmel.
Behaeddin, der Sohn Schemseddin Dschuweini's, beredete
,zwar den Herrn Herats, sich an den Hof Abaka's zu be-
geben, aber dieser liess ihn im Schlosse von Tebris ein-
sperren, wo er bald hierauf starb, wie es heisst, durch
Gift, das er im Ringe trug und selbst in die Speise ge-
mischt haben soll. Die Meinung von seiner Listigkeit war*
so gross, dass der zur Begräbniss bestellte Emir, fürchtend,
er möge sich nur todt stellen, um dann zu entwischen, ihn
in zwei ineinander geschachtelte Särge legen und beide in
seiner Gegenwart fest vernageln liess'). Das auf seinen
Tod verfasste Distichon finde hier Raum, weil dasselbe, wie
die obigen Verse, sich auf eine dem Morgenländer eigene
Sitte, nämlich auf die der Orakelverse aus dem Aufgesto-
chenen des Korans beziehen. Dieses Aufstechen heisst Fal,
was vielleicht dasselbe mit dem deutschen und englischen
Fall •).
') Chamrol adschem ., der Wein der Perser, das grüne Opiat;
insgemein Esrar genannt. ^) Die Schlangen sollen blind werden,
wenn sie Smaragd anschauen. ») Reschideddin. *) wirklich schreiben
es die englischen Reisebeschreiber uicht anders als Fall.
•*!
284 Viertes Buch.
Schewwal In» «"«ihr sechshundert sechs und siebzig im Schewwal,
^^^ . Da schlug in dem Korau das Schicksal auf als Fal
März 1278 Dem Leu'n des Islams, der genanut Mohammed Kert,
Deu Vers : Verfinstert ward die Sonne allzumal.
DieNiyude- Das Todesjahr Schemseddin Kert's, dasselbe, in welchem
rischen Bau- in Europa Rudolph von Habsborg die Macht seines Hauses
den in Fars ; nach dem Siege über Ottokar befestigte , war für Persien
' ein unheilbringendes durch die Vergiessung seines Herz-
dem Munde ^^"tes in Fars durch den Einfall und die Verheerung der
Wassafs. Niguderischen Banden ') , d.i. die Truppen des dschagatai-
schen Prinzen Niguder, welcher, wie oben erzählt worden,
auf Borrak's Schreiben aus dem Lager Abaka's entwichen,
im Norden eine Zeit lang den Krieg fortführte, welchen
nach seinem Tode seine Heere durch Raub und Verheerung
fortsetzten , wie ehemals nach dem Sturze Ghuaresmschah s
die chuaresmischen Banden in Syrien. Die niguderischen
Banden bestanden aus Raubgesindel aller Nationen, aus
Scholen, Mongolen, Turkmanen und Kurden. Sie fielen in
Fars im Distrikte Korhal ein und schlugen das persische
Heer zu Teng Schikem, wo die Emire desselben die Brücke
so abgebrochen hatten, dass nur für Einen Mann Raum zum
Uebergang. Zwei Vogte Abaka^s ertranken im Flusse, nur
Bulghtuwan hieb sich mit dreihundert Reitern durch den
±7.Ramasan rechten Flügel der Feinde und rannte , indem er die Brücke
677
— — hinter sich verbrannte, fliehend bis Issfahan: der Rest des
l.Febr.l278 ^^ '
Heeres wurde zerstreut oder ertrank. Korbal wurde ge-
plündert, dreitausend verschnittene Pferde wurden sammt
ßso einer Horde von Mädchen und Knaben weggeschleppt. Drei
tSSl Jahre später überschwemmten die mongolischen Banden
abermal Germsir, d. i. die südlichste Landschaft von Fars,
und wandten sich dann gegen Sistan; jeden Winter fürchtete
man zu Schiras ihre Rückkehr und war mit Ausbesserung
der Mauern beschäftigt, denn auf die verweichlichten Truppen
von Fars war kein Vertrauen zu setzen. Wassaf setzt der
•) d'Ohsson vermengt sie HI. 516, mit den Karawinen ; ces
juerriers designes sous le uom de JSigoudariens ou Caraviniens.
J
Viertes Buch. 285
Schilderung der Weichlichkeit von jenen die der Tapferkeit
der Mongolen mit folgenden Worten entgegen :
„Wenn die Braven der alten Zeit, denen noch nach
Jahrtausenden die Erzählungen der Kunden in Vers und
Prose geweiht, und deren Mannhaftigkeit und Tapferkeit
die Gemälde der Bücher und Blätter weit und breit, wieder
zur Welt zurückkämen, so könnten sie auf der Rennbahn
ritterlicher WafFenthat in den Sitten und Gebräuchen der
Schlacht von jedem einzelnen Mongolen Lection nehmen
und Nichts Besseres thun, als im Dienste ihres Steigbügels
die Satteldecke auf die Schutter zu nehmen. Wenn die be-
rühmtesten Bogenschützen vergangener Völker, von den
Arabern die Stämme Siran und Kara und von den vier per-
sischen Dynastien die berühmtesten vier Schützen , nämlich:
Aresch Schefattr^^j Isfendt'ar Rujinten'^^ , Koresch Jlsch-
ghan^) und Behramgur*^ , deren Bogenkunde das Buch
von den Graden der Reiter so umständlich ausführt und
commentirt; wenn diese den Flug der Geschosse der Mon-
golen, die Stärke ihres Arms, die Spannung ihrer Bogen,
die Wirkung ihrer Pfeile erführen , so würden sie sich nur
als Verwundete des Pfeiles der Eifersucht getroflFen vor
dem Geschosse der Schmach und den Pfeilen des Schmerzes
prostituiren. Ueber die Heftigkeit und Hartherzigkeit, die
Gewaltsamkeit und den Grimm der Mongolen , über ihr
Talent, Schwierigkeiten zu besiegen, und die zu erniedrigen,
die ihnen unterliegen, über ihre Kunst, zu kriegen und
Helfer anzufesseln ihren Siegen, ist es überflüssig, Etwas
zu wiederholen: Was thut Saturnus Noth, wenn du die
Sonne schaust! Sie gewähren der Gelegenheit die Macht,
mit kühnem Herzen einzig in der Kraft durch Geduld Alles
zu verschmerzen, listiger als der Fuchs, wenn sie Etwas
verfolgen; am Tage der Schlacht spalten sie die Herzen
der Löwen mit Macht und brechen den Damm der Zufälle,
•) Aresch, Aqriq- ^) Isfendiar mit dem eherneu Leib gilt ins-
gemein für Xerxes. ^) Cyrus , der Aschghiane. "*) Der ritterlichste
Fürst der Beni Sasan.
286 Viertes Buch.
fio dass es kracht. Die Ueberlieferung von Nassir Ben Sejar,
einem der Rechtsgelehrten Turkistans , bestätigt diese Worte
and steht hier an ihrem Orte. Man sagt, dass der Kämpe
* • der vollkommene zehn Eigenschaften der Thiere besitzen
müsse: die Tapferkeit des Hahns, die Milde des Huhns,
das Herz des Löwen, den Anfall des Schweins, die Geduld
des Hundes in Ertragung von Wunden, die Behutsamkeit
des Kranichs, die List des Fuchses, die Vorsicht der Rahen,
die Raubsucht des Wolfs und die Ruhe der Katze. Diese
Lehre schärfen sie bei jeder Gelegenheit ein. Mit Billigkeit
muss man gestehen und zugeben, dass das Werk der Welt-
eroberung und Reichszertrümmerung für dieses Volk >vard
gegeben ; ihre Folgsamkeit für die Befehle ihrer Befehls-
haber, ihre Sorgfalt, sich von aller Empörung zu enthalten,
ihre Hut von Haus und Gut ist von allen Vernünftigen ge-
schätzt und ausser Zweifel gesetzt."
Auf die kriegerischen Eigenschaften der Mongolen und
Verhaltmsse .|jj.g Feindschaft gegen die Mamluken hatten die Kreuzfahrer
mit Aegyp- . -,
ten • natiir- ^" Syrien ihre Hoffnungen gebaut, und eine Gesandtschaft
liehe Politik, derselben flehte Abaka um thätige Hilfe an. Auf seinen
Befehl fiel ein von Semashar, dem Befehlshaber der mon-
670 r,
-j^tT gotischen Streitkräfte in Kleinasien , und von Perwane, dem
mongolischen Vogte Kleinasiens, befehligtes Heer in Syrien
ein. Der Vortrab von tausend fünfhundert Mann hieb einen
zwischen Harun und Antiochien gelagerten turkmanischen
Stamm zusammen und verheerte das Gebiet von Harun und
^ „ . Murudsch. Auf die erste Kunde hatte Bondokdar, der sich
IS. Rebittl-
ewwel zu Damaskus befand, einen Eilboten nach Kairo mit dem
^^.Oct.i^ri Befehle, dass der General Beiseri mit dreitausend Mann
12. Nov. aufbreche, gesandt. Bondokdar verliess mit demselben Haleb,
aber die Mongolen hatten sich schon aus Syrien zurück-
gezogen. Sultan Beibars sandte eine Truppenabtheilung
nach Meraasch , dem alten Germanicia, der Hauptstadt der
noch heute darnach genannten osmanischen Statthalterschaft,
die anderen nach Harran (dem alten Carra zur Römerzeit),
durch den Tod des Caligula, durch die Niederlage des
Cassius, in älterer Zeit durch den Tempel der Sabäer,
Viertes Buch. 287
namentlich durch den der Luna, und als der Wohnsitz
Abraham's im Lande Vr geschichtlich geadelt. Die Ein-
wohner Harran's Öffneten die Thore und zerstreuten eich
in die Städte Syriens ; aber im nächsten Jahre kam eine
mongolische Truppe und schleifte die Mauern der Stadt.
Zu Damaskus erschienen vor Bondokdar Gesandte Semaghar's
und Perwane's, welche im Namen Abaka's Friedensunter-
händler begehrten; der Sultan sandte zwei seiner Officiere
mit ihnen , welche den Feldherrn Semaghar zu Siwas fanden
und ihm statt der gewöhnlichen neunmal neun Geschenke
nur neun Bogen und neun Pfeile darbrachten, den Abgang
der andern neunmal sieben durch die Eilfertigkeit ihres Ritts
entschuldigend. Perwane begleitete die Gesandten des Sul-
tans an den Hof Abaka's, dem sie zum Geschenke einen
Helm von Igelstacheln, einen Säbel und neun Pferde dar-
brachten und ihm den von Mengu Timur, dem Herrn von
Kipdschak , gemachten Vorschlag eines gemeinschaftlichen
Angriffs auf die Länder Abaka's im Norden und Süden ralt-
theilten. Die Stammeifersucht zwischen dem Feldherrn des
(Jluses Hulagu's und Dschudschi's, welche unter Hulagu und
Berke in offenen Krieg ausgebrochen, unter Abaka's Re-
gierung nur durch Waffenruhe, nicht durch Frieden be-
sänftiget war , machte die Herrscher Kipdschaks zum natür-
lichen Verbündeten der Sultane von Aegypten, so wie ge-
meinsames Interesse wider die letzten die Kreuzfahrer wider
die Mongolen verband, während die Schaukelpolitik der
byzantinischen Kaiser sowohl an den Herrscher des Uluses
Dschudschi's als an den des Uluses Hulagu's die Sendung
von Gesandtschaften und Prinzessinnen vervielfältigte, um
ihre, den Rest des byzantinischen Reichs in der Hauptstadt
bedrohende, von allen Seiten hervorbrechende Macht so
lange als möglich ferne zu halten. Dieses sogenannte natür-
liche Interesse, wodurch die nächsten Nachbarn geborne
Feinde eines Staats, sowie die unmittelbaren Gränznachbarn
der Feinde geborene Verbündete, ist eine Parallele barba-
rischer Politik zu der nicht minder barbarischen türkischen
Ansicht der Familienverhältnisse, vermöge welcher die Söhne
288 Viertes Buch.
die natürlichen Feinde der Väter , sowie ihre natürlichen
Freunde die Enkel, weil diese als Feinde ihrer Väter ge-
boren. Hier wie dort misst der niedrigste Eigennutz der
Habsucht die Grade der Freundschaft und Feindschaft im
umgekehrten Verhältnisse der Entfernungen der Länder und
des Bluts, und diese bisher sogenannte natürliche Schaukel-
politik, welche vielmehr mit dem Namen der unnatürlichen
gebrandmarkt sein sollte, muss in dem Masse verschwinden,
als sich die Völker durch gegenseitigen Austausch der Ideen
verbinden und die Bildung der Humanität fortschreitet ; sie
wird sich (^sowie die Familienansicht der Feindschaft der
Söhne und Freundschaft der Enkel schon heute keine christ-
liche und europäische mehr} zuletzt nur bei den Barbaren
finden, so lange es deren noch auf Erden geben wird; dass
diese Politik aber im Mittelalter und besonders im byzan-
tinischen und mongolischen Reiche, bei den Mamluken und
Kreuzfahrern culminirte , darf bei der allen gemeinsamen,
vorherrschenden Barbarei jener Zeit nicht Wunder nehmen.
Ssafer 671 Im folgenden Jahre sandte Abaka eine zweite Botschaft
Aug. 1272 g^ Beibars, um zu begehren, dass der Sultan selbst oder
reij^ug gj^^gj. j^j. engten Männer des Reichs an den Hof Abaka's
tn
Armenien, komme, den Frieden zu unterhandeln, ßondokdar antwortete:
wolle der Uchan den Frieden, so möge er selbst oder einer
seiner Brüder an den Hof des Sultans kommen. Auf die
Nachricht, dass mongolische Truppen die beiden Gränz-
.9. Rebhil- platze Rahhet und Birtha am Euphrat bedrohten, brach
rr;z^ Bondokdar auf und führte auf Kameelen zerlegte Schiffe
mit sich , um damit den Euphrat zu überschiffen. So haben
wir noch jüngst erlebt, dass zur Einrichtung der Dampf-
schifffahrt auf dem Euphrat das Schiff der Wüste durch
die Wüste Schiffe trug. Durch die Taubenpost hatte Bon-
dokdar die Nachricht erhalten, dass die Mongolen vor Bire,
und durch dieselbe versprach er der Stadt den schleunigsten
Entsatz. Er hielt Wort; denn die sieben und zwanzig Post-
stationen zwischen Damaskus und Bire wurden in sieben
Tagen zurückgelegt; die raitgeführten Schiffe waren aber
entweder nicht angelangt oder zu wenig, denn der üeber-
Viertes B u c Ii. 289
gang über den Euplirat ward mittels fünf und drelssig-
tausend Karaeelen*} bewerkstelligt, auf denen das Heer
äberschwamra. Die Mongolen , wiew ohl an Zahl doppelt
dem ägyptischen Heere überlegen, zogen sich zurück; Bon-
dokdar verfolgte sie und erbeutete von den Nachzüglern
einen grossen Theil des Gepäcks; mit demselben und einer
grossen Anzahl von Gefangenen zog er im Triumphe zu
Damaskus ein. Der Befehlshaber von Haleb , Hossaraeddin
von Aintab , sandte einen Streifzug nach Armenien, weil
dasselbe für die Streifereien des Kastellans von Kimik die
begehrte Genugthuung nicht gegeben. Kinuk wurde ge-
nommen , die Männer wurden niedergehauen , die Weiber
in die Sklaverei geschleppt; die Mauern der Hauptstadt Sis
widerstanden, aber Tarsus wurde eingenommen und ver-
heert. Beibars vernahm zu Kairo die Verheerung Arme-
niens und den Marsch Abaka's längs des Sab gegen den
Euphrat ; er bot das ganze Heer auf und begab sich nach
Damaskus, wo er ruhig blieb, da kein Feind sich zeigte. i7, Ss^afer
An seinem Hofe erschien der vom Hofe Abaka's flüchtige ^^^
Melik Schemseddin Behadir, Herr von Samosate, Sohn ^Q^^SeiJt.iSTS
'Grossmundschenken des letzten Schahs von Chuaresm, weicher
nach desselben Tod sich einiger Schlösser um iVachdschiwau
und endlich der Stadt Akserai bemächtigt hatte; er hatte
schon seit geraumer Zeit dem Sultan verrätherische Dienste
geleistet und durch einen auf seine Veranlassung im Namen
des Sultans an einen christlichen Bischof in Persien ge-
schriebenen, von Reliquien begleiteten Brief, den er hernach
auffangen liess, die Hinrichtung dieses Bischofs bewirkt-^;
auch wider den Katholikos, d. i. den Patriarchen der Ne-
storiauer, welcher, von den Moslimen durch falsche Anklagen
verfolgt, Bagdad verlassen und sich zu Irbil niedergelassen
hatte, war neue Verfolgung im Anzüge; um derselben zu
') H. V. Glisson III. 464. bürdet dem Wassaf auf, -svas er nicht
gesagt: Beibars fit jetter daus le fleuve jusqu'ä 3500) cliaineaux,
rioDt les Corps servirent de pont k ses troupes. Wassaf sagt
ausdrücklicli , dass der Sultan der erste ^den Zügel hiueinlenkte.
=) d"Ohsson III. 468., nach Nuweiri.
Hammer, Geschiclite der llchane. I. 19
29<) Viertes « u i; li,
entgehen, verlegte er seinen Sitz von Irbil nach Aschiin in
Aserbeidschan '3 , in der Nähe der Hanpletadt, weil die
Tyrannei nur am leidentlichsten im Mittelpunkte. Bei-
bars, der sich über Verletzungen des mit dem Könige von
Armenien geschlossenen Vertrags zu beklagen hatte, beschloss,
.3. Schaahan Cilicien zu verheeren. Er brach von Damaskus im Geleite
— - Manssur's, des Herrschers von Hama, und Scherefeddin
i. Febr. 1275 ,, it^.j .. tij- rr»n-
Isas, des Emirs der syriscnen lieduinen, aut. Der Emir
und Hossaineddin von Aintab, der Befehlshaber von Maleb,
erhielten den Befehl, als Vortrab die Richtung von Bire zu
nehmen; aber zu Sermin angelangt, liess Beibars dort sein
Gepäcke unter der Obhut des Befehlshabers Ben Sonkar
zurück und nahm den Weg von Derbesak. Diese durch die
Einnahme Ssalaheddin's^^ und fünfzig Jahre hernach durch
einen Sieg der Saracenen über die Templer in der Ge-
schichte der Kreuzzüge schwarz gezeichnete feste Burg
liegt am Nehr Eswed, d. i. am schwarzen Flusse, welcher
dem See von Antiochien zueilt, auf einer Anhöhe inmitten
fruchtbarer Fluren und Garten^}. Von den Mongolen er-
obert, ward sie an König Ilethum abgetreten, von diesem
vor neun Jahren dem Sultan Bondokdar übergeben worden*).
Bondokdar lagerte zwisclien Derbesak und dem zehn
Verheerung n,. ,. , , « . j r^. t
Cil'ciens ^-»'S^'^n davon gelegenen Baghr, dessen Einwohner meistens
christliche Fischer*), und sandte von hier Truppenabthei-
lungen zu tausend Mann, jede mit Fackeln und mit Barken
zur üeberschifFung von Flüssen versehen, nach verchiedenen
Richtungen in's Gebirge. Er lagerte zu Iskenderun hinter
einer von König Hethum, dem Vater des regierenden Königs
Leo, aufgeführten Mauer und rückte dann gegen MerA- es**)
durch den syrischen Felsenpass vor, welcher wegen seiner
Enge Ssakaltutan , d. i. Bartanhaltend, heisst. Der Fiuss
von Merkes ist der alte Kersos, dessen Name sich in dem
') Bar Hebr. 546. =) i. J. 1188, Wilken IV. 24t. 3) Dschi-
liannuma S.594 verdruckt als Derbak. ') Wilken's Geschichte der
Kreuzzüge VI. S. 495. ') Dschihaunuma S. 504, ^) nicht Manca,
wie bei d'Ohsson III. 472.
Viertes B u c li. 291
«les Schlosses zum Theile erhalten '}. Die ägyptischen
Truppen verheerten Massissa, das alte Mopmestia, d.i. der
Feuerherd des Mopsus, das, auf beiden Seiten des Dschihan
(Pyramus} gebaut, zwölf Miglien von der, unter dem Namen
der GoldstofFwiese^} in den Kriegen der Byzantiner mit
Seifeddewlet durch Schlachten berühmten Ebene, eine halbe
Tagreise von Adana; eine steinerne Brücke verbindet den
diesseits und jenseits des Flusses gelegenen Theil der Stadt.
Die auslaufende Bergkette des Taurus, m eiche sich von
Massissa bis an das Meer zieht, heisst der Dschebelon-?iur ,
d. i. der Lichtberg, auf welchem die schönsten Hiacinthea
und seltene Pflanzen, unter andern Mandragoren und ein
Kraut, welches, weil es die Zähne der Schafe gelb färbt,
von den Alchymikern als ein Hauptbestandtheil des Steins
der Weisen gesucht wird ^). Unter Massissa liegt die tiefe
Felsenschlucht, weiche Kurd Kulaght, d. i. das Wolfsohr*),
heisst, zur Linken auf einem hohen Berge das weisse Schloss
Jilaji Kalaasi, d, i. das Schlangenschloss , das für die Resi-
denz der Schlangenkönigin giltO? die sich mit der Kron-
juwele auf dem Haupte manchmal auf der GoldstofFwiese
und auf den Höhen des Lichtbergs sonnt. Bondokdar drang
in dem Gebirgspässe bis nach Sis , der Hauptstadt des alten
armenischen Königreichs, vor, welche mit den nahe gele-
genen Festen von Ai?isarbe, Tel Uamdzm, Serfendhiar und
Bershert von den Arabern die Schneidezähne '), d. i. die
Gränzfesten des Islams, genannt werden; die letzte war
der Schatzhort der armenischen Könige und eine Zeit lang
die Residenz derselben ' ). Nachdem Sis verbrannt worden,
kehrte der Sultan durch die Felsenschlösser zurück. Vier
seiner Truppenabtheilungen hatten sich gegen die am Meere
gelegenen cilicischen Städte Tarsus, Adana, Barin und Ajas
gewendet, Tarsus, dessentRuhm bis in die Zeit der assy-
') Munnert VI. II. 49. Menasikol-hadscfi S. 43. -) Merdsched-
dibadsch. ') Ewiia. *) Dscliihannuma S. H02; auf Paiiltrcs Karte
nicht richtig Kurtu Cular; auf der Karte M. Kinueirs blos RuJaghi
als Castabala. '") Ebenda. ^) Suhuri Islam. ') S. Martin Mem. I.
p. 201.
19*
292 \ i e r t e s B n c li.
rischeil Könige hinauf datirt, indem sich Sardanapahis das-
selbe erbauet zu haben rühmte , ist in der des Chalifats als
der Ort, wo der grösste Chalife des Hauses Abbas den Geist
aufgab, die in Aen niorgenländischen Geschichten und Geo-
graphien berühmteste Stadt Ciiiciens; am Cydnus'), wel-
cher die Mauern derselben wäscht , hatte Alexander nicht
ohne Nachtheil seiner Gesundheit kalt gehadet, glücklicher
als Friedrich Barbarossa, welcher in den Fluthen des Saleph
oder Calycadnus^), der bei Selefke vorbeiströmt, den Tod
gefunden. Den Cydnus war Kleopatra in ihrer mit purpurnen
Segeln und vielfarbigen Flaggen bepfauten goldenen Galeere
hinaufgefahren 5 hiervon weiss die moslimische üeberlieferung
nichts, doch zeigt dieselbe das Felsen- Sopha der Dschinnen '^,
wo der Chalife Mamun am vorbeifliessenden Wasser sass und
einen über eine Elle langen Fisch aus dem Wasser zu ziehen
befahl. Der schone Silberfisch (vermuthlich ein Dschinne)
sprang wieder in's Wasser, so dass derselbe die Kleider
Mamun's bespritzte; dieser, zornig hierüber, befahl, den
Fisch wieder herauszuziehen. „Nun werde ich dich sogleich
gebraten essen", sagte der Chalife , und übergab ihn dem
Koch, aber im selben Augenblicke ergriff ihn ein heftiger
Fieberschauer; als der Fisch ihm gebraten vorgesetzt wurde,
war er nicht mehr im Stande, davon zu essen, und nach
einigen Tagen ward er vom Fieber hinweggerafft. Durch
diese Volkssage und durch die , welche nach Tarsus die
Höhle der Siebenschläfer verleget (^wiewohl man sie auch
zu Ephesus und Damaskus zeigt^ , ist Tarsus nicht minder
geschichtlicJi merkwürdig, als in der Geschichte der byzan-
t. J. S'iO tinischen Feldzüge, in welchen Tarsus, vom byzantinischen
•^^' Befehlshaber gütlich übergeben, die äusserste Gränzfeste
des Islams ward. Zu Admia , der Hauptstadt der heute
darnach genannten osmanischen» Statthalterschaft, welche
Harun Raschid am Ufer des Sihan, d. i. des Sarus,, erbaut
hatte, wurden die Männer getödtet, die Weiber und Kinder
') heute Kisildsclie. ') heute Gökssu. *) Paul Lucas; Dschi-
bannuma S. üü3.
Viertes Buch. 293
geraubt. Ajas, am Ufer des Meeres, zwei Tagreiseii von
Baghras und eine von Tel Hamdun entfernt, war in den
Händen der Franken , welche ihr Habe auf die Schiffe im
Hafen retteten. Die Stadt wurde von den Aegyptern ver-
brannt; tausend Franken und Armenier, die sich zur See
retten wollten, gingen in derselben zu Grunde '^. Massissa
wurde verbrannt. Im folgenden Spätjahre wurde Bire von
Obotai vergebens belagert; nach aufgehobener Belagerung
zog eine ägyptische Truppenabtheilung nach Cilicien, ^lO S9.yuv.lä?ö
dieselbe in der Nähe von Meraasch von Sinbad, dem Oheim
des Königs, angegriffen ward. Das Treffen kostete dem
Oheim des Königs, vierzehn Grafen und dreihundert Arme-
niern das Leben. Die Turkraanen , wiewohl Sieger, zogen
sich zurück^).
Die Unruhen, welche in Rum ausgebrochen, führten bald f/„,.„/,^„ ,„
neue feindliche Berührung zwischen dem Sultan Aegyptens Rum;
und dem Ilchane Persiens herbei. Wir haben schon im Schlacht von
vorigen Buche, in der Geschichte Hulagu's, der beiden " <?*«"•
Brüder Herrscher Rums, Rokncddin's und Iseddin's, und
der Theilung Rums zwischen beiden erwähnt. Mineddin
Ssahtb Perwane, d. i. der Inhaber des Kabinetssiegels, der
Wesir Rokneddin's, hatte den Mitregenten seines Herrn bei
Alindschak, dem mongolischen Befehlshaber in Rum, eines
Einverständnisses mit dem Sultan Aegyptens angeklagt; in
der That hatte Iseddin Gesandte an Beibars mit dem An-
trage der Abtretung der Hälfte seines Landes gesandt, wenn
er ihm wider den Bruder beistehen wolle. Iseddin , auf
dem Wege in's Hoflager zu Hulagu wider die Ränke seines
Bruders und dessen Wesirs gewarnt, kehrte um und flüchtete
sich zum byzantinischen Kaiser, welcher, um dem Hulagu
gefällig zu seyn, denselben zu Ainos als Staatsgefangenen
einsperrte. Iseddin interessirte für sich Berke, den Herr-
scher von Kipdschak, der in Feindschaft mit Hulagu, dem
von diesem verfolgten Prinzen Truppen zu Hilfe schickte,
die ihn aus Ainos befreiten; er starb als Vasal des Herr-
') rt'Ohsson III. S, 475. -) Bär Hebräus 553.
666
U6S
294 Viertes Buch.
«
Sehers der goldenen Horde in der Krim. Rokneddin herrschte
nun allein, aber nur dem Namen nach, denn der eigentliche
Herrscher war Perwane. Dieser beinzüchtigte seinen Herrn
bei Abaka empörerischer Plane und erhielt den Befehl seiner
Hinrichtung. Rokneddin , von Perwane zu einem Feste ge-
laden, wurde mit einer Bogensehne erwürgt, im selben Jahre,
wo der letzte der Hohenstaufen , Konradin von Schwaben,
auf dem Blutgerüste zu Neapel den Geist aushauchte. Per-
wane herrschte nun im Namen Ghajaseddin's, des vierzehn-
jährigen Sohnes Rokneddin's, Mehrere der Bege Rums,
unter diesen auch der Sohn Perwane's'), flüchteten zu
Beibars und hetzten ihn zum Kriege wider Abaka auf. Nach-
dem er das Heer gerüstet, seinen schon vor neun Jahren
zum Nachfolger ernannten Sohn Said Berke in seiner Ab-
wesenheit mit unumschränkter Macht in Aegypten bekleidet
hatte, brach er nach Syrien und von da gegen Cilicien auf.
Der Befehlshaber von Haleb und der Emir der Wüste (Isa,
der Sohn Mohenna's) schlugen eine Truppe der Araber
Chafadsche , welche die Mongolen wider sie gesandt. Bon-
dokdar zog über Aintab, Dulak-), Kinuk, d. 1. durch den
taurischen Pass , die heutige Strasse der Pilgerkarawane.
Er mündete in der Ebene von Ablestan oder Albostan, wohin
Geographen und Reisebeschreiber das dritte der drei be-
rühmten Tempelstädte Komafie, nämlich das kappadocische,
verlegen ^3 ; hier sowohl als in der goldenen Komane an
der Vereinigung der beiden Arme des Euphrat in Sakasene
und im pontischen wurde die taurische Artemis als Anaitis
oder die Kriegsgöttin Enyo in Tempeln verehrt, die unter
Hut grosser Priestergesellschaften die Kapitole dieser Ge-
genden. Der Name Albestan, d. i. der Garten, scheint der-
') Reschideddin. ^) Gulek, Dschihannuma S. 601, oder Dulek,
S.40, nicht Doluk, wie bei d'Ohsson Ilf. 48l. ') Das kappadocische
Kouiane lag am Sariis, welches der Silian ; in M. Kinneir's Karte am
Kisit Trmak, welches der obere Pyramus zu seyn scheint; nach dem
Menasikol-hadsch ist aber dieser Kisil Irmak derselbe mit dem
Silian, d. i, dem Sarus, so dass die Lage mit der Angabe der alten
Geographen in Uebereinstimmung. Jahrbücher der Literatur XIV.
8. 46.
Viertes Buch. 295
selbe mit dem des allen Pästum zu seyn, dessen Tempel
vielleicht demselben Kultus heilig waren. Das pontische
Komane ist in der römischen Kriegsgeschichte durch den
Sieg Cäsar's über den Mitliridates berülimt, und gleichen
Rohm sollte nun das kappadocische in der Kriegsgeschichte
der Mamluken und Mongolen durch die Niederlage der
letzten erhalten. Die Reiterei der Mongolen, aus eilf Re-
gimentern von tausend Mann bestehend , ward von Toktis,
seinem Bruder Uruktu und von Tiidaun, dem Bruder Sughur-
dschak's, dem Suldusen, befehligt; die Hilfstruppen be-
standen aus türkischen, deren Treue') in einer Schlacht
wider Moslimeu zweifelhaft, und aus einem georgischen
Hilfscorps von dreitausend Mann. Freitags in der Hälfte li-Silit'dsclie
Aprils, am Freitage, welches der liebste Schlachttag Ssalali- —j^. ^ .-^
eddin's und auch Rudolph's von Habsburg (vielleicht weil i2?7
dieser vernommen, dass Ssalaheddin seine Siege alle an
einem Freitage erfochten), hatte die Schlacht statt. Der
linke Flügel der 3Iongolen warf das MitteltrefFen der Mam-
luken, in welchem das Panier des Sultans flatterte, auf den
rechten Flügel; aber Beibars unterstützte denselben und
stellte die gebrochene Schlachtordnung wieder her, Uruktu
und Tudaun sassen mit ihrer Reiterei ab, um den Anfall
der ägyptischen mittels Pfeilregens aufzuhalten; aber die
ausharrende Tapferkeit Bondokdar's siegte. Die Mongolen
wurden geschlagen; ihre Feldherren Tokus und Tudaun
und sechstausend siebenhundert siebzig gezählte Mongolen
deckten das Schlachtfeld. Beibars lies sich die Gefangenen
vorführen und dieselben zusammenhauen, einige OfFiciere
ausgenommen, mongolische und armenische; die letzten
überhäufte er mit Vorwürfen, dass sie sich in den Reihen
der Ungläubigen schlügen; unter den Gefangenen befand
sich ein Sohn, ein Neffe und die Mutter Perwane's'}. Ein
Diener Tudaun's brachte die Nachricht der Niederlage dem
Ilchan, der erzürnt nach Tebris zurückkehrte.
') Bar Hebr. p. 556. -) Nuweiri : Bar Hebr. p. 5;^"
Beibars zu
_ Cäsarea
296 Viertes Ruch.
ts. Stlktde Acht Tage nach dem Siege , Freitags , zog Beibars zu
23. April Kaissarije (Cäsarea) im Triumphe, unter einem Thron-
himmel , wie derselbe ober dem Haupte der Sultane Sel-
dschukcn getragen ward, in den Palast des Sultans ein und
setzte sich auf den Thron. Mit dem Sultansbunde auf dem
Kopfe nahte er sich dem Thore des Harems und sandte
den Prinzessinnen des Herrscherhauses von Rum seine ehr-
furchtvollsten Grüsse; dann setzte er sich wieder auf den
Thron und empfing die Huldigung der Ulema und Kadi,
der Imame und Scheiche ^ der Prediger und Leser des
Korans, der Fahihe und Fakire; der Ceremonienmeister,
mit grossem Kopfwulste und weitem Mantel angethan, wies
jedem die ihm gehörige Stelle an; die Heermusik spielte
den Tusch, der zur Zeit des Gebetes nur fjir den Landes-
lierrn erscholl, die Leser lasen Suren des Korans, Dichter
declarairten Lobgedichte ; Alle wurden mit einem Frühmahle
königlich bewirthet ; dann begab sich Beibars in die Moschee
des Sultans, wo das Kanzelgebet auf seinen Namen verrichtet
ward, so auch in den übrigen sechs Moscheen der Stadt');
das ausgeworfene Geld war auf seinen Namen gemünzt '^).
Die Schätze, welche Perwane und seine Gemahlin zu Kaissarije
zurückgelassen, wurden unter die Emire vertheilt. Perwane,
welcher in der Schlacht von Albestan das Heer des Sultans
von Rum befehligt hatte, war nach Verlust derselben nach
Kaissarije geflohen und hatte sich von hier mit dem Na-
mensträger der Herrschaft Rums, mit Sultan Ghajaseddin,
nach der Feste Tokat zurückgezogen ; auf dem Wege dahin
war seine von vierhundert Sklavinnen begleitete Gemahlin
Gurdschi Chatun, die Tochter Ghajaseddin's, des Herrn
von Erserum, gestorben. Perwane schrieb an Beibars, um
ihm als Herrscher Rums zu huldigen; in seiner Antwort
forderte Beibars ihn auf, persönlich zu erscheinen. Perwane
bat um einen Aufschub von vierzehn Tagen, in der Hoff-
nung, dass Beibars, von dem Anmärsche Abaka's benach-
richtigt, eher Cäsarea verlassen haben würde, das er
') Nuweiri , bei d'Ohsson III. S. 4ö5. ^) Reschideddin.
Viertes Buch, 297
wirklich am fünften Tage nach seinem Einzüge verlies».
Beibars verliess Cäsarea in dem Augenblicke , wo zu er-
warten stand , dass er seine Eroberungen in Rum verfolgen
würde. Einige Christen und Armenier Hess er hinrichten,
sonst wurden die Einwohner von seinen Truppen, welche
die Lieferungen genau bezahlten, nicht misshandelt. Wäh-
rend seines Aufenthaltes zu Cäsarea hatte Beibars die Hul-
digung des Herrschers von Kararaan empfangen, welcher,
der Gründer der Macht dieses Hauses, von nun an durch
vier und zwanzig Jahre ein Nebenbuhler des der Seldschuken
und dann durch hundert sechs und siebzig Jahre der Os-
raanen, bis dass es nach zwei Jahrhunderten und in zehn
von den Osmanen wider dieselben geführten Kriegen zer-
trümmert ward '^. Schemseddin Mohammed, der Karamane,
zog an^der Spitze von dreitausend Reitern nach der Haupt-
stadt Eonia, vor welcher er die ihm von Sultan Beibars
gesandten Fahnen aufpflanzte und die Stadt zur Uebergabe
aufforderte. Die Einwohner antworteten, sie übergäben die
Stadt nicht, doch würden sie ihn nicht hindern, wenn er
die Thore verbrennen wolle, einzuziehen. Er verbrannte
zwei Thore, besetzte die Stadt und bemäclitigte sich der
Citadelle durch List und Gold; dann zog er dem Heere
entgegen, welches Fachreddin Ali, der Wesir Ghajaseddin's,
von seinen beiden Söhnen befehligt, wider ihn gesendet; ßl]^'
der Karamane schlug es und kehrte mit den Köpfen der ^^juni 1^77
beiden Söhne des Wesirs nach Konia , verliess dasselbe aber
nach sieben und dreissig Tagen und zog sich in's cilicische
Gebirge zurück. Im folgenden Frühlinge zog Abaka dreimal ^^"1^^676
gegen Rum *}. Zu Ablistan oder Elbestan wartete ihm der
Sultan Ghajaseddin mit seinem Wesire Fachreddin von Iss-
fahan auf; als Abaka auf dem Schlachtfelde *äie noch unbe-
grabenen Mongolen sah, weinte er, liess mehrere Turkmanen,
Urheber von Unruhen, hinrichten und gab den Befehl zur
Verheerung der Städte Rums. In dem Ausfluge von sieben
') Geschichte des osm. Reichs I. u. n. Band. ^) d'Ohssou IV
s. 4qo.
298 Viertes Buch.
Tagreiseii wurden die Städte verheert, die Einwohner ge-
schlachtet; es fielen mehr als hunderttausend derselben als
ein Opfer des Schwertes '). Mohammed Schemseddin
Dschuweini , der gerechte und gelehrte Grosswesir , kaufte
mehrere derselben mit seinem Gelde los ; schon war Siwas
zur Hälfte verheert , als er die andere Hälfte durch seine
Vorstellungen, dass die Einwohner unschuldig der Rache
verfallen, rettete. Nureddin Chasneji und Sahireddin Ibn
Husch wurden hingerichtet^).
Gesandt- Abaka wollte von Rum unmittelbar nach Syrien ziehen.
Schaft an Die Emire stellten ihm vor, dass in der Mitte des Sommers
Beibars, die Beschwerden des Zuges zu gross, dass der Marsch
dessen Tod, besser bis auf den Herbst verschoben bliebe. Er sandte
Perwane^s
Hinrichtunq *^^® indessen Botschaft an Bondokdar: „Ihr seid wie Räuber
auf die Vorwachen unserer Heere gefallen und h^t die-
selben erschlagen, und als Wir uns genaht, seid ihr wie
Diebe entflohen; seid ihr Männer, so erscheinet nun auf
dem Kampfplatze:
Kouim' , dass du meine Lanze streifest ,
Komm', dass du meinen Zügel greifest;
Bist du ein Held, du wirst nicht stehen bleiben.
Bist du ein Berg, so werd' ich dich zerreiben 5
Hast du von Männern je gehört der Schlachten ,
Die nicht gevvit/.iget den Fuchs verlachten ?
Beibars empfing die Botschaft zu Damaskus, wo er bald
darauf starb'}. Abaka übergab die Verwaltung Rums seinem
Bruder, dem Prinzen Konghurtai "} Aghul zur Huth, Hess
Tokat und das Schloss Perwane's verwüsten * ) und kehrte
nach Alatak zurück. Als er am Schlosse von Baiburt vor-
beikam, das in Armenien durch die Schönheit seiner Mädchen
berühmt, wie Ersendschan durch die Fette seiner Schafe
und Kumach durch die Feinheit seiner Leindwand^), erbat
') Nuweiri, bei d'Ohssou HI. 495. 'J Reschideddin. ^) Nach
Reschideddin im Silhidsche (i76 (Mai 1277J, nach Nuweiri undMakrisi,
die hier glaubwürdiger, 5. Moharrem 67(i (8. Juni 1277). *) Bei
Wassaf /von//Aosrtertj. *) Reschideddin nennt es KufflianleCO > f^'''^'
bei d'Ohssou. sowie die Hotschaft. **) nsciiih:niiimii:i.
Viertes Buch. 299
sich ein Scheich die Erlaubniss, ihm frei die Wahrheit sagen
zu dürfen ; nach gegebener Erlaubniss sprach er : „Herr,
dein Feind ist in deine Länder eingefallen, ohne deinen
Unterthanen üebles zuzufügen; weil er deinem Grimme
entwischet, hast du denselben an deinen Völkern ausge-
lassen, hast deine Unterthanen getödtet, deine eigenen
Länder verheert; welcher deiner Vorfahren hat desgleichen
gethan?" Die Worte des Scheichs machten tiefen Eindruck
auf Abaka, der die Freigebung von viermalhunderttausend
Gefangenen befahl '). Im Lager von Alatak wurde Moinedddin
Perwane vor Gericht gestellt, dreier Staatsverbrechen ange-
klagt : dass er zu Ablistan geflohen, dass er nach der Nieder-
lage sich nicht zum Herrn begeben, dass er denselben nicht
frühzeitig genug vom Anzüge der Aegypter unterrichtet.
Die von Syrien zurückgekommenen Gesandten Abaka's sagten
überdiess wider ihn aus, was sie dort erfahren, dass ßeibars
auf dessen Einladung nach Rum gekommen , das er in seine
Hände zu liefern versprochen, dass er hernach aber vor
demselben geflohen sei. An Perwane , welcher den Sultan i. Rebiul-
Rums mit Bogensehne erwürgt hatte, ward nun Gleiches
etvwel 677
mit Gleichem vergolten; Abaka war schon auf dem Punkte,
ihm zu verzeihen und ihn nach Rum zurückzusenden, als
die Wittwen der zu Ablistan Gefallenen Wehe- und Rache-
geschrei vor dem Palaste Abaka's erhoben. Kutschuk Tuk-
dschi Behadir mit zweihundert Reisigen erhielt den Befehl
der Hinrichtung; Perwane war, sobald er sich umringt sah,
seines Looses gewärtig und bat, nur noch ein Gebet von
zwei Verbeugungen verrichten zu dürfen; nachdem er es
verrithtet, wurde er zusammengehaucn Die Angabe des
armenischen Mönchs Geschichtschreibers ^3, dass Abaka vom
Fleische Perwane's in alle Speisen zu mischen befohlen und
selbst davon gegessen haben soll, verdient wenig Glauben.
Moineddin Suleiman Perwane aus Dilem war der Sohn Mo-
bariseddin Ali's, welcher, in früherer Jugend nach Rum
gekommen, vom Finanzminister Sultan Alaeddin Keikobad's
'} Nuweiii, bei d'Ohssou IV. 498. ^) Haitliou 34.
300 Viertes B u c Ii.
als Eidam begünstigt, nach des Schwiegervaters Tod die Stelle
als Wesir erhalten hatte. Sein Sohn Perwane beherrschte
Rum im Namen der Seldschuken als unumschränkter Herr;
Rokneddin Eilidsch Ärslan hatte ihm die Stadt Sinope ver-
pachtet, deren Besitz auch nach seiner Hinrichtung auf
seinen Sohn Mohammed und von diesem auf den Enkel Per-
wane's, Mohesebeddin Mesud, überging'^. Dieser bemäch-
achir t'§te sich Dschaniks und Ssamssuns, das nach seinem Tode^)
7. Se/jt. in den Besitz des Fürsten von Kastemuni fiel. Sechs Wochen
nach der Hinrichtung Perwane's ward der Wesir Schems-
eddin nach Rum gesandt, um dem verwüsteten Lande wieder
aufzuhelfen; er baute die verheerten Städte wieder auf,
führte aber auch die Stempelgebühr ein , welche vordem in
Rum nicht bestanden. Der Fürst von Karaman , der sich
in unwegsamen Wäldern verborgen hielt, ward mit denselben
verbrannt. Iseddin Ibek der Syrier erliielt die Statthalter-
schaft Malatia's. Schemsed din, nachdem er die Angelegen-
heiten Rums eingerichtet, wandte sich nach dem Kaukasus
und Lesgistan, wo er die störrigen Bergvölker der mongo-
lischen Herrschaft unterwarft).
Verunan i- '** ^^^^ Augenblicke , wo Schemseddin durch die Ein-
dung richtung Rums nach der Unterwerfung Lesgistans dem Reiche
Schemsed- die wichtigsten Dienste erweisend und seine Macht im
höchsten, war auch seine Verungnadung am nächsten. Die-
selbe war das Werk der Ränke Medschdulmülh'Sj, des Sohnes
Gnaden. Ssafiolmülk' s , des vormaligen Wesirs der Atabegen von Jesd.
Zuerst im Dienste Behaeddin's, des Sohnes Schemseddin'«,
zu Issfahan, war er von diesem dem Vater empfohlen worden,
welcher ihn in verschiedenen Aufträgen und zur Zählung
der Einwohner Georgiens und noch zuletzt in Rum ver-
wendet hatte. Medschdulmülk hinterbrachte dem Jesu Buka
Gurgan, welcher als Gemahl Kutlukan's, der sechsten Tochter
Hulagu's, der Schwager Abaka's, dass Medschdeddin Esir, der
Bestellte Alaeddin Dschuweini's (des Bruders Schemseddin's),
din's lind
Wiederauf-
nahtne zu
') i. J. (9-« (129'()- -3 70» (1300), d'Ohssoii III. 500. nutli
Munedschimbaschi. ^) Rescliideddin.
Viertes Buch. 301
in seinem und seines Bruders Namen geheimes Einverständniss
mit den Aegyptern unterhalte, um diesen Bagdad zu über-
liefern. Abaka, hiervon durch seinen Schwager unterrichtet,
befragte den Medschdeddin Esir, von dem aber selbst fünf-
hundert Prügel kein Geständniss erpressten. Schemseddin,
in der Hoffnung, einen gefährlichen Feind zu versöhnen,
verlieh seinem Ankläger Medschdulmülk die Statthalterschaft
von Siwas mit einer Anweisung von zehntausend Dinaren
auf den Schatz von Rum. Aber undankbar und unversöhnlich
suchte Medschdulmülk neue Wege zum Gehöre Abaka's
mittels dessen Sohnes, des Prinzen Arghun; diesem machte
er zu Kaswin in einer geheimen Unterredung weis, Perwane
habe auf Schemseddin's Einflüsterung den Bondokdar nach
Syrien eingeladen, sein Bruder Alaeddin habe für sich eine
mit Edelsteinen besetzte Krone verfertigen lassen; er könne
dem Wesir beweisen, dass er sich viertausend Tomane '^
von den Krongütern erpresst, dass er ausserdem zweitausend
Tomane an Heerden und Juwelen besitze, ohne zu rechnen,
Mas er von den Schlössern der Assassinen und von Bagdad
weggeschleppt; sein Sohn Behaeddin, der Statthalter von
Issfahan , habe dort ausser den aufgelegten Steuern sechs-
hundert Tomane erpresst; um ihm das Maul zu stopfen,
habe er ihm die Statthalterschaft von Siwas mit einer Summe
Geldes verliehen. Arghun hinterbrachte diese Reden seinem
Vater; als dieser sich zu Scherujas (in der Ebene zwischen
Ebher und Serdschan) befand , ward Medschdulmülk durch
Vermittelung des Emirs Taghadschar von Abaka im Bade
empfangen. Abaka, hierdurch in seiner guten Meinung von
Schemseddin's Finanzverwaltung beirrt, gab dem Ankläger
den Auftrag , die Rechnungen der letzten Jahre zu unter-
suchen und die Güterbeschreibungen zu durchgehen, ohne
dass einer der Emire oder Prinzen sich dessen weigern
dürfe. Zugleich gab er ihm die Insignien des Löwenkopfes
glänzender und schöner, als dieselben Sultanen und Königen
verliehen worden*). Die Naibe oder Stellvertreter der
') Bei d'Ohsson S. 400. ^) Wassaf.
302 Viertes Buch.
Steuervögte wurden nach Tebris einberufen. Medschtlulmülk
stand auf einmal in hoher Gunst und verkündete dieselbe
durch seinen Aufwand ; er umgab sich mit berittenen Pagen,
die auf arabischen Pferden mit goldenen Gürteln, und
spannte ein Von vierzig Säulen getragenes Zelt aus Atlas
von Schuster aus. Scheraseddin wandte sich an seine Gön-
nerin und Beschützerin Oldschai Chatun, welche den auf-
gebrachten Gemahl dem Wesir zu versöhnen sich bestrebte.
Er erhielt eine Audienz: „Wir haben dich", redete ihn
Abaka an , „in dem dir von Unserem Vater verliehenen
Amte der Wesirschaft mit unumschränkter Machtvollkom-
menheit bestätigt und alle Länder deiner Feder untergeben;
wie hast du unser Vertrauen zu misbrauchen und das Doppelte
der Gebühren undankbarerweise dir anzueignen gewagt?"
Der Chalife Motedhad biemrillah hat gesagt: „Ueber den,
der die Gnaden der Könige mit Undank erwiedert, werden
die Schwerter Recht sprechen.*' Schemseddin antwortete:
„Ein Theil der eingenommenen Gelder ward im Dienste der
Finanzen, ein anderer in dem der Prinzen und Prinzessinnen,
ein Theil zu Gaben und Almosen für's allgemeine Besste
verwendet; was ich besitze an Kapitalien und Gütern, an
Mamluken und Heerden , ist ein Brosamen der Gnaden und
ein Abfall der Huld des Padischah's, den ich auf jeden
Wink zurückzugeben erbötig." Abaka, durch diese Sprache
des Wesirs versöhnt, verzieh ihm; er sagte: „Alle deine
Schuld, die sich begeben und die sich nicht begeben, habe
ich dir vergeben '^ und dich in deinem Amte neuerdings
bestätigt." Die gegebenen Befehle der Verhaftnehmung der
Intendenten des Wesirs wurden widerrufen und Schems-
eddin erliess Rundschreiben, um die Wiedererlangung Aller-
höchster Gnade kund zu thun; in demselben waren die
Worte Abaka's , wie folgt, angeführt: ,,Eine Zeit ist es,
dass durch verlautende Kunden der Veränderung Unserer
Gnade dir die Sicherheit der Nahrung und die Süssigkeit
des Schlafes geraubt worden; nun gehe von hier in Unserem
Viertes B u c li. 303
Dienste betrunken nach Haus, strecke mit Herzen voll Lust
und mit gesättigter Brust Hand und Fuss fröhlich im Hareme
aus; Itge dich früh nieder und stehe spät auf."
Medschdulmülk, durch die Wiederaufnahme des Wesirs Medschdni-
zu vorigen Gnaden beunruhigt, bat, dass Abaka ihn wwiet miilk, Amts-
den Schutz eines der Emire seines Hofes stellen oder davon iienosse
. - , ^ - .11 1 Schems-
entfernen möge. Abaka antwortete, dass, wiewohl er den a^»}s
Schemseddin wieder zu Gnaden aufgenommen, er dem
Medschdulmülk Nichts Uebles wolle und dass er beim Emir
Taghadschar bleiben könne. Medschdulmülk, von seinem
Rathe und Gelehrten Ssadreddin von Sendschan unterstützt,
fuhr fort, Ränke zu schmieden, und zwar mit so gutem
Erfolge, dass ein Diplom erging, vermöge dessen Medsch- ±280
dulmülk von Jesd dem Inhaber des Diwans an die Seite
gegeben ward. Dieses Diplom ward im Götzentempel zu
Mekka in Gegenwart aller Prinzen und Prinzessinnen öffent-
lich verlesen und alle Geschäftsleute bemerkten, dass noch
kein Perser von den mongolischen Herrschern dergleichen
Jerligh erhalten. Abaka empfahl dem Medschdulmülk die
grösste W^achsamkeit in Bewahrung und Gebahrung der
Staatsgelder und sich nicht vom Hofe zu entfernen, wo er
unter seinem Schutze stehe *3' Medschdulmülk stellte in
allen Ländern Stellvertreter mit zahlreichem Gefolge an,
und in den Erlassen des Diwans wurde der Name Schems-
eddin's als des Inhabers rechts, der Medschdulmülk's links
auf derselben Höhe geschrieben. Zu dieser Zeit schrieb
Medschdulmülk, seine Feindschaft nicht verhehlend, an
Schemseddin die Verse :
Ich werd' in's 3Ieer von deinem Kummer springen,
Ich werd', ertrunken, alle Perlen bringen;
Die Feindschaft ist zwar stark, doch hab' ich Lust,
Zu röthen das Gesicht, wenn nicht, die Brust ^).
Schemseddin antwortete hierauf:
Da es unmöglich, Schabe zu verklagen,
So heisst es, still den Sturz der Welt ertragen;
>j Reschideddin. ^^ Rotkes Gesicht, glücklicher Erfolg; rothe
Brust, gewaltsamer Tod.
304 ViertesBuch.
Wa55 du begonnen hast, war nicht vonnöthen,
Wird dir wie das Gesicht den Nacken röthen.
Schemseddin, starkmüthiger Geduld, schlürfte den Becher
der Deinüthigung bis zum Hefen aus. Als er eines Tages
mit seinem Amtsgenossen Feinde auf den Stufen des Thrones
erschienen, befahl ihm Abaka, die untere Stufe einzunehmen ;
Jft ein andermal, bei einem Gastmahle, verweigerte Abaka
^-' dreimal den ihm von Schemseddin dargebrachten Becher,
den dieser hiernach dem ober ihm knienden Feinde dar-
brachte; Abaka reichte hierauf dem Schemseddin, dem
eifrigen Moslirae , ein Stück Schweinfleisch , das dieser
schweigend verschluckte; da sagte Abaka zu den Trink-
genossen: Dort ist ein guter und ausharrender Mann; ich
hatte beschlossen , hätte er sich das Schweinfleisch zu essen
geweigert, ihm mit der Spitze des Messers das Aug' aus-
Jiebiulewwcl 2ixstechen. Nun erschien Alaeddin, der Statthalter Bai^dads,
680 ' ^ ,
T^-| — der Bruder Schemseddin's, welcher mit demselben in der
Anklage von Gelderpressung verwickelt war, zu Bagdad
ohne allen Aufwand in reinlicher Kleidung, und sogleich
war von allen Seiten ein Heer von Anklägern und Zwischen-
trägern in der Luft; Medschdulmülk zeigte an: Alaeddin
habe nun durch zwanzig Jahre die Steuerausschreibung des
arabischen Irak und Chusistan's verwaltet und in jedem dieser
Jahre über zwanzig Toraane Zuschuss erhoben. Alaeddin
rechtfertigte sich ,, durch die ihm aufgebürdeten Ausgaben
für die Prinzen und Frauen , für die Emire und Intendenten
der Gauen, durch den Aufwand für die Gesandten am Hofe,
für Geschenke und reiche Stoffe , welche alle die wichtigen
Lasten der Pachten die Diwanseinnahmen vollmachten" ').
Da die Ankläger hierin nicht aufkamen, änderten sie ihr
Spiel. „Sie stellten", sind Wassaf's Worte, „dem Könige
gegenüber einen anderen Bau als Thurm auf und trugen
vor, dass von den vor zehn Jahren^} gelegten Rechnungen
noch zweihundert fünfzig Tomane zu zahlen übrig seien."
Bei gepflogener Untersuchung zeigte es sich, dass diese
■;) \Aassaf. ') i. J. 669 C1270).
Viortes Du eh. 305
Summe nicht dem Statthalter, sondern den Päcfitern der
Districte zur Last falle, von denen dieselbe einzutreiben
unmöglich. So wurde darüber hinausgegangen und Alaeddin
wieder nach Bagdad zur Verwaltung seines Amtes zurück-
gesandt. Was den Anklägern Schemseddin's und seines
Bruders vorzüglich zu statten kam, war der durch die neuen
Kriegsrüstungen eingetretene Geldmangel. Von A«gyptert
her nahten sich die ägyptischen Befehlshaber Elfi und
Aschkar Sonkar mit einem Heere , welchem der Prinz 3Iengn
Timur entgegengesandt ward ; ein anderes Heer ging nach
Osten zum Dienste des Kronprinzen Arghun in Chorasan,
uud ein drittes war zur Huth der Gränze von Derbend er-
forderlich. Abaka war in der Absicht, zu Bagdad zu über-
wintern, auf der Strasse von Irbil und Mossul aufgebrochen ' i^g^^
und Alaeddin hatte auf dieser Seite die Vorhuth voraus- Jß^öcLJäsi
gesandt. Zu Rahbet hielt Abaka grosse Kreisjagd und trat
von hier den Weg nach Bagdad an. Diesen Augenblick
benutzte Medschdulmülk, um dem Padischah zur Füllung
der geleerten Cassen die von Alaeddin dem Schatze schul-
digen Summen in's Gedächtniss zu rufen«
Alaeddin, von allen Seiten der neuen, seinem Habe Alaeddin
und Blute drohenden Gefahr benachrichtigt, ergriff das ein- opfert ^in
zige Rettungsmittel des letzten durch freiwilliges Opfer des ^'^ *'
" ° ^ ^ und rvird
ersten. Er sandte sogleich sein ganzes Habe vom GrÖssten ^^rbannt.
bis zum Kleinsten an den Fuss der Majestät: „Sein ganzes
Habe", nach den Worten des in der ganzen Fülle asiatischen
Styles wuchernden Wassaf, „von den glänzenden Perlen,
welche wie Glückessterne strahlten , bis zu den geringsten
Korallen und den hölzerneu Geschirren, den gemalten, von
den kostbarsten Tapeten geflochten aus den goldenen Drähten
bis zu den schlechtesten Kotzen und strohgeflochtenen Matten,
von den Reinsten und Schöngestaltelsten bis zu den Niedrig-
sten und Veraltetsten, von den Gefässen, den vergoldeten,
den auserwählten, bis zu den alten Hausgeräthen, den in
die Rumpelkammer gestellten , von den Gürteln und Floren
bis zu den Vorhängen von Thoren, von den Sklavinnen, den
schönsten der Zeit, deren Wangen Rubinen von Bedachschan,
Hammer, Geschichte der llchane. I. 20
306 Viertes Buch.
bis zu den Stallknechten (Kutal), mit groben Kitteln ange-
than; er schaffte herbei aus der Musikkapelle die Pfeifen
und Trommeln, an deren Stelle die wiehernden und yahenden,
die sich stattlich und mannichfarbig als Reitthier nahenden,
von den Mäulern und Pferden die wohlfeilen und die werthen,
Kameele und Kameelinnen , Böcke und Widder. Sein Zweck
war, in Ehren zu beharren und nicht die Waaren zu be-
wahren; er war bereit, Alles zu wagen und beizutragen
und setzte den Fuss auf den Spruch :
Gott soll nach 7neiner Ehre mein Gut nicht segnen,
als auf seinen höchsten und unabänderlichsten Entschluss."
Zugleich eilte Alaeddin dem Ilchan entgegen und warf sich
auf der Station Dodscheii zu seinen Füssen. Da die Summe
der eingelieferten Schätze doch noch unter der Erwartung
geblieben, wurde er ungnädig empfangen, und es erging
ein Jerligh, um den Emir Taghadschar zur Einleitung des
Prozesses nach Bagdad zu berufen; er plünderte noch das
von Alaeddin gestiftete Karawanserai (Robath^ Kloster, und
da im Hause Alaeddin's nur der Besitzer allein zurückge-
blieben war, wurde dieser in Empfang und Verhaft ge-
nommen. Alaeddin wurde in den Halsblock geschlagen, auf
die Folter gelegt, nackt zu Bagdad hineingeführt und dann
verbannt. In dieser Tiefe seines Elends sandte er an seinen
Bruder , den Wesir , die arabischen Verse :
Freund ! dein Ohr dem Manne schenke,
Den man führt zur Todestränke ;
Meinem gnädigen Herrn klag' ich
Und der Zeiten Unbill trag' ich ^
Nacken schlanker Mädchen steht mir an ,
Nicht der Bannstrahl im Dorfe Ban.
Ban heisst das Dorf bei Nissibin, nach welchem er verbannt
ward und dessen Name hier mit Ban spielt, dem IVamen
der babylonischen Weide, mit deren biegsamen Stamm und
Aesten der Nacken und die Glieder der Schönen verglichen
werden. Seine Feinde fanden in diesen Versen neuen StoflF
von Anschwärznng und Verfolgung; sie ärgerten sich darüber,
dass er inmitten seines Unglücks noch Lust und Geist genug
^' i e r t e s Buch. 30>
besitze zu arabischen Versen und Wortspielen. Einem
Freunde, der ihm von der Stimmung der Feinde Nachricht
gab, schrieb er:
Dem Freunde send' ich Wort: Mich beugt Erniedruuj; nicht.
Wann Nächte wenden sich mit seltsamem Gesicht:
Wie soll ich kümmern mich um der Geschäfte Macht,
Da Gott sich meiner annimmt, mich beschützt, bewacht.
Alaeddin , welcher europäischen Orientalisten bisher nur als
Geschichtschreiber bekannt gewesen , verfasste in seinem
Elende mehrere Gedichte, deren einige in dem Buche des
Trostes der Brüder, welche eine Art von arabischen Boethius,
gesammelt sind. Seine berühmte Kassidet allein, deren
Beginn :
Wenn dich die Welt anschauet schief,
Bewege diess dir nicht die Brust,
haben über siebzig Dichter durch Glossen commentirt' ).
Die Feinde Alaeddin's, um seinen Ruin zu vollenden; _.. f}^„*s
nahmen zu neuen Listen und Lügen , Verschwärzungen und fernere
Verläumdungen die Zuflucht. Sie klagten ihn verrätheri- Schicksale.
6chen Briefwechsels mit Aegypten an und bedienten sich als
Werkzeuges ihrer Ränke eines unbekannten Juden. Dieser
beschrieb zu wiederholtenmalen ein Papier mit farbigen
Linien aus Safran und Grünspan als einen Talisman, und
dieses wurde während der Hausuntersuchuog in den Kleidern
Alaeddin's verborgen. Dieser falschen Anklage sollten die
ägyptischen Zustände Glaubwürdigkeit geben. Vor einigen
Monaten war zwischen Kilmvun Elfi, dem im Namen des
unmündigen Sohnes Bondokdar's Aegypten beherrschenden
Fürsten, und den Begen der Mamluken Uneinigkeit ausge-
brochen und Sonkar Aschkar hatte sich mit Isa Ben Mohenna,
dem Emire der syrischen Beduinen, verbunden; wider die-
selben sandte Elfi ein Heer nach Damaskus, welches bis
nach Aana und Hadise an die Ufer des Euphrats streifte.
Abaka sandte einen Gesandten an Elfi und Sonkar, um sie
•) Wassaf gibt die Glosse Asaseddin El-Jakubi's in achtzehn
füufzeiligen Strophen.
20*
308 Viertes B u c li.
einzuladen, die Länder des llclian's nicht zu belästigen und
sich ihm zu unterwerfen. Diese Gesandtschaft traf in dem
Augenblicke ein , als die beiden verbündeten Emire von
Elfi geschlagen worden waren; sie versprachen sich Hilfe
von Abaka, und der Emir der Wüste sandte seinen Bruder
mit dem Gesandten nach Bagdad, als Alaeddin dort noch
in der Machtvollkommenheit seines Amtes stand. Er be-
richtete an den Ilchan die wahre Lage der Dinge und erhielt
den Befehl desselben, den Sonkar und den Bruder des Emirs
freundlich zu behandeln. Diesem Befehle gemäss hatte Ala-
eddin dieselben freundlich empfangen und ihnen zu Bagdad
Gold und Korn angewiesen; dies war Alles, was an der
Verbindung Alaeddin's mit Aegypten wirklich und wahr.
Zu dieser Zeit hatte Mengu Timur (der Oheim Abaka's)
ein zahlreiches Heer an die Ufer des Euphrats geführt;
Sonkar und Isa schickten Gesandte an Abaka, um den Rück-
marsch dieses sie bedrohenden Heeres zu bitten, und Mengu
Timur erhielt den Befehl , sich vom Euphrat abzuwenden,
während auf der anderen Seite gleichzeitig Prinz Baidu,
der Sohn Tarakai's (des fünften Sohnes Hulagu's) und
folglich der Neffe Abaka's, mit einem Heere in Syrien ein-
fiel. Diesen scheinbaren Widerspruch der Bewegung der
mongolischen Heere in Syrien und am Euphrat, indem sie
dort vordrangen, hier sich zurückzogen, rissen die Feinde
Alaeddin's als eine Waffe wider denselben an sich, und indem
sie den Gesandten des Beduinenfürsten für sich gewannen,
traten sie mit Alaeddin in Banden die Reise nach dem
Hofe an, der damals zu Hamadan. Alaeddin's Trost in
dieser misslichen Lage waren die Beweise von Theilnahme,
die er von allen Grossen erhielt, die ihm dieselben in
Briefen und Gedichten kund gaben. So schrieb ihm Beha-
eddin Ali:
Ich höre, dass du immer klagst und weinest
Und früh und spät mit deinem Kummer greinest;
>Vie laug' setzt Welt dir an den Hals das Messer ?
Sei ruhig und geduldig, es ist besser.
Viertes It u c h. 309
Alaeddiii antwortete hierauf:
Wie soll ich klagen nicht, mein Aug' nicht weinen,
Da wenig fehlt, dass mich zertrümmern Feinen?
Die Welt hat angefallen mich mit .Steiueu,
Wie soll ich schlottern nicht in den Gebeinen ?
Ais Aiaeddin, von seinen Feinden geführt, auf dem Wege
von Bagdad nach Hamadan auf die Höhe von Esedabad ge-
kommen , begegnete ihnen die Nachricht von dem Tode
Abaka's, welcher dem Schicksale Alaeddin's und seines
Bruders günstigere Wendung gab. Ehe wir des Todes
Abaka's umständlicher erwähnen, liegt uns noch ob, einige
frühere Begebenheiten und den weiteren Verfolg des syri-
schen Feldzuges zu erzählen.
Drei Jahre vor seinem Tode war Abaka selbst von Tebris peUzug tvi-
gegen Chorasan aufgebrochen , wohin er seinen Sohn Arghun der Sistau,
vorausgesandt, um die Niguderischen Banden, deren Einfall Chorasan,
in Fars oben erzählt worden, zu Paaren zu treiben: er kam , ,,^/
1. Moharrem
aber nicht weiter, als bis Sistan, dessen Hauptstadt er be- 677
lagerte und dann wieder zurückkehrte; er brachte Aeiv25.MaliS7>^
Oldschai Buka, den ältesten Sohn Mubarekschah's (des Sohnes
Muwatukjan's), und andere Prinzen des Uluses Dschaghatai
mit sich; dann begab er sich nach Herat, wo ihm die Emire ^^' ^'^^- ^^•
677
der Karawinas *"), eines der kriegerischsten und, wie Wassaf ^r— : r^^zr
-^ ° ' .j. Auij. ISTs
sagt, der teuflischen Stämme der Mongolen (^die Naphta-
feuerwerker), huldigten, welche ihren Namen vermuthlich
von ihrem Sitze zu Karmvin dscheidim haben. Bei seiner
Rückkehr nach Tebris vertheilte er nach dem Beispiele seines ^7; — --'- — ~
* 23. Auflast
Vaters, Hulagu , Ländereien als Leibgedinge der Frauen. 1278
Die Frau Kutui erhielt Miafarakain, die Frau Oldschai einen
Theil Diarbekrs xxnADschiseretol-Omar , der Gemahlin Dschum-
kur's, JNulun Chatun, des Oheims Abaka's, und ihren beiden
Söhnen, Dschuschlcab und Kunschu, wurde Seimas mit seinem
*) d'Ohsson III. macht sie zu denselben mit den Niguderischen
Bauden: Nigoudariens ou Caraounass; aber Reschideddiu, in dem
Abschnitte unmittelbar vor den Begebenheiten Medschduhmilk's und
Schemseddin's, spricht erst von den Niguderischen Banden in Sistan,
dann von den Karawineu in Ghorasan.
,*510 V i e r t e » B u c h.
Gebiete verliehen. Buka, der Sohn Hukutai's, der Dsche-
laire, welcher, nach des Vaters Tod ein unmündiger Waise,
unter Abaka's Augen erzogen worden, wurde zu einem der
grossen hiaken, d. i. der vertrauten Hofdiener, und später
zum Schatzmeister des Pelzschatzes (^Postin^), woher das
Postelnik der Russen und Wallachen^ ernannt. Die Nign-
derischen Banden waren kaum aus Fars abgezogen,' als die
Nachricht eintraf von einem AngriflFe der Aegypter auf
Kalaater Rum, d. i. das Römerschloss, welches an der Stelle
des alten Zeugma den Uebergang über den Euphrat ver-
theidigt. Sultan Said, der Sohn und Nachfolger Bondokdar's
(Runter der Vormundschaft Kilawin Elfi'sJ , hatte ein Heer
von neunzigtausend Reitern und viertausend Fussgängern
wider diese Festung abgesandt. Die ägyptischen Truppen
befehligte der Emir Beiseri, die syrischen Hossameddin von
Aintab. Die Stadt wurde eingenommen und verbrannt; da
die Citadelle aber fest hielt , zogen die Eroberer nach fünf
Tagen beutebeladen ab. Sultan Said war in Aegypten ab-
gesetzt, mit dem Leibgedinge von Kerek dahin verwiesen
und die Sultanschaft dem Emir Kilawin Elfi, dem Kipdschaken
aus dem Stamme Burdsch Oghlu, übertragen worden; dieser
nahm dieselbe vor der Hand nicht an, sondern begnügte
sich, im Namen des siebenjährigen Selamisch, des Sohnes
Bondokdar's, als der Atabeg desselben zu herrschen; aber
die Namensherrschaft des siebenjährigen Knaben dauerte nur
S.RedschebhviwAGvi Tage, nach welchen er abgesetzt und zu seinem
^'^^ - Bruder nach Kerek verwiesen ward. Kilawin Elfi, so bei-
27 Nov 'i279
genannt, weil er um tausend Goldstücke gekauft worden,
und Ssalihi, weil er ein Maraluke Ssalih's, des letzten
ägyptischen Sultans aus der Familie Ejub, bestieg den Thron
als Sultan Manssur, d. i. der Siegreiche, ein Beiname, dessen
gute Vorbedeutung während seiner ganzen Regierung er-
füllet ward. Der Emir Sonhar aschkar, d. i. der Blonde,
machte ihm als Nebenbuhler den Thron streitig, indem er
') Hier nuuut Kescliideddiu den Schatz Cliasinei Nnrin , im Ab-
sclmitte der Stiuuuie aber bei den Dschclaireu Justin.
Viertes Buch. 311
sich zu Damaskus zum Sultan ausrufen Hess, aber bald mit
seiuem Verbündeten, Isa Ben Mohenna, von den Truppen
des Sultans geschlagen, Iiatte er sich, wie oben erwähnt
worden, mit Alaeddin, dem Wesire Abaka's, zu Bagdad in
Unterhandlung eingelassen und sich dann in's syrische Schloss
Sahmn, eines der festesten, ehemals den Assassinen gehö-
rigen, geworfen. Abaka hielt diesen Augenblick günstig
für den syrischen Feldzug. Seilte Truppen raarschirten in's i^.OcM^SO
Gebiet von Haleb ein , wie sie Aintab, Derbesak und Baghras
besetzten und bis nach Haleb vordrangen, rennend, brennend,
staubend, raubend, Männer tödtend, nur den Weibern als
Sklavinnen das Leben rettend. Kilawin war von Aegypten,
wo er seinen Sohn unter dem Namen Melik ess-Ssalih als
Thronfolger ausgerufen, gegen Syrien aufgebrochen; als er
vernommen , dass der Feind mit der Beute von Haleb ab-
gezogen, wieder nach Kairo zurückgekehrt.
Im folgenden Frühjahre zog Kilawin wider seinen Thron- l^- Muhar-
nebenbuhler Sonkar aus, der noch im festen Schlosse Scheiser
10. Mai ISS!
hielt. Er versprach die Auslieferung desselben für die Ab- ^ ,, ,,
*^ ° Sehlacht von
tretung von Famia (^Apamia^, Antiochien, Latakia (Lao- j]i:nss :
dicea) und der Schlösser Sahiun, Belatonus, Bersijet ; auch Abaka's
die beiden letzten gehörten , wie Sahiun, unter die festesten '^^'^■
Schlösser der Assassfnen vom Gebirge , welches von ihnen
den Namen des Messers (Sikin) führt. Belatonus ist das
alteBanias an der Seeküste nördlich von Merkab und Bersijet,
ein kleines Schloss an dem westlichen Saume des Berges
Chaitj welcher auf der Ostseite des Sees von Apamea ').
Diese Forderung war kaum zugestanden, als Kilawin den
Anzug zweier mongolischer Heere vernahm, deren eines, von '
Abaka selbst befehligt, sich gegen Rahbet wandte, das andere,
unter dem Befehle Mengu Timur's, des Bruders Abaka's,
zwischen Kaissarije und Ablistan fCäsarea und Comane^
gelagert hatte. Mengu Timur zog langsam in Syrien auf
der Strasse nach Aintab und stand, nachdem er Hama ver-
heert, vor Himss, wo auch Kilawin, durch die Truppen
•) üschihaununia S. 594.
312 Viertes B u c h.
14. RedscJieb Soiikar's verstärkt, eingetroflFen war. Die Schlacht blutete
in der Ebene uicht ferne vom Grabmale Chalid's (beigenannt
30.0ct.l8Si , ^ ^ ^ -V , „
(las üschwert Gottes J, des Eroberers Syriens unter dem
Ciialifate Omar's. Das Heer Mengu Tiraur's zählte fünf und
zwanzigtausend Mongolen, fünftausend Georgier, eine arme-
nische, von König Leo befehligte Truppenabtheilung und
eine der Türken Rums; aöch das ägyptische Heer , welches
die ersten der Emire ')» befehligten, war von syrischen
Turkmanen und Kurden verstärkt. Der linke Flügel der
Aegypter vom rechten der Mongolen, weichen Mengu Timur
an der Spitze der Uiraten, Georgier und Armenier befeh-
ligte, wurde bis an die Thore von Himss zurückgeschlagen;
aber Mengu Timur selbst, bald hernach vom Emir Usdemir
verwundet, ergriff die Flucht; seine Flucht zog die Nieder-
lage des mongolischen Heeres nach sich , das nach allen
Seiten floh. Von Seite der Mongolen war Semaghar, einer
ihrer tapfersten Feldherrn, von Seiten der Aegypter der
Emir Usdemir, welcher den Prinzen Timur verwundet uad
vom Pferde gestürzt hatte, geblieben. Die Mongolen hatten
sich theils gegen Haleb, theils gegen Seiemijet, die an der
Gränze der Wüste gelegene Stadt, geflüchtet; die letzten,
durch den ägyptischen Befehlshaber Rahbet's abgeschnitten,
irrten in der Wüste, wo sie dem Hunger und Durst erlagen:
nur sechshundert Reiter wurden gefangen und zu Rahbet
geköpft; eine andere, vor Burt gelagerte mongolische Trup-
penabtheilung wurde gleichzeitig von den Belagerten ange-
griffen, die fünfhundert derselben tödteten. Mengu Timur
zog sich nach Dschesiret, dem Leibgedinge seiner Mutter,
• Oldschai Chatun, zurück. Abaka war, während Mengu Timur
.9. hschemm. '" Syrien einmarschirt, jagend bis Rahbet gekommen, kehrte
»uifi aber dann nach Sindschar zurück und war Anfangs Novembers
^J. Sept. |„ seinem Lager vor Mossul eingetroffen. Hier erhielt er
die Kunde der Niederlage seines Heeres. Erzürnt kündete
er für den nächsten Frühling ein Kurultai an , wo die Feld-
herren, die ihre Schuldigkeit in der Schlacht nicht gethan,
') Die Namen derselbeu bei d'Olissou III. 5'2t3. uach Noweiri.
V i e r f e s Buch. 313
bestraft werden sollten. In der Hälfte des Februars brach 6. SilkiJe
Abaka von Bagdad nach Haraadan auf, wo er im Paläste i3. Februar
Fachreddin Minotschehr's abstieg. Er überliess sich dem
Genüsse geistiger Getränke, dem er unmässig ergeben. Eines
Abends glaubte er in seiner Trunkenheit einen schwarzen
Vogel vor sich zu sehen: Weg mit dem schwarzen Vogel,
rief er; aber so viel die Leibwachen auch spähten, war von
einem schwarzen Vogel nichts zu sehen. Auf einmal schloss 20. Sithi-
er die Augen und gab, auf goldenem Throne sitzend, den
,, . j i.Aprill282
Geist auf). Er wurde an der Seite seines Vaters m dem
Schlosse Teke am See von Meragha bestattet ; schon am
fünf und zwanzigsten Tage nach seinem Tode folgte ihm
auch sein Bruder Mengu Timur in's Grab zu Teke -). Abaka
starb acht und vierzig Jahre alt, von denen er siebzehn
geherrscht, der Befestiger der Herrschaft der Ilchane in
Persien und Georgien im Geiste des Gründers Hulagu; kein
Eroberer, wie dieser, aber auch minder grausam. „Abaka",
sagt der Mönch Haitho, „war ein staatskluger, sein Reich
glücklich verwaltender Herrscher , der nur in zwei Dingen
unglücklich; erstens, dass er nicht Christ werden wollte
und als Götzendiener den Götzenpriestern Glauben beimass;
zweitens, dass er, in beständigem Kriege mit den Nachbarn
verwickelt, den Sultan Aegyptens in Ruhe lassen musste,
der sich durch mongolische Ueberläufer und durch Bünd-
nisse mit dem Herrscher des Uluses Kipdschak verstärkte."
Die Klage Haitho's, dass Abaka nicht Christ werden Verhaltnisse
wollte, beweiset schon, dass Hoffnungen oder Bemühungen 9^oen die
zu seiner Bekehrung rege waren ; ferneren Beweis liefern die '^" ^""
in den Geschichtschreibern der Päpste erhaltenen Schreiben
') Im Schedscliretol Etrak S. 254 dasselbe Datum, nur mit der
gewöhnlichen Verstümmelung des Uebersetzers statt Silhidsche z'i
Huj. *) Reschideddin, Nuweiri, Bar Hebräus; der letzte irrig Sil-
kide statt Silhidsche. Mengu Timur heisst bei Haitho Mongodainir ;
iiach ihm wäre Mengu Timur schon am achten Tage nach dem
Bruder gestorben, und beide durch Gift. Verlässiger als der syri-
sche Bischof Bar Hebräus und der armenische Mönch Haitho sind
hierüber Reschideddin und Wassaf.
314 Viertes Buch.
desselben an Abaka. Papst Clemens IV. meldet in einem
aus Veterbo erlassenen Schreiben, dass er das Schreiben
des Chan's erhalten ; bedauert aber , dass dasselbe nicht
lateinisch abgefasst, weil Niemand dasselbe lesen und ver-
dolmetschen konnte und er also den Worten des Boten allein
Glauben beimessen müsste; dieser scheint wirklich seine
Botschaft grossentheils aus sich selbst geschöpft zu haben,
denn es ist nicht wahrscheinlich, dass Akaka (wie ihm
Clemens dafür dankt} ihm seine Freude über die Niederlage
Manfred's des Hohenstaufen bezeugt, dass er ihm seine Be-
reitwilligkeit gemeldet, mit seinem Schwiegervater dem
Paläologen und den Lateinern zu helfen , und noch unwahr-
scheinlicher, dass er gegen ihn den Wunsch, Christ zu
Sb'. Jan. 1274 werden , geäussert habe. Sieben Jahre später waren Ge-
sandte Abaka's mit Schreiben nicht nur an den Papst, son-
dern auch an andere christliche Könige beglaubigt. Eduard L,
der König von England , ermuthigte ihn in seinem Antwort-
schreiben, in dem Entschlüsse der Bekehrung zum Christen-
thume zu verharren, und Gregor X. empfing den Gesandten
Abaka's auf der Kirchenversammlung zu Lyon, wo statt des
1277 Senders wenigstens «der Gesandte getauft ward. Drei Jahre
hernach erschienen abermals zwei Fremde , die sich für Ge-
sandte Abaka's ausgaben , am Hofe des Papstes Joannes XXL
mit einem Aufrufe an alle christlichen Fürsten zu einem
Kreuzzuge nach Palästina. Man bewog sie, an den Hof der
Könige von Frankreich und England sich zu begeben. Dem
Könige Philipp versprachen sie den Beistand Abaka's, wenn
er zu Akka landen wollte. Diese beiden Gesandte, welche
georgische Christen gewesen zu sein scheinen , hatten zu
Rom versichert, dass Abaka und sein Oheim, der Gross-
kaan Kubilai, bereit seien, zum Christenthume überzutreten;
Joann XXI. bestimmte fünf Franziskaner zur Erwiederung
der Botschaft; da er aber vor ihrer Abreise starb, traten
sie erst im folgenden Jahre mit Schreiben Nikolaus HI. an
Abaka und seinen Oheim Kubilai'} die Reise an. „Die
') Dieser Name ist als ^uolibey verstümmelt in yuolibet.
Viertes ß u c h. 315
römische Mutterkirche", schreibt INikoIans anAbaka, „freat
sich des Inhaltes des durch die Gesandten Deiner Herrlichkeit,
Joannes und Jakob Vassali, Unserem Vorfahren gebrachten
Schreibens, welches, wenn ein christliches Heer in Syrien
landete , demselben Verpflegung verheissen , und zu dem
Ende Wir Allem, was sie mündlich sagen, Glauben beizu-
messen aufgefordert werden. Unter dieser Beglaubigung')
haben sie Unserem Vorfahren, unter dessen Cardinälen Wir
uns damals befanden, die höchst angenehme Nachricht ge-
geben , dass Deine Herrlichkeit und Dein Oheim Kubilai, Ihr
beide unsere in Christo geliebteste Söhne , einige Personen
verlangt, um Euch und Eueren Sohn in der christlichen
Lehre zu unterrichten und zu taufen." Der Papst bittet
den Chan, die Missionäre gütig aufzunehmen, ihnen in allem,
was sie ihm über die Taufe, Dogmen und Religionspflichten
sagen werden, Glauben beizumessen, sie auf ihrer Reise
zum Grosschan frei zu halten, und empfielt ihm dann alle
Christen Unterthanen des Chans als Freunde ^ ). In dem
den fünf Franziskanern ertheilten Breve begewaltigt er sie,
in allen den Tataren untergebenen Läniiern das Wort Gottes
zu predigen, den Abaka und alle, die sich zum christiichen
Glauben bekehren wollten , zu taufen , die Excommunicirten
zu absolviren , Beicht zu hören und Buse aufzulegen, auch
sogar die Mörder von Clerikern und Priestern loszusprechen,
wenn sie nur an Kirchen und Klöster gehöriges Sühnungs-
geld zahlen, neue Kirchen zu stiften, den NeuTermählten
ihre Frauen, die ihnen nicht in verbotenen Graden ver-
wandt , zu gestatten , in Ehesachen zu entscheiden , selbst
dort, wo weder Kirche noch Oratorium, Messe zu lesen,
die Grundfeste einzusegnen , Gelübde umzuändern , Mess-
kleider urd Altäre zu weihen , wo katholische Bischöfe nicht
vorhanden,. und alles gemeinsam oder einzeln zu unternehmen,
was zur grösseren Ehre Gottes und Verbreitung der katho-
*) sab qua crerlulitate lautet fast irouiscli. ^) Reyiialdus II[.
l). 45S und iu Mosliemii liistoria Tatarorum ecclesiast. p. "2.
316 Viertes Buch.
lischen Lehre förderlich und erspriesslich '). Die Bekeh-
rung Kubilai's und Abaka's wurde durch diese fünf Franzis-
kaner eben so wenig bewirkt, als dreissig Jahre früher die
Batu's und Gujukchan's durch die Missionäre Gregor's IV. ;
aber von diesen letzten bestehen die Reiseberichte Plan
Carpin's und Rubruquis über die Länder, Sitten und Herr-
scher der Mongolen, während von der Mission der fünf
Franziskaner keine weitere Spur^).
Unter Abaka's Regierung dauerte der Flor der Liiteratur,
Literatur, dessen wir schon unter der Hulagu's und weiter oben erwähnt
haben, in erfreulichem Glänze fort; das grösste Verdienst
dieser Stätigkeit gebührt nach Nassireddin von Tus wohl
dem gelehrten Brnderpaar Schemseddin und Alaeddin Dschu-
tveini, welche schon von Hulagu als Wesire mit der höchsten
Leitung der Reichsgeschäfte betraut, denselben auch wäh-
rend der siebzehnjährigen Regierung Abaka's vorstanden,
bis zum Schlüsse derselben ihr Kredit und Ansehen , er-
schüttert, wankte. In Rum hatte sich die schönste Blüthe
mystischer Philosophie und Poesie in den Werken Ssadr-
eddin's von Koma iiid Dschelaleddin Ru?ns entfaltet. Zu
Schiras lebte noch der hundertjährige «Saßr/e (^ dessen Lebens-
centurie zugleich das Jahrhundert des grössten Aufschwungs
persischer Poesie^ in Freundschaft mit dem Dichterkönig
und Schönschreiber Hemker Farsi , der als Dichterkönig
Medschdeddin SemeJci^^ hiess, mit Imami aus Herat und
mit Chodscha Hemameddin*')^ dem Schreiber Nassireddin's
von Tus, dem reichen und gastfreien Manne, welcher den
Sohn des Wesirs Schemseddin zu Tebris mit einem in vier-
hundert porcellanenen Schüsseln aufgetragenen Gastmahle
') Waddington annales Minoruni V. 40 und in Mosliemius p. 80
^) Die umständlichsten und gründlichsten Nachrichten über die Mis-
sionen enthält die vortrefFliche relation des Mongols ou Tartares
par M. d'Avezac im IV. Bande des recueil de vo^'ages et de ine-
moires der geographischen Gesellschaft zu Paris. ') Güside B. .^43
gibt das poetische Fetwa desselben über den Rangstreit zwischen
Sahir und Envveri, welcher von beiden ein grosserer Dichter-
*) DewJctscIiah und Güside B. .^5.
Viertes Buch. 317
bewirthete. Ausserdem noch die folgenden Dichter: Purbeha
üschami, welcher halb mongolisch, halb persisch dichtete
und mit Chodscha Hemameddin besonders im künstlichen
und schweren Versmaasse wetteiferte '^; Abulmadhi Raigani,
so von dem in der Nähe Kaswins gelegenen Dorfe Raigan
beigenannt, berühmt durch einen auf die fromme Stiftung
Melik Iftichareddin's von Kaswin aus dem Stegreife gesagten
Viervers ^). Dschemaleddin von Kaschan, welcher eine
berühmte Redondille Saadi's mit gleicher entgegnete'}.
Dschemaleddin Rastak ol koiu, welcher sein^ Beinamen
von Rastak, einem Stadtviertel Kaswin's, hat rftid unter der
Regierung Abaka's neunzigjährig starb*}; der Richter ÄeÄ«-
eddin Sendschani, der Lobredner Schemseddin's des Wesirs,
welcher so, wie Purbeha, mongolische und türkische Wörter
persischen einmischte*}. Rasijeddin Bela war Intendent
der Pachten von Diarbekr; als ihn Abaka absetzte und seine
Stelle dem Emir Dschelaleddin verlieh, welcher ursprünglich
ein Halbtromraelschläger, hatte Rasijeddin den Muth, dem
Wesir Schemseddin den Viervers zuzusenden :
0 Schah! du nahmst das Land von uns zum Zeitvertreib,
Gabst einem Zwitter es, der weder Mann noch Weibj
Es ist nun sonnenklar dem Aug' der beiden Welten,
Was dir der Schlag des Schwerts und der der Trommel gelten^).
Nedschmeddin Serkub, d. i. der Goldschläger, ein Zeitge-
nosse Abaka's, der aber auch unter der Regierung Arghun's
lebte und seine Beschäftigung und Armuth durch die fol-
genden Verse schilderte:
Mein Handwerk ist, zu schlagen Gold;
Das Leben wird dadurch nicht, heller.
') Geschichte der persischen Redekünste S. 221. ^) Güside
ß. 3.33. 3) Güside B. 335. ') Güside B. 335. *) Güside B. 335 gibt
als Beispiel den Anfaugsvers einer Kassidet:
Ei kerde ruh ba lebi laali tu Nokeri
Maaschuki Vsbegi we nigari her Chavveri.
Hier sind Nokeri und Vsbegi die fremden Wörter. ^) Güside.
t
318 Viertes Buch.
Ich sitze immer zwischen Gold
Und habe niemals einen Heller').
Endlich Nisameddin von Issfahan , der arabisch und persisch
dichtete und von welchem der Schreiber der auserwählten
Geschichte eine Kassidet zum Lobe des grossen Wesirs
Schemseddin Dschuweini'^3 erhalten, welche, da Schems-
eddin und sein Bruder Alaeddin die Pole persischer Kultur
und Literatur während der Regierung Abaka's so füglicher
diese üebersicht persischer Literatur zur Zeit Abaka's
schliesst, als der Schluss des Lobgedichtes selbst ein arabi-
sches Disticnon des grossen Wesirs Schemseddin:
Komm', lass dir von dem Streit' des Baches sagen,
Der sich mit der Cypresse zugetragen.
Der Bach sprach viel von seiner reinen Flnth
In hundert Zungen und in hundert .Sagen ;
Da sprach zu ihm Cypresse so: 0 Freund,
Willst du, warum ich zittere, mich fragen?
Ich bin gerad' und stehe festen Fusses,
Indess dich krumm die Spötter weiter tragen.
Bei Gott! du gehst vorbei: und willst dir so
Den alten Trauten aus dem Kopfe schlagen.
Bald brausest du mit Heftigkeit einher,
Bald bleibest du im Dümpfel sitzen mit Behagen.
Als Antwort sprach der Bach, der tief beschämt,
Aus Scliaam den Kopf empor kaum konnte tragen :
Ich seh', Cypresse, du hast Sanftmuth nicht
Und kannst mit Freunden dich nicht gut vertragen 5
Denn stets aufstrebend und empörerisch ,
Und weich und lind und mild ist mein Betragen.
Du, prahle dich hinfiir mit Freiheit nicht,
Nicht mit Beständigkeit und Liebesklagen;
Du nährtest vormals dich in meinem Schooss,
Nun willst du hoch empor den Kopf nur tragen,
Du weihest nun sehr wenig Schatten mir,
Weisst nichts von Huld und goldnen Fruchtgelagen ;
Verzweifelnd fliehe ich von dir in's Feld,
Um an dem Fels' die Brust mir wund zu schlagen ;
■) Die letzten sieben Dichter fehlen in Dewletschah, und auch
in der Geschichte der persischen Poesie, zu der das Güside noch
nicht benutzt werden konnte. 0 Güside B, 343.
Viertes Buch. 319
Du träj^st das Haupt gen Hinunel hoch empor, *
.Schaust nicht auf mich, der dir zu Füssen liegt;
Uein Haupt ist grün, du bist so frisch und schön,
Und ich verachtet mit zerrissnem Kragen ;
Geniesse stolz die Ruh', du stehest fest,
Indessen mich von dir die >Yinde jagen. ,
So sprach der Bach und barg sich in den Staub,
In Thränen fliessend hin und Weheklagen;
Cypresse ward darob gar sehr verwirrt,
Des Freundes wegen fühlt' sie Unbehagen ,
Im Garten schlug die Hände sie zusammen ;
Der Vögel Chor begann, darob zu klagen,
Da war die Zeit, den Vers von Schemseddin ^
Inhaber des Diwans , dem Herrn zu sagen ;
Der Garten hauclit wie Aloe aus Hindy
Auf Aloen die Turteltauben klagen •).
') Lakad fahet el aaud el Komari
We faher-raudh kel aaud el Komari.
Das Wortspiel liegt in dem Doppelsinn der Worte Fahet und
Komari ; jenes heisst im ersten Verse klagen, im zweiten hauchen ;
dieses ist im ersten Hemistich der Plural von Kumri , Turteltaube,
im zweiten Epithel: kumarische Aloe.
/üttftee P n d^.
Farteiungen um die Thronfolge ; Teguder*s Tbron-
liesteigung; ; Hinricbtung Medschdolmülk's ; Zu-
stände von Scbiras; Hong^uratai ^^etödtet; Krieg
z'W'ischen Teguder und Argbun; die liandscbaften
Kumis und Taberistan mit ibren l§tädten; Jüarscb
nacb Knmis; Argbun vor Kelat; Tbronbesteigung
Argbun's; dessen Gemablinnen^ iSöbneundTöcbter;
Terungnadung und Hinricbtung des IFesirs >^cbems-
eddin; die Verwaltung von Fars unter der Prin-
zessin Abiscb, dann Seid Imadeddin ; Buka's iSturx ;
Hinricbtung der Prinzen Dscbuscbkab 9 Huladsebu
und Karabuka ; Ver^^altung des Juden Seaded-
dewlet; Feldzug gegen Derbend; Argbun's Ver-
bältnisse gegen Aegypten; Kendscbatu's Tbronbe-
steigung und dessen Familie; l§sadreddin von Sen-
dscban TFesir ; Einfall der liuren in Irak und Fars,
und Melik el Escbrefs, des ISultans von Aegypten;
Verratb der Emire ; Papiergeld; Ende Kendscbatu's
und Baidu'S IlTacbfolge.
ww ir haben die achtjährige Regierung Hulagu's, des
Parteiungen Gründers des Reichs , in zwei Büchern , die der siebzehn-
um die jährigen seines Nachfolgers in dem vorhergehenden erzählt;
wir werden auch, so Gott will, das Leben und die Regie-
rung der achtjährigen Regierung Ghasan's, des siebenten
und grössten mongolischen Herrschers in Persien, in zwei
Büchern beschreiben; aber nur diesem Einen die Regie-
• rungen von Teguder , Arghun und Kendschatu , die durch
zwölf Jahre nacheinander geherrscht. Hulagu, der erste
der Ilchane, hat das Reich als Eroberer gegründet ; Abaka^
K 11 n 1" t e s U u c li. 321
der zweite, dasselbe zwar nicht erweitert j aber durch die
Stätigkeit seiner Wesire, des grossen Brüderpaars Schenis-
eddin und Alaeddin, auf derselben Höhe erhalten; unter
den vier nächsten ward es durch innere Unruhen und Streit
der Prinzen um den Thron zerrüttet, bis Ghasan das er-
schütterte Gebäude der Herrschaft wieder mit blutigem
Mörtel befestigte und durch weise Einrichtungen zum Giebel
seiner Grösse emporhob. Der dieses Buch füllende zwölQährige
Zeitraum des Bürgerkriegs und der Zerrüttung mag einiger-
raassen mit dem zehnjährigen der osmanischen Geschichte
verglichen werden, in welchem nach Bajesid's des Wetter-
strahls Tod die Söhne desselben sich um den Thron stritten
und das getheilte Reich erschütterten; nur herrscliten dort
längere Zeit drei und dann zwei gleichzeitig, während
hier die schnelle Entscheidung des Thronstreites durch das
Schwert nur zwischen Baidu und Ghasan getheiller Herr-
schaft Raum übrig liess. In der osmanischen Geschichte
ist die gleichzeitige Regierung der drei Brüder Suleiman,
Musa und Mohammed eine Zwischenherrschaft , während hier
die drei ersten genannten Herrscher nicht gleichzeitig regiert,
sondern den bestrittenen und dem Vorfahrer, entrissenen
Thron nur nach einander durch kurze Zeit behauptet haben.
Abaka hatte seihen Sohn Arghun zu seinem Nachfolger im
Reiche bestimmt und demselben als solchem die Statthalter-
schaft von Chorasan verliehen. Die Entfernung würde den-
selben nicht gehindert haben, sein Recht auf den Thron zu
behaupten , hätten nicht andere umstände dem Oheime Te-
guder und seiner Partei Vorschub gethan. Dieser war der
Aka Arghun's, d. i. der Aeltere der Familie, und das höhere
Alter gab, wie schon beim Streite zwischen Hulagu und
Berke zu bemerken Gelegenheit gewesen, in der mongoli-
schen Familienhicrarchie immer Vorrang und Ansehen vor
dem Im\ d. i. dem Jüngeren; aber dieser Altersvorzug würde
dem Teguder eben so wenig zum Throne verholfen, als die
Entfernung von der Residenz dem Arghun denselben geraubt
haben, wären nicht andere Hebel wirksam thätig gewesen.
Die persischen Quellen stellen dieselben gar nicht gehörig
flanimer, Geschichte der Ucliane. I. 21
322 t' " 11 f t e s H u c h.
heraus und lassen über die nächsten Beweggründe der ver-
änderten Thronfolge einiges Dunkel ; dieses aber verschwindet
bei näherer Betrachtung des zu Ende des vorigen Buches
berührten Verhältnisses zwischen Arghun und dem gestürzten
Bruderpaare Schemseddin und Alaeddin, welche seit Hulagu
zu Tebris und Bagdad das Steuer der Regierung geführt.
Arghun war der Kanal gewesen, durch welchen die Anklagen
Medschdolmülk's, des Todfeindes Schemseddin's und Ala-
eddin's, bei Abaka Eingang gefunden; ihre ganze, durch
zwanzigjährige unumschränkte AlachtToUkommenheit mächtig
gewordene, durch ihren Sturz aber in den Staub getretene
Partei hatte von der Thronfolge Arghun's und der tyranni-
schen Verwaltung Medschdolmülk's Nichts zu hoffen und
Alles zu fürchten; diese Partei also war es wohl haupt-
sächlich, welche dem Neffen Arghun, dem Sohne Abaka's,
dessen Oheim Teguder vorzog und diesem die Stimme der
Völker (^die in Persien alle Muslimen) durch den üebertritt
zum Islam gewann.
Teguder war der Sohn der Frau Kutui Chatun, welche mit
Teguder^s Jh™ ^^^ seinem Bruder Tekschin, jener der siebente, dieser
Thron- der vierte Sohn Hulagu's , während des persischen Feldzugs
bestetyung. ^^ Lager Mengkukaan's zurückbehalten und unter Abaka's
Regierung von Kubilai nach Persien gesandt worden; in
seiner Jugend war derselbe getauft worden und hatte den
Namen Nikolaus erhalten'). Hierdurch schon dem Götzen-
dienste des Budhismus entfremdet, mochte er so leichter
zum Islam zu bekehren gewesen sein , als seine Bekehrer
nicht ermangelt haben werden, nach moslimischer Ansicht
der Dreifaltigkeit, als einer Triraurti, und den Uebertritt
* zum Islam als eine Erhebung zu reinerem Gottesdienste,
durch den Aufschwung von Vielgötterei zur Anbetung eines
*) Haitho C. 37 nennt ihn Tongodar, die Perser nennen ihn
durch einen aus Versetzung der Punkte leicht erklärbaren Schreib-
fehler Niyudar , was der Name des dschaghataischen Prinzen, des
Sohnes Dschudschi's, des Erstgebornen Dschaghatai's ; wahrschein-
lich ist ISiguder aus seinem christlichen Namen Nikolaus ent-
standen.
K li n f t e s U u c li. 328
einzigen Gottes darzustellen ; der mächtigste Bekehnings-
grnnd war aber ganz gewiss die Aussicht auf den Thron,
indem er den Islam erst, als er denselben bestieg, annahm.
Die Nebenbuhler um denselben nach dem Tode Abaka's
waren drei ; Arghun hatte die Emire des Hauses seines
Vaters'^, mehrere der grossen Emire'*) auf seioer Seite;
die drei Prinzen Adschai, Kungurtai, Huladschu (die drei
Söhne Hulagu's}, Dschuskab und Kunhschu, die Söhne
Tachumkur's , des zweiten Sohnes Hulagu's, die Emire
Schingtury Sughundschak und andere stimmten für Teguder ;
endlich suchte die Frau Oldschai Chatun , die Mutler Meogu
Tiraur's, demselben eine Partei zu gewinnen; als dieser aber
am fünf und zwanzigsten Tage nach Abaka's Tode gestorben,
schlug sie sich mit der Frau Kutui, der Wittwe Abaka's,
auf die Seite Arghun's, welcher der Sohn aus der Beischlä-
ferin Kaimisch Ikadschi. Alsbald nach Abaka's Tode eilte
Teguder aus Kurdistan nach Tebris und Arghun, welcher
ohnedies auf dem Wege von Chorasan nach der Residenz,
begegnete auf der vierten Station vor Tebris dem Schingtur
Nujan , welcher ihm mit der Nachricht von des Veters Tod
entgegengesendet worden. Arghun vollzog die Gebühren
der Trauer nach mongolischer Sitte mit dem gewöhnlichen
Todtenmaljle , bei welchem, wie bei Festgelagen, der Becher
mit Kumts herumging; die Leibwachen^}, Speerträger*}
und Stallmeister Q seines Vaters wurden ihm übergeben.
Die Prinzen des Hauses , die Oheime und Neffen Arghun's,
beriethen sich und stimmten für Teguder, und auf den Rath
des weisen Emirs Schischi Bachschi that Arghun, um sein
Leben zu retten , keinen Einspruch. Fünf Wochen nach ^^' I^^ohar-
dem Tode Abaka's wurde Teguder als Chan und üchasi, -; — . . ^
Schall nnd Padischah ausgerufen; die Herrlichkeit der fest-
lichen Thronbesteigung wurde auf zwei Monate hinausge-
schoben. Arghun begab sich nach Alatagh^^, um dort von
*j Die zwei Brüder Buka und Oruk, uad Akbuka. ^) Schischi
Bachschij, Doladai Aidadschi, Bschtischi, Ordukia. ^) Kurdschiitit.
") Sihurdschian. *) Aktadschian. ^y Rescliideddin, bei d'Ohssoß
Sialikuli III. 552,
21 *
dem Lager und dem Schatze seines Vaters Besitz zu nehmen;
Taghadschar kam aus Fars zu seinem Dienste und die Frau
Kuiui mit ihren Anhängern begab sich ebenfalls in's Lager
Arghun's, Der Wesir Scliemseddin, weicher sich in dessen
Macht befand, wurde ihm abgefordert, und der Emir des
Lagers der Frau Kutui brachte denselben zu Teguder'^.
13. liebiul- Am Tage der Sommersonnenwende -} hatte die feierliche
Thronbesteigung statt. Nach dem uralten, schon auf den
SI.Ji(nilS8ä
ägyptischen Denkmalen abgebildeten Krönungsgebrauche, ver-
möge welchem zwei Geleitsmänner den König, der eine zur
rechten, der andere zur linken Hand, auf den Thron ein-
führen, wurde Teguder vom Bruder Kungurtai und vom
Emir Schingtur Nujan auf den Thron gesetzt, indem jener
dessen rechte, dieser dessen linke Hand ergrifft); die
Prinzen warfen, mit dem Gürtel um den Nacken, ihre
Mützen in die Luft, zu sagen, dass ihr Hals bereit, auf den
Wink des Herrschers mit dem Gürtel oder Strang zuge-
schnürt zu werden , und dass sie nicht mehr kopfbedeckt,
das ist, nicht mehr frei. Mit siebenmaliger Niederwerfung
wurde die Sonne , mit neunmaliger der neue Herrscher ver-
ehrt zur glücklichen , durch die Astronomen ausersehenen
Stunde.
Zu einer guten Stunde, wo die Glücksgestirne
Im Ort des Aufgangs niederwarfen ihre Stirne').
Nach Beendigung der Krönungsfeste liess sich Teguder
Schemseddin ^j^ Jq, unbezwinglichen Schlosse Schahutela (^dem persischen
. , _ Königstein^ aufbewahrten Schätze bringen und vertheilte
V071 etiler der ° y o
Gemah- dieselben unter die Prinzen, Nujanen und Emire des Hauses
linu en Tegu- MixA des Heeres; jeder Soldat erhielt zwanzig Dinare und
der s. Arghun, der sich beklagte, dass man auf ihn mit der Krö-
nungsfeierlichkeit nicht gewartet, zwanzig Goldbalische.
Bei dieser Gelegenheit verbanden sich Arghun und sein
Oheim Konghuratai (der neunte Sohn Hulagu's) im Lager
') Reschideddin. *) 13. Rebiulewwel Sonntags ist der 21. Juni,
der richtig ein Sonntag, folglich das Datum bei Wassaf, t4. statt
13., wie bei Reschideddin gefehlt; das Scliedschretol Etrak S. 257
hat das richtige Datum vom 1:5. ') Reschideddin. ") Wassaf.
F li n f t e s B ii c !i, 325
der Frau Tuktini ') durch Eidschwur in uuzertrenullcher
Freundschaft, welche hernach den häufigen Gesandtenwechsel
zwischen ihnen und den gewaltsamen Tod Konghuratai's her-
beiführte. Teguder befahl , seine Bekehrung zum Islarae
auszurufen , und erliess an die Obrigkeiten von Bagdad ein
Jerligh, dass sie die gute Kunde den Einwohnern Bagdads
mittheilen, den frommen Stiftungen ihre Einkünfte wie zur
Zeit des Chalifats wieder geben, den Moscheen und Me-
dreseen ihre vorigen Rechte wieder einräumen sollten; der
Prophet habe gesagt, dass der Islam nicht aufhören werde,
Biegreich zu sein, bis an den Tag des Gerichts'}. Tags 2. Rehiul. I.
darauf lagerte er zu Siahkuh^) und sandte Befehl nach ^- *'^"''-
Hamadan , dass Medschdolmülk und Atamiilk Dschiiweini,
der noch als dessen Schlachtopfer dort gefangen gelialten
ward, vor ihm erscheine. Medschdolmülk begann seine
alten Ränke wider- Schemseddin, und wenig feliüe, dass er
nicht auch diesmal gesiegt hätte; nur der Schutz Ermeni
Chatun's , der Gemalilin Teguder's, zu welcher Schemseddin
flüchtete, rettete ihm und dem Bruder das Leben und ver-
schafl'te ihnen den Triumph über den Todfeind. Ermeni
Chatun war nicht die Herrin des Harems, d. i die erste
Gemahlin oder grosse Frau Teguder's (^welche Tokus Chatun,
die Konghuratin), sondern die zweite, keine Armenierin,
wie der Name glauben machen konnte , sondern auch eine
Konghuratin; die dritte, Tudahm Chatun, die Tochter
Musa Gurgans, des Konghuraten , des Eidams Ilulagu's,
welchem dieser seine fünfte Tochter, Torakai, zur Gemalilin
gegeben, und folglich die Nichte Arghtin's; die vierte J?«?-
tegin, die Tochter Huseinaga's; die fünfte, Ilkotlogh , die
Mutter Tughandschik's, der Tochter Schadi Nujan's, des
Gemahls der Prinzessin ^/-^^^rw/c^ Tochter Dschnmkur's, des
zweiten Sohnes Hulagu's, aber nicht aus dieser, sondern
aus der Beischläferin Ilkotlogh; Tughandschik, während der
Herrschaft Teguder's getraut , wurde ob Verdacht von Zau-
') Bei d'Ohssou III. 553 Tuktai. -) Derselbe uacli Noueiii
S. 553. ') Siah kuh niisul kerd, heisst: er lagertR /.ii Siahkith,
nicht: il quitta Sialikuh . wie rtOiissou übersetzte
326 I"" " II I' « ü > n II c h.
fierei iii~deii h'or (Cyrus} geworfen; die sechste, l'udai
Chatun; diese gaben ihm drei Söhne O und sechs Tochter'' 3'
Stark durch den Schutz Erjnejii ChaUmSj, arbeitete nun
Schemseddiu an dem Sturze Medschdolmülk's, denselben in
alierhand Klagen verwickelnd und vor Gericlit fordernd.
Medschdolmülk , seines drohenden Kuines gewahr, sandte
Wort an den Prinzen Arghun: Schemseddin habe Abaka
vergiftet, und wenn nun er (Medschdolmülk) mit seinem
Leben büssen müsse, geschähe es, um den Beweis der Ver-
giftung zu unterdrücken ; auf diese Art warf er, selbst des
Todes ge^värtig, den Saamen der Rache am Todfeind in
die Brust Arghun's , wo derselbe später zur blutigeu Frucht
zeitigen sollte, Schemseddin bediente sich als Werkzeug
zum Sturze Medschdolmülk's eines Neffen des letzten , Na-
mens Seaadeddin, welcher vom Oheime wegen Geldverun-
treuuiigen seines Amtes entsetzt worden war; demselben
ward die Stelle eines MesUifl (^Finanzpräsidenten) in Irak
und Persien versprochen , und er klagte dafür den Oheim
verrätherischen Briefwechsels mit Arghun an ; demselben
wurde ' die Zurückstellung aller von seinem Oheim confis-
cirten Güter Atamülk's, des Bruders Schemseddin's, aufge-
tragen , Medschdolmülk selbst vor Gericht gestellt.
Die Richter Medschdolmülk's waren die Obersten , ße-
^"'*'*^''^""^ fehlshaber der Truppen, Sundsckak und Arukaha. Dem
mülk^s Medschdolmülh wurde nun mit gleichem Maasse eingemessen;
wie er wider Kudschuk Jtarnülk Papiere , mit Zügen und
Schnörkeln beschrieben , als Beweise der Zauberei vorge-
bracht, so wurde als gleicher Beweis nun dem Medschdol-
mülk eine mit gelben und rothen Figuren bemalte Löwenhaut
vorgehalten, welche sich unter seinen confiscirten reichen
Stoffen gefunden und welche seine Feinde bei der Unter-
suchung eben so eingeschwärzt hatten , wie vormals er gelbst
'} Ka/Jlandsclii, Arslandschi, Nukadschije. ') 1. Kutscliuk, aus
der Frau Tokus ; 2. Kimdsclnik, aus der Frau Ermcui 5 3. Tschi-
tschek, aus cbeu derselhcn; 4. ßlainaii, gleichfalls 5 .1. SailHii^ aus
der Frau Tudaku ; ff. K'dtürminch , aus der Heiscliläferin Kiirku-
diChije.
Fünftes Buch. 827
unter das Habe Atamülk's; die Baclischi und Kamen, d. i.
die mongolischen Schreiber und Wahrsager , gaben ihr Gut-
achten ab, dass diese Haut in Wasser geweicht, das Wasser
dem Beklagten zu trinken gegeben werde , damit das Uebel
der Zauberei an ihm selbst ausgehen möge. Medschdolraülk
weigerte sich dessen, weil er wohl wusste, dass diesen
Talisman der Scheich Abderrahman, ein Geschöpf Schems-
eddin's, verfertigt und denselben verraufhlich mit Gift ge-
tränkt habe. Trotz dieser Beweise wollten sie , so sehr
auch der Scheich und Ätamülk darauf drangen , das Todes-
urtheil nicht aussprechen ; als aber Sughundschak , durch
ein Fussübel zu Hause gehalten, zu Gericht zu sitzen ver-
hindert war, besuchte ihn der Scheich und drang so lang
in ihn , bis er das Urtheil erhielt. Es lautete dahin , dass
er dem Brüderpaar Schemseddin und Alaeddin übergeben
und von denselben nach der Jasa , d. i. mit dem Tode be-
straft werden solle. Schemseddin wollte ihn mit dem Leben
begnadigen, aber sein Bruder Alaeddin und sein Sohn Harun
drangen auf die Todesstrafe. MedschdolmiUh (^der Reichs-
ruhm) wurde in das Zelt Atamülk's (Reichsgabe]) geführt,
wo er vom Nachmittagsgebete bis zum Abendgebete Rechen-
schaft über alle von ihm ausgestellten Urkunden , Diplome,
Schenkungen , Vergantungen ablegen und , ausser allen Be-
sitzungen, dreihundert Tomane zu Bagdad erpresster Gelder
herausgeben musste. Als Alaeddin sich zum Abendgebete
begab, wurde sein Todfeind vors Zelt geführt und der vor
demselben versammelten Menge als Schlachtopfer vorge- j)schem-
worfen '}. Er ward sogleich zerstückt und Kopf und Zunge masiulen-wei
und Hände und Füsse in die Hauptstädte des Reichs zur ^^^
Aussteckung gesandt; der Kopf nach Bagdad, wo er den- ^*- -^"ff"^
selben so stolz erhoben. Der Geschichtschreiber Reschid-
eddin sagt hierüber:
') iu der Nacht vom Mittwoch, sagt Reschideddin , was der
12. August war, den» der 14. (Soniitagsbuchstabe Dl war ein
Freitac.
3'iH K li u f I (> s » u c h.
Der Kopi, viiii so viel \A'alin iimi Gier besessen,
So der Wesirschaft selbst für sich vermessen ,
Ich sah ihn als des Henkers Spiel und Tand
Und jedes Glied in eines AndVeu Hand.
Seine Zun^e kaufte einer um hundert Goldstücke und brachte
dieselbe nach Tebris, und Wassaf cominentirt hierzu:
Hättest schweigend deine Zunge du bewährt,
Hätte deinem Kopf nichts angehabt das Schwert.
Die Füsse wurden nach Schiras gesandt, wo er so hoch-
müthig aufgetreten war, und die Hände nach Issfahan , wo
er dieselben so gierig ausgestreckt. Der schon mehr als
einmal erwähnte Dichter Pur Beha Dschami sagte, als die
Hände ankamen :
Bis zu dem Himmel wollt' er heben seine Hand ;
Es kam die Hand nicht hin, doch her kam seine Haud.
und ein anderer Dichter Zeitgenosse dichtete suf diese
Gliederversendung die Verse:
Ein Paar Tage laug beschwär/tesfc du RoUeu und Listen,
Suchtest dir dadurch Reichthum zu mehreu und Gut;
Deiner Glieder jegliches ging in andres Land aus,
Welteroberer wardst du in der Woche Verlauf).
Alaeddin erhielt nun wieder die Statthalterschaft von Bagdad
und die Investitur derselben mittels eines vom Chane selbst
getragenen Kaftans, Schemseddin die Wesirschaft in der
vorigen Machtvollkommenheit und der Scheich Kemajeddin
Abderraliman Er-Rafii die oberste Würde des Islams mit
^er Verwaltung aller Religionsgüter und dem Auftrage ; die
Einkünfte derselben auf die Pensionen grosser und berühmter
Gelehrten und Almosen für Ssofi und Derwische und die
Verwandlung der christlichen Kirchen in Moscheen zu ver-
wenden.
. Schemseddin, welchem unter Abaka's Regierung von
Schemsed- seinen Anklägern Vergeudung der Staatsgelder zur Last
diu; Zu- gelegt worden und der sich ausgewiesen, dass dieselben
stünde von ^um Theil für den Hofstaat der Prinzen und andere Aus-
Schiras.
') >VH.ssar.
Fünftes B 11 c h. 329
gaben des Hofes aufgegangen , begann seine neue Ver-
waltung mit Einschränkungen der Ausgaben der Küche des
Chans und des Hofstaates der Prinzen und Prinzessinnen.
Die Ausgaben der Küche, welche bisher unter dem Oberst-
küchenmeister Fachreddin jährlich achtzig Tomane (^Tonian
ist zehntausend) betragen hatten, wurden nun ohne Ein-
mischung des Oberstküchenmeisters mit der Hälfte dieser
Summe bestritten. Dieser besonders wider das Zehrgnadenamt
gerichteten Oekonomie lag einige PersönlichkeitSchemseddin's
wider Fachreddin zum Grunde , weil diesem gleich nach
der Thronbesteigung Teguder die Wesirschaft verleihen
wollte, was sich Fachreddin verbeten hatte; nichtsdesto-
weniger warSchemseddin auf denselben eifersüchtig; Wassaf,
bei welchem sich diese Angabe findet, konnte um so besser
von der Sache unterrichtet sein, als er gerade in diesem
Jahre dem Wesir Schemseddin persönlich aufwartete, und
einige Spannung , in welcher er mit demselben gestanden,
auszugleichen bemüht war; es scheint nämlich, dass Wassaf
eich einigen Tadel über des Wesirs frühere Verwaltung
erlaubt, worüber ihn der Wesir zur Rede stellte. Wassaf
bekräftigte zwar mit den stärksten Schwüren das Gegentheil
und sandte zweimal entschuldigende und um Vergebung
flehende Verse an Schemseddin'^, aber „ohne dadurch",
wie er sagt, „den leicht zu lösenden Knoten der Entfrem-
dung des Inhabers des Diwans zu en4:wirren". Wiewohl
Wassaf weder den Gegenstand des Tadels, noch den Anlass
seiner Reise ins Hoflager näher angibt, so betrafen wahr-
scheinlich beide die Angelegenheiten seines Vaterlandes, die
Landschaft Fars, deren Geschichte er der seinen so um-
ständlich einverleibt hat. Zu Ende der Regierung Abaka's ^^^
1 1279
war die Statthalterschaft von Schiras dem Emir Sughundschak
(von dem so eben als vom Richter Medschdolraülk die
Rede gewesen) anvertraut, von dessen Scharfsinn und die
Wahrheit ergründenden ürtheilen Wassaf Belege erzählt.
Unzufrieden mit den Pächtern der Steuereinnahme, ernannte
') Wassaf theilt dieselben mit
S30 ^^ '• » f t e s H u c h.
er einen derselben , der die wenigsten Staatsgelder unter-
schlagen hatte, den Chodscha Nisameddinj zum Wesir und
ordnete ihm die anderen Pächter unter. Zum Richter der
Richter ernannte er den Ebu Mohammed Jahja Imadeddin,
wiewohl der grossere Theil der Einwohner den hochge-
lehrten Seid Abdallah, den Verfasser vieler Werke über
die Exegese und Hermeneutik, über die Ueberlieferung und
Rechtsgelehrsamkeit, über Dogmatik und Philosophie für
den Würdigeren erkannten. Sughundschak begab sich mit
einigen Pächtern, deren Summen noch ausständig, nach Hof;
nur als es in seiner Abwesenheit zwischen dem Wesir und
dem Oberrichter zu Reibungen kam, sandte er einen Befehl,
vermöge dessen der letzte im Hause des ersten in Verhaft
gesetzt ward. Zu dieser Zeit (wo eben Medschdolmülk's
Anklage wider Schemseddin angebracht und Abaka's Sinn
auf Zusammenscharren des Goldes erpicht war^ wandte sich
der Seid Richter an Buka, einen der geheimen Schatzmeister
Abaka's, welcher sich damals zu Schiras befand , und dieser
sandte den Seid und den Intendenten Schemseddin nach
Hof, wo sie, von Abaka wohl empfangen, ihre Beschwerden
wider die. Verwaltung Sughundschak's und des von ihm be-
stellten Wesirs Nisameddin anbrachten. Abaka reichte ihnen
mit eigener Hand einen Becher Wein und befahl, dass
Nisameddin zweihundert der ausständigen. Tomane abtrage;
dieser wurde nun im Hause des Seid Imadeddin festgesetzt
und der Emir Taghadschar kam , die Eintreibung der Summe
zu vollstrecken; die Pächter aber, hierdurch aufgelärmt,
machten mit Nisameddin gemeinsame Sache, und wiewohl
sie dem Scheine nach sich den Befehlen Taghadschar's
fügten, so ruhten sie doch nicht, bis sie den Nisameddin
aus der Haft befreit und Taghadschar in Verlegenheit
brachten. Dieser begab sich , da unterdessen die Thron-
besteigung Teguder's stattgefunden , an's Hoflager und führte
seine beiden Schutzgenossen, den Melik Schemseddin und
den Seid Imadeddin, mit sich. Teguder verlieh dem letzten
die Wesirschaft von Sohiras und forderte den Statthalter
Bulghuwan , welcher ^öirentlich die Partei der Intendenten
K ü II f t c 6 B u c h. 331
wiiter Taghadschar ergriffen hatte , nach Hof ; dieser hielt
die Gesandteil des Chans zu Schiras auf, ohne ihnen Er-
iaubniss zur Rückkehr zu gewähren, und wa;idte sich heimlich
an den Prinzen Ärghun in Chorasan, von dessen Umtrieben
weiter unten die Rede sein wird. Diess war der Zustand
der Dinge in Fars, als Wassaf sich bei Schemseddin rein
zu waschen bemüht war.
Auf Veranlassung Schemseddin's wurde eine feierliche
Botschaft an den Sultan Aegyptens abgesandt, um demselben
von dem Uebertritte Teguder'a zum Islam Kunde zu geben.
Das Beglaubigungsschreiben der beiden Gesandten und die
Antwort Kilawin's sind so durch Gehalt als Styl merkwürdig
genug, um unverändert hier in sach - und wortgetreuer
üebersetzung zu folgen:
„Durch Gottes des Allmäclitigen Kraft (welcher erhöhet
werde !^ P'erraan des Kaan Ahmed an Aegyptens Sultan.
Gott der Allmächtige hat durch die Vorgänge seiner Gnaden
und das Licht seiner Leitung in der ersten Jugend und
Frische Uns geleitet auf die wahren Pfade zur Kenntniss
seiner Herrlichkeit und zum Geständniss seiner Einheit, zur
Zeugenschaft, dass Mohammed (über welchen das reinste
Gebet!) Gottes Prophet, zum schönen Glauben in seine
Heiligen und frommen Mäimer. Wen Gott leiten will, dessen
Brust erleichtert er (jurch den Islam , und Wir haben nicht
aufgehört, Uns für die Erhöhung der Reügion und Zurecht-
bringung der Geschäfte des Islams geneigt zu zeigen, bis
von Unserem Vater, dem Bessten, und Unserem Bruder,
dem Grössten , die Reihe der Regierung auf Uns gekommen,
bis dass über Uns der Schmuck seiner Gnaden ausgegossen
und Wir von seinen Wohlthaten, was Wir verdienten, ge-
nossen in dem Ueberraaasse seiner Gnaden, der grossen;
und es ward Uns das Brautgemach des Reichs aufgeschlossen
und die Braut Uns vorgeführt unverdrossen. Es wurde von
Uns ein gebenedeites Kuridtai versammelt, diess ist die
Versammlung, wo einen Funken gibt der Feuerstahl der
Brüder und Kinder , der Emire , der Grossen , der Führer
des Heers, der Vorgesetzten der Truppen ; ihr Wort stimmte
332 K ü Ji f ( e s n u c h. ^
darin überein, die Verfügung Unseres Bruders des Grossen
auszuführen in der Aufstellung eines allgemeinen Aufgebotes
Unserer Heere : die Erde ist zu enge vor ihrer Menge, und
es füllet die Herzen Schrecken vor der Gewalt, womit sie
die Erde bedecken; vor ihrem hohen Muthe werden die
Berge zu Ebenen ausgegleichet und die härtesten Felsen
erweichet. Wir dachten nach über das, was sie sich vor-
genommen und worin ihre Begierden übereingekommen, und
Wir fanden, dass ihre Absicht widerstreite mit dem, was
Wir in Unserem Innern beschlossen zur Bewirkung allge-
meinen Wohls. Hierunter verstehen Wir die Stärkung der
Satzungen des Islams, dass so viel als möglich keiner von
Unseren Befehlen in anderer Absicht ergehe, als um Blut
und Brand zu stillen und alle Länder mit dem Wehen der
Winde der Ruhe und der Sicherheit zu erfüllen , und damit
ausruhen mögen die Könige der anderen Länder auf dem
Lager der Milde und Wohlthätigkeit, um Gottes Befehle zu
ehren und dem Volke Gottes Mitleid zu gewähren. Gott hat
Uns eingegeben, dieses Feuer auszulöschen und diese Unruhe
zu stillen, und die Anzeige dessen, den Gott der Allmäch-
tige hierauf geleitet hat, ist die des Vorschlags der Mittel,
womit die Heilung der Welt von den Gebrechen erzweckt
und die Anwendung der letzten verschoben würde; denn
Wir lieben , nicht schneller die Pfeile zu senden und uns
zu den Lanzen des Kampfes zu wenden, als nachdem Wir
das Nöthige erklärt, und Wir gestatten diess nicht, als
nachdem Wir die Wahrheit und Nothwendigkeit mit Be-
weisen bewährt. Wir wurden bestärkt in dem , was wir
Uns Gutes vorgenommen hatten, und in der Durchführung
gemeinnütziger Thaten durch die frommen Wünsche des
Scheichs des Islams, des Musterbildes der Erkennenden,
dessen Hilfe Uns in den Geschäften der Religion nützt und
unterstützt, und Wir haben dieses Schreiben erlassen als
Gottes Barmherzigkeit für den, der sich demselben fügt,
wie sich's gehört, und als Pein wider den, der sich ab-
wendet und empört. Wir haben damit betraut den ent-
scheidendsten der Richter, den Pol der Religion und des
Fünftes B II c h. 333
Volks (Kutbeddin), und den Atabeg (Behaeddin), welche
beide von den Bewährtesten und Gelehrtesten dieses blü-
henden Reichs, weil sie Unsere Wege kennen und weil sie
mit Gewissheit wissen , was Uns eingibt Unser Gewissen zum
allgemeinen Wohl der Moslimen. Wir haben sie in dieser
Absicht gesendet, denn Wir sind von Gott auf die Wach-
samkeit angewiesen , denn der Islam liebt, was ihn empfängt,
und Gott der Allmächtige hat in Unser Herz gelegt, dass
Wir der Wahrheit und ihren Bekennern folgen sollen, damit
sie bezeugen die grosse Gnade Gottes über die Gesammtheit
in dem , was wir fordern als Vertrag der Ursachen der
Wohlthat. Sucht dieses nicht zu erproben durch einen
Rückblick auf Unsere Brüder (die Herrscher vergangener
Zeit^, denn jedem Tage ist anderes Loos bereit. Wenn
die Seelen Einsicht nehmen wollen in einen Beweis, wodurch
die Forderung des Vertrauens befestiget würde, und in eine
Urkunde, worin sie die Erfüllung ihres Wunsches fänden,
so sollen sie ihre Blicke auf Unsere Denkmale richten, deren
Ruhm nicht klein und deren Wirkung allgemein. Wir haben
unter Gottes Leitung angefangen, die Spuren der Religion
zu erheben , dieselben in jedem Dinge an Tag zu legen
und auszuheben zur Aufrechterhaltung der Novellen des
Gesetzes, des mohammedanischen, nach Erforderniss der
Kanone der Gerechtigkeit, der ahmedischen, um es zu er-
heben und demselben Ehre zu geben. Wir Hessen Freude
scheinen in die Herzen des Wesens, des gemeinen. Wir
haben nachgesehen die Vergehen und den Schuldigen ver-
ziehen und stellten auf die Verbesserung der Geschäfte Unser
Bemühen, auf die frommen Stiftungen der Moslimen, von
Moscheen, Grabstätten, Medreseen, auf den Bau frommer
Zellen und verfallener Wachposten , indem Wir die Ein-
künfte derselben denen, so dieselben verdienen, verlieh'n
und dadurch erfüllet der Stifter Sinn ; Wir haben verwehrt,
dass Neuerung in denselben werde begehrt und dass das
Geringste werde verletzt von dem, was ursprünglich fest-
gesetzt; Wir haben befohlen, den Pilgerreisen die grösste
Ehre zu erweisen, ihre Schaaren zu bewahren, ihre Wege
334 Fünftes » u c h.
ZU sichern und zu ebnen die Bahnen der Karawanen; Wir
haben freigelassen die Strassen den Kaufleuten, die von
Laud zu Land wandeln und handeln, damit sie nach ihrer
Willkür und mit ihrem bessten Vermögen reisen mögen;
Wir verwehren den Heeren , den Wachen und denen , welche
die Runde machen, dass sie denselben auf ihren Wegen,
wenn sie kommen oder gehen, das Geringste in den Weg
legen. Eine Unserer Wachen hat einen Kundschafter er-
griffen in der Verkleidung eines Fakirs , und wiewohl es in
der Ordnung gewesen wäre, denselben zu tödten, so wollten
Wir doch nicht sein Blut vergiessen lassen aus Schonung
dessen, was Gott verboten, und Wir haben denselben zurück-
gesandt. Indessen ist es denselben nicht unbekannt, dass
die Kundschafter ein Schaden im Land; denn so lang unsere
Armeen dieselben in der Gestalt von Fakiren und Andäch-
tigen sehen, ist ihre Meinung von diesen Leuten schlecht,
sie tödten den Mann und thun , was sie gethan : die Noth-
wendigkeit davon ist , Gott sei Dank , erhöhet durch das,
was Wir ergehen Hessen , um die Wege aufzuschliessen dem
Zuge der Kaufleute und anderer Wanderer. Wenn dieselben
diesen Geschäften einiges Bedenken schenken, so wird den-
selben nicht verborgen sein , dass diese Eigenschaften uns
angeboren als zweite Natur und dass darin von Affeetation
keine Spur; und da die Sache so liegt, so sind alle An-
forderungen gegenseitiger Abneigung, welche zum Wider-
stand führten , aus dem Wege geräumt. Diese gründeten
sich vormals auf den Weg verschiedener Religion und der
Entfernung von dem Schoosse des Islams; aber nun ist durch
Gottes Huld und die Gunst Unseres Glückes das helle Licht
erschienen, und wenn es vormals Ursachen gab, so wandten
wir uns nun von denselben zum Besseren ab ; Wir sind auf
dem Pfade der Gnade, wo Einkehr und Rückkehr. Wir
haben den Schleier aufgehoben durch dieser Anrede Farben
und haben dieselben imterrichtet von dem , was wir zu thun
aufrichtig gesonnen, und haben hiermit begonnen; Wir haben
Unseren Heeren verboten , zuwider zu handeln diesen Ge-
boten , Gott und seinem Propheten zu Gefallen. Damit auf
Fünftes B u (•
335
den Blättern die Spuren des Glücks und der Annahme er-
scheinen, damit die Welt über die Verschiedenheit des
Wortes beruhiget werde , damit durch das Licht des Ein-
verständnisses verschwinde die Finsterniss des Missverständ-
nisses, damit ausruhen mögen unter dem weiten Schatten
die Städter und die Bewohner der Matten, und damit sich
erfrischen die Seelen , welchen die Plagen gestiegen in die
Kehlen. Wenn Gott der Herr den Sultan Aegyptens leitet
zum Besten der Welt und zu dem, was die Ordnung der
Menschen erhält , so ist's nöthig für ihn , den Eimer fester
Anhänglichkeit zu erfassen und zu wandeln dergleichen
Strassen durch Eröffnung der Thore der Unterwürfigkeit
und Einigkeit, durch Erwähnung der Aufrichtigkeit, damit
diese Länder sich dieser Gnaden erfreuen , damit die Un-
ruhen sich legen, welche zerstreuen, damit die Schwerter,
welche schneiden, gesteckt werden in die Scheiden, damit
die ganze Erde ein Eden der Ruhe werde, damit die Nacken
der Moslimen werden befreit von dem Joche der Verach-
tung und Niedrigkeit. Sollte aber böse Meinung die Oberhand
behalten über das, was Wir aus Gottes des Allverleihers
Barmherzigkeit behalten, und sollte dieselbe verwehren,
diesem Antrage, wie er es verdient, Anerkennung zu ge-
währen, so wird Gott Unsere Bemühungen ehren und Unsere
Entschuldigungen lassen gewähren. Wir haben Uns nicht
zur Strafe gewandt, ehe Wir einen Gesandten gesandt; bei
Gott, er leitet zur Rechtlichkeit und zum rechten Verstand!
Er bewahret sicher die Unterthanen und das Land. Wir rech-
nen auf Gott den Einen. Geschrieben Ende Dschemmasiul-
ewweis 681 (Anfangs September 1282^."
A 11 1 IV o r i.
„Im Namen Gottes des Allmilden, des Allbarraherzigen.
Durch Gottes des Allmächtigen Kraft, das Wort Kilaun's an
Sultan Ahmed: Lob sei Gott! welcher Uns den Pfad der
Wahrheit erhellt. In Uns ist die Hilfe und der Sieg Gottes
gekommen, und Er hat uns schaarweise in die Religion
Gottes aufgenommen. Gebet über Unseren Herrn Mohammed ;
336 F ü n f t e 5 B u (• h.
Er, den Gott über Alles, wodurch sein Volk gerettet ward,
erhöht, und über alle Propheten , welche retten, und über
seine Familie und seine Gefährten ! Gebet, welches erleuchtet
die finstere Nacht und dunkeles Leben hell macht. Gefällig-
keit und Ergebenheit vom Imam Hahim hiemrülah , dem
Emirolmuminin , dem Abkömmlinge der Chalifen, der den
wahren Weg betreten , dem Vetter des Herrn der Propheten,
dem Chalifen , welchem die Religiösen huldigen. Es ist
angekommen das Schreiben, das verehrliche, das Ehren
gewährliche , enthaltend die grosse Kunde von dem Eintritte
in die Religion und dem Ausfalle wider Alle, welche dem
wahren Leben widerstreben. Nachdem geöffnet worden dieses
Schreiben, welches Kunde der üeberiieferungen haucht,
üeberlieferungen , welche für die Moslimen gewiss , die ge-
wissesten der üeberiieferungen, welche üb erlieferte 3fos/«m*^,
wurden die Gesichter zu Gott dem Allmächtigen gewendet
mit der Bitte, dass er diess befestige mit dem Worte, dem
festen, und dass der Samen dieser Religion im Herzen sprosse,
wie die schönsten der Pflanzen aus dem härtesten Boden
sprossen. In nachdenkender Achtung stellten Wir an treff-
liche Betrachtung über die Erwähnung der aufrichtigen
Absicht, dass im Anfang des Lebens und in der Frische
jugendlichen Strebens die Einheit Gottes verkündet und der
Eintritt in das Volk Mohammed's mit Wort und That und
Einsicht und Rath begründet werde. Gott sei Lob! dass
«r die Brust des Sultans für den Islam erweitert und die-
selbe mit der edelsten der Eingebungen aufgeheitert. Gott
sei Lob ! dass er uns unt«r die Vorgehenden , die ersten
gesetzt zu diesem erhabenen Orte, und dass er Unsere Füsse
befestiget auf jedem Standorte d^s Kampfs, im Feld und
mit dem Worte. Weiters über die Reihenfolge im Reiche
durch Erbschaft nach dem Abtritte des Vaters des Bessten
und des Bruders des Grössten , über die Ausgiessung dieser
grossen Gnaden auf den Sultan, wie derselbe den Gipfel
') Wortspiel zwischen Moslimen Gläubigen, und Moslhn, dem
eigenen Namen eines -der ersten Ueberlieferer der Sunna.
V II n f l e » Buch. 337
«1er Glaubensreiijfgung erklommen iiinl den Titel der Herr-
schaft angenommen, nachdem ilim Gott dieselbe zugezählt
und ihn aus seinen Dienern auserwählt durch die wahren
Kunden von den Wundern seiner Helfer und Diener; und
weiters über die Versammlung der Brüder und Kinder dei'
Fürsten, der grossen, der Führer des Heers, der Vorsteher
der Truppen in der Versammlung des Kuriltaij, wo die
jMenge zusammengeflockt und der Feuerstahl dem Kiesel die
Funken der Meinungen entlockt, und wie ihr Wort mit den
Geboten des weiland grossen, Bruders übereingestimmt in
der Sendung der Fleere nach dieser Seite, dass aber der-
selbe (der Uchan) nachgedacht über das, was ihre ge-
sammte 3Ieinung vorgebracht, und dass er sich mit ihrem
Verlangen bekannt gemacht und dasselbe im Widerspruch
gefunden mit dem , was er selbst in seinem Innern ausge-
dacht, indem er nur das Gute bezwecke imd sich die Ver-
besserung zum Ziel stecke, damit er lösche dieses Feuti-
und stille die Unruh , die nicht geheuer. Diesen Schritt
hat der König (^Ilchan) aus Liebe zu seinem Volke gemacht,
indem er das Ende mit durchdringendem Sinne erwägend
bedacht. Wäre diess nicht so gewesen und hätten sie die
Sache der Entscheidung des Schwertes überlassen, so wäre
dieser Kampf der Kämpfe letzter gewesen; allein der Ilchan
ist wie Einer, der die Stationen seines Herrn fürchtet, der
seiner Begier das Verbotene verwehrt, der nicht der Rede
des Irrenden beistimmt und Nichts im Irrthnm unternimmt.
W'as nun das Wort des Ilchans betrifft, dass er nicht eilt
zum Schlachtfeld, wo die Lanze Stösse austheilt, als nach-
dem er das Nöthige erklärt, so weiss Gott der Allmächtige,
und es wissen alle Menschen, dass wir nur aufstehen, um
dem Volke zu helfen, und dass, wenn wir mit That und
Worten streiten, es nur Gottes wegen geschieht; und da
nun der Ilchan mit uns eingetreten in Gottes Religion, so
ging die Feindschaft davon, und indem die Abneigung auf-
gehoben, wird sich glücklicher Erfolg erproben. Der Glaube
ist wie' ein Gebäude, in welchem ein Theil den andern be-
festigt und hält; wer eine Minaret aufgerichtet, dem fehlt
Hammei\, Geschichte der liclianp. I. 22
338 K ii n f t e s B ii c li.
es nicht an freien Bewohnern an jedem Orte und an ge-
sitteten Nachbarn auf der ganzen Erde. VVeiters, was die
Versicherung betriflft, dass dieser Nutzen, der allgemeine,
der Erwähnung des Scheichs des Islams, des Musters der
Erlernenden, Kemaleddin Abderrahnan (^Gott vergelte ihra's
mit seinem Segen!]) zu danken sei, so haben Wir von keinem
Heiligen früher solch heiliges Werk gesehen. Wir hoifen
von seinem Segen und von dem der frommen Männer, dass
jedes Haus zum Islam erwache, bis dass jede ßedingniss des
Glaubens erfüllet werde und der Islam umfasse die ganze
Erde, Alles umfassend, von den Bessten Nichts übrig lassend.
FJs ist kein Zweifel, dass des Scheichs heiliges Werk der
Anfang dieser Beständigkeit der Existenz, und jede Wahr-
heit kehrt mit seinem Segen zu ihrem Ursprung zurück.
Weiters, was die Wirksamkeit des entscheidendsten der
Richter des Islams, des Glaubens und des Reichs (Kutheddm)
und des Ätabegs (Behaeddin) , welche Beide mit Ueber-
bringung dieses wohlberedten Sendschreibens beauftragt
waren, so sind dieselben Beide erschienen, bereit, sich aller
guten Worte zu bedienen, welche die Umstände eingeben
und die sich im Gemüthe erheben, welche Erwartender
mag erwarten mit Lob und Dank von allen Arten, so dass sie
im Namen Ähmed's (^des Ilchans) Ueberlieferungen sprachen,
festgegründet, wie die Ahmed's fdes Proplieten}. Weiters,
was die Andeutung betrifft, dass, wenn die Seelen die Ein-
sicht des geraden Beweises nicht verfehlen, dadurch die
Anforderungen vollkommener Liebe befriedigt würden und
dass man betrachten solle die Monumente, die er im Be-
ginne der Ausübung seiner Macht, Gerechtigkeit und Wohl-
thätigkeit, übend mit Zung' und Herzen, schon hervorge-
bracht, wie er auf die Verbesserung der Wakfe, die Aus-
besserung der Moscheen und Gränzposten, die Erleichterung
der Strassen der Wallfahrt und anderer dergleichen bedacht,
so sind diess Attribute, von denen abhängt der Reiche
Dauer, die gute. Wenn der König herrscht mit Gerechtig-
keit und so weder die Feinde begünstigt, noch den Tadlern
Aufmerksamkeit leiht, und wenn schöne Handlungen und
V ü II f t e I li II c li. 33«!
gute Werke vollzogen werden, welche nicht aiifüsprechcii
alle Zungen des Gebotes auf Erden, so gind dieses Pflichten,
die man schuldig, zu entrichten; diess ist grösser, als dass
es hätte einen andern Lohn, als sich selbst, als dass es
durch Ruhm überschätzt, durch Herabsetzung gering ge-
schätzt werden könnte, indem es grossem Könige zum Ruhme
gereicht, dass er den Ländern und Schlössern Zeit gewährt
zur Befestigung seines Reichs (welches Gott wolle bewahren
in Sicherheit!). Weiters, was den Verbot betrifft an die
Diener und Wachen und an die, welche die Runde machen,
dass sie Niemanden veruneinigen wollen und die reine Tränke
der Ankommenden und Abgehenden nicht mit den Splittern
von Plackereien verunreinigen sollen, so haben Wir, sobald
Uns dieser Vorgang zugegangen, ein Gleiches Unseren
Nowwaben (^Nabob} zu Rahbe, Haleb , Bire , Aintab be-
fohlen, und Hessen desshalb an die Führer Unserer Armeen
das Nöthige ergehen. Wenn die Glaubensmeinungen sich
in Einigkeit gefunden und die Eidschwüre sind gebunden,
so sind die Gebote besiegelt, in denen sich die Vollziehung
der Befehle abspiegelt. Weiters, was den Kundschafter be-
trifft, den Fakir, welcher ergriffen und losgegeben ward
(^als ob dieses die Ursache wäre , dass wegen der Verklei-
dung von Kundschaftern in Fakire alle Fakire todt ge-
schlagen werden würden), so ist diess ein Thor, das der
Ilchan aufgemacht, und ein Feuerstahl, an dem er den
Funken angefacht. Denn wie viele verkleidete Fakire sind
nicht gekommen von jener Seite in diese Reviere, um sich
Einsicht zn verschaffen in die Geschäfte und des Landes
Kräfte. Die Nowwabe haben eine Schaar derselben ergriffen;
es erhob sich über sie der Säbel, geschliffen, und dennoch
wurde nicht entdeckt, was die Kutte des Fakirs versteckt,
trotz aller angewandten Müh' mit IFaa und Nein und Wie.
Weiters, was die Andeutung betrifft, dass in der Ueber-
einstimmung des Wortes das Wohl der Welt und dass das-
selbe die Ordnung des Menschengeschlechtes erhält, so wird
nicht zurückgewiesen , wer da klopfet am Thor der Einigkeit,
und es wird keiner abgewiesen und abgewehrt, der gutes
- 22«
340 '' " n (' (• e «; 85 ii c li.
Einvernfclsmen hegeart. Wer mit seinem Ziigel vom Treffen
abweiciit, ist wie der, Nvelcher die Hand des Friedens zum
Handschlag herreicht; der Friede ist ein Gnt. AVeiters,
was die Befestigung und Bekräftigung der Befehle betrifft,
so ist es nöthig, dass auf dieselben Regeln angewandt und
dass aus dem Bewiesenen der Nutzen erkannt werde; denn
die Geschäfte sind gebunden an die Schrift, und es ist
nothwendig, dass darin jeder Fündige und Kündige darüber
entschieden, ob Krieg oder Frieden. Hernach ist es noth-
wendig, dass die Geschäfte werden entschieden in der Reihe
der Knoten der Verträge und ihrer Belege, dass dieselben,
mündlich vorgetragen, durch die Annalime dem Antrage
zusagen; denn viele Fragen, welche die Gesandten mündlich
sagen , werden besser erörtert , als wenn dieselben in ver-
wischten Papieren werden überschlagen. Was endlich die
Berufung auf das W^ort Gottes betrifft: Wir senden keine
Peilt, eh' Wir nicht gesandt einen Gesandten ') , so wird
nicht auf diese iArt der Stoff der Liebe gewebt und nicht
auf diesem Wege das Ziel erstrebt, sondern vielmehr wegen
Unseres Vorrangs im Glauben sind Pflichten zu entrichten
und Begehren zu gewähren. Wir haben gehört, was münd-
lich vorgetragen die Zunge des entscheidendsten der Richter,
des Pols des Glaubens und des Volks (Kutbeddin} , und es
entsprach dem, was das Schreiben versprach von dem Ein-
tritte des Ilchans in die wahre Religion, und dass er sicli
angekettet auf der Moslimen Station, was er geübet durch
Wohlthätigkeit und Gerechtigkeit, durch seine Sitte und
seinen Wandel, der berühmt weit und breit. Gott sei Dank
für die Gnade, welche durch keinen Vorwurf gehindert und
vermindert wird; Gott der Herr hat seinem Propheten den
Vers des Korans gegeben Betreff derer, welche ihm den
Islam vorwarfen: Sage, werfet mir Eureri Islam flicht vor;
Gott wird Euch vielmehr vorwerfen ^ dass er Etich zum
Glauben geleitet^') ^ und mündlich trug er vor, dass Gott
') Das Ende des l5. Verses lier XVH. Siira, ') Das Eade des-
i:. Verses der XLIX. fcura.
K li 11 1" t e s B u c li. g^j
iler Allmächtige dem Ilchaii verliehen an Gaben, was ihn
darüber hinaussetzt, seine Blicke zu richten auf das, was
Andere haben an Gut und Land. Wenn also festgesetzt
nach der Eintracht das Begehren, so ist es leicht, zu ge-
währen, und Unsere Antwort folgt hierauf nach der Ge-
schäfte Lauf. Wann die üebereinstiraraung ist erreicht, so
Ist auch das gute Einvernehmen ausgegleicht. Gott und die
Menschen sehen , wie Wir aufrichtig zu Werke und Unseren
Feinden zu Leibe gehen und in Unseren Kämpfen stehen.
Wie mancher Freund wird nicht gefunden , der besser als
Vater, Bruder und Verwandter wird befunden? Die mo-
hammedanische Religion wird nicht vollendet und dem Islam
nicht die Befestigung zugewendet, als nur durch die Ge-
fährten , die werthen. Wenn also das Verlangen des Ilchans
gerichtet ist auf Einigkeit und auf gutes Vernehmen, auf
gemeinschaftliches Einvernehmen , auf das Verderben der
Feinde und auf die Rache derer, welche den Rücken zum
Widerstände stemmen, so wollen Wir Uns herzlich gern
dazu bequemen. Weiters, was mündlich vorgebracht : dass,
wenn Unser Verlangen sich erstreckte auf das, was der
Ilchan besitzt von Land und Gut, so bedarf es nicht der
Einwirkung der Aneiferer, welche die Moslimen nutzlos be-
leidigen. Hierauf antworten Wir: Wenn die Hand der
Feindschaft zurückgezogen wird und die Länder moslirr.i-
scher Könige geleert werden , so wird gedämpft die Gluth
und gestillet das Blut; wie wahr ist es nicht, dass Alles,
was Uns von denselben verboten wird, in der Natur ganz so
zu treffen ist, und dass man das, was geboten wird, selbst
zu thun vergisst. So befindet sich nun Konghnratai der-
malen im Lande Rum, welches sich in eueren Händen be-
findet und an euch Steuer zahlt, und nichtsdestoweniger
Blutvergiessen , Sklavenraub, Verkauf der Freien und Ab-
neigung vor Allem , ausgenommen vor der Verlängerung
dieser Schäden. Endlich ward mündlich vorgetragen , dass,
wenn man entschlossen sei, diese Streifzüge nicht aufzu-
heben und diese Spuren nicht aufzugeben, so solle mau
einen Ort bestimmen auf der Erde, wo man sich trflfen
342 F li u f l e » B u c li.
und stillagen, und Gott dem, dem er wolle, den Sieg ver-
leihen werde. Hierauf ist die Antwort: Die Tränken ( Oerter),
wo die beiden Heere auf einander trafen in Waffen, sind
noch heil, und wer von diesem Volke (den Mongolen) davon
gekommen mit Heil, fürchtet sich, dahin zurückzukehren,
und kann sich durch folgenden Vers beehren:
"\^'elch' wunderseltnes Jahr doch das verflossne war !
Er, welchen „Uimss" besiegt, nun widersteht und kriegt.
Derselbe scharfe Degen, dem ihr dort seid erlegen,
Ist in der Haud des Braven, bereit, euch zu bestrafen.
Und zur Zeit der Schlacht ist die Wissenschaft bei Gott,
welcher die Bestimmung des Looses macht. Und es ist
keine Hilfe, als bei Gott! dem Allgeehrten , dem Allweisen!
er sendet sie dem und verleihet die Macht, und nicht dem,
der selbst die Vorherbestiramung des Sieges macht. Wir
sind nicht von jenen , welche auf Gelegenheit und Vorwand
lauern , und nicht von denen , welche sich abwenden und
niederkauern; und die Stunde der siegreichen Schlacht ist
nicht anders als die Stunde (des jüngsten Tages), in wel-
cher Alles schnell wird abgemacht. Bei Gott! er führt nur
zum Guten dieses Volk, und er ist der Mächtige, im Stande,
jede Kunde und Gnade zu vollenden. Geschrieben im Neu-
monde des Ramasan des obgedachten Jahres.'*
Arghun's ränkeschmiedender, rachebrütender Geist sam-
' melte indessen Wolken über dem Haupte Schemseddin's und
Beweyun- "^
iien • Tod Teguder's zum Gewitter, aus welchen der den Herrscher
Alaeddin und seinen Wesir verzehrende Wetterstrahl fahren sollte.
Dsclm- Nachdem Arghun auf wiederholtes Begehren des Chans dem-
^'^'"^ ' selben den Emir Buka gesendet, welcher die Hand Kutui
Chatun's (_der Wittwe Abaka Chan's) ehrenvoll empfing,
brach Arghun von Ssughurluk nach Ghorasan auf. Ahmed
suchte den Oheim Konghuratai für sich zu gewinnen, indem
er ihm die Frau Tukini , die Wittwe Hulagu's (die Nichte
4.lleb.Il.ßsl der grossen Frau Tokos), zum Gemahlin gab und mit einem
i^.JuUlSSS ^^^^^^ Heere zur Gränzhuth nach Rum abordnete, nach
iif Beb.ll,
6Sl vierzehn Tagen aber ihm den Emir Akbuka nachsandte.
jrr J»!i Ahmed war von zwei moslimischen Gesetzgelehrten, dem
Fünftes Buch. 343
schon erwähnten Abderrahnnan vonMossul, berathen, welcher,
Sohn eines Sklaven des letzten Chalifen der Beni Abbass,
vom Blotbade nach Mossal gerettet , dort eine Zeit lang
Tischler, dann von Iseddin, dem Herrn Amadia's, bei dem
er sich in Kredit gesetzt, dem Abaka überlassen worden,
und bald durch angebliche Kenntniss von Schatzentdeckungs-
kunde und geheimen Wissenschaften sich dessen Vertrauen
erwarb '). Teguder hiess denselben nicht anders, als Vater,
und einen zweiten Günstling, Namens Mengli , nicht anders,
als Sohn; diese und Teguder's Mutter, Kutui, eine sehr
verständige und zur Regierung tüchtige Frau, lenkten die
Zügel derselben, während Schiktur Nujan und Sundschak,
wiewohl denselben Teguder vorzüglich seine Erhöhung auf
den Thron dankte, zur Seite gesetzt wurden^). Zwei treu- Ü*- üsckcm.
lose Diener Atamülk s Dschuweini^} erschienen vor Arghun, -^ — j|^ — —
bei demselben ihren Herrn anzuschwärzen , dass er dem 12S2
Wedschiheddin Sengt, dem Wesir Chorasans, den Befehl zu-
gefertigt, den Prinzen Arghun zu vergiften. Avghun liess
denselben sogleich in den Kerker werfen, zog das ganze Habe
desselben ein und schenkte ihm das Leben nur auf Fürbitte
der Frau Bulughan Chatun, der geliebtesten Gemahlin Äbaka's,
weiche nach dessen Tod in das Harem seines Sohnes Arghun
übergegangen. Arghun zog gegen Bagdad , um dort zu jj
überwintern. Zu Rei empfing er den Melik Fachreddin ss. iSe/it.
ehrenvoll und bestätigte ihm die Befehlshaberschaft des
Landes; Ahmed, hiervon in Kenntniss gesetzt, schickte Ge-
sandte, um den Fachreddin aufzuheben und nach Schirwan
zu bringen, wo er die von Arghun empfangeneu Ehrenbe-
zeugungen mit der Folter büsste. Arghun, hierüber ent-
rüstet, sandte Sendschreiben an die Emire und an Schems-
eddm, den Inhaber des Diwans, des Inhaltes: Sein Vater,
Abaka, habe ihm den Melik Fachreddin überlassen, er
werde die demselben zugefügte Schmach und Pein rächen.
Als er nach Bagdad gekommen , forderte er von Medschra-
') Bar Hebr. iinrt natli denisclheii d'Olijisoii \\\. 560. -J Ho-
sehideddin. 3) .4// Vschinysun uu<l Kiitlui/fmcitafi.
34^ F ii 11 f t c s n u c ii.
cddiii Assfer, dem Stellvertreter Alaeddin Dschuweini's, dass
er die vom Vater, Abaka, geforderten, von Alaeddin nie
bezahlten Summen erlege. Nedschmeddin ward in den Staub
geworfen, und als Alaeddin davon die Nachricht erhielt,
4. Sithi^dsche jj-gf j|i„ [^ Arraii der Schlag ; seine Stelle erhielt sein Neffe
? .. ...... Harun '")» Arghun hatte den Winter zu Bagdad zugebracht
•5. März 1^83 y o o o
und während desselben zehntausend der Karawinas, welche
nach den Worten Wassafs: „eine Art von Dämonen, die
fürchterlichsten der mongolischen Nationen", sich angeeignet.
Von den Prinzen des Hauses standen der Bruder Kendschatu
und der Vetter Baidu, der Sohn Tarakai's, des fünften
Sohnes Huiagu's, ihm zur Seite; von den Emiren waren ihm
mehrere zugefallen^), deren mächtigster Taghadschar, der
ehemalige Befehlshaber in Fars, dem er die Befehlshaberschaft
eines Tomans mit den Insignien der Standarte und Pauken
verlieh. Der mit ihm einverstandene Prinz Dschuschkab
(der Sohn Dschumkur's, des zweiten Sohnes Huiagu's} über-
winterte zu Diarbekr. Auch Alinak, der Statthalter Geor-
giens, welchen Ahmed Teguder an Arghun mit der Ein-
ladung zum Kurultai gesandt hatte, war von demselben ge-
wonnen worden und hatte sich mit ihm verbündet; als er
aber an den Hof Ahmed's zurückkam , ward derselbe durch
Schemseddin's Klugheit, welcher dessen Pläne durchschaute,
wieder dem Herrscher gewonnen, indem ihm die älteste
der Töchter Ahmed's, die Prinzessin Kutschuk, vermahlt
ward. Als x'\rghun im Frühjahre von Bagdad nach Chorasan
zurückkehrte, Hess er den Prinzen Dschuschkab an der
Spitze seines Lagers als Vorhuth zurück.
Als Arghun auf seinem Zuge gegen Chorasan nach Rei
'^<^"f'«''^'" gekommen, liess er den Vogt Teguder's prügeln, ihm an
ijetiidut. j^^^ j^^j^ ^^j ^^ j.g Füsse einen Block schlagen und sandte
ihn so auf einem Esel an Teguder, zugleich die Forderung
der Auslieferung des Wesirs Schemseddin zur Berichtigung
') liunidersade, Neffe, nicht Bruder , wie bei d'Ohssoii S. 582.
') nscluiitkiir , Dscliinkutur , Doladai, Idadschi , Idschi, Ttitkaul,
Jfsch.u^chf . KimdschhabaL
\
F ii n f t c .4 B u c li. 345
der dem Vater schuldig gebliebenen Summen stellend. Au
der Gränze Masenderans kam ihm Jankadschi Nujau mit
ciuem Tomanc (zehntausend Mann^ des Heeres entgegen;
er sagte zu ihm und zu Hindu Nujan, dem Befehlshaber der
beiden Tomane, welche die Gränze am Dschihun hüteten:
Als mein Vater mich vor seinem Tode zu sich berief, war
ich bis hierher gekommen, als ich die Nachricht, dass er
gestorben, erhielt, und weil ich kein Heer hatte, des mir
bestimmten Thrones verlustig ging; nun bin ich entschlossen,
wenn ihr mir nun beistehen wollt, denselben mit dem Schwerte
zu erobern. Hindu antwortete: Wiewohl die Sache sich so
verhält, so ist doch Teguder als der Aka, d. i. der Aeltere,
dermalen Chan, doch du, Gott sei Lob! Herr und Padiächah
in diesem Lande; begnüge dich damit und befolge den Rath
des ira Dienste deines Vaters ergrauten Dieners; sollte aber
Teguder dich angreifen wollen, so sind wir bereit, die Seele
für dich zu opfern. Zu gleicher Zeit, als Tarchun gegen
Chorasan gezogen, war Teguder nach Alatagh 'gekommen
und hatte von hier seinen vertrauten Rathgeber, den Scheich
Abderrahman, als Gesandten an den Sultan Aegyptens ge-
sandt; er wurde zu Damaskus in den Kerker geworfen, ans
welchem ihn nur der Tod befreite. Teguder lud seinen
Bruder, den Prinzen Konguratai, den Statthalter Rumi's,
ein, auf einem Kurultai zu erscheinen. Dieser hatte zwei
seiner Vertrauten an Arghun gesendet, welcher dieselben
höchst ehrenvoll empfing und dem Oheim zwei Kuppeln
Panther zum Geschenke sandte ; diese Sendung erregte das
höchste Missvergnügen und den grössten Verdacht Teguder's.
Konguratai verschwor sich mit zwei Emiren ') wider das
Leben Teguder's , und sie bestimmten zur Ausführung ihrer
That die Festnacht des neuen Jahrs ^^, wo nach mongoli-
schem Herkommen zum Andenken des Auszugs ans den
Erzgebirgen von Ergenekun der Chan mit seinem ganzen
') Kut&chuk Anukdschi und Schadi AchUldschi. ^) Rusi Kiini-
Utmischi im angeblichen Beidhawi Gutkesi, was Sdireib-, Lese-
oder Druckfehler.
34() ^' 1' n f t (! s B u c h.
Hofe der Schmiedung von Eisenmassen beiwohnte. Teguder,
hiervon benachrichtigt, begab sich zu Alinak, seinem Bidara,
26.Schetv- und bewog ihn, am Tage vor der neuen Jahresnacht sich
jr— — T^— 2 ZU Konguratai zu verfügen utid ihm denselben zu bringen.
Alinak versprach , nicht nur den Konguratai , sondern auch
den Arghun auf gleiche Weise in Teguder's Hände zu liefern.
Dieser überhäufte ihn mit Ehren und Geschenken und über-
trug ihm den Befehl des ganzen Heeres. Am neuen Jahrs-
tage des Affenjahres ( des neunten des zwölQährigen mon-
golischen Thiercyklus^ wurde Konguratai getödtet. Zu
Karabagh in Arran sassen die Richter durch sechs Tage
lang zu Gericht und verurtheilten die beiden Emire, Mit-
verschworenen Konguratai's, zum Tode; nach Bagdad erging
der Befehl , den Prinzen Dschuschkab und sieben Emire
Arghun's zu ergreifen ^) und gebunden nach Tebris zu
bringen , wo sie erst später durch die Ankunft Arghun's
von ihren Banden befreit wurden; auch den Bruder desChanS)
den Bruder Kendschatu , welcher sich selbst als ergeben
stellte, hatte man nach Tebris gesendet, aber auf dem Wege
dahin, zu Sawa, entwich er seinem Geleite und begab sich
zu Arghun. Diesem berichtete der Richter von Kaswin,
Rasieddin, den Mord Konguratai's, die Gefangennehmuug
der Emire , die Rüstung des Heeres unter dem Oberbefehle
IS. Mohär- ^linak's. Zu Tebris feierte Teguder die Hochzeil mit seiner
rem 683 " ^ , , ^
6 A)rill284 ^^^^^^ Tudai Chatun, der Tochter Musa Gurgans, des Ge-
mahls Tarakai's , der fünften Tochter Hulagu's. Gurgan war
der Ehrentitel aller Eidame und mit dem regierenden Hause
verschwägerten Emire.
Schemseddin, wohl einsehend, dass der Kampf um den
Ausbruch Thron auch seiner Macht und seinem Leben gelte, bot Alles
des Kriecfs ^^^ Rüstung eines zahlreichen Heeres auf. Hunderttausend
zwischen , ti ,. . n/i
Tequderund auserwählte Reiter aus allen Nationen und Religionen, Mon-
Arghun. golen , Musulmanen, Armenier, Georgier, Turkmanen nahmen
•) 1. Tayhadschar, 3. Dschankur, 3. Vschinkutur, 4. Doladai,
,5. Idschi Tetkaul, (i. Dschuschi, 7. Kundschiikbal ; bei Wassaf
heisst Dschankur Dschaiyir , Abai der Sohn ÄM/?trtF.$ , Dschenghatu
der S>ohu Dschuschi's.
Fünfte« Buch. g47
das Feld. Den Vortrab von fünfzehntausend befehligte
Alinak '). Ein Ende Januars eingefallener tiefer Schnee 9- SU/iide
verspätete den Aufbruch des Heeres. Endlich zog der Vor rs—.
trab unter dem Befehle von Alinak ^ Baisar Aghul und
Taghai Koholtasch ^e^en. Kaswin, wo dreihundert dem
Arghun eigen gehörige Familien von Usen aufgehoben wur-
den. Arghun sandte, sobald er von dem Anmärsche des
Heeres Kunde erhalten , Boten an seinen Schatz in Gurgan
(Hyrkanien) und an die Werkstätten von Nischabur, Tus
und Isferain , um Geld , Waffen , Kleider herbeizuschaffen,
die er unter die Emire des Heeres vertheilte. Melik Fachr-
eddin von Uei , der das Register darüber führte , hatte das-
selbe : Verzeichniss der unter das siegreiche Heer vertheilten
Summen überschrieben. Arghun , der zufällig zur Verthei-
lung gekommen und das Register gesehen , nahm die Feder
und schrieb das Wort: siegreich mit ungemein schönem per-
sischem Schriftzug, dessen er vollkommen Meister war, hin.
Kawameddin, der persische Wesir, der zugegen, deutete
diesen Umstand sogleich auf die schönste Erfüllung des ge-
hoflten Sieges. Am folgenden Tage traf die Nachricht von
dem Unfälle Kaswins ein ; Arghun sandte den Yortrab unter
dem Befehle Timur's voraus, liess den Sischl Bachschi beim
schweren Gepäcke zurück und brach selbst auf der Strasse
von Temische auf. Ahmed war indessen mit acht Tomanen,
d. i. mit achtzigtausend Mann "^3, über die Ebene von Mo-
ghan herangezogen und am ersten Mai zeigten sich seine ^-^saferßSS
Vorposten zu Thalkan. Von Erdebil hatte er Kurmischi, i^sT
den Sohn Alinak's, an den Vater mit dem Befehle gesandt:
die Schlacht nur zu wagen , wenn er dem Feind an Macht
überlegen, sonst aber seine Ankunft abzuwarten. Erbrach
von Erdebil auf, nachdem er bei dem Gepäcke den Abukjan
18. Ssafer
7. Mai
') Wassaf nennt die Emire Arglmn's: Jasar Aghul, Tayhai,
Adschu Sukurdschi, Ghasati, der Ceremonienmeister, Tokli Schadi,
der Sohn Sundschak's ; Reschideddin. *) Wassaf nennt die Emire:
Ainkadschi, Nakai Jarghudschi^ Tawtai, fiTa^an, der Sohn Kotloftli-
buka's, Baitmisch Kiischdschi, Sertak , Alghui, Oladai Kadaghan,
Aghman.
8. Mai
348 K ii n f t »> s D »j c h.
zuriicbgelasseii. Arghuii hatte ssciuerselts einen Boten nn
den Emir Newrus gesendet, um ihn mit einem Tomanc der
Karawinas in's Feld zu laden , und zugleich den Hindu Nujan
zu erscheinen aufgefordert; er selbst verheerte mit acht-
' ^^^^f''-'' tausend Mann das Land. Zu Chtel büsürg stiessen die Vor-
posten der beiden Meere auf einander und in der Ebene
Ton ^k Chodscka in der Nähe von Kaswin kam es. zur
Schlacht. Den rechten Flügel Ärghun's befehligten Jula
Timur und Amakadschi y den linken Bulughan, das Mittel-
treflFen Taulai. Auf der Seite des Chans stand im Mittei-
trefFen Prinz Huladschu, der zwölfte Sohn Hulagu's, der
Bruder Teguder's; den linken Flügel keiehWgi^ Basaraghul
und den rechten Alinak. Arghun, wiewohl ihm der Feind
an Stärke bei weitem überlegen , that Wunder der Tapfer-
keit , wie weiland Siawesch und Rustem ; aber sein linker
Flügel ward von Alinak geschlagen, während Jula Timur
und Amakadschi den Basaraghul's zurückdrängten. Jula
Timur verfolgte hierauf den flüchtigen Basaraghul bis vor die
TJiore Kaswin's und verheerte das Land umher. Der Kampf
dauerte von Mittag bis in die sinkende Nacht. Alinak zog
sich von Dschemelabad bis nach Ebher, zehn Parasangen,
zurück; da seine edle Stute in die Hände der Reiter Ärghun's
gefallen , sandte ihm dieser beleidigende Botschaft : Es wäre
mir nie eingefallen, dass ein Held, wie du, vor einem Haufen,
wie die unserigen, wie Schafe vor dem Gebrülle des Löwen
fliehen und dass dein edles Pferd wie eine Saumraähre er-
beutet werden würde. Als Arghun zu Rei und Tehran,
riethen ihm seine Emire, sich nach Kaliusch, das ober
Dschadscherm , zurückzuziehen , wo sie Meister vortheii-
haften Schlachtfeldes und vor den Thoren ihre Zelte sein
würden. Als sie aber nach Demaghan kamen, trafen sie
keinen Mann der Karawinas, auf deren Beistand sie ge-
rechnet hatten, und erhielten die Nachricht, dass das Heer
Ärghun's gänzlich geschlagen und zerstreut worden sei. Die
Karawinas waren in der Ebene von Akchodscha angekommen,
als die Schlaclit schon verloren war; sie verheerten also
blos das Land und verbrannten Demaghan.
Fünftes ü u c Ii. 349
Der Scfiaiiplatz, in welchem der Krieg zwischen Teguder Die Land-
uud Arglmn jetzt geführt ward, sind die beiden Landschaften schaften
Taberistan und Kuinis, welche nördlich von Masenderan, ^ , . ^
Tnberistan ;
westlich vom persischen Irak, östlich und südlich von ^jg scheiche
Chorasan begränzt , insgemein von den Reisebeschreibern zu von Semnan,
dem nördlichen Chorasan gerechnet werden, wiewohl alle D«;»'«^'''«"
... ,. , r. IL 1 -1- 1- lu I • u und Bostam.
niorgenlandischen Erdbeschreibungen dieselben als zwei be-
sondere Landschaften aufführen; sie ziehen sich längs des
(lebirges hin, so dass Taberistan die untere südwestliche,
unmittelbar an das Gebiet von Tehran stossende, Kumis die
nordöstliche obere. In der ersten lagen einige der berühm-
testen Schlösser der Assassinen, deren schon bei der Er-
oberung derselben durch Hulagu Erwähnung geschehen, wie
Ftruskjuh , d. i. der Glücksberg, und Gi'rdkjiih, d. i. der
Gürtelberg; die Hauptstadt ist J)e7nawend , gleichen Namen
mit dem Berge führend , in dessen Klüfte die persischen
Heldensagen den Kerker des von Dämonen gefolterten Ty-
rannen Sohak verlegen; das Gebirgsland Taberistan mit seinen
Felsenpässen, deren berühmtester der kaspische (^wahr-
scheinlich der südliche Pass von Charwar) , liegt dem per-
sischen Oesterreich (^Chorasan) wie Tyrol dem europäischen
Chorasan (Oesterreich) als Schutzwehr vor'). Das obere
Gebirgsland Kumis zerfällt in vier Distrikte von Schahrud,
Semnan, Demaghan , Bostam , wovon der erste nach dem
Berge und Flusse so genannt ist, die anderen drei aber
nach den gleichnamigen Städten. Semnan^ die südwestlichste
dieser drei Städte, am Rande der Wüste, unmittelbar nach
dem Austritte aus dem kaspischen Passe, gelegen^}, kleiner
als Demaghan, grösser als Bostam, ist sowohl durch seine
Pistazien und Feigen, als durch den hier geborenen und
begrabenen grossen Schtich ^laeddewlet Sernnam heruinni^ ).
„In dieser alten Stadt", sagt Fräser, „herrscht eine wunder-
bare Verschiedenheit der Gebäude, grosse luftige Häuser
') Moriers second journey und darnach in den Jahrbüchern der
Literatur VTI. 257. ; vier andere Pässe sind die zwei bei FirKskjuli
CSawadsclii und Tengi serensu'), Tengi Nimrud und Tengi Schim-
schirbur. =) Moriers second journey. ') Dschihanuunia S. 339.
3M F ii n f t e a n u c li.
von sonnengetrockneten Ziegeln und Lehm in der Form von
Schlössern , mit Schiessiörhern , Basteien und Thiirmen ver-
sehen, unstreitig von hohem Alterthume; viele tiefe Klüfte
innerhalb der Stadtmauern, welche ihren Ursprung der
Wirkung von Gewässern zu danken scheinen , bilden Höhlen,
welche ihren Einwohnern und ihren Heerden zum Aufent-
halte dienen und von ihnen den zahlreichen Ruinen ober
der Erde vorgezogen werden." Das Bad der Stadt ward
schon im sechsten Jahrhundert der Hidschret erbaut ' ). Die
Inschriften anderer Denkmäler gehören der späteren Zeit,
der Dynastie Ssafewi an -^. In der Nähe ist die von per-
sischen Geschichten und auch von Fräser erwähnte Wind-
quelle, welche, verunreinigt, Sturm und üngewitter ver-
ursacht^), eine auch in Europa mehreren Quellen und
Höhlen auf hohen Gebirgen gemeinsame Volkssage *^. De-
maghan, deren Erbauung von persischen Geschichtschreibern
und Geographen dem Huscheng, dem zweiten der alten
persischen Könige, zugeschrieben wird (der erste Keio-
raeers, der Stiermann des Budehesch), an dem Zusammen-
lauf der Strassen vonChorasan, Kuhistan, Masenderan und
Irak gelegen, stand wahrscheinlich an der Stelle des alten'
Hekatompylos, der Stadt von hundert Thoren oder Pässen *),
in dessen Nähe der Fluss Stiboetes aus einer schönen Felsen-
höhle entsprang^}; diess ist der von den morgenländischen
Erdbeschreibern gerühmte Chosrewi , welcher sich in hun-
dert und zwanzig unterirdische Bäche vertheilt'}; die Stadt
liegt heute in Ruinen; das berühmteste Grabmal ist das der
vierzig Köpfe odjer Töchter ^^, und von den berühmtesten
Scheichen der Ssofi ist Ebu Dschaafer Demaghani nach der
0 i. J. 566 (1170), Fräser 302. *) Die im J. 880 (1475) er-
baute Moschee kann nicht, wie Fräser sagt^ von Schahroch erbaut
worden sein, da dieser schon fünf und zwanzig Jahre früher, im
J. 850, starb. ') Quelle Belasan beim Dorfe Kohen; nach den
Adschaibol-machlukat in den Jahrbüchern der Literatur VII. 258.
LXII. 4:)., Fräser 304. *) So am Scheckel in Steiermark. *) Man-
nert hält es für das alte Taghi. ^) Adschaibol-maclüukat Sekerias,
■') Bacüui in den uotices et extraits II. 482.} übereinstimmend mit
Diodor. ') Tschehel seran, tschehel dochteran, Fräser.
Fünftes B u r Ii. J{51
Stadt genannt'}. Von den Scheichen von Demaghan und
den von Semnan geht weit im Rufe der Heiligkeit und
Wiinderthätigkeit der Sclieich Ebu Jesid von Bostam, der
dritten Hauptstadt von Kumis, vor. Schon in der Hälfte
des dritten Jäinliunderts der Hidschret gestorben^), vtar
er der Stifter des nach seinem Namen genannten Ordens
der Derwische Bostami; auch als Geburtsort späterer Ge-
lehrten ist Bostam berühmt^), aber doch keiner, wie der
Scheich Ebu Jesid oder Bajest'd , von dem die Antworten
auf die Frage: wo sein Vaterland? Mein Vaterland ist unter
dem höchsten Himmel, und auf die Frage: Wie bist du zu
Gott gelangt? Indem ich über mich hinausgegangen; und
dessen Sterbegebet: Mein Gott! was ich in meinem Leben
zu dir gebetet, war lauer Vollzug von Gebot, und wenn
ich dir gedienet, war's flauer Dienst in der Noth*).
Arghun, als er auf seinem Rückzuge nach Bostam ge- u,,*^,.; ,,j
kommen , wallfahrtete zum Grabmale des Scheichs Ebu Jesi'dj, lungen und
während Ahmed Teguder seinerseits am Grabe des Scheichs Marsch
Babi den Beistand desselben erflehte, eine Wallfahrt, die ^"^^'^
hiimis.
von diesem, der den Islam angenommen, natürlicher, als
von jenem, der kein Moslim war. Teguder befehligte seinen
Bruder Huladschu mit einem Tomane nach Rei, und befahl
dort allen Befehlshabern des Heeres, eine Schrift zu unter-
zeichnen, dass sie Niemanden gehorchen würden, als dem
zum obersten Feldherrn ernannten Bugha; Alle unterschrieben
bis auf Alinak. Zwei Gesandte Arghun's, KotloghschahO - ^ ..
und Legsi, kamen nach der Ebene von Akchodscha bei ßs3
Kaswin, um Frieden zu bitten und sich über die Streifzüge £3. iUrtÜ^^Ü
der Truppen Teguder's, welche das Land weitum verwü-
steten, zu beklagen. Teguder verwies die Gesandten an den
Inhaber des Diwans, Schemseddin ; dieser aber trug vor:
Es sei unmöglich, dem Rauben des Heeres Einhalt zu thun,
') lu Dscliami's Nefhatol Ins der 2n5te. -^ i. J. 261 C874).
^)AbderniIiinan Ben Mohnnimed, gest. 858 (1454), Verfasser von
vierzig Werken, und Mossannifek Bostami, gest. 875 (1470), der
deu letzten bosnischen König eigenhändig köpfte. '') Dschami's
Kefhatol Ins, die 42 te. ^) Bei Reschideddin Le^r** und Ordubugha.
352 Fünftes Buch.
indem diese Streifzüge die Vorspiele des Krieges; auch
Jagdvögeln sei Beute lieber, als täglich zugemessene regel-
mässige Fütterung. ,, Diese Gedanken des Inhabers des
Diwans", sagt Wassaf, „brachten demselben kein Fleil und
das Reich ward schnell dem Verderben zu Theil." Alle Ent-
schuldigungen, weiche die Gesandten Arghun's vorbrachten,
blieben unbeachtet, und der Sultan (Ahmed} befahl abermai
dem Heere, in's Feld zu ziehen. Ssadr eddin und ^ssileddtn,
die zwei Söhne des grossen Astronomen Nassireddin von
Tus, welche, wenn nicht die astronomische Wissenschaft
des Vaters , doch die astrologischen Verrichtungen geerbt
hatten, stellten vor, dass die Gestirne den Auszug eines
Heeres nicht begünstigten, worüber Ahmed ungnädig auf sie.
Arghun empfing im Dorfe Surch '), in der Nähe von Semnan,
seinen Sohn Ghasan und Oraer Aghul, den Sohn Niguder's,
des Enkels Dschaghatai's , aus dessen erstgeborenem Sohne
Dschudschi , gleichzeitig mit seinem Oheime Dschudschi,
dem erstgeborenen Sohne Tschengischan's; mit ihnen stellten
sich Nokai, der Jarghudschi, d. i. der Oberrichter, und Sischi
Bachschi, d. i. der Staatssekretär, zum Dienste Arghun's ein.
Zur Erwiederung der Gesandtschaft Arghun's sandte Ahmed
die Prinzen Toghaitmur ( den vierzehnten Sohn Hulagu's),
welcher, wie sein Bruder Huladschu, im Interesse ihres
Bruders Teguder, und Suke , den dritten Sohn Jaschmut's,
des dritten Sohnes Hulagu's, mit den Emiren Buka und
Doladai Jarghudschi mit der Botschaft, dass, wenn Arghun
unterthänig, er selbst kommen oder den Bruder Kendschatu
senden möge. Buka stellte dem Sultan vor, dass, da er
nun unterhandle, er nicht weiter marschiren dürfe; und
14. R^biul- Ahmed antwortete : dass er zu Charkan ihre Ankunft ab-
ewwel 683
1 Jtini 1284 W3'*ten wolle. Er zog ihnen verheerend übfer Demaghan
nach , dessen Einwohner vielfältig gepeinigt wurden ; fünf
Tage hernach war er zu Charkan angelangt, welches ein
zu Bostam gehöriges Dorf, nur als Geburtsort und Grab-
') Dih Surch, bei Reschideddin, ist das Surikkala Fräsers j
der in der Moschee von Semnau eingemauerteu Inschrift Schah
Abbas I. wird erwähnt 304.
F (i 11 f t e s [! u c h. 353
Stätte des Scheichs Ebiä Hasan Charkani berühmt '). Der
Emir Dsch'rkudai, sein Bruder Jesnder und Buluehan, der ^^' ^^*'"^-
Statthalter von Schiras, brachten'ihre Huldigung dar. Zu 7,jutn ±284
Charkan machte Ahmed keineswegs Halt, wie er seinem
Gesandten Buka versprochen , sondern sandte den Alinak
mit dem Vortrab weiter voraus-); er selbst lagerte acht ss.Rebiul-
Tage hernach zu Kalpusch und drei Tage später zu Kehud ^^i^^^l
Dscha?ne, d. i. Blanklei'd, einem zum Gebiete von Dekistan ^- •'""*
(dem alten Sitze der Dahen} gehörigen Orte, das reich an
Korn, Trauben und Seide'). Zwar kam die Wesirschaft
Ahmcd's, nämlich die beiden Prinzen Toghatimiir und Suka
und die beiden Emire Buka und Doladai, zurück und brachten
Kendschatu , den Bruder Arghun's, mit sich*); mit ihnen
trafen die Emire Newnis und Burah'gki als Gesandte Arghun's
ein. Buka zürnte darob, dass Ahmed nicht seinem gegebenen
Worte getreu zu Charkan Halt gemacht; er deutete diese
Wortverletzung unglücklich für Ahmed und glücklich für
Arghun aus. Newrus und Buralighi kehrten unverrichteter
Dinge zurück. Drei Tage hernach ward von Kalpusch auf- ' „^f •'" ~
gebrochen; die Emire Jula Timur und Imkadschin, der Sohn
Suntai's, brachten ihre Huldigung dar. Ahmed, ungeduldig
des Verzuges, gab dem Akbuka die Stelle Buka's und machte
diesen dadurch um so mehr im Herzen dem Arghun zu-
gethan. 1
Arghun hatte sich indessen mit nicht mehr als hundert Arghun zu
Begleitern von den Fürsten seines Gefolges über Meschhed Kelat ,-
hinaus in das feste Schloss Kelat geflüchtet ^); dieses bis in ^''^'^^ *'^'*-
die neueste Geschichte als der Schatzhort Nadirschah's be-
rühmte feste Schloss spielt schon in der Geschichte der
ersten moslimischen Dynastien Persiens eine bedeutende
Rolle. Otbi'^), der Verfasser des Je?nini, d. i. der durch
ihren rednerischen Schmuck berühmten GeschichjeMahmud's,
') Nushetol-kolub ; Dschihannuma S. 341. -) Reschideddin.
') Nushetul-kolub ; Dschili. .^4l. *) Reschideddin, AVassaf. ') Das
Schedschretol Etrak S. 35>. ^D Sein ganzer Name: EbuQ-nassr
Mohammed Ben Abdol-Dschebbar El-otbi.
Ilammev, Geschichte der llchane. I. 23
j^54 •*' " " f t 0 s ii w 0 h.
des Siiitans von Gliasna, Eroberers Indiens, malt die Höhe
demselben durch das Distichon :
\\'iud ermüdet, indem er will die Zinnen erklimmen,
Und es gleitet das Aug' nieder von scinvindelnder Höh'.
Dieses Bergschioss liegt zwischen Kasermian, Serchas, Abi-
werd und Tus in schönem und fruchtbarem Th'aie, welclies
fünfzig bis sechzig englische IMeilen lang, zehn bis fünfzehn
breit, von Osten nach Westen zieht und von den Hügeln,
welche die Ebene Meschheds von der Wüste trennen, ein-
geschlossen wird. Der Anblick des Thaies ist reich und
grün, es hat üeberfluss an Pferden und Wildpret und wird
ausser dem Strome , welcher dasselbe der Länge nach durch-
fliegst, noch von kleinen , in Cascadellen die Hügel herab-
strömenden Bächen bewässert ; aber alle diese Wasser sind
schädlich und im Herbste sogar tödtlich, wesshalb das Regen-
wasser zum Trinken in Cisternen gesammelt werden muss ').
In diese durch Natur unbezwingliche Bergfeste schloss sich
Arghun mit Buiughan , der geliebtesten seiner Frauen ,- ein.
Der Emir Newrus, als er Kunde arhielt, dass Alinak wider
das Schloss im Anzüge, bat kniend , Arghun möge über den
Oxus ziehen und in dem Jurte Kuwindschi's (^des zwölften
Sohnes Scheiban's, des fünften Sohnes Dschudschi's) Zuflucht
suchen. Arghun gab dem wohlgemeinten Rathe kein Gehör;
Legst, welchen wir oben als Gesandten Arghun's an Ahmed
kennen gelernt, ging zu diesem über und erbat sich ein
Heer, mit welchem er ihm den Arghun zu liefern versprach.
-Ahmed gab ihm Truppen, mit denen er das Lager der Frau
Kotlogh Chatun, der Gemahlin Arghun's, plünderte. Der
Emir Newrus kam, um ihn zur Rückkehr zu bewegen; Legsi
ergriff die Zügel seines Pferdes, um ihn mit sich zum Sultan
zu führen; aber Newrus i^^ie die Hand an's Schwert, be-
theuernd, dass er, so lang er athme , den Dienst Arghun's
nicht verlassen wolle; Legsi liess ihn frei und brachte die
Beute des Lagers der Frau Kotlogh in das Ahmed's zurück,
der ihn davon reichlich betheilte. Alinak war indessen vor
') Fräser 8. 245.
F ü II f t ü K Ji II c ii. 355
Kelat angekommen nnd hatte den Arghun beredet, ilim in 13. Rebiul-
das Lager des Oheims, der ihm nichts Uebles wolle, zu ^""' 683^
folgen. Ahmed umarmte ihn, küsste ihn und übergab ihn
der Obhuth Alinak's; dieser stellte vor, dass jetzt der Augen-
blick , sich des Feindes zu entledigen ; aber Ahmed , der,
ganz der Liebe seiner neaen Gemahlin Tudai hingegeben,
für nichts Anderes Sinn hatte, sprach: Was kann er ohne
Heer und Schatz unternehmen ? Ich will die Frau Kutui
(^seine Mutter), wenn ich sie sehe, um ihre Meinung hier-
über fragen. Indessen befahl er doch , die Emire Arghun's,
Sischi, Bachschi, Kadan, Buraligh fest zu setzen , von seinen
eigenen einige'), weil sie dem Arghun ergeben, hinzu-
richten. Er wollte eben aufbrechen , als er auf Bitte Buka's, — '— ^ — '
' 2. Juli
dass er erlauben möge , die Vermählung seiner Tochter mit
Kipdschak Kaghul, einem Abkömmlinge Dschudschi Kasar's,
des Bruders Tschengischan's , zu feiern , noch zu bleiben
beschloss. Arghun war in die Seele betrübt, indem er un-
glücklichen Ausgang seines Schicksals fürchtete. Da sprach
ihm die Frau Bulughan , welche seine Gefangenschaft ge-
theilt und welche auch von Ahmed gnädig empfangen wor-
den war, indem er ihr selbst den Becher reichte'^), Trost
ein. Er versprach ihr, dem Arghun die Statthalterschaft
von Chorasan zu verleihen , und verlieh ihm ein kaiserliches
Zelt. Ganz in dem Genüsse der Frau Tudai schwelgend,
hatte Ahmed keinen Sinn für die Wichtigkeit des Augen-
blicks, oder die Gefahr, die ihm von den nächsten Umge-
bungen drohte ; er befahl jedoch dem Alinak , den Arghun
nach dem Aufbruche des Lagers hinzurichten^). In der
nächsten Nacht „sollte das Zelt seines Lebens abgebrochen
werden, als durch eine unvorgesehene Wendung der Dinge
der arabische Spruch, welchen Bulughan dem Arghun zu
Gemüthe führte : dass die Nächte , schwanger , gar Vieles
vor dem Morgen gebären , auf das glücklichste ausging".
') ürtimur Kuschdschi, Nikpei Kuschdschi und der Bruder
Kadschu Achtadschi's. ^) VVassaf. ') Derselbe.
23 =
.•}o(i Fünftes Buch.
Buka, welcher wider Alirued den doppellen Groll ob
Verscftifo- gej,rocj,e„en, Wort und genommenem Oberbefehl nährte,
$'ung üuka^s , ^ . x . -.t . .. . j
und vermochte mehrere Emire ' J zu emer Verschworung w ider
Ermordung Alinak und Ahmed, indem er sie versicherte, dass dieser
Teyuder's. beschlossen, sie an der Gränze von Isferain hinrichten zu
lassen; auch den Prinzen Iluladschu, den Bruder Ahmed's,
brachte er auf seine Seite. Sie beri^then sich zuerst über
das Mittel, sich Alinak's zu entledigen. Buka sandte durch
einen Vertrauten Arghun's demselben Wort, diesen Abend
den Alinak zu begehren , und zwei der Verschworenen ^)
nahmen es auf sich, desgleichen die Emire Karabuka und
Taitak zu berufen. Nach dem Nachtgebete begab sich Buka,
von drei Reitern begleitet, in den von Wachen besetzten
Umkreis des Zeltes Arghun's und sandte einen hinein, um
den Prinzen leise zu wecken. Arghun glaubte, es sei List
und Verrätherei; als ihm aber dieser schwur, dass Nichts
zu fürchten und dass Buka als treuer Diener ihn als seinen
Herrn zu retten gekommen, schloss sich Arghun an den-
selben an. Als sie um den dritten Kreis der Umzäunung')
kamen, rief sie eine Wache an: Wie ist's, dass ihr ginget
vier hinein und kommet fünf heraus? Du irrst dich, Freund,
sagte Buka , deine schlafbeuebelten Augen haben ehe um
einen zu wenig gezählt. So kamen sie glücklich durch in's
Zelt Buka's. Arghun ward bewaffnet , auf ein Pferd gesetzt,
i8 R h' ""*^ ^^^ begaben sich in das Zelt Alinak's, der im Rausche
achir 683 abgethan , sein Kopf vor's Zelt geworfen ward. In derselben
4. Juli iSfii Nacht wurden Boten an Iluladschu und Bektu abgesandt,
die sich zu Firuskjuh befanden, dass jene an Basar Aghnl
und Abukjan thun möchten , w ie sie an Alinak und Taitak
gethan; in derselben Nacht wurden auch Karabuka und an-
dere Emire ergriffen und am nächsten Morgen hingerichtet.
Ahmed befand sich im Lager der Tudai mit dem Prinzen
Kinschu (dem Sohne Dschumkur's, des zweiten Sohnes Hu-
lagu's} und den Emiren Akbuka und Legsi, als er die
•> Jesuhuku Gurgan , Aritk, Kurmischi , Arkasun Xujan , der
SohD Ilkai's. 'JJüirmiscki und Aruk, die Brüder Buka's, ^) Nerke.
Fünftes B u c li. 357
Vachricht erhielt, tlass iille seine Treuen getödtet; er unter-
hielt sich zu Kalpusch noch mit der Frau Tudai und floh
dann aucli von Isferain gegen Kurais und Irak. Die Ver-
schworenen hatten ihrerseits den Buri, den Vogt, nach Iss-
fahan an die Karawinas , die zu Siakuh hielten, abgesandt,
dass sie aufsitzen und den Ahmed ergreifen sollten. Dscherik,
der Emir des Lagers des hingerichteten Prinzen Konghuratai,
wurde zur Blutrache seines Herrn mit viertausend Reitern
dem Ahmed nachgesandt, und üoladai, der Oberrichter,
machte sich an der Spitze von vierJumdert auf den Weg.
Die Prinzen Huladschu und Kinschu huldigten dem Arghun »*HebiuUr
zu Charkan; die Emire berathschlagten nun über die Wahl
des Chans. Buka erklärte sich laut für Arghun, während
sein Bruder Aruk und Kurmischi für Dschuschkab , den
Bruder Kinschu's, Tekia für Huladschu ^iramten. Buka
legte die Hand an's Schwert und schwur, dass, so lang er
es führe, es nur für Arghun und seine Feinde dienen solle.
Sie fragten nun den Tengir Gurgan, den Gemahl der Prin
zessin Tudukasch, der vierten Tochter Hulagn's, und den
Vater Kotloghschah's, der Gemahlin Arghun's, um den letzten
Willen Abaka's. Er bezeugte: er habe zu seinem Nachfolger
seinen Bruder Mengu Tiraur und nach dessen Tode den
Arghun ernannt. Arghun bat mit der bei mongolischen
Thronbesteigungen hergebrachten verstellten Bescheidenheil,
dass man ihn mit dem Throne verschonen und die Statt-
halterschaft Chorasan , wie bei seines Vaters Lebzeit , lassen
wolle. Buka brachte die Entschuldigungen zum Schweigen,
indem er sagte: das erste sei , sich der Person Ahmed's zu
versichern , worauf dann mit Beiziehung des Raths der Frau
Oldsrhai (^der Gemahlin Hulagn's und dann Abaka's} einer
der Prinzen zum Chan ausgerufen werden solle. Aruk und
Dschuschkab zogen mit dem Vortrab voraus, Jluladschu,
Kinsclvu und Bektn folgten mit dem schweren Gepäcke. Zu _ „ , , .,
=* * S7.Refmti.Il
Konkurlang bei Tebris wurde das Haus Buka's geplündert, ^^ .j^^.
sein Harem auf Sundschak's Fürbitte verschont. Ahmed,
der noch gekommen , seine Mutter Kutui zu sehen , wollte
nach Derbend entfliehen ; aber Schikiur und Karahuka sandten
358 Fünftes IJ u c li.
Botschaft an Kutui Cliatun , dass es der Prinzen allgemeiner
Wille, sich der Person ihres Sohnes zu bemächtigen, und
dass sie ihn bis zur Ankunft derselben hüten wollten. Die
Mutter gab ihre Einwilligung. Schiktur übergab den Sultan
einer Wache von dreihundert Mann. Unterdessen kamen
die unverschämten Räuber , die Karawinas, an, weiche Buka
nach Ssugurluk gesandt hatte ; sie plünderten das Harem
und stiessen sogar die Mutter Kutui Chatun und die Frauen
Tudai und Ermeni Chatun nackt hinaus. Arghun war unter-
dessen von Nerauwer vorgerückt und hatte zu Abaschur bei
Jus Agadsch gelagert. Karankai und Schiktimur hatten mit
den Karawinen den Sultan gefangen ; als ihn Arghun erblickte,
streckte er nach der vmongolischen Sitte der siegreichen
Pfeilschützen die Hände aus und schrie: Mordio!^^; er
ward sogleich getödtet. Die von Ahmed verhafteten Emire:
Taghadschar, Kundschukbal und Toladai erhielten nun ihre
Freiheit; die Frauen und Emire waren einstimmig in der
Wahl Arghun's. Ahmed wurde vor's Gericht gestellt; Bektu
und der Diener Konghoratai's befragten ihn als seine Richter :
warum er den Konghuratai unschuldiger Weise getödtet, dem
Arghun die Statthalterschaft von Chorasan missgönnt, ihm
den Alinak nachgesandt habe? Ahmed bekannte, dass er
übel gethan , künftig desgleichen nicht thun wolle Die
Emire wollten sein Leben der Frau Kutui schenken , welche
bei Allen in grösstem Ansehen ; da erhoben aber die Mutter
Konghuratai's und seine sechs Söhne Geschrei der Blutrache.
Jetzt erschien Jesu Buka Gurgan, der Gemahl der Prinzessin
Kutulun, der sechsten Tochter Hulagu's, und schreckte die
Versammlung durch die Nachricht, dass die Prinzen Hu-
ladschu und Dschuschkab an der Gränze Hamadan's ein Heer
zum Widerstände sammelten. So erging das Jerligh der
Blutrache Konghuratai's, und Chan Ahmed fiel, der erste
der mongolischen Herrscher, unter der Sanktion der Jasa,
um das vergossene Blut Konghuratai's zu büssen; das Todes-
urtheil ward in der Nacht vom Donnerstage am zehnten
•) Wassaf.
F ü u f t e s B u c li. 359
August vollzogen durch Tiraur und lidir, zwei Söhne Kon- ^ff. Dschem.
ffhuratai's: sie rächten des Vaters Tod durch den des Oheims, J^^! ^^^
. , , . , .^ 10. Auffust
indem sie ihm den Rückenwirbel brachen 'J. ig84
Schon am Tage, welchen die Nacht der Hinrichtung ArgMin's
Teguder's heraufgeführt, hatte die Thronbesteigung Arghun's Thronbestei-
rait den gewöhnlichen Feierlichkeiten in dem Jurte Suktu i'""^' ^*^-
-. ^ . . ., , . 1 L* i> mahlinnen,
statt O- Huladschu ergriff die rechte Hand, Inardschi die ^y/,„g^
linke Arghun's; sie setzten ihn auf den Thron, vor welchem Töchter.
die Prinzen und Emire neunmal niederknieten , den Gürtel
um den Hals, die Mützen in die Luft warfen und ihm den
Becher huldigend darreichten. Die Feste hatten zu A'o/nsiVm^
welches zwischen Heschtrud und Ktirban schire, statt. Drei
Tage nach der Thronbesteigung kamen auch die Prinzen
Kinschu und Dschuschkab, die Söhne Dschurakur's, und
unterschrieben die Urkunde der Krönung. Abukjan, der
Sohn Schiramun's, der Enkel Dschurmaghun's (des Befehls-
habers in Persien zur Zeit Hulagu's), der Jarghudschi, d. i.
Oberrichter, wurde als einer der innigsten Anhänger Ahmed's
hingerichtet; allen anderen Angehörigen Ahmed's sicherte
ein Jerligh das Leben und Ruhe; die Prinzen Dschuschkab
und Baidu (der Sohn Tarakai's., des fünften Sohnes Hu-
lagu's) wurden als Statthalter nach Bagdad und Diarbekr.
der Oheim Huladschu und der Bruder Kendschatu nach Rum
gesendet. Georgien erhielt der Oheim Adschai (der achte
Sohn Hulagu's), dem Sohne Ghasan wurde die Statthalter-
schaft der Landschaften Chorasan, Masenderan, Kumis und
Rei übertragen, die Stelle des Wesirs der Länder dem Buka,
dem Hebel der Herrschaft Arghun's, verliehen, ein höchst
findiger, zum Regieren tüchtiger Kopf. Nach der Sitte
mongolischer Investitur wurde demselben Gold über den
Kopf gestreut, Goldflittern in solchem Ueberflusse, dass er
unter der angehäuften Masse derselben unsiclilbar. Arghun
konnte bei seiner Thronbesteigung nicht älter als beiläufig
dreissig Jahre sein, da sein Vater, Abaka, vor zwei Jahren,
•) Wassaf. ') Keschideddin ; Wassaf: nach dem Schedscliietol
etrak S. 3'jO am 7. Dschem. achir.
360 F*ii II f t es B u c h.
acht und vierzig alt, gestorben war. Seine 3Iiitter war die
Beischläferin Abaka's, Kaimisch Ikadschi. Seine Gemah-
linnen: 1. Die Frau Koilogh , die Tochter Tengir's des
Uiraten, welcher ein doppelter Gurgan, d. i. dem Herr-
scherhaus Verschwägerter, indem er selbst mit der vierten
Tochter Hulagu's vermählt, des letzten Eidam und Arghun's
Schwiegervater. 2. Oldschatai, die Tochter der Tudukasch,
aber nicht aus Tengir, sondern aus Sularaisch, dessen Sohn,
aus einer anderen Frau , nach des Vaters Tod mongolischer
Sitte gemäss seine Stiefmutter heirathete, die nach dem
Tode des Sulamisch nocli von dessen Sohne Dschidschek
Gurgan, also von ihrem Enkel, geheirathet ward '). 3. Die
Frau Uruk , die Tochter Sarudsche's, der Schwester Emir
Irindschin's, des Keraiten. 4. Die Frau Seldschuk , die
Tochter Sultan RukneOdin's von Rum. Aus dem Frauen-
gemache seines Vaters nahm er 5. die Frau Bulughan, die
Verwandte des Buka Jarghudschi, und nach ihrem Tode
6. die Frau Buhighan , die Tochter Utaman's, des Sohnes
Obotai Nujan's des Konghuraten -). So war 7. die Frau
Mertai die Konghuratin , die Gemahlin Hulagu's, in das
Harem seines Sohnes Abaka, aus diesem in das Arghun's als
Frau übergegangen, so dass dieselbe Stief- und Grossrautter
ihres Gemahls. 8. Ttidai Chaturij, die Tochter Musa Gurgan's
(^des Enkels Tschengischan's) aus Tarakai, der fünften
Tochter Hulagu's. Die Leidenschaft, mit welcher Teguder
Tudai geliebt , hatte ihn über die Gefahren , die seinem
Throne drohten, verblendet. Tudai, die Enkelin Hulagu's,
die Gemahlin Teguder's (ihres und Arghun's Oheim's), war
also zugleich die Base , Tante und Gemahlin Arghun's.
9. Kultak Ikadschi, die 3Iutter seines Erstgeborenen, Ghasan,
dessen drei Brüder Jesu Timur, Oldschaitu (^beide aus der
Frau Uruk) und Chatai Aghid aus der Frau Kotlogh; dann
vier Töchter, Oldschatai, Oldschai Timur, Kotlogh Timur
( alle drei Töchter der Frau LJruk ) und Diiendschi,
'j Reschideddin bei den Tochterii Hulagu's. -) Sie leh(e noch
zur Zeit Rcschideddiirs.
Fünftes ü u c h. 361
Tochter der zweiten, vor allen anderen .Frauen geliebten
Bulughai.
Nach dem Herrscher Arghun und seinem Wesire Buka ' J, •'^cliemseddvi
der ihn auf den Thron gesetzt, steht ein Grösserer als Beide ,.
° ' zu Kum.
vor uns, nämlich der flüchtige Wesir Schemseddin Dschu-
weiiM, dessen Auslieferung Arghun zu wiederhollenmalen
vergebens von Teguder begehrt und welchen sein Feind
Medschdolmülk nicht nur treuloser Verwaltung der Kron-
güter Abaka's, sondern auch der Vergiftung desselben und
des Bruders Mengu Timur angeklagt. Nachdem Alinak ge-
tödtet und Teguder geschlagen worden , hatte Schemseddin
von Dschadscherra, wo er sich befand, auf einem Dromedare
mit ein Paar Dienern sich durch die Wüste naeh Issfahan
geflüchtet. Die Einwohner, sobald sie von der Umwälzung
der Dinge Kunde erhalten , beriethen sich mit dem Atabeg
von Jesd, welchen der Statthalter von Issfahan als einen
dem Argliun Ergebenen während der Regierung Teguder's
in Verhaft gehalten, was zu thun. Schemseddin, hiervon
benachrichtigt, begab sich unter dem Vorwande, zu einer
Grabstätte zu wallfahrten, ausser der Stadt und entfloli auf
treff"lichen Rennern nach Kum, sich in das Heiligthum des
Grabes der Schwester des Imams Risa flüchtend. Dieses
Grabmal ist seit einem Jahrtausend die sichere Freistätte
Unschuldiger und Schuldiger, die in die Mauern desselben
flüchten. Die Heiligkeit derselben wurde von den Mongolen,
wie von den früheren Herrschern Persiens, den Seldsckuken
und Bujiden, wie von ihren Nachfolgern, den Herrschern
der Dynastie Ssafewi und der regierenden A^r .Kat schar eri^
hoch geachtet. Die Pracht desselben hat Chardin ausführlich
beschrieben , und noch heute prangt dasselbe mit silbernen
Gittern und goldbeschlagenen Thoren, und den Schatz,
dessen Reichthum sich vorzüglich von den Schaben der
Familie Ssafewi hersclireibt, haben reiche Opferspenden
Feth Alischah's vermehrt. Er opferte hierher einen Kopf-
schmuck seiner Mutter, wie einst Crösus^") das Halsband
') Im Schedschretol Etrak S. JöG in Yooiiha verstiininieU.
-) Herodofs Clin b\.
362 Fünftes B u c Ii.
und den Gürtel seiner Gemahlin nach Delphi. Feth Ali
jagte nie in der Umgegend , ohne den Umgang um das
heih'ge Grab , von welchem die Stadt auch die heilige heisst,
zu verrichten. Wie vor sechsthalbhundert Jahren Schems-
eddin Dschuweini hier Zuflucht gesucht und gefunden , so
in unseren Tagen der von Feth Alischah und dann* von
seinem Enkel, dem regierenden Schah, verungnadete, in
Morier's Hadschi Baba nach dem Leben geschilderte Bot-
schafter Mirsa Abul Hasan. „Die Stadt ist heute", sagt
Morier, „nur durch drei Dinge merkwürdig : durch die ver-
goldete Kuppel des Grabmals, durch die zahlreichen Märkte
und durch ihre Ruinen" ; denn der Umfang der Mauern
betrug ehemals vierzigtausend Ellen , das ist um vierzig Ellen
mehr, als die von Kaswin'). Kum ward im Beginn des
achten Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung ^ ) , als
Hidschadsch, der tyrannische Statthalter von Irak, das Heer
Abderrahman Asker's schlug, aus sieben Dörfern, deren Vor-
steher getödtet worden waren, in eine Stadt vereint, deren
sieben Viertel jene sieben Dörfer und deren eines der Stadt
den Namen gab^}. Von derselben erhielten hernach, als
persischer Kunstfleiss und Handel im höchsten Flore, die
schöngewirkten seidenen StolFe den Namen Kumasch , den
dieselben noch heute führen; sie ist so berühmt durch ihre
luftigen hohen Cypressen und ihre blauen leichten Trink-
krüge *), als das benachbarte Kaschan durch sein Fayence
und seine Scorpionen und Giftspinnen, als der Geburtsort
des grossen Geschichtschreibers Abderresak, des Verfassers
des Aufganges zweier Glücksgestirne (der Geschichte Timur's
und seines Sohnes Schachroch^, und des letzten Dichter-
königs Feth Ali Chan, des Sängers des Heldenbuchs ^} Feth
») Nushetol kulab. ^) i. J. d. H. 83 (701). '} Kumedan , her-
uach Kum. Dschihannuma S. 298. ') Durch ein unerklärliches Ver-
sehen steht im Dschihannuma, dass Kum der Geburtsort Nisami's,
des Verfassers des Chamse, sei, welcher zu Gendsche geboren,
auch dort begraben liegt. ^) Das Schehinschahnanie von Feth Ali-
schah dem österreichischen Kaiser Franz I. durch Mirsa Abul Hasan
zum Geschenke gesandt.
Fünftes H u c ii.
363
Alischah's. In dem Heiligthume Kuras sammelten sich um
Schemseddin seine Freunde, deren Meinung dahin ging,
dass er sich nach Hormusd retten solle, von wo ihm der
Weg weiter nach Indien offen. Ich kann, antwortete ihnen
Schemseddin, meine Söhne nicht in den Händen der Mon-
golen zurücklassen; das Besste ist, ich begebe mich zu dem
Dienste der Majestät, weiche mir vielleicht Emir Buka, der
mein alter Freund, versöhnen wird; wenn nicht, so ge-
schehe, was Gott will. Unschlüssig verweilte er einige Tage,
als von Seiten des Chans Melik Imameddin von Kaswin und
Jusufschah , der Atabeg Grossluristans, erschienen.
Von Jusufschah, dem Atabeg Grossluristans, ist unter sclietnseddin
der Regierung Abaka's erzählet worden, wie er, i]essen ^ttrchJusuf-
treuer Hilfsgenosse, im Feldzuge wider Borrak auf dem '^'«^«"
Rückmarsche den Chan aus den Händen von Strassenräubern ^^/,(,^f „„^
gerettet, von demselben Vergrösserung seiner Länder er- ant/esteUt.
halten hatte. Demselben und seinem Sohne Arghun dankbar
ergeben, hatte er, der Aufforderung Teguders, ihn mit
einem Heere zu unterstützen, nur nothgedrungen Folge
leistend, zweitausend Reiter und zehntausend Fussgänger
in's Feld gestellt. Nach der Niederlage Teguders brach
das Heer gleich bei Tabs in die Wüste ein, um auf dem
kürzesten Wege Luristan zu erreichen; diese Unvorsichtigkeit
kostete dem grössten Theile das Leben ; es war das erste
Unglück, das den Atabegen Jusufschah betroffen. Jetzt
sandte ilm Argliun an den vorigen Inhaber des Diwans, um
denselben nach Hof zu bringen. Arghun's Politik war eine
(wenigstens dem Scheine nach} versöhnliche; er sandte an
alle Prinzen und Prinzessinnen Gesandte mit Geschenken,
um sich dieselben zu verbinden; so dem lluladschu einen
Sonnenschirm , „welcher", sagt Wassaf , „wie die Flügel des
Königsgeiers schattete und dessen Glanz, wie das Licht der
Sonne, nie ermattete", um ihn nach Hof einzuladen, denn
Huladschu machte Miene von Unzufriedenen. Huladschu
gab dem Botschafter keine andere Antwort, als die Frage:
Wie weit wird Arghun's Engbrüstigkeit noch gehen? Er
zog sich noch Kirbanschir in's Haus Argasun's zurück, und
364 P >> n f t c s B II c Ii.
Dschuschkab brach gegen Haraadan auf. Da sie auf wieder-
holte Aufforderungeij nicht erschienen, schwur ihnen Arghun:
Im Namen dess, der jMond, Saturn und Sonn' erhöht,
Der schirmt das Diadem der Majestät,
dass er sie als Prinzen behandeln, sie mit Gnaden über-
häufen werde. Er gab jedem derselben Mütze und Gürtel,
und sie verbanden sich ihm als Vasallen; mehrere der ersten
Emire Ähmed's, vor den Gerichtshof von Tebris gestellt,
wurden freigesprochen und erhielten Aemter'). Jusufschah
von Lur, welchem Schemseddin seine Tochter Dewlet Chatun
zur Gemahlin gegeben'}, führte denselben mit sicli an den
Hof Arghun's. Noch auf dem Wege von Sawa kam ihnen
der Emir Kumari mit einem Diplome entgegen, wodurcli
alles Vergangene verziehen und vorige Gnade verliehen
ward. Sogleich erliess Schemseddin Rundschreiben an alle
Befehlshaber Iraks, um denselben seine Wiederaufnahme in
6*83 "^ *^'® Gnade des Chans zu künden. Freitags in der Herbst-
~~3t. SepiT '^^^S' ""^ Nachtgleiche traf er zu Kiirban Sahire ein und
^^^^ begab sich sogleich zu Buka, mit welchem er früher in
freundschaftlichem Verhältnisse gestanden. Der gegenseitige
Empfang war voll Freude und Freundlichkeit (aber wohl
von beiden Seiten verstellter}. Am nächsten Tage stellte
ihn Buka der Majestät vor. Arghun empfing ihn weder
gnädig noch ungnädig, ohne Zeichen von Gunst oder Ab-
neigung, setzte ihn aber in seine vorige Stelle als Wesir
des Diwans gemeinschaftlich mit Buka ein. Schemseddin
erklärte öffentlich: er wolle nur der Stellvertreter Buka's
im Diwane sein; als aber von allen Seiten wieder Wünsche
und Geschenke dem vorigen Inhaber des Diwans zuströmten,
ward Buka's Eifersucht und Gier nach ausschliesslicher
Herrschaft schon nach Einer Woche rege; er sandte Ali,
den Temghadschi (Stempeleinnehmer), nach Tebris, um
Jahja, den Sohn Schemseddin's , und dessen Güter einzu-
ziehen. Fachreddin Mestufi und Hosameddin Ssahib, zwei
•) Emir Buhia, Tiiiai, Arukian, Bastak, Hiiladschu. \>'assaf.
^) Güside
Fünftes b u c Ii.
365
Untergebene Schemseddin's, schmiedeten wider denselben
Uänke und bliesen Buka's Neid und Eifersucht zu vollen
Flammen auf, indem sie ihm vorstellten, dass seine Macht-
vollkemmenheit nur ein Schatten, so lang Schemseddin die-
selbe mit ilim theile. ßuka warf seinerseits Saamen des
Verdachts in die Seele Arghun's, indem er ihm vorstellte,
dass von dem Verräther seines Vaters keine guten Dienste
zu erwarten seien. Sogleich ward Bakdai Aidadschi dem
Schemseddia an die Seite gegeben, und zu Audschan erging
der Befehl, demselben zweitausend Tomane abzufordern und
ihn an Buka zu senden. Schemseddin antwortete: Ich bin
kein Thor, der das Geld bezahlt statt es auszugehen; ich
bin nicht im Stande, tausend Goldstücke aufzubringen: und
dem Buka schrieb er: O Emir Buka, lehre nicht den Padi-
schah, Wesire zu tödten, denn heute mir und morgen dir.
Doladai und Kadan wurden gesandt, ihn gerichtlich zu
verhören.
Schemseddin antwortete auf die wider ihn vorgebrachte Schemstd-
Anklage der Veruntreuung von Staatsgeldern und von Ver- din'i Hin-
rätherei, dass, was den Abgang dfes Staatsschatzes betreffe, '''<^f<t""ff-
er die Verzeihung des Padischah hoffe , dass er aber un-
schuldig des geringsten Verdachts von Verrätheref. Als ihm
als schuldig Erkanntem die Hände nach mongolischer Sitte
gebunden worden, erscholl das Geschrei der Türken und
Perser: warum man die Nahrungsquellen der Völker binde!
Zu Minia, in der Nähe von Ebher, der nördlich von Kaswin
gelegenen Stadt, ward ihm das Todesurtheil verkündet. Er
verrichtete sogleich die gesetzliche Abwaschung , stach in
den Koran, den er bei sich trug, das Loos, begehrte Tinten-
zeug und Feder und setzte seinen letzten Willen für die
Söhne auf, und schrieb an die Gesetzgelehrten von Tebris:
„Als ich den Koran zum Loosaufstechen genommen, ist fol-
gender Vers gekommen: ,, ,,Die da sagen, Gott nur sei
Herr j und wandeln auf geraden Pfaden, über sie werden
Engel niedersteigen und sagen: Betrübt euch nicht und
fürchtet euch nicht, ich gebe euch die frohe Kunde des Para-
dieses, das euch versprochen worden."*' Da Gott der All-
366 ^' «• n f t e s B u c li.
mächtige diesen seinen Diener in dieser vergänglichen Welt
immer wolligehalten , so gestalten , dass er ihm keinen seiner
Wünsche versagt und ihm sogar die frohe Kunde künftigen
Lebens zugesagt, so rauss man den Mewlana Mohijeddin^
den Mewlana Efähaleddirij den Mewlana Schemseddiri, den
Mewlana Hemameddin und den grossen Scheichen , welche
aufzuzählen hier zu lang und hier nicht der Ort wäre, diese
gute Kunde geben , damit sie wissen , dass ich aller An-
hänglichkeit an die Welt entsagt habe und mir mit ihrem guten
Gebete helfen möge '^. Sie sollen meine Söhne grüssen, die
ich Gott dem Herrn als Unterpfand empfehle ; ,, ,,denn Gott
verliert nicht die ihm anvertrauten Pfände'**' Ich hoffte
sie noch einmal zu sehen und ihnen mündliche Lehren zn
hinterlassen ; da diess aber mir nicht zum Loose geworden,
so mögen sie (^die obgenannten vier Mewlana) es an Nichts
ermangeln lassen, dieselben zu beschützen, und sie zu gutem
Erwerb ermuntern und nicht zugeben , dass sie das von Gott
ihnen verliehene Gut vernachlässigen. Wenn mein Sohn,
der Atabeg , und seine Mutter, die Frau Choschek, in ihr
Haus zurückkehren wollen, so sei ihnen die Erlaubniss ge-
gönnt. Meine beiden Söhne Newrus und Mesud sollen mit
ihrer Mutter im Geleite der Frau Bulughan bleiben und an
den beiden Enden meines Grabmals stehen; wpnn sie für
das Speisehaus und das Kloster des Scheichs Fachreddin
etwas thun können , so sollen sie es unterstützen und sich
dahin begeben. Ferruch und seine Mutter sollen den 'Atabeg
begleiten, Sekeria auf den Gütern des Padischah arbeiten;
die anderen Oerter habe ich dem Emir Buka vermacht,
welchem sie alle Güter und Besitzungen belassen sollen ;
wenn er etwas davon zurück gibt, ist's wohl und gut; wenn
nicht, sollen sie sich begnügen. Gott spende uns sein Er-
barmen und auch seinen Segen ! Ich habe jezt mein Geraüth
auf die göttliche Majestät gestellt, welche meinen Antheil
niclit vergessen wolle; das Glück derselben sei beständig!
') d'OIisson gibt nur die Hälfte aus Wassaf, aber nicht die
folgende historisch wichtigere Hälfte aus Reschideddin,
Fünftes I) u c li.
367
Schaabnn
' 683
Wenn Alierhöchstdieselbe meinen Söhnen etwas lassen will
sollen sie es nehmen und sich damit begnügen; wohin nur
das grosse Harem von Tebris sich begibt, soll auch das
meine folgen. Heil dem, der die wahre Leitung sucht!"
Dieses Schreiben warf er den zur Vollstreckung des Todes-
urtheiis Bestellten vor; sie lasen es, ohne dass es Eindruck
auf sie gemacht. Schemseddin sagte dann: ,,Was von dir
kommt, o Herr,, ist gut, sei es Krankheit^, sei es Heiltmg" ;
und das Todesurtheil ward vollstreckt. Vier seiner Söhne:
Jahja, Ferruchschah, Mestid und ^tabeg^ wurden ihm sogleich lö.Oct. 19&4
in's Grab nachgesandt. Jusufschah, der Eidam Schemsed-
din's, kehrte auf Befehl Arghun's nach Luristan zurück,
starb abär auf dem Wege dahin. Er hinterliess zwei Söhne:
JSdib und Ahmed, wovon der erste mit der Herrschaft Lu-
ristans belehnt ward, der zweite am Hofe Arghun's als
Geissei zurückblieb '^. Schemseddin ward mit seinen Söhnen
im Viertel Dscherendab , wo schon sein Bruder Alaeddin
ruhte, zu Tebris bestattet. Unter den vielen Trauerge-
dichten , welche den Schmerz der Völker über den Sturz
dieser erlauchten Familie aussprachen, ist eines der kür-
zesten und bcssten das folgende, bei Wassaf erhaltene:
0 Dscherendab, wo zu Tebris sein Grab,
Der erste Regen ström' auf dich herab !
Die herrlichsten Gesichter deckt dein Staub,
Der grössten Männer Wangen sind dein Raub.
Hier hat die Sonne 2) höchsten Punkt ^) erreicht,
Hier ruht die Pleias, die Vollmonden gleicht.
Es weisen über sie die sieben Sterne ,
In ihrem Licht und ihrer finsteru Ferne
Die sieben Himmel und die Erden, sieben,
Der Meere und der Wochentage Sieben.
Feredschullah , Jahja, Mesitd , Harun
(Nothdürftig beizustehn, war ihr Thun)
Den Vater Mohammed so hoch geehrt,
Es frass dieselben all' das scharfe Schwert.
') Güside, =) Schems, anspielend auf den Namen Schemseddin.
') Ala, Höhe, anspielend auf den Namen des Bruders Alaeddin.
3(58 F ü u f t e s » u c li.
Mich hat der Schmerz des Atabegs verzehrt
Wie Flamme, welche in die Höhe fährt;
Und ob Ataul Melik gekräoket theils,
Er, der Ssahib , der Herr der Stadt des Heils,
Es saget über dieser Gräber Stätte,
Wer elirt den Herrn , die frömmsten der Gebete.
„, ,^, „ Als Arffhun nach Schcmseddin's Hinrichtun£r nach dem im
Statthalter- ° ^
achaft ijon Gebiete von Arran gelegenen Palast Manssurlje gekommen,
Pars. kehrten die an den Grosskaan, Oheim Kubiiai, geschickten
«« « , , , Gesandten, Emir Pulad Dschingsang und zwei andere, zu-
683 rück. Zwischen Serah und Erdebii und Ssain wurde Kurultai
23. Sept. gehalten , und neun Tage darauf kehrte er nach Tebris
1284
20 R d 1 A zurück; dann wurde das Winterquartier in Arran bezogen;
2 October ""'^ ^*'^'' ^^t^^ ^^^^ ^^^' feierlichsten Gerichtssitzungen statt,
' indem die Wittwe Mengu Timur's, die Prinzessin Abisch,
die Atabegin von Fars, wegen Veruntreuung der ihr anver-
trauten Statthalterschaft vor Gericht gestellt ward. Um die
Wichtigkeit des Rechtshandels in seinem^ ganzen Umfange
zu ermessen, müssen wir -den Faden der Geschichte der
Statthalterschaft von Fars dort, wo wir denselben oben ab-
gebrochen, wieder aufnehmen. Dort ist zuletzt der unru-
higen Statthalterschaft Bulugkans (des Nachfolgers Tagha-
dschar's, des Statthalters von Fars) erwähnt worden. Um
die Ruhe wieder herzustellen , war Taschme?iku zu seinem
Nachfolger ernannt und ihm di^ Hilfe des Atabegen von
Lur zugewiesen worden. Als seinen Vorläufer sandte er
den Stellvertreter des Diwans der Kronguter, Ilosammeddin,
den Sohn Mohammed Ali's von Lur, voraus nach Issfahan.
Bulughan liess ihn mit Gewalt aufheben und hieb ihn, als-
' bald er vor ihm erschienen , zusammen. Taschmenka sprach
sogleich die Hilfe Jusufschah's, des Atabegen von Luristan,
an, und als Bulughan sah, dass sein Platz als Statthalter
wider den neu ernannten weiter nicht haltbar, nahm er,
was im Scliatze , und entfloli mit seinen beiden Geschäfts-
führern Kawameddin und Sei'feddin nach Chorasan. Tasch-
menku beschäftigte sich mit den Uegierungsgescijäften, ward
aber seiner Stelle entsetzt, weil er an der Spitze der im
b' li » f t e >i H II c li. 3(59
Namen des llcliaiis Ahmed erlassenen Befehle statt der her-
gebrachten Formel blos Ahmedaga schrieb, was wider allen
mongolischen Kanzleistyl '). Nachdem er ein Jahr lang Fars
verwaltet , wurde die Statthalterschaft der Frau Ahisch, der
gebornen Atabegin, Fürstin des Landes, Wittwe Mengu
Tiranr's, des bald nach seinem Bruder Abaka verstorbenen
eilften Sohnes Hulagu's , übertragen. Sie war, wie oben
unter der Regierung Ilulagu's erwähnt worden, ihrem Ge-
mahle in's Lager der Mongolen gefolgt und hatte immer
seitdem am Hofe verweilt, jetzt aber ward ihr die Erlaubniss
der Rückkehr in's Vaterland und die Vollmacht, dasselbe
im Namen des Ilchans als Statthalter zu verwalten, zu Theil;
sie dankte diese Gunst hauptsächlich der Verwendung der
grossen Frau Oldschai, der Mutter Mengu Timur's, welche
nebst der grossen Frau Tokuschan und der Mutter xAbaka's
vor dreissig Jahren ihren ersten Gemahl, Hulagu, auf dem
Feldzuge nach Persien begleitet hatte und als Wittwe des-
selben und dann seines Sohnes Abaka des grössten Ansehens
genoss. Ganz Fars jubelte über die Rückkehr der Prin-
zessin A bisch , des letzten Zweiges des hochverehrten er-
lauchten Herrscherstammes der Salghuren, und der Korans-
vers: Ein gutes Land, ein gnädiger Herr , Mar auf allen
Zungen. Zu ihrem Stellvertreter im Diwan ernannte sie
ihren Verwandten Dschelaleddiji Arhan'^^ und die Wesir-
schaft sammt der Inhaberschaft des Diwans übertrug sie dem
ChoöschaNisameddinEbubekrj dessen schon Eingangs dieses
Buchs im Gegensatze mit dem Oberrichter, dem Seid Imad-
eddin, Erwähnung geschehen. Die Feindschaft Nisameddin's
und Imadeddin's war die Quelle, aus welcher der Strom
finanziellen Unheils sich über Fars ergoss.
Nisameddin , ein fündiger Finanzmann, machte der Ata- „.
Die Prin%es~
begin den Vorschlag, sich durch ein Diplom des Ilchans die ^-^^ Abisch
Begewaltigung zur Wiedereinlösung der in fremden Händen jind dann
befindlichen Familiengüter zu verschaffen. Ahmed Teguder ^^iff' imad-
gab in einem Augenblicke der üebereilung das Diplom im ^ '"^ ''
Fars.
') Wassaf. ^) Der Sohn Melikchan B. Mohamined B, Sengi's,
Hammer, Geschichte der llchane. I. 24
3?0 F ii II f l c 3 H n f li.
veriangteu Siiuic Nisameddin machte aber den grössitfii
iMiBsbrauch, indem er Kroiigüter und Privatgüter als Fami-
liengüter der Aiabegin ansali und einzog und die Bewohner
von Schira^s, Vornehme und Gemeine, wie gekaufte Sklaven
beliandvlte. Der Beginn der Stattlialterschaft der Abisch
und die Finanzverwaltung ihres Wesirs Nisaraeddin fiel in das
Ende der Regierung Teguder's. Nach der Thronbesteigung
Arghun's begab sich der Seid Imadeddin , der Schützling
Buka's, an den Hof, um die dem Staatsschatze, wie dem
Privatvermögen so heillose Verwaltung von Fars in ihrem
gehörigen Lichte darzustellen. Durch Buka's Einfluss erging
ein ilchauisches Diplom , wodurch dem Seid Imadeddin die
Statthalterschaft von Schiras zu Land und See, d. i. mit
Einbegriff der Inseln im persischen Meerbusen, ohne Theil-
nehmer und Mitgenossen übertragen ward. Nach den Worten
desselben war „die Schliessung und Oeffnung der Erfolge,
die Bindung und Lösung der Geschäftsschreiben, die An-
stellung und Absetzung der Emire dem Gutachten des Seid
anheimgestellt". Er wurde mit den beiden mongolischen
insignien übertragener Herrschaft, dem goldenen Löwen-
kopfe und dem goldenen Katzenkopfe, bekleidet'). Wenn
sich diese Investitur mittels LÖwen- und Katzenkopfes in
Sanchoniaton oder einer anderen altägypti^chen Geschichte
fände , so möchten dieselben wohl im mystischen Sinn als
die Köpfe von Isis und Bubastis erklärt werden; bei den
Mongolen aber sind sie blos das rohe Symbol einschüch-
ternden Herrschergrimms und einschläfernder arglistiger
Schmeichelei, welche dem Mongolen für die beiden höchsten
Herrschertugenden gelten. Die mongolische Gerechtigkeits-
hand ist die Tatze des Löwen und die Kralle der Katze.
Die beiden Geschäftsleute des vorigen Statthalters Bulughan^
die beiden Chodscha, d. i. Herren der Finanz, der Käm-
merer Kawameddin von Bochara und Seifeddin Josuf, waren
indess von Chorasan wieder nach Fars zurückgekommen ond
von der Atabegin mit der Verwaltung der Finanz betraut
K li ri f t « s n II c li. 371
worden. Sie erbitterten die Atabegin in voraus wider den-
ihr zum Nachfolger in der Stattlialterschaft bestimmten Seid,
und als dieser von der Gränze aus, wo die Rechnnngsab-
forderung ihren Anfang nahm , gleich einen der 'Wö^if^ der
Atabegin an einen Baum hatte aufhenken lassen und der
Atabegin den Befehl zugefertigt hatte, vor der Majestät des
Chans zu erscheinen, stieg ihr Zorn immer höher und höher.
Sobald der Seid zu Schiras angekommen, errichtete er einen „_ _
königlichen TJiron ; acht Tage hernach hatte das feierliche (iS3
Festgebet des Bairams statt, wobei die Prinzessin nicht wie 2. her. lS84i
gewöhnlich erschien. Sie hatte erwartet, dass der Seid
wenigstens die Formen beobachten und ihr schuldiger Weise
aufwarten werde ; als aber diess nicht geschah , war sie so
zornig, dass sie vor Wuth weinte und sich in die Lippen
biss ' J. Bald darauf kam die Nachricht, dass Fars von einem
Einfalle der nignderischen Banden bedroht sei. Der Seid
sandte der Prinzessin Wort, dass die Annäherung der Feinde
zu ihrer Sicherheit erfordere, dass sie sich nach dem Schlosse
Istachr (^Persepolis^ begebe. Sie weigerte sich dessen , weil
sie fürchtete , dass der Seid sie dort einsperren wolle. Wäh-
rend dieser Verhandlung kehrte der Seid eines Abends hait
grossem Gefolge nach Hause. Auf der Gasse kamen ihm
Mamluken der Atabegin mit dem Befehle , vor ihr zu er-
scheinen, entgegen; die gebieterischen Worte der Mam-
luken entgegnete der Seid mit rauhen ; der erste der Mam-
luken warf sich auf ihn und sie stürzten beide von ihren
Pferden. Da führte Seradscheddin Fasli von Lur, welcher
noch vor wenigen Tagen vom Seid mit Gnaden überhäuft
worden war und auf dessen Treue, weil er der Anführer
seiner Truppen, er vorzüglich gezählt hatte, den ersten
Streich, und der Seid erlag alsbald den vervielfältigten Strei- ^^- Scheui-
wal
3l.Dec.l2S4
') Das Feuer ihres Zorns eiitflaminte sich in so hohem Grade,
dass dasselbe die gestoclite Feuchtigkeit ihrer Thriiueulinse auf-
löste und bei dem Auge ausfliessen liess; Peilen regneten aus dem
Narciss und tränkten die Rose, Hagel (der Zähne) biss iu die Ju-
beben (des Munds). Wai^saf.
24 *
372 ^' " n f t e s B u c li.
chcii der Mamluken. Der Kopf wurde abgeschnitten, der
Rumpf hingeworfen, sein Haus der Plünderung preisgegeben.
Abisch iiess in den Strassen von Schiras ausrufen, dass,
^* "*" *^*' weil der Seid in dem Lande schädliche Finanzneuerungen
Inng der .
Ataheain «nternommen, derselbe auf ihren Befehl sei aus dem Ai\ ege
Abisch, Kwrf geräumt worden; Jedermann solle seinen Geschäften nach-
ihr Tod. gehen und die Stadt ruhig bleiben. Der Sturz des Seid's
brachte, wie jeder Umschwung von Glücksverhältnissen,
seltsame Beispiele von Undank und treuer Anhänglichkeit
in Vorschein. Ein Gelehrter, welchen der Seid mit Gnaden
überhäuft hatte, brandmarkte sich als eiuen Undankbaren,
Niederträchtigen durch die Verse, die er au den Fuss-
schämel der Atabegin schrieb :
Herrscher! deine Wange glüh' aus Freude wie Rubin,
Und es sei dein Thron der allerhöchste immerhin ; ,
Jeder Kopf, der deinen Wünschen würde nicht zusagen,
Sei, wie der Imadeddin's, vom Rumpfe abgeschlagen.
Das Gegenstück hierzu ist die schöne Dankbarkeit des Ge-
schichtschreibers Wassaf, welcher seiner Erzählung ein.
Trauergedicht von siebzehn Distichen einverleibt hat, dessen
Beginn :
Eine Sonne ging im Staube unter,
Die im Ost d^s Glückes aufging munter.
Um zu stürzen diesen Bau , o Loos !
Lässt die Zügel schiessen du dem Ross.
Nach dem Tode des j^ej<f /worferff//« wurde sein Vetter, der
Seid Dschemaleddin Mohammed, welcher, mit Gnaden der
Atabegin überhäuft, sich für ganz sicher gehalten, an ihre
Pforte vorgeladen. Sie berieth sich mit einem ihrer Räthe
über den zu fassenden Entschluss. Er rieth ihr zur Hin-
richtung, zu welcher so besserer Grund vorhanden, weil er
weit reicher, als Imadeddin , welcher blos als ein Opfer der
Bewilderung zwischen ihr und ihm gefallen sei. Die 3Iam-
Juken tödteten ihn in der Nacht und streuten am Morgen
das Gerücht aus, dass er aus dem Kerker entflohen sei.
Die bald hierauf erfolgte grosse Landplage der Heuschrecken
wurde als eine Strafe des Himmels für den Mord der beiden
Fünftes Buch. 373
Seide angesehen. Mehr als hunderttausend Bewohner von
Schiras sollen an der als Folge der Heusehreckenverheeruiig
entstandenen Hungersnoth zu Grunde gegangen sein. Der
unmündige Sohn des Seid war mit einigen treuen Dienern
in das Lager des Chans geflüchtet, wo er Buka's, seines
Vaters Schutzherrn, Hilfe anrief. Buka trug die Verge-
hungen der Atabegin dem Ilchan vor, welcher sie und alle
Gegner des Seid vor Gericht zu laden befahl, und zugleich
zurück Botschaft an die Frau Oldschai sandte, durch deren
Einfluss die Atabegin die Statthalterschaft erhalten hatte;
diese überhäufte deii Gesandten, der sie in's Hoflager führen
sollte, mit Geschenken, folgte aber nicht. Drei Richtern '}
ward die Untersuchung über das unschuldig vergossene Blut
der beiden Seide und die unrechtmässige Besitznahme von
Gütern aufgetragen. Die Herren der Finanzkammer wurden
in Ketten und Blöcken vorgeführt; als die Prinzessin nicht
erschien, wurde Kotan Atadschi abgeordnet, um sie mit
Gewalt in's Hoflager zu bringen. Als die Prinzessin Nachts
in's Lager kam , führte sie der Haushofmeister Buka's in
eines der Zelte seines Herrn. Dieser Hess ihm aber am
folgenden Tage sieben Prügel geben, weil er sich unter-
standen , eine Prinzessin königlichen Geblüts in das Zelt
eines Emirs Karadschu, d. i Unterthanen, wie er, zu führen;
trotz dieser dem Range der Prinzessin schuldigen wahren
oder geheuchelten Ehrfurcht erhielt sie den Befehl , am
folgenden Morgen vor Gericht zu erscheinen. Ihre Be-
schützerin, die Frau Oldschai, sprach entschuldigend für,
indem sie Alles auf Dschelaleddin Arkan, den Verwandten
der Atabegin, schob; die drei Herren der Finanzkammer,
Kawameddin, Seifeddin und Schemseddin, erhielten jeder
nach der Jasa zwei und siebzig Prügel auf die Sohlen; die
Mamluken des Seid Imadeddin waren den Gerichtsdieneru
beigegeben, damit deren Strafe schonungslos vollzogen werde.
Dschelaleddin, zu Rede gestellt, wusch sich auf Kosten der
Prinzessin rein. Sie und ihre Angehörigen wurden zur
*) Tuladal Jarghiidschi , Dschijurglnttai , Hvsameddhi.
3^4 F u u t° i e s B u c li.
Zulilung von fünfzig Tornaiien Goldes (füufzigtausend Du-
katen]) und zwanzig Tomaneu an die Waisen der ermordeten
Seide verurtheilt. Sie überlebte die Schmach dieses Urtheils
^^•^ kaum zwei Jahre und starb , nachdem sie deren zwei und
zwanzig als der letzte Zweig der Salghuren über Fars ge-
herrscht. Drei Tage lang wurde für sie zu Schiras in den
Moscheen durch öffentliche Gebete, Lesungen des Korans
und Almosen die Gebühren der Trauer, dann ihr letzter
Wille vollzogen. Nach diesem wurden ihre Familiengüter
in vier Theile getheilt; zwei fielen den Töchtern Prinzes-
8iunen Gurdudscha?i und Alghardschi, der dritte ihren Mam-
luken und Freigelassenen, der vierte dem Prinzen Taidschu^
dem Sohne Mengu Timur's, und diesem noch ausserdem
zelmtausend Dukaten zu. Die Dynastie der Salghuren war
in ihr erloschen und mit ihr der letzte Schatten einheimi-
scher Herrscher Herrschaft in F'ars verschwunden.
Beivetjun- Ordu Kia, welchen Arghun mit der Nachricht der Throu-
//t-H ; Tor/i^t-r begteigung an den Oheim Kaan gesendet hatte, kam jetzt
ittffhan und Mit ^er Bestätigung derselben und mit dem Dsckingsatigtitel
Kotiocjh; fji|. Buka zurück, und die Thronbesteigung wurde zum
Hochzeit ° "
Tiidui's. zweitenmaie gefeiert. Zehn Tage darnach wurden sechzehn-
S7. SHhi- tausend vom Emir Masuk Kuschdschi, d. i. dem Vogel-
.^tosß '^"g^**? **"" ^0'-^ Dschelairen Nnnnaga befehligte Reiter
10. Ssafer ^i^er die Kurden Hakari gesandt, und der Anfruhr der-
^'-^ selben gedämpft. Die Frau Bulghan starb am Ufer des
^•^^^''/^^^^ Kor (^Cyrus} und ihr Sarg wurde nach dem Berge Sedschas
^' " — — übergeführt. Im Frühlinge kam Arghun nachTebris und ward
12. Rebinl- ^^^ Buka festlich bewirthet. Ende Mai's brach er von da
achir 6S.5 über Meragha nach Sughurluk auf. Hier wartete ihm wäh-
«7.-1/«/ i^ö<? j.g^ j des Sommerlagers der Emir Aruk, der Bruder Buka'*«,
mit den mongolischen Sekretären (^Bitekdschi^ von Bagdad
auf; in seinem Geleite befand sich Harun, der Sohn Schems-
' ' eddiii Dschuweini's. Aruk, auf die Macht seines Bruders
Buka gestützt, hatte den Mestufi Seadeddin, Bruder Fachr-
eddiu's, und den Medschdeddin, Sohn Esir's, ohne vom Chan
hierzu begewaltigt zu sein, hinrichten lassen. Medschdeddin
gehörte einem der Krongüter Kendschatu's (des Bruders
K ii n f t e s ß u c li. 375
Arglum's) an, der desshalb wider Aruk erbittert, \^elchem
auch Jesu Giirgan (der Gemahl der Prinzessin Tudukasch,
der vierten Tochter Hulagu's) abgeneigt. Buka hielt seinen
Bruder wider Kendschatu und Jesu Gurgan ; dem ersten
wurde hinterbracht : Aruk habe den Sohn Esir's auf Harun's
Anstiften hinrichten lassen , wesshalb dieser dem Vater und
den Brüdern in's Grab nachgesandt ward; und da Jesu
Gurgan bald hernach starb , zog das üngewitter , welches
wider Buka's Macht brauste, diessmal unschädlich vorüber. ^ ,
6*. Schaaban
Arghun Chan kam nach Tebris. Zwei Monate hernach ßs5
kämmte er sich eines Tages zu Ärran, als ihm ungewöhnlich S7Sept:lS86
viele Haare durch den Kamm ausgingen. Diess galt nach ^** ^^""^~
° ° ° ^ sali 6SS
mongolischen BegrifTen für ein Zeichen von gegebenem Gifte, i'^j^^^, ^ggß
und Wedschih, der Sohn Iseddin's, wurde der Beibringung 20. Silkide
von Gift verdächtig hingerichtet. Vierzehn Tage hernach £f£
hatte die Krönung der Frau Tudai Chatun, der Konghuratin, .' „•„ .7 1
statt, welche, aus dem Hareme des Vaters in das des Sohnes ^85
übergegangen, nach dem Tode der Frau Mertai (der Ge- ^^-Jan.i^S?
mahlin Hulagu's, Abaka's, Arghun's^ mit dem Kopfschmucke fgß^^*'
der königlichen Gemahlinnen (Baghtak) geschmücket ward.') ö.An7'ill9S7
Zwei Monate hernach im Frühling begab er sich nach Ptl 24. Beb.
Smvar , nach Tebris und von da in's Sommerquartier von
i8.Junil3S7
Alatagh, und im Herbste ins Winterquartier von Arran. ^ Rmiusan
Im nächsten Frühjahr brachten Gesandte aus Ghorasan die ü. oct. 1287
Nachricht, dass Kinschu (der Sohn Dschnmkur's, des zweiten 16. Mohar-
Sohnes Hulagu's^ und der Emir Newrus (der Sohn des —
® ^ ^ ^0. Februar
Uiraten Arghun, des Statthalters Chorasans unter Hulagu} 1288
an der Spitze von dreissigtausend Reitern des Heeres Kaidu's
(des Enkels Ogotai's) im Anmärsche gegen Persien , dass
das Land um Balch, Merw und Schaburkan verheert, bis
Chawaf und Sindschar vorgedrungen seien. Drei Wochen f.ssafer (i87
hierauf starb die Frau Kotlogh, die Tochter Tengir Gurgan's, H. niarz
1288
des Uiraten, die Mutter Chatai AghuTs, des jüngsten der
Söhne Arghun's. Einen Monat hernach brachten Buka's Ge« 7. Reb'mi-
sandte eine von den Bekennern der Lehre Schakamuni's f"."'- — S.
12. Ajn-if
' 128S
') Rcschidcdilin auch unter den Fntueu Abaka's.
376 Fünftes B u c li.
liocli verehrte Reliquie, welche sie Scharil nennen, nämlich
ein verknöchertes Menschenherz. Nach ihrer Ueberlieferung
war Schalcamuni's Herz nicht Fleisch, sondern Bein, welches
im Feuer nicht verbrannte, und nach ihrer Meinung sind
verknöcherte Herzen die grosser Männer. Arghun, welcher
nicht Moslim, wie sein Oheim Teguder gewesen, sondern
Götzendiener, ging dieser Reliquie mit den grössten Ehren-
bezeugungen entgegen; es wurde Gold darüber gestreut,
30. Rebnil- und es wurden Feste veranstaltet. Drei Wochen hernach,
>^^^t^. A^TTr. "^^ s^c^ Arghun zu Pil Suwar befand, traf die Nachricht
5. Mai iS8S .,-,,.,
ein, dass Nokai, der Feldherr des Herrschers vonKipdschak,
mit fünftausend Reitern aus Derbend ausgebrochen , alle
Kaufleute der Gegend geplündert habe; und Arghun brach
schon am nächsten Morgen an der Spitze des Heeres gegen
Derbend auf, ging über den Kor und blieb zu Schamachi
stehen. Buka und Kundschukbal, mit einigen Prinzen als
Vortrab vorausgesandt, kamen nach einigen Tagen mit der
guten Nachricht zurück, dass die Feinde abgezogen'").
Buka's Macht und Ansehen hatte den höchsten Grad
Buka, erreicht; er hatte mit dem Titel eines Dschingsang noch
der strenge (,}„ Ripiom ausserordentlicher Privilegien vom Kaan erhalten;
vermöge derselben konnte er erst, wenn er neun Staats-
verbrechen begangen, zur Rechenschaft gezogen und auch
dann vor kein anderes Gericht , als das des Chans selbst,
gestellt werden; kein Befehl des Chans konnte in Vollzug
gesetzt werden, wenn demselben nicht das Siegel Buka's
beigesetzt, während seine Befehle zur Vollstreckung des
Siegels des Chans nicht bedurften. So ausserordentlich
waren die vom Grosskaan dem Buka verliehenen Privilegien,
dass die Meinung desselben von der Selbstständigkeit Arghun's
null zu sein und dass der Botschafter, welcher mit dem
Diplome der Bestätigung Arghun's auf dem Throne zugleich
das mit diesen ausserordentlichen Privilegien Buka's brachte,
eigentlich jenen nur der Form nach, diesen aber in der
That zum Herrn eingesetzt zu haben schien. So ausser-
') Sthedschretol Etruk S. 263.
Fünftes Buch. 877
ordentliche Macht musste um so mehr den Neid der anderen
Emire und der Günstlinge Arghun's '} erwecken, als Büke,
hochmüthig und heftig, durch seine Strenge eich Feinde
machte. „Er war", sagt Wassaf , „ein fürchterlicher Türke,
dessen Gedanke weit hinaus zielte und dessen Rathschlag
den Wunsch bald erfüllte. Er setzte für die Schlichtung
verworrener Geschäfte, für die Durchführung der Befehle
und die Beförderung der Reichsangelegenheiten Regeln fest,
deren Erwähnung auf dem schwarzen und weissen Buche
der Zeit bis an's Ende der Aeonen dauern wird. Durch
die Wirkung seiner Gerechtigkeit und Strenge warf der
Falke auf das Repphuhn verliebte Blicke ; er glich die Ge-
gensätze der Welt aus und des Schicksals Tücke." Seine
Gerechtigkeit war so streng, dass er einen Knecht seines
Marstalls, welcher einen Apfel von einem Fruchtverkäufer
genommen , hinrichten Hess. Solche Strenge war das grösste
Verdienst eines Staatsmanns nach der Satzung Tschengis-
chan's und erwarb diesem nach allem Anscheine das Ver-
trauen, womit der Grosskaan dessen eisernem Arme die
Verwaltung Persiens mit so unumschränkter Machtvollkom-
menheit übertragen. Besonders waren ihm Sultan AidadscM
und Tughan, Arghun's vertrauter Gesellschafter (Inak) auf-
sässig, weil dieser zweimal auf Buka's Befehl geprügelt und
öffentlich beschimpft worden war. Sie vernachlässigten keine
Gelegenheit, den Buka beim Herrn zu verschwärzen. Sein
Bruder Aruh, der Statthalter Bagdads, war dort den Emiren
nicht weniger verhasst. Er machte sich wenig aus den Ge-
sandten des Chans, und verschlang die Einkünfte in seinen
Beutel, statt sie in die Staatscasse abzuführen; die Ge-
schäftsleute Ordu Kaja, der Intendent Scherefeddin und der
Jude Saad , welcher alsbald als ein höchst bedeutender
Charakter auftreten wird, brachten endlich einmal fünf-
hundert Tomane , statt dieselben dem Aruk auszuliefern , un-
mittelbar dem Chan, welcher nun den Aruk, der nie einen
•) Reschideddin iieuut die sicbeu: Taghadschar, Kundschukbul.
Dvladai, Aidadschi, Sultan Aidadschi, Tughan^ Dsclitischi, Ordukop,
378 ^ " " ^ ^ ^ * '' " ^ ''•
Heller eingesendet, seiner Stattlialterschaft entsetzte. Ssadr-
eddin Sendschani j der Finanzmann Taghadschar's , von wel-
eheui Buka ausständige Gelder der Landschaft Fars forderte,
stellte dem Taghadschar vor', dass die Tyrannei Buka's nicht
mehr zu dulden,* indem der Chan nur ein Schatten, alle
Macht in den Händen Bnka's sei '). Das üngewitter, welches
sich über dem Kopfe Buka's zusammenzog, stieg aus den
Fiuanzquellen von Fars auf. Die Vornehmen von Schiras
stritten sich unter dem Günstling Tughan; sie stellten vor,
dass, wenn ihnen die Befehlshaberschaft von Fars und die
Küste eingeräumt würden, sie fünfhundert Tomane abzu-
führen bereit seien. Sie erhielten hierauf verbindende
schriftliche Urkunde. Nufi wandten sie sich an Tughan
um einen zur Eintreibung der Summen Begewaltigten , nnd
er ernannte hierzu den Seid Fachreddin Mobarek. Buka
protestirte wider diese Ernennung und diese Maassregel,
aber Arghun erliess einen Befehl, dass sich Buka in die
Verwaltung der Krongüter, welche dem Fachreddin über-
tragen sei, nicht zu mischen habe; denn Fachreddin hatte
dem Arghun vorgetragen, dass viele, vormals dem Seid
Scherefeddin gehörige Güter von den Salghuren eingezogen,
jetzt als das Eigenthum des Kaans zurückzufordern seien.
Arghun übertrug die Verwaltung der Familiengüter dem
Emir Taghadschar und die des Heeres dem Emir Kun-
dschukbal, so dass auf einmal Buka all seiner Macht und
seines Einflusses beraubt.
Arghun stellte sich nun krank, um nicht öffentliche
Buka's I er- Demüthigungen verschlucken zu müssen ; sein Diwan , seine
nl St )'z ^^"^"zkammer wurden vor den Chan gefordert, alle seine
Angehörigen ihrer Stellen entsetzt, vor Allen Emir Ali, der
Temghadschi, d. i. Einnehmer der Mauthgelder von Tebris.
Buka, als er seinen ganzen Einfluss verschwunden sah, ver-
band sich mit mehreren Prinzen und Emiren O zur Ent-
•) Reschideddiii. ^) mit den Priiizeu: Huladschu , Karanktn,
KoiKjhschir j Tugai Timttr, Anberdschin ; mit den Emiren: Vruk,
Kurmischi, Temdui , Mad&chu , Toylok Kurawinas ; Wassaf. Im
Rcschideddiu noch: Kurmischi, der Solui Uaidu Nujan's, Audsch(W,
Fünftes 1! 11 c h. 879
thrüiiung Arghun's , indem er den Thron dem Prinzen
Dscliuschkab zudachte. Er sandte an diesen, der an den
Ufern des Euphrats lagerte, Botschaft, um sich über den
Undank Arghun's, der ihm allein den Thron verdankte, zu be-
klagen und diesen dem Dschuschkab anzutragen. Dschuschkab
sah wohl ein, dass Buka ihn nur zum Werkzeuge seiner
Herrschgier ausersehen und dass dieser selbst nach dem
Throne strebe. Er entliess den Gesandten mit der Antwort:
Ich bin dem Buka für seine gute Absicht sehr verbunden,
traue aber mündlichen Versicherungen nicht und werde
nicht an die Verbindung der mir genannten Prinzen und
Emire glauben , bis ich von ihnen unterzeichnet die schrift-
liche Urkunde des Vertrags sehe. Buka sandte ihm die
Unterschriften der Verschworenen. Dschuschkab sandte
Wort: das Heer möge in Waffen ihn erwarten; er aber be-
gab sich eiligst nach Tebris, um den NefTen Chan von der
seinem Throne drohenden Gefahr zu benachrichtigen. Arghun
wollte Anfangs der Anklage keinen Glauben beimessen; als
er aber in der unterschriebenen Urkunde von der Schuld
Buka's den klarsten Beweis der Verrätherei vor Augen hatte,
befahl er sogleich den Truppen , aufzusitzen und den Buka
aus seinem Lager am Kor ihm zuzuführen. Sultan Aidadschi,
Doladai und Tughan überfielen ihn in seinem Lager, doch
hatte er noch Zeit gefunden, aus demselben jenseits des
Kor in das der Frau Oldschai zu gelangen; sie nahm ihn
aber nicht auf, nur der Sohn Sengi's, der Emir des Lagers
der Frau Oldschai, gewährte ihm in seinem Zelte Zuflucht.
Sultan Aidadschi und Tughan gingen noch in der Nacht
über den Fluss und waren im Begriffe, das Lager der Frau
Oldschai zu stürmen , als ihnen Seng! zitternd den im Zelte
seines Sohnes versteckten Buka auslieferte. Vor das Gericht
gestellt, antwortete er dem Schinktur, welcher ihn als die
Ursache aller Unruhen anklagte und ihm vorwarf, dass er
immer anderen Padischah einzusetzen trachte: er habe Nichts
ieiB Waffeuträger, Kadan , dem Gesaudteu, Senyi , dem .Sohn Unbn
Xitjtin's, Emir des Liigers der Frau Oldschai. Ghasan Bthadir,
livltik Toffhfi , Asehak Toylili.
380 y II II f r (• s B u c h.
wider den Padischah, sondern nur wider seine Feinde Sultan
Aidadschi und Tughan. Einer seiner eigenen Soldaten sagte
ihm in's Gesicht: ,,An dem und dem Tage hast du mich
gesandt, um das Lager und ein Heer aufzubringen und damit
vorzudringen." Buka sprach: „Du irrest dich; ich habe
gesagt: um was schwer vorzubringen." Als aber Dschuschkab
die unterschriebene Urkunde der Verschwörung vorwies,
deren Ausbruch für die Festnacht des neuen Jahres der
Mongolen festgesetzt war *} , konnte er nicht mehr länger
läugnen. Arghun gab das Zeichen zu dessen Hinrichtung,
und Prinz Dschuschkab erbat sich die Gunst, dieselbe selbst
rpllstrecken zu dürfen. ^Is er auf dem Richtplatze ange>
langt, gab ihm Tughan einen Stoss in die Brust mit den
Worten: „Das ist der Lohn für deine Lust nach dem Throne".
21. Silhi- Dschuschkab trennte den Kopf mit Einem Hiebe vom Rumpfe
und schnitt ihm dann mit eigner Hand Riemen der Haut aus
dsche 6S7
dem Rücken. Der Kopf wurde , mit Stroh ausgestopft,
unter der Brücke Dschaghan aufgehangen. Am folgenden
Tage Sassen die Richter abermal zu Gericht, und es wurden
die verschworenen Emire hingerichtet '^). Kadan, weil er
der Gesandte des Kaans, der Bitekdschi Noghai^ weil er
wahres Wort geredet, und ein anderer, weil die Emire für
ihn gebeten, wurden mit dem Leben verschont. Unter den
Hingerichteten war auch der Astronom I?nadeddin_, der
Christ Simon von Rumfcalaa Behaeddewlet Abiil Kirem;
Demitrius, König von Georgien, welcher in diese Verschwö-
rung verwickelt war, wurde an den Ufern des Kor hinge-
richtet^); dem Heere wurde befohlen, seinen Jurt zu
plündern; die Kinder wurden dem Schwerte des Henkers
überliefert, die Frauen und Töchter unter das Heer ver-
theilt; es erging der Befehl, die Leichname der Erschla-
genen in Hügeln aufzuschichten , erst wenn sie von Wölfen
und Hunden zerfleischt sein würden, die Reste zu begraben.
•) Kujun Kumischi. Wassaf. ') Madschu , Toyhlok, A^chak
Toghfi, Serwana, Sochschi, Titschkina, Hosatneddin von Kaswin,
Euiir Ali Melik der Temiihudschi voii Tebris. Wassaf. ') Hist.
des ürpelieus in .S. Martin, mein. II. p. ITl.
Fünftes Buch. 381
Drei Kmire ' ) wurden nach Diarbekr gesandt, die Söhne
und Brüder Buka's zu holen. In sechs Tagen rannten sie
von Arran nach Irbil, tödteten Ghasan, den ältesten Sohn
Buka's, der sich bei seinem Oheime Aruk befand, und
führten diesen nach Tebris. Als er an der Brücke Dschaghan
des Bruders ausgestopften Kopf sah, fragte er: Wo ist der
Kopf Audschan's, seines Waffenträgers? und der geforderte
„ , , . r, , . ^ , O.Moharretn
fiel, Emir Sengi, welcher dem Buka im Zelte seines Sohnes (fss
Zuflucht gestattet, wurde von der Frau Oldschai ausgeliefert; 3.Febr.iS89
sie erklärte, dass sie ihren ältesten Sohn , Enbardschi, aus-
geliefert haben würde, wenn er sich solcher Staatsverbrechen
schuldig gemacht hätte. Noch waren vier Söhne Buka's')
übrig, die sich zu Tughan geflüchtet, welcher sich ihrer
angenommen ; als er sie aber nach einiger Zeit dem Arghun,
dessen Grimm er versöhnt glaubte, vorstellte, befahl dieser,
durch ihre Hinrichtung den Stamm auszurotten , so dem Ende Ssafer
geschah. _ ^^^
Der Prinz Dschuschkab, welcher die Verschwörung ^"^^|J/'"'
Buka's angezeigt und dem Verräther mit eigener Hand den ^^^ Prinzen
Kopf abgeschlagen , sah bald hierauf seineif eigenen ge- Dschusch-
fährdet; auf die Nachricht, dass er selbst mit herrschsüch- ^'«6? Hula-
tigen Plänen umgehe, hatte ihm Arghun Emire M mit Truppen '^^^''"^ ^^-
nachgesendet, die ihn am Flusse Karaman zwischen ^^^^^ Hinrichtung.
und Miafarakain erreichten; er schlug sich mit ihnen, floh
und wurde nach drei Tagen ergriffnen, vor Arghun gebracht,
von demselben zum Tode verurtheilt. Diese Hinrichtung g^^.^i ßgg
hatte die Empörung des ihm innigst ergebenen Neicrus, des 6*. Juni 1289
Sohnes Arghun's (des Statthalters Hulagu's in Persien^ zur
Folge, mit welchem sich die Prinzen Huladschu (der zwölfte
Sohn Hulagu's) und Karabukai, der Sohn Jaschmut's (des
dritten Sohnes Hulagu's) verbanden; sie wurden von Mukiil,
dem Bruder Ordu Kaja's, welcher im Dienste Karabukais
seinen Herrn verrieth, ergriffnen und im Schlosse Girdkjuh^
'3 Baitmisch Kuschdschi, Tamudai Ahtadschi, Schadi , Sohn
Buka's. 2) Abadsclii, Melik, Teichan Timur , Kotlogh Timur.
') Jatmisch KuschdscJii, Gharbetai Gurgan , Bttrdschu, der »Sohn
Diiriai's , Boghdai , Arkasun Nujan.
382 F (i n f ( <j 8 H u c li.
dem alten Assassinenschloss, das so lange den belagernden
SO. Rama- Waffen der Mongolen getrotzt, eingesperrt, und vier Monate
hernach hingerichtet. Huladsckuj der zwölfte Sohn Hulagu's,
der dritte, der als ein Schlachtopfer der Herrschaft fiel
(^wie vor ihm ITonghuratai und Teguder); Karabukai, der
zweite Neffe, der wie Dschuschkab des Todes Loos der
Oheime ' theilte. Ein Heer unter dem Befehle Arghun's
wurde nach Chorasan gesandt, um dort den Kronprinzen
Ghasan wider den Anfrührer Newrus zu verstärken. Arghun-
chan hatte das Winterquartier von Arran mit dem Sommer-
lager zu Kongorolang vertauscht und zum zweitenmale den
Ordu Kaja und den Juden Seaad empfangen, welche ihm
Gelder von Bagdad brachten. Arghun war damit sehr zu-
frieden, und als der Jude vortrug, dass er das Doppelte
abgeführt haben würde, wenn nicht die mongolischen Land-
schreiber ihm entgegen gewesen wären, wurde die Hinrich-
tung derselben befohlen ; ihre Köpfe wurden zu Bagdad
aufgesteckt; auch Manssur, der Sohn Chodscha Alaeddin's
Dschuweini, wurde von Hiile gebracht und hingerichtet;
gleiches Schicksal hatte Dschelaleddin Sef/inani, welcher,
dem Tughan verdächtig, einige Zeit lang auf Fürbitte Be-
, rende Bachschi's an dem Leben verschont worden war.
l.Dschetn.II. , r i x j o j
6'88 Arghun hatte die oberste Wesirschaft dem Juden Seaad
?S.JiimlSS.9 übertragen , eine vor und nachdem in den Geschichten des
Islams unerhörte Begebenheit, dass ein Jude Herr des Guts
und Bluts der Moslimen. Seaadeddewletj d. i. die Glück-
seligkeit des Hofes, der Sohn des Juden HebetoUah Ben
Mohesib von Ebher, war vor fünf Jahren vom Vogte Bagdads
oder dessen Kammer angestellt worden und hatte durch
seine Geschäftstüchtigkeit bald sehr grossen Einfiuss er-
worben. Der Befehlshaber Bagdads, Kotloghschah , ein vor-
maliger Diener Alaeddin's Dschuweini, Medschdeddin Giti
und Andere waren vor zwei Jahren in's Sommerlager von
'198T
Sughurluk gekommen, um sich bei den Wesiren über Seaad,
durch welchen ihr Ansehen so sehr in Schatten gesetzt
wurde, zu beklagen; sie priesen den Seaad als einen vor-
trefflichen Arzt an, der seiner me^dicinischen Kenntnisse
K li u f l c s H 11 c li. tiSZ
willen an den Hof gezogen zu werden verdiene. Seaad,
nach Hof berufen, schtoss sich an Ordu Kaja an und erhielt
durch dessen Einfluss Diplom und Löwenkopf mit dem An-
trage, die Rückstände der Steuern Bagdads, welche fünf-
hundert Toraane betrugen, einzutreiben. Mittels Erpres-
sungen und Qualen brachte er eine ansehnliche Summe Geldes
auf, die er dem Chan in's Sommerlager von Kongorolang
brachte. Arghun, hiermit sehr zufrieden, verlieh die Emir-
schaft von Bagdad dem Emir Ordu Kaja und die Vogtschaft
dem Baidu Sikurdschi, d. i. Schwertträger; Scherefeddin
von Semnan wurde zum Melik, d. i. Vorsteher der Finanzen,
und Seaad zu dessen Moscherrif^)^ d. i. Ceremonienmeister,
ernannt. Diese vier gleichzeitigen Ernennungen geben Auf-
schluss über die Einrichtung mongolischer Landesverwaltung,
deren Häupter der Emir (^Befehlshaber der Truppen), der
Sckohne oder Baskak ; d. i. Vogt Statthalter, der Meh'k,
d. i. Intendent der Finanzen, und Moscherrify Gehülfe des •
selben; dazu kamen die Sekretäre und Schreiber, von denen
die arabischen Munschi , die mongolischen Büekdschi, die
türkischen Bachschi heissen. Als Seaad zur Wesirschaft
gelangt, war derselbe nur noch durch den Einfluss seines
vormaligen Vorstehers Scherefeddin Semnani einigermassen
in der Ausübung seiner unumschränkten Machtvollkommen-
heit beschränkt; als aber auch dieser auf Arghun's Befehl,
weil ihm zu Ohren gekommen, dass er des Juden unum-
schränkte Machtvollkommenheit bitter getadelt, hingerichtet
worden , herrschte der Jude Arzt mit unumschränkter Voll-
macht als Wesir '^).
Die Verwaltung des Arztes Juden war eine blutige und seaaded-
goldene, Aderlass und Schacher. Noch lebten die Enkel dtu-JeVs
seines grossen Vorfahrers in der Wesirschaft, Mohammed Verwaltung.
Schemseddin's, Mahmud und Ali^), die beiden Söhne seines
Sojines Behaeddin , auf den ihnen gelassenen Besitzungen in
' Irak. Ali war mit seiner Mutter, der Tochter IseddinTahir's,
•) Mocherofago, bei Cassiri. *) Rescliideddia. ') in d'Ohssou
IV. 39. irrig fils du Vezir Scliemseddin.
384 I"' ü n f t e j B u c li.
nach Issfahan gegangen , als Aledschdeddin Muminan von
Kaswin, einer der Blutegel des Wesirs, an Arghun Bericht
erstattete , dass fasst alle Krongüter in den Händen der
Enkel Schemseddin's. Der Befehl erging, die Söhne Schema-
eddins hinzurichten. Von diesen wurden Mesud und Fere-
3- ^J^^*^^^^ dschullah zu Tebris getödtet; dem Enkel Mahmud rettete
93 Juli 1289 ^^^ Vogt das Leben, weil in dem Befehle blos von den
Söhnen und nicht von den Enkeln die Rede; aber ^li,
welcher zu Issfahan sich befand, wurde getödtet, und sech-
zehn Tage nach ihm auch sein Oheim Mesud. Noch waren
von den Söhnen Schemseddin's zwei, nämlich: Atabeg und
Sekeria, übrig , welche , die einzigen , nicht gewaltsamen
Todes starben. Der Jude legte nun seinem Namen und dem
seiner Brüder nach dem Beispiele der Herrscher aus dem
Hause Buje den Ehrennamen Dewlet, d. i. Reich oder Hof,
bei; er nannte sich Seaadeddewlet , d. i. das Reichsglück,
seine Brüder hiessen : Fachreddewlet , d. i. Reichsruhm,
Mohesibeddewlet j d. i. Reichsläuterer, desgleichen seinen
anderen Angehörigen , unter die er die Statthalterschaften
des Reichs rertheilte ; den beiden genannten Brüdern und
dem Dschemaleddin von Destadscherd übertrug er die Be-
fehlshaberschaft von Bagdad ; nach Fars sandte er den
Medschdeddewlet, d. i. Reichsglorie, den Sohn des Astro-
nomen Montachabeddewlet , d. i. des Reichsauserwählten,
als Statthalter nach Diarbekr seinen Bruder Emineddetclet ,
d. i. Reichsintendent, und die Befehlshaberschaft von Tebris
verlieh er seinem Nefifen Ebu Manssur Mohesibeddewlet (ein
zweiter Reichsläuterer^ dem Arzte *). Fünf Juden ( die
vier Brüder und der Neffe) hatten die Verwaltung unter
sich getheilt. Die Emire Taghadsckar , Ordu Kaja und
Dschuschi , welche bisher die Finanzen verwaltet, wurden
durch ein Patent verständigt, dass Seaadeddewlet der Be-
fehlshaber des Staatsschatzes sei, „und dass sie ohne dessen
Gutheissung kein Geschäft dem Padischah vorzutragen er-
mächtiget seien, dass dem Wesir aber frei stehe, zu jeder
*j Reschideddin.
K li n f t I- s f{ II c li. 385
Zeit Geschäfte zu schlichten, ohne sich nach ihnen zu
richten". Die Wesire «nd Emire der Länder wurden ihm
untergeordnet, Könige und Sultane standen dem Arzte Juden
zu Befehl; wäre nicht Chorasan und Rum wirklicl» im Be-
sitze Ghasan's und Kendschatu's, der beiden Sohne Arghun's,
gewesen, so hätte er auch diese Länder an seine Geschöpfe
verliehen'). Er vernichtete gleich Anfangs seiner Ver-
waltung in allen Ländern die Melik , wörtlich Könige, der
Finanz, d. i. Intendenten der Pacliten und Steuern, und
erregte in den Herzen der Juden die Erwartung, dass in
ihm der versprochene Messias erschienen, der Wiederlier-
steller des Reichs im vorigen Glänze. Die Verordnungen,
die er in Finanzsachen erliess, waren streng, aber verständig,
auf die sichere Eintreibung der Steuern und Vermehrung
des Staatsschatzes berechnet; den Plackereien der Gesandten
und Vögte wurde gesteuert, arabische und persische Dichter
und Philologen mit Geschenken und Pensionen zur Ver-
breitung seines Lobes erkauft. Binnen zwei Jahren war
ein ihm gewidmetes Buch , welches blos die zu seinem Lobe
erschienenen Ghaseleti , Kassidete , Makame und Lobreden
enthielt, gesammelt, und welches sich noch zur Zeit Wassaf's
zu Bagdad fand; er nahm sich nicht nur mit den Prinzen
und Nujanen, sondern auch gegenüber des Schah und dessen
Gemahlinnen die grössten Freiheiten heraus. Eines Tages,
als er mit dem Schah langen Puff spielte, streckte er mir
nichts dir nichts seine Fiisse aus, als läge er auf einem
Ruhebette; eine der Frauen, welche herein kam, redete
ihn an: „Wie unterstehst du dich, in Gegenwart eines
solchen Chans , dessen Sklaven mit dem störrigen Himmel
wie mit einer Kugel aus Handteig spielen, ohne Scheu den
Fuss auszustrecken?" Seaadeddewlet entschuldigte sich
mit dem Zipperlein , und Arghun liess die Entschuldigung
gelten.
Da die grossen Emire Taghadschar , Semaghar , Kun- Verwaltung
dschnkbal und Tughan ihm alle aufsässig, so suchte er sich vonFars;
Emir
Tughan,
•) Wassaf.
Hammer, Geschichte der Ilcliane. I. ^ 2b
38() V II 11 f t e s It u c h.
Nvenigsieiis mit dreien zu befreunden, denen er einen Antheil
an der Verwaltung überliess; diese waren Ordu Kaja, den
er als Helfer zu sich nahm; Karadschar, dem er die Ver-
waltung von Arran anvertraute, und Dschischi, dem er die
von Schiras übergab; dem letzten gab er noch zwei Beamte'^
und den Sohn Sundschak's als Serwan oder Tschausch, d. i.
Vollstrecker der Befehle , an die Seite. Die Herren der
Finanz zu Schiras versprachen die fünfhundert Tomane, die
Ausstände, binnen Jahr und Tag herbeizuschaffen, wenn
man ihnen den Dschelaleddin Serwistani gebunden ausliefere.
Diess geschah; als aber die Inhaber der Pachtdistrikte ^^
und die Landschreiber ^) nicht Wort hielten, wurden die
ersten, die Herren der Kammer, die schon oben bei der
Erzählung der Zustände von Fars genannt worden, hinge-
richtet"). Die Steuereinnehmer und Verwalter wurden alle
gefoltert und durch Vergantungen und Confiscationen eine
ungeheuere Summe erpresst. Seaadeddewlet's Strenge war
rücksichtlos gegen die Emire und führte später seinen Sturz
durch die Rache einer empfindlichen Beleidigung des Emirs
Tughan herbei, welcher, wie wir gesehen, schon den allmäch-
tigen Buka aus Rache für empfangene Stockschläge gestürzt.
Tughan , der Sohn Tarakai's , ehemals der Vogt in Kuhistan,
einer der ersten inaken, d. i. Hofdiener, „war", sagt Wassaf,
„ein höchst scharfsinniger und feiner Kopf*) an ürtheils-
kraft, durchdringendem Scharfsinn , in der Rede Schlag-
fertigkeit und Zierlichkeit, hatte er unter den Mongolen
nicht seines Gleichen" ; dazu war er ein gewandter Briefsteller,
Buchhalter, Dichter und Astronom, ein ganzer Keschad^cfiem,
d. i. ein in den fünf freien Künsten, deren Anfangsbuch-
staben in diesem Worte enthalten sind ^) ( Schreibkunst ,
') Wassaf nennt Schemseddewlet und Iseddin Musajfer^ und
Keschideddin den Dschelaleddin Sertclstani. -) Asshabi Buliik.
') Bitekdachi. *) Fachreddin Mubarehschah, Medschdeddin Uumi,
Schemseddin Huseini ; AVassaf und Rescliideddin. ^) Scliarfsiclitii;cr
als Ajas , feiner als Kais Ben Soheir , als Hluifhairet B. Scliaabet,
als Amni Bei el aass : Wassaf. ^) K. Kjatib, d. i. der .Schreiber,
Seil, d. i, Schaair.) Dichter, Dscliim, d. i. Munedscliim, d. i. Astronom,
Mim, d. i. Musik-, Kanius; das Wort und die Erklärung fehlt iu
Freitag'a >Vörterbuch.
Fünftes B II c h. ggy
Dichtkunst , Astronomie, Philologie und Musik )^ vollkomineii
bewanderter, hochgebildeter Mann. Als nach der Hinrich-
tung Buka's der Emir Newrus in Chorasan rebellirte, wurde
Tughan mit einem Auftrage dahin abgesandt; bei seiner
Rückkehr iiess Seaadeddewlet dem Schah vortragen, dass
die Curiere Tughan's mehr als ihre normalmässigen Taxen
genommen , und Tnghan wurde zu der hierauf durch die
Jasa gesetzten normalmässigen Strafe von siebzehn Stock-
prügeln verurtheilt. Tughan, weichen Nichts aus der Fas-
sung brachte und welchem ein guter Einfall immer zur Hand,
sah sich im Saale um und sagte : Was würde es denn schaden,
wenn jeder der Collegen Emire einen der siebzehn Stock-
streiche auf sich nehmen wollte? Es waren mehr als siebzehn
Emire zugegen. Der Schah lachte, und allso'gleich citirtc
Tughan das Distichon Motenebbi's :
Wenn der Löwe winkt mit Löweuniacht^
Meinet ja nicht, dass der Löwe lacht ').
Durch diesen glücklichen Einfall und seine Geistesgegenwart
kam er diessmal von der verhängten Strafe los, aber der
Groll wider den Juden, der ihm die Schmach der Verur-
theiiung zugezogen, wurzelte so tiefer in seiner Brust, und
er verband sich zum Sturze desselben mit dem Emir Kun-
dschukbal und Anderen, indem sie keine Gelegenheit unter-
liessen , ihren Feind beim Schah zu verschwärzen. Dieser
indessen, voll hochfliegender Pläne, stand noch immer fest
durch den guten Erfolg seiner Finanzverwaltung, welche
den Schatz füllte, und durch seine Einstreuungen von der
Einführung einer neuen Religion, deren Oberhaupt der Schah
sein sollte^). Arghun war nicht Moslim, wie sein Vorfahrer,
sondern vielmehr den Juden und Christen geneigt; von seiner
Neigung für die Juden spricht die fünfgetheilte Herrschaft
der vier Brüder und des Neffen, von seiner Vorliebe für
die Christen sein Befehl, die von Teguder zerstörten Kirchen
\ wieder herzustellen ') , und seine Verbindungen mit den
') Wassaf in dem Hauptstücke der Verwaltung von Schiras.
0 >yassaf. ') Haithonis hist. G. .^8.
25-
S88 F II 11 I t e s n u (• h.
Köniijeii Armeniens und Ceoririens, seine Gesandtschaften
an den Papst nn<i König Aon Frankreich, von denen weiter
unten die Hede sein wird. Indessen, da sein Pia« der
neuen Religion nocli nicht reif, konnte er nicht umhin, dem
Scheine nach den Islam zu beschützen, woron ein von
Wassaf erhaltener, zu (junsien der Pilgerkarawane von
Mekka erlassener Befehl das Belege; indessen lag ihm wenig
daran, dass das Blut der Pilger im Umfange des heiligen
Hauses vergossen wurde, und siebzehn der grössten Imame
verbannte er nach Schiras, um dort von Schemseddewle!
die Strafe der Jasa , d. i. Prügel, zu empfangen.
Feldzug ge- ^^ ^^^ herbstlichen Tag- und JNachtgleiche dieses Jahres
genBerbend:
Bauten fjt'gah sich Arghun, welcher auch ein Freund der Astronomie,
4. Ramasan wiewohl er mit Vorliebe Alchymie trieb , nach Meragha,
** um die Sternwarte zu besuchen; in der folgenden Tag- und
'^1. Sefjt
is8f^ ' Nschtgleiche des Frühlings verehrte er der Frau Bulughan,
9. Rebiul- der 'f'ochter Olaman's, des Sohnes Obotai Nujan's des Kon-
ewive ö. gjiuralen, das Lager der verstorbenen Frau Bulughan, welche
34.y\ail290 , ,, ^ ^ ,, , , ^ ,-
aus dem Hareine des urossvaters Iiulagu und des Vaters
eunel ff^O ^"^^^ '" "^^ seine übergegangen war. Vier läge nach
4?S. 3Iärz vollzogener Hochzeit kamen Boten, welche feindlichen Einfall
an der Gränze von Derbend meldeten. Die Emire Schiktur
Nujan, Kundiichukbal und Taghadschar wurden allsocieich
/. Reb. achir -^ ^
ßsfl aufzusitzen befehligt. Der Chan begab sich nach Pilsuwar
^'^' und rückte mit dem schweren Geuäcke bis Schaburan vor;
am Ufer des Karasu traf der Vortrab der beiden Heere
auf einander. Das feindliche befehligte Abadschi und MengW,
die beiden Söhne Menglu Timur's , des Herrschers von
Kipdschak, und der Feldherr Nokai; das Arghun's: die
Emire Taghadschar , Knndschukbal, Toghruldsche und Tai-
dschitj der Sohn Bukuwa's; die letzten drei setzten über
iT.Reb.achtr ^^^ FIuss , schlugen die Kipdschaken, tödteten ihnen drei-
3. Mai iS90 ^"»^ert 3Iann und machten mehrere Gefangene '^ Hierauf
') Unter dua Todteu : Buruttai und Kadai. Emire von Tau-
senden, und der Bruder Ji'iiitscht's ; unter den Gefangenen ; Hurifitai,
der grosse Ercir.
Fünftes B u c li. 3{^y
wurde zu Pilsuwar der Sieg mit Festen gefeiert, und äeaad-
eddewJet sandte die frohe iVachricht mitteis Siegesschreiben
durch's Reich'). Da die Ruhe an der Gränze von Derbend
hergestellt war, wandte sicii Tagliadscliar nach der östlichen,
wo in Chorasan der Aufruhr des Emirs Newrus in hellen
Flammen emporloderte. Arghun wurde durch den Tod seines '^- ^*t^A«H»
€101061
Sohnes Jesuhan betrübt; auch waren der Emir Sundschak
19. Juni
und sein Sohn Schadi zu Meragha gestorben. Zwei Monate
hernach ward zu Tebris Medschdeddin Muminan , dessen ^' ^chaiihan
oben als eines Blutegels «ler Finanz Erwähnung geschehen, ' *'^"*
hingerichtet, und die F'ahiien des Schah's trafen im Sommer-
lager von Alatagh ein ; er kehrte über Wan und Wastan
zurück. Auf dieser Station wartete dem Schah Kotbeddin
der Schiraser auf und brachte seinen Atlas der westlichen £'^^^£^f^f^^
Meere mit einer Beschreibung ihrer Gestade und Inseln, der
Länder Rums und des mittelländischen Meeres dar. Der
Blick Arghun's fiel auf die Stadt Amuria, so berühmt, als
die Geburtsstadt des Kaisers Theophilos und die Verheerung
derselben durch den Chalifen Moteaassim. Arghun Hess
sic^i Alles erklären und war mit der Erklärung ungemein
zufrieden; er ging auf die Jagd, und sagte dem Molla, sich
nach derselben wieder bei ihm einzufinden, weil er mit ihm
gerne weiter spreche, da er so wohlberedt. Hierauf ging
der Wink an Seaadeddewlet, die drei Verwalter, welche
aus Rum zurückgekehrt waren : Emirschah, ßackreddi'n und
den Sohn Hadschi Leilas, zu ergreifen; dem ersten rettete
die Fürbitte Kotbeddin's und Seaadeddewlet's das Leben,
der dritte ward sogleich getödtet, der zweite unter Aufsicht
gesetzt und später hingerichtet. Hierauf kamen drei Emire: -5. Schewwaf
Jkbuka, }^olada.i und Aldschiwakian , aus Rum, von denen ^^^
, ... 13- Oct. 1290
der erste dorthni zurückgesandt ward. Das FcvSt des Fasten-
mondes wurde zu Tebris zur Freude der Moslimen mit
grosser Feierlichkeit begangen. Es wurden >ier Minarete
erhöht; die Kadi und Iraame, die Chatibe und Scheiche
wurden alle versammelt. Arghun, der ein grosser Baulieb-
V) Ileschideddiii.
390 I"' i> n f t e 5 B II c li.
haber, befahl, auf der Westseite der Stadt eine Vorstadt
anzulegen, welche Sche?}i oder Sckenb hiess, und in der
später sein Sohn Ghasan sein berühmtes Grabmal erbaute;
er befahl den Bau einer Stadt zu Scherujas, nördlich von
Kaswin, weiche, ebenfalls erst später unter Ghasan vollendet,
den Namen Sultanije erhielt; eine Tagreise südlich von Sul-
tanije , zu A?idschertid, hatte Arghun's Vater , Abaka, einen
Palast in der Ebene erbaut, wo ein natürliches Wasser-
becken mit zwei Abflüssen , dessen Wasser sich nie mindern
und mehren soll, wenn auch die Abflüsse verdammt wer-
den '). In der JNähe von Sedschas ist der gleichnamige
Berg , auf welchem hernach Argliun begraben ward ; auch
im Gebirge Alatagh , welches das gewöhnliche Sommerlager
schon von Hulagu's Zeit her, baute er ein Serai^}. Zu
Lar oder Lardsckan^^ , der gleichnamigen Hauptstadt der
am Fusse von Hügeln gelegenen Landschaft Laristan , baute
er einen Sommerpalast, welcher das Köschk Arghun's hiess;
der Basar der Stadt gilt noch heute für den schönsten Per-
siens ; das heute in Ruinen liegende Schloss galt ehemals
für uneinnehmbar. Die zwölftausend Einwohner leben von
dem Erzeugnisse ihres Kunstfleisses, Bogen und Baumwoll-
zeugen; alle Häuser sind bequem und nett eingerichtet;
jedes mit den beiden Luxusanstaiten einer persischen Som-
merwohnung, nämlich einem Badgir und Serdab'*^ ^ d, i.
mit einem Windfang und einem unterirdischen Saale, ver-
sehen; in diesen dringt die Hitze nicht ein, durch jenen
kreist im oberen Theile des Hauses der Luftzug. Zu Tebris
erhielt die von Arghun erbaute Vorstadt den Namen ^r-
ghunije ; er gab Jedermann die Freiheit, sich dort anzu-
siedeln; und liess unterirdische Kanäle (Kjaris) graben nach
dem in Persien von uralter Zeit her eingeführten und heute
noch üblichen Systeme unterirdischen Kanalbaues. Die kühlen
Thäler des Alatagh waren das gewöhnliche Sommerlager,
die südlichen Ebenen von Kongorolang :, d. i. die Falken-
') l)scliili:innuiii:i S. 297. ^ üscliili. S. 426. ^) Dscliih. !ü. ,:i4l.
•) M. Kii)Heir\s geograpliic mein, on the persian Kmitire p. 84.
K li u f t c s B u c h. 301
weide , das Sommerlager , wo liernach Sultauia gebaut ward ;
der Frühling und Herbst wurde, wie gesagt, wechselweise
zu Meragha und Tebris zugebracht, wie vormals die per-
sischen Könige ihre Residenz nach den Jahreszeiten zu
Babylon, Ekbatana oder Susa aufschlugen.
Arghun, der Alchymie und den geheimen Wissenschaften Aryhun's
ergeben, hatte indische Dachschi, d. i. Schreiber, gefragt, Krankheit.
durch welche Mittel sie sich ihr Leben so langwierig fri-
steten. Sie gaben ihm ein aus Schwefel und Merkur zu-
sammengesetztes Mittel als die Panacee der Lebensverlänge-
rung an. Arghun nahm dasselbe durch acht Monate, und
als ihm hierauf die Bachschi eine Quarantäne zu Tebris
vorschrieben, schloss er sich dort ein, ohne Jemanden An-
deren, als Seaadeddewlet und seine Geschäftsführer Ordu
Kaja und Kadschan zu empfangen. Nach den vollendeten
vierzig Tagen begab er sich in 's Winterquartier nach Ar ran,
wo er krank ward, vom Arzt Emineddewlet Arznei nahm;
als diese nicht anschlug, gab ihm einer der Bachschi eines
Tages drei Becher Weins, worauf er einen Anfall von Zipper-
lein hatte. Nach zweimonatlichen Leiden fiel es ihm ei»,
die Ursachen der Krankheit, welche übernatürlicher Ein-
wirkung Schuld gegeben ward, untersuchen zulassen. Die
Einen sagten, sie rühre von bösen Wesen her und könne
nur durch Almosen geheilet werden; die Kernten, welche
nach mongolischer Art das Geheime und Verborgene aus
Schulterbeinen der Schafe erforschten , warfen den Verdacht
von Zauberei auf. Die Prinzessin Tughandschak, die Tochter
der Frau Ilkotlogh, war die angeheirathete Nichte Dschusch^
kab's, dessen Tochter Arghurak mit Schadi Gurgan vermählt,
mit diesem die Tochter Tughandschak aus dessen Beischlä-
ferin Ilkotlogh erheirathet hatte. Ilkotlogh war also aus
dem Harem Schadi Gurgan s in das Arghun's übergegangen,
und Tughandschak erscheint hier als Nebenbuhlerin ihrer
Mutter um die Liebe des Schahs. Sie wurde mit anderen
Frauen ihres Gefolges vor Gericht geladen. Sie bekannte,
dass sie, um sich der Liebe des Chans zu versichern, Ta-
lismane geschrieben , und dass sie , um sein Leben zu retten,
392 ^' " 11 f t e s U 11 c h.
gerne «las ihrige opfern wolle. Sie wurde der Zauberei
schuldig erkannt und mit allen ihren Zofen ertränkt. Durch
' die Krankheit des Chans war Seaadeddewlet auf's äusserste
bestürzt, indem er wohl einsah, dass sein Leben an das des
Schahs geknüpft sei. Er nahm nun zu guten Werken die
Zuflucht; an Einem Tage erliess er siebzig Schreiben, soge-
nannte Gerechtigkeitsbefchle, welche die Ausübung der Ge-
rechtigkeit einschärften und Almosen anordneten. Eine seiner
grössten Wohlthaten waren dreissigtausend Dukaten, womit
er den Bewohnern Bagdads ein Geschenk gemacht, und
hunderttausend, die er den Armen und Frommen von Schiras
zugedacht. Es ergingen Befehle, wodurch verboten ward,
den Verwandten der Majestät, den Frauen, Söhnen, Töch-
tern, Schwägern, das Geringste zu nehmen; hierdurch hoffte
I er, dieselben mit dem Fiskus und sich zu versöhnen; allein
die Emire ' J, denen seine Herrschaft immer unerträgliclier,
verscliworen sicIt zur Abschüttehing dieses Joches, und sie
4.!ysa(er690 (j-aten zuerst als öffentliche Ankläger wider das Werkzeug
^ ^' der Blutbefehle, den Sultan Aidadschi, auf, durch welchen
vor zwei Jahren die Prinzen Huladschu und Karabukai und
eilf andere, in Allem dreizehn Prinzen aus dem Geblüte
Tschengischan's, hingerichtet worden waren, indem diese
Hinrichtung nun als die eigentliche Ursache der Krankheit
Arghun's angegeben ward. Ein Käme sagte aus, die mit
ihren Vätern hingerichteten unschuldigen Kinder, SÖhue
Huladschn's und Karabukai's, seien dem Arghun erschienen
und hätten ihm Vorwürfe über ihre unverschuldete Hin-
richtung gemacht; er habe ihnen geantwortet: Davon weiss
ich nichts; nicht ich bin euer Mörder, sondern Sultan
Aidadschi. Dieser, hierüber zur Rede gestellt, berief sicli
auf des Chans Befehl. Die Antwort kam: er wisse nicht
darum. Sultan Aidadschi entgegnete: wie könne der Chan
diess gesagt haben, da ihm die Krankheit seit langem A'ig
Sprache benommen. Die Richter urtheilten , dass, wenn
der Padischah nicht sprechen könne , die Ursache seiner
') Die Emire Tac/haduchar, hiiiidackulibul, 'Veirekkul Toffhan.
F ü n f t b s B II c li. 393
Krankheit keine andere als das durch Aidadi<clii gegebene
Hluturtheil sei, und verurtheilfen ihn zum Tode. Ära selben ^|^.^f.^( '^-y^j
Tage (^es war das Geburtsfest des Prinzen Chatai yJgii/d^ ^rSläryAdöl
wurde Dschudschi auf Tughan's Befelil ergriffen und in der
Nacht hing^riclitet; am folgenden Tage zog Taghadschar
den Seaadeddewiet und seinen Helfer Ordu Kaja vor Gericht,
und Beide wurden getödlet'^; ihre Häuser wurden vom 7. Rebiul-
ftclirr f}!)0
Heere geplündert. Sechs Tage iiernacli starb Arghun zu ,, , - -
" * ® '^^ 10. Mf/i-i
Baghdschei Arran und zwei Tage später wurde sein Leichnam 1S!)1
nach dem Berge Sedschas abgeführt, wo sein Grab noch
nach dem alten Gebrauche der jMongolen \ erborgen ge-
halten, bis es in der Folge von seiner Tochter entdeckt,
mit einem Dome überwölbet ward-}.
Noch haben wir in der llegierungsgeschichte Argliun's Anjhun's
die Darstellung seiner Verhältnisse mit Aegypten und mit i crhält/iiss
christlichen Fürsten nachzutragen. Bereits unter der Re- ^ '' ^ifif/^~
° ten und den
gierung Ahmed Teguder's ist erwähnt worden , dass der euroijüi-
Gesandte desselben, Abderrahman, von Sultan Kilawun ein- sehen
gekerkert, im Kerker gestorben sei. Nähere Umstände über Fürsten.
diesen Botschafter finden sich bei den ägyptischen Geschicht-
schreibern. Kilawun hatte auf seinem Wege von Kairo nach
Damaskus zu Ghasa den Tod Ahmed Tecuder's und die Dscheni,
<= eivwel 683
Thronbesteigung Arghun's erfahren. Einen IMonat hernach '^^ Juli 1^84
gewährte er der persischen Botschaft zu Damaskus Audienz.
Sie bestand aus dem Sclielch Abderrahman, dem Emir Sam-
daghu und dem Wesir des Fürsten von Mardin^}; der
Scheich war in den Habit der Derwische Fakir gekleidet";
als er sich niclit freiwillig beugen wollte, wurde er ge-
waltsam zur Erde niedergeworfen, und der Sultan würdigte
ihn keines Blickes; doch nahm er das Schreiben Ahmed's
und Hess die Botschafter mit Kaftanen bekleiden. Das
Schreiben Ahmed's begann mit der gewöhnlichen Formel
') lui Scliedschretol Etrak wiiiH JSeaadeddewIet um letzten
Ssafer des J. 690 Iiiugerichtet uud Argliun starb drei Tage hernach,
am 3. Rebiulewwel. ■} Dschihannunia 8. 2Q7 : im J^chedschretol
Etrak S. 265 im Berge Sobeir C-) nächst der Grabsiatte des /Pro-
pheten Kvde (?}. ') dOliisou Ili. 61.:. nach Makrisi.
394 F ii u f t e s B ii c I».
mongolischer Befehle : Unser Wort an den Sultan Aegyptens.
Unter den Geschenken zeichneten sich sechzig grosse Perlen,
ein Topas im Gewichte von zweihundert Miskalen und ein
Rubinbaiasse von zwei und zwanzig Drachmen aus. Kilawun
Hess sie dreimal in seine Gegenwart kommen, und verstän-
digte sie das drittemal von Arghun's Thronbesteigung. Sie
S8.Ramasftn wurden alle ihres Gepäckes beraubt und eingekerkert. Der
^'^'^ Scheich starb noch vor Ende des Jahres und seine Begleiter
8. Dec. 1SS4 ^u^den dann in Freiheit gesetzt. Während dieser feier-
lichen , zur Schliessung festen Friedens gesandten Botschaft
hatte sich Sultan Kilawun zweier beträchtlichen festen Plätze
bemächtigt. Der eine , Katibe , in der Landschaft Amid , in
der Nähe von Kerker, welcher von den Truppen von Biret,
Aintab und Kawendan besetzt ward; der andere, Kachta,
dessen aufrührerische Besatzung ihren Befehlshaber tödtete
' und das Schloss verrätherischer Weise an den Befehlshaber
von Haleb übergab. Diesem fertigte im selben Jahre Arghun
den Befehl eines Streifzuges nach Cilicien zu , um die Arme-
nier dafür zu strafen, dass sie, als sie zwei Jahre früher
sich mit den mongolischen Truppen zu Haleb befanden, die
grosse Moschee eingeäschert. Sie drangen bis A]a8 vor,
schlugen die armenischen Truppen im Passe von Iskenderun,
verfolgten sie bis Teil Hamdun und zogen sich dann zu-
rück '). Zwei Jahre später streiften tausend Mann der Be-
satzung von Haleb nach Mardin und Sindschar und schlugen
von Mossul die Besatzung, welche einen Ausfall gemacht,
mit dem Verluste von zweihundert Mann zurück. Mit Papst
Nikolaus IV. hatte Arghun wiederholten Verkehr von Ge-
sandten, deren einer, Buscarell , ein Kuridschi , d. i. von
seiner Leibwache , zugleich Ueberbringer von Schreiben an
Eduard, König von England, und Philipp den Schönen von
Frankreich. Die Gesandten versprachen Hilfe wider «lie
Saracenen in Syrien und Bekehrung zum Christenthum. Die
Gesandten Arghun's versprachen: der Chan wolle sich nach
Jerusalems Eroberung in der heiligen Stadt taufen lassen ;
') d'Ohssüii p. 61'
V li u f t <; s ü u c li. 395
iler Papst belehrte ihn in seinem Schreiben über die Dogmen
und Pflichten des Christenthuras. Nikolaus schrieb nicht nur
an den Chan, sondern auch an dessen Frauen und an seineu
Sohn Oldschaitu, welchen die Mutter (Urukchan) getauft
und Niklas genannt iiatte. Der Papst schrieb an die Prin-
zessin Ilkotlogh ' ) , die er zur Verbreitung des Christen-
thuras , nachdem sie beigetreten , aufmunterte ; die Frau
üruk "^ ) , welche von jeher Christin , bat er , auch die Prinzen
Ghasan und Chatai AghuP^^ welche von anderen Müttern,
zur Annahme des Christenthums zu bewegen. An König
Eduard 1. nahm der Gesandte Buscarell ein Schreiben des
Papstes mit, welcher ihn zu ehrenvollem Empfange und
geneigtem Gehöre empfahl ; dem König Philipp schrieb
Arghun im fünfhundertsten Jahre vor der französischen Re-
volution, dass er im folgenden mit seinen Truppen vor
Damaskus zu lagern holfe, ihm das eroberte Jerusalem
schenken werde. Der erste dieser Gesandten Arghun's an
den Papst war um ein Jahr früher angelangt; diess ist im
selben, wo der Jude Seaadeddewlet zur vollsten Macht ge-
kommen. Diese Botschaften Arghun's sind also wohl weniger
dem Christenthume der Frauen und der Taufe der Prinzen
zuzuschreiben, als der Politik des Juden, welcher durch
die Hilfe des Papstes die Könige von Frankreich und Eng-
•) Bei Odoric Raynald IV. p. 4l et 42. Elegacf und Titctan;
d'Ohsson IV. 99. meint, unter der letzten sei Tuktan , die Wittwe
Abaka's, Mutter Keadschatu's, zu verstehen, was aber unrichtig,
da Reschideddin (unter den Frauen Abaka's) ausdrücklich sagt, dass
sie bei Lebzeiten Abaka's gestorben, durch die Frau Ildürmisch
ersetzt worden sei: i.J. 1288, wo Nikolaus IV. schrieb, war Tudai
seit einem Jahre Gemahlin an der Stelle der verstorbenen Bulughan,
und den Tod der anderen grossen Frau, Kotlogh, konnte Nikolaus
nicht wissen, da sie am 12. April 1288 starb und der au sie ge-
richtete Brief vom 12. datirt ist. ^) Die Tochter Sarudsche's, die
Schwester des Emirs Irindschin^ des Keraiteu, die Urenkelin
Owang's. ') Bei Odericus Casian und Saron ; da Arghun nur vier
Söhne hatte und über Chodabende und Ghasan kein Zweifel ob-
walten kann, so fragt sich nur, ob unter Saron der dritte, Jesu
Timtir, oder der vierte, Chatai Aijlnil, zu verstehen sei; der letzte
hiess ehemals Sonhar Kanis. Reschideddin.
890 F ii u f t e s H ii c Ii.
land, die Aegypter von Syrien abzuhalten Iioft'te. Sie um-
fassen die vier Jahre seiner Staatsverwaltung bis zu seinem,
Arghun's fast gleichzeitigem Tode; als aber Nikolaus IV. seine
Antwort auf das durch den Botschafter Tschagan an ihn
und an Eduard , König von England , gerichtete Schreiben
datirte, waren Seaadeddewiet und Argliun schon fünf Mo-
nate todt.
Voii Arghun's Tod sandten die verschiedenen Parteien
li-eitilscha-
tu's Thron- ^^^ Emire, welche über die Kachfolge des Thrones ge-
besteigung. theilter Meinung, die Kunde an die drei Prinzen, denen sie
denselben zugedacht: nach Chorasan an Ghasan, den ältesten
Sohn Arghun's, nach Bagdad an Baidu , den Sohn Tarakai's,
des fünften Sohnes Hulagu's, und nach Rum an Kendschatu^ ),
den Bruder Arghun's, welchem nach dem mongolischen
Erbrechte die Nachfolge der Herrschaft als dem Aeltesten
des Hauses gebührt. Am ersten Tage waren die Emire
zwar über die Nachfolge Kendschatu's einig gewesen , aber
schon am anderen sandten Taghadschar und Semaghar dem
Legsi, welcher mit der Nachricht des Todes an Kendschatu
'abgefertigt worden, den Balisad mit der Nachricht nach., dass
die versammelten Emire und Frauen noch den Baidu als
den Aeltesten der Familie zum Throne berufen hätten.
Hierzu bestimmte die beiden genannten Emire einerseits
die Furcht vor Ghasan's bekannter Energie und Herrscher-
kraft, bei welcher der ihrigen wenig Raum bliebe, anderer-
seits die Aussicht, dass, wenn Kendschatu Chan, er allen
Einfluss der Herrschaft seinen mit ihm in Rum befindlichen
Emiren überlassen und sie mit ihrer Partei leer ausgehen
"würden. Die Partei Baidu's bestand aus den Emiren :
Taghadschar , Semaghar , Kundschiikbal, Tokal , SchtHur,
Tugha?t_, Ttmurbnka, Tekne, Ildschidai, Toghdai und Doladai;
') jVacli dem Schedschietol Eirak und uudeica Kendschatu ;
bei Haithun Cap. XXXIX heist er Uegayto , was augeusclieinlich
eine Veistümiiieluug von h'eichatit und uichl von Kendschatu; aber
das Scliedschietol Etrak sii^t p. JJO uacls der Geschiclite der vier
UJuse^ dass seiu Aanic ursprünglich Enimtu gewesen, was aul
mongolisch wunderbar, staujieuswertii ltc?ssc.
F li II (• i i: s n II (• Ii. 397
der letzte wurde auf der Stelle mit einem Heere nach Fars ä\ Dsclem.
abceordnet, wo die Luren cingelallen , Schiras erobert, den _——-——
Vogt todtgescJilagen hatten. Baidu, klng und umsichtig
und ohne Heer, um dem an ihn gestellten Antrage anderer
Emire Gewicht zu geben, anwortete: Nach dem Gesetze
Tschengischan's gebührt die Chanschaft den Söhnen des
IJruders, weil ihr Vater der Aeltere des meinen; welches
Recht habe ich auf den Thron, so lange jener und andere
Prinzen leben, die mir dem Alter nach vorgehen? Nach
diesem Grundsatze hätte er den von sich gewiesenen Thron
dem Ghasan als dem Aelteren zuweisen sollen; aber es
scheint, dass, weil Kendschatu die grösste Partei für sich
Jiatte, er es für klüger fand, sich an diesen zu halten, in-
dem er ihm die Nachricht von dem an ihn gelangten An-
trage miltheilte '^. Baidu's Weigerung bestürzte die Emire,
welche ihm den Antrag gemacht, und an deren Spitze
Tughan , der Hebel des Sturzes der beiden Grosswesire der
vorigen Regierung, des Turkmanen Buka und des Juden
Seaadeddewiet. Einige-^ gingen nach Rum, um sich an
Kendschatu anzuschliessen. Kundschuhbai entfloh, Tokal
verliess sich auf einen Haufen Georgier , Tughan brütete
Aufruhr in Irak, der Prinz Suka (der jüngste Sohn Jasch-
mut's , des dritten Sohnes Hulagu's} mit den Emiren
Tschoban, dem Suldusen, und Kurmischi, der Sohn Alinak's,
führten auf Tokai's Rath das Lager der Frauen nach dpra
Gebirge von Alatagh dem Kendschatu entgegen. Die Frau
IJruk, die Wittwe Arghun's, die Mutter zweier seiner Söhne
und dreier seiner Töchter , war mit ihnen verstanden. Die
Emire ^} welche dem Baidu zu Kökbuldagh '^^ , d. i. am
blauen Quelle, in der Nähe von Sughurluk , aufgewartet,
verliessen ihn. Ildschitai Kuschdschi, Kundschukbal , Timur-
biika, Tschoban gingen zu Kendschatu über. Als er in die
Nähe von Alatagh kam, gingen ihm Chatai j4ghul, der jüngste
Sohn Arghun's, und andere Prinzen entgegen. Taghadschar ,
■) durch Kutla Kokultasch. Uassaf. -) 'J',i::ierbuffha, Suji
Ebfischi, Konan Achtadschi. ^) Sati, Kuman, Tudaduchii. *) Ko'd-
daifh ist ein Schreibfehler.
398 Fünftes n H c h.
das Haupt der Partei Baidus, wurde sogleich in Empfang
genommen; Tughan, welcher nach Gilan entflohen, wurde
eingebracht; doch wurde ihm, weil er ein Schützling Baidu's,
24. Redscheb \or der Hand nichts zu Leide gethan. Kendschatu bestieg
in der Stadt Achlath den Thron.
23. Juli
Die erste Staatshandlung Kendschatu's war Bestrafung
Gericht vher je^ beiden Häupter der Gegenpartei, der Emire Taghadschar
die Jüviiv^ *
„ , ' und Kundschukbal, indem er jedem nach der Jasa drei Stock-
tu's Krank- Streiche geben liess und den Befehl ihrer Tomane anderen
heit und übertrug'^, und den Tughan mit den Söhnen der von ihm
Familie, unmittelbar vor dem Tode Arghun's hingerichteten Emire,
Dschudschi und Ordu Kaja, welche Blutrache forderten, vor
Gericht stellte. Als die Emire, des Todschlags ihrer Mit-
genossen angeklagt, zur Rede gestellt wurden, bekannten
sich Schiktur , Taghadschar , Kundschukbal , Semaghar ,
Tekne und Andere schuldig und flehten die Gnade des
Padischah an, der dieselben auch begnadigte. Andere ge-
linde (^rait drei Stockstreichen) bestrafte; nur wider Tughan,
welchem sowohl der Emir Akbuka, der Betraute Kendscliatu's,
als die Frau Uruhchan feind waren, wurden die Söhne
Dschuschi's und Ordu Kaja's mit der Klage der Blutrache
losgelassen; dennoch wollte ihm Kendschatu das Leben
schenken; auf die Vorstellung der Frau Uruk aber, dass
Tughan der Urheber alles Unheils, sagte Kendschatu: dass
er in diesem Falle wohl den Tod verdiene; kaum war dieses
Wort seinen Lippen entfahren, als Akbuka den Söhnen
6". Sclieirwal Dchuschi's und Ordu Kaja's die Blutrache der Väter über-
^^^ liess. Taghadschar und Kundschukbal wurden begnadigt,
^^- ^ • Schiktur wurde zum Stellvertreter in Persien ernannt. Ken-
dschatu bezog das Winterquartier in Arran und lagerte zu
Karadschal am Ufer des Kor , seinem ehemaligen Horte.
Von hieraus wurden die Kundmachungsbefehle der Thron-
besteigung in die Länder gesandt; auf ein Gutachten der
Astronomen wurde in den Diplomen und auf den Münzen
') den Taffhadschar's dem Baidschu Tetknitt, den Kundschttk-
hal's dem Schiktur \iijan. Wfissaf.
Fünftes Buch. 399
dem Namen Kendschatu's die gelieimnissvolle , ihm von dem
Kamen ertlieilte Formel , Irindschin Durdschi ' ) beigesetzt.
Se?ibu, der Bruder Si/ka's, der zweite Sohn Jaschmut's, starb
ZH Dschaghatu -}; der Prinz Enbardsclii , der älteste Sohn
Mengu Timur's (des eilften Sohnes Hulagu's), wurde in
die östlichen Länder gesandt. Auch dieser hegte herrsch-
süchtige Gedanken, welche während der Abwesenheit Ken-
dschatu's in Rum , wohin er sogleich nach der Thronbestei-
gung zurückgekehrt war, in seinem Hause durch Taghadschar
genährt worden. Der Geschäftsmann Stellvertreter des letzten
Ssadreddin von Sindschar, ein grosses Verwaltungstalent,
hatte seinem Bruder Kutbeddin , welcher sich im Lager
Enbardschi'a befand, die ihm von Taghadschar gegebene
falsche Kunde gesandt, dass Kendschatu's Heer in Rum von
den Turkmanen und Karamanen aufgerieben sei und dass
er sich beeilen möge, Besitz vom Throne zu nehmen. Kut-
beddin gab diese Nachricht dem Scheich Dschemal von
Schiras, welcher des Vertrauens Enbardschi's genoss. Dieser,
klug und umsichtig, sandte den Scheich auf Kundschaft an
Schiktur Nujan ; auf dem Wege begegnete er dem Tagha-
dscliar und Ssadreddin, welche ihn bewegen wollten, auf
der Stelle umzukehren und den Knbardschi zu schnellem
Anmärsche zu bewegen. Der Scheich stellte sich willfährig,
sagte aber, dass er nur, da et schon in der Nähe, sein
Haus besuchen wolle; statt dieses Besuches begab er sich
geradewegs nach Karadschal in's Lager Schiktur's, wo er
sich von der Unwahrheit der Angaben Ssadreddin's über-
zeugte. Er entledigte sich also freundlicher Botschaft im
Namen Enbardschi's und theilte dann dem Schiktur insge-
heim den Auftrag Taghadschar's und Ssadreddin's mit.
Schiktur sandte ihn mit freundlichem Schreiben und Ge-
schenken an Enbardschi zurück; aber am nächsten Morgen
überfiel er die Zelte Taghadschar's und behielt ihn und
Ssadreddin bis zur Rückkehr Kendschatu's bei sich; als die
Nachricht von dessen Ankunft verlautete, sandte er sie in i^'R^i^l'^clieb
(;9i
30. Jim HS ff S
') Wassaf und Reschideddiu. ^) Reschideddin.
400 V ii n f t e s Fi ii c h.
einem Geleite von fünfhundert Reitern demselben bis Er-
senrum entgegen. Als Kendschatu zu Alatagh ankam , befiel
ihn Krankheit, die längere Zeit dauerte ; ^vährend derselben
wurden von allen Gemeinden der verschiedenen Religionen
Gebete angestellt; die Imame , Bischöfe, Rabbiner und
Budhapriester beteten für die Dauer seines Lebens • ) ; keiner
Religion besonders zngethan , war er für alle gleichgültig*),
nur sinnlichen Genüssen ergeben. Seine sechs Frauen
waren: 1. Aische , die Tochter Tughu's, des Sohnes Ilkai
Nujan's; 2. Dundi, die Tochter Akbuka's, des Sohnes llkai's,
die Base der vorigen; 3. Illürmisch , die Tochter Kotlogh
Tiraur Gurgan's, des Konghurateu ; 4. Padischah Chattm,
die Tochter Kutbeddin's, des Sultan's von Kerman; aus dem
Hareme seines Vorfahrers die Frauen: 5. Bulughan und
6. VruJc. Ausser diesen hatte er die Söhne Alajreng und
Iranschah aus der Frau Dundi und Dschinkpulad aus der
Frau Bulughan, drei Töchter aus der Frau Aische und
eine vierte aus der Beischläferin A bisch , der Tochter des
Biklinmch , des Bruders Audschans , des Erlaten.
Ssadreddin Ssadreddin von Sendschan, der fündige Finanzmann,
von Sen- dessen oben erwähnet worden, bemühte sich um dieWesirs-
„. „ stelle duvch Buraldschin IkadschL den GünstlmsKendschatu 8.
sir ; Ein fall ' _ ° ^ '
der Ltrren /« ""^ Scheref eddin Semnani , welcher beim Emir Akbuka in
IraU und grösstem Ansehen und Einfluss. Durch diese beiden Kanäle
Fars. gelang es ihm, mit der Würde des Emirs die des Wesirs
^ ^^o'f*^^"' ^" vereinigen. Er erhielt dazu das goldene Ehrenzeichen
W Sov 1S92 ^*^^ Löwenkopfcs mit Rossschweif und Pelz und einen Toman
von Truppen. Sein Anstellungsdiplom verbot den Prinzen
und Prinzessinnen, sich im Geringsten in die Geschäfte der
Verwaltung und der Finanzen zu mischen ; sein Vorname
Ssadreddifi , d. i. Vorsitz der Religion, wurde in den von
Ssadri dschihun , d. i. Vorsitz der Welt, umgeändert; zu-
gleich erhielt >iein Bruder Kutbeddin, d. i. Pol der Religion,
das Amts des Richters der Richter mit der Veränderung
seines Namens in Kutbi dsckihan , d. i. Pol der Welt ; ihr
') WassiiF. ^) uullam habebat legem vel fidein. llaitlion C. 30.
Fünftes Buch. 401
Oheim Kawajueddm , d. i. die Feste der Religion, erhielt
die Befehlshaberschaft von Tebris mit dem Ehrennamen von
Kawamohnülk) d. i. Feste des Reichs. Zum zweitenmale
sah Persien die Verwaltung der Geschäfte den Gliedern
einer einzigen einflussreichen Familie übertragen, wie unter
Hulagu den beiden Brüdern Dschuweini und dem Sohne des
Wesirs Schemseddin, Behaeddin, als Befehlshaber \oi\ Schiras.
Die Sorge für die Herschaffung der Lebensmittel, das Ober-
verpflegungsamt des Heeres, wurde dem Fachreddin Aida-
dschi bestätigt ' ) ; dieser aber bat um Entschuldigung, indem
er vorstellte , dass er bereits dreissig Jahre lang mit diesem
Amte betraut, durch die Anforderungen von Zuschüssen der
Prinzen und Prinzessinnen sich in Schulden gestürzt. Ken-
dschatu wies dreissig Tomane zur Zahlung der Schulden an
und empfahl ihm fürderliin die grösste Freigebigkeit und
Gerechtigkeit; denn er wollte, dass seine Regierung der
Ogotai's gleiche, mit welchem er die Tugenden der Gross-
muth und Milde, aber auch den Hang zum Wohlleben ge-
mein hatte. Das grösste Lob seiner Regierung ist, dass
während derselben, einige Hinrichtungen in Luristan aus-
genommen'^). Niemand getödtet ward; den grössten Beweis
seiner Milde gibt die Nachsicht, die er den rebellischen
Fürsten von Lur und Jesd angedeihen Hess. EJrasiah von
Lur, der Sohn des unter der Regierung Abaka's und nach-
malig erwähnten Atabegen Jusufschah, hatte unter der Re-
gierung Arghun's, trotz der Gegenvorstellungen der Befehls-
haber von Schiras, den Distrikt des Gebirges Kiluje, welches
die Gränzscheide zwischen Fars und Lur, überfallen lassen.
Er bemächtigte sich des festen Schlosses Mandschescht und
setzte seinen Neff'en Kisil über den neu erworbenen Gebirgs-
distrikt. Kisil's eilf Brüder standen an der Spitze eben so
vieler Heeresabtheilungen; es entstand zwischen dem Oheime
*) Wassaf dem grossen Ssahib ; Fräser übersetx.t in seinem
Ruzulbasch diesen Ehrentitel mit Sir, Gentlemen , Eltschi Ssaliibi
d. i. Heergesandter. =) Kisil mit seinen" Brüdern Nussret und AU
Melik. Wassaf.
Hammer, Geschiclite der llchane. 1. 26
402 ^' " n f I t' ^ H u c li.
titid jNeffet» Streit über die Verwaltung des Berggebietes;
Kisil, einigemal geschlagen, floh nach Schiras, kehrte tlann
aber wieder zuri'ick , und schloss seinen Frieden mit dem
Oheim; um denselben zu befestigen, verstand sich Efrasiab
zur Hinrichtung seines Wesirs Dschelaleddin, und Entrich
tnng von Geldern. Als unmittelbar vor dem Tode Arghun's
das Reich durch die Uneinigkeit der Emire und Arghun's
»ichlaghaften Zustand in der grössten Verwirrung, benützte
Kisil dieselbe zu einem Einfalle in Irak; er Hess zu Iss-
fahan <lie Verwandten des Emirs Dschelaleddin hinrichten,
und der mongolische Vogt Baidu , der Schwager Tagha-
s. Dschem. dschar's ward durch die lurischen Reiter vor der Stadt
ewnei. (>. g^.jödtej K\%\{ sandte seinen Bruder Salghurschah in die-
selbe, und das Heer der Luren nahm unter dem Geschrei:
Gott ist gross! davon Besitz Salghurschah setzte sich in
dem Hause fJhodscha Behaeddin's auf den Thron, und die
Münze von Schiras prägte auf den Namen Efrasiab's von
ZrM/"'); dann dehnte er seine Herrschaft von den Gränzen
Hamadan's bis an's Meer von Fars aus, überall lurische
Vögte ernennend. Dschelaleddin, den Sohn des Atabegen
Tekele, und Melik Nussret sandte er mit zweitausend Pfer-
den^) wider den Toman Arghasun's; auf dem Marsche er-
hob sich zwischen Beiden Streit über den Vorrang des
Marsches und sie zogen jeder auf seine Faust. Anfangs
schlugen sie zwar die Mongolen und machten grosse Beute,
aber diese kehrten zurück, und rächten. die verlorene Beute
durch die Niederlage der Luren; in diesem Treffen tÖdtete
ein mongolisches Weib allein zehn Luren *). Endlich wurde
Toladai wider die Luren, und Jisudar wider Jusufschah,
den Atabeg von Jesd, gesandt, welche zu gleicher Zeit sich
empört hatten. Toladai schlug die Luren und Efrasiab er-
hielt durch den Kanal der Frau ütruk und Padisch Chatun
seine Verzeihung ; nur Kisii und seine Angehörigen wurden
hingerichtet.
') \Vassaf. -) Güsidt'.' ') >\':iss;if.
Fünfte s I) II c Ii. 4O3
Gleichzeitig mit der Dämpfung der Unruhen in Irak Eroberunti
und Fars traf die Nachricht ein, dass Melik E**chref, der ''7 ^^f^"»-
Sultan Aegyptens, Kalaaterrum am Uebergange des Euphrat^ nniiisclmft
belagere. Zwanzig Wurfmaschinen spieen durch drei und Paul/raeld
dreissig Tage Steine und Naftafeuer hinein; endlich ward 8. Dschem.
die Stadt durch Sturm erobert, «He Besatzung, welche aus _l^i^!ii-^^__
iVlongolen und Armeniern bestand, niedergehauen, zwolf-
hundert Einwohner mit Weibern und Kindern in die Skia- ^" ^J'^^^'"'''
verei geschleppt"). Kalaaterrum, das Schloss der Römer, 56*. Juni
von diesen und den Griechen Zeugma , d. i. die üebcr-
fuhrt, genannt, das ober Bire, dem alten Birthe, am Flusse
Merseban^) liegt, war seit vier und zwanzig Jahren der
Sitz des armenischen Patriarchen, dessen Pallast und Kirche
bei der Einnahme in Flammen aufgingen. Sultan Eschref,
welcher das Jahr vorher durch die Eroberung Akka's Sy-
rien von den Kreuzfahrern gereinigt hatte, verwandelte den
Namen des Römer- oder Griechenschlosses in den des
Schlosses der Moslimin; aber der alte lebte dennoch fort,
und hat sich bis auf den heutigen Tag erlialteu. Kendschatu
vermählte sich jetzt mit der Frau ßulughan , der geliebten
Gemahlin seines Vorfahrers und seines Bruders Ärghun.
Tekia oder Telkaul starb in dem Pallaste Manssurije zu S. Dsch.
Arran und wurde nach Meragha bestattet. Voji- Meragha *! ^^^ • — *i_
begab sich der Hof nach Siahkuh , wo ein Gesandter Ku- ^2i)3
wiudschi's , des Sohnes Sertaktai's , des Zweitgebornen '*'• Schaahan
, 692
Oschudschis, des Oberhauptes der weissen Horde, mit Ver- -r—
' *^ ' t3. Juli 1293"
Sicherungen von Freiheit und Eintracht , und zwei Tage
darnach die Gesandten Lrugt Timur Aghui's , des Sohnes
Kaidu's, des Enkels Ogotai's, mit dem Glückwunsche des-
selben, auch Gesandte von Emir Newrus, welcher in Cho-
rasan die Regierung an sich gerissen. Zugleich mit diesen
Gesandten der üluse Oschudschi's und Ogotai's trafen die
Gemahlinnen Kendschatu's, Aische aus Kleinasien und ^^^^- i^ f^chaaban
misch aus Diarbekr ein. Kerrai Aghul , der Sohn Mengku 6'.9.g
__________ ^.5. Juli 1293
') D'Ohsson IV'. .S§ nach M.aknsi und Noweiri, dann Reschid-
eddin und VA'assat'. -) Dschihaunuma. S. 'i98.
26*
404 f' " II r ( c s B II c ii.
Tlmur's (^des ülles(en Sohnes Ilulagirs) mit den Emiren
Doiadai und Kundscliukbal, weiciic nach Ciiorasan gesendet
i^. Wffw«s«H ^^'®'*''^" ' kehrten zurück. Das Iloflager zog nach Audschan,
tf-*^^ von da nach Heschtrud , Meragha und Arran , wo überwin-
lu.At(g.i2!f3 |gj.j „ard jn diesem Winterquartier Murde die Geburt
des zweiten Sohnes Kendschalu's, des Prinzen Iranschah, zu
,>. Rebiitl- ßJi'c gefeiert. Drei Tage hernacli traf die Botschaft Tuk-
cnuel(f93 tai's^ des Herrschers von Kipdschak, ein, deren Vorsteher
■ ""■ der Prinz Kalintai. Zu Delan Nawer wurde denselben Ge-
8. Rebiiif- ^^^^ gewährt. Nach drei Wochen Murden dieselben mit
fxclih' Ehrenbezeugungen entlassen, nachdem sie noch Tags vor-
ti.M(ir-:iSi)4 j^g^, ^^^ Grundsteinlegung der neuen Stadt am Ufer des
g.Dschem. ^^^ beigewohnt, welche den Namen Kotlogh Bah'gh^ d. i.
cu:uei693 (]g,. guten Balley, erhielt. KerraiAghul, welcher vor noch
- ««J" gjif Monaten aus Chorasan zurückgekehrt war, ging mit
7. Redscheb o c?
(;()ß Tod ab, und neun Tage hierauf erschien Prinz Baidu im
3. JwH« i^.94 Iloflager zu Alatak, um seine Huldigung darzubringen; er
16. Redscheb yy^f^^ ungnädig empfangen, und erhielt die Erlaubniss sei-
jj—. — ~[Jq^ ner Rückkehr nur auf die Fürbitte des Günstiings Burakin
Ikadschi , dessen Einfluss , wie oben erzählt worden, dem
Ssadreddin von Sendschan die Wesirsstelle verschafft hatte.
Dieser wollte seiner Finanzverwaltung Ruhm verleihen durch
eine neue , in China längst übliche , aber in Persien uner-
hörte Massregel, nämlich durch die Einführung des Papier-
geldes, das auf mongolisch TscÄa?/' heisst. Vergebens stellte
Schihtur Nujan vor, dass diese Massregel der Ruin des
Landes; er wurde aus dem Wege geräumt. Der Emir Ak-
buka , Taghadschar, der Wesir Ssadreddin und der Hof-
diener Teniacin* verfügten sich nach Tebris, um dort das
19.Schnaban „. ,, n,.. , . ^
ß!)3 Papiergeld einzufiihren ; sie kamen dort im Fastenmonde
1ö. Juli iä94 an, und führten dasselbe fünf Wochen nach ihrer Ankunft
^^•^2^^"^^" ^ ermöge einer Verordnung ein , welche dasselbe in allen
iZ Sevt Zahhingen an Geldes statt anzunehmen befahl und auf die
1894 Nichtannahme die Todesstrafe setzte. Dieser den Bewoh-
nern von Tebris unvergessliche unheilsame Tag war der
zwölfte September • ). Eine Woche Jang ward dasselbe
') .S. Beilage I\ .
K ü II f t e s D u c li. 405
durch die Gewalt des Schwertes den Einwohnern aufge-
zwungen; bald aber stieg die Verwirrung aufs höchste,
indem aller Handel und Wandel gehemmt ward. Der Na-
men desselben ward als gebenedeites Papiergeld^ ) zum
Spotte. Das Gepräge dieses Papiergeldes war das moham-
medanische Glaubensbekenntniss mit der geheimnissvollen
Formel: Irdschin Ttirdschin, und die Jahreszahl der Ent-
stehung 693 (1294}-}. Iscddin Mosaffer, welcher dem Wesir
diesen Auftrag gegeben, war der Gegenstand der allge-
meinen Verwünschung. Wiederholte Aufstäiule und Ver-
suche, dem Wesir das Leben zu nehmen, erzwangen vom
Bruder endlich die Erlaubniss, das Vorhandene um baares
Geld verkaufen zu dürfen. Darüber entstand allgemeiner
Jubel und endlich wurde die Aufliebung desselben nach ei»
Paar Monaten befohlen. Prinz Aghul in Chorasan hatte
dasselbe nie angenommen und sich damit entschuldigt , dass
die Luft, welche in Chorasan so scharf, dass Waffen binnen
Jahresfrist rosteten , das Papier bald zerfressen haben würde,
und Hess das ihm zugeschickte verbrennen; wir setzen die
Schilderung der Folgen dieser Massregel mit W assaf's eige-
nen Worten hieher.
Die Unzufriedenheit der Völker Persiens mit dem in Ven-utk der
Weichlichkeit und Wollust versunkenen Leben Keiulschatu's ^'""''^^' '*^'^""
dscliatii's
ermuthigte den Prinzen Baidu, welchem vor ihm von oen ^^^^j^ , ^^^;_
Emiren der Thron angetragen worden war, zum Versuche, d</.s Thron-
denselben wirklich zu behaupten. Nachdem er bei seiner besteiyumj.
letzten Aufwartung von Kendschatu übel aufgenommen, nur
durch die Fürbitte des Günstlings Burekdschi?i Ikadschi
vorgekommen, beklagte er sich über solche Behandlung bei
den Emiren, und als von diesen Tudndschu, der Oberrichter
Dschidschek Giirgan Legst , der Sohn Arghun's (des Statt-
halters) und lUimur , der Sohn llinduknr IVujan's , nach
Bagdad gekommen , verband er sich mit ihnen zum Auf-
') Tschawi m'ubarck -) ^5obaid es augckuiumen, sei es iiage-
nuniinen. Wassiif giebt die Koruiel für chiuesiscli an, sie ist aber
altturkiscli und würde auf iieutürkisch : irdü'.cde tursuu lauten, d. i.
wenn es angekontmen . soll es stehca (gelteu.^
40() ^' " 11 f t c s R u t li.
Stande wider Keiuischatu. üscheraaieddiii von Deätadscherd.
der Vorsteher der Sekretäre der Steuer zu Bagdad, sehloss
sich an dieselben an , und schaffte ihnen die für den ün-
terliait des Heeres nothwendigen Lebensmittel. Baidu
schiclite Abgeordnete nach Bagdad , um den Mohammed
Sikurdschi, welcher dort mit dem Diplome Kendschatu's
die Vogtei verwaltete , zu tödten ' ). Ghurantai Gurgan,,
der Eidara Kendschatu's, Gemahl von dessen ältester Toch-
ter Kotlogh, gab durch Eilboten dem Schwiegervater von
der Verschwörung der Emire, und von dem, was zu Bag-
dad vorgefallen, iN'achricht, und warnte ihn wider seine
nächsten Umgebungen, die Emire Doladai Ordadschi, d. i.
Kellermeister, Kundsckidbal (welchem Oldschatai, die erst-
geborene Tochter Arghun's, sowie seinem Bruder Ahmed irvL-
her Tag hai , die zweite Tochter Abaka's, als Frau bestimmt'
gewesen^, Tukal (der Gemahl Oldschai Timur's, der zweiten
Tochter Arghun's^, Ildschidai uin\ Bukdat, als dieses Anschla-
ges theilhaftig. Kendschatu berieth sich mit Akbuka, in dessen
Händen noch immer die Zügel der obersten Leitung der
Geschäfte, Hess die genaunten Emire ergreifen und schickte sie
gebunden nac!» Tebris'^). Hasan und Taidscku, die beiden
mit der Leitung der Geschäfte Betrauten Kensdchatu's stell-
ten die ?»'othwendigkeit vor, durch die Hinrichtung der
Emire das üebel mit der Wurzel auszurotten; aber Taghu-
dschar, der schon verderbliche Plane hegte, verhinderte
die Hinrichtung und schickte sie als Gefangene nach Te-
bris in Verhaft, den Tukal ausgenommen, welcher nach
Georgien geschickt ward. Von Arran aus gingen Gesandte
an Baibuka, den Botscfiafter , nach Diarbekr, dass er dort
den Baidu ergreife. Als die Gesandten nach Irbil gekom-
28. Hebiul-^^^h vernahmen sie, dass Baibuka von Baidu's Abgesandten
achir 61)4 aufgehoben worden sei; sie kehrten also schnell zurück, um
17. ItJürz
t24.5
') Scliedschretol Etrak , S. 268. stiitt Sikurdschi Skukurchcc :
jeiies lieisst Speerlialter , dieses Zuckerbäcker. ^) llescliideddiu
nach Wassaf giebt die Verhaftung der Emire Idar, KiiiidschukbaL
Toladui; Tukjal , lldschai zh hjaxvabari. 8chedsclircti»l Etrak,
s. 201.
V ü n f ( LS H 11 c li. .|()7
(lieseil Unfall dem Herrn zu berichten. Hierauf wurden
die Emire Akbuka und Taghadschar mit Truppen wider
Baidu gesandt. Taitak führte den Vortrab von fünftausend
Reitern nach Hamadan , ihm folgten Akbuka und Tagha-
dschar mit zwei Toraanen. Ausser Hamadan trafen die
Vorposten Taghadschars's und Uaidu's aufeinander; die Bai ;^. Dschemu-
du's wurden zurückgeschlagen. Der Chan selbst brach mit *'"^f^*^"^*^^
einem Heere vom Thale Aher auf. Taghadschar, welcher, 2t. Märt.
da Akbuka das höchste Vertrauen genoss, von Keiitlschaln t^-^"'
sich abgewandt, sandte heimlicher Weise verrätherischc
Botschaft an Baidu, ihn zum Aufrühre ermunternd. Als
das Heer am Ufer des Dschaghan stand , sagte Akbuka,
wiewohl er von der liciralichen Sendung Taghadscliar's
keine Kunde hatte , zu diesem : Du bist ein liänkesthmied,
und gewahrest nicht, in welche Dinge du dich einlässesf.
Taghadschar, der sich verrathen glaubfc , berieth sich in
der Nacht mit seinen Emiren und ging zu Baidu über. Ak-
buka, als er sich auf diese Weise hierlassen sali, eilte mit
dreihundert Reitern zum Dienste des Schah. Kendscliatu,
bestürzt, wollte nach Rum entfliehen, aber seine Angehö-
rigen redeten ihm diesen Plan aus, ihn zur Bekämpfung
des Feindes ermuthigend. Das Lager brach gegen Arran
auf; als er zu Pilsuwar stand, entfloh Hasaa, der Sohn
Buku's , welcher von der Wiege auf von den Umgebungen
der Majestät, um Mitternacht zu Baidu, und die Emire
Doladai und Kundschukbal, welche bisher zu Tebris in Ver-
haft gehalten worden waren, thaten desgleichen. Die Emire
Irindschin und Taidschik verbanden sich mit einigen ande-
ren, und setzten ebenfalls den Kifdschak, den Sohn Baidu's
welcher vom Vater an Kendschatu gesandt, von diesem in
Gewahrsam behalten worden war, in P'reiheit und führten
denselben dem Vater zu'J
Drei Tage nach dem ersten V^orpostengefechte ausser Hmricldumi
Hamadan schlugen sich dort Tailak und Toshnddscke mit f'\.'""^'
7 ' derStatthal-
. ,. fers Charten
') Kescludcddin.
408 F ü n f t e s B II c h,
fi.UscUem. Baschmak Aghul und Karadscha , dieser einer der Prin-
eivHel694 ^^^ ^|gg Lagers der Frau Uruk Chan und Eidam Sultan
1295 " Ahmed Tekuder's, indem er dessen Tochter Sailun zur
Frau Jiatte. Der Sieg war auf der Seite Taitaks; jetzt aber
war Tukai mit einem in Georgien gesammelten Heere in
Anzug; er sandte den aus der Haft befreiten, und den noch
darin gehaltenen Emiren Wort, dass er zum Dienste des
Prinzen Baidu heranziehe, und gab ihnen Stelldichein an
den ufern des Kur. Eine Truppe von tausend Mann, welche
6. Dschem. ^^ Pilsuwar stand und den Aufenthalt Kendschatu's kannte,
eirtcel 6'94 ergriff denselben und lieferte ihn den empörten Emiren
^^läQ-'^ '*"®' '^'^ ''*" ^™ selben Tage tödteten, wo Taitak das Heer
Baidu's geschlagen. Von den Günstlingen Kendschatu's
wurden Itogthu und Itpuki mit ihm zugleich hingerichtet ' ).
Itkuli j der Hundssklave, wurde an Baidu gesandt, damit er
8. Bschein, über denselben nach seinem Belieben verfüge ; dieser schenkte
ihm aber das Leben. Zwei Tage nach der Hinrichtung
ewirel6'94r
129.5^^ der Emire bestieg Baidu den Thron zu Äudschan^). Die
Emire Temadschi und Sertak wurden ihrem Gebieter in's
Grab nachgesandt'^; die Emire Akbuka und Taidschu wur-
den aber nicht jetzt, sondern erst in der Folge, als Baidu
von Ghasan am Flusse Heschtrnd geschlagen ward , hinge-
richtet. Kendschatn war der zweite Herrscher der Mon-
golen in Iran, welcher, wie sein Oheim Ahmed Tekuder,
ein Opfer des Aufruhrs der Emire gefallen war , und das
Begierungsende Arghun's , seines Bruders, war nicht weni-
ger blutbefleckt durch der Emire Zwiespalt. Alle drei
haben der nöthigen Herrscherkraft , um das vielköpfige
Ungethüm der Emirenherrschaft im Zaum zu halten , er-
mangelt, und nach Hulagu und Abaka war erst Ghasan, der
Enkel des letzten , wieder Herrscher im vollsten Sinne des
Wortes. Von dem Zusammenflüsse des Kur (^Cyrus) und
des Dschaghajitu , jd. i. des weisschäumenden Araxes, wur-
'den Eilboten abgesandt an Ghasan, den Neff'en Kendschatu's
•) Nach dem Scliedschretol Eti;ik, {<. 270, ward er zu Kar.i-
bagh begraben. 0 .Schedschretol Etrak, S. 270. ^) Wassaf.
Fünftes H u c li. 409
in Chorasan, um ihm von dem Vorgefallenen Nacliriclit zu
geben, an Baidu, um ihn auf den Thron zu berufen. Baidu,
der nähere, welchem der Thron schon vor Kendschatu von ^^ Dschem
den Emiren zugedacht worden, bestieg denselben und er- eu-wel 694
Hess in alle Länder Kündigungschreiben des Inhaltes: ^^\)^6.Api'ill29ö
Kendschatu sich von den Pflichten der Herrschaft ab-
gewandt und die Gebote Tschengischan's verbannt, so haben
Wir ihn mit Uebereinstimraung der Prinzen und' Prinzes-
sinnen entthront; die Besorgung aller Geschäfte der Länder
und die Vollendung der wichtigsten Gescliäfte der ünter-
thanen liegt nun im Ringe des königlichen Willens," Dem
Taghadschar, welcher der Hebel der Erhebung auf den
Thron , wurde die Würde des Fürsten der Fürsten mit dem
Oberbefehle des Heeres und der Finanzen verliehen '). Die
Emire Kundschukbal ^ Tukal , Tadad&chu, Legst Giirgan
wurden ihm untergeben. Dschemaleddin von Destadscherd,
der Steuereinnehmer von Bagdad , welcher sich dort den
verschworenen Prinzen zuerst angeschlossen , erhielt eine
Anstellung in den Finanzen , und nahm seinen Vornamen
für eine gute Vorbedeutung. In die Fusstapfen Abaka-
chan's tretend , welcher alle Landschaften einzelnen Emiren
übergeben, und diese dafür verantwortlich gemacht hatte,
übertrug er Bagdad und die Umgegend dem Tudadschu;
Rum und Diarbekr mit den dazu gehörigen Distrikten dem
Taghadschar Niijaii ; die Gebiete von Irak und Lur dem
Toladai Aidadschi; die Statthalterschaft von Schiras und
Schebankjare verlieh er dem Kundschuhbai; dem Dschem-
aleddin wurden die Statthalterschaften von Schiras mit
allem Zubehör zu Land und zur See, wie zur Zeit Ken-
dschatu's, mittels Jerlighs, Paise und Kaftans, d. i. mittels
Patentes, Löwenkopfs und Ehrenkleides, so auch der Prin-
zessin Kurdudschin die Statthalterscliaft von Kerman be-
stätigt, von welcher unter der folgenden Regierung aus-
fuhrlicher zu sprechen , der Ort seyn wird ; die nur acht
') Wassaf.
410 K ü u f t e ü Buch.
Monate dauernde Baidu's ist so enge mit den gleichzeitigen
Thronansprüchen seines Nachfolgers Ghasan verflochten
und ist, die entscheidenden Begebenheiten in Chorasan abge-
rechnet, so unbedeutend, dass dieselbe am besten mit der
Erzählung der Geschichte Ghasan's vor seiner Thronbe-
steigung im folgenden Buche verwebt wird.
BEii<A«jEar.
1. Beilage.
Auszug aus der Geschichte Haider's über
Dschudschi.
Auszug: aus der Geschichte Haider's auf der kön.
Bibliothek zu Berlin. Band II. Blatt 601.
Karz Dschudschi starb ein Jahr nach Tschengis Chan,
aber die Geschichtschreiber sind über die Zustände Dschu-
dschi's nicht einig. Einige sagen , dass Dschudschi Ch^,
nachdem er sich nach der Eroberung Chuaresm's von den
Brüdern getrennt, nach Kipdschak gegangen, von dort aber
wieder zurückgekehrt, an der Gränze Indiens mit des Va-
ters Gegenwart geadelt ward , und demselben tausend
Schimmel zum Geschenke schickte; aber Hafis Ebru setzt
das Gegentheil auseinander, nämlich, dass nach der bei
der Belagerung Chuaresm's zwischen Dschudschi , Ogotai
und Dschaghatai vorgefallenen Misshelligkeit Dschaghatai
und Ogotai sich zum Vater begaben und an der Gränze
Thalkan's und Bedachschan's mit des Vaters Gegenwart
geadelt worden, und dass sich Dschudschi von Chuaresm
gegen den Irtisch , wo sich dessen schweres Gepäck befand,
begab , und sich mit seinen Lagern vereinte. Da Tschengis
Chan früher befohlen hatte , dass Dschudschi die nördli-
chen Länder, nämlich die der Bulgaren, Baschkiren, Rus-
sen, Tscherkessen und Deschtkipdschak erobern solle, und
Dschudschi sich jetzt gegen den Irtisch gewendet hatte, so
glaubten die Söhne Tschengis Chan's, dass Dschudschi ver-
möge Befehls diesem Dienste obliege; als es aber zuletzt
^]2 E r 6 t e B e i 1 a g e.
erhellte, dass er Nichts unternahm, und nach Hause ge-
gangen war, um des Wohllebens zu geniessen , ergrimmte
Tschengis Chan gar sehr und befahl, an demselben, ohne
dass er sein Antlitz sehe, die Strafe des Gesetzes zu voll-
ziehen. Unterdessen war üschudschi mit Krankheit behaftet
und war desshalb, als Tschengis Chan aus Persien zurück-
gekehrt, in sein eigenes Lager gekommen; er war nicht
im Stande, sich selbst zum Vater zu begeben, und schickte
ihm blos einige Säcke von Turteltauben'), indem er sich
mit seiner Krankheit entschuldigte. Hierauf kam ein Tan-
gute von den Jurten und Gränzen Dschudschi's zu Tschengis
Chan; auf dem Wege sah er, dass dieser seine Jurten ver-
ändert, an einen anderen Ort hingezogen, wo gejagt ward;
da er selber krank, hatte er seine Emire auf die Jagd ge-
schickt; jener, der im Vorüberziehen eine Menge Volks
jagen gesehen, schloss daraus, dass Dschudschi selber jage,
und sagte daher, als Tschengis Chan um die Krankheit
dfenselbe» fragte: Ich weiss von seiner Krankheit Nichts,
denn als ich herzog, habe ich ihn an dem und dem Berge
mit der Jagd beschäftigt gefunden; dieses Wort brachte
Tschengis Chan in den grössten Zorn; denn es war in sei-
nem Sinne nun ausgemacht, dass Dschudschi, ein Empörer,
auf das Wort des Vaters nicht achte; er sagte, Dschudschi
ist närrisch geworden und hat thörichte Handlungen be-
gangen; nun ist es nothwendig, Truppen wider ihn zu
schicken, an deren Spitze Dschaghatai und Ogotai ziehen
und ihm nachsetzen sollen, unterdessen lief die Nachricht
von Dschudschi's Tod ein, wodurch Tschengis Chan sehr
betrübt ward; er zog genauere Erkundigung ein, und als
er fand, dass der Bericht jenes Tanguten Lüge und Ver-
laumdung gewesen, gab er den Befehl, ihn hinzurichten;
allein dieser, hiervon verständigt, war früher aus dem Lager
entflohen. Die Zeit der Lebensjahre Dschudschi's war
•j hirkn stellt im Mcuiiiski als Guckijuck . heisst aber aul Per-
sisch Turteltaube (Fcrhen- Scliuiui II. Bl. 226}; die Türken nen-
ne» auch deu Schwau Kuku.
Erste Beilage. 41S
dreissig Jahre; er hatte fünfzehn Söhne, von denen Batu
ihm in der ChanscFiaft nachfolgte; die Namen der Söhne
Dschudschi's sind die folgenden : 1} Orda , 2^ Batu, 3J
Berke, 4} Berketschiter , 5^ Jetukami? , 6) Scheiban , 7)
Tavgkut, 8) Juden (Tuden?), 9) Tschilaun, 10) Sikur,
11) Dschemi, 12) Udur , 13) Boka Timur , 14) Schihmi.
Hier sind nur vierzehn statt fünfzehn aufgeführt; es
fehlt nämlich der von Reschideddin vor üdur aufgeführte
Mohanuned; dafür fehlt bei Reschideddin Jetukami, welcher
iuterpolirt scheint. Weiter ist über diese Namen zu be-
merken, dass der dritte bei D'Ohsaon S. 325 Berkatschar,
in der Handschrift Reschideddin's auf der kais. Hofbiblio-
thek Berktschapar , was jedoch ob Mangel der Punkte
zweifelhaft und in meiner Handschrift des Dschihanguscha
bei der Thronbesteigung Ogotai's Berketschiter genennet
wird. Das letzte scheint das richtigste und eine Zusam-
menziehung von Berke kitschikter , d. i. der kleinere Berke,
zu sein; der vierte, hier Juden oder vielmehr Tuden ge-
nannt, heisst bei Reschideddin Tewal; der folgende bei
demselben richtiger Tschüaikun statt Tschilaun, was daraus
zusammengezogen. Der hier Dschemi genannte heisst bei
Reschideddin Dschintimai und ist aller Wahrscheinlichkeit
derselbe mit Suntai, welchen Wassaf in dem Abschnitte :
von dem Ende Tschengis Chan's und der Thronbesteigung
seines Nachfolgers, mit dem Bruder Batu nennt, und wel-
cher auch im Dschihanguscha als der Befehlshaber des zur
Eroberung des Restes von Kipdschak gesandten Heeres er-
scheint; endlich ist vom vorletzten, Boka Timur, zu bemer-
ken, dass derselbe beim Abul Ghasi (^B. 96 der Textaus-
gabe) Tokai Timur heisst, dass Boka Timur im Dschihan-
guscha im Geleite Batu's bei der Thronbesteigung Ogotai's
erscheint, während nach Abul Ghasi Tokai Timur als Re-
gent in Kipdschak zurückgelassen ward. Hierauf folgt bei
Haider die Aufzählung der Chane der weissen Horde :
1) Menkai^, 2) Sasi Boka , 3) Eideren Ben Sasi,
4 ) Tschitschai , Sohn Eiderens , 5) Vrus Chan , Sohn
Tschitschai's , 6) Tokatmisch Chan. Im Munedschimbaschi
414 Erste Beilage.
(auf der kais. Hofbibliothek BI. 897) heisst 1) Sasi Boka
der Sohn Tuli's, des Sohnes Ordas; ihm folgt, 2") Ebrsan,
der Eideren Haiders, 3) Muharek Chodscha, 4") Sckmtat,
der Tschi'tschai Haider's. 5) Vms Chan. Hierüber ist zu
bemerken, dass in den Geschlechtstafeln bei Reschideddin
unter den Söhnen Orda's kein Menkai vorkömmt, welcher
nach Haider's Angabe, sowie Tuli nach der Munedschin-
baschi's, der Vater Sasi Boka's gewesen sein soll; nach Re-
schideddin war Sasi Boka der Sohn Pajan's^ des Sohnes
Kuhindschi's , des Sohnes Sertahtai's , des Sohnes Orda's,
so dass er der Ururenkel Orda's und nicht der Enkel des-
selben gewesen , was wohl als das richtigere anzunehmen
ist. Im Abul Ghasi (S. 99 der Textausgabe) erscheint
Tokatmisch als der Sohn Chodschaoghlan's , des Sohnes
TukkuVs., des Sohnes Saritsche's , des Sohnes Us Timur's,
des Sohnes Tokai Timur's, des Sohnes Dschudschi's.
II. Beilage.
Auszug aus Wassaf über den Ulus
Dschudschrs.
liir^rähnung der üänder Dscbudscbi's.
Ala Dschudschi vom Dienste Tschengis Chan's zurück-
kehrte, so ereignete es sich alsbald, dass er wider seinen
Willen zur Reise in's andere Leben , welches die eigent-
liche grosse Reise ist, aufbrach. Es blieben von ihm sie-
ben Söhne '^ zurück, als eben so viele Planeten am Himmel
der Chanschaft, und die Person des Reiches war gleich-
sam aus sieben Gliedern zusammengesetzt. Hordu , Baüi,
Berestai, Schekutj Berke, Berhedscharj Buka Timur. Von
ihnen war Batu , ausgezeichnet vor seinen Brüdern durch
Genius seines Wesens, Gerechtigkeit seines Benehmens und
Freigebigkeit seiner Anlagen , der Erbe der Länder des
Vaters. Vier Distrikte (^Hesare) der Krongüter Dschu-
dschi's, Qesek , Esan , Osek , Alghuij welche zusammen
mehr als neun Tomane (Landes^ ausmachten, untergab er
der Aufsicht seines älteren Bruders Hordu; der Sammel-
platz der Heere Batu's waren die Distrikte am Itil
(^ Wolga). Er unternahm den Bau einer Stadt, deren Aus-
dehnung weit wie das Feld hohen Unternehmungsgeistes
und diesen Fröhlichkeit sichernden Ort nannte er Serai.
Obwohl er der christlichen Secte folgte, deren Beistand
und Hülfe Vernunft zuwider ist, so neigte er sich doch
auf keine Seite der verschiedenen Secten hin, und war weit
'D Batu hatte nicht sieben, sondern vierzehn Söhne.
416 Zweite B e i 1 a sj e.
davon entfernt , an einer derselben halsstarrig zu halten,
als das Feld der Welt durch die Thronbesteigung dieses
Siegelringes der Zeiten zum Rosenfeld und das Auge der
Welt durch die Lichter seiner Gerechtigkeit erhellet wor-
den, als Zeit und Raum diese beiden Verse declamirten:
Die Welt ist hell von Delues Thrones Schatten,
Er hat die Welt verkehrt iu Roseuuiatten.
Bei dem zweiten Kuriltai kamen die Prinzen darin überein,
dass der Säbel mit Grimm wider die Köpfe der Anführer
der Russen und Assen geführt werden solle, welche den
Fuss der Feilheit in die Reihen der Widersetzlichkeit ge-
setzt. Von den Prinzen Mangu Kaan's wurden Kajuk, Ka-
dachan , Kurgan , Turi , Paidar , Hör du , Tangut , welche
letzte beide am Tage der Schlacht festen Fusses standen,
und Basintai Behadir zu dieser Unternehmung bestimmt.
Sie setzten sich zur Zeit, als der Frühlingswind in voller
Kraft wehte:
Der Rosenstrauch schwang in dem Garten Speere ,
Das Blatt war Dolch , die Dornen Lanzenspitzen,
in Bewegung. Die Heere kamen an der Gränze Bochara's
zusammen und zogen wider Russland aus:
■^Vas Indien, zeigt sein indisch Schwert
hen Assen j Russen und Alanen.
Sic eroberten die Stadt Moskau, gefüllt mit einem Heere
zahlreicher als Heuschrecken, zanksüchtiger als Fliegen,
und das sich bei der Wehr zusammennimmt , plünderten
und mordeten nach ihrer Gewohnheit. Sie schnitten die
Ohren der Erschlagenen ab.
Es füllet in der Welt dein Ruhm die Ohren,
Vor deinem Grimm droht Untergang den Ohren.
Man zählte 270,000 abgeschnittene Ohren.
Du, schärf das Ohr; der Himmel haut dich iiber's Ohr.
Die Prinzen und grossen Fürsten und siegreichen Freien
waren
(Der Himmel war zu Willen und das Schicksal folgte)
wunschbefriedigt und die Engel sangen dazu:
Der, so sich wider Dein Gebot empört,
Der, so dein Reich im mindesten nur stört,
Zweite B e i 1 ii g e. 417
Dem spalte Partisau' das Aug' inmitteu,
Dess Körper sei dem Grimm des Dolchs zu Thcil,
Dem sei vom Messer Zuni>;e abgeschnitten i
Dem sei der Hals durchbohret von dem Pfeil.
Als sie zurückgekehrt, hatte Batu Lust, wider die Kela-
ren und Baschkirden, welche die christh'che Religion be-
folgten, aufzubrechen. Als die Heere des Winters, aus
Furcht vor den Dolchen der Neider, das Gesicht abwand-
ten , und die Rosen sich , wie das Glück der Glücklichen,
mit hundert oflFenen Gesichtern zeigten und die Nachtigall
mit bestimmtem Schall :
Weisst Du, warum der Ljra Saiten gellend schreiu?
Weil ohne dem Gesicht die Ros' nicht Ros' und Wein nicht Weiu.
Auf deiner Roseuwange ist das Heer zu schauen,
Weil es darauf sich legt mit herzlichem Vertrauen,
ging der Prinz, der das Glück gefunden.
Hem. Die Welt au seinem Zügel, die Zeit au seinem Büge!.
Hern. Wenn deine Bügel weiter gehn^
Was Wunder, wenn wir auch nicht stehn!
Er zog, fest wie Schlösser, mit 40,000 Reitern, deren jeder
die Stütze eines mächtigen Heeres, in's Feld. Zur Zeit,
als die beiden Heere auf einander trafen, trennte sie ein
Fluss mit steilen Ufern. Batu sandte seinen Sohn mit einem
Toinane Fleeres, um über den Fluss zu setzen, und er
selbst besetzte einen Hügel und betete demüthig vor der
Majestät Gottes, des absoluten Gnadenverleihers, mit einem
Herzen, brennend wie die liampe dessen, der die Nacht
durchwacht, und mit einem Hauche, kalt wie der dea
Morgens. So brachte er die Nacht bis an den Tag hin;
am andern Tage, als der einpferdige Chosroes der Welt
frohe Nachricht gebracht, und auf dem Degen Qlücken^
der Berge das Rad (^der Sonne) sichtbar gemacht, reihten
sich beide Heere zur Schlacht. Sertak fiel den Feind mit
einem Toman stürmend an, und die anderen auf dem Hü-
gel aufgestellten Heere rannten wie ein Gürtel von der
Höhe nieder; gleich niederstürzendem Loose, welchem
nichts zu wehren im Stande, wandten sie ihr Gesicht gegen
das feindliche Lager, und zerstückten mit ibrcm Snbel die
Hammer, Gpscliiclite dor Ilclinn«». I. 27
418 Zweit Beilage.
Zeltstricke wie den Strick der Freundschaft der Verbrecher.
Furclit und Schrecken bemächtigten sich de'r Einwohner
von Kelar ^ die Waldteufeln glichen; die meisten derselben
wurden ein Frass des Schwertes und der Hyänen , und so
wurde auch dieses Land den Schwesterländern beigesellt.
Im Jahre 653, als Mangu Kaan ein Kuriltai hielt, wurde
Sertak zum Dienste des himmelhohen Thrones gesandt. Ehe
er zurückgekehrt, hatte sich Batu.von der Braut der Chan-
schaft dreimal, d. i. unwiderruflich, geschieden und Sertak,
mit Gnaden und Gunstbezeugungen überhäuft, kehrte in die
Residenz zurück, und ohne sich lange aufzuhalten, ward
er zur Abreise (^aus dieser Welt) gezwungen. Verraög
des Befehles Mangu Kaan's übernahm Berakdschin Chatun,
welche die grösste der Frauen, die Sorge für die Beför-
derung der Reichsgeschäfte , und erzog hiezu den Ulagh-
dschi , den Sohn Sertak's; doch auch Ulaghdschi
Hern, endete iu kurzer Zeit sein Lebeu.
Berke ^ghul erhielt die chanische Krone, dessen Heere
sich zu wiederholtenmalen mit denen Hulagu's schlugen,
und als die Chanschaft an Mangu Timur gekommen , war
diess der Fall mit den Heeren Abakachan's, wie diess schon
oben vorgekommen.
III. Beilage.
Auszug aus Wassaf über den Krieg zwischen
Hulagu und Berke.
Iiirwjihnung^ der Ursachen der Be\rilderunt?, welche
zwischen Hulagu Chan und Berke Ag^hul
statt gefunden.
Zur Zeit, als der welterobernde Padischah Dschengis-
Chan alle Könige und Länder der Welt beherrschte und
besass und dieselben seinen vier Söhnen Tuschi, Tschaga-
tai, Ogtai und Tuli vertheilte und zumass, als er die Orte
und Horte auf allen vier Seiten bestimmte, wie es seinem
Scharfsinn gut dünkte und seinem durchdringenden Genius
ziemte (die umständliche Theilung der Länder und Ge-
biete ist in der Geschichte Dschihanguschai ausführlich
beschrieben), wurden dem Dschagatai die Stationen und
Regionen von den Gränzen der nigurischen Pässe bis nach
Samarkand und Bochara zugetheilt, und sein gewöhnlicher
Aufenthalt war in der Nachbarschaft von Almaligh. Ogo-
tai , welchen der Vater bei seinen Lebzeiten noch zum
Nachfolger bestimmt hatte, residirte an den Gränzen von
Imil und Kobak , welches der Chanschaft Thron und der
Nabel des Reichs. Tuli besass die Jurte , welclie an die
Chatai's stiessen , und von Kialik und Chuaresm , von den
äussersten Gränzen von Saksin und Bulghar bis an die
Gränzpässe von Derbend und Baku, war Alles auf den Na-
men des ältesten Sohnes Tuschi geschrieben. Hinter Der-
bend, welches insgemein das eiserne Thor heisst, war da»
21 *
420 Dritte Beilage.
Winterquartier seiner Heere, von wo dieselben bis Arran
streiften, und Arran und Aserbeidschan gehörten noch zu
ihren Ländern. Die Ursachen, welche Stoff zum Streit
herbeiführten und die Zwistigkeit schürten, sind die fol*
genden: Im Winter des Jahres 602 (1263), als der Gold-
schmied der Allmacht die Flüsse von Derbend mit Silber-
platten überzogen , und der Kirschner des Winters nach dem
Maasse der Hügel und Haiden denselben Hermelinkleidcr
angezogen, als die Oberfläche des Flusses auf die Tiefe
eines Lanzenfusses gefroren wie Bein und Stein, ging auf
Befehl Berke Aghul's ein Heer von Mongolen, die unrei-
ner als Wüstenteufel und Ghulen , und deren Schaaren
zahlreicher als die Tropfen des llegens waren :
Sie kamea, I'^iüsse tragend,
Wie Teiche Wogen scliiagend,
über den gefrornen Fluss wie Feuer und Wind geschwind.
Von dem Gewieher und Geklirre ihrer Pferde und Trup-
pen war die Zauberin der Erde voll rollender Donner und
leuchtender Blitze; im flammenden Feuer des Zornes ka-
men sie bis an die Ufer des Kur (Cyrus^. Hulaguchan
ging ihnen zur Abwehrung des Funkens ihres Bösen mit
einem Heere entgegen:
Aiab. Vers. Morgens trafen sie auf ein vermisclites Heer,
Unaufhörlich zog es wie die Erde her.
Pferde, sc'iwerbepauzert, mit zwei Reitern liefen
Unterm Staub wie Dromedare in die Tiefen;
Klingen strahlen weiss und Speere dunkeln braun;
Sieh! die Braunen bohren und die ^^'eissen hau'n.
In dem Treffen worden sie geschlagen und zogen sich
aijiogleich zurück:
Ärab. Vers. Wenn sie fliehen, wird der Feind nach ilmen ziehen.
Wenn sie stehen , ist es um ihr Gut geschehen.
Im Passe Baluje standen sie abermal zur Schlacht. Es fro-
ren die Füsse dem Boden an, und im Heere Berke's
liielten Klein und Gross, Mann und Ross aus, bis dass
sie alle erschlagen, und die Andern, besiegt, die Zügel
der Flucht davon getragen. Hulagu erlaubte den Heeren
U i- i t t u H e i 1 it g e. 421
nicht , zurückzukehren , bis sie nicht über den gefrorenen
Fluss gesetzt.
Arab. Vers. Des Blutes Ströme gelin wie Wasserrinuen,
Die Säbel löschen ihreu Durst darinnen;
Sie schwanken zwischen Tod und zwischen Lehen
Und zwischen Leichtsinn und vcruüufi'yem Streben.
So wurden von Tag zu Tag die Stationen der Rebellen die
Lagerorte des ilchanischen Heeres. Sie schlugen auch den
Weg friedlicher Unterhandlung und Ausgleichung ein, und
thaten die Hand der Verlängerung auf, bis sie das ganze
Land von den Nachtheilen der Usurpation gereinigt und
die üebermacht. der Fremden daraus verbannt.
A, V. Sie fielen aus im Sturm auf die, so iu der Nähe,
Wir fielen aus im Sturm auf die uns in der Nähe.
Sie trieben sie in die Enge und verfolgten sie durch einige
Stationen Länge. Als der feindeverbrennende Padischah mit
seinem glücklichen Lager herangenaht, gab er den Befehl,
die Genossen Berke Aghul's , welche zu Tebris im Besitze
von Reichthum und Waaren , mit Handel und Wandel be-
schäftigt waren, hinzurichten und ihre Güter in dem Schatze
aufzuschichten. Viele derselben waren blos Commissaire,
in deren Händen die Capitale und Güter ihrer Principale
geblieben waren. Berke Aghul, um Gleiches mit Gleichem
zu vergelten, Hess die Kaufleute der Länder des Chans
tödten und legte ihnen auf diese Weise das Geschäft. Der
Weg der Gehenden und Kommenden, das Reisen der Kauf-
leute, war nun auf einmal, wie das Geschäft der Verdienst-
vollen, gesperrt und die Teufel der Unruhe waren der
Flasche der Zeit entsprungen. Indessen hatte Kublai Kaan
einen Gesandten gesendet und die Dinge Bochara's anders
gewendet. Von sechzehn Hesaren, welche zu Bochara la-
gen, waren fünf dem Batu anhänglich, drei der Frau Ku-
tibeg , der Mutter Hulagu-Chans, und die übrigen dem
Ulugh Kul, das ist dem grossen Delai, welche jedem Cicy
Kinder Tschengis-Chan's , die von dem Throne der Chan-
schaft Besitz nähmen, zu Befehl. Diese fünfHesare führte
Bahi in das Feld und las ihnen von den Klingen der
422 Dritte Beilage.
Schwerter, velche die Bothen des Todes, des rothea, ihr
Todesnrtheil vor. Ihrer Güter, Weiber, Söhne wurde nicht
geschont. Da die Re^el des Spruches:
Die Liebe erbt fort und der Groll erb« fort.
In der Ansicht der Vernünftigen ^e;ründet ist, eo breitete
loch Menj^ Timur . der Sohn ßerte jäghul'g , welcher
nach dessen Tode dessen Stelle rertrat, ^\6ct Abakm Kac .
den Teppich der alten Widerspenstig^keit auf, nad es hal-
ten zwischen ihnen zu widerholtenmalen Streitigkeiten und
Zwisti^keiten Cnrs und Lauf. Einmal wurden 30.000 Rei-
ter, sibelscbirfende , lanzenwerfende, zur Zeit ihrer Rück-
kehr über den Fluss wie zerbröckeltes Eis angerieben nnd
in den Abfand getrieben und das Resultat ihre« Leber -
auf die Platten Ton Eis geschrieben. Als nun der hohe
Abaka Chan mit der Men^e ihrer Heere nnd ihrer Rühnheii
näher bekannt, zo^ er ^e^en Derbend eine Maoer durch
1 n«d welche Saab genannt, um diesen weltrerwirrenden
Heeren den Einfall aad £inbrnch zn erschweren. Diest
beiderseitige Feindsckalit bestand, und diese ^e^enseiti^c
Hutb und Scheelsucht hatte Bestand, bis Kendschatu, der
GhMi, im Land. Als Xoshai der Erbe de» Landes Men^u
Tiorar's ward , wnrde durch ^ef enseiti^e Gesandtschaften und
Schreibenwechsel der Wer der Kanflente und Handels^e-
■■BBcn wieder aaf|^ethan. Die Ursachen des Heilee la^en
ia 4ea Plaa; <Us Land Arran fin^ durch die Meng^e Ton
Wagea «sd Zeiten, ron Pferden und Schafen Wo^eu zu
BcUa^ea an und dieser Länder Wa^en nach einigen Jahren
wieder «n zn gebahr^
IV. Beilage.
Auszug aus W assaf über das Papiergeld.
Erläuterung der Ursachen, -«reiche die Einfuhrun;;
und Temichtun;; des Papierg^eldes (flächainrj
herbeigeführt.
Der von ewig her bestehende Spender der Nahrang: und
der allweise Schöpfer (^geheiligt seien seine Eigenschaften!},
welcher die Bewohner der vier Wände der Natoren der
Menschheit und die Eingekerkerten der sechs Richtungen
irdischer Körper bald ohne Anlass geleisteten Dienstes durch
den Ausfloss seiner, keinen Dank ansprechenden Gnaden be-
stimmt, und bald ohne rorhergehende Schuld seine Ge-
schenke und Spenden zurücknimmt, Er dessen ewige Wis-
senschaft: Koranstext:
,ylhtn ist kein Sonnenstäubchen fremd
auf Erden und im Himmel" *}.
das vollkommenste Gemälde der Herrschergrosse ist, wollte
es so, dass nach der Begebenheit (^der Thronbesteigung}
Arghun-Chan's in alle Herden der Mongolen eine Seuche
fiel , welche sie in ihrer Sprache Jut nennen. Aus diesem
Anlas» fehlte es den meisten Truppen zu Bagdad, Mossul,
Diarbekr und Chorasan an den nöthigen Lastthieren und in
dem Schatze war durch die Verändereng der Chane und
Vergeudung des Goldes an die Truppen nichts zurückge-
') Der 6l. Vcm der X. Sur».
424 Vierte Beilage.
Miebcn ; diess war der zweite Unglücksfall; dazu kam noch
drittens, durch die angeborne Iluld und natürliche Frei-
gebigkeit des V^orsifzes der Welt und der Zeit, um die
Völker zufrieden zu stellen und um Notlidurft zu stillen,
ein z\usgabenüberschuss und Gnadenüberfluss; das vierte
war die wenige Achtung des Ilchan's für Geschenke und
Gaben und seine Verachtung der Oeconomie'), d. i. des
Besitzes in beweglichem und unbeweglichem Gut ' ) , an
Geld und Vieh, und das Sprichwort sagt: ,,Die Fünf
findet sich in den Fünfzig/' Er hatte in der Zeit von
zwei Jahren, während welchen der Welt Vorstand der
Wissenschaft und Herrschaft vorstand , gegen fünfhundert
zu Leihe genommene Toraane mittels rother Fertigungen
an die Herren der Anweisungen übertragen, so, dass die
grossen Fürsten diese Sache endlich gewahr wurden. Eines
Tages hörte man von dem Munde des Herrn (^des Gross-
wesirs^ folgende Worte: ^^Seadeddeiület hat zur Zeit, als
er die Geschäfte der Länder förderte und tausend To-
mane in dem grossen Schatze bereit lagen, und die
stärkste Veranlassung zu dieser Zusammenhaltung Arghun-
Chan'g genaue Verwaltung gewesen, die Einkünfte und
Ausgaben der Finanzen ohne rothe Fertigung^} besorgt
und für die Verproviantirung des Heeres und alle Erfor-
dernisse der Küche, des Lagers und der Frauen gesorgt,
und so habe der Ilchan in der kurzen Zeit von vierzig
Jahren vom Jurt Dilbertschin bis nach Kiawbasi ein und
vierzig Tomane für die Frauen , Pagen und Vertrauten der
Majestät hergegeben.
Arab. Vers, ^^'enll Du aufgellst, nnissen Sonn' und Mond sicli
niederlegen ,
Wenn Du scheidest, müssen sich verstecken Meer
und Reiren.
') Moktahiat definirt der Conmientar als den an Vieh und Geld
ersparten Reichthuin. ^) Natik u Ssianit , das Sprechende und
Stumme, d. i. Schafe und Kamele im Gegensatze mit Gold und
Silber. ') Kisil Bilka, \^J^ ih^ dasselbe Wort, das als Bilek
in der Bedeutung der Vorschriften Tschengis-Cbans vorkommt.
Vierte Beilage. 425
Zur Zeit Abaka-Chan's und Sultan Ahmed's waren für die
ganzen Kosten der Küche nur vierzig Toinane bestimmt
und doch waren die Verwalter und Küchenaufseher') nicht
sicher vor dem Tadel der Tadelnden und dem Spotte der
Spottenden und dem Schimpfe der Schimpfenden. Zur Zeit
(^Unserer) den Tag vermehrenden Regierung haben Wir
hundert fünf und sechzig Tomane auf diese Weise an gol-
denen Verwendungen ausgetheilt, und dennoch rufen sie
immerwährend: Wer gibt mehr? Die Prinzen und Prinzes-
sinnen geben immer neue Wünsche kund und schliessen,
gegen einander rechtend und spiegelfechtend , nicht den
Mund." Der Zweck dieser Prolegomenen ist, dass der
Schatz auf alle Weise für den Bedarf haaren Geldes^) be-
durfte , dass die Einkünfte der Länder in einem Jahre 1800
Tomane, -die bestimmten Ausgaben 700 Tomane betrugen
und dass der Rest für die wichtigsten Geschäfte des Rei-
ches, für die Gaben und Geschenke des Padischah nicht
hinreichte. Der Flerr des Diwans befahl, die Auflagen der
Länder, besonders der von Bagdad und Schiras, welche
der Gürtel des Reiches, zu läutern^); doch der üeber-
schuss der Ausbeutungen des Dieners (des Grosswesirs) gab
für die Majestät, auf deren Weberstuhl der Einschlag ge-
streifter Kleider steht, soviel aus, als der arabische Spruch:
Arab. Vers. Es sütti^t uicht, was vom Zalmsfocliern kommt heraus,
und durch diese Massregeln der Läuterung wurde der Ver-
wirrung der Finanzen nicht abgeholfen. Da befand sich
Aseddin Mosaffir Ben Mohammed Amid y dessen hässliche
Gestalt, dessen geschminktes Gesicht, dessen gebrechliche
Constitution und schändliches Naturel ein Muster seiner
Sitten und Eigenschaften war, im Lager an der Seite der
Majestät und des Grosswesirs, als dessen Berather und lei-
*) Aidadschicm, dasselbe, was die Kilardschi zu Constantinopel,
die Dieuer der Speisekammer. 'D Wndschiih, Weisen, Arten, und
Wudscituh, baares Geld, Plural von Widschh , Gesicht; derselbe
Grundbegriff wie im Französischen faire face aux depeuses. ^} t)as
mongolische Wort Il^hamischi mit dem aruhischeu Tenkilt übersetzt,
entspricht dem Finanzausdrucke des epuremens.
426 Vierte Beilage.
tender Vater. Er war's, der die Mühle des Betrages in
den Gang gebracht, der mit Hoffnung und Furcht densel-
ben kirr gemacht. Aus Eingebung schlechter Seele, welche,
allen Geschäften des Menschen feind, als das Gegentheil
des ursprünglichen Guten erscheint, wollte er seinen
schlechten Namen bei den Weltbewohnern einfassen in einen
ewigen Rahmen, damit er auf der Erde bis zu dem Tage
der Auferstehung das Ziel der Pfeile des Fluches und des
Spottes aller Menschen werde. Er stellte vor; „Es fehlen
zur hinlänglichen Aufbringung der Gelder die Quellen; sei
es im Schlimmen, sei es im Guten, bedarf der Schatz Gold
für seinen Bedarf. Die üeberschüsse der Einkünfte sind
Heu und Spreu'), und Anlehen zu machen, gehört künftig-
hin zu den schwierigsten Sachen. Wenn es sich darum
handelte , schnell das Heer zu rüsten und beritten zu ma-
chen, würde es schwer halten in allen Sachen, und das
tändelnde und schändende Gerede der grollenden Feinde,
die schnell und hart daherfahrende Fehde daimonischer
Männer, von denen jetzt keine Rede, würde sich breit
machen; die Bemühungen und Bestrebungen, welche der-
malen gäng und gäbe, um die Spalten des Reiches zu ver-
dammen und um durch rechtliche und wohlthätige Gesin-
nung alles Unrecht zu hemmen , würde ein Ende nehmen,
und wollte man (^was jedoch nicht unmöglich anzunehmen)
öffentlich die reinen Wasser mit Steuern belegen, oder neue
Vergantungen ^} und schwere Strafgelder den Unterthanen
zumuthen und auflegen, so würde dieses die Geraülher er-
bittern und das Land würde verwittern. Eine Maassregel,
welche , vor allem Angriff vor Verschwärzern geschützt,
schnell zur Herstellung alles Verfalles nützt und mannig-
faltigen Nutzen umfasst und besitzt, ist mir so in den Sinn
gekommen , dass man , wie in den Ländern des Kaan, auch
in denen des Ilchan das Scheingeld, statt Silbers und Gol-
des, in Umlauf setze, damit dadurch die Thore des Ver-
kehres geöffnet würden , damit das Geld ganz in den Schatz
•'^ niiij/scn ata ibballetin , ein lleuschiipj>el /.u einem Giasbund,
Klein Ruf Klein, d. i. Nichts eu Niclits. ^) Kaftschuri, Cuufiscation.
Vierte Beilage. 427
einlaufe und Schaden und Verlust keinen Menschen treffe
auf Erden." Nach diesen vorausgeschickten eingebildeten
Gründen trugen der Herr des Diwans und Bulad Dschink-
sanek , der Gesandte des Kaans, das Wort vor. Da diese
Maassregel dem Äeussern nach den Reichthum vermehrte,
die Magazine der Kaufleute leerte, den Armen und Elen-
den Beruhigung gewährte , so schien dieselbe Anfangs de-
nen, die darüber nachdachten, erspriesslich und gut. Der
Ilchan erliess ein Diplom, befehlend, absolut und entschei-
dend, kurz und gut, dass man auch in den übrigen Län-
dern nicht mehr mit baarem Gelde Handel und Wandel
treibe, sondern dass man überall die Webung goldener
Kleider absehafl'e und nur soviel davon gestatte, als für das
Kleid des Padischah und seiner nächsten Umgebungen er-
forderlich sei, dass man sich nicht mit Verfertigung gol-
dener und silberner Geschirre und mit keiner Kunst, welche
Vergeudung des Goldes und Silbers mit sich führe, be-
fasse, dass man die Goldschmiedekunst und die Silberar-
beiterei der Gesiclitsfarbe und dem thränenden Auge der
Verliebten überlasse; kurz, durch die Einflüsterung und
Verführung, Verlockung und Versuchung dieses Unholdes
und gespenstischen Koboldes, der seinen Herrn auf diese
Weise schändete, geschah es, dass er in alle Länder, in's
arabische und persische Irak , nach Diarbekr, Rebiaa, Mos-
sul und Miafarakein, nach Chorasan und Kerman und Schi-
ras einen grossen mit diesem Geschäfte beauftragten Emir
sandte, und dass überall eine Fabrik solchen Scheingeldes
errichtet, dass Verwalter, Schreiber, Schatzmeister und
andere Beamte dabei verwendet und überall grosse Sum-
men zur Verfertigung des Scheingeldes gespendet wurden.
Durch die Verlautbarung dieser Geschichten wurden die
Völker in den Reif des Erstaunens gezwängt und blieben
in demselben ohne Seele beengt.
Arab. Vers. Schnell, wie die HofFnuugeu^ des Lebeus Zeifc vergeht^
Und umgekehrt, auf Persisch heisset l>e??i nur Med').
') Dem, der Hauch, heisst durch erweiternde Metonymie auch die
Zeit; wird das Wort umgekehrt, so heisst es Medd, welches auf
Arabisch Erweiterung, Ausdehnang bedeutet.
428 Vierte Beilage.
Die Gestalt und Form des Scheiiigeldes Dschaw war diese :
Ein längHchtes, vierecliiges Blatt Papier mit einigen chi-
nesischen Worten beschrieben , in denen immer Fehler ge-
blieben'); ober diesen chinesischen Worten stand auf bei-
den Seiten :
,,Es ist kein Gott als Gott, und Mohammed ist sein
Prophet ! **
Dieses war das Gepräge dieses Siiberblattes , der Juwelen-
knoten dieses Perlenstates , das Tughra dieser Befehle und
das Amulet dieser Kehle; unter demselben war geschrie-
ben: Iritschi Turitschi , auf Chinesisch (uighurisch) , d. i.
Sobald es angekommen, sei es für hleibend angenommen!
In der Mitte war ein Kreis beschrieben, der aber ausser
dem Mittelpunkt ruhiger Ansicht liegen geblieben; dabei
war der Werth des Papieres von einem halben Dirhem bis
zehn Goldstücke, und dann in Schrift das, was folget, ge-
schrieben: ,,Ver Padischah der Welt hat im Jahre 693
(^1293^ eingesetzt dieses gebenedeite Papiergeld; es soll
cursiren in. Ländern allen; wer es verfälscht oder verän-
dert , sei mit Weib und Kind der Todesstrafe und sein Gut
dem Fiscus verfallen/* Nach Schiras war ein Patent die-
ses Papiergeldes, das, sehr ausführlich und lang, eingebil-
dete Fragen aufwarf und die Antworten darauf aufdrang,
gekommen. Ein Exemplar desselben ist noch in den Hän-
den und es wäre unnütz , darüber noch mehrere Worte zu
verschwenden. Das Wesentlichste seines Inhaltes ist: „dass,
sobald das gebenedeite Papiergeld Goldes statt , wie die
Thränen der Verbannten Lauf gefunden hat; so wird Ar-
rauth und Dürftigkeit und Schaden und Elendigkeit ver-
schwunden sein unter den Söhnen der Zeit, Korn und Ge-
treide wird zu haben sein in Wohlfeilheit, und Arme oder
Reiche sind dann einander gleich." Die Dichter und Treff-
lichen der Zeit haben zum Lobe des Papiergeldes nach
der Eingebung ihres Genius dem Padischah und dem Flerro
') Wortspiel zwisclieii Chata, das nördliclie Clihia, und Chata,
Felilor.
Vierte Beilage. 429
lies Diwans lobend die Resultate ihrer Gedanken geweiht;
als eine Probe von diesem Lobe ist das folgende Distichon
aus einem Bruchstücke eines der Trefflichen hier einge-
reiht:
, Gellt Papiergeld in der Welt,
Sein Eiit;^eit ') sie frisch erhält."
Es erging der Befehl, dass alle Künstler und Handwerker,
welche Gold und Silber in ihren Arbeiten verarbeiten, das-
selbe aus dem Hause, wo das gebenedeite Papiergeld aus-
getheilt ward, erhalten, dass Alle, welche als Befehlshaber
Länder verwalten, nach ihren Verdiensten ihre Besoldungen
und Bezahlungen dort beziehen sollen, dass das alte ab-
genützte Papier dorthin gelangen, und der Bringer für den
Gehalt von zehn Dinaren alten Papiergeldes neun Dinare
neues empfangen soll, dass die Kaufleute des persischen
Meeres, welche in fremde Länder handeln und wandeln aus
dem Schatze Gold erheben und dafür ihr Papiergeld ab-
geben sollen, vorausgesetzt, dass dabei der Weg der Be-
hutsamkeit beobachtet und ihre Erlaubniss und Befugniss
von IVowabeu und Aufsehern des Diwans gehörig betrachtet
und erachtet worden sei. Verfügungen dergestalten wären
in diesem Patente enthalten.
Tauseudinal ist's besser, gar nicht anzufangen^
Was zu keinem Resultate kann gelangen.
Wenn (wovon das Gegentheil nicht zu denken) diese Be-
dingungen nicht schon von Grund aus schlechter Art, wenn
mittels der Umwälzung der Zustände, der Uebertragung der
Herrscherkräfte und Veränderung der Geschäfte, diese Be-
fehle von allem Fehle beschützt und bewahrt geblieben,
\veim die Leute ohne Widersetzlichkeit und Blödigkeit,
dasselbe zu nehmen und zu geben und den Lauf desselben
zn gewähren, willig gewesen wären, so wäre es möglich
gewesen, dass einige dieser präliminaren Verfügungen ge-
kommen wären zu eines Resultates Ehren; allein, wie man
diess immer aus dem Gesichtspunkte der Vernunft und der
') Das Wortspiel ist im Persischen zwischen Tscluoc dem \a-
m<=>n d'^s Papiergeldes, und DscliawidfOi , ewig
480 Vierte Beilage.
Analogie betrachtet, so ist dieses eine Maassregel, nicht
verwaltbar und ("auf dem Spitz ein Kegel) nicht haltbar,
besonders da der Zweck dieser Einbildungen ganz und gar
kein andrer war, als die Schätze des Padischah zu erneuen
und die der Unterthanen zu zerstreuen.
,,Zu bewahren des Moslim's Gutj ist Pflicht,
wie zu bewahren des Moslim's Blut.'*
In der practischen Philosophie ist durch Beweise festgesetzt;
dass das Gold von Gott, als die kleine Gesetzgebung, ein-
gesetzt; dass dasselbe den Werth der Sachen bestimmt und
die Ordnung der Welt in Anspruch nimmt; dass ein kleiner
Theil desselben eine grosse Menge anderer Sachen vertritt,
deren Transportiruiig und Verführung sehr schwer und vie-
len Ungemaches nicht leer ; dass wegen seiner inneren Fe-
stigkeit und Trefflichkeit dasselbe vor aller Gefahr der
Vernichtung geschützt; dass es nicht durch Wasser, nicht
durch Feuer, nicht durch Schneiden und Stossen verwun-
det wird und abgenützt. Diese Bedeutung bedarf keiner
Erweiterung und Erläuterung,
,,Diess ist Erforde/niss mündiger Weisheit/'
Die Nothwendigkeit und Dürftigkeit ist's, welche demselben
Adel verleiht;
Arab. Vers. Wenn ich ein Gottesfiirchtiger nicht wäre ,
Erwies' ich selbem ^göttliche Ehre.
„Fwr der Welt Wunden ist das Pflaster im Golde gefun-
den,'' ist ein bekanntes Sprichwort;
Vers. „Hätle ich Gold, so wären meine Geschäfte auch golden;
Golden sind sie nicht, weil ich besitze nicht Gold."
Ar. V. Kein Gesandtpr fährt mit besserem Glück,
Als das rundgeprägte~Silberstiick.
Wenn der Schreiber (^dieser Geschichte) die Gleichnisse und
seltsamen Einfälle, welche die Wohlberedten Arabiens und
Persiens über die Eigenschaften , den Nutzen und das Lob des
Papiergeldes geschrieben, und die ihm im Gedächtniss geblie-
ben , aufgeschrieben hätte, so hiesse dieses Buch die gol-
dene Kette ' } oder die unvollkommene Erreichimg des
') Miisehhib es-scheb, d. i. der Vergolder des Goldes.
Vierte Beilage. 431
Zweckes. Würde aber mit diesen Lobsprüchen das Gold
zerstieben , woraus würde man denn verfertigen die Kronen
mächtiger Sultane und Reiter, die Ohrgehänge, Armbänder
und Knöchelringe der Schönen, weiche den sich blähenden
Busen gewärtigen? und wie könnte denn, mit dem papier-
nen Geld, die frische Rose, welche freudig die goldene
Scheibe in der Faust und Goldbarren (^die Staubfäden) im
Busen verborgen hält, wie könnte sie die Wange des Win-
des anlachen? und wie könnte die Blüthe ohne Silber sich
einen Schatz für ihr Alter zur Hülfe wider das anrückende
Heer des Frühlings machen? Die trunkene Narcisse ist
bemüht, im Zauberschlafe mit dem Traume des Goldes ihr
sehnendes Auge zu färben , und im steinernen unbarmher-
zigen Herzen des Berges stocken die Blutadern (^die Rubi-
nen) aus Begierde, sich von der goldausstreuenden Sonne
Einiges zu erwerben. Wie könnte das Gold einem Stücke
Papier sich vergleichen? wie könnte den Werth von jenem
dieses erreichen, welches durch einen Funken aufgeht in
Rauch und wie die Töchter der Luft (^die Dämpfe) davon-
fliegt bei des Windes geringstem Hauch , welches durch
einen Tropfen Thau wird des Wassers Raub und im Staube
wird zu Staub? Die Prahlerei kannte keine Gränzen mehr,
und durch die Vergleichungen und Herausstreichungen ward
die Traurigkeit immer mehr und mehr. Im Silkide d. J.
693 (^1293) kam das Papiergeld zu Tebris in Lauf und ver-
möge der Herzensknoten und den Maassregeln von der Ver-
nunft geboten , begann man sogleich , um seine Seele zu
schützen und um etwas zu besitzen , mit Speisen und Waa-
ren niedrigen Handel und Wandel. Binnen drei Tagen war
Tebris, welches das kleine Kairo hiess, wie der Beutel der
Geduld der Sehnsüchtigen leer; im Lande war kein Glanz
und keine Freude mehr, und die Brust der Sicherheit und
Rechtlichkeit hatte nicht Fett noch Schmeer. Die Laden
und Gassen waren wie öde Häuser verlassen und geleert,
die Thore des Handels und Wandels waren versperrt. Ver-
kaufte man den Man Brotes um Einen Dukaten, so glaub-
ten die Käufer, dass sie gewonnen, und die Verkäufer,
432 VierteBeilage.
da88 sie verloren hatten. Ein Freund erzählte mir vom
Blitze der Witze jener Gegend, was folgt: „In dieser Um-
stände drängender Gefährde stand ich gaffend zu Tebris
auf dem Markte der Pferde. Die Verkäufer sciiUigen ein
Pferd , das um fünfzehn Goldslücke doppelt bezahlt gewe-
sen wäre , schlugen dasselbe , fortgezogen durch der Bege-
benheiten Wogen, um hundert und fünfzig Dukaten Papier-
geldes an, und der Käufer, aus Freude über den grossen
Preis, lief herum im Kreis, um durch diesen Reigen gleich-
sam die Bewegung des Pferdes zu zeigen; dann bestieg er
einen Gaul, tummelte denselben nicht faul, bis er aus den
Augen rerscliwand. Seine Abreise was zum folgenden Verse
der Realcommentar:
A.V. desVerfass.: Wer das Papierg,elil erfand, Tcrführt als sclilim-
inei- Betrüi^er,
Unter deu Hunden ist keiner so trügrisch wie er.
Der Lärmen und das Getöse, der Saus und Braus der Na-
tionen stieg bis an den Gürtel der C^nstellationen ; die Be-
fehlshaber und das Heer hatten keine Geduld mehr, das
gemeine Volk flehte am Freitag in der Moschee mit kla-
gendem Gebete; es verlauteten die Klagen über die Unge-
rechtigkeit, womit sie geschlagen. Sie verfluchten den
Aseddin Mosaffir mit allen denen, welche zu dieser Neue-
rung und Thenerung das Gleiche beigetragen:
Spruch der Ueberlieferung: ,,TVer schlechte Sitte ein-
gesetzt , dem wird sie bleiben als Last bis an den jüngsten
Tag.''
Sie wollten ihn mit seinen Einverstandenen erschlagen. Sie
flohen aus dem Kreise und nahmen mit ihrer Seele bösen
Namen mit auf die Reise. Die Trefflichen und Dichter der Zeit
waren, ihn mit Spottgedichten zu durchgeiseln, bereit; so
sagte Einer derselben , als er den Namen Amidol-mülk, die
Säule des Reichs, angenommen:
Das .Schiff Amidol-mülk's imnittea Reichs^gefahr^
Ist wie das Wasser, wenn damit ein Schiff*) gefüllt,
S<iin sclilechter Bart ist schlechter als des Hundes Haar,
') iSVHAw:, Kahn, scheint mit cymba vei wandt.
Vierte Beilage. 433
Diess ist dagegen Atlas und eiu seidner Quilt').
Sieh, ob er morgen stehet noch auf dem Altar.
Wiewohl er heute für des Reiches Summe gilt.
Auch das folgende Bruchstück reimte Einer:
Du bist nicht Weltenehre, du bist der Schimpf der Weif,
Die auf dein Sein und ^^'ohl nicht das Geringste hält.
Wenn Geber, Jud, Moslim vor der Altäre Stufen
Ormusd. Jehova und Allah ist gross! ausrufen,
So flehen alle drei in Unterthänigkeit
Zur Majestät des Herrn, der Welten Glück verleiht.
Es möge ihm in dieser Welt von allen Dingen
Kein einziges nach seines Herzens Wunsch gelingen -j l
Zu Schiras wurden fünf Tomane Goldes in Sachen des Pa-
piergeldes ausgegeben. Da das Papier, in «elchem das
Capital der Männer von Verdienst bestand, auf vierzig Wei-
sen ging von Hand zu Hand, so hätte der, welcher heim-
lich von den iVowaben der Papierfabrik einen Teller Goldes
hätte erwirkt, spurlos wie das Gold sein Dasein verwirkt.
Zu dieser Zeit wurde an einen Bruder der Reinigkeit (^an
einen guten FreundJ wie es scheint , das folgende Bruch-
stück verfertigt und in der gehörigen Form abgefertigt:
„Der Sicherheit Kiel laufe auf dem Blatte der Wohlfahrt
für NN. zum Ziel! und Gott helfe Dir, wo Du immer sein
mögest, gleichviel! Der aufrichtige Wohlwünscher und
ganz eigene Sehnsüchtige legt gleich der Feder den Gür-
tel freundschaftlicher Liebe um die ÄJitte an ; er hat den
Mund zu wohlduftendem Preise und eröffnendem Wunsche
aufgethan, und stellt das Gesicht reinen Verhältnisses weiss
und klar mit Schriftzeichen der Aufrichtigkeit folgender-
maassen dar: Das offene Feld der Sehnsucht nach dem Um-
gange mit dem Freunde , dem vertrauten , welcher süsser
als das gewöhnliclie Leben , hat sich Perlen gleich so aus-
gebreitet, dass es unmöglich ist, die Länge und Breite die-
•) Kiitk erklärt der Coninientar als gleichbedeutend mit Cfiau;
villositas panni holoserici. -) Eine Nachahmung der berühmten
schönen Verse Firdewsi's , uud Wortspiel mit den beiden Namen
Iseddin, Ehre des Glaubens, uud Musaffir , der Siegreiche, dem
sein Wunsch gelingt.
fJammei\, Geschichte der llchanr. I. 28
43-1 Vierte B e i 1 a g e.
ses Feldes mittels der Messkiinst des zwejziingigten Kieles
und mittels der Quadratfläche des] zweigesicliigen Papieres,
,, Dieses ist heut in der Welt eben so wenig zu finden
als der Ambra,'*
auszumessen. Schon gerauAie Zeit ist's, dass die goldenen
Papageien der Federn, welche das Wort ausschreien:
,, Mittels der Federn werden die Länder regiert,'*
von der Moschustränke der Gnaden des Tintenzeuges dem
weissen Siibersitze der Gärten der Wörter nicht zugeflogen,
und dass die Gesandten freundschaftlicher Anzeige aus dem
Kairewan des Westens nach dem Lande des Südens Bot-
schaft bringend ausgezogen. Wenn das Gemiith Gedanken
und ihren Ausdruck flieht , so muss der Kiel der Denkkraft
auf eingebildetem Blatte weilen oder die rothe Thräne die
Schwärze des gekränkten Auges heilen. Es wird erwartet,
dass einige Blätter jener Art, von welchen allein vor die-
sem Freund die Rede (_einige Blätter Papiergeldes) wie
Blätter der Bäume voll Glanz , wie Busen der Schönen
geglättet ga?iZj hell wie das aufgehende Licht und tvie der
aufrichtige Morgen j wenn er anbricht y die Klagen der auf
den Kopf geschlagenen Feder stillen werden. Bliebe aber
das Gesicht dieser begehrten Sicherheit in den Schleier
der Verweigerung verhüllt, so ist dieses Stoff"es genug, dass
der trauernde Kiel der Klage über Unterdrückung nach
dem Papierhemde der Bedrückten lange und das Gestöhne
der kratzenden Feder bis zum Gipfel des Himmels Mer-
kur's, des Schreibers des Himmels, gelange} dass der Kiel
mit der Zunge Chakani's aus Schirwan, des Chakans der
Bedeutungen , diesen Vers anwende :
Für mich sei Freundeshand als KJägerhemd gewandt,
Weil er verweigert mir die Feder, das Papier,
und demselben sende." Als nun die Klage der Erde und
der Stunde gedrungen zu des Himmels Runde, als die That
und das Messer drang in die Seele ein und das Messer
geschnitten bis an das Bein , als der Strom gelangt war
zum Munde, stellten die Emire und Nuwianen einstimmig
dem Herrn des Diwans vor: „Wenn dieser Zustand noch
Vierte B e i I h g e. 435
einige Zeit dauert; so ist aller Glanz der Länder aufgege-
ben und es ist unmöglich die weitere Verwirrung zu heben:
,, Willst du, dass man dir gehorche , so fordre nur das
Mögliche!"
Da ergingen wirksame Befehle, dass man das Papiergeld
abstelle. Gesandte gingen nach allen Seiten, um die Ab-
8Ghneidung des Bösen und Einkleidung dieser Maassregel
einzuleiten. So ward durch Gottes, des Allmächt'gen, Gnade
dieses ungeheure Unglück :
Koransvers: Weist du, was da die FJammenwutli?
Es ist der HöJle brennende Ghith!')
abgekehrt und den Gemüthern aller Völker Freude gewährt.
Vornehme und Gemeine sagten :
,,Gott sei gelobt iwd gebencdeit ! Er hat von uns ab-
gewe?idet die Traurigheit; denn Er ist unser Herr , der
Allen Alles verzeiht; Er liebet die Dankbarkeit,*'
') Der 7. uud 8. Vers der CI, 8ura.
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